Kyo Machiko (25.3.1924 - 12.5.2019) Tabellarischer Lebenslauf

KYŌ  MACHIKO

(25.3.1924 - 12.5.2019)


Tabellarischer Lebenslauf
zusammengestellt von
Nikolas Dikigoros

[Flagge von Osaka]

1924
25. März: Motoko Yano wird in Ōsaka geboren.

[Ousaka in den 1920er Jahren]

1930-36
Motoko besucht die Azuma-Schule in Ōsaka.

[japanische Mädchenschule in den 1930er Jahren]

1936
Motoko wird Tänzerin an der Frauen-Oper von Ōsaka.


Sie nimmt den Künstlernamen "Kyō Machiko [Hauptstadtstraßenkind]"* an - eine bewußte Abkehr von ihrem Geburtsnamen, den man frei mit "Dorfackerkind" übersetzen könnte.
(Dikigoros neigt sonst dazu, entgegen japanischem Usus den Rufnamen vor den Familiennamen zu stellen; aber hier macht er eine Ausnahme, weil es nur so herum einen Sinn ergibt.)

1944
Kyō spielt ihre ersten kleinen Filmrollen in "Tengudaoshi" (unter der Regie von Kintarō Inoue) und in "Danjurō sandai" (unter der Regie von Kenji Mizoguchi).


Letzteres ist leicht zu übersetzen: "Danjurō" ist ein Familien[clan]name, "san" bedeutet "drei", und "dai" bedeutet "Generation", also: "Drei Generationen [der] Danjurō".
Ersteres ist dagegen so gut wie unübersetzbar - wobei es für deutsche Muttersprachler wenigstens eine Eselsbrücke gibt: Kennt Ihr, liebe jüngere Leser, noch die alte Redewendung "Es regnet junge Hunde"? Selbst wenn, dann wißt Ihr wahrscheinlich nicht, woher sie kommt. (Tröstet Euch - Dikigoros weiß es auch nicht :-) Und das geht den Japanern mit diesem Wort genauso, obwohl es jeder kennt oder zu kennen glaubt. Wenn man die Kanji wörtlich nimmt, dann steht da: Himmel ("ten" - das kennt Ihr alle als Bestandteil von "Tenno") + junger Hund ("ku" - in Zusammensetzungen aufgeweicht zu "gu") + fallen ("tao" - aufgeweicht zu "dao"). ["Shi" ist bloß ein Agens.] Aber wenn Ihr Japaner fragt, dann werden sie Euch etwas ganz anderes erzählen, von unheimlichen Geräuschen im Gebirge, die klängen, als würden Bäume gefällt, aber niemand wisse, was das sei; daher schreibe man sie einem gewissen "Tengu" zu, einer Art Wald- und Berggeist mit rotem Gesicht und langer Nase. (Das wäre also auf Deutsch ein "Himmelhund" :-) Und ein japanischer Bekannter hat Dikigoros gar vorgeschlagen, den Filmtitel mit "Holt Hartmann Tengu vom Himmel!" zu übersetzen.


Aber das ist Unsinn. (Damit drückt sich Dikigoros wohlgemerkt noch höflich aus. Japaner sagen drastischer "uso". Das bedeutet nicht nur "Unrichtig[keit]" und "Falsch[heit]" - auch auf Personen bezogen -, sondern überdies "Lüge" - also etwas nicht irrtümlich, sondern wissentlich Falschgesagtes. In der Mitte seht Ihr ein Bild, auf dem dieses Wort noch mit einem Kanji geschrieben ist, das es eigentlich gar nicht mehr geben dürfte, denn es zählt zu den "hyōgai kanji", die 1946 für "außer Gebrauch" erklärt, also de facto verboten wurden. (Statt dessen soll man nun Kana verwenden.) Früher mußte ein - japanischer - Student der japanischen Sprache und Literatur im Examen 6.000 Kanji beherrschen. (Dikigoros' Japanisch-sensei behauptete sogar, noch erheblich mehr zu kennen - aber das konnten seine deutschen Schüler schwerlich nachprüfen; sie waren froh, wenn sie mit Hilfe alter Wörterbücher die 6.000 fanden :-) Knapp die Hälfte davon traf der Bannstrahl - so auch "uso" -, der Rest wurde entweder geduldet oder zum Pflichtstoff - "tōyō kanji", s.u. - gemacht.
Zwar gab und gibt es diese Berggeister, besser gesagt den Glauben an sie, in ganz Japan - vor allem dort, wo es potentielle Vulkane gibt -, doch die heißen auf jedem Berg anders (die berühmtesten sind der "Daranibō" auf dem Fuji und der Sōjōbō auf dem Kurama), und "Tengu" paßt überhaupt nicht. (Deshalb behaupten andere, er käme aus China und hieße eigentlich "Tangui", wieder andere, er käme aus Indien - aber all das ist noch abwegiger.) Nein, dieser Film weckte anno 1944 andere, makabre Assoziationen; damals wußte man in Japan - ebenso wie in Mitteleuropa - ganz genau, was da vom Himmel kam und woher, denn der Bombenterror der Alliierten gegen die Zivilbevölkerung steuerte gerade auf seinen Höhepunkt zu. (Aber vielleicht hat Dikigoros' o.g. Bekannter ja doch Recht, dann könnte man das "Holt [...] vom Himmel!" auch auf die Terror-Bomber beziehen.)

[Zwei Himmelhunde auf dem Weg zur Hölle: Die Massenmörder Churchill und Roosevelt] [ein US-amerikanischer 'Liberator' befreit Kinder von ihrem Leben] [Die Ruinen von Tokyo 1945] [Die Ruinen von Hiroshima 1945]

Danach kommt die japanische Filmproduktion infolge des Krieges und der US-amerikanischen Besatzungszeit vorübergehend zum Erliegen.

1949
Kyō beginnt ein Verhältnis mit dem Produzenten Masaichi Nagata (1906-1985) - Mitgründer und seit 1947 Präsident der Filmgesellschaft Daiei - und legt so den Grundstein zu ihrer steilen Karriere.
Nagata gilt als regime-kritisch und ist deshalb (und wegen seiner ostentativen Begeistung für Baseball :-) bei den US-amerikanischen Besatzern wohl gelitten. Während die meisten japanischen Filmproduzenten der Kriegs- und Vorkriegszeit als "Class-A war criminals [Hauptkriegsverbrecher]" angeklagt und entweder ermordet hingerichtet oder bis zum formellen Ende der Besatzungszeit eingekerkert werden, erhält er bereits wenige Monate nach der Kapitulation wieder eine Lizenz zum Filmemachen.

[Masaichi Nagata] [Markenzeichen der Daiei]

Februar: Kyō spielt - unter der Regie von Kimiyoshi Yasuda - ein Zirkusmädchen in "Saigo-ni warau otoko [Der am Ende lachende Mann]".
(Nein, nicht "Wer zuletzt lacht, lacht am besten", wie einige übersetzen; es geht um einen ehemaligen Trapezkünstler, der inzwischen als Clown arbeitet, und überredet werden muß - u.a. von Kyō - wieder in seine alte Rolle zurück zu kehren. À propos: Am Ende - unten rechts - seht Ihr das Kanji für "Mann". Was lernen wir daraus? Anders gefragt: Wer beackert in Japan die [Reis-]Felder?) Ihr habt vielleicht mal gehört oder gelesen, daß der Klebreis ein Geschenk der Himmels- und Sonnengöttin Amaterasu war - also wäre das doch eigentlich Frauenarbeit, oder? Nun, den Reis setzen tun sie vielleicht manchmal; aber das Ernten ist ausweislich des Kanji Männersache, denn das setzt sich zusammen aus "Reisfeld" und "schneiden". Und die Sonnengöttin scheint halt von oben drauf - auch das muß ja sein :-)


April: Kyō spielt - unter der Regie von Keigo Kimura - die Hexe Aiai in "Hana kurabe tanuki-goten".


Diesen Titel werdet Ihr nirgedwo übersetzt finden - aus gutem Grund: Die einzelnen Bestandteile sind zwar ebenso eindeutig wie oben bei "Tengudaoshi", aber die Gesamtbedeutung ist ebenso unklar - und wieder spielt der Hund eine Rolle. Aber fangen wir oben an, dort steht das Kanji für "Blume [blühendes Gras]". Das könnt Ihr Euch leicht merken, und das solltet Ihr auch tun, denn es kommt in jedem zweiten japanischen Gedicht oder Lied vor - Japaner lieben Blumen und Blüten. Danach kommt - in Hiragana - ein dreisilbiges Wort ("ku"+"ra"+"be[he+Trübungskringel]"), das "vergleichen" bedeutet. Es folgt ein merkwürdiges Tier, das mit dem Leit-Radikal "Hund" gebildet wird. Das ist an sich nichts Besonderes, damit wird auch "Katze" gebildet und "deutsch" - Deutschland ist das Land der Hunde und Insekten. Das mag ja noch angehen. Aber weshalb die Japaner den Tanuki - so heißt das gute Tier - als "Dorfhund" schreiben und die Katze als "Feld-, Wald- und Wiesenhund" ist ihm schleierhaft. (Er würde es genau umgekehrt machen :-) Er kommt nur in Japan vor (der Export ist verboten, und in einigen Staaten, wie den USA und deren gehorsamen Vasallen BRD & Co, auch der Import), und man ist sich immer noch nicht einig, was er genau ist (geschweige denn, wie man ihn übersetzen soll): ein Hund, der wie ein Waschbär aussieht oder umgekehrt? Oder doch eher eine Art Dachs oder Fuchs?


Aber diese Frage ist müßig. Gemeint ist etwas ganz anderes, denn die letzten beiden Kanji ("go" + "ten" = "goten" - warum das "t" nicht zu "d" geweicht wird? Weil das nicht die japanische, sondern die chinesische Lesart ist!) bedeuten Palast/Schloß/Hof[staat]. Dort lebt Prinzessin Oboro - gespielt von Chizuru Kitagawa -, und die Geschichte erinnert ein wenig an "Dornröschen"; man könnte Aiai und ihre Mit-Hexen Renren und Nannan auch als "böse Feen" bezeichnen, die der Prinzessin übelwollen. Nein, nicht weil sie sich wie die bekloppte Zitronen-Königin (Queen of Limeys) Lizzie II einen Stall voller Hunde in Windsor hält (neben einem Käfig voller Narren in Westminster :-), sondern... Wo immer Ihr in Japan einen alten Palast besucht, solltet Ihr auch den Schloßpark inspizieren. Dort werdet Ihr finden, was tatsächlich gemeint ist und wonach auch der Palast im Film benannt ist: Blumen natürlich, aber viel auffälliger: eine mehr oder weniger große Ansammlung steinerner Tanuki! (Und die könnt Ihr dann, wie Professor Unrat Knobel in Schtonk zu Hermann Willié sagt, prima miteinander vergleichen :-)


Was fällt an denen besonders auf: Na klar, das, was einen scharfzüngigen Gaijin veranlaßt hat, den Tanuki als "Japan's magical scrotum monster" zu bezeichnen.
Japaner[innen] haben hatten zu solchen Dingen eine ziemlich entspannte Haltung. Ihr habt vielleicht schon mal vom Kanamara matsuri gehört, dem "Pimmelfest Fest des stahlharten [nein, nicht stählernen - die Dinger waren traditionell aus Holz - erst später stieg manfrau auf Pappmaché oder Kunststoff um] Penis", das in der ersten Aprilwoche statt findet. Da lernen schon die ganz jungen Mädchen, wie manfrau richtig mit dem Ding umgeht, d.h. sie lernten es, denn inzwischen feiert die Emanzenbewegung und die der Kinderschützend*innen (bestehend überwiegend aus kinderlosen Frauen) auch in Japan fröhliche freudlose Urstände und versucht, das Fest (das mal geradezu religiöse Bedeutung hatte, als Fruchtbarkeitsritual, ähnlich wie das alte, vorchristliche Frühlingsfest der Ostara, bei dem es ja auch um Eier ging, und zwar nicht um solche aus Schokolade und/oder Marzipan :-) als "sexistisch" zu verbieten. (Ihr werdet es heute in keinem politisch-korrekten Verzeichnis japanischer Feiertage mehr finden.) Ebenso behaupten neuerdings ein paar junge, dumme Gendering-Aktivistend*innen, der Tanuki sei nicht notwendiger Weise männlich, sondern könne sein Geschlecht nach Belieben wechseln, also auch weiblich oder divers sein, so ähnlich wie das die SPD-Genoss[inn]enGenießend*innen für die Berliner[innen] Berlinernden Berlinernd*innen planen.
(Natürlich gibt es auch Waschbärhündinnen - sonst wäre die Art ja längst ausgestorben -; aber Dikigoros hat noch keine Tanuki-Statue mit extragroßem Busen statt mit extragroßem Scrotum gesehen; nun, vielleicht kommt das noch - inzwischen gibt es ja in Brüssel neben dem "Manneke Piss" auch eine "Janneke Piss" :-)


[warum nicht gleich zwei auf einmal?] [Früh übt sich...] [Janneke Piss in Brüssel]

Früher gab es als Gegenstück zum Pimmelfest für Mädchen das Knabenfest (tango-no sekku) für Jungen, das am 5. Mai, dem letzten Tag der "Goldenen Feiertagswoche", gefeiert wurde: vor allen Häusern, in denen es Söhne gab, wurden große Papierkarpfen (koinobori) aufgehängt, Symbole für Glück und Gesundheit - eines der berühmtesten Werke von Hiroshge hatte sie zum Gegenstand.

[Hiroshge, Glückskarpfen]

Heute hat man das Fest umfunktioniert (ja, heute - nicht schon 1948, als das per Gesetz vorgeschrieben wurde, denn jeder wußte, daß das nur auf Druck der US-Besatzer erlassen worden war - zusammen mit der ungeliebten neuen Verfassung, derer man am 3. Mai gedenken sollte, es aber höchstens im negativen Sinne tat -, und niemand hielt sich dran. Erst anderthalb Generationen später sollten die Japaner verblödet brav genug sein, um gleichzuschalten) zum "Kindertag (kodomo-no hi)" für Jungen und Mädchen, so daß letztere das Pimmelfest nicht mehr brauchten. Und eigentlich braucht man ja auch die Papierkarpfen nicht mehr, denn für Glück und Gesundheit vertrauen die Japaner jetzt lieber darauf, sich eine papierene Narrenkappe vors Maul zu binden und eine mörderische mRNA-Spritze setzen zu lassen (oder gleich mehrere, bis zum exitus). Welcher [Aber-]Glaube ist wohl schlimmer? Kleine Hilfestellung: An einem koinobori ist noch niemand gestorben, aber an den Folgen der Spritzen - die das natürliche Immunsystem unwiederbringlich zerstören - werden viele Millionen Japaner (und Milliarden Menschen weltweit) sterben. Was soll's, die Japaner sind eh ein aussterbendes Volk; und nichts ist dafür bezeichnender als die Tatsache, daß sie in den 1960er Jahren, als sich das US-Besatzungsregime allmählich zu lockern begann, nicht etwa die althergebrachten, getrennten Feiertage für Mädchen und Jungen wieder einführten, sondern... einen neuen, den "Greisentag (keirō-no hi)" - am 15. September. Noch Fragen?
Ach so, na klar: Wie soll man denn nun den Filmtitel sinnvoll übersetzen? Fragt Dikigoros was Leichteres. (Oder mailt ihm, wenn Euch etwas einfällt - aber bitte nicht "[Die drei Hexen vom] Schloß der Blumen und Waschbärhunde" oder, wie Dikigoros' o.g. Bekannter, "Drei Perlen" :-)


Oktober: Kyō spielt - wieder unter der Regie von Kimura - die weibliche Hauptrolle - Naomi - in "Chijin-no ai [Narrenliebe]", nach einem Roman von Junichirō Tanizaki (1886-1965).
Dikigoros bevorzugt diese Übersetzung, da das deutsche Wort sowohl Singular als auch Plural abdeckt. Andere übersetzen es meist in den Singular, also "Eines Narren Liebe" o.ä., aber der Filminhalt spricht eher für Plural: Ein Mann um die 30 hat einen Narren an der "westlichen Lebensart" gefressen - oder dem, was er dafür hält, wozu u.a. ein recht perverses Sexualleben gehört. (Ja, im Westen liefen viele junge Frauen und Mädchen nach dem 1. Weltkrieg plötzlich mit kurzen Haaren und Röcken herum und ergriffen in Beziehungsfragen die Initiative - was blieb ihnen übrig angesichts der kriegsbedingten Stoff- und Männerknappheit? Doch all das war bis dahin durchaus nicht "typisch" gewesen; und es wurde in weiten Kreisen - nicht nur in erz-konservativen - noch immer als unmoralisch angesehen; aber das weiß Jōji offenbar nicht.) Also schnappt er sich ein junges Mädchen - Naomi -, staffiert es westlich aus und richtet es ab zur... "Sexsklavin" ist vielleicht zuviel gesagt, auf Neudeutsch sagt man "Sub". So weit so gut ging der Roman - der als Fortsetzungsgeschichte in einer Männerzeitung erschien - 1924. Dann bekam Tanizaki ein Angebot der Frauenzeitschrift Josei, eine Fortsetzungsreihe zu schreiben. Er nahm es an und wandelte die "Sub" Naomi allmählich zur Domina um - am Ende ist Jōji ihr "Sub". Als das Ganze anno 1925 in Buchform erschien, sah man es als "Entwicklungsroman" an - und dahinter den erhobenen Zeigefinger, wohin es führen kann, wenn man jeden westlichen Unfug nachmacht. Das Buch wurde 1947 neu aufgelegt und war nun mindestens ebenso aktuell wie 22 Jahre zuvor, drängte sich also förmlich zur Verfilmung auf. (Nach der erlebte es anno 1952 eine 3. Auflage, und später noch eine 4.)


Die Geschichte wird 1967 von Yasuzo Masumura neu verfilmt, mit Michiyo Ōkusu als Naomi.


Wie übersetzen Andere? Eine erste Übersetzung des Romans ins Englische erschien erst 1985 - um fast die Hälfte gekürzt -, eine zweite anno 2001, jeweils in mehreren Auflagen in völlig unterschiedlicher Aufmachung (es gibt noch viel mehr, aber man muß ja nicht jeden Mist abbilden :-), doch immer unter dem Titel "Naomi" (so auch auf dem ersten DVD-Cover oben rechts, in lateinischen Lettern, darüber nicht in Hiragana, sondern in Katakana, weil es ein ausländischer Name ist); so umging man die Frage, ob eine oder zwei Personen verrückt sein sollten.

[1. Übersetzung ins Englische] [Naomi] [Naomi]

Doch dann bekannten die Engländer endlich Farbe und titelten das DVD-Cover um auf "Idiots" (jeweils ganz klein gedruckt, einmal sogar senkrecht von oben nach unten :-) - also Plural. Dagegen entschieden sich die Spanier und Italiener schon beim Roman für den Singular - "El amor de un idiota" bzw. "L'amore di uno sciocco".


Eine sehr elegante Lösung hatten die Franzosen gefunden, die den Romantitel mit "Un amour insensé" übersetzten, also im Singular blieben, aber beide einschlossen, indem sie das Närrische grammatisch nicht den Personen, sondern deren abartiger Liebe zuordneten. Aber für die DVD wählten sie einen völlig anderen Titel, nämlich "La chatte japonaise". Das könnt Ihr nun übersetzen, wie Ihr wollt, und viele werden vielleicht an "Pussy" oder "Muschi" als Bezeichnung für ein bestimmtes Körperteil denken; aber 1. ist das nirgends zu sehen - auch nicht in der Neuverfilmung -, und 2. macht "Katze" nicht nur wörtlich, sondern auch inhaltlich durchaus Sinn: Schaffen sich nicht viele Menschen eine Katze an in dem Glauben, sie erziehen zu können wie einen Hund? Und am Ende kommt es genau umgekehrt, d.h. die Katze hat sie erzogen - zum Dosenöffner :-)


1949/50
Kyō spielt - erneut unter der Regie von Kimura - die 2. weibliche Hauptrolle (Nr. 4 der Besetzungsliste) in "Hebihime Dōchū" und "Zoku Hebihime Dōchū".

Das 1. Kanji hat den Leit-Radikal "Insekt" (alles was sticht und/oder beißt :-), auf den Dikigoros weiter unten bei "Kurotokage" noch ausführlicher zurück kommt; es bedeutet "Schlange". Das 2. Kanji setzt sich zusammen aus "Frau" (bzw. "weiblich") und "Prinz", bedeutet also "Prinzessin". "Schlangenprinzessin"? Tja, das klingt furchbar; aber in den fernöstlichen Kulturen sind Schlangen (und Drachen :-) nicht notwendiger Weise negativ besetzt (wenngleich der Held, der bei uns traditionell den Drachen besiegt, das in Japan eher mit der Schlange tut, wie auf dem Bild rechts :-)
Viel problematischer ist ihr Name, der wörtlich "Mittendurch" bedeutet. (Das letzte Kanji bedeutet "Mitte" - damit schreibt sich auch China, das "Reich der Mitte".) Warum das ein so beliebter Name für Prinzessinnen, Geishas u.a. Roman- und Filmheldinnen ist? Dikigoros weiß es nicht. Der Film war jedenfalls so erfolgreich, daß im Folgejahr eine Fortsetzung gedreht wurde. ("Zoku" - 2. Bild, 1. Kanji - bedeutet wörtlich "Weitergesponnenes", mit dem Leit-Radikal "Faden".) Es war einer der ersten japanischen Filme, die auf Video-Kassette erhältlich waren. Heute ist er so gut wie vergessen - Dikigoros hat nicht mal mehr ein altes Kinoplakat gefunden.


1950
März: Kyō spielt - unter der Regie von Daisuke Itō - die Mari in "Harukanari haha-no kuni".
Darf Dikigoros diesen umständlichen Titel ganz einfach mit "Fern der Heimat" übersetzen? (Die 2. Hälfte ist simpel: "haha" bedeutet "Mama", "no" zeigt den Genitiv an, und "kuni" ist das Land - die Japaner sagen also nicht "Vaterland", sondern "Mutterland". Aber die 1. Hälfte ist ganz schwierig, denn das Kanji hat selbst für japanische Verhältnisse ungewöhnlich viele Lesarten: Die Chinesen sagen "yo", die Japaner "samayō", "tōi", "nagai" oder - erst als letzte Lesart - "haru[ka]". Und auch für "fern" gibt es noch andere Wörter; dieses bezeichnet ganz speziell jemanden, der fern gereist, also hier in die Ferne gereist ist, d.h. weit weg vom Mutterland - für Japaner Jahrhunderte lang ein Kapitalverbrechen (schlimmer als "Republikflucht" in der "DDR"), zwar seit der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts nicht mehr juristisch, wohl aber immer noch moralisch zu verurteilen.
(Habt Ihr Euch mal gefragt, warum Japaner, die ins Ausland reisen, fast immer in Horden Gruppen auftreten? Weil sie das im Unterbewußtsein noch heute so empfinden, und weil auch bei ihnen der Satz gilt: "Geteiltes Unrecht ist halbes Unrecht" - oder wie der alte Nietzsche schrieb: "Geteiltes Unrecht ist halbes Recht!" :-)


Juni: Kyō spielt - unter der Regie von Akira Nobuchi - die Hauptrolle - Yukiko - in "Fukkatsu [Wiederauferstehung]".

Das klingt einfach und eindeutig, denn im - damals noch christlich geprägten - Westen verband man damit ja ein ganz bestimmtes Ereignis, das alljährlich zu Ostern gefeiert wurde. (Das Osterfest heißt auf Japanisch "Fukkatsu-sai"; man kennt es also dem Namen nach, auch wenn man frau selber zu der Zeit lieber das "Kanamara matsuri" feiert - s.o. :-) Aber so einfach ist das gar nicht. "Fu" ist ein chinesisches Lehnwort; im Japanischen gab es ursprünglich kein "f"; die Silbe, die heute "fu" gesprochen wird, wurde ausweislich der Kana-Tabellen früher "hu" gesprochen. [Für Nicht-Japanologen: Sie steht in der h-Reihe "ha-hi-fu-he-ho"; das "fu" ist also ein Fremdkörper, ähnlich wie das "[t]chi" und das "tsu" in der t-Reihe; aber das müssen wir hier nicht vertiefen.] Deshalb schreibt man es (oder schrieb es jedenfalls anno 1950 noch) lieber in Kanji. Dikigoros hat sage und schreibe 151 Kanji gefunden, die "fu" gelesen werden können - aber dieses ist nicht dabei (jedenfalls nicht bei den 1.850 "tōyō kanji", auch nicht bei den 2.136 "jōyō kanji", s.u. bei "Akasen chitai"). Auch seine Bestandteile sind wenig ergiebig: "Mensch" und "Tag" und "wieder" - das kann alles und nichts bedeuten. Noch viel unklarer ist das 2. Kanji: "Katsu" hat viele Bedeutungen, von "aktivieren" bis "verflüssigen" - na klar, sein Leit-Radikal ist "Wassser", "Flüssigkeit". Das kann sich z.B. auf einen bereits in Todesstarre befindlichen Leichnam beziehen, auf das Wiederaufwärmen einer erkalteten Liebe oder... aber darauf kommen wir gleich zurück.
Woran erkennt man übrigens, daß Kyō hier tatsächlich die Hauptrolle spielt - und nicht etwa nur die weibliche Hauptrolle an der Seite eines männlichen Hauptdarstellers? Am rechten unteren Bildrand: Da steht ihr Name deutlich größer und farblich (in weiß) abgehoben von denen aller anderen Darsteller. Übrigens nach guter alter Tradition durchgehend geschrieben. (Auf späteren Kinoplakaten - und auch schon bei "Harukanari haha-no kuni", s.o. - kommt dagegen zwischen dem Kanji "kyō" und den drei nächsten Silben ein völlig überflüssiges Leerzeichen. Achtet mal drauf!)


Wer diese Seite schon etwas länger verfolgt, wird sich vielleicht erinnern, daß Dikigoros diesen Film in der 1. Fassung aus dem Jahre 2010 weggelassen hatte - er erschien ihm zu unwichtig. (Das war er ja eigentlich auch :-) Nachdem Kyō anno 2019 verstorben war, schrieb er eine stark erweiterte 2. Fassung. Aber auch da beließ er es bei einer bloßen Erwähung; nach kurzer Überlegung verzichtete er sogar auf den Halbsatz: "Nicht zu verwechseln mit Fukkatsu no hi aus dem Jahre 1980." (Einen Film, den er damals zwar gesehen hatte - sogar in der ungekürzten Originalfassung, über die Deutsch-Japanische Gesellschaft - aber enttäuschend langweilig fand; Japaner lieben überlange Einleitungen, er nicht :-) Ein Jahr später war Alles anders; und als Dikigoros im August 2022 - am 77. Jahrestag eines bestimmten Ereignisses, das urplötzlich wieder brandaktuell geworden war - begann, eine 3. Fassung zu schreiben, kam er an einer Auseinandersetzung mit diesem "faux ami" nicht mehr vorbei.

[Er]Kennt jemand das U-Boot? Wahrscheinlich nicht, wenn er nicht gerade bei der Marine gedient und ein besonderes Faible für die Dinger hat. (Zum Trost: Dikigoros kannte es auch nicht; aber jemand, der sich auf dem Gebiet genau auskennt, hat ihn schlau gemacht :-) Es handelt sich um das chilenische SS-21, das der böse Diktator Augusto Pinochet für die Dreharbeiten zur Verfügung gestellt hatte. Damals nahm niemand aus dem internationalen Star-Ensemble - von Glenn Ford (s.u.) über Bo Svenson, George Kennedy und Chuck Connors bis Robert Vaughn - daran Anstoß. Erst später verbreitete man das Gerücht, daß es sich um ein kanadisches U-Boot handelte, das der brave Stinkefinger Demokrator Pierre Trudeau - Vater des Corona- und Öko-Diktators Justin Trudeau - zur Verfügung gestellt hatte.
(Böse Zungen behaupten zwar, daß die doofen Amis eh keine Ahnung von Geografie hätten und gar nicht wußten, wo überhaupt gedreht wurde, weil sie die Arktis nicht von der Antarktis unterscheiden konnten, weshalb man sich das Lügenmärchen hätte sparen können; aber das will Dikigoros zu deren Gunsten mal nicht annehmen. Es ist ohnehin eine der vielen Schwächen des [Dreh-]Buchs, daß die Handlung am Südpol spielt; denn die Atomraketen der Supermächte wären natürlich nicht über den geflogen, sondern auf dem kürzesten Weg über den Nordpol! :-)


Darf er aufnahmsweise mit der englischen Fassung beginnen, obwohl sie zwei Jahre jünger ist? Sie hatte so einen schönen plakativen Titel. Die deutsche auch: "Overkill" (wohl in Anlehnung an die Wunderwaffe aus der Fernsehserie "Raumpatrouille [Raumschiff Orion]" von 1965 - Germenglish ist nicht erst eine Erfindung des 21. Jahrhunderts). Aber damit kann Dikigoros in diesem Zusammenhang nichts anfangen bzw. darauf will er hier erstmal nicht hinaus. Worauf dann? Nun, anno 2020 kam dieser Film plötzlich wieder auf den deutschen Markt, nun unter dem Titel "Tödlicher Virus". "Kam auf den Markt" ist vielleicht nicht ganz der richtige Ausdruck, "wurde in den Markt gedrückt" träfe es besser: Der Weltbild-Verlag bot ihn für sage und schreibe 4,99 Euro an! Er wurde zum Verkaufsrenner und war Wasser auf den Mühlen gewisser Verschwörungstheoretiker, schien er doch vorweg zu nehmen, was sich soeben ereignet hatte: Die USA hatten einen tödlichen biologischen Kampfstoff entwickelt, der durch einen Unfall entwichen war und nun die ganze Menschheit bedrohte! Jawohl, Fauci hatte ihn im Auftrag - und auf Kosten - der USA in einem Labor im chinesischen Wuhan entwickeln lassen, und nun war er zum Weltvirus geworden! Dikigoros muß zu seiner Schande gestehen, daß auch er selber zunächst auf dieses Märchen herein gefallen war - wenngleich nur für kurze Zeit. Dagegen sagte seine Frau von Anfang an: "Das ist doch alles Kukolores. Es gibt keine tödliche Pandemie, sondern nur die ganz normale Grippewelle, wie sie seit Menschengedenken jedes Frühjahr und jeden Spätherbst auftritt. Daran ist noch niemand gestorben, der nicht uralt, todkrank oder sonstwie vorbelastet war. Der Popanz, zu dem man das aufgebauscht hat, dient nur als Vorwand, den totalen Überwachungsstaat zu errichten. Und nebenbei werden sich einige Politverbrecher daran goldene Nasen verdienen, die rechtzeitig Anteile an Firmen erworben haben, die unzuverlässige Tests, nutzlose Masken und lebensgefährliche Impfstoffe produzieren."


Aber wir sind noch nicht fertig mit den Bezügen zur Gegenwart, denn im Film gelingt es der Rest-Menschheit ja, die Virus-Pandemie zu überleben, wenngleich nur knapp. Die eigentliche Gefahr ist vielmehr ein Atomkrieg, der auch ohne Überlebende in den USA und der SU quasi automatisch ausbrechen könnte wegen so eines blöden Tsunami, der ihre Abschußsysteme auszulösen droht. Und während Dikigoros das hier schreibt, sitzen die Politverbrecher von Washington D.C. bis Moskau mit dem Finger am Abzug, zeigen auf die jeweils anderen und behaupten, die wollten einen Atomkrieg anfangen, weshalb man ihnen unbedingt mit einem Präventivschlag zuvorkommen müsse. (Und die einst so "friedensbewegten" rot-grünen Gegner der zivilen Nutzung der Kernenergie, die heuer in Berlin, Brüssel, London und Paris an den Schalthebeln der Macht sitzen, stoßen munter ins gleiche Horn und verfluchen lautstark den "überholten Pazifismus" einiger ihrer Untertanen.) Wie das enden wird? Bestimmt nicht mit einem Happy-end. Kürzlich mailte jemand Dikigoros, man könne nur hoffen, daß die Russen zuerst los schlügen; denn die seien in puncto Nuklearwaffen den Amis und ihren NATO-Vasallen qualitativ und quantitativ derart überlegen, daß es nach einem Erstschlag keine Antwort mehr gäbe, d.h. der Krieg wäre aus, bevor er richtig begonnen hätte. Wenn dagegen die USA anfingen, hätten die Russen noch genügend Reserven, um zurück zu schlagen; und dann ginge es so lange hin und her, bis die Erde völlig unbewohnbar wäre - außer vielleicht für ein paar besonders robuste Einzeller in U-Boot-Tiefe nahe dem Meeresboden.

Auch dieser Titel ist nicht so einfach und eindeutig, wie es auf den ersten Blick scheint: 1. kann "Fukkatsu" auch "wiederauftauchen" bedeuten - z.B. eines U-Boots, wie auf den Kinoplakaten angedeutet. 2. kann es auch "wiederauftauen" bedeuten - und das hat eine ganz böse Pointe: Das Virus, um das es geht, ist bei -10° eingefroren harmlos; aber wenn es bei steigenden Temperaturen auftaut, sich erst verflüssigt und dann in die Luft verflüchtigt, wird es zur tödlichen Bedrohung. Und 3. ist der Titel, wenn man ihn nur spricht, mehrdeutig, denn bei "hi" denkt man zunächst mal an "Feuer" (s.u. bei "Hi no tori"). Für das hier verwendete Kanji, das "Sonne", "Tag", "Licht" (in Verbindung mit "Mond") u.v.m. bedeuten kann, ist "hi" sogar nur eine Nebenlesung. (Die Hauptlesung lautet "ni", wie in "Guten Tag", "Japan" usw.) Beides würde inhaltlich passen, denn es ist ja durchaus nicht sicher, was unsere Filmhelden am Ende erwartet: ein neuer Tag (denkt da jemand an den Film "The Day After", der - wohl nicht ganz zufällig - ein Jahr später heraus kam?) oder der Hitzetod im Feuer der Atombomben. (Dem Vernehmen nach wurden sogar zwei alternative Filmenden gedreht, mal so, mal so!) Doch da der Titel nicht in Kana geschrieben ist - was Dikigoros hier ausnahmsweise mal getan hätte - sondern in Kanji, geht diese Doppeldeutigkeit verloren. Schade - aber kein Wunder, daß dieser bis dahin teuerste japanische Spielfilm aller Zeiten an den Kinokassen floppte!


August: Kyō gelingt - unter der Regie von Akira Kurosawa (1910-1998) - der Durchbruch mit der weiblichen Hauptrolle - der Masako - in "Rashōmon [Tor des Lebens]" - nach literarischen Motiven von Ryūnosuke Akutagawa (1892-1927) -, einer Parabel auf den zweifelhaften Wert des Beweismittels "Zeugenaussage" vor Gericht. ("Lügen ist menschlich; meist sind wir nichtmal zu uns selber ehrlich." :-)
Für die deutsche Fassung standen laut Videobuster mehrere [Unter-]Titel zur Diskussion, u.a. "[Der] Wald der Versuchung", "[Der] Wald der Dämonen" und "[Das] Tor der guten Geister" - allesamt vertretbar. Wer statt dessen den völlig unpassenden Titel "Das Lustwäldchen" ausgewählt hat entzieht sich Dikigoros' Kenntnis. Wenn die unterschiedlichen Aussagen der einzelnen Filmteile in einem Punkt übereinstimmen, dann darin, daß Masako bei der Vergewaltigung keine Lust empfunden hat. Der ursprüngliche Name jenes ehemaligen Stadttors von Kyōto lautete "Rajōmon [Festungstor]"; da es sich jedoch eingebürgert hatte, dort unerwünschte Neugeborene auszusetzen - ein Motiv, das ebenfalls im Film vorkommt, gewissermaßen als Anhängsel - benannte es der Volksmund in "Tor des Lebens" um.


Jahrzehnte lang fragte sich Dikigoros, warum ausgerechnet dieser Streifen in Japan so ungeheuer populär wurde - und nicht etwa eine der zahlreichen Neuverfilmungen. (Von keinem anderen Film, in dem Kyō mitgespielt hat, gab es so viele "Remakes" - aber keines erreichte auch nur annähernd den Erfolg der Erstverfilmung.) Was war so besonders an dieser Fassung? Die Regie? Die schauspielerische Leistung? Niemand half ihm, das Rätsel zu lösen; denn die alten Japaner sprachen über so etwas nicht mit einem Außenseiter [Gaijin - wörtlich "Außenmensch", also Ausländer], und die jüngeren wissen es wohl selber nicht mehr. Hatte er vielleicht sein eigenes Credo, daß Bücher, Theaterstücke und Filme nicht im luftleeren Raum entstehen, also nicht isoliert, sondern im Zusammenhang mit den Ereignissen ihrer Entstehungszeit gesehen werden müssen, nicht ernst genug genommen? Doch doch - aber er hatte sich von den japanischen Literaturwissenschaftlern aufs Glatteis führen lassen, die buchstäblich jeden Satz der zugrunde liegenden Novelle gedreht und gewendet haben, bis sie irgendwann irgendwo irgendein "Vorbild" fanden, das da "Pate gestanden" haben könnte. Doch das ist ein ebenso dankbares wie unnützes Unterfangen - da hätte Dikigoros ebensogut in seine eigenen Akten schauen können: Dafür, daß vor Gericht gelogen wird, gibt es unzählige Präzedenzfälle, nicht nur wenn es um Vergewaltigung geht - eine Straftat, die auch nicht eben selten ist. Die Novelle kam Anfang 1922 heraus - was war da schon groß los in Japan?
Zum Glück nichts - wäre sie zwei Jahre später erschienen, dann hätte das Dikigoros womöglich ganz auf den Holzweg geführt, nämlich die Geschichte vom "Kantō daishinsai [Kantō-Großbeben]", eine Kombination aus Erdbeben und Seebeben mit anschließendem Tsunami, das Honshū, vor allem Tōkyō und Umgebung, weitgehend zerstörte und alle modernen Naturkatastrofen, um die heutzutage ein solches Aufhebens gemacht wird, weit in den Schatten stellte (die Zahl der Toten war sechs-, die der Obdachlosen sogar siebenstellig) und auch Ōsaka bzw. dessen Einwohner, die das in Fußnote 1 erwähnte "Kansai" sprachen, betraf; aber das ist eine andere Geschichte, gegen die sich das, was in Rashōmon geschieht - egal, welcher Aussage man folgen will -, geradezu läppisch ausnimmt.


So war denn dieser Novelle zunächst kein allzu großer Erfolg beschieden; sie erschien in einem Sammelband - auch in englischer Übersetzung - und ging darin mehr oder weniger unter. Aber es soll ja vorkommen, daß ein Filmproduzent bei der Lektüre einer weniger erfolgreichen Geschichte erkennt, daß man aus dem Stoff "etwas machen" kann fürs Kino. (Große Romane, die bereits als solche berühmt sind, kann jeder verfilmen - meist ist das Resultat enttäuschend, und die wenigen Ausnahmen bestätigen nur die Regel :-) So auch hier. Aber das erklärt immer noch nicht, warum spätere - darunter auch objektiv bessere - Neuverfilmungen den Erfolg nicht wiederholen, geschweige denn toppen konnten. Es muß tatsächlich am Zeitpunkt der Verfilmung gelegen haben, genauer gesagt am Zeitpunkt des In-die-Kinos-kommens. Frage: Was war im August 1950? Und wieder lautet die Antwort: Zum Glück nichts, wenn man mal davon absieht, daß fünf Jahre zuvor der militärisch unnötige Abwurf der Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki erfolgt war - in den Augen der Japaner ein ungesühntes Kriegesverbrechen ersten Ranges der US-Amerikaner. Kriegsverbrechen? Da war doch was? Richtig, im November 1948 waren die Urteile im "Kriegsverbrecherprozeß" des "Internationalen Militärgerichtshofs für den Fernen Osten" verkündet worden - sie lauteten allesamt auf "schuldig" und im Dezember 1948 vollstreckt worden (am 15. Geburtstag des Kronprinzen Akihito, der den Justizmorden zuschauen mußte - zur Abschreckung). Ältere deutsche Leser werden noch wissen, daß schon das "Nürnberger Tribunal der Kriegsverbrecher" (Dikigoros legt Wert darauf, es so zu übersetzen - achtet bittet auf die Doppeldeutigkeit und macht Euch selber einen Reim darauf, was er damit meint!) eine Farce war, die allen Grundsätzen eines rechtsstaatlichen Verfahrens Hohn sprach; aber der "Tōky%#333;ter Tribunal der Kriegsverbrecher" setzte da noch eins drauf: Er war das, was die Amerikaner einen "Känguruh-Prozeß" nennen (fragt Dikigoros nicht, warum sie dafür den Namen jenes unschuldigen australischen Tieres mißbrauchen - sie tun es halt), genau wie der Prozeß in "Rashōmon". Nach knapp zwei Jahren war das den japanischen Kinogängern noch ziemlich genau in Erinnerung; aber je später die Neuverfilmungen, desto mehr sollte diese Erinnerung verblassen und desto geringer der kommerzielle Erfolg werden.
Es bleibt Kyōs einziger Film mit Kurosawa, der als erster (und bislang einziger) japanischer Regisseur im Ausland erfolgreicher ist als zuhause. Rashōmon trägt ihm u.a. den "Goldenen Löwen" von Venedig, den "Ehren-Oscar" und den "BAFTA Award" (das britische Pendant zum Oscar) ein - und Kyō den Preis als beste Schauspielerin des Jahres 1950 beim Mainichi eiga concours.
Die Japaner verwenden tatsächlich dieses französische Wort für "Wettbewerb" und sprechen es auch genauso aus. (Geschrieben wird es "konkūr[u]" - in Katakana, wie alle nicht-chinesischen Fremdwörter.)
Im Ausland wird der Film zumeist als Abhandlung über Ehre und Moral im allgemeinen und das vermeintlich abartige Ehre- und Moralverständnis der Japaner im besonderen [miß]verstanden - und das ist ja auch gut so, jedenfalls in den Augen der Japaner. (Die meisten Japaner reagieren geradezu panisch, wenn sie feststellen, daß ein Ausländer sie versteht. Mit nichts könnt Ihr ihnen einen solchen Schrecken einjagen wie damit, sie in ihrer eigenen Sprache anzureden :-)
A propos Ehre und Moral: Wenn Dikigoros oben das Tōkyōter Tribunal der Kriegsverbrecher mit dem Nürnberger in einem Atemzug genannt hat, dann muß er davon eine Ausnahme machen - und das tun auch die Japaner. (Nein, nicht wegen irgendeines Urteils - er kritisiert nicht die Ungerechtigkeit der Urteile, sondern die Unrechtmäßigkeit des Verfahrens. Die Nürnberger Angeklagten hätte man auch in einem ordnungsgemäß durchgeführten Prozeß verurteilen können/sollen/müssen - in den meisten Fällen wegen mangelhafter oder garnicht-Vorbereitung eines Verteidigungskrieges [für Nicht-Juristen: Es gibt auch Täterschaft durch Unterlassen!] und/oder Nichtabwehr alliierter Kriegsverbrechen gegen die deutsche Zivilbevölkerung - allen voran den dicken Hermann -; und was den neu geschaffenen Straftatbestand "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" anbelangt, so fallen Dikigoros keine deutschen "Spitzen"-Politiker[innen] der Gegenwart ein, die es nicht verdienten, darob zum Tode verurteilt und hingerichtet zu werden - übrigens auch keinen japanischen.) Es gab nämlich einen Richter, der in allen Fällen auf Freispruch plädierte und das auch in einem sage und schreibe 1.235 Seiten langen "dissenting vote" mehr als ausführlich begründete (dessen Übersetzung und Veröffentlichung in Japan von den US-Besatzern selbstverständlich verboten wurde). Das war der "Inder" Radhabinod Pāl. Tatsächlich war er Bengale, also ein Landsmann von Subhāś Chandr Bōs, der - mit japanischer Unterstützung - versucht hatte, Indien vom britischen Kolonialjoch frei zu kämpfen. Da sich die unter Besatzungsstatut stehenden Japaner nicht auf letzteren berufen konnten, machten sie Pāl zum Gegenstand ihrer Dankbarkeit und begründeten auf dessen Minderheitsvotum (das eigentlich für jeden ordentlichen Juristen eine Selbstverständlichkeit war) eine lang anhaltende Völkerfreundschaft. Anno 2005 errichteten sie ihm sogar einen Gedenkstein im berühmten Yasukuni-Schrein mit einem großen Porträt, das ihn in Richterrobe zeigt.

Diese Völkerfreundschaft sollte erst im Jahre 2022 zerbrechen, als die japanische Regierung beschloß, sich den USA in ihrem Wirtschafts- und Finanzkrieg gegen Rußland anzuschließen, während Indien dies trotz erheblichen Drucks aus Washington ablehnte und Rußland gegenüber das bewahrte, was der deutsche Reichskanzler Otto v. Bismarck einst als "wohlwollende Neutralität" bezeichnet hatte. (Beide sollten dafür ihren gebührenden Lohn erhalten: Indiens Wirtschaft - die zuvor in einer tiefen Krise gesteckt hatte - blühte auf und sanierte sich; dagegen schlitterte Japans Wirtschaft in die Rezession und stand bald am Rande des Zusammenbruchs - aber das ist eine andere Geschichte.)


September: Kyō spielt - unter der Regie von Shigeo Tanaka und an der Seite von Kazuo Hasegawa - die weibliche Hauptrolle in "Hi no tori".
Das bedeutet wörtlich "Feuervogel" (aus "Hi [Feuer]" und "Tori [Vogel]"), aber im übertragenen Sinne "Phoenix", meint also den Vogel, der aus der Asche wiederaufersteht und den sich Nachkriegsjapan zum Vorbild nahm. Die meisten Leser kennen ihn wahrscheinlich als stilisiertes Emblem von "Japanese Airlines [JAL]", jener Fluggesellschaft, die 70 Jahre später gleich zweimal unrühmliche Schlagzeilen machen sollte: zum einen als erste japanische Firma, die dem Genderwahn verfallen war, zum anderen als Komplizin Komplizende Kompliz*ierende der verbrecherischen Corona-Diktatur, die in Japan besonders extreme Ausmaße annahm - wobei der Maskenzwang - nicht nur auf Flügen - noch die harmloseste Maßnahme war (neben dem mörderischen "Impf"-Zwang für alle Mitarbeitend*innen und Passagierend*innen).


1951
Januar: Kyō spielt die Männer mordende (finanziell :-) Geisha Kimicho in "Itsuwareru seisō [Trügerische Verkleidung]".
Warum man sie hier nicht eine Doppelrolle spielen ließ, d.h. auch ihre "brave" Schwester Taeko, ist Dikigoros schleierhaft. (Es wäre kein Problem gewesen, denn in keiner einzigen Szene sieht man beide Gesichter gleichzeitig von vorn; das Kinoplakat zeigt eine Fotomontage - schlecht gemacht, sie fällt sofort als solche auf, selbst wenn man den Film nicht gesehen hätte.) Aber er hätte das Drehbuch ohnehin völlig umgeschrieben, vor allem den Schluß. Sollte er sich irgendwann durchringen, diesen scheußlichen Film noch einmal anzuschauen, dann wird er dazu etwas mehr schreiben. (Ihn stört vor allem, daß die "traditionelle" die "böse" und die verwestlichte die "gute" Schwester ist - eine Anbiederung an die Besatzer?) Merkwürdiger Weise ist dies einer der wenigen Filme, in den Kyō mitgespielt hat, die bis heute nicht mehr neu gedreht wurden.


Links zwei schlechte Bilder - nicht nur, weil die Fotomontage mißlungen ist. (Dikigoros hat leider keine besseren gefunden.) Warum denn noch? Weil sie so gut wie nichts von der traditionellen Geisha-Frisur - kunstvoll hoch gesteckt und mit Blumen geschmückt - zeigen. Dies ist der einzige Dikigoros bekannte Film, in dem man sieht, daß es sich dabei um eine Perücke handelt, und wie die Geisha sie aufsetzt.

(Ursprünglich hatte Dikigoros "Zwei ganz schlechte Bilder" geschrieben; aber man sieht auf ihnen doch wenigstens, daß japanische Obi, anders als westliche Gürtel, nicht dazu dienen, die Taille zu betonen - etwa um Hüfte und/oder Busen besser zur Geltung zu bringen -, sondern im Gegenteil dazu, gleiche Körpermaße vorzutäuschen, z.B. 75-75-75. Nur ausgemachte Schlampen - wie die auf dem Bild unten - binden den Obi eng "auf Taille"!)


Mai: Kyō spielt - unter der Regie von Kōzaburō Yoshimura - die Yuri in "Jiyū gakkō".
Das ist schwierig. Irgendwann, wenn Dikigoros diesen Film gefunden hat - der seinerzeit der erfolgreichste der japanischen Filmgeschichte war, aber heute spurlos verschwunden ist -, wird er etwas mehr dazu schreiben, was die Japaner[innen] damals unter "Freiheitsschule" verstanden haben mögen (heute gibt es Dutzende Schulen, die so heißen; Ihr braucht nur mal die Kanji in eine Suchmaschine einzugeben und werdet sie gleich finden - sogar mit Bildern :-) und warum da nicht "Juyū-no gakkō [Schule der Freiheit]" steht.


Juni: Kyō spielt - unter der Regie von Kimiyoshi Yasuda - die weibliche Hauptrolle in "Jōen-no hatoba".

Daß das, was da auf dem Kinoplakat abgebildet ist, nichts mit "Liebe" zu tun hat, bedarf keiner großen Erklärung. (Das Wort für Liebe - "ai" - hatten wir ja schon, besser gesagt ein Wort für Liebe, zu den anderen schreibt Dikigoros unten, bei "Tōjūrō-no koi", etwas mehr.) Doch auch hier geht es um ein Gefühl ["Jō" - 1. Kanji]. Welches? Die Deutschen nennen es "das Feuer der Leidenschaft"; aber im 2. Kanji brennen gleich zwei Feuer übereinander. (Dikigoros läßt die Frage dahin stehen, ob Japaner etwa doppelt soviel Leidenschaft empfinden wie andere Völker :-) Es folgt - in Hiragana - ein "no", das den Genitiv anzeigt, und dann ein Begriff aus drei Kanji. Ohne das erste wäre es einfach ein Platz, wo man etwas hinstellt oder festmacht. (Z.B. ein Pferd - aber das ist nur eine Pferde-Eselsbrücke, mit deren Hilfe man sich das merken kann, denn "ba" heißt auch Pferd - freilich mit einem anderen Kanji geschrieben :-) Aber durch jenes erste wird dieser Schauplatz ins bzw. ans Wasser verlegt (leicht zu erkennen am Leit-Radikal links, den drei stilisierten Wassertropfen). Das kann man mit "Kai" oder "Hafen" übersetzen; Dikigoros tendiert zu ersterem, titelt also "Kai der Leidenschaft".

Was fällt Euch auf? Richtig: Das Kinoplakat ist irreführend, denn da steht ein Gaijin mit einer westlich gekleideten Nutte am Kai; das Foto aus dem Film zeigt dagegen einen Japaner und eine Frau in japanischer Tracht. (Westlich an der Szene ist nur die Whisky-Flasche, und die steht auf einem niedrigen japanischen Tischchen :-)


August: Kyō spielt - erneut unter der Regie von Kimura - die Hauptrolle - Emmy, die Nachtclub-Tänzerin, die Horie, den Buchhalter, vom Pfad der Tugend abbringt und ins Unglück stürzt - in "Mesu inu [Hündin]" (durchaus im Sinne von engl. "bitch", wie der Film Jahre später in den USA betitelt wird :-).

[DVD]

Fragt Ihr Euch, liebe Studierende der Japanologie, was das für eine merkwürdige Schreibweise des Titels ist? Berechtigte Frage. Das untere Kanji ist problemlos als "inu [Hund]" zu erkennen. (Für Nicht-Japanologen: Es ist das Kanji "Hund", im Gegensatz zum Radikal Hund, dem wir oben schon zweimal begegnet sind. Ein Kanji setzt sich zusammen aus einem Leit-Radikal und einem oder mehreren Bedeutungs- oder Tonträgern.) Aber das darüber...? "mesu [weiblich]" schreibt sich doch eigentlich ganz anders, viel komplizierter, mit 14 Strichen! Diese Schreibfaulheit nannte man damals "Vereinfachung". Aber irgendwann merkte man, daß dadurch das Lesen - und vor allem das Verstehen, denn Kanji sind ja keine bloßen Lautzeichen, wie die westlichen Buchstaben und die indischen Harfen, sondern Piktogramme, d.h. sprechende Bilder, die etwas aussagen! - nicht leichter, sondern schwieriger wurde, und man ließ die "Reformen" still und leise einschlafen. Daneben bzw. darüber steht - in weiß - der Name der Hauptdarstellerin in drei Schriftarten: "Kyō" in Kanji, "ma"+"chi" in Katakana - um zu zeigen, daß es ein Pseudonym ist; das Kanji "ko [Kind]" zeigt an, daß es sich um eine Japanerin handelt, und die Silbe "no" auf Hiragana steht meist für den Genitiv oder "von", hier aber für "mit")




Itsuwareru seisō und Mesu inu begründen Kyōs Ruf als "femme fatale" des japanischen Films.
(Manche bezeichnen sie auch als "Sex-Symbol" - aber mal ehrlich, liebe Leser, findet Ihr diese Fotos von ihr in Unterwäsche/Badezeug als Möchtegern-pinup-girl "sexy"? Dikigoros auch nicht! :-)


November: Kyō spielt - unter der Regie von Kōzaburō Yoshimura, an der Seite von Kazuo Hasegawa und Michiyo Kogure - die Awaji no ue in der Verfilmung des "Genji monogatari" (die auch im Ausland Erfolg hat: Sie gewinnt 1952 beim Filmfestival von Cannes den Preis für die beste Kameraführung).
Dieser Literatur-Klassiker - die Geschichte der Familie Minamoto (nach chinesischer Lesart: "Genji") - gilt als erster "echt japanischer" Roman, überdies als erstes literarisches Werk einer japanischen Frau, der "Hofdame Murasaki Shikibu". Dabei ist die Autorschaft völlig ungewiß, der Name der vermeintlichen Verfasserin frei erfunden (bzw. aus dem einer Romanfigur abgeleitet :-) Auch mutet Vieles nicht sehr "japanisch" an - was der Film durchaus wiederspiegelt: Abgesehen von "verräterischen" Einzelwörtern (Japan wird nach chinesischer Lesart "Wa" genannt statt nach japanischer "Yamato", der Kaiser "Mikado" statt "Tennō usw.) ist auch die ganze Ausdrucksweise "typisch chinesisch", d.h. sie besteht oft nur aus An-deutungen, die im Zweifel auch noch mehr-deutig sind. À propos: "Geschichte" ist zwar eine sinngemäße, aber keine wörtliche Übersetzung von "monogatari". "Mono" bedeutet "Ding". Es wird vielseitig verwendet, z.B. auch in "Ki-mono" ("kiru" bedeutet "[zu]schneiden"), was so ziemlich für jedes japanische Kleidungsstück stehen kann. Das Kanji "ki" ist auch Bestandteil von "Seppuku [Bauchaufschlitzen]", da wird es bloß anders ausgesprochen, s.u. Fußnote 1. "Gatari" ist aufgeweicht aus "katari"; "monogatari" ist also wörtlich "[das] Ding [das] erzählt [wird]". (Im Gegensatz zum deutschen Wort "Geschichte" impliziert es nicht, daß das, was Euch die Historiker - und die Politiker, in deren Diensten sie stehen - glauben machen wollen, tatsächlich so geschehen ist :-)


Der Popularität des Stoffes tat das jedoch keinen Abbruch. Die Geschichte wurde wiederholt neu verfilmt - ohne Kyō: 1966 von Kon Ichikawa, 1987 von Sugii Gisaburō - als "Manga [Zeichentrickfilm]" - und 2011 von Yasuo Tsuruhashi.


Dezember: Kyō spielt - erneut unter der Regie von Kimura und an der Seite von Toshiro Mifune - die weibliche Hauptrolle - die Kellnerin Yuki - in "Bakurō ichidai".
Es ist die Verfilmung eines Romans von Masao Nakayama, wobei nicht ganz klar ist, inwieweit er die Lebensgeschichte des berühmt-berüchtigten Roßtäuschers Katakana Yonetaro korrekt wiedergibt. Dikigoros ist auch nicht sicher, ob die rüde Sprache auf die spezifische Ausdrucksweise des Titelhelden und seiner Kreise gemünzt ist oder ganz allgemein auf die Einwohner der Insel Hokkaido, dem letzten Rückzugsgebiet der Ainu, Japans mutmaßlichen Ureinwohnern. (Nachprüfen läßt sich das nicht mehr, denn sie sind inzwischen ausgestorben, und die paar Mischlinge, die überlebt haben, sind sprachlich längst assimiliert.) Auf Außenstehende wirkt das japanische Volk geradezu monolithisch geschlossen - ethnisch, kulturell und überhaupt -, worauf es auch mächtig stolz ist; aber darüber wird leicht vergessen, daß das noch im 19. Jahrhundert - in dessen 2. Hälfte der Film spielt - und selbst in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts nicht so war: Auf Hokkaido trieben "Wilde" und Betrüger wie T.M. ihr Unwesen, auf Kyūshū saß die Mafia - s.u. -, und selbst auf den Hauptinseln unterschieden sich Nord- und Süd-Japaner beinahe so stark wie Nord- und Süd-Chinesen (auch sprachlich, s.u. Fußnote 1 und oben den Link zum Erdbeben von 1923; damals lynchten die Nordjapaner alle Südjapaner - und Koreaner -, die sich in Tōkyō aufhielten und das Wort "Schibbolet" nicht richtig aussprechen konnten... Pardon Sumimasen, da ist Dikigoros ein Halbsatz aus dem Alten Testament der Juden - Richter 12,5-6 - in die Tasten gerutscht; aber die Nordjapaner erschlugen genauso alle, die den falschen Akzent hatten; Kyō hätte es wohl auch erwischt, wenn sie dabei gewesen wäre - aber sie wurde ja erst ein Jahr später geboren).


1952
Januar: Kyō spielt - unter der Regie von Seiji Hisamatsu - die "Ryūko" in "Asakusa kurenai dan [Die scharlachrote Bande von Asakusa]", einer Verfilmung der gleichnamigen Novelle von Yasunari Kawabata.
Asakusa - ursprünglich ausweislich der Kanji "auf der grünen flachen Wiese" gelegen - war, bevor ihm Ginza den Rang ablief, das Vergnügungsviertel von Tōkyō, oft verglichen mit Montmartre in Paris und dem Alexanderplatz in Berlin. Nicht der Inhalt, aber das "Drumherum" weist Parallelen zu Wolf Durians besser Kai aus der Kiste als Rei in der Tube auf: Die Novelle erschien in den 1920er Jahren als Fortsetzungsgeschichte in einer Zeitung, kam dann als Buch heraus, das immer wieder neu aufgelegt (anno 1999 erschien sogar eine deutsche Übersetzung im Insel-Verlag) und wiederholt verfilmt wurde. (Allerdings geht es nicht um eine Jungenbande, die für Zigaretten oder Kaugummi wirbt, sondern um eine Mädchenbande aus jungen Prostituierten und Diebinnen.)


März: Kyō spielt - unter der Regie von Tomotaka Tasaka - die Ayako Okumura in dem [Nach-]Kriegsdrama "Nagasaki-no uta wa wasureji [(Das) Nagasaki-Lied (bleibt) unvergessen]".
Man könnte das als Anbiederung Tasakas - der auch das Drehbuch schrieb und selber zu den "sekundären", d.h. nicht gleich gestorbenen Opfern des Atombombenabwurfs auf Nagasaki zählte - an die Besatzungsmacht verstehen, denn es handelt von einem edlen US-Amerikaner, der in den Ruinen von Nagasaki das Manuskript eines Liedes "gefunden" hat und es nun als ehrlicher Finder dem japanischen Urheber zurück bringt.
Da fällt einem doch die Kinnlade herunter: Abgesehen davon, daß den Abwurf nur Bauwerke aus massivem Stein überlebten - also garantiert kein Stück Papier - hatte noch kein US-Amerikaner im besetzten Japan etwas "gefunden", sondern allenfalls geraubt. (So wie es im besetzten Deutschland 1945 keine Armbanduhren mehr gab - jedenfalls nicht in deutscher Hand an deutschen Handgelenken -, so gab es auch in Japan damals nichts von einigem Wert, das die Besatzer nicht geraubt oder zerstört hätten (die berühmten japanischen Samurai-Schwerter waren besonders beliebte "Souvenirs"), und Urheberrechte respektierten sie schon gar nicht. Aber allzu deutlich konnte ein Film damals halt nicht werden - die Zerstörungen werden durchaus gezeigt, aber mit "versöhnlichem" Unterton. Dennoch fehlt dieser Film rein zufällig (?) in allen englischsprachigen Filmografien Kyōs. (Und auch andere Webseiten gehen nur flüchtig über ihn hinweg, meist mit der Begründung, er sei "schlecht gemacht" - was immer man darunter verstehen mag. Immerhin kann man ihn heute wieder sehen - auf DVD.)

[Die Ruinen von Nagasaki 1945]

März: Kyō spielt - unter der Regie von Teinosuke Kinugasa - Mayame, die Freundin des Baumeisters Kunihito, in "Daibutsu kaigen [Legende des Großen Buddha]" (vermutlich die einzige Rolle in diesem Film, die nicht historisch ist :-).
Der Film spielt in der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts, in der "Nara"-Epoche, als finstere Mächte vergeblich versuchen, die Errichtung der weltweit größten Buddha-Statue in der neuen Hauptstadt zu verhindern - so sehen es jedenfalls brave Buddhisten. Man kann es aber auch anders sehen. Das 8. Jahrhundert war eine irre Zeit. Japan wurde von einer Pocken-Epidemie heimgesucht, und der irre Kaiser Shōmu (dessen Sohn zu deren Opfern zählte) glaubte, dem am besten begegnen zu können, indem er überall im Lande buddhistische Tempel mit riesigen Buddha-Statuen errichten ließ. (Immerhin war er weniger irre als sein Zeitgenosse Carolus magnus in Europa, bei dem die gewaltsame Einführung der neuen Religion "Christentum" mit der Ausrottung des alten Götterglaubens - und vieler seiner Träger - einher ging: Shōmu ließ die Sonnengöttin Amaterasu - die den Klebreis erfunden hatte (s.o.), den die Japaner damals und noch in Dikigoros' Jugendzeit morgens, mittags und abends mit Begeisterung futterten - kurzerhand zu einer Inkarnation Buddhas erklären und den Shintoismus als Nebenreligion weiter bestehen.) Das war Wahnsinn, denn Japan war infolge der Epidemie, die zu mehreren Mißernten geführt hatte, wirtschaftlich am Boden und konnte sich solche Prestige-Projekte (zur Einweihung des "Tōdai-ji" - des Tempels, in dem das Monstrum untergebracht wurde - reisten Delegationen aus der ganzen buddhistischen Welt an, von Indien bis China) eigentlich nicht leisten. Jeder vernünftige Mensch mußte dagegen Sturm laufen und Widerstand leisten. (So wie jeder vernünftige Mensch knapp 1.300 Jahre später dagegen Sturm laufen müßte, daß ein paar irre Politiker in Nordamerika, Mittel- und Westeuropa, nachdem sie ihre Wirtschaft unter dem Vorwand einer - frei erfundenen - "Corona-Pandemie" durch tödliche Giftspritzen, "Lockdowns" u.ä. Irrsinn völlig ruiniert haben, auch noch einen selbstmörderischen Wirtschaftskrieg gegen Rußland vom Zaun gebrochen haben, das diesen Unfug nicht mitgemacht hatte und daher in der Lage - und auch bereit - gewesen wäre, sie durch Lieferung von Rohstoffen und Nahrungsmitteln vor dem Zusammenbruch zu retten.) Daß dieser Widerstand scheiterte, war eine der großen Tragödien der japanischen Geschichte - aber das ist nur eine Mindermeinung, und Dikigoros ist voreingenommen, denn er ist kein Freund des Buddhismus (dessen höchstes Ziel - wie das des Coronismus - die "Überwindung", d.h. Zerstörung des Lebenskreislaufs und der Eingang ins Nirwana ist), vor allem nicht in seiner fernöstlichen Spielart, die den indischen Asketen zu einem fetten Bonzen umfunktioniert hat.

[Der große Buddha von Nara]

Juni: Kyō spielt - unter der Regie von Akira Nobuchi, an der Seite von Ichirō Amano und Michiko Hoshi - eine der beiden weiblichen Hauptrollen in "Taki-no shiraito", einem von vielen Tonfilm-Remakes eines Stummfilms von Kenji Mizoguchi aus dem Jahre 1933.
Das ist ein[e] Wort[an]spiel[ung] auf "Shiraito-no taki", den berühmten Wasserfall am Berg Fuji. Aber um den geht es hier nicht. (Der zugrunde liegende Roman von Kyoka Izumi aus dem Jahre 1894 hieß ganz anders: "Giketsu kyoketsu". Erst nachdem Mizoguchis Film Erfolg hatte, wurde der Titel für die Neuauflage geändert.)

[Buch - Neuauflage]

Es geht um gar keinen "richtigen" Wasserfall, sondern vielmehr um einen "Zaubertrick" mit irgendwelchen Wasserspielen (und auch die ähneln eher Springbrunnen als Wasserfällen :-), den die Protagonistin mit ihrem Wanderzirkus aufführt. Man kann also trefflich streiten, welche Übersetzung besser ist, die wörtliche deutsche - "Die weißen Fäden des Wasserfalls" oder die sinngemäße englische - "The Water Magician". Letzteres kann sowohl "Magier" als auch "Magierin" bedeuten, man braucht es daher nicht zu "gendern", während man aus "Wasserfall" (sie benutzt die Bezeichnung dieses ihres Kunststücks auch als Künstlernamen) jetzt wohl eine "Wasserfällin" oder eine "Wasserfallend[*inn]e" machen müßte.

Fällt Euch etwas auf? Das 1. Kanji auf dem 1. Bild ist ein anderes als das auf dem 2. Bild. (Das Hiragana-"no" und die beiden letzten Kanji - "weiß, hell, glänzend" + "Faden" [kann man einen schäumenden Wasserstrahl besser umschreiben?] sind dagegen identisch, auf dem 1. Bild sind sie bloß etwas auf die Schnelle hingeschmiert.) Ersteres ist auch keine "Vereinfachung" (merke: die kommt immer später, nie früher!), sondern schlicht etwas Anderes. Der Leit-Radikal am linken Rand (3 Tropfen = Wasser) zwar nicht - der bleibt ja auch in den Übersetzungen gleich), aber dann: Auf dem 1. Bild kommt nach "Wasser" eine Figur, die wir auch aus den Kanji für "Teufelchen" und "Drachen" (beides nicht notwendigerweise negativ besetzte Gestalten, aber jedenfalls mit "magischen" Kräften ausgestattet) kennen; auf dem 2. Bild folgt dagegen das biedere Zeichen für "Fall". Und da Dikigoros im Zweifel immer für das Ältere plädiert, findet er die englische Übersetzung gut. Aber wie das oft so ist bei Hexen, Hexern und Zaubernd*innen: Wenn es drauf ankommt - im Mittelalter auf dem Scheiterhaufen, in der Gegenwart bei akutem Geldmangel -, dann versagt ihre Kunst, und so endet der Film beinahe doppelplusungut. Pardon, da ist Dikigoros ein Newspeak-Wort aus Orwells Roman "1984" in die Tastastur gerutscht - er meinte tragisch; aber zum Glück gibt es ja hier, anders als bei Orwell, doch noch eine Art (halbes) Happy-end.


Ach, noch etwas, wenn Dikigoros das als "aside" zu dieser Geschichte aus seiner anwaltlichen Praxis einfließen lassen darf: Es ist eine Schnapsidee - egal, ob sie auf "Liebe" oder auf "Berechnung" beruht -, wenn eine Frau arbeiten geht, um ihrem (künftigen) Mann das Studium zu finanzieren. Es endet fast immer damit, daß er sie gar nicht erst heiratet oder sich später scheiden läßt. Nehmt es als guten Rat eines alten Mannes, liebe junge Leserinnen: Wenn Ihr unbedingt einen Akademiker heiraten wollt (warum eigentlich? Nicht-Akademiker sind auch Menschen, und sie werden weder bessere Menschen - höchstens "Gutmenschen", und das ist nur ein Eufemismus für "Un[ter]menschen" - noch klüger, wenn sie sich ein paar Jahre auf einer staatlichen Verblödungsanstalt herum treiben, im Gegenteil: Die meisten Covidioten haben studiert - einige sogar Medizin!), dann spart Euch das Geld entweder für eine schöne Mitgift auf - damit könnt Ihr gleich einen fertigen Akademiker kaufen heiraten - oder studiert, wenn es Euch nicht zu mühsam ist, selber - dabei lernt Ihr vielleicht auch so einen passenden Ehekandidaten kennen. Und rennt um Himmels Willen nicht zu einem Kredithai, um ein Studium auf Pump zu finanzieren - sonst geratet Ihr noch in Teufels Küche, wie die Protagonistin dieses Films!

[Kinoplakat 1952] [Kinoplakat 1962] [Denkmal]

Auf dem alten Kinoplakat von 1952 wurden die - von oben nach unten zu lesenden - Spalten noch von rechts nach links angeordnet. (Auf dem von 1962 auch noch; man sieht es allerdings nicht am Titel, sondern nur an der Besetzungsliste; die beiden Hauptdarstellerinnen - in rot - stehen ganz rechts, Kyō zuerst.)
Die moderne Beschriftung des Denkmals ist dagegen von links nach rechts geschrieben und - damit kommt Dikigoros wieder auf eines seiner Lieblingsthemen in Bezug auf das "neue" Japan - Legastheniker-gerecht: Nun werden schon die 5- und 6-strichigen Kanji mit Hiragana-Silben unterlegt überpinselt! (Früher lag die Grenze mal - durchaus vertretbar - bei 16/17 Strichen, und auch über ein/zweistellige, also 9/10 kann man ja noch streiten; aber irgendwo hört's doch auf!)


September: Kyō spielt - erneut unter der Regie von Kimura - die Räuberhauptmännin Sakin in "Bijo to tōzoku [Schöne Frau und Räuber]", ebenfalls nach literarischen Motiven von Akutagawa.
(Der Film wird zwei Jahre später unter dem Titel "La belle et le voleur" auch nach Frankreich exportiert und läuft dort mit Erfolg als erster Vertreter des heute "Eastern" genannten Genres.)


1953
März: Kyō spielt - erneut unter der Regie von Mizoguchi - den Geist der Lady MacbethWakasa in "Ugetsu monogatari, der Verfilmung einer Episode der gleichnamigen Märchensammlung von Ueda Akinari aus dem 18. Jahrhundert (die aber im 16. Jahrhundert spielt).



Was fällt auf? Zunächst einmal, daß das 1. Kanji immer schlampig gepinselt ist. Sauber geschrieben erkennt man unschwer Tropfen, die vom Himmel fallen, es bedeutet also "Niederschlag" im weiteren und "Regen" im engeren Sinne. (Das Kanji hat, wie so viele, mehrere Lesarten: Die japanische lautet "ame", die chinesische[n] "U" oder "YU" - auf letztere kommen wir unten zurück, bei "Sasameyuki".) Nun, diese Schlamperei kann man als "künstlerische Freiheit" durchgehen lassen, da dieses Kanji so häufig ist, daß es trotzdem jeder erkennt.

Ebenfalls sehr häufig sind die folgenden Kanji: Das 3. und 4. hatten wir oben schon beim "Genji monogatari", und über das 2. schreibt Dikigoros gleich ausführlicher.

Aber hier will er erstmal auf etwas Anderes hinaus, nämlich die Bilder. Die links sind aus dem Film, das unten ist dagegen frei erfunden - von jemandem, der sich in der Vergangenheit wohl nicht mehr so genau auskennt: Im alten Japan war es üblich, daß Frauen ihre Augenbrauen entfernten ["Hikimayu"] und sich dafür zwei Flecken aus einer ocker-farbenen Paste auf die Stirn schmierten. (Dto, sich die Zähne schwarz zu lackieren ["Ohaguro"], aber darauf verzichtet der Film zum Glück :-) Erst 1870 wurde das im Zuge der Meiji-Reformen verboten - um vor den Gaijin nicht primitiv zu erscheinen!


"Ugetsu" wird ins Deutsche meist mit "Regenmond" übersetzt - unter Berufung auf das Vorwort der Sammlung, wo der Mond aufgeht, nachdem sich die Wolken abgeregnet haben. Man könnte aber ebensogut "Regenmonat" übersetzen; vielleicht wäre das sogar besser, denn das letztere Wort gibt es - im Gegensatz zu ersterem - auch im Deutschen; und "gatsu" bzw. "getsu" hat beide Bedeutungen. Es ist interessant zu sehen, wofür sich die Übersetzer in andere Sprachen entschieden haben: Die Engländer lassen ganz pragmatisch "Ugetsu" stehen - dto die Ungarn. Die Franzosen beschränken sich auf den Mond, die Italiener haben beides - Mond und Monat August -, so ursprünglich auch die Spanier ("Cuentos de la luna pálida de agosto"); aber später lassen sie den August dann doch weg und begnügen sich mit dem Mond - dto die Portugiesen, bei denen die "Contos da lua vaga depois da chuva" zu "Contos da lua vaga" verkümmern. (Wobei offen bleibt, warum der - wie auch bei den Italienern - "bleich" sein soll; davon steht im japanischen Original nichts!)
Moment mal: Heißt "August" auf Japanisch nicht "Hachigatsu"? Ja, aber diese primitive Durchnummerierung (wörtlich: "8. Monat") wurde erst mit der "Meiji-Restauration" eingeführt. Bis dahin gab es - wie fast überall auf der Welt - sprechende Monatsnamen. In manchen Gegenden Deutschlands sagte man noch in Dikigoros' Jugendzeit z.B. "Ährenmond" oder "Erntemond" für August, "Herbstmond" für September und "Weinmond" für Oktober - das macht ja auch viel mehr Sinn als die Eindeutschung alt-römischer Götter- und Herrschernamen wie Mars, Juno, Julius oder Augustus. Auch in Frankreich gab es für kurze Zeit - nach der Revolution von 1789 - den Versuch, sinnvolle Monatsnamen einzuführen, u.a. einen "Pluviôse [Regenmonat]" - der freilich im Januar/Februar lag, während der August aufgeteilt wurde zwischen "Thermidor [Hitzemonat]" und "Fructidor [Fruchtmonat]".


[Regenmond]

Und um auch das noch nachzutragen: Das Buch erlebte in der Folgezeit mehrere Neuauflagen - nicht nur auf Japanisch. Und wieder lohnt ein genauer Blick: Auf dem 1. Bild ist das Augen-makeup richtig dargestellt, auf dem 2. nicht. Letzteres gilt auch für das 3. Bild - während es auf beiden französischen DVD-Hüllen noch gut zu sehen war. Für die englische Buchhülle gilt nicht mehr, was Dikigoros oben über die pragmatische Lösung der Briten geschrieben hat, denn der Untertitel nimmt klar Stellung: für den Mond und gegen den Monat. (Der Übersetzer ist ja auch kein echter Brite, sondern Jude - und die sind selten pragmatisch :-) Der neue Preis für Pragmatismus geht vielmehr an den - japanischen - Übersetzer der spanischen Buchausgabe. Nicht, weil er sich ebenfalls für den Mond und gegen Monat entschieden hat, sondern weil er einen Titel gefunden hat, der ohne Artikel auskommt; damit trifft er das Original am besten, denn im Japanischen gibt es keine Artikel.


Juni: Kyō spielt die Titelrolle in "Kurohyō", ihrem ersten Krimi.
(Der Film ist heute so gut wie vergessen, d.h. er steht ganz im Schatten von "Ana" und "Kurotokage" - s.u.)

Das erste Kanji - das einem stilisierten Computer mit Bildschirm und Tastatur ähnelt - bedeutet "schwarz" (auch im übertragenen Sinne, z.B. von "schwarze Zahlen"). Warum? Dazu fällt Dikigoros nichts ein. Aber zum zweiten: Sieht man da nicht förmlich die scharfen Augen, die scharfen Krallen und die scharfen Zähne einer Raubkatze? Beides zusammen bedeutet "schwarze[r] Panther[in]". (Japanische Substantive haben keine verschiedenen Geschlechter; man weiß auch so, daß "Mann" männlich ist und "Frau" weiblich; deshalb sollte JAL anno 2020 im Zuge des Gender-Wahns bei seinen Durchsagen die Anrede "Damen und Herren" abschaffen und damit zum Ausdruck bringen, daß es seine Passagiere Passagierend*innen nur noch für Sachen [im LTB-Jargon: "Paxe"] hält :-)
Da dies der einzige Dikigoros bekannte Film mit Kyō ist, in dem die auffällige Kopfbedeckung links unten vorkommt, muß er auch dazu etwas schreiben. Noch als er Japanisch lernte, war es üblich, daß Bräute so etwas bei der Hochzeit trugen. Böse Zungen erklären das wie folgt: In jeder Frau steckt ein Teufelchen; damit der Bräutigam das nicht merkt, müssen die Teufelshörner versteckt werden, und zwar unter diesem komischen Schiffchen, das man "Tsuno-kakushi" nennt (von "tsuno [Horn]" und "kaku(reru) [(sich) verbergen]"; das "shi" bildet Dikigoros nicht mit ab, das ist bloß ein - in Hiragana geschriebenes - Agens, bezeichnet also das Ding, das dies zuwege bringt). Nein, das hat sich Dikigoros nicht einfach so ausgedacht; das sieht man dem Kanji doch gleich an, wenn man einen Sinn dafür hat, und das war damals völlig herrschende Meinung. (Was immer Euch heuer ein paar junge, dumme Nachgeborend*innen an anderen, politisch korrekteren Erklärungen auftischen, ist schlicht falsch :-)

[Kanji tsuno]
[Kanji kaku]

August: Kyō spielt die "Mon" in "Ani - imōto [Großer Bruder - kleine Schwester]", einem äußerst brutalen Streifen über Familienehre und die Schande außerehelicher Schwangerschaften.

Auch hier lohnt ein genauer Blick: Das alte Kinoplakat weist zwei Kanji auf, die man damals schon im Kindergarten lernte: "Älterer Bruder" hat ein eigenes Kanji, "jüngere Schwester" setzt sich zusammen aus "Frau" und "noch nicht". [Im alten Japan wurden die Töchter streng nach Reihenfolge der Geburt verheiratet (Alter vor Schönheit :-) - die jüngere Schwester war also im Zweifel noch nicht verheiratet.]
Inzwischen hat PISA auch in Japan Einzug gehalten: Auf dem neueren Kinoplakat und den modernen DVD-Hüllen ist alles in Hiragana geschrieben (auf der jüngsten sogar alles von links nach rechts). Dafür hat man "und seine" in der Mitte weg gelassen - das spart Platz.


Oktober: Kyō spielt - wieder unter der Regie von Kinugasa und an der Seite von Kazuo Hasegawa - die Kammerfrau Kesa in "Jigokumon [Höllentor]", der Verfilmung eines Theaterstücks von Kan Kikuchi.
Die Geschichte spielt - wie eingangs ausführlich, beinahe feierlich dargelegt wird - im Jahre 1160, zur Zeit des "Heiji no ran". ["Ran" wird heute oft und gerne mit "Rebellion" übersetzt, nach dem Motto: "Der Sieger schreibt die Geschichte". Tatsächlich war das aber Teil einer langwierigen Auseinandersetzung zwischen den Familienclans der Taira und der Minamoto (und eigentlich auch schon der Fujiwara). Dikigoros scheut das Wort "Bürgerkrieg", denn "Bürger" im heutigen Sinne gab es noch nicht, und die Bauern kämpften nicht mit, sondern nur die Samurai, und das in relativ geringer Zahl; zu Beginn ist mal von Rüstungen und Schwertern für 12 - zwölf! - Mann die Rede, mit denen man den Kampf aufnehmen könne. Man spricht ja auch bei der Auseinandersetzung zwischen Staufern und Welfen, der gleichzeitig in Europa statt fand, nicht von "Bürgerkrieg"!] Inwiefern man der Quelle - dem "Heiji monogatari" - trauen darf, daß sich tatsächlich alles so abspielte, mag dahin stehen. Dikigoros findet die hier verfilmte Episode geradezu un-japanisch - es taucht öfters das Wort "un-vernünftig" auf (was aus japanischer Sicht das gleiche meint :-), und so verhalten sich eigentlich alle Beteiligten: Nicht nur Kazuo alias "Moritō", der sich darauf versteift, zum Lohn für seine Heldentaten Kesa zu bekommen - auch nachdem er erfahren hat, daß sie schon anderweitig verheiratet ist -, sondern auch diejenigen, die ihm das verweigern - denn eigentlich hätte er sie ja verdient -; wie kann ihr Ehemann Wataru nur allen Ernstes glauben, daß Moritō auf Kesa verzichten wird, wenn er ihn dafür beim Pferderennen gewinnen läßt?!?** Auch Kesa selber, die Moritō zurück weist, ist undankbar. Gewiß, er ist ein ganz grober Klotz, der im Zorn ihre schöne Koto kaputt trampelt und sie ständig ohne Höflichkeitssuffix anredet; aber immerhin hat er ihr das Leben gerettet, unter Einsatz seines eigenen und Hintanstellung seiner Familie, allen voran seines Bruders. (Das ist noch milde ausgedrückt, denn Moritō stellt die Familie ja nicht nur hintan, sondern er stellt sich gegen sie - in Japan ein Unding.) Daß er Kesa schließlich "aus Versehen" tötet, setzt der Absurdität des Ganzen noch die Krone auf.



"Jigokumon" wird - unter dem Titel "[The] Gate of Hell" - als erster japanischer Film nach dem Krieg auch in die USA exportiert, wo er zum Kinohit wird und im Folgejahr einen Oscar für den besten ausländischen Film gewinnt, ebenso - unter dem Titel "La porte de l'enfer" - nach Frankreich, wo er bei den Filmfestspielen von Cannes eine Goldene Palme gewinnt. Andere Länder folgen.
Auch die anderen Fassungen übersetzen den Originaltitel wörtlich (mit Ausnahme der dänischen, die "Das Herz kann man nicht zwingen" titelt). Da es im Japanischen keinen Unterschied zwischen Singular und Plural gibt, könnte man auch "Höllenpforten" - das Kanji besteht aus zwei Torflügeln, wie bei den Bars alter Western-Filme - bzw. "Gates of hell" übersetzen. (Letzteres hätte damals noch keine Assoziation geweckt mit jener Ausgeburt der Hölle, die manche Zeitgenossen für einen der - wenn nicht sogar den - größten Verbrecher der Menschheitsgeschichte halten.) Dabei kommt jenes "Höllentor" nur ein einzigesmal vor, ziemlich früh, als dort der abgeschlagene Kopf von Shinzei, dem ehemaligen Ratgeber des Kaisers, zur Schau gestellt wird. (Was der Film freilich nur erwähnt, nicht zeigt. Warum nicht? Vielleicht wegen der Jugendfreigabe? Kaum, denn es ist der erste japanische Film, in dem ein Kuß gezeigt wird, und zwar nicht so harmlos auf die Schläfe wie es die Kinoplakate darstellen, sondern auf den Mund - was freilich eine einseitige Angelegenheit ist, denn Kesa ist gerade ohnmächtig, und Moritō versucht sich in Mund-zu-Mund-Beatmung, nachdem das Besprühen mit Wasser nicht genügt hat, um sie aufzuwecken :-)

1954
März: Kyō spielt - unter der Regie von Shirō Toyoda - die Hauptrolle - Yōko - in der Neuverfilmung des Bestsellers "Aru onna [Jene Frau (wörtlich: [Die] so seiende Frau - man kann das auch anders übersetzen, und Viele versuchen es - aber eine Ideallösung gibt es wohl nicht)]" von Arishima Takeo aus dem Jahre 1919.
Warum erwähnt Dikigoros diesen - heute so gut wie vergessenen (oder sollte er besser schreiben: "verdrängten") - Streifen, der mittlerweile in den meisten Filmografien Kyōs fehlt? Weil er ein Musterbeispiel ist, wie man eine Romanvorlage verfälschen, ja geradezu umlügen kann - und das auch noch mit dem Anspruch, zumindest semi-biografisch zu sein! Der Roman (der übrigens erst 60 Jahre später ins Englische, 80 Jahre später ins Französische und mehr als 100 Jahre später ins Spanische übersetzt wurde - und ins Deutsche noch immer nicht) hat ein paar ganz klare Linien:
  • Eine "Liebesheirat" anstelle einer (von den Familien arrangierten) "Vernunftehe" zu schließen ist falsch. Wer es dennoch tut erleidet Schiffbruch, d.h. die Ehe endet in Scheidung.
  • Eine bereits fest arrangierte Ehe sausen zu lassen, um eine "wilde Ehe" zu führen (dazu noch mit einem anderweitig verheirateten Mann, also dessen Ehe zu zerstören) ist fast noch schlimmer und wird ebenfalls ein böses Ende nehmen.
  • Die eigene Familie (jüngere Schwestern - die Eltern sind gestorben) zu vernachlässigen, ist das allerschlimmste: Es bringt Tod und Verderben.
Aber wenn man die Verfilmungen sieht (die erste war aus 1942, in den 1960er Jahren folgten weitere) könnte man fast meinen, daß einem die arme Yōko, die in allen drei Punkten den Pfad der Tugend verläßt, leid tun sollte! Sie will doch nur "ihr" [Liebes-]Leben leben, ohne Rücksicht auf "altmodische" Konventionen, auf Eltern, Geschwister, Ehemänner und (fremde) Ehefrauen, wie es einer "Moga" (den Begriff dürft Ihr selber googeln) zusteht. Mit solchen Filmen kann man eine an sich gesunde Gesellschaft unterminieren - und das Resultat sehen wir im heutigen Japan. (Zu allem Überfluß gerät Yōko bei ihrer zweiten Wahl auch noch an einen Kriminellen, und das auf einer Überfahrt in die USA - aber das ist wohl eher persönliches Pech, aus dem Dikigoros keine weiter gehenden "moralischen" Schlüsse ziehen würde :-)

Dikigoros wird ja nie müde, das Alte (obere Reihe) dem Neuen (untere Reihe) gegenüber zu stellen und darzulegen, weshalb letzteres meist schlechter ist als ersteres. Wie paßt dazu der jämmerlich verhunzte Titel im alten Kinoplakat von 1942? Kanji wurden früher von oben nach unten in Spalten geschrieben und diese von rechts nach links angeordnet. Heute kann man sie auch von links nach rechts in Zeilen schreiben und diese von oben nach unten anordnen (wie unsere Schrift ja auch). Aber waagerecht von rechts nach links? Will der Plakatmacher andeuten, daß Yōko ein völlig verkehrtes Leben führt, das allem gut Japanischen zuwider läuft, und den verlogenen Filmemachern eine Nase drehen?


Juni: Kyō spielt die Titelrolle in "Shunkin monogatari".
Eine glatte Fehlbesetzung. Die Rolle einer Blinden kann überzeugend nur von einer blinden Schauspielerin dargestellt werden, nicht von einer Sehenden, die mit geschlossenen Augen herum läuft. (Auch der Plot überzeugt nicht: Bloß weil eine höhere Tochter aus reichem Hause blind ist, wird sie bei der Partnersuche nicht gleich um mehrere Stufen auf der gesellschaftlichen Leiter absteigen - und schon gar nicht aus "Liebe".)


Juli: Kyō spielt - unter der Regie von Kōji Shima - die weibliche Hauptrolle - Setsuko Takashima - in "Asakusa-no yoru [A. bei Nacht]".


Oktober: Kyō spielt - die Titelrolle in "Sen hime [Prinzessin - das Wort hatten wir ja schon - Sen]".
Manche Historiker behaupten, Japan sei bereits im 16. Jahrhundert von den "drei Reichseinigern" Oda Nobunaga, Toyotomi Hideyoshi und Tokugawa Ieyasu mit Blut und Eisen befriedet worden, zuletzt in der Schlacht von Sekigahara anno 1600. (Seit 1980, d.h. seit "Kagemusha", wollen manche Kinogänger diesen Zeitpunkt sogar ins Jahr 1575 vorverlegen, zur vermeintlichen "Entscheidungsschlacht" von Nagashino, mit der jener Film endet.) Tatsächlich dauerte das "Sengoku jidai [Zeitalter der Krieg (führenden) Staaten]" erheblich länger; die Kämpfe gingen noch bis ins 17. Jahrhundert weiter, mindestens bis 1615 zur Schlacht um Ōsaka, mit der dieser Film beginnt. (Dikigoros meint sogar, daß das 1603 gegründete Tokugawa-Shōgunat nur eine kurze Episode geblieben wäre, wenn der Shimabara-Aufstand 1637/38 geglückt wäre. (Japan hatte seine "Bauernkriege" gut 100 Jahre später als Europa, und hüben wie drüben kämpften auf Seiten der Bauern auch verarmte "Raubritter" mit, ihre Sache war also durchaus nicht chancenlos.) Ob der bedauernswerten Sen - einer Enkelin Ieyasus - dabei eine Schlüsselrolle zukam, oder ob sie bloß zwischen den Fronten hin und her geschubst wurde, ist ob der widersprüchlichen Quellen unklar; die Filmemacher hatten also ziemlich freie Hand bei ihrer Suche nach der "historischen Wahrheit". (1962 wurde ein Remake mit Misora Hibari in der Hauptrolle gedreht.)


November: Kyō spielt die Hauptrolle - Nobukichi Hakata - in der Verfilmung des Romans "Bazoku geisha [pferdreitende Geisha]" von Ashihei Hino.


1955
April: Kyō spielt - erneut unter der Regie von Kinugasa - die Sachiko (keine Hauptrolle) in "Bara ikutabika" [Die Rose - geht sie auf Reisen?]" (in den USA mit "A girl isn't allowed to love" betitelt - es könnte ja sein, daß ein paar doofe Amis nicht wissen, daß "Rose" für "Liebe" steht :-).
Schon wieder so ein selbstmitleidiger Emanzen-Film. Gewiß, verglichen mit dem heutigen Emanzentum war der Wunsch eines Mädchens, sich den Ehemann selber aussuchen und eine "Liebesheirat" schließen zu dürfen, noch harmlos. Aber heute, da die Japanerinnen im Durchschnitt mit Mitte 20 heiraten (wenn überhaupt), fällt es ihnen natürlich hoffentlich leichter, die richtige Wahl zu treffen. Dagegen heirateten sie damals noch in einem Alter mit relativ wenig Lebenserfahrung; da war es vielleicht doch gescheiter, auf die Eltern oder andere ältere Verwandte zu hören. Wohlgemerkt, der Film hat ein Happy-end im Sinne der Liebenden: Die von den Eltern arrangierte Geld-Ehe wird geschieden, und es kommt doch noch zur Liebesheirat. Aber wie Frau Dikigoros bei solchen Filmen zu sagen pflegt: "Das ist doch kein Ende - jetzt wird es ja erst richtig interessant! Wer sagt denn, daß die zweite Ehe mit weniger Geld besser laufen wird als die erste mit mehr?" Und Dikigoros selber würde sagen, daß die Geschichte ein "Geschmäckle" hat: Eine junge Frau verplempert ihre besten Jahre zum Heiraten und Kinderkriegen an der Universität; und erst als sie das Studium nicht schafft, flüchtet sie in den Hafen der Ehe, um dort den Notanker zu werfen. Daß die Ehe scheitern mußte, war doch klar - sie hat ihren Ehemann ja um diese Jahre förmlich betrogen! (Sich selber übrigens auch, denn es ist ja nichts dabei herum gekommen.) Und daß die nächste Ehe ebenso enden wird, ist fast noch klarer...

Schaut genau hin, liebe Leser, hier seht Ihr - vielleicht zum letzten Mal - das Kanji für "Rose". Es gilt als "schwierig", da es aus 33 Strichen besteht (wenn man die Querstriche im Radikal "Gras" bricht sogar aus 35) und wurde daher zum Abschuß frei gegeben. Es ist ja viel bequemer, die Rose mal eben aus 2 Kana à 3 Strichen hinzuschmieren. (Hier in Hiragana; eine berüchtigte beliebte Verblödungsplattform druckt sie gar - noch fauler sparsamer - in Katakana!) Aber mal ehrlich, wenn es einem nichtmal wert ist, dieses Wort ordentlich pinseln zu lernen, dann kann es mit der Liebe doch nicht allzu weit her sein - oder?

[korrekte Schreibweise mit 33 Strichen] [unkorrekte Schreibweise mit 35 Strichen] [oben in Hiragana]

Juni: Kyō spielt - unter der Regie von Kazuo Mori und erneut an der Seite von Kazuo Hasegawa - die Okaji in "Tōjūrō-no koi" (nach einem Roman von Kan Kikuchi, der bereits 1938 von Kajirō Yamamoto verfilmt worden war und in den USA unter dem Titel "The Love of a Kabuki Actor [Die Liebe eines Kabuki-Schauspielers (dessen ungewohnter Name dem Publikum wohl nicht zugemutet werden sollte :-)]" lief).
Und nun muß Dikigoros sein Versprechen einlösen, etwas mehr über den Begriff "Liebe" im Japanischen zu schreiben. Ältere Semester mit Deutsch oder Niederländisch als Muttersprache kennen vielleicht noch den Schlager "Die Mädchen von Yoko-Yokohama" des alten Schwerenöters Lou van Burg, in dem er singt: "'Liebe' heißt 'ai', und 'ja' heißt 'hai'." Da stimmt zwar der Reim, aber sonst nicht viel. (Wenn schon jemand Yokohama auf der 1. + 3. Silbe betont statt, wie es richtig wäre, auf der 2., dann sollte man ihm auch sonst nicht alles glauben :-) "Hai" heißt nicht "ja", sondern allenfalls "tja" oder "ja, äh..." Es ist ein Höflichkeitspräfix, das man jeder Antwort voran stellt, um nicht in den Verdacht zu geraten, vorschnell und gedankenlos etwas zu sagen. Einfach nur "e" zu sagen (wie im Italienischen "è" :-) gilt als extrem unhöflich. Man sagt erstmal "hai" [frei übersetzt: "Ja, ich habe Ihre Frage verstanden"], und dann irgendetwas Blumiges wie z.B. "Sō des', ne? [So ist es, nicht (wahr)]" - wobei das "ne" dem englischen "isn't it?" entspricht. Und "ai" ist nur eines von mehreren Wörter für "Liebe". Nun, Lou bzw. sein Texter sind Gaijin und als solche exculpiert; aber merkwürdiger Weise können (oder wollen?) selbst manche Japaner das nicht richtig erklären. Da liest man z.B., "koi" sei die "romantische Liebe", das "Sich-sehnen-nach-einer-geliebten-Person", während "ai" die körperliche Liebe sei, oder "koi" sei "die Liebe zwischen Personen", während "ai" "die Liebe im allgemeinen", also z.B. auch zum Vaterland, zum Haustier oder zum Auto sein könne. An beidem ist zwar ein Körnchen Wahrheit, aber in dieser verallgemeinernden Form ist es schlicht falsch. Traditionell gibt es in Japan keine "romantische Liebe", folglich auch kein eigenes Wort dafür - sie wird vielmehr mit "rabu" bezeichnet, einer Verballhornung von "love". (Japaner können kein "l" aussprechen und sagen statt dessen "r" (also genau umgekehrt wie die Chinesen); und das "v" wird zum "b" [das "u" ist stumm].) Und das ist nicht unbedingt positiv besetzt: Wenn man ein Pärchen als "rabu rabu" bezeichnet, dann klingt das schon fast spöttisch. Sowohl "koi" als auch "ai" bezeichnen körperliche "Liebe", ersteres das Sehnen danach, letzteres den Vollzug - deshalb macht der von manchen Gaijin als flapsig empfundene Satz: "Was vor der Ehe koi ist, wird nach der Eheschließung zu ai" durchaus Sinn. (Es gibt übrigens auch eine Kombination aus beidem - die freilich wie so oft anders ausgesprochen wird: "koi" + "ai" = "renai" - und zahlreiche Kombinationen von "ai" mit anderen Wörtern, die dann tatsächlich "Liebe" zu allem Möglichen ausdrücken können, aber Dikigoros kann hier nicht auf alle eingehen.) Auch die Behauptung, daß nur "koi" die Liebe zu anderen Personen ausdrücke, ist so nicht richtig. Was las Dikigoros da bei einem sekundären (japanischen!) Analfabeten über das Wort "suki" (bitte mit stummem "u" aussprechen, also "ski"): "Weniger intensiv als 'ai' ist 'suki'; es drückt aus, daß man Personen oder Sachen mag." Vermutlich hat der Typ es nie anders als in Kana gelesen. In Kanji schreibt man es nämlich: "Mutter + Kind"! Bleiben noch zwei Ausdrücke, die das, was Dikigoros eben geschrieben hat, zu widerlegen scheinen: "Itoshii" - geschrieben mit dem selben Kanji wie "ai" - soll die Liebe zu Kindern sein; und "koibito" - geschrieben mit dem selben Kanji wie "koi" [+ "hito", das hier zu "bito" wird] und "Geliebte[r]" bedeuten soll. Aber ersteres ist ein Adjektiv, das nicht nur Kinder (auch fremde!), sondern ebenso gut junge Katzen, Püppchen oder Manga-Figuren bezeichnen kann - Dikigoros würde es nicht mal mit "lovely" übersetzen, sondern mit "cute". Und letzteres mag zwar wörtlich dem englischen "Lover" entsprechen, wird aber nicht (mehr?) in diesem Sinne gebraucht, sondern... hm... jetzt ist Dikigoros mal flapsig und übersetzt das mit "Bratkartoffelverhältnis" - falls noch jemand weiß, was das ist -; auf Englisch würde er "part time lover" sagen.


Mizoguchi - der unheilbar an Leukämie erkrankt ist und nichts mehr zu verlieren hat - läßt die Maske fallen, hinter der man (vor allem im Ausland :-) nur den Vorkämpfer für Frauenrechte vermutet hatte. Tatsächlich verbirgt sich dahinter ein glühender Patriot, der die US-Besatzer haßt und die Verwestlichung Japans - welche diese ganz offen betreiben - aus vollem Herzen ablehnt. Er dreht in diesem Jahr zwei Filme: In "Yōkihi" spielt Kyō die Hauptrolle - Yang Kwei-fei, die vom Dienstmädchen zur Fürstin aufgestiegene Konkubine und Prinzregentin des chinesischen Kaisers Xuan Zong.



Man achte auf das ganz un-japanische - chinesische - Augen-makeup, das eher dem indischen ähnelt, über das Dikigoros an anderer Stelle mehr schreibt.

Der zweite ist eine Verfilmung des Literatur-Klassikers Heike monogatari, in dem Kyō nicht mit zu spielen wagt. (Die weibliche Hauptrolle wird daher mit Yoshiko Kuga besetzt.)


Der Film verursacht einen Skandal, der nach außen gut vertuscht bzw. falsch erklärt wird, nämlich als Protest gegen die schlechte Behandlung der japanischen Weltkriegsveteranen. (Vgl. Leopold Ranke: "Den Charakter einer Nation erkennt man daran, wie sie ihre Soldaten nach einem verlorenen Krieg behandelt.") Aber darum geht es hier nicht, denn die Samurai, die da nach Intrigen neidischer Hofschranzen mit schnöder Undankbarkeit abgespeist - und damit zur Rebellion getrieben - werden, kehren ja gar nicht aus einem verlorenen, sondern ganz im Gegenteil aus einem siegreichen Krieg zurück! Nein, der Skandal liegt vielmehr darin, daß der Film durch angedeutete Parallelen suggeriert, was in weiten Teilen des Volkes ohnehin schon herrschende Meinung ist, nämlich daß Hirohito nicht nur kein echter Tennō mehr ist (was unstreitig ist, da dieser Titel ["Himmelsherrscher"] Gottgleichheit impliziert, auf die er in seiner Neujahrsansprache 1946 ausdrücklich verzichtet hatte), sondern überhaupt kein echter Herrscher, vielmehr eine bloße Marionette der USA, daß der wahre Kaiser Japans nicht in Tōkyō sitze, sondern in Washington D.C., und daß dies ein großes Unglück für Japan sei. (Andere kontern das mit der Behauptung, daß er auch zuvor bloß eine Marionette der Militärs gewesen sei, halt nicht der amerikanischen, sondern der japanischen. Beide Lager übersehen geflissentlich, daß der Tennō vor dem 19. Jahrhundert nie weltlicher Herrscher war - sondern eine Art Papst - und daß schon die Inthronisierung von Mutsuhito, dem "Meiji [Erleuchteten]", alles andere als eine "Restauration" war, sondern vielmehr ein Staatsstreich cleverer Schachzug "fortschrittlicher" Militärs, um das Tokugawa-Shōgunat zu stürzen und dem dummengläubigen Volk eine Galionsfigur zu präsentieren :-) Dies ungeachtet der Tatsache, daß 1951 in San Francisco ein formeller Friedensvertrag geschlossen wurde und die amerikanischen Besatzer seitdem offiziell nicht mehr als solche im Lande stationiert waren, sondern als "Beschützer". Damit hätte man vielleicht die tumpen Teutonen in Trizonesien täuschen können (denen freilich die Gnade eines solchen Friedensvertrags nie zuteil wurde), nicht aber die Japaner, deren Wut auf die Amis nach dem "Zwischenfall" mit der Fukuryū maru im Vorjahr - über den Dikigoros an anderer Stelle mehr schreibt - größer war denn je. Sie empfanden als Enddatum der Besatzungszeit erst den 6. Juni 1979, als der alte japanische Kalender wieder eingeführt wurde. Wohlgemerkt, die japanische Zeitrechnung ist nicht nur kompliziert, sondern geradezu idiotisch. Aber das war nicht der Grund, weshalb ihnen die alliierten Besatzer 1945 als erste Amtshandlung deren Gebrauch verboten hatten, sondern vielmehr die Erkenntnis, daß man ein Volk und seine Kultur am nachhaltigsten zerstört - und das war ihr erklärtes Ziel -, indem man ihm seine Vergangenheit nimmt, denn wer keine Vergangenheit hat, hat auch keine Zukunft. In Germany machten sie es sich unnötig schwer: Sie verbrannten mühsam alle 1933-1945 entstandenen Bücher (und noch einige mehr, die ihnen nicht in den Kram die "re-education" paßten) und verboten den Nachdruck. Dann begannen sie umständlich, die Geschichte neu zu schreiben. Aber es dauerte sage und schreibe 40 Jahre, bis der Lügenbaron von Drecksäcker Weizsäcker es wagen konnte, die Orgie von Mord, Plünderung und Vergewaltigung, welche die alliierten Besatzer 1945 (und noch einige Jahre danach) in Deutschland (und anderen Ländern) veranstalteten, als "Befreiung" zu bezeichnen, ohne gelyncht oder ins Irrenhaus gesteckt zu werden. Und es vergingen viele weitere Jahre, bis sich diese Geschichtsklitterung mit Hilfe der Monopol-Medien in der BRDDR allgemein durchgesetzt hatte. In Japan machten sie es sich leichter: Sie schafften einfach das alte Datierungssystem und damit de facto die japanische Geschichte vor 1945 auf einen Streich ab. Aber die älteren Japaner bewahrten ihr Wissen insgeheim, warteten eine Schwächefase der USA unter Peanuts Jimmy Carter ab und sprengten dann ganz offiziell - per Gesetz! - die ihnen auferlegten Ketten der westlichen Zeitrechnung. (In Rotchina hätte das nicht passieren können. Dort hatte man nicht nur die alten Bücher verbrannt und - für den Fall, daß noch welche auf Taiwan oder sonstwo im Ausland vorhanden sein sollten - die alte Schrift abgeschafftbis zur Unkenntlichkeit "vereinfacht", sondern Mao hatte während der so genannten "Kultur-Revolution" auch alle klassisch Gebildeten, die sie noch hätten lesen können, als "Konter-Revolutionäre" ermorden hinrichten lassen. Die alte chinesische Kultur war somit für alle Zeiten ausgelöscht; und an Stelle des Wissens um sie trat das, was Drehbuch-Autoren und Regisseure im Film aus ihr machten :-) Und, um auch das noch zu relativieren: Heutzutage ist beides überholt, denn unter der weltweit eingerissenen "Cancel culture" braucht man weder Bücher noch Gelehrte mehr zu verbrennen - sie werden erst gar nicht mehr geschrieben bzw. kommen erst gar nicht mehr zu Wort.

1956
In offensichtlicher Distanzierung spielt Kyō - erneut an der Seite von Kazuo Hasegawa und der Regie von Kinugasa - die Tomoe in der als Kontrapunkt konzipierten Verfilmung des "Heike monogatari".
(Solche gegensätzlichen Interpretationen sind ohne weiteres möglich, da es sich - ähnlich wie bei der europäischen Thidrekssaga - um eine mehr oder weniger lose Episoden-Sammlung handelt, von der sich jeder Drehbuch-Autor heraus picken kann, was ihm am besten paßt: den Untergang der Nibelungen, die Geschichte von Tristan und Isolde, den Aufstieg der Taira (nach anderer Lesung eben "Heike") oder auch deren Untergang. Die "Heian"-Zeit, in der sie spielt, dauerte immerhin fast 400 Jahre - vom späten 8. bis zum späten 12. Jahrhundert -, da kommt alles vor: Liebe und Haß, Treue und Verrat, Ritterlichkeit und Heldentod. Daraus läßt sich ein Lehrstück in buddhistischer [Un-]Moral machen oder eines in schmutziger hoher Politik - oder einfach nur ein blutiges Spektakel :-)


Februar: Kyō spielt - wieder unter der Regie von Kōji Shima - die Momoko in "Niji ikutabi".
Hier taucht erneut das Motiv von der guten und der bösen [Halb-]Schwester auf - wobei es diesmal allerdings nicht um "verwestlicht" oder "nicht verwestlicht" geht.



Dennoch darf Kyō die Hauptrolle in Mizoguchis letztem Film "Akasen chitai [(Die) Straße (der) Schande]" spielen, die eiskalt-cynische Prostituierte Mickey.


Schrieb Dikigoros oben, daß PISA in Japan mit dem DVD-Zeitalter Einzug gehalten habe? Das war leider nur die halbe Wahrheit - die Anfänge lagen viel früher. Schaut Euch die Abbildungen genau an: Neben den Kanji wird - klein gedruckt, deshalb hat Dikigoros den Ausschnitt vergrößert - die Aussprache in Hiragana angegeben, obwohl das ja kein Film ist, den schon Kinder besuchen dürften, die erst ein paar Kanji gelernt haben, sondern einer für Zuschauer ab 18, die also die Pflichtschule absolviert haben und die Standard-Kanji beherrschen sollten. Heute ist das bei Kanji mit mehreren möglichen Lesarten oder höheren, d.h. mindestens zweistelligen Strichzahlen üblich; aber anno 1956 schüttelten viele Kinogänger darob wahrscheinlich noch den Kopf.
Damals - und noch, als Dikigoros Japanisch lernte - gab es 1.850 "tōyō kanji". In den 1980er Jahren wurden sie in "jōyō kanji" umbenannt und ihre Zahl erhöht, zunächst auf 1.945, dann immer weiter. Wo der Unterschied liegt? Wäre Dikigoros boshaft, dann würde er antworten: Die kompletten 1.850 Kanji beherrschten (damit meint er, daß sie nicht nur zu ihrem passiven Lese-Wortschatz zählten, sondern auch zu ihrem aktiven Schreib-Wortschatz) fast alle Japaner, die 1.945 vielleicht noch 80%, und die heutigen - Moment, 2.136, Stand 2022 - vielleicht 60%.


Irgendwo las Dikigoros, dieser Film habe maßgeblich zum Verbot der Prostitution - das damals in Japan gerade heftig diskutiert wurde - beigetragen. Das wagt er stark zu bezweifeln. Mizoguchi spricht nur zu deutlich durch den Mund seiner Bardamen, wenn er z.B. die Puffmutter ("O ka-san" - die gleiche Anrede wie für echte Mütter :-) sagen läßt: "Früher waren unsere Geishas gebildet, konnten Gedichte ('Haiku') schreiben*** und musizieren, beherrschten die Tee-Zeremonie ('Cha-no yu') und das Blumenstecken ('Ikebana'). Aber nach dem Krieg hat die Regierung von uns verlangt, daß sie den US-Besatzern, die auf so etwas keinen Wert legten, sexuell zu Willen sind. Wir haben gehorcht, die Politiker sogar unterstützt und auch immer brav unsere Steuern gezahlt. Und zum Dank wollen sie uns nun den Laden dicht machen."

[Haiku] [Shamisen] [Tee-Zeremonie] [Ikebana]

Nun, nicht nur die US-Besatzer legten kaum Wert auf traditionelle japanische Kultur, sondern die meisten anderen Gaijin ebenso wenig. (Unter uns: auch Dikigoros erwartet von seiner Frau nicht, daß sie Gedichte schreibt oder Shamisen spielt - wie Kyō in "Yōkihi" - oder gar Koto - wie Kyō in "Jigokumon" -; den Tee trinkt er mit ihr ganz un-zeremoniell; und auf ihren kostspieligen Blumenfimmel könnte er gut verzichten :-) Sie dürften also, als der Film in ihre Kinos kam, über diesen Satz hinweg gehört haben - deshalb zitiert ihn Dikigoros hier; er ist nämlich wichtig, weil das für echte Japaner mindestens ebenso schändlich ist war wie die vordergründige Geschichte der Prostituierten, die ihren Kolleginnen die Stammfreier ausspannt und sie abzockt.


[Portugal 2017]
Was haben das deutsche und das italienische Kinoplakat gemeinsam? Auf beiden sind der Busen und das Décolleté vergrößert, das Halskettchen
mit dem christlichen Kreuz ist entfernt, die Taille ist verschlankt (s.o.), und die Hose ist von kariert auf knallrot bzw. pechschwarz umgefärbt.


August: Kenji Mizoguchi stirbt.
Vielleicht wird das bisweilen überbewertet - schließlich hatte Kyō in erheblich mehr Filmen von Keigo Kimura mitgespielt. Aber Tatsache ist, daß die meisten der letzteren deutlich weniger erfolgreich waren und heute z.T. so gut wie vergessen sind. (Einige davon hat selbst Dikigoros weg gelassen, da er sie nicht gesehen hat und außer dem Titel partout nichts über sie in Erfahrung zu bringen ist. Er hat sie im Quellcode verzeichnet; wer neugierig ist und mehr weiß - er ist für jede brauchbare Information dankbar.)
Kyō wagt den Sprung über den großen Teich nach Hollywood und spielt - unter der Regie von Daniel Mann, an der Seite von Glenn Ford und Marlon Brando - das Fräulein "Lotus Blossom [Lotusblüte]" in der Komödie "The Teahouse of the August Moon", einer Verfilmung des gleichnamigen Theaterstücks von John Patrick aus dem Jahre 1953, dem wiederum ein Buch von Vern Sneider aus dem Jahre 1951 zugrunde liegt.
Für die weibliche Hauptrolle leistet sich Metro-Goldwyn-Mayer - erstmals - eine echte Japanerin, für die männliche Hauptrolle dagegen keinen Japaner; Brando wird für seine Rolle des "Sakini" später die Goldene Ananas der Goldene Truthahn [Golden Turkey] als "lächerlichster Darsteller eines Ausländers" zugesprochen. (Übrigens zu Unrecht: Er machte seine Arbeit so gut es eben ging, lernte sogar, sich wie ein Japaner hin zu hocken und ein paar Brocken Japanisch zu sprechen. Für das lächerliche Drehbuch - ebenfalls von Patrick - konnte er nichts; außerdem durfte man damals wohl nur in dieser übertriebenen Form wagen, die US-amerikanische "Demokratie" im allgemeinen und den Versuch, diese überall auf der Welt zu verbreiten, auf die Schippe zu nehmen.)
Nachtrag: "Turkey" gilt in den USA als verächtliches Schimpfwort (außer am Erntedankfest, da wird das gute Tier bevorzugt verspeist :-) - etwa im Sinne von "lahme Ente". [Der englische Ausdruck "lame duck" bezeichnet dagegen einen Präsidenten oder Regierungschef, der seine parlamentarische Mehrheit verloren hat oder, nachdem er bereits abgewählt ist, nur noch pro forma weiter regiert, bis sein Nachfolger das Amt offiziell übernimmt.] Daher verbaten sich die Türken anno 2022 die Verwendung dieses Wortes in Bezug auf ihr Land und verlangten, daß man sie künftig bei ihrer Eigenbezeichnung "Türkiye" nennte. (Fast alle Staaten gehorchten brav, nur nicht die USA und Großbritannien, die es eigentlich anging - englische Muttersprachler können nämlich ein "ü" nicht [aus]sprechen, ja nicht einmal schreiben - es fehlt auf ihren Tastaturen :-)

[Buch - Originalausgabe 1951] [Theaterstück 1953] [Buch - Neuauflage 1953] [Buch - Neuauflage 1956] [Buch - Neuauflage]

Der Streifen wird weltweit vertrieben, mehr oder weniger gut übersetzt und synchronisiert - außer in Japan, wo sich vorerst niemand für eine romantische Verharmlosung des US-Besatzungsregimes auf Okinawa interessiert.



Auch hier könnte statt "Mond" - so auf dem englischen und dem spanischen Kinoplakat - "Monat" gemeint sein.
(In Deutschland, Belgien und Dänemark umging man das Problem ganz pragmatisch - durch Auslassung :-)

Es gibt zwar ein japanisches Kinoplakat von 1957, aber der Film lief bloß auf Englisch - was damals kaum ein Japaner verstand -, hauptsächlich in Soldatenkinos für die Besatzer. Erst Jahrzehnte später kommt auch eine DVD auf Japanisch heraus (deren Cover dem der spanischen und/oder portugiesischen "nachempfunden" ist :-) sowie eine Übersetzung des Buchs von Sneider.


Fällt Euch etwas auf, liebe Leser, selbst wenn Ihr des Japanischen nicht mächtig sein solltet? Bestimmt: Die Übersetzung ("Das Teehaus vom 15.08.") ist falsch! Und das unabhängig davon, ob man den Mond oder den Monat oder beides zusammen für richtig hält und egal, ob es von links nach rechts geschrieben ist - wie auf der DVD-Hülle und neuerdings auch als Untertitel im Vorspann der englischen Fassung, achtet mal drauf! - oder von oben nach unten und von rechts nach links - wie auf dem Buchumschlag. (Da wird es besonders augenfällig: Die Kanji für '10' und '5' ragen über den übrigen Text hinaus, sind also nachträglich eingefügt worden. (Normalerweise werden bei unterschiedlicher Spaltenlänge die längeren Spalten nach unten verlängert, nicht nach oben!) Was soll das? Was geschah am 15. August? Dikigoros hat lange herum gerätselt: Die japanische Kapitulation fand bereits am 14. August 1945 statt, Okinawa wurde schon vorher besetzt, und die Hauptinseln erst später. Worauf wird hier angespielt? Nun, die Kapitulation Japans fand zwar am 14., die "Siegesfeiern" in den USA aber erst am 15. August statt. Und da ging es hoch her, vor allem in San Francisco: Das, was heute verharmlosend als "Peace riots [Friedensunruhen]" bezeichnet wird, war eine wüste Orgie aus Mord, Plünderung und Vergewaltigung, die sich nur mit denen vergleichen läßt, welche die USA nach der Kapitulation der deutschen Wehrmacht in Mitteleuropa veranstaltet hatten: Chinatown wurde fast vollständig zerstört, chinesische Männer ermordet, chinesische Frauen vergewaltigt und chinesische Läden geplündert. Nanu - waren die USA und China nicht Verbündete? Na wenn schon - Schlitzauge ist Schlitzauge. Und da die Japaner und Japanischstämmigen immer noch alle im KZ saßen (wer sich dafür interessiert und des Englischen mächtig ist, mag den Aufsatz von Russ Nakatsu über das Schicksal der "Nisei" lesen, den Dikigoros unten bei Kanashimi wa onna dakeni verlinkt hat), kühlte man sein Mütchen halt an den Chinesen. Und ebenso wenig wie in Mitteleuropa wurde in San Francisco irgendein Amerikaner für seine [Un-]Taten belangt oder gar bestraft. [Die Ereignisse wurden 70 Jahre lang tot geschwiegen. Erst anno 2015, als garantiert kein Beteiligter, dem das eventuell hätte drohen können, mehr am Leben war, wagte San Francisco Gate, ein paar diesbezügliche Aufsätze zu veröffentlichen, die Dikigoros zufällig in die Hände geraten sind.] Die Zahl der chinesischen Opfer wurde nie offiziell ermittelt. Sie lag sicher nicht so hoch wie die der in den Concentration Camps umgekommenen Japaner, aber ebenso sicher erheblich höher als die der wenigen, die sich getraut hatten, ein US-amerikanisches Krankenhaus aufzusuchen (denn sie mußten ja damit rechnen, dort von Ärzten, Krankenschwestern o.a. Verbrechern ermordet zu werden): Knapp über 1.000 Männer, die ihren Verletzungen noch nicht erlegen waren, und ganze sechs vergewaltigte Frauen. Dikigoros tippt auf eine fünfstellige Opferzahl. Und nun wird auch klar, warum z.B. ein vergleichsweise harmloser Schabernack wie die "Reichskristallnacht" von 1938 - bei der, wie schon der Name sagt, bloß ein paar Glasscheiben zu Bruch gegangen waren (die schweren Schäden an den Synagogen - und Kirchen - in Deutschland wurden erst durch die angelsächsischen Terror-Bombardements im Zweiten Weltkrieg verursacht) - zu einem gewaltigen Popanz aufgebauscht wurde: Die USA wollten von ihren eigenen, ähnlichen (wenn auch nur entfernt, da unendlich viel schwereren) Verbrechen ablenken, so wie schon in Sachen Malmedy, Marzabotto, Oradour, Tulle u.v.a., wo sie deutsche "Verbrechen" frei erfanden (und durch erfolterte falsche Geständnisse "bewiesen"), die sie zuvor selber begangen hatten.
Oktober: Wieder zurück in Japan, spielt Kyō - erneut unter der Regie von Kinugasa und erneut an der Seite von Kazuo Hasegawa - die Hagino in "Tsukigata hanpeita".
(In den meisten Filmografien werdet Ihr noch einen längeren, blumigen Untertitel finden; aber Dikigoros begnügt sich hier mit dem, der auf dem Filmplakat steht :-)


1957
Januar: Kyō spielt - wieder unter der Regie von Daisuke Itō - die Titelrolle in "Itohan monogatari [Die Geschichte der I.]".


Februar: Kyō spielt - unter der Regie von Hiroshi Shimizu - die Hauptrolle - die Chiyomi Hanamura - in "Odoriko [Tanz-Mädchen]".


April: Kyō spielt - erneut unter der Regie von Kōji Shima - die weibliche Hautrolle Hauptrolle in "Onna-no hada [Frauenhaut]".
(Diesen Film im www zu finden, ist ein Ding der Unmöglichkeit, denn der Titel ist äußerst beliebt. Es ist wie die Suche nach der Stecknadel in einem Heuhaufen moderner [Soft-]Pornos. Sollte es jemand dennoch versuchen und wider Erwarten fündig werden, dann wäre Dikigoros für eine Mail mit URL dankbar.)


Juni: Kyō spielt - unter der Regie von Daisuke Itō - die "Jute" in "Jigokubana [Höllenblume]".

Natürlich [er]kennt jeder Japaner unten rechts das Kanji für Blume ["hana", hier in der Zusammensetzung "bana"] - egal wie unsauber es gepinselt ist, denn es zählt zu denen, die man schon im Kindergarten erlernt. Aber was soll der arme Gaijin sagen, der im 1. Semester Japanologie studiert, wenn er anfängt, die Striche zu zählen, weil er den Leit-Radikal nicht findet, wie er das gerade in der Vorlesung "Wie man ein japanisches Wörterbuch benutzt" gelernt hat? Korrekter Weise wird der Radikal für "Gras" - der hier zu allem Überfluß auch noch der Leit-Radikal ist -, mit drei Strichen - u.a. einem durchgehenden Querstrich - geschrieben. Hier ist der Querstrich jedoch unterbrochen, so daß aus 3 Strichen 4 werden. Das kann man schon mal machen, wenn man andeuten will, daß es um gebrochene Blumen (o.ä. :-) geht; aber sonst ist das eine - leider zunehmend verbreitete - Unart, die Ihr keinesfalls nachahmen solltet!


Juli: Kyō spielt "Mari", eine der beiden weiblichen Hauptrollen, in "Yoru-no chō [Nachtfalter]" (wörtlich: "Geflügelte Raupe[n] der Nacht :-).
Vordergründig geht es vor allem um die Rivalität zwischen zwei Puffmüttern Mama-sans, die in einem vorsätzlich herbei geführten, für beide tödlichen Verkehrsunfall endet. Tatsächlich steckt jedoch viel mehr dahinter: Der Moloch Tōkyō - wo mittlerweile 10% der japanischen Bevölkerung leben - verwestlicht immer mehr; selbst die Bars auf der berühmt-berüchtigten Ginza tragen meist ausländische Namen (die von Mari heißt "François", und es gibt auch eine männliche Bedienung - traditionell undenkbar -, die, wiewohl längst erwachsen, auf Anglo-Japanisch "Boy-san!" gerufen wird :-); und obwohl "Mari" aus Ōsaka stammt und noch immer einen traditionellen Kimono trägt - als einzige in ihrem Etablissement, die anderen Bardamen sind westlich gekleidet - fühlt sie sich nach eigenem Bekunden ganz als Tōkyōterin. Dagegen nennt ihre Konkurrentin "Kiku" die Bar, die sie unweit des "François" eröffnet, nach sich selber und bringt ihre Mädchen aus Kyōtō mit - alle nach altem Geisha-Stil geschminkt, d.h. mit kalkweiß gepudertem Gesicht und strenger Hochfrisur. (Ein Kontrapunkt am Rande ist die Land-Pomeranze "Nono", die gerade erst anfängt und ihrem ersten Kunden - einem alten Knacker, der hofft, daß er sie an einen berühmten Schauspieler erinnert, ins Gesicht sagt, daß er sie vielmehr an die Vogelscheuche auf dem heimatlichen Reisfeld erinnert :-) Viel wichtiger ist jedoch der Kampf um das Eindringen - bzw. dessen Verhinderung - von Unternehmen aus Ōsaka und sonstwoher nach Tōkyō, um das Wirtschaftsbosse und korrupte Politiker in den Hinterzimmern der Nachtbars erbittert ringen. Japan steht an einem Scheideweg, und der Film spiegelt das wieder.


Oktober: Kyō spielt - wieder unter der Regie von Ichikawa - die weibliche Hauptrolle - die Reporterin Nagako Kita - in dem Kriminalfilm "Ana [Die Falle - wortlich das Loch, aber diese Übersetzung wäre hier mißverständlich; gemeint ist die Grube, die man jemandem gräbt]".


1958
Januar: Kyō spielt - erneut unter der Regie von Kōji Shima - die weibliche Hauptrolle - die Aya Koyanagi - in "Yūrakuchō de aimashō [Liebende in Y.]".
"Aimashō" läßt sich nicht 100%ig korrekt übersetzen. Im Deutschen können Verben nur im Infinitiv substantiviert werden. Im Japanischen geht das auch mit konjugierten Formen in verschiedenen Tempi. (Ähnlich wie im Lateinischen - man denke nur an den Gladiatoren-Spruch "Morituri te salutant", die Sterben[-]werden[den] grüßen dich :-) Wörtlich steht da "die Lieben[-]werden[den]", sie sind also noch keine Liebenden. Vielleicht ist "Let's meet in Y." - der Titel, unter dem der Film in den USA lief - die beste Lösung. À propos: Obwohl der Film zumindest einen US-Besatzer positiv darstellt, ist der Vorwurf der rot-chinesischen Propaganda, daß Japan bereits total amerikanisiert sei, noch nicht begründet: Kyō ist zwar in den letzten beiden Filmen erstmals fast durchgehend in westlicher Kleidung aufgetreten; das Publikum hat diesen Versuch einer kulturellen "re-education" jedoch eher zurückhaltend aufgenommen.

[rot-chinesisches Propagandaplakat 1958]

Auch der Versuch, den Japanern mittels massiver Werbung das Trinken von nach amerikanischem Rezept gebrautem kaltem Bier anstelle von lauwarmem Sake beizubringen (eine Unart, der schon die Bardamen in "Yoru-no chō" fröhnen, s.o.) mißlingt einstweilen. (Erst drei Jahrzehnte später überflügelte der Bier- den Sake-Umsatz in Japan, nachdem die führenden Brauereien in einem von bösen Zungen als "Bierkrieg" bezeichneten Wettlauf den Alkoholgehalt des ersteren erhöht hatten. Weitere drei Jahrzehnte später war Asahi zum zweitgrößten Bierkonzern der Welt aufgestiegen, der fast Alles, was früher mal Rang und Namen hatte - von der Maas bis an die Memel Pilsen bis Tsingtao - geschluckt hatte. Wer heute ein "Pilsner Urquell" schluckt trinkt, füllt also den Gierschlund der Asahi-Aktionäre :-)

[japanische Bier-Werbung aus 1958] [Das Bier schäumt mit der berühmten Hokusai-Welle] [Ein Schluck aus der Pulle für die Asahi-Aktionäre]

Februar: Kyō spielt Michiko, die Haupt-Gegenspielerin der "Tante aus Amerika" (Hideyo, einer "Nisei", die von Kinuyo Tanaka gespielt wird), in "Kanashimi wa onna dakeni [Trauer ist für Frauen]".
Angeblich hat sie Kaneto Shindō, der Regisseur und Drehbuch-Autor, nach dem Bild seiner eigenen Tante gestaltet - die freilich in den USA geblieben ist. (Wer den letzten Link angeklickt hat weiß, daß kluge Japaner[innen] rechtzeitig in die Heimat zurück gekehrt sind - auch wenn sie dort von den lieben Verwandten und manchen anderen Neidhämmeln scheel angesehen worden sein mögen.)


April: Kyō spielt - unter der Regie von Kunio Watanabe - die Spionin Orui in "Chūshingura [Sammlung treuer Lehensmannen]". Es ist der zweiterfolgreichste Film der 1950er Jahre in Japan.****
(Der erfolgreichste war "Meiji Tennō to Nichi-Ro daisenso [Kaiser Meiji und der japanisch-russische Großkrieg]" - 1957, also mehr als ein halbes Jahrhundert danach gedreht, ebenfalls von Watanabe.)
Er wird auch im Ausland vermarktet, u.a. in den USA als "The 47 Loyal Ronin".

Warum man lieber das Wort "rōnin" gebraucht als das Wort "kura" [nach "n" aufgeweicht zu "-gura"]? Das hängt mit dem Fänomen der "sprechenden Kanji" zusammen. Schaut sie Euch mal an, auch wenn Ihr kein Japanisch könnt, und laßt sie einfach nur so auf Euch wirken! Oben ein besonders schönes Beispiel: "Treue" bzw. "Loyalität" schreibt sich "Mitte" (das hatten wir oben schon, bei der "Schlangenprinzessin") + "Herz", bedeutet also "das Herz am rechten Fleck haben", wie wir sagen. Aber unten? Man sieht doch förmlich, daß da eigentlich etwas gemeint ist, das Dikigoros flapsig frei mit "Sammelsurium" übersetzen würde - es kann auch ein Lager oder einen Schuppen mit allem möglichen Inhalt bezeichnen. Wirkt "herrenlose Männer" da nicht viel seriöser? Rechts dagegen ein unschönes Beispiel: China, das "Reich der Mitte". Früher wurde "Reich" ähnlich definiert wie in der westlichen Staatslehre (Staatsgebiet + Staatsvolk + Regierung): Staatsgrenzen (die äußeren Linien) und ein Herrscher (meist ein König, in China hält er überdies einen mit Juwelen besetzten Reichsapfel - den kleinen Tupfer rechts unten -, der ihn zum Kaiser macht :-). Die Rot-Chinesen - genauer gesagt schon ihr geistiger [Groß-]Vater Sūn Yat-sen - haben den Kaiser durch einen Machthaber ersetzt, der Kraft seines Speeres den Untertanen den Mund verbietet - ein tolles Bild. Noch toller, daß sich die VRC dazu so offen bekennt! Die größte Dreistigkeit ist jedoch zu behaupten, daß dies das ursprüngliche Kanji für "Reich" sei und das mit dem Kaiser eine moderne "Vereinfachung", und daß manche Idioten "Sinologen" im Westen das blind glauben und brav nachplappern!


chinesisches Kaiserreich

volkschinesische Republik:
auf der Spitze der Bajonette

Mai: Kyō spielt - unter der Regie von Shigeo Tanaka - die Takako (eine Nebenrolle - Nr. 11 der Besetzungsliste) in "Haha [Mama]".
(Das Thema wird 1963 von Kaneto Shindō - stark verändert - neu verfilmt, mit Nobuko Otowa in der Hauptrolle)

Das Kanji "haha [Mama]" hatten wir schon bei "Harukanari haha-no kuni", aber Dikigoros wollte es oben nicht vertiefen, da es so simpel ist, daß es selbst Anfänger auf den 1. Blick verstehen: Das Zeichen für "Frau" (um 45° nach links gekippt) mit zwei Nippeln - was sollte damit wohl sonst gemeint sein?!
Aber da er eben das Zeichen für "kuni [Land, Staat]" der Volksrepublik China zugeordnet hat, muß er an dieser Stelle nachtragen, daß die es nicht erfunden hat - was haben die Rotchinesen schon erfunden? -, sondern daß es viel älter ist und daß auch die japanische Shōgun-Herrschaft auf der Spitze der Schwerter beruhte. Es gab eben beide Kanji zur Auswahl, und die Japaner entschieden sich wohl nicht ganz zufällig für letzteres.


Mai: Kyō spielt - wieder unter der Regie von Kinugasa - die Titelrolle in "Ōsaka no onna": Osen, die "Frau aus Ōsaka".
("Wiki Fandom" übersetzt "... in Osaka" - aber das ist falsch; da hat jemand Gustaf mit Gasthof "no" mit "ni" verwechselt. Außerdem ist es ein Unding, den Namen der Stadt so zu verstümmeln. Wenn man aus irgendwelchen Gründen den Dehnungsstrich nicht darstellen kann, dann sollte man entweder "Ôsaka" oder - wie die Japaner selber, wenn sie Kana statt Kanji benutzen - "Ousaka" schreiben.)


Juli: Kyō spielt eine der beiden Hauptrollen - die Nobuko - in "Akasen-no hi wa kiezu".
Der Film wird in den USA mal als "Marked women", mal als "Tainted flowers" [auf]geführt. "Hi" meint hier natürlich keine echten Blumen, denn die wachsen ja nicht auf der Straße ["akasen" - s.o.], sondern steht für das, was man damals auf Deutsch "Bordstein-Schwalbe" und auf Englisch "street walker" nannte. Der Film setzt sich kritisch mit dem kurz zuvor verhängten Verbot der Prostitution (s.o.) auseinander - das nicht zu deren Verschwinden führte, sondern sie lediglich in die Illegalität drängte. Die beiden Protagonistinnen versuchen, ein neues Leben zu beginnen, scheitern aber immer wieder, sobald heraus kommt, was sie zuvor waren - sie sind "gezeichnet" (weshalb "Marked women" der bessere Titel ist, auch wenn er keine Übersetzung des Originals ist). Schließlich landen sie in der illegalen Prostitution. [Die Geschichte hat zwar ein Happy-end, aber man merkt deutlich, daß dieses auf Betreiben der Zensurbehörde nachträglich angehängt wurde - es paßt eigentlich nicht zum Film.]


Oktober: Kyō spielt - wieder unter der Regie von Yoshimura - die alternde Tänzerin Akemi, der von ihrer jüngeren Kollegin und einstigen Schülerin Hisako (gespielt von Ayako Wakao) der Rang abgelaufen wird, in "Yoru-no sugao [Nächtliches Make-up]". (Im Ausland läuft der Film unter dem Titel "The Ladder of Success [Die Erfolgsleiter]".)


Dezember: Kyō spielt die Titelrolle in "Musume-no bōken [Töchterleins Abenteuer]". (Dikigoros übersetzt das mal so - er hatte zuvor nie ernsthaft darüber nachgedacht, was in jenem deutschen Wort stecken könnte; das japanische "bō" kann "heimlich", "mutig", "riskant" oder "gefährlich" bedeuten; und das paßt ja alles irgendwie zu "Abenteuer".)


1959
Januar: Kyō spielt - erneut unter der Regie von Ichikawa - die Umeko in der Liebeskomödie "Anata to watashi no (so umständlich ["Du-und-ich-von"] drücken die Japaner "unser" aus! :-) aikotoba: Sayōnara, konnichi-wa".
Kommt Euch diese "Parole [aikotoba]" bekannt vor, liebe Musikfreunde? Na klar, aus einem Song der Beatles, bloß umgekehrt: "Hello, goodbye!" Aber dieser Film war eher da, und wer weiß, vielleicht hat sich John Lennon sogar davon inspieren lassen?! Er war bekanntlich sehr japanofil, sogar mit einer Japanerin - Yōko Ono - verheiratet. (Und wem das bisher unbekannt war, der kann ja mal den letzten Link anklicken :-)


April: Kyō spielt - unter der Regie von Daisuke Itō - die weibliche Hauptrolle in "Onna to kaizoku [(Die oder eine) Frau und (der oder die) Seeräuber]", einem Remake des gleichnamigen Stummfilms von Hotei Nomura aus dem Jahre 1923.

Anderswo wird statt "Seeräuber" meist "Pirat[en]" übersetzt. Dafür gibt es - jedenfalls im Deutschen - keinen vernünftigen Grund, denn das Wort ist in beiden Sprachen gleich zusammen gesetzt; überdies hat "Seeräuber" den Vorteil, daß es - wie "kaizoku" - sowohl Singular als auch Plural sein kann. Seht Euch das Filmplakat an: Das Kanji "onna [Frau]" kennt Ihr schon; darunter die Silbe "to [und]", dann die Kanjis "See [Wasser+Fläche]" und "Räuber" - dessen rechte Hälfte kennt Ihr auch schon, nämlich aus dem Piktogramm für "Volksrepublik": Es ist der Spieß, den halt auch Seeräuber bei ihrer Arbeit verwenden :-)


April: Kyō spielt - unter der Regie von Shigeo Tanaka - die Ryōko Kashiwabara in "Yoru-no tōgyo".
In den USA wird das aus unerfindlichen Gründen mit "Paper Pigeon [Papiertaube]" übersetzt; dabei sieht doch ein Blinder mit Krückstock, daß das letzte Kanji keinen Vogel, sondern einen Fisch mit 4 Flossen darstellen soll. Richtig wäre "Nächtliche Kampffische". Das meint für gewöhnlich den "siamesischen Kampffisch" bzw. "Betta splendens" (wobei auch diese deutsche Bezeichnung falsch ist, denn es handelt sich um eine japanische Züchtung), hier aber im übertragenen Sinne die Bardamen.
Kyō spielt nominell die Hauptrolle (sie steht auf der Besetzungsliste ganz rechts, also an 1. Stelle); eigentlich spielt diese jedoch Fujiko Yamamoto als frustrierte Nachtclub-Managerin Masako Komaki.


Mai: Kyō spielt - wieder unter der Regie von Kōji Shima und wieder nach einer Romanvorlage von Junichirō Tanizaki - Sachiko, die älteste der vier Schwestern Makioka (von denen zwei noch auf der Jagd Suche nach einem Ehemann sind - mit unterschiedlichen Methoden :-) in "Sasameyuki [leichter Schnee(fall)]".


Kein Buch Tanizakis - und kaum ein anderes japanisches Buch jener Zeit - ist so über den grünen Klee gelobt worden. (Was steht klein gedruckt auf dem Buchdeckel der italienischen Übersetzung? "Der größte japanische Roman des 20. Jahrhunderts"!) Und in kein anderes hat man so viel hinein interpretiert wie in dieses: Die fallenden Schneeflocken hätten eigentlich fallende Kirschblüten gemeint und seien ein Symbol für den allmählichen Nieder- und schließlichen Untergang der "guten alten Meiji-Zeit"... Pardon, aber das stimmt doch alles gar nicht: Etwas kann nur für etwas Anderes stehen, wenn nur eines von beiden vorkommt; aber im Film tauchen sowohl Schneeflocken als auch Kirschblüten auf - je nach Jahreszeit -, denen die Schwestern beim Fallen zuschauen. (Und die 3. Schwester heißt ja nicht "Sakurako", sondern "Yukiko [Schneetochter]" :-) Außerdem stand die Meiji-Zeit für alles andere als das "gute alte" Japan - im Gegenteil: Sie hatte es weitgehend zerstört (aber das ist eine andere Geschichte - die Dikigoros leider noch immer nicht zuende geschrieben hat). Und überhaupt sind "gut" und "alt" relative Begriffe: Noch als Dikigoros Japanisch (und Hindī) lernte, waren Japan (und Indien) diejenigen Kultur-Nationen der Welt, die sich am meisten von ihrer Tradition bewahrt hatten, d.h. die Versuche der USA, eine re-education durchzuführen, waren vorerst mehr oder weniger wirkungslos an ihnen abgeprallt. Erst im neuen Jahrtausend sollte sich das radikal ändern: Nicht der Krieg, sondern der faule Friede sollte alles zerstören, was diese beiden Länder einmal groß gemacht und was Dikigoros an ihnen so fasziniert hatte - das ist auch einer der Gründe, weshalb er diese Kurz-Biografie so stark ausgebaut hat: Er will etwas vom "alten" Japan festhalten, wie er es in Erinnerung hat, und zugleich den modernen Lügenmärchen über sein Ende entgegen treten.
Was machte nun den Erfolg dieses Romans und seiner Verfilmungen aus? "Werkimmanente" Gründe wohl kaum: Es ist eine typische Fortsetzungsgeschichte aus der Zeitung, die jede Woche krampfhaft fortgeschrieben wurde, z.T. ohne Sinn und Verstand, jedenfalls ohne erkennbares Gesamtkonzept. (Alle paar Fortsetzungen wurde ein neuer Heiratskandidat oder Liebhaber für die beiden unverehelichten Schwestern aus dem Hut gezaubert :-) Und am Ende... aber es gab gar keines, denn das muß ja bei solchen Projekten immer offen bleiben. Doch Tanizaki hatte eine Ausrede: 1944, als seine Geschichte gerade im April 1941 - also dem Jahr, als die USA den Wirtschaftskrieg gegen Japan begannen - angelangt war, schlug die Zensur zu und verbot das weitere Erscheinen. (Dikigoros will sich an den Spekulationen über das Warum nicht beteiligen, denn er kann nicht in die Köpfe der Zensoren schauen, und überhaupt glaubt er, daß Zensur ab einem gewissen Punkt zum Selbstzweck wird - heute doch auch!) Für Tanizaki war das ein Glücksfall, denn so wurde dieses Machwerk nach dem Krieg als eines der ersten von den US-Besatzern zum Druck frei gegeben. (Dennoch fehlte bis zuletzt ein richtiger Schluß - und nun gab es keine Ausrede mehr. Aber versteht Dikigoros bitte nicht falsch: Von allen Büchern Tanizakis würde er dieses noch als das am wenigsten kranke bezeichnen. Andere haben das wohl ebenso empfunden: Es soll knapp zwei Dutzend Übersetzungen geben; aber Dikigoros hat sie nicht alle gefunden; ein halbes Dutzend sind wohl ins Chinesische und Koreanische, und die beiden Sprachen kann er halt nicht - sumimasen.)




Nur in wenige Sprachen - Russisch, Niederländisch und Italienisch - hat man den Titel wörtlich übersetzt. Muß man ja auch nicht - zumal wenn er so wenig aussagekräftig ist wie dieser. Wenn man jedoch statt dessen eine Beschreibung des Inhalts wählt, dann sollte das auch im Bild sichtbar sein; da sind die Buchcover (außer dem norwegischen) mangelhaft bis ungenügend: Das französische zeigt nur 2 von 4 Schwestern, das finnische, tschechische und portugiesische nur eine, das deutsche, das spanische und die englischen gar keine. Das zweite englische zeigt dafür zwei fette Karpfen, und das serbische einen Mann - den Autor.

Nun zu den Kanji - leichte Fälle im wahrsten Sinne des Wortes: "Sasame" besteht aus "Faden"+"Reisfeld"; ersterer lastet nur wenig auf letzterem, es bedeutet also "leicht". Und "Yuki"? Den Leit-Radikal - Niederschlag - kennen wir von "Ugetsu". Und wenn die drei Striche darunter (ja, drei - der oben und der rechts zählen als einer) so schön hingeschmiert sind wie auf den Kinoplakaten und DVDs, dann ahnt man auch ohne Kanji-Kenntnisse, daß das Glatteis meint, auf dem man leicht ausrutschen kann - das bedeutet also "Schnee".


Das Buch war schon einmal anno 1950, pardon, im Jahre 25 Shōwa (so steht es da ausdrücklich :-) verfilmt worden - von Yutaka Abe -, und es wird 1983 noch einmal verfilmt - von Kon Ichikawa. Vor allem die 3. Verfilmung (Dikigoros läßt das halbe Dutzend Fernsehserien weg - obwohl die der ursprünglichen Form des Fortsetzungsromans vielleicht am angemessensten waren :-) ist sehr schön auf traditionell getrimmt, mit farbenprächtigen Kimonos (wobei ja Taeko, das "kleine Fräulein" ["koi san" - im alten Japan wurden nicht nur Eltern und ältere Geschwister, sondern auch jüngere mit Höflichkeits-Suffix angeredet!] lieber westliche Klamotten trägt :-) und allem Pipapo. Sie erhält auch den Mainichi-Filmpreis (s.o.); aber irgendwie paßt der alte Roman nicht mehr so richtig in die "neue Zeit". (Es sei denn, man würde ihn so interpretieren, daß er immer und überall - also nicht nur im Japan der Zwischenkriegszeit - spielen könnte: Eine dumme Gans ist zu wählerisch und wartet auf den Märchenprinzen, während sie immer älter und ihre Mitgift immer weniger wird, und endet schließlich als alte Jungfer; und eine andere dumme Gans ist zu wenig wählerisch und gerät immer wieder an den Falschen - mit dem gleichen Ergebnis :-) Das hat Ichikawa - der auch das neue Drehbuch schrieb - wohl ebenso empfunden und der unvollendeten Geschichte ein Happy-end angehängt, und zwar nicht nur ein halbes, wie bei "Taki-no shiraito", sondern sogar ein doppeltes. (Tanizaki konnte sich ja nicht mehr dagegen wehren; aber Dikigoros vermutet mal, daß er sich im Grabe umgedreht hat :-)


Juni: Kyō spielt - wieder unter der Regie von Mori - die Okatsu in "Jirocho Fuji".
Unter den zahllosen Filmen über diesen populärsten "Yakuza" des 19. Jahrhunderts ist dies vielleicht der schlechteste: Viele alberne Szenen tragen nichts zum Gang der Handlung bei und führen zu ermüdender Überlänge. (Schaut Euch trotzdem wenigstens den Anfang an, wo die ganz in weiß und schön von rechts nach links geschriebene Einleitung an der eindrucksvollen Kulisse von Japans berühmtestem Berg - "Fuji" + "yama" = "Fujisan", s.u. Fußnote 1 - vorbei zieht.) Der Film kann nicht die ungeheure Popularität erklären, welche die Yakuza im allgemeinen und Jirocho im besonderen erlangten. (Er genoß beinahe den Status eines Volkshelden.) Dikigoros kann es auch nicht (muß er auch nicht - er ist ja kein Japaner :-); aber er sieht durchaus die Parallelen zwischen Yakusa und der italienischen "Cosa nostra/Mafia" (und deren US-amerikanischem Ableger, den der Roman "The Godfather" von Mario Puzo und dessen Verfilmung mit Marlon Brando nachträglich popularisiert hat):
  • Beide Organisationen waren Selbstverteidigungsbündnisse des einfachen Volks gegen eine Obrigkeit, die als verbrecherisch empfunden wurde - die von letzterer erhobenen Steuern und Zwangsabgaben (denen keine Gegenleistung entsprach, die bei der Unterschicht [jap. "burakumin"] angekommen wäre) waren eine viel größere Belastung als das "Schutzgeld" (für das tatsächlich Schutz gewährt wurde).
  • Beide Organisationen waren ähnlich wie Familien-clans organisiert, mit einem "Paten" [itl. "padrino", jap. "oyabun"] an der Spitze eines jeden Clans.
  • Beide Organisationen stützten sich auf relativ harmlose "Gewerbe" mit uralter Tradition (deren staatliches Verbot als Unrecht empfunden wurde), wie Glücksspiel, Prostitution und Dealen mit "weichen" Drogen.
  • Beide Organisationen hatten ihren Ursprung auf etwas abseits gelegenen südlichen Inseln: Sizilien und Kyūshū.
  • Beide Organisationen haben in jüngster Zeit an Zulauf verloren, da sie sich mehr oder weniger mit der "legalen" Regierung arrangiert bzw. diese unterwandert haben, so daß kaum noch ein Unterschied feststellbar ist.
  • PS: Und natürlich verlangen auch die Yakuza "omertà" und "vendetta" - der Film beginnt mit einer solchen Rache-Aktion Jirochos.


Bild rechts: Auf der Ebene zwischen dem Fujisan [Berg Fuji] und dem Fujigawa [Fluß Fuji] findet im Film die entscheidende Schlacht zwischen
Jirochos Anhängern und seinen Gegnern statt - schauderhaft schlecht gedreht. (Angeblich fielen die besseren Szenen dem Cut zum Opfer :-)

Juni: Kyō spielt - erneut unter der Regie von Ichikawa - Ikuko, die Ehefrau eines impotenten Perverslings, in der schrägen Groteske "Kagi" (erneut nach einer Romanvorlage von Junichirō Tanazaki).

Die gängige Übersetzung für "Kagi" lautet "Schlüssel". Das ist zwar nicht falsch, aber nur die halbe Wahrheit - was nicht weiter auffiele, wenn man es in Hiragana schriebe, denn die meisten Japaner haben längst vergessen, daß das eine Verballhornung des englischen "key" ist. (Sie haben ja auch vergessen, daß "Pokemon" und "moga" Verballhornungen von "pocket monster" bzw. "modern girl" sind :-) Das schreibt sich in Katakana "kī". Da ein Schlüssel aus Metall ["ka"] ist, stellt man ihm diese Silbe voran, wodurch "kī" zu "gi" aufgeweicht wird; das ganze spricht sich dann "ka[n]gi". Im alten Japan gab es aber statt Türen Schiebewände aus Papier - da brauchte man keine Schlüssel! Was steht da also wirklich? "Ka" hatten wir schon; es bedeutet Metall im allgemeinen und Edelmetall, vor allem Gold, im besonderen. Das zweite setzt sich zusammen aus "bewegen" und "Pinsel", bedeutet also ursprünglich "Geschriebenes" oder "Gemaltes". Im Laufe der Zeit nahm es erst die Neben-, dann die Hauptbedeutung "Gebautes" an. Der Filmtitel meint also nur vordergründig "Schlüssel", hintergründig aber das, was wir "Goldener Käfig" nennen - das 2. Bild ist also insoweit irreführend.


Wie dem auch sei, in Deutschland kommt der Film unter dem Titel "Der Schlüssel" in die Kinos - wo er floppt -, und in den USA wäre er wohl auch als "The Key" gelaufen (eine Übersetzung des Romans war bereits unter diesem Titel in die Buchläden gekommen, entsprechend eine niederländische unter "De sleutel", eine französische unter "La clef", eine italienische unter "La chiave" und eine spanische unter "La llave"), wenn nicht gerade im Vorjahr der Film "The Key" von Carol Reed - mit Sophia Loren und William Holden in den Hauptrollen - erschienen wäre; das ging also aus juristischen Gründen nicht.



Also verfiel man auf die Idee, statt der - ohnehin fragwürdigen - wörtlichen Übersetzung eine sinngemäße zu wählen, nämlich "Odd Obsession [Merkwürdige Besessenheit]". Und siehe da, das brachte Glück - und einen "Golden Globe" für den besten ausländischen Film ein.
Das war er ganz sicher nicht, geschweige denn "der gewagteste Film, der je gedreht wurde", wie es die offizille Werbung - auch auf dem Kinoplakat - behauptet. Vielmehr wirken sowohl die männliche als auch die weibliche Hauptperson ungewollt komisch - jedenfalls auf Dikigoros. (Man könnte "odd" auch so verstehen, und diese Zweideutigkeit ist vielleicht sogar gewollt und allemal besser als das "daring" in der Beschreibung. Frau Dikigoros pflegt in solchen Fällen - auch angesichts mancher Zeitungsartikel - zu sagen: "Da hat mal wieder einer die Überschrift verfaßt und ein anderer den Text, ohne daß die beiden voneinander wußten, geschweige denn gelesen hätten, was der jeweils andere geschrieben hat." :-)

[Der Golden Globe für den Goldenen Käfig]

Auch diese Geschichte wird anderthalb Jahrzehnte später neu verfilmt, von Tatsumi Kumashiro, mit Yuki Aresa und Hideo Kanze in den Hauptrollen - diesmal tatsächlich ein wenig gewagter. Darf Dikigoros ausnahmsweise etwas aus den "keywords" der International Movie Database [IMDb] zitieren? Bittesehr: "softcore, female full rear nudity, bare breasts, dysfunctional couple, unhappy marriage..."


November: Kyō spielt - unter der Regie von Yasujirō Ozu, an der Seite von Ganjiro Nakamura - Sumiko, die Geliebte eines Wanderbühnen-Direktors, der seinen unehelichen Sohn wiedertrifft, in "Ukigusa [Floating Weeds / Sprießendes Unkraut (flapsige, aber gar nicht so schlechte Übersetzung von Ost-Film :-)]".
(Ein Remake - Ozu hatte die Geschichte anno 1934 schon einmal ver[stumm]filmt, unter dem Titel "Ukigusa monogatari", und hatte damit an der Viennale teilgenommen, unter dem Titel "Die Wanderschauspieler".)

[Stummfilm von 1934]

Dikigoros erspart sich und seinen Lesern eine nähere Bild- bzw. Schrift-Kritik. Man muß kein Japanisch können um zu sehen, daß bei aller künstlerischen Freiheit - die er dem 4. Bild noch zugesteht (obwohl er den Querstrich vom Radikal "Gras" nie in zwei teilen würde, s.o.) - das Zerfließen der Zeichen denn doch nicht so weit gehen sollte wie auf dem 5. Bild.


Warum hat Dikigoros hier nur alte Vorkriegsplakate und moderne DVD-Hüllen abgebildet, aber kein zeitgenössisches Plakat aus 1959? Ganz einfach: weil es keines gibt. Hat er vielleicht bloß keines gefunden? Oh doch, hat er: Es ist das von 1934 mit den zeitlosen Kabuki-Visagen des Wandertheaters! Woran man das merkt? Na, an den Eintrittspreisen: "große Menschen [Erwachsene] 50 Yen, kleine Menschen [Kinder] 20 Yen." 1934 wäre das ein kleines Vermögen gewesen, aufzuwiegen in schwerem Gold; 1959 war der Yen nur noch einen D-Pfennig wert und aus billigem Blech geprägt.


Auch dazu ein paar Erläuterungen: Auf der Vorderseite der Goldmünze steht - von oben nach unten - "20 [die Kanji für '2' und '10'] Yen". Auf der Rückseite steht - kreisförmig von rechts nach links - "Showa 7 Jahr [7. Regierungsjahr von Hirohito, also 1932] 20 Yen Dainippon [Großjapan]". Auf der Vorderseite der Blechmünze steht oben "50 [in westlichen Ziffern]" und unten - von links nach rechts - "Showa 34 [die Kanji für '3', '10' + '4'] Jahr" [34. Regierungsjahr Hirohitos, also 1959]. Auf der Rückseite steht oben - von links nach rechts - "Nihon-Koku [Japan-Land, d.h. Land der aufgehenden Sonne]" und unten - wieder von links nach rechts - "50 [die Kanji für '5' und '10'] Yen".


Drei Jahre später kommt die Verfilmung mit Kyō auch in deutsche Kinos (unter dem nichtssagenden Titel "Abschied in der Dämmerung").
Wie Dikigoros die deutsche Fassung betitelt hätte? "Unkraut vergeht doch!" (Aber das wäre vielleicht etwas zu witzig für das - absehbar und beinahe zwingend - traurige Ende.)
Erst 25 Jahre später erscheint sie auch in Frankreich (als "Herbes flottantes"), Italien (als "Erbe fluttuanti") und Spanien (als "La hierba errante") - jeweils im Original mit Untertiteln - auf DVD.


1960
Januar: Kyō spielt die Omitsu im 3. und letzten Teil des Episodenfilms "Jokyō".
Das Machwerk wird unter dem irreführenden Titel "Das Testament einer Frau" beim 10. Berliner Filmfestival aufgeführt - der klassische Fall eines wechselseitigen kulturellen Mißverständnisses: Die japanischen Macher glauben, daß dieser Mist für die bekloppten Europäer gerade schlecht genug ist; die europäischen Zuschauer halten es dagegen für "typisch japanisch" und infolgedessen die Japaner für total bekloppt.


Januar: Kyō spielt die weibliche Hauptrolle der Prinzessin Ryūko in "Ruten-no Ōhi".
Das wird oft mit "Prinzessin auf Wanderschaft" übersetzt, was zwar nicht direkt falsch ist, aber wieder nur die halbe Wahrheit. Darf Dikigoros etwas weiter ausholen? Es ist die Lebensgeschichte, genauer gesagt die Verfilmung der Memoiren von Prinzessin/Fürstin/Marquise (mit "Ō" kann so ziemlich alles gebildet werden, was von höherem Adel ist - den König und den Kaiser von China hatten wir ja schon -; "hi" ist ein Weiblichkeitssuffix) Hiro Saga, die im Vorjahr erschienen und in Japan zum Bestseller geworden waren, ähnlich wie kurz zuvor in Deutschland "Der Preis der Herrlichkeit", die Memoiren der Henriette v. Schirach, [Ex-]Frau des [Ex-]Reichsjugendführers Baldur v. Schirach. Hiro Saga war die Enkelin einer Cousine des Tennō Meiji und die Frau von Pujie, dem jüngeren Bruder von Puyi, dem letzten [Ex-]Kaiser von China und späteren [Ex-]Kaiser von dem Land, wo Milch und Honig fließen. Pardon, da ist Dikigoros eine jüdische Formulierung aus dem Alten Testament unterlaufen. Die barbarischen Stämme, die im Mittelalter in Nordchina einfielen, waren Reiter-Nomaden aus der kargen Steppe. Sie und ihre Pferde faszinierten an jenem Land, wo sie seßhaft werden sollten, ganz andere Dinge: Sie nannten es "Das an Flüssen, Gras und Geld reiche Land". Das schreibt sich mit zwei Kanji, die auf Japanisch "Man" + "Shū" gesprochen werden. Im 17. Jahrhundert - mittlerweile hatten sie ganz China erobert - gaben sie ihre alten Stammesnamen auf und nannten sich auch selber so. ["Koku" ist nur ein Suffix, das einen Staat bezeichnet.] Wer daraus "Mandschu[kuo]" gemacht hat - übrigens nicht nur in Deutschland -, entzieht sich Dikigoros' Kenntnis. (Wahrscheinlich die gleichen Ignoranten, die aus den türkischen Seltschuken "Seldschuken" gemacht haben :-) Wie dem auch sei, nach der Kriegsniederlage 1945 flieht sie mit ihrem Töchterchen kreuz und quer durch China. (So soll uns das jedenfalls der untere Rand der DVD-Hülle suggerieren; tatsächlich ist das nur ein relativ kurzer Teil des - überlangen - Films, und da man sie ziemlich bald schnappt, werden sie vielmehr kreuz und quer durch China von einem Gefangenen-Lager zum nächsten transportiert.) Warum man ihr für den Film einen anderen Namen verpaßte? Nun, das ist ein - sehr originelles - Wortspiel: "Ruten" hat nichts mit "Route" zu tun ([Reise-]Route heißt "ryokō"), es steht auch nicht in Dikigoros' Wörterbuch, sondern es ist eine Erfindung von Hiro Saga für ihre Memoiren. Aber wer Japanisch lesen kann, sieht sofort, was gemeint ist, denn es setzt sich aus zwei sprechenden Kanji zusammen: "Ru" ist das Fließen von Wasser, und "Ten" ist das Rollen von Rädern. Ersteres kann man aber auch "Ryū" lesen, und letzteres auch als "Kaiser[in]" verstehen - daher der Film-Name, der das rastlose Umherziehen der Beinahe-Kaiserin gewissermaßen personifiziert. ("Ko" ist nur ein Mädchennamen-Suffix.) Aber wie gesagt, das ist nur die halbe Wahrheit, denn das greift zu kurz. Das Fließen des Wassers und das Drehen der Räder symbolisiert auch und vor allem im übertragenen Sinne die Wechselfälle des Lebens; deshalb ist die einzig richtige englische Übersetzung - es gibt deren mehrere, mit unterschiedlichen Titeln - "The Vicissitudes of a Princess".

[Original-Hochzeitsfoto] [Buch] [Kino-Plakat] [DVD]
Nota bene: Auf dem offiziellen Hochzeitsfoto trägt Pujie eine Militäruniform mit Orden, im Film dagegen den - früher auch bei Männern üblichen - traditionellen Hochzeits-Kimono

April: Kyō spielt - wieder unter der Regie von Ichikawa - die Ofuku in "Bonchi [Sorgenkind]", einer Satire auf die Sucht der Japaner (und Chinesen und überhaupt der meisten Asiaten) nach Söhnen statt Töchtern. Hier ist es mal umgekehrt, und der arme Kikuji - von dem seine dominantebesorgte Mutter dringend eine Enkelin verlangt, als Erbin für das Familien-Unternehmen - muß am Ende resignieren, weil es mit keiner Frau klappen will. (Sie bekommen nur Söhne :-)
Wiewohl nur eine von vielen weiblichen Nebenrollen - Nr. 15 der Besetzungsliste - entbehrt das direkte Aufeinanderfolgen dieser beiden Streifen in Kyō's Filmografie nicht einer gewissen Ironie; denn wenn Japan den Krieg gewonnen hätte - und davon ging man ja aus, als man Hiro Saga und Pujie 1937 mit einander verheiratete -, dann hätten die Probleme für die beiden erst richtig angefangen: Für die Japaner war Puyi nur eine Notlösung Übergangslösung. Ob er sie tatsächlich so gehaßt hat, wie das der Film suggeriert, mag dahinstehen. (Dikigoros hält die Memoiren der Hiro Saga für ebenso interessant wie die der Henriette v. Schirach, aber auch für ebenso verlogen - ein Buch, in dem so häufig die Wendung "hontō ni... [in Wahrheit...]" vorkommt, ist ihm grundsätzlich suspekt. Aber sie hatte einen ehrenwerten Grund, in diesem Punkt zu lügen: Ihr Schwager Puyi befand sich zwecks "re-education" in einem rotchinesischen Konzentrationslager. Ihn als Japan-Freund hinzustellen hätte wohl sein Todesurteil bedeutet; als angeblicher Japan-Hasser hatte er bessere Überlebenschancen.) Aber jedenfalls hatte er keine Kinder. (Ob es an ihm lag oder ob er Pech mit seinen Frauen und Nebenfrauen hatte wissen wir nicht - vielleicht beides :-) Ein Sohn von Hiro Saga und Pujie wäre also Kaiser der Mandschurei - und womöglich eines Tages sogar eines wiedervereinigten Chinas - geworden, und der wäre dann nicht nur japanischen Blutes gewesen, sondern sogar ein Verwandter des Tennō! Aber ach, die beiden bekamen nur Töchter - das schöne Konzept wäre also nicht aufgegangen! Übrigens muß Hiro Saga ziemlich verrückt gewesen sein: Kurz nachdem er den Film gesehen hatte, verfügte Ministerpräsident Zhou En-lai höchstpersönlich die Freilassung des bis dahin eingekerkerten Pujie und erteilte der braven Memoirenschreiberin die Einreisegenehmigung in die Volksrepublik China zwecks Familien-Zusammenführung! Sie nahm an und lebte fortan mit ihrem Ehemann in Peking, bis daß der Tod sie 1987 schied. (Nein, sie tat es nicht wegen der gemeinsamen Töchter - wir sind doch nicht bei The Parent Trap! Die ältere Tochter war schon tot, und die jüngere kam zwar erst mit nach China, besann sich aber ziemlich bald eines besseren, kehrte nach Japan zurück und heiratete einen Japaner, mit dem sie eine große, glückliche Familie gründete, mit Söhnen und Töchtern - die allerdings weder einen Thron noch ein Familien-Unternehmen zu erben hatten :-)


Juli: Kyō spielt - unter der Regie von Umetsugu Inoue - die weibliche Hauptrolle - Chizuru - in "Sannin no kaoyaku".
Ein Wortspiel, das sich in keiner anderen Sprache wiedergeben läßt - "kaoyaku" kann sowohl "Boss" als auch "Feigling" bedeuten -, weshalb der im Ausland häufigste Titel "The last betrayal/Der letzte Verrat" sicher besser ist als "Drei Bosse": Ein gerade aus dem Gefängnis entlassener Gauner versucht heraus zu finden, welcher seiner beiden Ex-Komplizen ihn seinerzeit verraten hat. (Am Ende hat er alle beide erschossen - mitsamt seiner Geliebten, die ihn wohl ebenfalls verraten hat :-)

Warum wird das so umständlich ("3+Mensch+von+Boss[e]") ausgedrückt? Weil es im Japanischen so genannte Zählwörter gibt - und das für Personen ist nun mal "jin [Mensch]" -, ähnlich wie in den austronesischen Sprachen. (Manche Keksperten schließen daraus auf eine linguistische Verwandtschaft - aber das ist mit Verlaub abwegig. Was hattet Ihr denn heute zum Frühstück? Eine Kanne Kaffee mit einem Löffel Zucker? Und zu Mittag? Einen Teller Suppe mit einer Prise Salz? Und zur Vesper? Ein Stück Kuchen und eine Tasse Tee? Und zum Abendbrot? Eine Scheibe Brot und ein Glas Bier? Aha - und glaubt Ihr im Ernst, deshalb wären das Japanische und das Deutsche mit einander verwandt? Ihr meint, für "Jin" gäbe es ja auch keine deutsche Entsprechung? Wirklich nicht? Habt Ihr schon mal einen Militär von "hundert Infanteristen" sprechen gehört? Dikigoros auch nicht - wohl aber von "hundert Mann und ein Befehl Infanterie". Und das ist ein Zählwort - sonst müßte es ja "... Männer" heißen!)


August: Kyō spielt - unter der Regie von Yasuzō Masamura - die weibliche Hauptrolle - die Taschendiebin Saya - in "Ashi-ni sawatta onna [Bein berührende Frau]".


Hinter dem idiotischen Titel verbirgt sich eine nette Kriminalkomödie, die bereits 1926 von Yutaka Abe und 1952 von Kon Ichikawa verfilmt worden war und Dikigoros entfernt an "Die verschwundene Miniatur" von Erich Kästner erinnert. (Jedenfalls haben sie gemeinsam, daß heute alle Verfilmungen auf Veranlassung der DVD-Vertreiber aus dem www verschwunden sind - übrigens contra legem, denn die Urheberrechte sind sowohl nach deutschem als auch nach japanischem Recht allesamt abgelaufen.)


Habt Ihr auch den Eindruck, liebe Kanji-Freunde, daß da ein Legastheniker am Werk war? Nein, nicht am Pinsel - damit könnte man das gar nicht so mies und eckig kritzeln!
[...]



Oktober: Kyō spielt - unter der Regie von Kōji Shima - die weibliche Hauptrolle in "Kao [Gesicht]" (in den USA "The beloved image" betitelt).
Damals - und auch noch als Dikigoros Japanisch lernte - war es üblich, daß den Heiratskandidat[inn]en von den Vermittler[inne]n Vermittelnden - nach eingehender Überprüfung der Stammbäume, Horoskope und Finanzen - Fotos potentieller Ehepartner vorgelegt wurden, nach denen sie ihre Wahl trafen. Sie mußten sich also in ein Bild verlieben - "miai" (aus "miru [sehen]" und "ai [Liebe]"). Selbstverständlich kam es anschließend auch zu einem Treffen in personam (in Begleitung der Eltern und/oder anderer Verwandter :-) - das ebenfals "miai" genannt wurde -; aber da ging es eigentlich nur noch darum sich zu vergewissern, daß das Foto authentisch war. (Natürlich wußte man, auch schon bevor es "Fotoshopping" gab, daß Bilder lügen können :-) Wohlgemerkt, man[n] (und auch frau!) durfte an diesem Punkt noch "nein" sagen; aber wenn das allzu oft geschah, schadete das dem Ruf, und die danach vorgeschlagenen Kandidat[inne]n wurden von Mal zu Mal eher schlechter als besser. Wer "Sasameyuki" gelesen oder sich eine der Verfilmungen angeschaut hat, weiß bescheid - das ist keineswegs aus der Luft gegriffen! Aber es gibt auch positive Gegenbeispiele: In "Ruten-no Ōhi" habt Ihr ein "miai" auf höchster Ebene gesehen, bei dem ihre Verwandten zuvor fast geschlossen gegen die Heirat waren; dennoch gelingt es ihm bei dieser Gelegenheit, sie umzustimmen - durch etwas, das kein Foto vermitteln kann: Er spricht sehr gut Japanisch. (Kunststück, der Schauspieler ist ja Japaner. Dikigoros kann kein Chinesisch; aber Leute, die es halbwegs können, haben ihm versichert, daß beide in den wenigen Szenen, wo sie es müssen, ein grottenschlechtes Chinesisch sprechen :-)


November: Kyō spielt - nach sechs Jahren Pause noch ein (letztes) Mal unter der Regie von Kimura - die Titelrolle in "Oden jigoku [Oden-Hölle]".*****


1961
Januar: Kyō spielt - erneut unter Yoshimura - Shizu Karasawa (die Mutter der Namiko, die von Ayako Wakao gespielt wird) in "Konki [Geduld]".
(Der Film wird im Ausland unter dem Titel "Marriageable age [heiratsfähiges Alter]" vertrieben.)


Februar: Kyō spielt - unter der Regie von Tokuzō Tanaka - die weibliche Hauptrolle in "Nuregami botan", wobei sie entgegen dem Titel überhaupt nichts von einer Nixe/Meerjungfrau an sich hat.

Eine bemerkenswerte DVD-Hülle. Daß der Titel auf dem Kinoplakat von oben nach unten geschrieben wird, ist - noch - Standard; aber das betrifft meist - d.h. so gut wie immer - nur eine Zeile bzw. Spalte. Auf der 30 Jahre jüngeren DVD ist er dagegen zweispaltig geschrieben - und das von rechts nach links!






Juni: Kyō spielt - erneut unter Yoshimura - die Hauptrolle - die Schneidermeisterin und Leiterin einer eigenen Design-Schule Ōba - in "Onna-no kunshō", der Verfilmung eines Romans von Toyoko Yamasaki.


"Onna-no" ist einfach: Es bedeutet "[Der] Frau [en]" (Frau + Genitiv-suffix), also "weiblich". Und "kunshō"? Das ist ein vielseitig verwendbares Wort. Es kann "Kunst" - nicht nur im Sinne von "künstlerische Gestaltung", sondern auch anderer "Künste" -, "Zierde" und "Auszeichnung" - auch im Sinne von "Orden" - bedeuten. Wie dem auch sei, im Ausland wird der Film unter dem Titel "A design for dying [ein todschickes Design]" vertrieben. (Auf das Design der ersten DVD-Hülle kann sich das nicht beziehen: "Onna" in rosarot auf rosa ist kaum lesbar. Fehlt nur noch, daß das weiße "no" ein Stück nach unten gerutscht wäre; dann hätten wir die italienische Kriegsflagge: weißer Adler auf weißem Grund :-)


2017 wird die Geschichte von Masaki Nishiura neu verfilmt - mit Nanako Matsushima in der Hauptrolle - und in den USA unter dem Titel "Women's Medal" auf den Markt gebracht. (Nach beiden Verfilmungen wird der Roman neu aufgelegt.)

[3. Auflage]

August: Kyō spielt - unter der Regie von Kazuo Ikehiro - die weibliche Hauptrolle - Ritsu Ikeda - in "Kodachi-o tsukau onna [Schwert greifende Frau]" (nach einem Roman von Motozo Murakami), dem Remake eines Films von Santarō Marune aus dem Jahre 1944 mit Yaeko Mizutani in der Titelrolle.

Hier kommen wir an ein klein wenig japanischer Waffenkunde nicht vorbei. Das 1. Kanji ["ko"] bedeutet "klein". 2.+3. Kanji ["ta+chi", nach Vokal aufgeweicht zu "dachi"] bedeuten zusammen "Schwert". (Dikigoros scheut das Wort "Säbel", obwohl die Dinger leicht gekrümmt und nur einschneidig sind; aber was wir darunter verstehen ist weder so lang noch so schwer - selbst unsere "schweren Säbel" können problemlos mit einer Hand geführt werden.) Das 2. Kanji kennt Ihr als "kiri [Schneiden]" oder "kiru [schneiden]", denn es kommt in "Seppuku" vor, das sich aus "hara [Bauch]" + "kiri" zusammensetzt. Es gibt bzw. gab mehrere Arten von Schwertern. "Tachi" ist der Oberbegriff für Kampfschwerter. (Habt Ihr statt dessen mal irgendwo "Katana" gelesen? Das waren Zierschwerter, die der Samurai zur Zivilkleidung trug, schön anzusehen - womöglich mit einem Griff aus fein geschnitztem Elfenbein -, aber mit stumpfer Klinge, die man gefahrlos nach oben tragen konnte. Ende des 20. Jahrhunderts kamen westliche Witzbolde auf die Idee, Härte und Schärfe der famosen "Katana"-Schwerter zu testen; sie wunderten sich sehr, daß die schon beim ersten Versuch an einem härteren Gegenstand entweder zerbrachen oder sich hoffnungslos verbogen, während sie umgekehrt mit einem simplen Fleischerbeil problemlos entzwei geschlagen werden konnten. Hätten sie statt dessen Kampfschwerter getestet, wäre das Resultat mit Sicherheit ein anderes gewesen :-)
Das Tachi gab es in unterschiedlichen Längen. Laßt Euch durch das "ko" nicht irreführen: Wie das Kinoplakat richtig zeigt, ist das durchaus kein kleines Schwert. (Das Kurzschwert hieß "Wakizashi", und das ganz lange Großschwert "Ōdachi".) Der Hauptunterschied ist, daß das Kodachi einhändig geführt wurde, die meisten anderen Varianten dagegen beidhändig, wie rechts auf dem Propagandaplakat aus dem 2. Weltkrieg. Für den Nahkampf war es unpraktisch; deshalb trägt der Samurai dort - ähnlich wie unsere Fallschirmjäger und Froschmänner - zusätzlich ein kleines Kampfmesser ("Tantō") im Obi. (Der Waffengürtel heißt genauso wie der Stoffgürtel der Frauen :-) Das folgende "o" - in Hiragana - zeigt den Akkusativ an. Dann kommt das Wort für Griff ("tsuka") - der wegen der Beidhändigkeit erheblich länger ist als bei europäischen Schwertern - mit der Hiragana-Endung "u" für "greifend" - und schließlich das bekannte Kanji für Frau.



Nachtrag: Dikigoros hat noch zwei Bilder gefunden, die er seinen Lesern Leser[innen] Lesenden Lesend*innen nicht vorenthalten will:
Links ein älteres, das die praktischen Vorzüge des Kodachi im Nahkampf sehr schön demonstriert, und rechts ein neueres, das zeigt,
wofür japanische Frauen heuer zum [Kurz-]Schwert greifen - und dazu tragen sie statt eines Tsuno-kakushi eine Geisha-Perücke!

Oktober: Kyō spielt - unter der Regie von Kenji Misumi - die Nandabala in "Shakamuni", der Lebensgeschichte Buddhas - eine Rolle, die cienastisch nicht viel her macht (bloß Nr. 11 auf der Besetzungsliste), aber religiös von großer Bedeutung ist.
Für Nicht-Buddhisten: Sie "erweckt" Siddhārta Gautama aus seinem sinnlosen Vor-sich-hin-dämmern als Asket und macht ihn damit zum "Erleuchteten". Auf Indisch heißt sie "Sujātā". Warum die Japaner sie ganz anders nennen? Keine Ahnung. Gewiß, das Japanische kennt die Silbe "jā" nicht - man muß sie also umständlich mit "shi+Weichheitszeichen+ya+Verlängerungsstrich" umschreiben -; aber das ist kein Argument, denn das Japanische kennt auch kein "da", kein "ba" und schon gar kein "la"! (Erstere können sie umschreiben; letzteres können sie zwar umschreiben, aber nicht aussprechen :-) Wie dem auch sei, Nagata wollte als gläubiger Buddhist ein Monumentalwerk in Überlänge schaffen, das sich in alle Welt exportieren ließ, ähnlich wie Cecil DeMille fünf Jahre zuvor für den christlichen Glauben mit "The Ten Commandments [Die zehn Gebote]", und setzte dafür nicht nur das neue, "Super[teure] Technirama 70" System von Technicolor ein, sondern engagierte auch einen Star-Regisseur (Misumi Kenji) und fuhr eine Starbesetzung an Schauspielern (und 50.000 Komparsen :-) auf. Dennoch - oder gerade deshalb - mißlang der Versuch, denn während Charlton Heston ohne weiteres als Moses durchgehen konnte, sah Kōjirō Hongō für die Hauptrolle des Inders einfach zu japanisch aus (dto die meisten seiner Mitspieler[innen] :-), und inhaltlich setzte er sich zwischen alle Stühle: Wahre Gläubige wollten eine solche profan-realistische Biografie nicht sehen, und den Historikern war sie nicht kritisch-realistisch genug. (Nebenbei bemerkt dürfte es nicht eben verkaufsfördernd gewesen sein, einen Super-Farbfilm mit einem schwarz-weißen Kinoplakat zu bewerben :-)


Fällt Euch etwas auf? Richtig: Die einzige Schreibweise des Titelhelden, die auf keinem Kinoplakat vorkommt, ist die korrekte, nämlich "Buddh"!

1962
März: Kyō spielt die Titelrolle - eine Kidnapperin und Juwelendiebin - in "Kurotokage [Schwarzeidechse]"******, der Verfilmung einer Erzählung von Hirai Taro alias "Edogawa Ranpo".

Was fällt auf? Die französische Transkription von Taros nom de plume weicht von den übrigen ab. Warum - und welche ist richtig? Da genügt es nicht, auf die japanische Schreibweise zu schauen, denn das ist wiederum die Transkription von "Edgar Allan Poe". Den Namen von Taros großem Vorbild in Kanji darzustellen ist gar nicht so leicht: "E" ist geschenkt; aber schon "d" bereitet Probleme: Das Japanische hat weder eine Silbe "du" [mit stummem "u"] noch eine Silbe "tu", die man dazu trüben könnte, also muß statt dessen "to" (hinter "e" aufgeweicht zu "do") herhalten. Ein "gar" gibt es auch nicht; also wird dem Kanji "kawa [Fluß]" Gewalt angetan. (Im Englischen wird die Silbe "gar" ja genauso gesprochen wie die Silbe "gaw" :-) Das Endungs-"a" von "kawa" können wir als Anfangsbuchstaben von "Allan" übernehmen. Allerdings hat das Japanische auch kein "l", statt dessen sagen seine Sprecher "r". Da paßt das Kanji "ran". Und nun kommts zum Schwur: "np" geht eigentlich nicht; man müßte es entweder in "nb" oder in "mp" ändern. Aber beides wäre falsch, denn der Amerikaner hieß ja weder "Edgar Allan Bo" noch "Edgar Allam Po". Also muß man hier ausnahmsweise mal das "n" vor "p" stehen lassen. Fazit: Die Franzosen liegen richtig, und alle anderen falsch!


Der Film kommt bei Kritikern und Publikum gleichermaßen schlecht an - auch in den USA, wo er unter dem Titel "BlackadderBlack Lizard" läuft.


[das Original von 1962]

Im Rückblick fragt man sich: Warum? Wiewohl eigentlich als Verwechslungskomödie konzipiert, enthielt er schon alle Elemente, die später die 007-Filme so populär machen sollten - deren erster, "Dr. No", mit Sean Connery als James Bond, erst ein halbes Jahr später in die Kinos kam -, und viel unrealistischer war er auch nicht. Dennoch drehte Kinji Fukasaku bereits 1968 ein Remake - unter dem gleichen Titel, aber in anderer Besetzung, ohne Kyō, dafür mit Akihiro Maruyama und Mishima Yukio, der das Buch bereits zu einem Theaterstücks umgeschrieben und nun auch das neue Drehbuch verfaßt hatte. Das Remake war freilich auch nicht viel erfolgreicher - weder in Japan noch in den USA noch in Frankreich. (Das dürfte aber nicht der Grund sein, weshalb Mishima 2 Jahre später öffentlich Selbstmord beging Seppuku celebrierte, sondern vielmehr die Verzweiflung über seinen mißglückten Putsch bzw. das, was danach aus Japan werden würde :-)
PS auf Lesermail: Nein, "[The] Black Lizard" aus 1981 ist kein weiteres Remake dieses Stoffes, sondern eine davon völlig unabhängige Produktion der Shaw Brothers aus Hongkong, die nur zufällig den gleichen Titel trägt. Im chinesischen Original schreibt man ihn zwar genauso - die Japaner haben ihre Kanji nunmal von den Chinesen -, aber man spricht ihn völlig anders aus. (Dikigoros ist sich der richtigen Transkription nicht sicher - in Rotchina hatte man sie gerade geändert, in Hongkong wohl noch nicht -, deshalb verzichtet er darauf, auch um seine Leser nicht zu verwirren.)


[das Buch von Mishima Yukio]
[das Remake von 1968]

Das 1. Kanji - schwarz - hatten wir schon bei "Kurohyō"; das ist wenig ergiebig. Aber was folgt ist ein ganz besonderer Leckerbissen. Wie würdet Ihr "Eidechse" [um]schreiben? Hier die japanische Lösung: "Tier, das, wenn man es seziert (d.h. die Beine abschneidet), aussieht wie eine Schlange und kleine Insekten frißt". Der Radikal Nr. 142, der am Anfang des 2. und 3. Kanji steht, ist vielseitig verwendbar, z.B. für "Schmetterling" bzw. "Raupe" - s.o. bei "Nachtfalter" -, "Schlange" - s.o. bei "Hebihime Dōchū" -, "Insekt" - vor allem "Mücke", "Moskito", im übertragenen Sinne auch "ausländischer Barbar" -, "Glühwürmchen" u.a. Die meisten haben hohe Nummern - oberhalb 4.000 - im Nelson, gelten also als weniger wichtig. (Einzige Ausnahme ist die Seidenraupe, das "himmlische Insekt [kaiko]", die ob ihrer überragenden Bedeutung die niedrige Nr. 57 hat) Die rechte Hälfte des 2. Kanji setzt sich zusammen aus "Baum" und "Axt", bedeutet also wörtlich "einen Baum fällen" - im weiteren Sinne "abschneiden", "auseinander nehmen", "teilen", "sezieren". Die rechte Hälfte des 3. Kanji bedeutet "leicht", meint also ein kleines Insekt. Unter der schwarzen Eidechse - zum Kontrast in weiß - der Name Mishima Yukio. (Wie war das: "Niemand ist eine Insel"? Mag sein, aber "Drei Inseln" schon - allerdings nur als Pseudonym; eigentlich hieß er ganz anders :-)
PS: Warum muß der Titel - selbst heute noch - zwingend in Kanji geschrieben werden? Weil man in Silbenschrift "kuro to kage" lesen könnte - was sogar Sinn machen würde, nämlich "Dunkel und Schatten".


November: Kyō spielt eine Kurtisane am Hofe des ersten Kaisers von China in "Shin no shikōtei [Chins große Mauer]", einem weiteren in ST 70 gedrehten Monumentalfilm, mit dem Nagata das gelingt, was mit "Shakamuni" noch nicht geklappt hatte: ein internationaler Kinohit, der überall gut läuft.
Worauf dieser größere Erfolg beruhte? Schwer zu sagen. Gewiß, japanische Schauspieler können leichter als Chinesen durchgehen denn als Inder; aber davon abgesehen war der Film kein großer Wurf. Heutige chinesische Kritiker werden nicht müde, historische Ungenauigkeiten aufzuzeigen und zu behaupten, die Japaner hätten den Film überhaupt nur gedreht, um sich über Chin und die Chinesen lustig zu machen. Wirklich? Holen wir ruhig etwas weiter aus und stellen die Frage: Woher kommt dieses Mißtrauen? Warum kann zwischen Japaner und Chinesen keine Freundschaft sein? Früher dachte Dikigoros, das liege vielleicht an der jüngsten Vergangenheit. Aber das hält einer genaueren Prüfung nicht stand: Die Chinesen hatten von den Japanern in den Jahren des Krieges und der Besatzung nicht ein Zehntel von dem zu erleiden, was sie zuvor in den Jahrzehnten des Bürgerkriegs von den eigenen "Warlords" zu erleiden hatten, und nicht ein Hundertstel von dem, was sie in den Jahrzehnten der Nachkriegszeit von den eigenen Kommunisten zu erleiden hatten; denn das, was man den Japanern an Kriegs- u.a. Greueln angehängt hat, fällt zu 99% in die Kategorie Propagandalügen - insbesondere das Nanking-"Massaker" (über das Dikigoros hier ausführlicher schreibt) ist nichts weiter als das chinesische Gegenstück zum Guernica-"Massaker"; und diejenigen, die solche Lügen glauben, werden immer weniger. Dennoch besteht die Feindschaft fort - warum? Nun, die Ursachen liegen viel tiefer, sie reichen Jahrtausende zurück. Die alten Chinesen schauten auf die alten Japaner mit Verachtung herab: "Zwerge" nannten sie sie - und das meinten sie nicht körperlich, sondern geistig. Hatten die nicht alles, was ihre "Kultur" ausmachte, von ihnen bekommen (oder sich genommen), von der buddhistischen Religion bis zur Schrift, vom Reisanbau bis zur Seidenraupen-Zucht? Bis dahin waren das doch bloß primitive Barbaren gewesen, die nicht lesen und schreiben konnten, an Geister glaubten, nackt oder in Tierfelle gehüllt herum liefen und Scheiße fraßen! Kurzum: das waren schlechte Kopien ihrer selbst, die sie zutiefst verachteten. Die Japaner spürten diese Verachtung - aus der die Chinesen gar keinen Hehl machten - und haßten sie dafür ebenso tief. Nein, sie waren keine schlechten Kopisten! Vielmehr schafften sie es, das Übernommene aus eigener Kraft zu verbessern. (Das sollten auch noch andere Völker als die Chinesen zu spüren bekommen :-) Ende des 19. Jahrhunderts war es endlich so weit, daß sie den Chinesen das demonstrieren und Rache nehmen konnten. Nun blickten sie mit Verachtung auf die Chinesen herab, und die Chinesen haßten sie dafür. Diese wechselseitige Mischung aus Haß und Verachtung besteht bis heute fort, allen halbherzigen Versuchen einzelner Japaner und Chinesen, sie zu überwinden, zum Trotz. (Chinesisch-japanische Mischehen bzw. Mischlinge, wie in "Ruten no Ōhi", gibt es noch immer so gut wie keine, das sagt eigentlich alles.) Zurück zu diesem Film. Dikigoros findet ihn nicht besonders "lustig", weder im allgemeinen noch die Darstellung Chins im besonderen. Das war er ja auch nicht, sondern vielmehr ein blutrünstiger Diktator und Kulturvernichter - der erste überlieferte Bücherverbrenner -, und eine "Große Mauer" ließ er nie bauen, sondern nur einen Lehmwall mit Erdaufschüttungen (weshalb der deutsche Titel "Der große Wall" historisch korrekt ist; aber das ist eine andere Geschichte). Vielleicht erfreute sich das Publikum einfach an dem großformatigen, farbenprächtigen Spektakel?!



November: Kyō spielt - unter der Regie von Yasuzō Masumura - die weibliche Hauptrolle - Kei - in "Onna-no isshō [Frauenleben]", nach einem Theaterstück von Kaoru Morimoto. (Die Geschichte der gelangweilten Ehefrau eines reichen Industriellen-Söhnchens im frühen 20. Jahrhundert war bereits 1953 von Kaneto Shindō verfilmt worden, mit Nobuko Otowa in der Hauptrolle.)
Man liest bisweilen, Kyō sei eine "populäre Schauspielerin der 1950er Jahre gewesen." Das ist so nicht richtig. Auch in der ersten Hälfte der 1960er Jahre war sie noch so populär, daß man auf ein Filmplakat lediglich ihren Namen zu setzen brauchte, um Kinogänger anzulocken. Aber das ist nicht der einzige Grund, weshalb Dikigoros das 4. Bild aufgeladen hat, sondern um zu zeigen, was man mit Kanji alles ausdrücken kann - wenn man denn einen Sinn dafür hat. Drängt sich nicht selbst für jemanden, der japanische Schriftzeichen nicht lesen kann, durch die überdimensionale Vergrößerung des Kanji der Eindruck einer großen Leere auf? Durch den Kontrast zu den drei - extrem verdünnten und auf eine Zeile gequetschten - Kana darunter wird dieser Eindruck eines langweiligen Lebens noch verstärkt. Vergleicht das dagegen mit dem 3. Bild, auf dem ihr Name (unten rechts) einfallslos mit vier gleich großen bzw. gleich kleinen Zeichen (plus Leerstelle) geschrieben wird.

[Filmposter von 1953 mit Nobuko Otowa]

(2007 - und noch einmal 2019, anläßlich des Todes der Hauptdarstellerin - brachte man diesen Langweiler auch in Frankreich unter dem Titel "La vie d'une femme" in die Kinos - ein Flop zwei Flops.)

1963
März: Kyō spielt die Fujiyo Yajima in "Jokei kazoku [Frauen-Dynastie]". Darin taucht das zentrale Motiv aus "Bonchi" wieder auf - diesmal freilich weniger komödiantisch als dramatisch.
Der Film ist heute weitgehend vergessen/verdrängt, auch in Japan, wo sich die abstruse westliche Idee breit gemacht hat, daß es besonders emanzipiert sei und dazu beitrage, das "Patriarchat" zu brechen, wenn eine Frau nicht heiratet und keine Kinder bekommt. In den 1960er Jahren sah man das noch anders - nicht nur in Japan.

Für Kanji-Freunde: "Jo" ist die [chinesische] On-Lesung für das, was in [japanischer] Kun-Lesung "onna [Frau]" heißt - das hatten wir ja schon. "Kei" setzt sich zusammen aus "Strich" und "Faden"; es bedeutet "Abstammung"; beide Zeichen zusammen stehen also für das, was auf Küchen-Lateinisch "matrilinear" heißt. "Ka" setzt sich zusammen aus "Dach" und "Schwein". (Beides sprechende Kanji - man erkennt sogar die Borsten :-) Die Japaner lebten - wie die Europäer - noch bis ins 20. Jahrhundert mit dem lieben Vieh unter einem Dach; das Ganze bedeutet also "Haus". "Zoku" ist ein vielseitiges Kanji für verwandschaftliche Beziehungen; es findet u.a. Verwendung in 'Familie', 'Sippe', 'Stamm', '[Adels-]Geschlecht' und 'Rasse'; Dikigoros hat sich hier für die Übersetzung "Dynastie" entschieden. Ihr seht: Hausfrau Die Frau im Haus zu sein schließt nicht aus, über einen Familienclan zu herrschen - im Gegenteil!


1964
Mai: Kyō spielt - unter der Regie von Shigeo Tanaka - die Hauptrolle in "Dotanuki".
Darüber lest Ihr noch - kleiner geschrieben - "Gendai inchiki monogatari"; aber Dikigoros beschränkt sich hier auf den Haupttitel, über den er nichts weiter zu schreiben braucht, da er das schon bei "Hana kurabe tanuki-goten" getan hat. (Nur soviel: Verwechselt das bitte nicht mit "Dōtanuki", das völlig anders zusammen gesetzt ist und mit ganz anderen Kanji geschrieben wird; es bezeichnet einen Ort, an dem im Mittelalter die angeblich besten Schwerter Japans geschmiedet wurden.)


September: Kyō spielt die Hauptrolle der versoffenen Bardame Umeko in "Amai ase".
(Das wird meist mit "Süßer Schweiß", "Sweet Sweat" o.ä. übersetzt; aber das ist zu... amai, denn dieses vielschichtige Wort kann nicht nur "süß" bedeuten, sondern auch "[zu] wenig gesalzen", "[zu] nachsichtig", "[zu] optimistisch" und "oberflächlich". In diesem Fall paßt davon so ziemlich alles außer "süß" - da Schweiß nie süß, sondern salzig ist -: zu nachsichtig gegenüber ihrer unehelichen Tochter Takeko - die ihr dennoch davon läuft -, zu optimistisch in Bezug auf ihren Liebhaber aus dem Yakuza-Milieu usw.)

[Filmplakat]

Sie erhält dafür im Folgejahr den "Junpō"-Kino-Preis und erneut den Mainichi-Preis als beste Schauspielerin.
Kyō tritt erstmals im Fernsehen auf, das sich seit den Olympischen Spielen in Tōkyō als neues Medium auch in Japan durchzusetzen beginnt.


Man hat später oft behauptet, das Fernsehen sei der Tod des Kinos gewesen, und die 1960er Jahre der Anfang vom Ende. Das ist zumindest stark übertrieben und in Bezug auf Japan schlicht falsch. Das Fernsehen war ja nicht dazu gedacht, Spielfilme zu übertragen - wer wollte sich die denn auf so einem kleinen Schwarz-weiß-Bildschirm anschauen, wenn er sie in bester Farbe auf einer großen Kino-Leinwand sehen konnte?!? Nein, der Fernseher war allenfalls der Tod der Wochenschauen, die vor dem Hauptfilm liefen, denn nun konnte man die Nachrichten ja täglich aktuell in der Glotze verfolgen. (In der BRD nannte man das nicht von ungefähr "Tagesschau" :-) Und man konnte "live" dabei sein, wenn z.B. eine Sportveranstaltung übertragen wurde. Das mag lange Zeit witzlos gewesen sein, denn wer sie "live" sehen wollte, konnte sich ja persönlich ins Stadion begeben. Wenn die Veranstaltung allerdings weiter weg statt fand - etwa die Olympischen Spiele in Rom 1960 -, dann war das für den Durchschnittsjapaner zu teurer; so etwas schaute er sich doch lieber in der Wochenschau an. Warum nicht im Fernsehen? Ganz einfach: Es gab noch keine Satelliten, mit denen man sie "live" hätte übertragen können. Das änderte sich erst 1963, als AT&T seinen "Telstar 2" in den Raum schoß. (Sein ein Jahr älterer Vorläuferflieger "Telstar 1" hatte nicht viel getaugt; aber er war zum Glück schon nach wenigen Monaten ausgefallen, so daß man ein ordentliches Nachfolgemodell bauen mußte :-) Der sowjetische "Sputnik", um den ein paar Jahre zuvor ein solches Gedöns gemacht worden war, konnte bloß ein paar armselige Piep-Töne von sich geben, hatte also keinen praktischen, sondern bloß propagandistischen Wert. Aber der "Telstar 2" konnte Direkt-Übertragungen großer Sportereignisse - nicht nur der Olympischen Spiele, die ja bloß alle vier Jahre statt finden - um die ganze Welt senden! Welch ungeheure neue Möglichkeiten sich daraus nicht nur für die Fernseh-Industrie, sondern für die Elektronik-Industrie überhaupt ergaben, erkannten als erste zwei japanische Unternehmer, nämlich Kōnosuke Matsushita (bitte nicht "Matsuschíta" aussprechen, liebe Landsleute, es heißt "Matsúsh'ta" :-) und sein Schwager Toshio Iue, die sich bis dahin an der Produktion von Bügeleisen, Rasierapparaten, Staubsaugern, Haartrocknern, Plattenspielern und Reiskochern versucht hatten. Ihr kennt wahrscheinlich alle ihre Marken Panasonic und Sanyō [drei Ozeane] Im Westen noch bekannter wurde Sony (in deren Geräten aber meist Technik von Hitachi steckte, dem eigentlichen Marktführer). Mitte der 1960er Jahre starteten sie voll durch. Das japanische Wirtschaftswunder - welches das deutsche weit in den Schatten stellte - begann nicht mit Kameras, Motorrädern und/oder Autos - die sollten die Weltmärkte erst ein gutes Jahrzehnt später erobern -, sondern mit Fernsehern und allem, was damit zusammen hing. Fast ein Vierteljahrhundert blieb Japan auf diesem Gebiet führend; dann ging es dem Esel Tanuki zu gut, und er ging aufs Eis tanzen: Der starke Anstieg der Löhne im Inland und des Yen-Kurses im Ausland (und ein paar krasse unternehmerische Eseleien Fehlentscheidungen der Nachgeborenen) führten dazu, daß die nun überteuerten japanischen Produkte von den billigeren - und auch nicht viel schlechteren - Konkurrenzprodukten der Nachbarländer verdrängt wurden. Aber das ist eine andere Geschichte. (Die Dikigoros noch nicht geschrieben hat; er meint nicht die asiatische Wirtschaftskrise von 1997 - die kam noch etwas später und ging nicht von der Elektronik-Industrie aus.)

1966
Juli: Kyō spielt - unter der Regie von Hiroshi Teshigahara - die weibliche Hauptrolle - die Frau des verrückt (und schließlich zum Mörder) gewordenen Herrn Okuyama - in der Verfilmung des Romans "Tanin no kao" ([Das] Gesicht eines Anderen) von Kōbō Abe. (Andere übersetzen "Ein anderes Gesicht" oder "[Ein] Fremdes Gesicht"; aber exakt übertragen läßt sich das wohl nur in andere ural-altaïsche Sprachen wie das Türkische ["Başkasının yüzü"].)


(Ein ganz typisches Opus für K.A. - den Lieblings-Schriftsteller von Dikigoros' Japanisch-Sensei. Er kann diese Vorliebe zwar nachvollziehen, aber nicht teilen. Seine Werke sind meist surrealistisch-fantastisch, aber vor allem beklemmend-makaber - für seinen Geschmack ein gutes Stück zu viel - und ohne jeglichen Humor.)

Vergleicht mal die Schreibung des Kanji "kao" auf den Kinoplakaten links mit der auf dem Plakat für den Film "Kao" von 1960 rechts. Dort sollte es ein schönes Gesicht sein, also ist es in Schönschrift gedruckt. Hier soll es dagegen ein kaputtes Gesicht sein - und so sieht das Kanji denn auch aus; in einem solchen Fall ist es gewollt und völlig korrekt, es zu verhunzen! Der Rest bzw. der Anfang ["Ander-Mensch-von"] sieht fast noch schlimmer aus; aber Dikigoros kann Euch dafür keinen Vergleich bieten. (Das ist übrigens kein Einzelfall: Auch die japanische Ausgabe von "La condition humaine" - ganz rechts -, dem Lamento von de Gaulles Spezi André Malraux über das Scheitern der Kommunisten-Revolte von 1927 in Schanghai, drückt das menschliche Elend durch verkrakelte Kanji aus.) Ausländische Kinoplakate versuchen das auch - z.B. ein englisches, das die Anfangsbuchstaben klein schreibt, und ein französisches, das den Schriftzug etwas schief setzt -; aber beides ist nur ein schwacher Abklatsch.


Oktober: Kyō spielt Kikuko, die älteste der fünf Ueno-Schwestern, in der Komödie "Jinchōge [Herabsinkende Blätter und Blüten]". Wiewohl theoretisch eine Hauptrolle, ist es das erste Mal seit 1950, daß sie nicht mit auf dem Kinoplakat erscheint.
(Im Ausland wird der Film denn auch unter dem Titel "Daphne" vertrieben - Übersetzung des Namens der zweitältesten Schwester, Aki, die von Haruko Sugimura gespielt wird.)

Fragen oder Anmerkungen, liebe Japanologie-Studenten im 1. Semester? Ihr meint, da stehe doch etwas ganz anderes geschrieben als gesprochen wird, nämlich "Chinchōka"? Tja... das ist zu kompliziert, um es hier kurz abzuhandeln, das lernt Ihr später. Aber etwas solltet, nein müßt Ihr unbedingt sofort lernen, nämlich das letzte Kanji nicht so hin zu sauen wie es der Schmierfink auf dem Kinoplakat getan hat - das fällt nicht unter "künstlerische Freiheit"! Wohlgemerkt, man darf Zeichen schon mal vereinfachen oder verfremden; aber diejenigen Striche, die man stehen läßt, muß man richtig schreiben, d.h. in der zwingend vorgeschriebenen Reihenfolge und Richtung! Ihr meint, das sähe man nicht? Oh doch, schaut mal genau hin: Die Striche 5, 6 und 7 von "Blüte" sind zusammen gezogen, und dabei wird der 6. Strich - statt von rechts oben nach links unten - von links unten nach rechts oben geschrieben. Das ist, wie man auf Germenglish sagt, strictly no-go; dafür sollte man den Schmierfinken Herrn Okuyama zum Fraße vorwerfen! Wie man es korrekt schreibt seht Ihr rechts auf der Plattenhülle des bekanntesten Hits von Meiko Kaji, "Shūra no hana".*******


Dezember: Kyō spielt die Yayoi Yamamura in "Malenkij beglets/Chīsai tōbōsha [Kleiner Ausreißer (auf Ost-Film fälschlich mit "Die kleine Flucht" übersetzt :-)]".
Eine unbedeutende Nebenrolle in einem unbedeutenden Film, der nur dadurch Aufmerksamkeit erlangt, daß er 1. zu Weihnachten in die Kinos kommt, 2. mit irreführendeninteressanten Plakaten beworben und 3. groß heraus gestellt wird als "erste russischsowjetisch-japanische Gemeinschaftsproduktion". Es ist zugleich die letzte, denn das Opus ist grottenschlecht gemacht: Die japanisch gesprochenen Teile werden nicht synchronisiert, sondern bloß von ein- und derselben Dolmetscherin über das Original gesprochen; der - viel zu lange - 1. Teil läßt jeglichen nachvollziehbaren Übergang zum - viel zu kurzen - 2. Teil vermissen; und viele Schauspieler wirken wie von der Straße aufgelesen. Des Russischen kundigen Japanern stößt auch die Vokabel "beglets" auf, die für einen kleinen Jungen, der aus purer Neugierde als Schwarzfahrer mit der Transsibirischen Eisenbahn nach Moskau fährt, völlig unpassend ist. Eigentlich bedeutet sie "Flüchtling" und weckt ganz andere Assoziationen: 21 Jahre nach 1945 - und 6 Jahre nach dem Film "Ruten no Ōhi" - sind die von der Roten Armee beim Einmarsch in die Mandschurei an der japanischen Minderheit verübten Kriegsgreuel, Flucht und Vertreibung noch nicht vergessen, geschweige denn vergeben.


Nachtrag: Gut 55 Jahre später werden öffentliche Aufführungen des Films verboten und die DVDs vom Markt genommen - in Japan, nicht in Rußland -, nachdem sich Japan dem Krieg der USA und ihrer NATO-Vasallen gegen alles Russische - zunächst durch das Kiewer Marionetten-Regime im Donetsbecken, dann weltweit - angeschlossen hat. Es ist ein totaler Krieg, der nicht nur militärisch und wirtschaftlich, sondern auch kulturell geführt wird. d.h. Sport, Musik, Kunst, Theater und Film einschließt. Gott strafe... Nein, liebe Leser, Dikigoros wird hier keine Namen nennen, sondern nur das schreiben, was er auch in jedem anderen Fall geschrieben hätte: ... alle, die zur Entstehung, Ausweitung und Nicht-Beendigung dieses verfluchten Krieges maßgeblich beigetragen haben! (Und wenn Ihr selber nach Namen suchen solltet, dann bedenkt bitte, daß es sich - mit Ausnahme einiger nützlicher Idioten und niederer Helfershelfer - durchweg um Angehörige des "auserwählten Volkes" handelt, die unter falschen, "arischen" Namen operieren. Dikigoros hat ein paar von ihnen hier aufgezählt [in der Nachbemerkung] - es sind rein zufällig fast die selben wie in der Angelegenheit, um die es dort geht!)

1969
April: Kyō spielt die Tee-Zeremonienmeisterin Chikako Kurimoto in "Senba tsuru [Tausend Kraniche]" - auch dies die Verfilmung einer 20 Jahre zuvor als Fortsetzungsgeschichte in einer Zeitung erschienenen Novelle von Yasunari Kawabata, dem gerade im Vorjahr als erstem Japaner der Literatur-Nobelpreis verliehen worden war.

[Hirohito beglückwünscht Kawabata zum Nobelpreis]

Freilich können auch die Glückwünsche des Tenno nicht darüber hinweg täuschen, daß er sich diesmal nicht mit Ruhm bekleckert hat: Die obskure Dreiecksgeschichte zwischen einem jungen Mann und den beiden Ex-Maitressen seines Vaters fällt beim Publikum durch. Ein Kommentator schreibt mit berechtigtem Cynismus: "Wie kann man so einen Mist überhaupt verfilmen? Kein Wunder, daß Daiei zwei Jahre später Pleite gemacht hat!"
(Und Kawabata ein weiteres Jahr später Selbstmord beging - aber das nur am Rande. Zum Thema "tausend Kraniche" und wie andere damit umgegangen sind schreibt Dikigoros hier und hier ausführlicher.)



1970
Februar: Kyō spielt - an der Seite von Shintarō Katsu und Michiyo Ōkusu - die Sue Yoshida in "Yabure - kabure [Zusammenbruch - Wiederaufbau]".
(Heute wird dieses Wortspiel - wohl infolge dieses Films - in übertragenem Sinne auch ganz anders verwendet. Dikigoros ist unsicher, welcher japanische Industrie-Magnat für "Isokichi Yoshida" - den der englische Titel als "Born Fighter [Geborener Kämpfer]" bezeichnet - Modell gestanden hat; wer eine Idee hat kann ihm ja mal mailen :-)


1971
Dezember: Die Daiei geht in Konkurs. Für Kyō ist die Zeit der guten Rollen in großen Filmen damit vorbei.******** (Sie wird gewissermaßen zur Rōnin :-)


1974
Januar: Kyō spielt die Aiko Takasu in "Kareinaru ichizoku" - eine Nebenrolle in einem Tōhō-Film, der keine weiblichen Hauptrollen hat, sondern nur vom Vater-Sohn-Konflikt lebt. Es bleibt ihr einziges Engagement bei diesem Filmstudio.*********


Der Verleger Yasuyoshi Tokuma kauft die Reste von Daiei aus der Konkursmasse und läßt unter diesem Namen wieder Filme drehen.

1975
September: Kyō spielt die Frau des Premierministers in "Kinkanshoku [Sonnenfinsternis]", einer Satire auf das moderne Regierungs[un]wesen. (Manche bezeichnen es auch als "Polit-Thriller" :-)


1976
Oktober: Kyō spielt die Titelrolle in dem Horrorfilm "Yoba [Die Besessene]" (wieder nach literarischen Motiven von Akutagawa).


Dezember: Kyō spielt in der Komödie "Otoko wa tsurai yo [Man[n] trifft sich!]" - neben Fumi Dan als Lehrerin Masako Yagyū, in die sich der Onkel eines ihrer Schüler zunächst verliebt - deren Tante Aya, in die sich besagter Onkel später verliebt, Remake (oder Fortsetzung?) eines ebenso albernen Films von 1971 mit dem selben Hauptdarsteller - dem unsäglichen Dauergrinser Kiyoshi Atsumi als Jirō Tora Tora Tora.


Hier ist der Befund eindeutig: Auf dem Kinoplakat von 1976 (links) wird der Titel noch von oben nach unten geschrieben; auf der DVD von 1996 (rechts) von links nach rechts - Japan war endgültig im Westen 'angekommen'.


1981-84
Kyō spielt in einigen Jahrgängen der Jidaigeki-Serie "Hissatsu"********** ("Hissatsu shimainin", "Shin hissatsu shimainin" und "Hissatsu shikirinin") des Fernsehsenders Asahi die Bantokyozan - ihre letzte Hauptrolle.

1984
Mai: Kyō spielt in "Keshō [Schminke]" ihre letzte Kinofilmrolle, die Tsune Tsutano.
(Sie steht zwar noch mit auf der Liste der Hauptdarsteller, aber die eigentlichen Hauptrollen spielen Keiko Matsuzaka und Kimiko Ikegami.)


1987
Kyō wird die Lobesmedaille (Hōshō) am purpurvioletten Bande verliehen.***********


1994
April-Dezember: Kyō spielt die Shigeko Hino in der NHK-Fernsehserie "Hana-no ran". (Die weibliche Hauptrolle - Tomiko Hino - spielt Yoshiko Mita.)
Der von den Filmmachern als "Blumenkrieg" bezeichnete Bürgerkrieg ("ran" im Gegensatz zu "senso", dem auswärtigen Krieg - jetzt scheut sich Dikigoros nicht mehr, "ran" so zu übersetzen; denn anders als 400 Jahre zuvor im "Heian no ran" waren die Heere nun schon um einiges größer) war alles andere als das, ebenso wenig wie der "Rosenkriege" genannte Bürgerkrieg, der zeitgleich in England statt fand, sondern - ähnlich wie jener - die Auseinandersetzung zwischen verfeindeten Herrscher-Dynastien. Er führte zur weitgehenden Zerstörung Japans, einschließlich seiner alten Hauptstadt Kyōto; die Historiker nennen ihn "Ōnin no ran".
3. November (FührersTennō Meiji's Geburtstag): Kyō wird der Kron-Orden 4. Klasse verliehen.
(Ein ulkiger Orden: Die ersten 6 Klassen werden nur an Frauen verliehen - vorzugsweise gekrönte Häupter oder deren Verwandtschaft -; die Klassen 7 und 8, die auch an ungekrönte Männer vergeben wurden - vorzugsweise posthum - sind inzwischen abgeschafft :-)


1999
Januar-Dezember: Kyō spielt eine der weiblichen Nebenrollen (weibliche Hauptrollen gibt es nicht :-) in der NHK-Fernsehserie "Genroku ryōran", die einmal mehr die Geschichte der 47 Rōnin zum Gegenstand hat.
Fasziniert dieses Thema die Japaner immer noch so stark? Ja, das tut es, obwohl - oder weil - sich inzwischen viel getan hat. (Dikigoros wollte oben die Kommentare zu "Heike monogatari" und "Ruten no Ōhi" nicht überfrachten und auch zeitlich nicht zu weit vorgreifen, aber jetzt ist es an der Zeit :-) Nach der Asienkrise - von der sich Japan zwar einigermaßen erholt hat, aber ohne seine einstige wirtschaftliche Vormachtstellung zurück zu gewinnen - besinnt man sich wieder auf Nationales. Erinnert Ihr Euch? Die alliierten Besatzer hatten den Japanern ihre Zeitrechnung verboten. Um ein Haar hätten sie ihnen auch den Gebrauch ihrer Schrift - oder zumindest der Kanji - verboten; aber gnädiger Weise begnügten sie sich damit, ihnen das Wort "Japan" zu verbieten, genauer gesagt dessen Aussprache als "Nippon". (So wie sie den Trizonessiern das Wort "Deutsches Reich" verboten - das gab es nicht mehr.) Das war lächerlich, und die Japaner fügten sich mit einem lachenden und einem weinenden Auge, denn sie wußten es ja besser: "Japan" hieß eigentlich ganz anders, nämlich "Yamato [großer Friede/große Harmonie]"; bloß die Chinesen nannten es "Jüpän". (Ja, was dachtet Ihr denn, woher der abwegige Name "Japan" kommt? [Abwegig, weil es im Japanischen weder die Silbe "ja" noch die Silbe "pa" gibt!] Die Chinesen transkribieren das irreführender Weise auch "Ripen" - obwohl sie gar kein "r" aussprechen können - o.ä.) Und das schrieben sie mit zwei Kanji, die sich auf Japanisch "ni [Sonne]" und "hon [Wurzel, Ursprung, Aufgang (der Sonne)]" aussprechen. Das war nur ein blumiger Ausdruck - "Land der aufgehenden Sonne" - für "Land im Osten", denn dort lag es ja, von China aus gesehen. Aber den Menschen dort - oder zumindest einigen, und zwar just jenen, die das Sagen hatten - gefiel es; und so wurde bei der "Meiji-Restauration" der Name "Yamato" wie so vieles andere abgeschafft und durch etwas neues ersetzt; und weil "ni-hon" so blutleer klingt, wurde das "h" in hon "halb getrübt", wie man das nennt und durch einen kleinen Kreis ("maru") kennzeichnet, wenn man es in Hiragana schreibt (was man zwar normaler Weise nicht tut, aber... dazu kommen wir gleich), und dann klingt das wie "Ni[p]pon". Aber das war wie gesagt seit 1945 tabu; und die Leute gewöhnten sich ganz schnell an "Nihon", im wahrsten Sinne des Wortes, denn das spricht sich ja schneller und liegt auch voll im Trend der Wischiwaschi-Sprache, der die Jugend fröhnt. À propos 1945: Da lebten in der Mandschurei ca. 1 Million Japaner; und wie Dikigoros oben schon andeutete, wurden die meisten von denen, die nicht rechtzeitig fliehen konnten, ermordet. (Es war einer der drei großen Völkermorde der unmittelbaren Nachkriegszeit - neben dem an den Deutschen in Ost- und Ostmitteleuropa und dem an den Indern im Panjāb und in Bengalen -, und alle drei werden bis heute tot geschwiegen, weil sie zu erwähnen den Shoa-businessmen ihren Alleinstellungs-Anspruch vermasseln könnte.) Der traurige Rest - ca. 25.000 - wurde vertrieben, oder wie man das beschönigend ausdrückte, "repatriiert". Das Schiff, mit dem diese Rückhol-Aktion in vielen, vielen Fahrten durchgeführt wurde, war ein altes Segelschulschiff von 1930 - alle modernen Motorschiffe hatten die alliierten Besatzer beschlagnahmt -, auf dessen Bug das in Kanji stand (Schiffsnamen wurden immer in Kanji geschrieben, das war selbstverständlich), was früher "Nippon" und nun "Nihon" ausgesprochen wurde (und zusätzlich natürlich das Kanji "maru [Schiff]"). 1984 wurde es aus Altersgründen (es hatte fast so viele Jahre auf dem Buckel wie Kyō :-) außer Dienst gestellt, genauer gesagt in ein schwimmendes Museum umgewandelt, das an jene Ereignisse erinnert, und durch einen Neubau gleichen Namens ersetzt - wieder in Kanji geschrieben und... tja, wie man es richtig bzw. politisch korrekt aussprach, blieb jedem selber überlassen. (In Dikigoros' altem Japanisch-Deutsch-Wörterbuch steht "Nihon-maru" :-) Wie schon erwähnt, hatte Japan 1979 in einem günstigen Moment - die USA waren gerade mit dem Iran beschäftigt - die alte Zeitrechnung wieder eingeführt, aber für eine Rückbenennung von "Nihon" in "Nippon" war es wohl noch zu früh. Die Japaner warteten ab bis zur nächsten außenpolitischen Schwächefase der USA, und die kam 1989/1990, als sich die Augen der Welt auf Mitteleuropa richteten, wo die von vielen als bedrohlich empfundene "Wiedervereinigung" von BRD und DDR zur BRDDR anstand. Die Reederei Mitsui machte die Probe aufs Exempel: Sie hatte zwei Wochen vor dem Mauerfall ein riesiges Kreuzfahrt-Schiff auf Kiel gelegt. Eine Woche vor dem neuen deutschen Nationalfeiertag wurde es in Dienst gestellt; und an seinem Bug prangte der Name... Nein, das glaubt Ihr nicht, ohne es mit eigenen Augen gesehen zu haben, deshalb bildet Dikigoros es Euch hier ab:

Schaut bitte genau hin, liebe Leser, und achtet auf den kleinen Kreis - das "maru" - oben rechts am mittleren Zeichen der oberen Zeile: Er "trübt" das "ho" zu "po"!
(Nicht zu verwechseln mit dem Kanji "maru" - letztes Zeichen in der oberen Zeile -, das "Schiff" bedeutet.)


Das war das erste Schiff in der Geschichte Japans, dessen Name nicht in Kanji, sondern in Hiragana geschrieben wurde, damit nur ja kein Zweifel aufkam, wie es richtig auszusprechen war, nämlich "Nippon"! (Und damit nur ja kein Zweifel aufkam, daß man es auch in Kanji hätte schreiben können - aber nicht wollte -, wurde sowohl "maru" als auch der Heimathafen Tōkyō darunter in Kanji geschrieben :-) Protestierte irgendjemand dagegen? Nein, nicht mal die Chinesen. (Die hatten gerade ganz andere Sorgen, denn ihre internationale Reputation war nach der zum "Massaker" aufgebauschten Aktion auf dem Platz ["men" - bitte moppelt das doch nicht immerzu doppelt, liebe Germanen, indem ihr von einem "Tian-man-men-Platz" faselt!] des himmlischen Friedens leicht ramponiert :-) So kreuzt die "Nippon maru" bis heute durch die Weltmeere, und jeder sieht sofort, wofür sie stehtschwimmt!

2000
Kyō hat ihren letzten Fernsehauftritt in "Haregi, koko ichiban".

2019
12. Mai: Motoko Yano alias Kyō Machiko - die bis zuletzt in Ōsaka gelebt hat - stirbt während eines Krankenhausaufenthalts in Tōkyō an Herzversagen.
Ihre Asche wird auf eigenen Wunsch dem Meer übergeben.


*Das wird mit dem selben Kanji geschrieben wie "Tōkyō" und "Kyōto". Warum nannte sie sich so, wenn sie doch gar nicht aus der Hauptstadt kam? Nun, Kyōto und Ōsaka sind längst zusammen gewachsen und werden als solche ebenfalls mit diesem Kanji geschrieben. (Aber ganz anders ausgesprochen - ein typischer Zug des Japanischen, der Ausländern oft Schwierigkeiten bereitet: "hara" + "kiri" = "seppuku"; "Fuji" + "yama" = "Fujisan"; "Kyōto" + "Ōsaka" = "Keihan" :-) Mit nur sechs Jahren Schulbesuch relativ unverbildet, sprach Kyō ganz typisches "Kansai" - die Sprache Ōsakas, Kyōtos und Kōbes - heute meist als "Dialekt" bezeichnet. Das wird ihr indes nicht gerecht: Diese Sprache war bis ins 19. Jahrhundert Standard-Japanisch, genauer gesagt bis zur "Meiji-Restauration", als die Sprache von Edo (dem heutigen Tōkyō) diese Stellung übernahm. Sprecher des Kansai sind daher prädestiniert für Rollen in Historien-Filmen [auf Japanisch etwas ungenau als "jidaigeki" bezeichnet, da die Japaner ihre Geschichte nach "Zeitaltern" berechnen.] Wer alle Filme mit Kyō gesehen hat, hat zugleich eine Reise durch die fast komplette Geschichte Japans - und große Teile der Geschichte Chinas - absolviert; deshalb behandelt Dikigoros hier auch Historien-Filme, die außerhalb Japans kaum bekannt sind. Ein mittelalterlicher Samurai hätte das heutige Japanisch wohl als nuschelig empfunden und nur schwer verständlich. (Etwa wie ein Brasilianer das heute im Mutterland genuschelte gesprochene Portugiesisch oder wie ein Norddeutscher das "echte" Schwäbisch :-) Umgekehrt kann jeder Japaner Kansai noch heute weitgehend verstehen, weshalb es problemlos im Kino einsetzbar ist. (So kann z.B. das "Genji monogatari" in der Originalsprache verfilmt werden, das Nibelungenlied dagegen nicht :-) Für Ausländer ist Kansai sogar leichter zu verstehen als das heutige Standard-Japanisch, weil es silbenreicher ist und akzentuierter gesprochen wird. Ein paar Beispiele (für Fortgeschrittene):

Kenji Mizoguchi sprach die selbe Sprache wie Kyō, und zwar nicht nur, weil er aus Kyōto stammte, wo ebenfalls Kansai gesprochen wird, sondern auch weil er, bevor er Regisseur wurde, Schauspieler für Frauenrollen war. In Japan galt es bis ins frühe 20. Jahrhundert als unschicklich, wenn Frauen im Theater auftraten; daher wurden ihre Rollen von Transvestiten - im besten Sinne des Wortes - gespielt. Noch als Dikigoros Nihon-go - natürlich kein Kansai - lernte, gab es in Japan eine "Männersprache" und eine "Frauensprache", die sich mehr oder weniger stark unterschieden. Heute haben sich diese Unterschiede verwischt, d.h. auch Frauen gebrauchen "Männersprache" (und fühlen sich dabei besonders "emanzipiert" :-). Achtet mal darauf, wie in Kyōs Filmen "ich" gesagt wird: von Frauen auf Kansai - klar und deutlich - "watakshi", auf Nihon-go - vernuschelt - "watashi", und nur von Männern gelegentlich "boku" - letzteres sagen heute auch manche Frauen. (Dikigoros selber sagt "watashi" - er sagt ja auch auf Deutsch nicht "icke" :-)

À propos geschrieben: Warum verwendet Dikigoros entgegen seiner sonstigen Gewohnheit kein Titelbild mit Unterschrift, obwohl es so etwas doch gibt?

Ganz einfach: Weil das in Japan nicht üblich ist. Die abgebildeten Autogrammkarten sind für den US-amerikanischen Markt gedacht - das erkennt man auch daran, daß der Name falsch herum (s.o.) geschrieben ist. (Wahrscheinlich nicht mal von ihr selber, sondern von ihrer Agentur :-) In Japan unterschreibt man nicht, sondern man unterstempelt mit einem so genannten Hanko, und ein Abdruck von Kyō liegt Dikigoros nicht vor; es dürfte auch keinen geben, denn ein Hanko steht einem amtlichen Siegel gleich, und das gibt es nur auf echte, nicht auf Künstler-Namen.
Zwar gibt es auch in Japan Sammelkarten mit Fotos prominenter Schauspieler[innen]; aber Ihr werdet auf keiner auch nur den Namen, geschweige denn ein Autogramm finden, sondern nur den Titel des Film, in dem sie gerade mitspielen, und das Logo des Filmstudios:


(Die 1. ist aus "Bakurō ichidai", die 2. aus "Genji monogatari", die 3. aus "Mesu inu", die 4. aus "Daibutsu kaigen",
die 5. aus "Yoru-no tōgyo" und die letzte aus "Onna to kaizoku".)

**Im Film wird ausdrücklich - in einer Diskussion zwischen Kesa und ihrem Mann, dem Titelverteidiger - durch letzteren heraus gestellt, daß es sich dabei um eine quasi-religiöse Zeremonie von allergrößter Bedeutung handele. Na ja... Das Pferd war zwar Reittier der Göttin Amaterasu; aber das Rennen wirkt doch eher weltlich - schon damals, als der Film spielen soll. Und heute erst recht: Da hat man den Eindruck, daß es dabei nicht mehr um die Verehrung der Göttin Amaterasu geht, sondern vielmehr um die des Gottes Mammon - in keinem anderen Land der Welt wird so viel Geld auf Pferderennen gewettet wie in Japan.
Wohlgemerkt: Theoretisch ist das Pferd den Japanern immer noch heilig - jedenfalls in seiner Funktion als Schlachtroß. Im Yasukuni-Schrein wird nicht nur der gefallenen Krieger gedacht, sondern auch der gefallenen Pferde. Vor dem Tempel steht ein großes ehernes Denkmal; wenn Ihr mal hin kommt, einen Wunsch habt und des Japanischen mächtig seid (Deutsch versteht der Gaul leider nicht :-), dann dürft auch Ihr gegen einen kleinen Obulus ein gelbes Holztäfelchen ("E [Bild]" + "Uma [Pferd]" = "Ema" - nicht nur in 4-silbigen Wörtern ändert sich die Aussprache :-) daneben aufhängen

[Pferdedenkmal vor dem Yasukuni-Schrein]

Caveat: Anderswo werdet Ihr das anders lesen, weil zweierlei - eigentlich sogar dreierlei - ständig durcheinander geworfen wird (übrigen auch von vielen heutigen Japanern). Bekanntlich gibt es in Japan zwei Religionen nebeneinander: Zuerst das, was im Westen "Shintoismus" genannt wird - dorthin gehören Amaterasu und ihr "Shinme", auf das Ihr Denkmäler vor jedem Shintō-Tempel in Japan findet. Dann das, was im Westen "Buddhismus" genannt wird - den haben sich die Japaner im frühen Mittelalter von den Chinesen aufs Auge drücken lassen, und zwar in deren pervertierter verhunzter verwässerter spezieller Form, die man auch als "großen Wagen" bezeichnet. (Weil da wirklich Platz für jeden Mist ist?!?) Dorthin gehören die Wunschlisten (die man in jedem buddhistischen Tempel, auch außerhalb Japans, findet). Eigentlich paßt beides gar nicht zusammen; aber die Japaner haben es irgendwie geschafft, es zusammen zu schustern. [Dagegen haben sie sich dem Eindringen der monotheistischen "Welt"-Religionen - Judentum, Christentum und Islam - zu ihrem Glück erfolgreich widersetzt.] Wenn Ihr oben den Link auf Dikigoros' Seite "Welchen Frieden bringt das Meer?" angeklickt habt, dann habt Ihr dort etwas über den Totenkult der Japaner gelesen, u.a. vom Kranich, der die Zelen Seelen der Verstorbenen - nicht nur, aber vor allem der auf dem Feld der Ehre gefallenen - in die ewigen Jagdgründe (oder wohin sonst auch immer :-) bringt. [Andere alte Völker kannten das auch; allerdings waren es bei ihnen meist keine Kraniche, sondern Gänse oder Schwäne.] Was Ihr dort nicht lest ist, daß es auch den umgekehrten Weg gibt: aus dem Jenseits zurück auf das Schlachtfeld, und zwar passender Weise gleich auf dem Schlachtroß (die Japaner nennen es zwar nicht so, sondern "Shōryō uma [Seelen-Pferd]", aber das ist gemeint), um Rache zu nehmen. Das paßt nun gar nicht zum Buddhismus, der ja den Kreislauf der Wiedergeburten, die Wiederauferstehung, die Rückkehr o.ä. gerade zerbrechen ("überwinden") will! Und gleich gar nicht paßt es zum Pferderennen, weder zum mittelalterlichen noch erst recht nicht zum heutigen! Die einzige religiöse Veranstaltung mit Pferden, die Dikigoros als solche gelten lassen würde, ist die Zeremonie, die zum Neujahrsfest an bestimmten Shintō-Tempeln im Lande abgehalten wird. (Nicht mehr an allen - es gibt nicht mehr genug Schimmel [Hakuba] in Japan, und das Pferd muß schneeweiß sein, wie Kalki in Indien am Tag des Jüngsten Gerichts :-) Das berühmteste ist das "Ao uma shinji" am Taisha-Schrein von Sumiyoshi (einem Stadtteil von Ōsaka, deshalb muß das auf einer Seite über Kyō erwähnt werden - und sei es nur in einer Fußnote :-).
Nachtrag: Früher glaubten die Japaner, daß die Teilnahme an jener Zeremonie mit dem weißen Pferd sie für ein ganzes Jahr vor Krankheiten schützen würde. Heute glauben sie, daß das Tragen einer weißen Narrenkappe vorm Maul dazu besser geeignet sei, und sie haben erstere vielerorts gecancelt (so sagt man doch auf Newspeak, nicht wahr?) Japan hat den Glauben an seine Seelenpferde verloren, und mit ihm seine Seele. Und was Dikigoros oben von wegen "Wenn Ihr mal hin kommt" geschrieben hat, nimmt er hiermit zurück. Was sich die Japaner bei den von 2020 auf 2021 verschobenen Olympischen Spielen von Tōkyō geleistet haben, war nicht nur ein eklatanter Bruch selbst der einfachsten, selbstverständlichen Regeln der Gastfreundschaft, sondern es war geradezu eine Kriegserklärung an alle Unge"impften" dieser Welt; und nicht nur die Politbonzen, sondern alle Japaner haben sich wie Kriegsverbrecher verhalten. Dikigoros war zwar nicht selber dabei; er hat sich aber von Sportfreunden, die es waren, eingehend informieren lassen, auch über Dinge, die von der Presse u.a. Lügenmedien tot geschwiegen wurden. Keinen Fuß wird er mehr in das heutige Japan setzen und auch niemandem mehr empfehlen, das zu tun. Man soll sich seine Erinnerungen an bessere Zeiten - und um die der Nachwelt zu überliefern schreibt Dikigoros ja seine "Reisen durch die Vergangenheit" - nicht durch solche Erlebnisse kaputt machen lassen. Nachtrag Ende.
Fehlt noch das dritte Mißverständnis vom "Dreierlei". Es rührt daher, daß sich die Außenwahrnehmung zunehmend auf den Yasukuni-Schrein verengt. Dabei paßt der eigentlich weder richtig in den traditionellen "Shintoismus" noch in den traditionellen "Buddhismus". Denn was immer bösartige Gaijin (allen voran US-amerikanische, chinesische und koreanische) behaupten, soll dieses Pferd die Seelen der Gefallenen (übrigens die aller Gefallenen, nicht nur der eigenen!) nicht zwecks Rache zurück bringen, sondern zwecks Versöhnung! Das findet Dikigoros ganz un-japanisch; der Tempel hat ja auch kaum Tradition, sondern wurde erst anläßlich der Meiji-"Restauration" eingerichtet, als man möglichst wenig traditionell-japanisch sein wollte und umso mehr "modern", d.h. westlich orientiert.

***Ihr meint, das könne doch jeder? Einen Dreizeiler schreiben aus 5+7+5 Silben, die sich nicht mal reimen müssen? Gibt es nicht auch - z.T. durchaus gelungene - "Haiku" in europäischen Sprachen, z.B. Englisch, Französisch, Spanisch und Italienisch?


In Japan sagt man:
Kirschblüten blühen im Lenz.
Doch hier ist kein Lenz.

Wenn die Kirschbäume
wieder blühen in Japan,
weicht dann die Gefahr?

Es bleibt nur ein Blatt
auf dem entblätterten Zweig
über den Winter.

Der Abend bricht an
über meinen Gedanken.
Ich denke an dich.

Wohl wahr. (Das französische Haiku ist sogar ausgesprochen genial, denn es genügt nicht nur japanischen, sondern auch europäischen Anforderungen: Die 1. Zeile reimt sich auf die 3., und die 2. Zeile hat einen Binnenreim!) Und wie leicht das ist, seht Ihr daran, daß Dikigoros die allesamt fast wörtlich in korrekte Haiku auf Deutsch übersetzen kann. Aber vergeßt bitte nicht, daß das heutige Englisch eine Pidjin-Sprache ist, die überwiegend aus 1- und 2-silbigen Wörtern besteht - da reichen 17 Silben leicht und locker, um gleich mehrere Sätze zu bilden. Im Französischen kann man ein "e" in der Endsilbe entweder mitsprechen oder verschlucken, ebenso im Spanischen zwei aufeinanderfolgende Vokale am Ende des einen und am Anfang des anderen Wortes entweder isoliert sprechen oder verschmelzen - da ist es kein großes Kunststück, auf die "richtige" Silbenzahl zu kommen. (Wohlgemerkt: Unser genialer Franzose macht von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch - er hat es nicht nötig -, während der Spanier sie leicht überstrapaziert: Gleiche Vokale verschmilzt Dikigoros, wenn er schnell spricht, auch schon mal; aber ein "a" und ein "u"? Das ist hart an der Grenze...) Im Japanischen ist das viel schwieriger, da schon einzelne Wörter oft 4-silbig sind - s.o. -; dann reicht es daneben gerade noch für ein 1-silbiges "to [und]" oder "mo [auch]"; damit soll man dann zwei [Halb-]Sätze bilden, die auch einigermaßen Sinn ergeben müssen. (Und die meisten sind schon geschrieben - und bekannt -; was soll man sich da noch Neues ausdenken?)

****Die Geschichte der 47 Samurai, die zu herrenlosen Männern (Rōnin) wurden, weil ihr Lehensherr gezwungen wurde, Selbstmord (Seppuku) zu begehen, die dessen Verderber töten und am Ende selber Seppuku begehen müssen - alles aus "Ehrgefühl" -, geht zurück auf ein historisches Ereignis zu Beginn des 18. Jahrhunderts. Sie hat die Japaner fasziniert wie kein anderes Ereignis ihrer Vergangenheit, wird alle paar Jahre neu verfilmt - und fast immer mit großem kommerziellen Erfolg. (Der früheste Streifen soll schon vor dem 1. Weltkrieg entstanden sein - er gilt freilich als verschollen :-) Das gewährt viel tiefere Einblicke in die japanische Seele als etwa "Rashōmon". Was ist denn an letzterem "typisch japanisch"? Daß Täter, Opfer und Zeugen an Wahrnehmungsschwäche bzw. Gedächtnislücken leiden, wenn es darum geht, vor Gericht auszusagen, ist ein alltägliches - und wohl weltweit verbreitetes - Fänomen, mit dem Dikigoros aus seiner langjährigen anwaltlichen Tätigkeit bestens vertraut ist. Aber diese Geschichte versteht er nicht. (Wohlgemerkt, es gibt Geschichten, die er durchaus versteht, für die er bloß kein Verständnis hat - das ist ein Unterschied!) Er hätte sie ganz anders [miß-]verstanden, nämlich als Kritik an dem vermeintlich ungerechten Urteil des obersten Lehens- und Gerichtsherrn. (Der Beleidigte hat seinen Beleidiger ja nicht getötet, sondern "nur" verletzt - Dikigoros meint indes, daß man das auch als versuchten Totschlag im Affekt auslegen kann.) Der objektive Tatbestand ist doch läppisch: Eine beleidigte Leberwurst rastet aus und greift einen Vorgesetzten an. Danach begeht er nicht etwa aus freien Stücken Seppuku - wie das eigentlich angezeigt wäre -, sondern muß dazu erst verurteilt werden, dto seine 47 Ex-Lehensleute, nachdem sie ihn "gerächt" haben. Wie kann einen so etwas faszinieren?
À propos: Die International Movie Database [IMDb] führt in einem Verzeichnis der weltweit "besten" Schauspielerinnen der 1950er Jahre unter den ersten 50 sage und schreibe 13 Japanerinnen auf - also mehr als ein Viertel -, davon 8 in der Top 20 (Haruko Sugimura als Nr. 1, Kuniko Miyake als Nr. 2 und Toyo Takahashi als Nr. 4). Kyō folgt erst - nach Setsuko Hara als Nr. 9 und Kyōko Kagawa als Nr. 12 - auf Platz 14. Nun, über die besten Schauspielerinnen kann man streiten, das ist letztlich Geschmackssache; aber am erfolgreichsten war zweifellos Kyō - zumal sie als einzige auch im Ausland einen nennenswerten Bekanntheitsgrad erlangte.


Ginge es allein um den Erfolg und die Bekanntheit in Japan, dann hätte Dikigoros statt Kyō vielleicht deren Zeitgenossin Nobuko Otowa (1924-1994) ausgewählt, denn sie drehte mehr Filme als erstere (obwohl die ein Vierteljahrhundert länger lebte), alle im Inland (ohne US-amerikanische oder sowjet-russische Beteiligung) und ausschließlich zu japanischen (also weder indischen noch chinesischen) Themen, und oft mit erheblich größerem - nicht nur kommerziellem - Erfolg: Sie gewann nicht nur wie Kyō den Mainichi-Preis, sondern auch zweimal das noch höher eingestufte - und an Kyō nie verliehene - "Blaue Band", und zwar sowohl als beste Haupt- wie auch als beste Neben-Darstellerin (ersteres ausgerechnet für ihre Rolle in "Onna-no isshō"). Kurzum, sie war Kyōs schärfste Konkurrentin. Zu allem Überfluß war auch sie bei Daiei beschäftigt - aber nicht lange, dann sorgte Kyō dafür, daß sie gegangen wurde freiwillig ging, nachdem sie ihr mit einem ganz bestimmten Film die Butter vom Brot die Sauce vom Klebreis genommen hatte. Ihr erinnert Euch an "Nagasaki-no uta wa wasureji", jenen rührseligen Streifen vom guten Amerikaner, der ein "gefundenes" Notenblatt zurück bringt? Der kam im März 1952 heraus - Anlaß unbekannt. Aber als fünf Monate später, am 6. August 1952, ein Film Premiere hatte, in dem Otowa die Hauptrolle - die Lehrerin Takako - spielte, kannte jeder Japaner den Anlaß. (Wer nicht wissen sollte, welcher Jahrestag das war, schlage es nach.) Und auch der Erfolg war um vieles größer - in Japan sowieso, aber später auch im Ausland, wo er als "Children of Hiroshima [die Kinder von H.]" (entsprechend auch die Titel in anderen Sprachen) laufen sollte. Nun, das klang harmlos, etwa wie "Die Kinder von Bullerbü". Aber wenn Ihr auf den japanischen Kinoplakaten und DVD-Hüllen die "breite Insel [hiroi + shima = Hiroshima]", auf der jene Stadt einst gegründet wurde, vermißt - selbst auf dem, das gar keine Kinder abbildet, sondern nur die Ruinen -, dann habt Ihr ganz Recht; im Original steht da nämlich viel deutlicher: "Gembaku-no ko [Atombomben-Kind(er)]". (Meist wird das "Genbaku-no ko" transkribiert; aber das ist falsch: "Gen" + "baku" = "Gembaku"! Übrigens ein gutes Beispiel für eine Beinah-Parallele zwischen der deutschen und der japanischen Sprache, die kaum jemandem auffällt: Im Deutschen drückt man in zusammengesetzten Wörtern den Genetiv durch ein eingefügtes "n" aus, im Japanischen durch ein eingefügtes "no". Gewiß, das ist nur eine Eselsbrücke - aber eine, die trägt!)


Für Kanji-Freunde:
"Gen" bedeutet "Ur-sprung", "Ur-stoff" (im übertragenen Sinn auch "Original"), also das, wovon man früher glaubte, es sei un-teilbar/un-spaltbar (griechisch "á-tomo"). Eine bittere Ironie der Geschichte, daß die einst so wissenschaftsgläubigen Japaner bei der Gelegenheit eines besseren schlimmeren belehrt wurden.

("Belehrt" ist vielleicht der falsche Ausdruck, denn da waren die Japaner unbelehrbar: Schon wenige Jahre nach dem Atombomben-Abwurf - der Film spielt 1949 - ließen sie die Stadt wieder besiedeln, ungeachtet der noch immer lebensgefährlichen Verstrahlung. Nur ca. 10% der Opfer wurden direkt getötet - die hatten es wenigstens hinter sich. Die übrigen starben langsam und qualvoll an den Spätfolgen - wie die Opfer der "Anti-Corona"-mRNA-Giftspritzen.)

"Baku" setzt sich zusammen aus den Zeichen für Feuer ("hi" - das hatten wir ja schon beim "Feuer-Vogel" Phoenix) und für "[aus]brechen", "bersten", "explodieren". Es folgt das erwähnte Genitiv-"no" in Hiragana und das bekannte Kanji "ko [Kind(er)]".

Fällt Euch übrigens etwas auf? Auf keiner Abbildung wird der Titel von oben nach unten geschrieben - wie das damals eigentlich noch üblich war -, sondern auf allen von links nach rechts. Aber vielleicht ist das ja Zufall, und Dikigoros interpretiert da etwas hinein, das gar nicht vorhanden ist?!? Wer eine Idee hat kann ihm ja mal mailen.

Hat Dikigoros oben "später" geschrieben? Ja, aber das ist ein sehr dehnbarer Begriff. In Frankreich wurde "Les enfants de Hiroshima" schon ein Jahr später - auf dem Filmfestival von Cannes 1953 - gezeigt, in den USA erst 59 Jahre später - anno 2011! Dabei war er durch die US-Besatzer - die zwar gerade in "Beschützer" umbenannt worden waren, aber indirekt weiterhin die Regierungsgewalt ausübten, ähnlich wie in der BRD - bereits ausgiebig zensiert worden. Der Auftraggeberin war er denn auch nicht scharf genug, deshalb ließ sie Hideo Sekigawa einen neuen Film zum selben Thema drehen, der 1953 unter dem simplen Titel "Hiroshima" erschien.

Dikigoros schreibt bewußt "simpel" - und das ist noch wohlwollend ausgedrückt: Nicht nur auf dem Kinoplakat, sondern auch im Vorspann des Films (deshalb hat Dikigoros ihn verlinkt, obwohl er eigentlich nichts mit Kyō zu tun hat) wird "Hiroshima" in Hiragana geschrieben! Ach so, hatte Dikigoros schon erwähnt, um wen es sich bei der Auftraggeberin handelte? Ausgerechnet um die GEW japanische Lehrergewerkschaft - daß die sich nicht schämten! (Ja, es gibt eine faule Ausrede einen guten Grund: Die Zahl der Striche im Kanji "shima" ist zweistellig, der Schriftzug in Hiragana dagegen nur einstellig. Für alle, die die japanische Strichzählung nicht beherrschen und wissen wollen, wie groß die "Ersparnis" konkret ist: 10 Striche zu 9 Striche, also genau 1 Strich!)
(Und um auch das noch nachzutragen: Shindō sollte 1959 einen weiteren Film zum Thema "Atombombe" drehen, nämlich "Glücklicher Drache Nr. 5" - aber was es damit auf sich hat, könnt Ihr hier nachlesen.)


Nr.

5

glücklich (zum Glück gehört u.a. ein Reisfeld :-)

Drache (mit Schwanz :-)

Schiff, Boot etc. (alles, was auf dem Wasser fährt)


Zurück zum japanischen Film. 2003 bezeichnete Catherine Russell - Assistenzprofessorin für "Filmstudien" an der Universität Montral - in einem ebenso langen wie befremdlichen Aufsatz, der von profunder Unkenntnis der Materie zeugt - als die drei bedeutendsten japanischen Schauspielerinnen jener Zeit Setsuko Hara (die angeblich "kaukasische Gesichtszüge" hatte - wahrscheinlich hat die nie einen Film mit ihr gesehen :-), Hideko Takamine und Haruko Sugimura (während sie Kyō nur am Rande und Otowa überhaupt nicht erwähnt). Begründung: Die hätten Japan ein "modernes, westliches Frauenbild" vermittelt, zu dem es gehörte, durch eigene Arbeit finanziell auf eigenen Beinen zu stehen. Aha - also unverheiratet und kinderlos zu sein, nicht wahr? Was war denn das für eine "Arbeit", mit der sie ca. 50x soviel verdienten wie der durchschnittliche Arbeiter (und ca. 100x soviel wie die durchschnittliche Arbeiterin - in Japan wurde streng nach Senioritätsprinzip befördert, und da Frauen mit spätestens Mitte 20 ausschieden, um zu heiraten, kamen sie nie in die höheren Lohn- und Gehaltsstufen)? Machen wir uns doch nichts vor: Kyō machte Karriere, weil sie die Maitresse des erfolgreichsten Filmproduzenten jener Zeit war, und Otowa, weil sie die Maitresse eines der erfolgreichsten Regisseure - Kaneto Shindō - war. (Später, nach dessen Scheidung, wurde sie auch noch seine Ehefrau, aber da war sie schon 53, also nicht mehr im gebärfähigen Alter). Und für die anderen Schauspielerinnen galt (nicht nur in Japan :-) mehr oder weniger das gleiche: Ihre Gagen könnte man ebensogut als "Hurenlohn" bezeichnen. Wenn das das neue japanische Frauenideal war, dann gute Nacht...

*****Nach "Rashōmon" bzw. "Tōkyō saiban" und den "47 Rōnin" ist dies der Justiz-Fall, der die Japaner aus ihrer jüngeren Vergangenheit offenbar am meisten fasziniert hat: Die Geschichte der Mörderin Oden Takahashi, die als bislang letzte Frau in Japan mit dem Hackebeil Schwert hingerichtet wurde.

Das Thema war bereits 1935 von Tamizo Ishida verfilmt worden - mit Sumiko Suzuki in der Hauptrolle - und sollte 1983 noch einmal von Shōgorō Nishimura verfilmt werden - unter dem Titel "Koyamu", mit Takako Shinozuka in der Hauptrolle. Ob irgendeine dieser Verfilmungen den Kern der Sache trifft, darf indes bezweifelt werden: O.T. war keine blutrünstige Meuchelmörderin, die nachts mit dem Messer in der Hand durch die Straßen schlich und ihren Opfern unter der Gaslaterne auflauerte, auch keine pathologische Giftmischerin, die am Ende sogar ihren Ehemann umbrachte, sondern eine Gelegenheitsprostituierte, die ihr Haushaltsgeld aufbesserte durch das, was der deutsche Jurist "Beischlafdiebstahl" nennt. Nachdem sie dabei mal von einem Freier erwischt und verprügelt worden war, ging sie auf "Nummer sicher" und flößte ihren Opfern mit dem Tee "k.o.-Tropfen" ein - bisweilen auch schon mal etwas zuviel, was dann zum Exitus führte. Daß sie auch ihren Mann vergiftete, ist ein Gerücht, das vor Gericht unbewiesen blieb. Vielmehr deutet die bisher letzte Verfilmung darauf hin, daß sie das alles ihrem Mann zuliebe tat, der nicht genügend Geld nach Hause brachte. Aber dieser Film wird nicht ernst genommen, sondern gilt als "Porno", weil da mal ein nackter Busen zu sehen ist (wohlgemerkt nicht auf dem Kinoplakat - da ist er zensiert :-)

Wenn man bedenkt, daß bereits 7 Jahre zuvor ein so perverses Machwerk wie "Ai-no korīda [Stierkampf der Liebe]" durch die Zensur gekommen war - und zwar weltweit; in der BRD hieß es "Im Reich der Sinne"; so oder ähnlich auch in anderen Sprachen -, dann kann man sich ob dieser Einschätzung nur wundern. (Übrigens: Der Song gleichen Titels von Chas Jankel kommt im Film nicht vor; er ist vier Jahre jünger und spielt nur auf ihn an :-)


Nota bene: Auf dem deutschen und dem spanischen Bild ist die perverse Szene, wie sie ihn mit der Schlinge um den Hals würgt, zensiert - eine Hand fehlt, die andere hängt gewissermaßen in der Luft!

À propos anspielen: Wäre Dikigoros boshaft, dann würde er - in Anspielung auf das o.g. Zitat aus Akasen chitai - schreiben: "Immerhin konnte sie beim Sex Shamisen spielen!" (Die lange rote Schürze ist übrigens ein Werk der Zensur; im Film - den sich auch Dikigoros und seine Frau angetan haben, freilich ohne etwas als "Anregung" mitzunehmen - trägt sie statt dessen einen nur mittelbreiten, um nicht zu sagen schmalen roten Obi in Bauchnabelhöhe - und später auch den nicht mehr :-)

Und der anno 1983 - also im selben Jahr wie "Koyamu" - gedrehte Film "Chikubi-ni piasu-o shita onna" war fast noch perverser - und damit meint Dikigoros nicht die gepiercten Nippel, nach denen er betitelt ist (die hat heutzutage doch fast schon jede Hausfrau, die auf sich hält :-), sondern... nein, er erspart sich und seinen Lesern die Einzelheiten; wer neugierig ist, kann es sich selber anschauen. (Der Film kam auch in England und Frankreich durch die Zensur - wobei Kinoplakate und DVD-Hüllen zunächst brav retouchiert wurden; aber später verzichtete man darauf :-)


"Chikubi [Brust(warze)]" ist ein typisch japanischer Ausdruck (wörtlich "Milchnacken", aus "chi [Milch]" + "kubi [Nacken - auf dem letzten Bild übrigens nicht der von Jun Izumi, sondern der von Kyō als Yang Kwei Fei in "Yōkihi]"; in der Zusammensetzung ist das "i" stumm; man sagt also "ch'kubi" - oder, zur Unterscheidung von Milch, auch "chi chi" - es sind ja zwei :-), es wird daher in Kanji geschrieben - außer der Dativ-Endung "ni"; die steht, wie alle Flexions-Endungen, immer in Hiragana. "Piercing" ist dagegen ein Fremdwort, muß daher umständlich in Katakana geschrieben werden (wobei man nicht die Schreibweise zu Grunde legt, sondern die Aussprache, und zwar nicht die der substantivierten Form, sondern die des Verbstamms, also "pierce"): "hi[+Härtezeichen=pi]+a+s[u]" (das "u" ist stumm). Das folgende "o" - in Hiragana geschrieben - wird auf dem 3. Bild "wo" transkribiert. Warum? Weil das die ursprüngliche Aussprache war; aber das "w" ist schon seit Jahrhunderten stumm; überhaupt wird dieses Zeichen nur noch als Akkusativ-Endung für Substantive verwendet. "Shita [getan habend]" (auch in Hiragana, und auch mit stummem "i") macht den japanischen Titel viel genauer und informativer als die gängigen Übersetzungen, wie "Woman with pierced nipples", "La femme aux seins percés" und erst recht "Zhenschtschina s pircingom" (das könnte ja jedes x-beliebige Piercing meinen, von der Nase bis zum Bauchnabel :-). Warum? Weil man so schon vorab erfährt, daß sie die Operation selber vornimmt, nicht etwa zum Arzt oder ins Piercing-Studio geht. Und für "onna [Frau]" steht das altbekannte Kanji.

Zurück zu Oden. Alle drei Verfilmungen verschweigen ihren Familiennamen - warum? Nun, Takahashi war ein prominenter Name, den man nicht gerne "besudeln" wollte: hochrangige Politiker, erfolgreiche Sportler, beliebte Musiker, Schauspieler u.a. "Celebrities" hießen so. Daß man sich statt dessen für "Hölle" entschied, führte freilich zu einer Reihe von Mißverständnissen, die anscheinend bis heute nicht auszurotten sind: Es begann wohl damit, daß S.N. auch noch den Vornamen wegließ und sein opus als Remake von "Jigoku" aus dem Jahre 1960 bezeichnete. Einen Film dieses Titels gab es aber auch, aus dem selben Jahr, von Nobuo Nakagawa, mit Mitsugu Okura in der Hauptrolle, der ebenfalls um "Mord und Totschlag" kreiste (genauer gesagt um einen tödlichen Autounfall, Fahrerflucht und Rache - eine abstruse Geschichte mit unklarem Ende im Jenseits) und im Laufe der Jahre zum "Kultfilm" wurde. Inzwischen taucht er regelmäßig in Filmografien von Kyō auf - obwohl sie damit überhaupt nichts zu tun hatte. Übrigens kein Einzelfall: Auch "Satsujin to kenjū" von Tatsuo Asano aus dem Jahre 1958 taucht öfters in ihren Filmografien auf, bisweilen sogar "Sanma no aji" von Yasujirō Ozu aus dem Jahre 1962 - das die Franzosen idiotischer Weise mit "Le goût du saké [Der Geschmack des Reisbiers]" übersetzt haben, weil Chishū Ryū alias "Shuhei Hirayama" öfters einen trinken geht. (Die Spanier und Portugiesen sind dem gefolgt, während die Angelsachsen "An Autumn Afternoon" übersetzt haben - aber auch das trifft es nicht richtig, denn gemeint ist nicht irgendein Nachmittag im Herbst, sondern der "Herbst des Lebens" im übertragenen Sinn.) Dabei hat sie auch mit den beiden letzteren nichts zu tun - sonst hätte Dikigoros sich doch oben bei "Kurohyō" die Ausführungen zum Tsuno-kakushi geschenkt bzw. sie für diesen Film aufgespart!


Wozu dieser Farben-Wirrwar? Da kann Dikigoros nur Mutmaßungen anstellen. Wäre er boshaft, dann würde er schreiben: "Auch die Japaner sind halt in einem Anfall kollektiver geistiger Umnachtung der grünen Klima-Agenda verfallen." So abwegig wäre das gar nicht. Er hatte ja schon erwähnt, daß die Japaner früher Kaisers Geburtstag feierten. Als der Shōwa-Tenno 1989 starb, hätte man eigentlich das Datum dieses Feiertags ändern müssen. Tat man aber nicht, denn der alte Geburtstag paßte so schön in die 'goldene' Feiertagswoche Ende April/Anfang Mai - der liebsten Reisezeit der Japaner - und der seines Nachfolgers nicht. Also behielt man den alten Feiertag bei und benannte ihn bloß um: von "Shōwa-no hi" in "Midori-no hi [Grüntag]".
Nun wartet Dikigoros noch darauf, daß er in Zelenskyj-Tag umbenannt wird, nach dem neuen Hätschelkind der japanischen Regierung, die wie kaum ein anderes Regime lautstark die Trommel rührt für einen Dritten Weltkrieg gegen Rußland und China, auch unter Einsatz von Nuklearwaffen. ("Zelenskyi" ist die Übersetzung von "midori" ins Ukraïnische, so wie "Szoros" die Übersetzung von "Schwarz" ins Ungarische ist. Juden operieren gerne unter "farbigen" Falschnamen. Der üble Verbrecher, der sich "Schwab" nennt, heißt richtig "Wyss [Weiß]". Ach, das wußtet Ihr noch nicht? Dann wysst wißt Ihr es jetzt!) Wobei Ihr nicht vergessen solltet, daß der Grünling bloß eine Marionette ist; er spielt halt die Rolle seines Lebens - wer weiß, wie lange noch. Dto sein wichtigster Verbündeter, der Tattergreis in Washington D.C., der kaum noch in der Lage ist, vom Teleprompter abzulesen, was ihm seine Hintermänner*frauen*diversen aufsetzen. Der einzige Unterschied zwischen den beiden ist, daß letzterer geistig nicht mehr zurechnungsfähig und somit strafunmündig ist.


Nachtrag: Als Dikigoros den Schmierenkomödianten von Kijiw als "Grünling " bezeichnete, hatte er den gleichnamigen Giftpilz im Hinterkopf. (Sonst hätte er seinen Namen selbstverständlich korrekt mit "Grünlich" übersetzt.) Aber er mußte sich belehren lassen: Es handelt sich vielmehr um einen besonders leckeren und bekömmlichen Speisepilz. Die Menschen, die nach seinem Genuß starben, waren keineswegs an seinem Genuß gestorben - ähnlich wie die Menschen, die nach der mRNA-Spritzung starben, keineswegs an jener segensreichen Gen-Manipulation gestorben waren - im Gegenteil: Wer binnen 14 Tagen danach starb, ging in die Lügen-Statistik als "ungeimpft (!) an Corona gestorben" ein. (Das ist die offizielle "Gesundheitspolitik" - weltweit!) So wurde das Massensterben der Gespritzten zur "Pandemie der Ungeimpften" erklärt und der giftige Grünling zum "Pilz des Jahres" 2021! (Und womöglich wird sein Namensvetter auch noch den Friedensnobelpreis verliehen bekommen - falls er den 3. Weltkrieg überleben sollte.) Erinnert sich übrigens noch jemand an den "Gilb" aus der dato-Werbung der 1970er Jahre? Sollte man den nicht zu einer schönen, wünschenswerten Wäschefarbe erklären und den Vertrieb aller Waschmittel, die unsere Wäsche rassistisch weiß waschen wollen, verbieten? (Dikigoros schreibt aller kursiv, denn mit Ariel 88 ist das ja bereits anno 2014 geschehen - schon vergessen? Dann könnt Ihr es hier noch einmal nachlesen, auf Dikigoros' zweitlängster - nach dieser - biografischen Webseite.)
2. Nachtrag: Inzwischen haben es sich die Japaner wieder anders überlegt, Hirohitos Geburtstag zurückbenannt in "Shōwa-no hi" und den "Midori-no hi" um ein paar Tage nach hinten verlegt - es gibt also jetzt einen Feiertag mehr in der "Goldenen Woche".
3. Nachtrag: Hatte Dikigoros schon erwähnt, daß zu jenen "goldenen" Feiertagen auch der "Kempō kinen-bi [Verfassungstag]" gehört, der die schöne neue Verfassung von 1947 bejubelt, die den Japanern erstmals Menschenrechte (Grundrechte, Freiheitsrechte oder wie immer Ihr das übersetzen wollt) bescherte und ein Kriegsverbot festschrieb? Nein - müßte er eigentlich auch nicht mehr, denn diese Verfassung steht nur noch auf geduldigem Papier; ihr Inhalt ist überholt und geradezu ins Gegenteil verkehrt: Yuriko Koike, die Hexe böse Fee Gouverneurin von Tōkyō, hob anno 2020 unter dem Vorwand der "Corona"-Bekämpfung alle Grundrechte ihrer Untertanen mit einem Federstrich auf, rief den Notstand aus und verhängte den totalen Lockdown. (Nicht nur in West- und Mitteleuropa und Nordamerika gibt es Politiverbrecherinnen, die alle ihre männlichen Kollegen locker übertrumpfen!) Und ein Jahr später hatte sich die Hammelherde schon so daran gewöhnt, daß es dessen gar nicht mehr bedurfte; vielmehr genügte ein Aufruf an mein Volk, "freiwillig" zuhause zu bleiben - und alle alle kamen gehorchten brav. Denn vor der tödlichen Gefahr eines Schnupfens muß man sich doch schützen, nicht wahr? Dafür stehen die "Selbstverteidigungsstreitkräfte" der Japaner Gewehr bei Fuß für den Krieg gegen China und Rußland - s.o. -, von dem bekanntlich keine vergleichbare Gefahr droht. Ja, Angriff ist die beste Selbstverteidigung!
4. Nachtrag: Nur der Vollständigkeit halber will Dikigoros erwähnen, daß der "Grüntag" in der "goldenen" Frühlingswoche nicht der einzige Kandidat für eine Umbenannung in "Zelenskyj-Tag" ist. Es gibt nämlich im Sommer (früher im Juni/Juli, heute im August) noch eine Feiertagswoche, "Bon" genannt. Nein, das hat nichts mit grünen Bohnen zu tun, sondern mit grünen Gurken! Auf denen reiten die Zelen Seelen der Verstorbenen am buddhistischen Allerseelenfest aus dem Jenseits ins Diesseits, um ihre Nachfahren zu besuchen - solange es noch welche gibt, denn diesmal wird es nicht so glimpflich abgehen wie im August 1945, als der Atomkrieg "nur" ein paar hunderttausend Tote kostete.
Zurück zum Thema "Filme, in denen Kyō nicht mitgespielt hat": Kürzlich entdeckte Dikigoros auf der deutschsprachigen Webseite von Amazon "Oyusama" von Kenzo Mizoguchi aus dem Jahre 1951, der dort mit der Behauptung beworben wird, Kyō habe darin die Hauptrolle gespielt. (Zur Ehrenrettung von Amazon ist festzuhalten, daß dieser Unfug in keiner anderen Sprache behauptet wird :-)

Das ist übrigens echtes "midori": kein Türkis-grün, doch mit einem Touch ins Blaue. (Ihr seht es auch oben bei "Aru onna" - und unten an japanischen Verkehrsampeln :-) Dagegen ist das laubfroschgrüne "Sanma no aji" ganz un-japanisch!

******Im Japanischen kann man - wie im Deutschen - ein Adjektiv mit einem Substantiv zusammenziehen. So wie man auf Deutsch "Schwarzbär" oder "Blaufuchs" sagen kann statt "schwarzer Bär" oder "blauer Fuchs", kann man auf Japanisch "hiroshima" und "kurotokage" sagen statt "hiroi shima" bzw. "kuroi tokage". (Und "Kurohyō" statt "kuroi hyō", "Kurosawa" statt "kuroi sawa", "kuroji" statt "kuroj ji" und "shiraito" statt "shirai ito"; aber dazu gibt es keine deutschen Entsprechungen - etwa "Schwarzpanther", "Schwarzmoor", "Schwarzzahlen" oder "Glanzfaden" -, sonst hätte Dikigoros diese Fußnote schon etwas früher angebracht :-) Beides ist korrekt; dagegen ist die bisweilen anzutreffende Transskription "kuro tokage" - d.h. getrennt, aber ohne die Adjektiv-Endung "i" - falsch.
Caveat: "Kuro" ist die (japanische) Kun-Lesung; im Zusammenhang mit Menschen wird für dieses Kanji die (chinesische) On-Lesung "koku" verwendet; Neger heißt also "Kokujin [Schwarzmensch]".
Ebenfalls eine Zusammenziehung (aus "takai [hoch]" und "hashi [Brücke]") ist "Takahashi [Hochbrück]" - s.o. Wie das zu einem der häufigsten Familiennamen in Japan werden konnte ist Dikigoros freilich ein Rätsel. (Aber das ist ja auch in Frankreich seinem Beinahe-Pendant "Dupont [von Brück]" gelungen :-) Übrigens wird "takai" - ebenfalls wie im Deutschen - nicht nur als "hoch" bei Brücken u.a. Bauwerken verwendet, sondern auch bei Preisen - wer oben trotz Dikigoros' vernichtender Kritik den Link zu "Jokyō" angeklickt und die Teile, in denen Kyō nicht mitspielt, nicht übersprungen hat, weiß das aus der 2. Episode - und im übertragenen Sinne bei "hochmütig" (ähnlich wie im Mittelhochdeutschen nicht zwingend negativ besetzt).
PS: Man kann auch ein Verb und ein Substantiv zusammenziehen. Ein Beispiel hatten wir ja schon: "Ikeru [aufstellen]" + "Hana [Blume]" = "Ikebana [Blumenaufstellen]". Streng genommen gibt es im Japanischen gar keinen echten Unterschied zwischen Substantiv, Adjektiv und Verb, sondern nur einen Wortstamm, der allerdings - anders als etwa im Chinesischen oder im modernen Pidjin-Englischen - mit Endungen versehen wird, die dem Wort eine eindeutige Funktion zuweisen. Halt, auch das ist ungenau, denn die Suffixe, die jene Funktion anzeigen, werden ja im Original getrennt vom Stamm geschrieben - nur Dikigoros setzt bei der Transskription einen Bindestrich, wenn ein Genitiv gemeint ist, um seinen Lesern das Verständnis zu erleichtern, also: "Nagasaki-no uta" = [Das/Ein] Nagasaki[adjektivische Funktion!]-Lied, aber "Nagasaki no onna" = [Die/Eine] Frau aus Nagasaki[substantivische Funktion, denn gemeint ist die Stadt]. (Vielleicht ist das kein gutes Beispiel, denn hier könnte ausnahmsweise mal beides gemeint sein - aber Dikigoros versteht es halt so. Nehmt einfach ein anderes Beispiel, es kommen ja genügend im Text vor :-)

*******Dikigoros hätte dazu schon weiter oben bei "Kagi" etwas schreiben können, denn auch das deutsche Filmplakat ist, wenn man so will, falsch gepinselt - schaut es Euch nochmal an, vor allem das unmögliche "G"! Allerdings ist es ja in lateinischer Schrift gehalten, also muß man das nicht so eng sehen. Außerdem gibt es auch eine "korrekt" geschriebene Version, nämlich auf dem Titelblatt der "Film-Bühne" - so könnte man es auch auf Japanisch pinseln!

********Es wird oft so dargestellt, als habe Kyō sich "freiwillig" aus dem Filmgeschäft zurück gezogen. Aber dafür gab es keinen plausiblen Grund, weder Alter (so alt war sie noch nicht, und sie war ja nie auf jugendliche Rollen festgelegt) noch Familie. (Sie hatte nie geheiratet und keine Kinder.) Nach dem Flop bei Tōhō spielte sie zwar wieder für die (neue) [Tokuma-]Daiei; allerdings bekam sie keine wirklich guten Rollen mehr; mit denen in "Kinkanshoku" und "Yoba" tat man ihr - und sie sich - keinen Gefallen. Aber ihr Gönner Nagata war 1971 für immer gegangen worden (er hatte durch den Konkurs sein Gesicht verloren); und bei Tokuma hatte sie keine vergleichbare Chance. Die paar guten Filme besetzte er mit seinen Favoritinnen - wobei man trefflich streiten kann, welche seiner Filme wirklich gut waren und welche bloß gut bezahlt (aber letzteres ist ja für die Akteure fast noch wichtiger :-). Nachdem Dikigoros hier in den Fußnoten so viele Skandalfilme abgehandelt hat, will er Euch auch den folgenden - 1981 von Yoichi Takabayashi mit Masayo Utsunomiya in der Hauptrolle gedrehten, aber erst 1982 nach langen Querelen mit der Zensur in die Kinos gekommenen - nicht vorenthalten: "Irezumi" [Tattoo, aus "gehen" (das im Japanischen, wie im Englischen "to walk", auch transitiv gebraucht werden kann) + "Tinte (schwarzblaues Wasser)"]. (In Deutschland lief er als "Die tätowierte Frau", in England als "Spirit of Tattoo" und in Frankreich als "La femme tatouée". Weder Dikigoros noch seine Frau sind tätowiert; und er kennt auch sonst niemanden, der ihm zuverlässig Auskunft geben könnte, ob es sich tatsächlich besser tätowiert, wenn man dabei Sex hat und ordentlich ins Schwitzen gerät :-)

Und um auch das noch nachzutragen: Der europäische Film "Die flambierte Frau" aus dem Jahre 1982 kam ebenfalls in die japanischen Kinos.

Wie dem auch sei, Kyō erkannte das alles ganz richtig und wechselte erneut, diesmal zu Shochiku. Ihre Rollen dort waren freilich auch nicht besser. ("Otoko wa tsurai yo" wurde wohl nur deshalb zum kommerziellen Erfolg, weil er just zu Weihnachten in die Kinos kam :-)

*********Tōhō war ein alt-ehrwürdiges Filmstudio, das indes zuletzt nur noch durch "Godzilla" u.a. Filme ähnlicher Art und Güte hervor getreten war. (Dikigoros will nicht über alle "Godzilla"-Filme den Stab brechen; die frühesten hatten noch ein gewisses Niveau, wiewohl er sich den Lobeshymnen, die manche Kritiker neuerdings auf sie singen, nicht anschließen mag. Aber seit Ende der 1960er Jahre drehte man zunehmend Streifen für den Export in Länder, wo der Geschmack des Kino-Publikums durch US-Filme verdorbengeschult war, z.B. die BRD - das war nur noch Klamauk.)

[Godzilla-Filmplakat von 1954]

Dieses Haiku aus dem Pidjin-Englischen in ein regelkonformes Haiku auf Deutsch zu übertragen fällt Dikigoros schon schwerer, da von den 16 Wörtern 2 Zweisilber, 12 Einsilber und 2 sogar nur Halbsilber sind. ['You' + 'are', zu 'You're' kontrahiert, zählen als nur eine Silbe.]
Aber er will es mal versuchen:

"Schuppen gegen Fell.
Trotz leidenschaftlichen Kampfs
bist nur Du mein Freund."

(Na bitte, geht doch - obwohl sogar ein Fünfsilber dabei ist :-)

**********Das war 1972-1987 die beliebteste Fernsehserie Japans. Man könnte den Titel (wörtlich: "sichere Tötung") frei übersetzen mit "Der perfekte Mord". Das ist aber nicht wirklich gemeint. Vielmehr kann man "Hissatsu" auch ein Samurai-Schwert nennen - von der Sorte, wie sie in fast jeder Episode mehr oder weniger ausgiebig zum Einsatz kommen. (Heute nennt eine bekannte japanische Firma ihre Dolche und Messer mit feststehenden Klingen - die Sorte, die in der BRDDR schon seit Jahren verboten ist - so; aber man kann ja das angenehme mit dem nützlichen das eine mit dem anderen durchaus verbinden :-)

***********Das wird oft fälschlich mit "Ehrenmedaille" übersetzt - und dem gilt es, da auf dieser Webseite schon so viel von "Ehre" im allgemeinen und dem, was Japaner darunter verstehen, im besonderen die Rede war, ganz entschieden zu widersprechen. Offenbar hat da jemand Gustaf mit Gasthof verwechselt: Loben heißt "homeru" (von "Hō [Lob]"); Ehre heißt dagegen "homare". (In manchen westlichen Japanisch-Wörterbüchern folgt das eine direkt auf das andere, so daß man sich schon mal in der Zeile vertun kann; in einem ordentlichen Wörterbuch wie dem Nelson stehen sie dagegen mehr als 3.000 Nummern von einander entfernt :-) Der Witz an dieser Auszeichnung ist, daß sie undotiert ist, d.h. es gibt zu der häßlichen Medaille bloß einen warmen HundedreckHändedruck zur Belobigung, im Gegensatz zum Shōkin (von "Kin [Gold]"), einem Geldpreis in klingender Münze. Aber die Medaille hat auch keinen ideellen Wert [mehr]: Ursprünglich, d.h. bei ihrer Stiftung im 19. Jahrhundert durch das Oberhaus, war es tatsächlich noch eine Ehre, sie verliehen zu bekommen, denn das setzte echte Verdienste voraus. Die jüngste Variante, die erst 1955 geschaffen wurde - eben die am purpurvioletten Bande -, hatte dagegen von Anfang an eine Art Lückenbüßer-Funktion. Mittlerweile wird sie jedes Jahr im Dutzend billiger an "Wissenschaftler", Sportler, Schriftsteller, Tänzer, Schauspieler u.a. "Künstler" vergeben. Und neuerdings ist auch die Verleihungszeremonie zur Hanswurstiade verkommen. Schaut Euch den Covidioten von neuem Tenno an, wie er da mit einer Narrenkappe vorm Maul den Bückling seiner Untertanend*innen entgegen nimmt - der hat im wahrsten Sinne des Wortes sein Gesicht verloren!

Kurzum, es handelt sich um das japanische Pendant zum sprichwörtlichen Orden für nichts und wieder nichts der BRDDR.


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