DAS HERZ DES LÖWEN
. . . und die Wahrheit des Glaubens
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Henry Wilcoxon als Richard I von England
. . . und Ian Keith als Sultan Salāh-äd-Dīn
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CECIL B. DEMILLE: THE CRUSADES

[Poster] [DVD]

EIN KAPITEL AUS DIKIGOROS' WEBSEITE
DIE [UN]SCHÖNE WELT DER ILLUSIONEN

(von Filmen, Schauspielern und ihren [Vor-]Bildern)

(FORTSETZUNG VON TEIL I)

Aber wir wollen nicht vorgreifen, sondern schön am Anfang des Films beginnen, mit der ersten der Schrifttafeln, die DeMille noch wie in Stummfilm-Zeiten an Stelle des heutigen Erzählers für Einleitung und Zwischenkommentare gebraucht: "Im Jahre des Herrn 1187 fielen die asiatischen Sarazenen über Jerusalem her und brachten den Christen Tod oder Gefangenschaft." Und gleich die erste Szene zeigt, wie das heilige Kreuz von der Grabeskirche herunter gerissen und die heiligen Schriften und Bilder verbrannt werden, sodann die Versteigerung der Frauen (deren Männer und Söhne man zuvor getötet hat, wie ein altes Weib klagt) als Sklavinnen. Hm - das liest man in den heutigen Geschichtsbüchern, auch denen des christlichen Abendlandes, ganz anders: Während die bösen Kreuzfahrer bei der Eroberung Jerusalems knapp ein Jahrhundert zuvor ein Blutbad angerichtet hatten, habe Saladin es "ganz friedlich", praktisch ohne Blutvergießen eingenommen, und den Einwohnern allesamt das Leben geschenkt. Das liegt wohl daran, daß man früher - auch noch 1935, als der Film entstand - eher den christlichen Chronisten Glauben schenkte; heute, da die Christen in einem Anfall "multi-kultureller" Umnachtung die Verbrüderung mit den Muslimen suchen (ohne damit auf die geringste Gegenliebe zu stoßen bei diesen ihren Todfeinden) neigt man dazu, den muslimischen Chronisten zu glauben. Und wenn es schon mit der Wahrheit des Glaubens nicht allzu weit her ist, dann jedenfalls mit der Wirksamkeit...

Wie war es denn nun wirklich? Eigentlich sind sich die Chronisten über die Fakten gar nicht so uneinig - es kommt halt nur darauf an, wie man sie bewertet: Saladin hatte das Heer des Königreichs Jerusalem einige Monate zuvor bei den "Hörnern von Ħättīm" besiegt (durch eine eher unkriegerische Kriegslist: er hatte die Quellen auf der Hochebene vergiften lassen; und als die christlichen Ritter so gut wie verdurstet waren, kapitulierten sie), und bis auf Guy de Lusignan, den König von Jerusalem (genauer gesagt Prinzgemahl von Königin Sibylle, der Schwester und Erbin des letzten Königs, Balduins IV) - der ein hohes Lösegeld wert war und im übrigen so unfähig, daß er Saladin in Jerusalem mehr nützte als in Gefangenschaft - alle Gefangenen töten lassen. (Wohlgemerkt, ganz korrekt, denn er hatte sie seinen Kriegern aus eigener Tasche abgekauft, um dann seinen persönlichen Spaß zu haben!) In Jerusalem gab es also keine christlichen Krieger mehr, die er hätte töten können. Der Stadtkommandant, ein gewisser Balian von Ibelin, bewaffnete Kinder und Greise, eine Art Volkssturm; und als Saladins Sappeure einen Teil der Stadtmauer zum Einsturz gebracht hatten und er sich zum Sturm anschickte, drohte Balian, Jerusalem komplett zu zerstören und anschließend kollektiven Selbstmord zu verüben. Das war nun nicht der Sinn der Sache, weder bei den Christen noch bei den Sarazenen, wie nirgendwo im Mittelalter (die Zerstörung um der Zerstörung Willen wurde erst in den Kriegen des 20. Jahrhunderts "Mode"); und Gefangene tötete selbst ein Saladin nur in Ausnahmefällen (die Gefangenen an den "Hörnern von Ħättīm" waren Angehörige der Ritterorden gewesen, mit denen er eine persönliche Rechnung offen hatte), z.B. wenn sie kein Lösegeld zahlen wollten. Saladin setzte das Lösegeld auf 10 Denare pro Mann, 5 Denare pro Frau und 1 Denar pro Kind fest. Der Patriarch von Jerusalem, ein gewisser Heraklios, hätte alleine genug Gold gehabt, um alle Einwohner auszulösen, aber er handelte ganz christlich, zahlte je 10 Dinare für sich und seine Leibwache, und Saladin ließ ihn mitsamt seinem Kirchenschatz ziehen. Der Rest konnte sehen, wo er blieb. Saladin ließ sich noch etwas herunter handeln und die Ausgelösten nach Europa deportieren; die anderen, die kein Lösegeld hatten aufbringen können, kamen auf den Sklavenmarkt, und wer dort nicht verkäuflich war, sprang über die Klinge. Das mögt Ihr nun bewerten wie Ihr wollt, liebe Leser; aber tut es bitte nicht nach den verzärtelten und verheuchelten Maßstäben des 21. Jahrhunderts, wie das neuerdings u.a. auf YouTube geschieht, sondern nach denen des 12. - die Christen hätten es umgekehrt nicht anders gemacht. À propos Christen - um Mißverständnissen vorzubeugen: Saladin war etwa so religiös wie Saddām Ħusäin, d.h. er gebrauchte wie der letztere den Islam nur als lauwarmen Vorwand für diejenigen seiner Leute, die unbedingt einen Aufruf zum "Jihād" hören wollten; tatsächlich handelte er streng nach rassischen und nationalistischen Gesichtspunkten: Christen und Juden nicht-fränkischer (d.h. nicht-europäischer) Abstammung durften in Jerusalem bleiben (das ist das, was die dämlichen Historiker von heute als "Saladins religiöse Toleranz" mißverstehen!); nur die Franken mußten gehen, auch diejenigen, die zum Islam konvertiert waren (z.B. um eine Muslimin zu heiraten - auch das gab es!); glaubt also bitte nicht, die Kreuzzüge seien reine "Glaubenskriege" gewesen, das waren sie nicht! [Damit will Dikigoros nicht sagen, daß sie umgekehrt reine "Rassenkriege" waren, wie es z.B. die Macher der Seite "Titanenmarsch" behaupten. Die Wahrheit lag vermutlich wie so oft irgendwo in der Mitte: sie hatten von beidem etwas.]

Nachtrag auf Leseranfrage: Was passierte denn mit den Mischlingen - die es ja geben mußte, wenn Christen zum Islam und/oder Mohammedanerinnen zum Christentum konvertiert waren? Die Antwort auf diese schwierige Frage muß für die damaligen Menschen so einfach und eindeutig gewesen sein, daß es niemand der Mühe wert erachtete, das überhaupt zu erwähnen. Nach abendländischem Verständnis gehörte ein Mischling - oder wie man damals noch sagen durfte, ein Bastard - der Rasse bzw. Nation des Vaters an - das war noch bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts eine Selbstverständlichkeit. [Da wir gerade bei den Nachfahren der Normannen waren und der durch Dauerinzestendogamie bedingten Minderwertigkeit ihrer Erbmasse, will Dikigoros an dieser Stelle kurz daran erinnern, wie die Norweger 1945 mit den Mischlingskindern von deutschen Männern und Norwegerinnen verfuhren: Den Kindern - "Tyskebarna" schimpfte man sie - wurde das Gehirm amputiert ("Lobotomie" heißt das in der feinen Sprache der Ärzte - Ihr, liebe Kinokenner, erinnert Euch vielleicht an die gleiche Operation in "Planet der Affen" an dem einen menschlichen Gefangenen), anschließend ließ man sie total verblödet in "Heimen" genannten Konzentrationslagern vor sich hin vegetieren, bis sie jämmerlich verreckten; ihre Mütter - "Tysketöser" schimpfte man sie - wurden, wenn sie die Mordorgien der ersten Wochen und Monate nach der "Befreiung" überlebten, wegen "Rassenschande" (mit den "fremdrassigen" Deutschen!) zu langjährigen Zuchthausstrafen verurteilt und, wenn sie das überlebten, für den Rest ihres Lebens geächtet. Die Initiatoren jener Aktion wurden nie bestraft, denn sie gilt bis heute als rechtens; und die Erfinder der "Lobotomie", die Juden Moniz und Freeman - gegen die der berühmt-berüchtigte KZ-Arzt Dr. Mengele ein Waisenknabe war -, wurden für ihre geniale Methode, "abstraktes Denken zu vernichten und ein roboterähnliches, kontrollierbares Individuum zu schaffen" - Originalzitat Freeman - mit dem Nobelpreis belohnt! (Dem für Medizin, und der wird bekanntlich von Schweden verliehen. Dikigoros verkneift sich die Bemerkung, daß im - norwegischen - Komitee für den Friedens-Nobelpreis auch ohne "Lobotomie" lauter Gehirnamputierte sitzen müssen; es reicht ja ein Blick auf die Liste der vielen Kriegstreiber und -verbrecher, denen er seit den 1930er Jahren verliehen wurde. Hat übrigens je ein Preisträger seine Medaille aus Protest gegen jene Verleihungspolitik zurück gegeben? Ja, ein einziger - und das war ausgerechnet ein Norweger: Knut Hamsun.) Einigen wenigen Norwegerinnen und ihren "deutschen" Kindern gelang die Flucht ins benachbarte Schweden - eines davon war übrigens die spätere ABBA-Sängerin Anni-Frid Lyngstad.] Dagegen unterlag im Orient - und unterliegt bis heute, sowohl bei Muslimen als auch bei Juden - ein Kind zwar juristisch der Verfügungsgewalt des Vaters, aber über die abstammungsmäßige Zurechnung entschied und entscheidet allein die mütterliche Seite. Was nun? Es wird wohl so gewesen sein, daß die Kinder beim Vater blieben, d.h. wenn er bleiben durfte, durften auch sie bleiben, wenn er gehen mußte, gingen sie mit. Zum Christentum konvertierte arabische Frauen werden wohl mit ihren Männern und Kindern nach Europa gegangen sein, auch wenn sie es nicht "mußten" - das war schon früher so gewesen. (Ein gewisser Gilbert Becket z.B. hatte im "Heiligen Land" eine "Sarazenin" kennen gelernt; sie war ihm nach England gefolgt und hatte ihn geheiratet. Wurde ihre gemeinsamen Kinder darob diskriminiert? Ach was, nicht die Bohne: Ihr Sohn Thomas stieg bis zum Kanzler auf, und später wurde er sogar Erzbischof von Canterbury - warum auch nicht? Schon seine Mutter war konvertiert, und er war selbstverständlich Christ!) Zum Islam konvertierte Europäerinnen durften wohl in Palästina bleiben, denn die galten ja nicht als Bedrohung. Aber das ist nur eine Vermutung, für die Dikigoros keine sicheren Quellen hat; wer es besser weiß, darf ihm gerne mailen, wenn es denn anders gewesen sein sollte. Nachtrag Ende.

[Der 'Eremit' - wohl einem Bild des Peter von Amiens von N. de Keyser nachempfunden]

Zurück zum Film: Saladin hält Einzug in Jerusalem, wo ihm ein alter Mann mit Kreuz entgegen tritt, der "Eremit", der ihm eine schöne Predigt hält, daß er das Kreuz nie besiegen könne; er persönlich werde durch Europa ziehen und zum Kreuzzug aufrufen... Die Sarazenen wollen ihn töten, aber Saladin verhindert das: "Erzähle deinen Leuten ruhig, was du hier gesehen hast: die Männer erschlagen, die Frauen und Kinder in die Sklaverei verkauft, eure heiligen Bücher und Schriften verbrannt. Sage ihnen: Wer Asien mit dem Schwert betritt wird es nicht lebend verlassen." In diesem Eremiten sind offenbar zwei historische Vor-Bilder zusammen geflossen: äußerlich stellt ihn Aubrey Smith dar wie den Eremiten Peter von Amiens, jenen Demagogen, der die Massen zum Ersten Kreuzzug aufgehetzt, pardon aufgerufen hatte, auf dem bekannten Gemälde von de Keyser. Aber es gab tatsächlich einen (orthodoxen) Priester namens Heraklios, der schon seit 1184 in Europa herum reiste, um dessen Könige und Fürsten zu einem neuen Waffengang zu überreden, den man später den Dritten Kreuzzug nennen sollte. Moment mal, 1184? Fiel Jerusalem nicht erst 1187? Eben, liebe Leser, eben! Es ging gar nicht um die fromme Befreiung der heiligen Stadt, sondern um ganz andere, handfestere machtpolitische Interessen, für die wir etwas weiter ausholen müssen: Wenn Ihr in einem Eurer Geschichtsbücher nachschlagt, dann lest Ihr dort sicher den Satz, daß Saladin Jerusalem erobert habe zur Strafe für die Untaten eines bösen "Raubritters" namens Rainald de Chatillon, der einen erst kürzlich geschlossenen Waffenstillstand gebrochen habe, indem er zwei von Saladins Karawanen überfiel. Ja, glaubt Ihr denn an Märchen? Das überlaßt doch besser den Herren Universitäts-Professoren für Mediaevistik! Als ob ausgerechnet ein unkriegerischer Mensch wie Saladin wegen ein paar gemopster Kamele nebst Ladung einen Krieg angefangen hätte... Nein, das war sicher nicht der Grund, es war nicht einmal der Anlaß, es war höchstens der Vorwand zum Krieg, dessen Wurzeln viel tiefer lagen. Wiederum haben kluge Professoren versucht, sie auszugraben: Hatte nicht anno 1176 der prunksüchtige, größenwahnsinnige Basilaios (das wird im Westen meist mit "Kaiser" übersetzt) Manuel von Byzanz versucht, die türkischen Selçuken aus Kleinasien zu vertreiben und bei Myriokefalon eine vernichtende Niederlage erlitten? Hatte nun nicht Saladin den Rücken frei, um gegen die Kreuzfahrer-Staaten vorzugehen? Ja, hatte er, und er versuchte es auch, zumal da gerade Amalrich, der König von Jerusalem gestorben und ein Lepra-kranker Knabe auf den Thron gekommen war, Balduin IV. Saladin zog mit 10.000 Mann los, aber er hatte den 16-jährigen Knaben unterschätzt: Der kratzte die letzten 500 Ritter zusammen, die der Kreuzfahrerstaat Jerusalem noch aufbieten konnte, und überrumpelte das Heer der Sarazenen bei Montgisard, als es gerade einen Fluß überquerte, wie rund 100 Jahre später William Wallace mit seinen Schotten die Engländer bei Stirling (aber das ist eine andere Geschichte). Saladins Truppen wurden bis zum vorletzten Mann nieder gemacht, und der letzte Mann war rein zufällig er selber; Saladin entkam rechtzeitig durch Flucht und hatte seither die Hosen gestrichen voll vor den Kreuzfahrern. Zwischen diesen Ereignissen und der Eroberung Jerusalems von 1187 gibt es also keinen direkten Zusammenhang.

Aber die Geschichte besteht nun mal nicht nur aus Schlachten, sondern auch aus Hochzeiten - denn bevor die Männer auf den Schlachtfeldern sterben und sterben lassen, müssen sie ja erstmal von den Frauen geboren werden. Das hat DeMille auch durchaus richtig erkannt, wenngleich er uns nicht unbedingt diejenigen vorführt, auf die es eigentlich ankam. In der Vergangenheit hatten die deutschen Kaiser- und Königs-Familien ein freundschaftliches Verhältnis zu Byzanz gepflegt, und "vriundschap" hieß damals, im Mittelhochdeutschen, noch nicht das, was "Freundschaft" heute heißt - also eine etwas bessere, aber letztlich doch unverbindliche Bekanntschaft -, sondern ganz konkret die Verschwägerung, d.h. ihre Angehörigen heirateten byzantinische Prinzessinnen und vice versa: die byzantinische Kaiserin Eiränä ("Irene") hieß bis zu ihrer Heirat mit dem Basilaios Manuel Bertha von Sulzbach; sie war eine Schwägerin von Konrad III und damit eine [Schwieger-]Tante 3. Grades von Friedrich Barbarossa. Aber 1186 änderte just der letztere diese Verschwägerungs-Politik radikal: Er verheiratete seinen Sohn Heinrich mit der Erbin Siziliens, Constance, schloß also "vriundschap" mit den Normannen, den Todfeinden des Byzantinischen Reiches. Der Basilaios reagierte sofort: Er schloß ein Bündnis mit - Saladin! Inhalt: Der Kurde würde ihn gegen die türkischen Selçuken unterstützen, wenn die Byzanz angreifen sollten (was die gar nicht vorhatten, sonst hätten sie es längst getan), und Byzanz würde die Kreuzfahrer-Staaten nicht länger unterstützen, wenn Saladin angreifen wollte - und nun wollte er plötzlich wieder; er wartete nur auf einen Vorwand, und Rainald lieferte ihn frei Haus. Jerusalem fiel also durch Verrat der Byzantiner, und das sollte man in Europa nicht vergessen. Und Ihr solltet es auch nicht vergessen, liebe Leser, wenn Ihr mal irgendwo lest, die Eroberung von Byzanz auf dem 4. Kreuzzug sei ein "Verrat" der Europäer an den gemeinsamen christlichen Idealen gewesen oder ähnliches Blabla - umgekehrt wird ein Schuh draus!

Exkurs. Aber hatten die Byzantiner nicht Recht? Welcher Teufel ritt Barbarossa, als er sich mit den Normannen verschwägerte? Was wollte er in Süditalien? Norditalien - ja, das machte Sinn, vor allem die Lombardei, die wirtschaftlich mehr wert war als alle deutschen Länder zusammen. Aber alles, was südlich von Rom lag, war doch schwerlich von Interesse. Und selbst wenn - mit einer bloßen Heirat war es nicht zu gewinnen, denn die normannischen Barone dachten gar nicht daran, sich irgend einen angeheirateten Ausländer vor die Nase setzen zu lassen - selbst "eigene" Könige hatten es nicht immer leicht mit ihnen, und Königinnen schon gar nicht. (Die Deutschen hatten wohl schon damals ein kurzes historisches Gedächtnis; sonst hätten sie sich doch erinnern müssen, wie nur anderthalb Generationen zuvor die normannischen Barone in England auf den Versuch Henry's I reagiert hatten, seine Tochter Mathilde - die er als noch nicht mannbares Kind mit dem deutschen Kaiser Heinrich V verheiratet hatte - zur Erbin des englischen Throns einzusetzen: Jahre langer Bürgerkrieg war die Folge gewesen, und am Ende... aber darauf kommen wir gleich zurück.) Wenn also Barbarossa Süditalien wollte - machte es nicht mehr Sinn, es im Bündnis mit den Byzantinern zu erobern? Tja, liebe Leser, das hatte er auch Jahre lang versucht - allerdings vergeblich! Und was die Heiratspolitik anbelangt, so war deren radikale Änderung nicht von ihm ausgegangen - im Gegenteil: Als Barbarossa noch nichts weiter als Herzog von Schwaben war - und noch keineswegs sicher, daß er einmal König werden würde (König Konrad hatte schließlich zwei eigene Söhne - warum hätte er seinen rotbärtigen Neffen denen vorziehen sollen?), geschweige denn Kaiser, hatte er eine eher unbedeutende Gräfin, Adela von Vohburg, geheiratet. Kaum war er König, löste er diese Ehe - selbstverständlich mit dem Segen der heiligen Kirche, denn VorwändeGründe ließen sich in solchen Fällen immer finden, sei es Kinderlosigkeit, sei es (angebliche) Untreue, sei es (angeblich zu nahe) Verwandtschaft - und suchte sich eine bessere Partie. Das war verständlich; aber was bei dieser Suche drei Jahre später heraus kam, war kaum mehr als jämmerlich: Beatrix von Burgund wurde Barbarossas zweite Frau. Wozu? Burgund gehörte eh schon zum Reich, und Beatrix war auch bloß eine unbedeutende Gräfin, nämlich die Erbin der Freigrafschaft (auf französisch heute "Franche-comté") Burgund. Aber das hatte sich Barbarossa ja auch ganz anders gedacht: Manuel von Byzanz hatte von Bertha, pardon Irene, keine Söhne, sondern nur zwei Töchter, und eine dieser seiner beiden Cousinen wollte Friedrich eigentlich heiraten, denn er dachte an eine "Wiedervereinigung" des "Weströmischen" und des "Oströmischen" Reiches, d.h. von Deutschland und Byzanz, unter staufischer Herrschaft. Das erkannte man in Byzanz freilich auch - und so weit wollte man denn doch nicht gehen. Also gab man Barbarossa einen Korb, den er nicht vergaß und nicht vergab - mit verheerenden Folgen nicht nur für Byzanz, sondern für ganz Europa, allen voran für die Staufer. Denn Constance von Sizilien legte ihnen das Kuckucksei Friedrich II ins Nest, das sich weder als Staufer fühlte noch als Deutscher (woher denn auch? Er war entweder reinblütiger Normanne oder halber Normanne und halber Sarazene - aber darüber schreibt Dikigoros an anderer Stelle), ja nicht mal als Christ! Und der Basilaios Manuel heiratete nach dem Tode Berthas, pardon Irenes, noch einmal, in der Hoffnung, doch noch einen Sohn zu bekommen - mit ebenfalls jämmerlichem Resultat. Als beide Häuser endlich eingesehen hatten, welch verhängnisvollen Fehler sie begangen hatten, versuchten sie schnell noch das Ruder herum zu reißen: Irene (Maria, eine Enkelin Berthas) wurde mit Roger von Sizilien, dem Sohn des Normannenkönigs Tankreds von Lecce, verheiratet, aber der starb ihr schon 1193 weg; in zweiter Ehe warf man sie Philipp von Schwaben, Barbarossas Neffen und Gegenkönig der Staufer gegen den Welfen Otto IV, an den Hals. Aber es war wie verhext: Sie bekam nur (vier) Töchter; als sie zum fünften Mal schwanger war, wurde ihr zweiter Mann ermordet, und vor Schreck erlitt sie eine Fehlgeburt, die sie auch selber nicht überlebte - damit waren beide Dynastien erloschen (auch wenn ihr Enkel Alfons X von Kastilien - Sohn einer ihrer Töchter - 1257 noch zum König des Heiligen Römischen Reichs gewählt werden sollte), denn Byzanz war inzwischen dem 4. Kreuzzug zum Opfer gefallen - dessen Ursachen Ihr jetzt sicher besser versteht. Ach so, Dikigoros ist Euch noch das traurige Ende der von den Staufern offenbar vergessenen Parallele schuldig - damit Ihr seine These besser nachvollziehen könnt, daß Heiratspolitik bisweilen wichtiger ist als große Schlachten: Die Ehe zwischen Heinrich V und Mathilde blieb kinderlos; damit endete die Dynastie der Salier in Deutschland, und die der Normannen in England kam zwar am Ende des Bürgerkriegs theoretisch wieder an die Macht, aber praktisch hatte Mathilde in zweiter Ehe einen Anjou geheiratet, und der Sohn aus dieser Ehe wurde schließlich als Henry II der Nach-nachfolger seines Großvaters mütterlicherseits - und zum Vater von Richard Löwenherz, der also streng genommen nur zu drei Vierteln Normanne war. Exkurs Ende.

Zurück zum Film. Unser braver Eremit zieht also durch Europa, um den Kreuzzug zu predigen. Da er aus unerfindlichen Gründen Frankreich für das wichtigste Land zu diesem Behuf hält, beginnt er am Hofe von Philippe II Auguste - den Ihr Euch nicht vorstellen dürft wie Henry Gordon im Film, sondern eher wie Saladin: klein, schwarzhaarig, buckelig und einäugig; der König von Frankreich war bestenfalls ein Fränklein. (Und jedenfalls ein Kuckucksei. Seine Mutter war groß und blond, und sein angeblicher Vater - Ludwig VII von Frankreich - ebenfalls. Aber daß der letztere - der nicht umsonst "der Heilige" hieß und von seiner ersten Frau, Eleonore von Aquitanien, nur verächtlich "der Mönch" genannt wurde - keine Kinder machen konnte, war allgemein bekannt; auch seine vier Töchter aus 1. und 2. Ehe hatten in Wahrheit andere Väter :-) Aus unerfindlichen Gründen? Ja, was stellt Ihr Euch denn unter "Frankreich" vor? Dikigoros will Euch verraten, wie das damals aussah: Die Krondomaine, also das, was dem König selber gehörte, bestand aus der Île de France (der auf der Karte blau eingezeichneten Gegend um Paris und Orléans), dazu kamen als Lehen (grün eingezeichnet) die Champagne (die Gegend um Reims, wo der gleichnamige Schaumwein herkommt) und das Herzogtum Burgund (die Gegend um Dijon) - wohlgemerkt ohne das gleichnamige Königreich oder auch nur die Freigrafschaft (die heutige "Franche-Comté"), die gehörten wie gesagt zu Deutschland. Durch Heirat hatte Philippe Auguste - der bis dahin nicht viel mehr als ein Gräflein von Paris war - noch das Artois und den Hennegau (Französisch-Flandern) hinzu gewonnen. [Eine ziemlich schäbige Angelegenheit. Da dies eine Seite über einen Film ist, der vom Gegensatz zwischen Christen und Muslimen handelt und Dikigoros ja nie müde wird, auf die schlechten Seiten der letzteren hinzuweisen, will er schon wegen der Ausgewogenheit auch diese Affaire eines allerchristlichsten Königs erwähnen. Ihr echauffiert Euch, weil Muhamad ein 6-jähriges Kind heiratete und die Ehe konsumierte, als sie 9 war? Und daß Muslime ihre Töchter zu verkaufen pflegen (statt ihnen einen Ehemann zu kaufen, wie in Indien, oder sie wenigstens mit einer Mitgift auszustatten, wie in Europa)? Nun, Philippe hatte die Erbin des Hennegau als 10-jähriges Kind geheiratet - gegen den ausdrücklichen Wunsch seiner Mutter, die damals immerhin noch Regentin war, aber im Einverständnis mit ihrem Vater, dem Grafen von Flandern, der sie ohne mit der Wimper zu zucken verschacherte - er sicherte dadurch seine eigene Herrschaft auf Lebenszeit, und nach ihm die Sintflut. Philippe empfand übrigens nicht das geringste für das kleine Mädchen, wie die Chronisten berichten; sie starb mit 20 im Kindbett, das war praktisch, denn der Papst verweigerte hartnäckig die Scheidung - die beide wünschten -; und anders als bei den Muslimen und Juden konnten sie sich auch nicht einfach per Scheidungsbrief trennen.] Im Süden war zwar der Graf von Toulouse theoretisch auch noch ein Lehensmann des Königs, aber der war so mächtig, daß er fast als unabhängig gelten konnte, zumal sein Territorium keine direkte Landverbindung zum Kronland des französischen Königs hatte; denn dazwischen lag die Auvergne, und die gehörte - wie auch die Bretagne, die Normandie, Maine, Anjou, Touraine, Poitou sowie Aquitanien (Guyenne und Gascogne), also die violett eingezeichneten Gebiete (das "Angevinische Reich") Richard Löwenherz, genauer gesagt seiner Mutter Eleonore von Aquitanien, die dessen Verwaltung auch in Händen behielt, als Richard formell König wurde. Während Saladins Sarazenen Jerusalem eroberten, führten Richards Vater Henry II von Insel-England und Philippe II von Mini-Frankreich gerade Krieg gegen einander, ebenso Richard selber gegen seinen Nachbarn, den Grafen von Toulouse. Als die Nachricht vom Fall Jerusalems eintraf, schlossen zwar Henry und Philippe einen Waffenstillstand, aber der hielt nicht lange, denn nun begann Richard Krieg gegen seinen Vater und verbündete sich zu diesem Zweck mit Philippe. Der Preis für jenes Zweckbündnis auf Zeit war bloß ein formeller: Richard erkannte das Fränklein pro forma als Lehensherrn an über die Normandie, Poitou, Anjou, Maine und Toulouse (das ihm eh nicht gehörte), und im übrigen herrschte er dort weiter, basta. Richard und Philippe besiegten Henry in der Schlacht auf dem Rosenfeld von Azay-le-Rideau. Bald darauf starb Henry; damit wurde Richard König von England und wieder ein potentieller Feind Philippes. Als im Film der Eremit bei dem letzterem auftaucht, sorgt sich dessen Ratgeber Conrad von Montferrat also nicht von ungefähr, daß sein Alliierter Ärger machen könnte, wenn er alleine zum Kreuzzug aufbräche. Aber Philippe hat schon einen Plan, wie er den Löwen an die Kette legen kann: Der ist schließlich seit Kindesbeinen mit seiner Schwester Alice verlobt; und nun soll er sie endlich heiraten. Auf nach England.

So so, auf nach England. Wozu? Richard war noch nie in England gewesen, obwohl er theoretisch seit dem 3. September 1189 dessen König war. (Er wird es erst viereinhalb Jahre später betreten, lange nach dem 3. Kreuzzug, zu dem er gleich aufbrach, als er König wurde; alles andere sind Märchen, die nicht dadurch wahrer werden, daß sie bis heute ständig wiederholt werden; seine so genannte "zweite Krönung" in Westminster am Ostermontag 1194 war in Wahrheit seine erste und einzige.) Die Regentschaft in England führte - ganz offiziell - sein letzter überlebender Bruder John (dem man später den boshaften Beinamen "Lackland" geben sollte, zu deutsch: "Johann Ohneland"), so wie seine Mutter Eleonore die Regentschaft in "seinen" (ihren - s.o.!) französischen Ländern führte, während er unterwegs war, um Krieg zu führen - und er war fast immer unterwegs, schließlich war er ursprünglich nicht zum Thronerben bestimmt, sondern zum Krieger, und das war er im Grunde seines Herzens immer geblieben. Nicht so im Film: Da trainiert er in England fürs nächste Turnier, prügelt sich mit seinem Schmied, der gerade dabei ist, ihm ein neues Schwert zu schmieden (auch so ein unausrottbares Märchen; irgendwo las Dikigoros gar, daß Richard sich seine Schwertklingen und Lanzenspitzen selber schmiedete), und hört viel lieber den Troubadouren zu (der historische Richard versuchte sich auch selber als solcher - schließlich war er der Sohn seiner Mutter, die man nicht umsonst die "Königin der Troubadoure" nannte), als seinen lästigen Vetter aus Frankreich zu empfangen - ganz zu schweigen von dessen "langweiliger" Schwester Alice (deren Rolle DeMille seiner Tochter Katherine zugeschanzt hat; abgesehen davon drehte er "The Crusades" praktisch mit der gleichen Besetzung, mit der er ein Jahr zuvor schon "Cleopatra" gedreht hatte). Als Philippe Auguste ihn an sein Heiratsversprechen erinnert (genauer gesagt an das seines Vaters) kommt zum Glück gerade der Eremit einher, um auch in England den Kreuzzug zu predigen: "Wer das Kreuz nimmt, ist aller anderen Versprechungen ledig." Ausgezeichnet - Richard sieht einen Weg, die unliebsame Heirat zu umgehen und nimmt das Kreuz, obwohl er gar nicht an die Sache glaubt. (Unterdessen intrigiert Conrad von Montferrat bereits mit Richards Bruder John - der nicht mit auf den Kreuzzug geht: Bei einer Partie Schach bietet Conrad ihm an, Richard zu beseitigen; dann könne er, John, Alice heiraten, König von England werden und ihm, Conrad, das Königreich Jerusalem überlassen; aber lassen wir das erstmal in Klammern stehen.)

Henry Wilcoxon spielt Richard anfangs als rücksichtslosen Haudrauf ohne Skrupel, Glauben und Moral, und er spielt diese Rolle überzeugend. (Wenn man DeMille's Memoiren glauben darf, hat er sich dabei weniger den historischen Richard zum Vorbild genommenals vielmehr Jung-Siegfried, wie ihn Richard Wagner im "Ring des Nibelungen" gezeichnet hatte :-) Gleichwohl darf man fragen, ob das mit dem Mangel an Glauben historisch richtig ist. Gewiß, Richard ging nicht jeden Tag in die Kirche beten; aber die Menschen des Hochmittelalters hatten im allgemeinen schon einen festen Glauben an Gott (oder Allah oder Jahwe oder sonstwen); daß damals jemand darüber stand - gleich gar mit dem billigen Cynismus der heutigen Zeit - wäre schon außergewöhnlich gewesen. [Selbst zwei Generationen später, bei Friedrich II von Hohenstaufen, sollte das noch höchst unangenehm auffallen und sogar zu dessen Exkommunizierung durch den Papst führen.] Und die Begeisterung, mit der das englische (und nicht nur das englische) Kreuzfahrerheer los zog, mag auch militärischem Selbstvertrauen entsprungen sein, aber sicher in erster Linie dem Glauben, für eine gute Sache in den Krieg zu ziehen. Dikigoros würde die Filmszenen für übertrieben und kitschig halten, wenn er nicht ganz ähnliche Szenen von 1914 kennen würde, als die Völker Europas mit der gleichen Begeisterung in den Tod rannten, wieder in dem Glauben, daß Gott, König und Vaterland hinter ihnen stünden... 1935, als der Film gedreht wurde, war das noch aktuell, und da England zu den Siegern des Ersten Weltkriegs zählte und nicht annähernd so hohe Verluste an Menschenleben erlitten hatte wie die Nationen auf dem Kontinent (und wenn, dann nur ein paar blöde Kolonial-Nigger - oder weiße Nigger aus den Dominions Kanada, Südafrika, Australien und Neuseeland), war seinen Kinogängern eine solche Begeisterungsfähigkeit offenbar noch nicht suspekt. (Ganz anders als in Frankreich und Deutschland, wo man in den 1930er Jahren Anti-Kriegs-Filme wie "La Grande Illusion" und "Im Westen nichts Neues" zeigte - aber das ist eine andere Geschichte.) Nach 1945 wäre ein solcher Film wohl auch in England nicht mehr so gedreht worden; und deshalb vermag Dikigoros nicht so recht zu glauben, daß der Auszug der englischen Kreuzritter im Juli 1190 derart begeistert vor sich ging; denn just dreieinhalb Wochen zuvor (also etwa so lange, wie die schlechte Nachricht damals brauchte, um "heim" zu kehren) war Friedrich Barbarossa tödlich verunglückt, und das 100.000-Mann-Heer der deutschen Kreuzfahrer (angeblich umfaßte es so viele Krieger - selbst die arabischen Chronisten glaubten das und hatten eine Heidenangst) hatte sich sang- und klanglos aufgelöst. Ob das alles so ermutigend war?

Exkurs. Allerdings gibt es Quellen, denen zufolge die Nachricht, daß Richard Löwenherz im fernen Burgund beschlossen hatte, das Kreuz zu nehmen, in England, besonders in London, große Begeisterung hervor gerufen habe. Indes werden diese Quellen heutzutage nicht mehr gerne zitiert, denn danach nahmen die Engländer dies zum Anlaß für ausgedehnte Juden-Pogrome, nach dem Motto: Wozu in die Ferne schweifen - das Heilige Land war weit - wenn die Juden so nahe waren, gewissermaßen vor der Haustüre. Wer hatte unseren Herrn Jesus Christus ermordet? Die Muslime oder die Juden? Eben. So hatte man schon knapp ein Jahrhundert zuvor beim 1. Kreuzzug gedacht, als niederlothringische [belgische] Kreuzfahrer den Rhein entlang zogen und in fast allen jüdischen Gemeinden, auf die sie unterwegs trafen, ein Blutbad anrichteten. Allerdings haben insbesondere jüdische Quellen dieses Blutbad stark übertrieben, und das aus einem guten Grund: Nach jüdischem [Aber-]Glauben war im Jahre 1096 - dem Jahre 4856 ihrer eigenen Zeitrechnung - alternativ mit zwei Dingen zu rechnen: entweder mit der Ankunft des Messias oder aber mit der Apokalypse, dem Weltuntergang, der "Shoa"; also hängten sie - wie es so ihre Art war und ist - an die tatsächlichen Zahlen der Opfer großzügig ein paar Nullen dran und halfen auch sonst noch etwas nach. Tatsächlich töteten die Kreuzfahrer in spe z.B. in Speyer 11 Juden und in Metz 22. Gewiß, das waren 33 zu viel, aber dort, wo eine dreistellige Zahl umkam, wie in Worms, oder gar eine vierstellige, wie in Mainz, waren es die Juden selber, die erst ihre Frauen und Kinder, dann sich selber töteten, um der Schande der Zwangstaufe zu entgehen. (Nein, das nannte man nicht Harakiri, sondern Kidusch-haschem - übrigens ein Begriff, der in der politisch-korrekten Geschichts- und Märchen-Schreibung der BRDDR heute tabu ist; statt dessen geistert neuerdings die Bezeichnung "Gezerot Tatnu" durch die Lande, die suggerieren soll, es habe sich um eine groß angelegte "Verfolgung" in Deutschland gehandelt, und nicht bloß um spontane Aktionen ausländischer Kreuzfahrer nebst einem Massenselbstmord der Juden. Dikigoros hat dazu hier einen typischen Artikel verlinkt; mehr zum Thema schreibt er an anderer Stelle.) [Dagegen wird das Massaker von Granada, bei dem anno 1066, also nur drei Jahrzehnte zuvor, 1.500 jüdische Familien - die gesamte jüdische Oberschicht Andalusiens - von den Muslimen ermordet worden waren, von heutigen Historikern entweder schamhaft verschwiegen oder schöngeredet bzw. schöngeschrieben - man will ja nicht als "islamophob" oder politisch-unkorrekt gelten - da lieber historisch inkorrekt! Hatte nicht ein (!) Hofjude Anlaß guten Grund dafür gegeben, da er besonders arrogant auftrat? Eben! Der Rest der andalusischen Juden wurde erst 1090 ausgerottet - unter welchem Vorwand aus welchem guten Grund ist nicht überliefert -, aber davon hört oder liest man schon gar nichts mehr. Ganz im Gegenteil! So faselt der Jude Bernard Lewis - Professor für Geschichte an der Universität Princeton - etwas von einer "jüdisch-islamischen Symbiose" im muslimischen Spanien, die erst durch die Reconquista der bösen, anti-semitischen Christen beendet worden sei. Selbst ein Bassām Tībī, der doch als Kenner der islamischen Geschichte gilt - oder sich zumindest selber dafür hält -, ist jenem ignoranten Schwachkopf auf den Leim gegangen und beruft sich in einem seiner Bücher - "Aufbruch am Bosporus" - ausdrücklich auf dessen Ausführungen.]
Und wie hatten die braven Londoner 1155 die Krönung von Richards Vater Henry gefeiert? Richtig, mit einem schönen Pogrom, bei dem das Londoner Ghetto nieder gebrannt wurde! Einer der Hauptgründe, weshalb Richards jüngerer Bruder John in England so verhaßt war, war seine tolerante Judenpolitik. (Achtet mal auf das alte Original-Kinoplakat links oben: da wird John [oben rechts] fast so "jüdisch" gezeichnet wie Conrad von Montferrat [oben links], auf den wir gleich kommen werden.) Wirklich populär wurden in England nur anti-semitische Herrscher, vor allem Edward I - aber das ist eine andere Geschichte; wer sich für die Chronologie der Jahrhunderte langen Judenverfolgungen in England interessiert, kann sie hier nachlesen. Das Motiv des bösen jüngeren Bruders, der den König von England um seinen Thron bringen will, während der auf einem Kreuzzug weilt, ist dagegen übertragen worden vom Urgroßvater auf den Urenkel (so wie das Motiv vom Schlaf im Kyffhäuser übertragen wurde vom Großvater Barbarossa auf den Enkel Friedrich II, aber das ist eine andere Geschichte). Der o.g. Henry I war nämlich - ähnlich wie Richard Löwenherz und Johann Ohneland - als nachgeborener Sohn eigentlich gar nicht für den Thron bestimmt gewesen. Aber er wollte sich nicht damit abfinden, daß seine älteren Brüder England und die Normandie bekommen - und sich zu allem Überfluß auch noch wechselseitig als Nacherben eingesetzt - hatten, während er mit ein paar tausend Mark Silber abgespeist wurde. Als also William I von England starb, während sich Robert von der Normandie im Heiligen Land herum schlug, nahm Henry kurzerhand sein Silber zusammen, bestach damit die normannischen Barone und ließ sich von ihnen zum neuen König "wählen". Dann heiratete er die Erbprinzessin von Schottland, eroberte Wales, besetzte die Normandie und... verlor am Ende die letzten drei Länder doch wieder. Na und? Wurde er dadurch zum König "ohne Land"? Nein, die Parallele war wohl vielmehr, daß er - wie später John Lackland - die Steuerschraube kräftig anzog (und im Gegensatz zum letzteren tat er das nicht, weil er etwa Lösegeld für einen gefangenen Bruder hätte aufbringen müssen, sondern um sich zu bereichern) und dadurch in den Augen seiner Untertanen zum Bösewicht wurde. So, liebe Leser, entstehen - (nicht immer ganz) falsche - Parallelen in der Geschichtsschreibung. Exkurs Ende.

Nachtrag zum Exkurs (auf ein vereinzelte Lesermail - aber Dikigoros will das nicht unter den Teppich kehren, sondern ganz offen darüber schreiben). Auch er hat sich oft die Frage gestellt, warum "die" Juden überall und zu allen Zeiten so verhaßt waren. Darauf werden viele Antworten angeboten; aber je länger er darüber nachgedacht hat, desto weniger haben ihn die überzeugt. Kinder des 20. und 21. Jahrhunderts mögen eine ganz simple Antwort parat haben: Man läßt einfach die Lügenmedien so lange gegen ein Volk hetzen, bis alle Medienkonsumenten es brav glauben. (Die Deutschen können ja ein Lied davon singen.) Aber so einfach war es im Mittelalter nicht: Da gab es weder Radio noch Fernsehen noch Internet, ja nicht einmal Zeitungen, und der Buchdruck war auch noch nicht erfunden. Die Leute waren zwar "ungebildeter", aber umso weniger leicht zu manipulieren. Sie glaubten nur, was sie mit eigenen Augen sahen oder was sie von glaubwürdigen Mitmenschen, die es mit eigenen Augen gesehen hatten, hörten. Was können diejenigen, die Ende des 11. Jahrhunderts Juden in den Städten am Rhein töteten, gesehen oder gehört haben? "Die Juden haben unseren Herrn Jesus Christus ans Kreuz geschlagen!"? Geh, was an Schmarrn - jeder Christenmensch wußte doch, daß Jesus selber ein Jude war und daß ihn nicht die Juden, sondern die Römer ans Kreuz geschlagen hatten! "Die Juden bringen zu Ostern Kinder als Menschenopfer dar!"? Ja, das mag schon sein, und darauf ist Dikigoros - der zwischen Zeilen des "Exodus" gelesen hat - schon lange vor Ariel Toaff gekommen. Aber das sah man damals nicht so eng: Zum einen wurde der Wert von Kindern nicht gar so hoch veranschlagt - es wurden so viele geboren, und so viele starben, noch bevor sie auch nur annähernd das Erwachsenenalter erreicht hatten -, zum anderen waren solche Opfer gar nichts besonderes, jedenfalls nichts besonders jüdisches: Die alten Griechen und Römer hatten sie schon gekannt; und Dikigoros ist überzeugt: Wenn unsere Quellenlage über die alten Kelten, Germanen und Slawen besser wäre, dann würden wir auch bei denen Beispiele für diesen alten Brauch finden. "Die Juden saugen uns mit ihren Wucherzinsen aus!"? Tja, das hielt Dikigoros früher auch für das ausschlaggebende Motiv: Wer geschäftstüchtig ist, der zieht Neid auf sich - und vielleicht sogar Mordlust. Aber einer nüchternen Überprüfung hält auch das nicht stand: Wenn Ihr Euch bei Eurer Bank verschuldet habt, um ein Haus zu kaufen oder ein Auto oder um Euch selbständig zu machen - was hättet Ihr davon, wenn Ihr den Banker umbringt oder die Bank mit allen Unterlagen in die Luft sprengt? Wenn Ihr das nächste Mal einen Kredit braucht, zu wem geht Ihr dann? Und würde Euch dann überhaupt noch jemand Geld leihen? Nein so dumm waren auch die Menschen im Mittelalter nicht, zumal die Zinssätze im Hochmittelalter noch gar nicht so hoch waren - jedenfalls nicht viel höher als sie Dikigoros noch aus den 1970 und 1980er Jahren in Mitteleuropa in Erinnerung hat -; denn es gab gesetzlich festgeschriebene Höchstgrenzen.

[Das sollte sich erst im Spätmittelalter ändern. Da gab es tatsächlich Wucherzinssätze - 500% (fünfhundert Prozent!) p.a. waren keine Seltenheit, und dazu kamen noch die Zinsenszinsen. Die Juden des 14. Jahrhunderts häuften geradezu obszön große Reichtümer an - Ihr habt vielleicht schon mal vom "Judenschatz von Erfurt" gehört, der 1998 ausgebuddelt wurde. Das machte böses Blut. Aber auch damals wurden die Juden nicht etwa verfolgt, weil die Menschen geglaubt hätten, sie hätten die Brunnen vergiftet. (Es gab einen einzigen belegten Fall, in Savoyen, und von dem hatte man in Erfurt wahrscheinlich noch nie gehört, und wenn, dann hätte man ihn sicher nicht verallgemeinert auf "die", sprich alle Juden. Doch man wußte halt, daß die Pest auf den Schiffen jüdischer Fernhändler aus dem Orient nach Europa gekommen war, und das machte zusätzlich böses Blut; alles in allem lassen sich die Gründe für die Judenverfolgungen in jener Zeit also leichter finden. Aber das ist hier nicht unser Thema, denn damals gab es ja keine Kreuzzüge mehr.]

Und überhaupt wurden die Juden ja nicht von Einheimischen getötet (im Gegenteil - die halfen ihnen oft noch, sich zu vertecken oder zu fliehen), sondern von ausländischen Kreuzfahrern auf der Durchreise - und die hatten ja schwerlich Schulden bei ihren Opfern gehabt! Es muß also ein anderes Motiv gegeben haben - aber was? Nun, liebe Leser, denkt mal praktisch: So ein großer Heerhaufen konnte ja nicht einfach querfeldein von "Niederlothringen" (den heutigen BeNeLux-Staaten, dorther kamen die "Täter") gen Jerusalem ziehen - da wären sie nie und nimmer angekommen. Vielmehr mußten sie einer oder mehreren bestimmten Routen folgen. Und wenn Ihr Euch nun mal eine Karte der hochmittelterlichen Handelswege schnappt, die dafür in Frage kamen, dann werdet Ihr feststellen, daß alle diese Wege nach... nein, nicht nach Rom führen, sondern über Verden an der Maas, das heutige Verdun. Von dort ging es scharf nach Osten, d.h. nach Frankfurt, und von dort südlich den Rhein entlang, vorbei an all den Städten, in denen Juden getötet wurden. Aber was um Himmels Willen mögen die Menschen, die auf dem Kreuzzug waren, in Verdun schlimmes gesehen haben, das in ihnen eine solch spontane Wut auf "die" Juden hervor rief, daß sie auch vor Mord nicht zurück schreckten?!? Dikigoros will es Euch verraten: Verdun war im Hochmittelalter der Sklavenmarkt Europas, und der war fest in jüdischer Hand. Heute wird das meist schamhaft verschwiegen, von jüdischen Geschichtsklitterern sogar rundweg bestritten oder verharmlost, nach dem Motto: Sklaverei gab es zu allen Zeiten, sogar die christliche Kirche erlaubte sie, jedenfalls wenn es sich um Heiden handelte; und die Juden handelten ja nur mit heidnischen Slawen. (Daher stammt übrigens das Wort "Sklave" - der herkömmliche lateinische Ausdruck lautete "Servus", Diener, und den zu halten beschäftigen war natürlich erlaubt :-) Aber erstens stimmt das nicht - die "Wendenkreuzzüge", bei denen größere Mengen slawischer "Heiden" gefangen genommen wurden, begannen erst Mitte des 12. Jahrhunderts -, und zweitens war das ja nicht das schlimmste: Zwei andere Dinge waren es, welche die durchreisenden Rächer Mörder in spe besonders empörten: 1. Die Juden entführten christliche Kinder und verhökerten sie an die Muslime in Spanien - mit denen kein anständiger Christenmensch Handel trieb, schon gar keinen Sklavenhandel. Und da die Sarazenen nur an Haremsmädchen und Eunuchen interessiert waren, wurden die Knaben zuvor auf offenem Markt kastriert!

[Auch das änderte sich ab dem Spätmittelalter: Auch der Handel mit afrikanischen Sklaven nach Amerika, der seit dem 16. Jahrhundert aufblühte, war zwar fest in jüdischer Hand. Aber da waren die Händler so dumm, ihre Sklaven nicht zu kastrieren, bevor sie sie verkauften. (Sicher nicht aus Zartgefühl; aber die waren ja als Arbeitssklaven gedacht; und ein Eunuch ist für harte körperliche Arbeit nun mal nicht so gut geeignet wie ein "ganzer Mann" :-) Deshalb konnte die sich dort "aus eigener Kraft" fortpflanzen, und man brauchte die Sklavenhändler irgendwann nicht mehr, weshalb man den Sklavenhandel im 19. Jahrhundert schließlich verbieten konnte.]

Jeder konnte dieses grausame Schauspiel mit ansehen, und jeder tat es: So waren sie also, "die" Juden! (Wie sie sonst waren, wußte man nicht - konnte man nicht wissen, denn sie kapselten sich ja bewußt ab.) Und wenn man sie in Verdun nicht zur Rechenschaft ziehen konnte, weil die DEL>korrupte allerchristlichste Obrigkeit - die ja gut daran mit verdiente, denn sie ließ die Juden für dieses ihr "Privileg" in klingender Münze zahlen, und nicht zu knapp - dort ihre schützende Hand über sie hielt, dann halt bei nächster Gelegenheit! Und wißt Ihr was, liebe Leser? Dikigoros kann jene "Judenmörder" gut verstehen - er wundert sich nur, daß die nicht noch viel mehr Juden erschlugen. Nachtrag zum Exkurs Ende.

Nun, letztlich können wir all diese Fragen dahin stehen lassen, denn im Film hat Richard wie gesagt eine andere Motivation, die zwar ausgezeichnet konstruiert ist, indes schwerlich der historischen Wahrheit entsprechen dürfte. Dikigoros bezweifelt schon das kindliche Heiratsversprechen mit Alice; denn als junger Bursche war Richard wahrscheinlich mit einem ganz anderem Mädchen verlobt worden, nämlich mit Berengaria, der Tochter eines Jugendfreundes seiner Mutter, Sancho VI. von Navarra. Wie Dikigoros darauf kommt, da darüber doch keine amtlichen Dokumente überliefert sind? Nun, es gibt ein beinahe zwingendes Indiz: Wo sonst gibt es in der Geschichte der europäischen Herrscherhäuser noch einmal den Namen "Berengaria"? Nirgends? Falsch! Es hatte ihn bis dahin bloß in keinem englischen oder normannischen Herrscherhaus gegeben. Als aber Richards zweite Schwester - die wie die Mutter Eleonore hieß - anno 1181 ihr erstes Kind zur Welt brachte, ein Mädchen, nannte sie es wie? Richtig: Berengaria - warum wohl? Aus Jux? Aus Zufall? Oder doch eher, weil das der Name ihrer künftigen Schwägerin war? Dikigoros schließt daraus jedenfalls, daß Richard spätestens seit 1181 mit Berengaria von Navarra verlobt war. [Die französische Historikerin Régine Pernoud hat sogar behauptet - 1965 in ihrer Biografie Eleonores von Aquitanien -, daß diese Verlobung schon 1159 statt gefunden habe, als die beiden Kinder gerade mal zwei Jahre alt waren; aber diese Behauptung ist mit Vorsicht zu genießen, nicht nur weil Pernoud keine Quelle angibt, sondern auch, weil sie Berengaria für eine Tochter Raimund Berengars V, des Grafen von Barcelona, hält - und das ist nun mit Sicherheit falsch. Außerdem schreibt sie an anderer Stelle, daß Richard mit Philippes Halbschwester Adelaide, der 4. Tochter Ludwigs (der 2. aus dessen 2. Ehe mit Constance von Sizilien) verlobt gewesen sei, die er nur deshalb nicht geheiratet habe, weil sie zuvor von seinem Vater Heinrich verführt worden sei - wie soll das zusammen passen?] Und eine solche Liaison des künftigen Herzogs von Aquitanien mit der Prinzessin des Nachbarlandes Navarra machte auch durchaus Sinn, denn sie hielt Richard den Rücken frei in seiner Auseinandersetzung mit Frankreich. Navarra stand damals auf dem Gipfel seiner Macht: Es umfaßte für kurze Zeit nicht nur das heutige Baskenland, sondern auch Aragon, die Grafschaft Barcelona (das spätere Katalonien), das Roussillon, Teile von Okzitanien (das die Franzosen bis heute nach seiner ausgerotteten Sprache, der Langue d'Oc, "Languedoc" nennen; leider hat die Universität Köln - wie von Dikigoros bereits seit längerem befürchtet - den schönen, aber politisch unkorrekten Aufsatz von Patrick Steinkrüger, den Christopher Storck auf ihrem Server untergebracht hatte, inzwischen von diesem entfernt; er hat dafür jetzt eine andere Webseite verlinkt, die zwar auch gut und informativ, aber in einer Sprache verfaßt ist, mit der die meisten Leser - nicht nur die deutschsprachigen - wohl nicht allzu viel anfangen können), genauer gesagt die Gegend um Albi, die später durch die "Albigenser-Kreuzzüge" zu trauriger Berühmtheit gelangen sollte) und die Grafschaft Provence mit der wichtigen Hafenstadt Marseille. "Sancho der Weise", wie er genannt wurde, war damit der mächtigste christliche Herrscher auf der iberischen Halbinsel, denn sein Nachbarland im Westen, [Alt-]Kastilien, wurde zwar auch schon "Reyno [Königreich]" genannt, war aber eher ein Duodez-Fürstentum, das sich erst vor 30 Jahren vom Königreich León (dessen ehemalige Ostmark[grafschaft] es war, und zu dem auch Galicien und Asturien gehörten) unabhängig gemacht hatte und sich gerade mal anschickte, die maurischen Almohaden südlich des Tajo anzugreifen, um das spätere "Neu-Kastilien" zu erobern - ein Unternehmen, das manche Beobachter für nicht weniger riskant hielten als einen Kreuzzug gen Palästina. Sanchos Tochter Berengaria war also die mit Abstand attraktivste Partie in Südwesteuropa; hätten sie und Richard einen gemeinsamen Sohn gehabt, dann hätte der eines Tages mit Navarra, dem Angevinischen Reich und England über den größten und mächtigsten Staat Europas geherrscht.

[Landkarte] [Wappen des Königreichs Navarra]

Das Projekt, Richard mit Alice zu verheiraten, ist dagegen eine Erfindung DeMilles: Alice (oder Alix) de Blois war nämlich nicht nur eine [Halb-]Schwester Philippes, sondern auch eine [Halb-]Schwester Richards! Wie das, wenn Philippe und Richard doch allenfalls entfernte Vettern waren? Nun, Alice war die 2. Tochter Ludwigs VII von Frankreich aus dessen 1. Ehe mit Eleonore von Aquitanien; Philippe war der 1. (und einzige) Sohn Ludwigs aus seiner 3. Ehe mit Adèle de Champagne - also Alices Halbbruder über den Vater (jedenfalls juristisch; daß er biologisch nicht ihr Vater war, wie wir oben gesehen haben, spielte dabei keine Rolle :-). Und Richard war der 3. Sohn aus Eleonores 2. Ehe mit Heinrich II von England - also Alices Halbbruder über die Mutter. Kompliziert? Aber so wars - nicht wie im Film! Anders als im Film trafen sich die beiden feindlichen Vettern, die nun Aliierte waren, auch nicht in London, sondern im burgundischen Wallfahrtsort Vézelay, wo sie zwar gemeinsam das Kreuz nahmen (obwohl Richard das Kreuzzugsgelübde - anders als im Film - vorher schon einmal separat abgelegt hatte), aber durchaus nicht gemeinsam aufbrachen. Vielmehr marschierte Richard nach Marseille, das seinem Schwiegervater in spe gehörte, während Philippe Auguste es vorzog, von Genua aus in See zu stechen - was gute Gründe hatte: Die logistischen Voraussetzungen waren damals noch nicht so, daß man zwei größere Kreuzfahrerheere über längere Zeit beköstigen konnte, und so kommt es denn auch im Film - wo ja beide Heere zusammen in Marseille aufkreuzen - gleich zu Versorgungs-Engpässen. Zum Glück ist zufällig Sancho von Navarra anwesend, mitsamt seiner Tochter Berengaria und einigen tausend Rindern, und letztere ist Sancho bereit zu opfern, wenn Richard dafür erstere heiratet. Richard wiederum ist bereit, dieses Opfer zu bringen - wenn auch widerwillig -, damit seine Männer nicht verhungern. Nach allerlei Hin und Her, das Dikigoros Euch ersparen will, kommt es also zur Hochzeit, wobei Richard sich durch sein Schwert vertreten läßt - verständlich, denn Berengaria ist mit Gretchen Jung alias "Loretta Young" grottenschlecht besetzt, und die blonde Perücke steht ihr gar nicht.

[Loretta Young als Berengaria] [Berenguela's Alarm - Gemälde von Charles A. Collins, 1850]

Exkurs. Deshalb hat Young die Berengaria auch nicht zu prägen vermocht (außer bei den Deppen von Wikipedia, die wohl kein anderes Bild gefunden haben :-). Dabei waren die Voraussetzungen dazu mehr als günstig; es gab nämlich 1935 noch keine zeitgenössische Darstellung von ihr, lediglich ein halbwegs berühmtes Gemälde von Charles A. Collins aus dem Jahre 1850, auf dem sie schwarzes Haar hat, denn Engländer halten Spanier nun mal für durch die Bank schwarzhaarig. Doch da lag der Künstler falsch, denn Berengaria - oder, wie er sie nannte, Berenguela - war keine Spanierin, sondern Baskin; und Dikigoros kann Euch aus eigener Anschauung versichern, daß echte Baskinnen [rot-]blond sind; und 1960 fand man denn auch endlich ihren Sarg - sogar mit einer alten Inschrift, daß es sich um sie handele. Es gibt zwar Leute, welche die Echtheit dennoch anzweifeln (denn die Inschrift ist auf das 17. Jahrhundert datiert, und da könnte man sich ja schon geirrt haben); aber Dikigoros zählt nicht dazu. (Warum nicht? Weil er sich erlaubt, angesichts der pikanten Plastik am Fußende des Sarges eins und eins zusammen zu zählen :-) Exkurs Ende.

* * * * *

Nun kann die gemeinsame Flotte also endlich in See stechen und gen Akkon segeln. Auch das ist eine hübsche Straffung der historischen Ereignisse, die für den Film nicht unbedingt erforderlich sind, die der geneigte Leser aber dennoch erfahren soll, zumal man sie nicht in jedem Geschichtsbuch findet. Die Kreuzfahrer segelten nämlich nicht in einem Rutsch durch bis ins Heilige Land, sondern erstmal nur bis Sizilien. Wir erinnern uns: Friedrich Barbarossa hatte seinen Sohn mit der Erbin Siziliens verheiratet. Warum war die aber Erbin? Richtig, weil ihr Bruder gestorben war, was wiederum Johanna (Joanna, Jeanne, Joan) - die dritte Schwester seines Schwagers Richard Löwenherz - zur Witwe gemacht hatte. Und dann war da noch ein Halbbruder der beiden, den die normannischen Adeligen gerne als Herrscher gesehen hätten. Richard machte kurzen Prozeß, eroberte Messina und unterwarf Sizilien. (Nein, diese Insel konnten die Angelsachsen nicht auf Dauer halten, obwohl sie es 1943 fast noch einmal geschafft hätten :-) Das war anno 1191. Unterdessen hatte Eleonore von Aquitanien beschlossen, daß ihr Sohn nun endlich heiraten sollte; also reiste sie flugs nach Pamplona, der Hauptstadt Navarras, und holte dort seine Braut Berengaria ab (die natürlich gar nicht daran dachte, sich in Marseille aufzuhalten - geschweige denn ihr Vater, um mit Rindern einen Ehemann für sie einzuhandeln). In Sizilien angekommen, machte Richard allerdings genau die Ausflüchte, die er im Film gegenüber Alice von Frankreich macht: Eigentlich wollte er gar nicht heiraten. (Einige Historiker haben daraus geschlossen, daß er womöglich schwul war; aber er soll uneheliche Kinder gehabt haben, von denen ihn eines sogar überlebt haben soll.) Also segelte er von Sizilien nach Rhodos, und von dort nach Cypern; Berengaria und Richards Schwester Johanna - nicht, wie im Film, Alice von Frankreich - segelten zusammen hinterher und freundeten sich an. Cypern gehörte zwar nicht den Sarazenen, sondern den christlichen Byzantinern, aber das störte Richard nicht weiter; er eroberte es, nahm den Statthalter - einen Sohn des Basilaios - gefangen und auch dessen einjähriges Töchterchen als "Geisel", heiratete Berengaria (wohl oder übel :-), plünderte die Insel bis auf den letzten Penny, bis auf das letzte Korn Getreide und bis auf den letzten Tropfen Olivenöl aus und folgt dann Philippe Auguste, der längst ins Heilige Land voraus gesegelt war.

Nicht, daß der Franzose dort allzu viel geleistet hätte - ebenso wenig wie die anderen Kreuzfahrer: Die belagerten gemeinsam Akkon (das die Sarazenen ebenfalls erobert hatten), allerdings in einer Weise, welche die Deutschen später "Sitzkrieg" und die Franzosen "drôle de guerre" nennen sollten: Die Ausfälle durch Seuchen waren höher als die durch Kampfhandlungen, u.a. fielen ihnen Königin Sibylle von Jerusalem und ihre Kinder zum Opfer. Aber warum belagerte man eigentlich Akkon, und nicht Jerusalem? Aus gutem Grunde: In Akkon lag doch das echte Kreuz unseres Herrn Jesus Christus, das mußte man unbedingt wieder haben! O sancta simplicitas [oh heilige Einfalt] - solche "echten" Kreuze (und andere "echte" Reliquien) gab es damals doch zu hunderten, wenn nicht zu tausenden! Und danach richtete man allen Ernstes "Weltpolitik" aus? Ja, liebe Leser, so war es - nicht nur im Film! Allerdings führt uns DeMille da doch eine Helden- und Herrscherschau vor, die es so nie gab: Philippe Auguste war da und betrachtete sich als Anführer. Dazu gehörte auch nicht viel: Friedrich von Schwaben - der Sohn Barbarossas - hatte wie gesagt den größten Teil seines Heeres eingebüßt, und die anderen Personen gab es überwiegend gar nicht, jedenfalls nicht im Heiligen Land. Einen Hugo von Burgund gab es ebenso wenig wie einen Nikolaus von Ungarn; einen Fürst Michael von Rußland sollte es erst Jahrhunderte später geben; Wilhelm von Sizilien war wie gesagt gerade gestorben und hatte Joanna jung zur Witwe gemacht. Sverre von Norwegen (der im Film einen Wikingerhelm trägt wie Hagen v. Tronje in Langs "Nibelungen" :-) gab es wirklich; freilich hatte der ganz andere Probleme. Vorläufig hielt nämlich nur er selber sich für den König; alle anderen Skandinavier hielten ihn - der sich als unehelicher Sohn König Sigurds II ausgab und daher "Sverre Sigurdsson" nannte - schlicht für einen daher gelaufenen Usurpator. Also mußte er erst einmal alle seine "legitimen" Konkurrenten besiegen, weshalb er es sich gar nicht leisten konnte, auch nur einen Gedanken an den Kreuzzug zu verschwenden. (Ihr kennt doch den Witz, daß jemand, um in Skandinavien König zu werden, mindestens 50 Feinde persönlich getötet haben muß. Warum? Nun, so wie die Indianer im Wilden Westen ihren getöteten Feinden die Skalps abschnitten und die alttestamentarischen Juden den ihren die Geschlechtsteile - in der Bibel wird das höflich mit "Vorhäute" umschrieben, denn Nicht-Juden waren ja unbeschnitten -, so schnitten die alten Skandinavier ihren getöteten Feinden die Ohren ab; und bekanntlich bekommt man bis heute für 100 Øre [Ohren] eine Krone :-)

Exkurs. Und selbst wenn es anders gewesen wäre, wäre Sverre nicht mit nach Palästina gezogen - was sollte er dort? Seht Ihr, es gab damals nicht nur Idioten unter den europäischen Herrschern, die zu viel in der Bibel gelesen hatten (bzw. sich daraus hatten vorlesen lassen, denn die meisten waren ja Analfabeten :-) und deshalb der Vision "Jerusalem" nachjagten, sondern auch kluge Leute, die an viel näher liegende Ziele dachten, wenn sie das Wort "Kreuzzug" hörten. Von den Kastiliern war bereits kurz die Rede - die kämpften gerade Spanien von den Mauren frei. Auch von Heinrich dem Löwen habt Ihr sicher schon mal gehört - er eroberte den Sachsendem Christentum Holstein, Mecklenburg und Vorpommern. Und die Germanen in Skandinavien eroberten die Länder der Samen und Suomen, die wir heute "Lappland" und "Finnland" nennen. [Nein, liebe Besserwisser, nicht "Suomi". Finnische Substantive werden dekliniert; und während sie im Deutschen nur noch in zwei Fällen eine Endung bekommen - wenn sie nicht weiblich sind, dann bleiben sie ganz unverändert -, nämlich im Genitiv Singular und im Dativ Plural (was der Grund für eine Entwicklung sein könnte, die mal jemand mit dem etwas flapsigen Satz "Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod" umschrieben hat :-), hat das Finnische schlappe 15 Fälle - und der Genitiv von "Suomi" ist "Suomen".] Alle diese "Kreuzzüge" waren ungleich erfolgreicher als die ins "Heilige Land", und vor allem zeitigten sie dauerhafte Ergebnisse. (Und damit meint Dikigoros nicht nur die Bekehrung zum Christentum.) Der einzige mittelalterliche Herrscher Skandinaviens, der jemals nach Palästina reiste, war - zwei Generationen zuvor - Sigurd I von Norwegen, der sich denn auch großspurig "Jórsalafari [Jerusalemsfahrer]" nannte. Allerdings war er nie richtig auf Kreuzzug gewesen, sondern vielmehr auf einer Art Cavalierstour durch die normannischen Länder Europas mit Abstechern zu diversen Heiligtümern. Er fuhr - noch als Teenager-Prinz - mit seiner Flotte zunächst nach England, dann nach Santiago de Compostela in Galizien, dann durch die Meerenge von Gibraltar nach Sizilien, dann nach Antiochia, das damals weitaus bedeutender war als Jerusalem, weshalb sich dort auch schon auf dem 1. Kreuzzug die Normannen unter Bohemund von Tarent (den wir bei DeMille vergeblich suchen - obwohl er doch nur knapp 100 Jahre vor Richard Löwenherz lebte :-) festgesetzt hatten. Unterwegs legte Sigurd auch einen kurzen Zwischenstop in Jerusalem ein - das ja noch in Christenhand war -, besuchte König Balduin, von dem er sich einen echten Splitter vom wahren Kreuze Iesu schenken ließ, und machte sich dann auf den Heimweg: über Konstantinopel (das er ausspionierte, um es später zu erobern - woraus freilich nichts wurde :-) nach Kiew, der Hauptstadt des Warägerreichs, dann nach Nowgorod (wo er seine spätere Frau kennen lernte - aber ohne Liebesgeschichte, denn die war damals noch ein Kind) und wieder zurück nach Norwegen, wo er dann irgendwann König wurde. Leider gibt es über diese Odyssee keinen brauchbaren Reisebericht, sonst würde ihn Euch Dikigoros an anderer Stelle ausführlicher vorstellen. Exkurs Ende.

Bleiben noch zwei: Leopold von Österreich (auch den gab es wirklich) und einmal mehr Conrad von Montferrat. Verlieren wir doch über diese beiden schon mal ein paar Worte: Leopold von Babenberg herrschte über ein Gebiet, das kleiner war als die Grafschaft Toulouse, auch wenn es drei Jahrzehnte zuvor zum "Herzogtum" befördert worden war. Es umfaßte wohlgemerkt nur einen Bruchteil des heutigen Österreichs, denn die Steiermark und die Mark Krain gehörten noch nicht dazu. Seine Tante Judith hatte in ein anderes Duodezfürstentum irgendwo im Lombardischen zwischen Turin, Mailand und Genua geheiratet, in die Markgrafschaft Montferrat; Conrad war ihr Sohn, also Leopolds Vetter - auch davon erfahren wir im Film nichts. Conrads Ehrgeiz hatte ihn dazu gebracht, eine Schwester des Basilaios von Byzanz zu heiraten; in irgendwelchen Thronwirren und bürgerkriegsartigen Auseinandersetzungen, wie sie in Byzanz an der Tagesordnung waren, hatte er es jedoch vorgezogen, nach Hause zu fliehen. Als er vom Fall Jerusalems und vom Aufruf zum Kreuzzug hörte, nahm er als erster das Kreuz - lange bevor die anderen Majestäten sich aufrafften - und segelte nach Akkon. Er kam zwar zu spät, um es zu entsetzen; aber er segelte weiter nach Tyros, und das hielt er mit bemerkenswertem Geschick gegen die Sarazenen. Er - der stets in einer grünen Rüstung mit einem riesigen Hirschgeweih auf dem Helm in den Kampf zog - war damals das letzte christliche Bollwerk gegen die Sarazenen, die ihn wie den Teufel fürchteten. Muße, an den französischen oder englischen Hof zu gehen, um dort Schach zu spielen und zu intrigieren, wie im Film, hatte er weiß Gott nicht. Richtig ist, daß er vor Akkon auftauchte und sich dort als Kandidat für den Thron von Jerusalem präsentierte - er hatte in zweiter Ehe Isabella, die Schwester der verstorbenen Königin Sibylle und damit die Erbin des Thrones von Jerusalem, geheiratet und fand, daß sein Schwippschwager Guy de Lusignan (der im Film bezeichnender Weise überhaupt nicht auftaucht, ja nicht einmal erwähnt wird) seine Unfähigkeit mittlerweile hinreichend unter Beweis gestellt hatte. Das sahen die anderen Ritter aus "Outremer" genauso, und so gewann er auch die Unterstützung von Philippe Auguste.

Nun treten - im Film wie in der historischen Wirklichkeit - nacheinander zwei Figuren auf den Plan, die Hauptfiguren eben: Erst Richard Löwenherz, Berengaria im Schlepptau. Während er sich im Film mit Philippe Auguste herum streitet, weil er letztere geheiratet hat, und nicht Alice, ging es in Wahrheit um etwas ganz anderes, nämlich um den Königsthron in Jerusalem. (Man verteilte schon das Fell des Bären, nicht nur bevor man ihn erlegt hatte, sondern noch bevor man sich überhaupt geeinigt hatte, auf die Jagd zu gehen!) Guy de Lusignan kam aus dem Poitou, war also ein Untertan, pardon Lehensmann Richards, deshalb wollte der ihn - unfähig hin, unfähig her - auf dem Thron wissen; und umgekehrt wollte Philippe Auguste genau das verhindern. Schließlich raufte man sich zu einem Kompromiß zusammen: Erst sollte Guy herrschen, der Ältere, und nach dessen Tode (er hatte keine Nachkommen) Conrad - der somit designierter König von Jerusalem war. Dann tritt Saladin auf. Im Film läßt er sich seine Feinde namentlich vorstellen, ein Glas von Berengaria persönlich vorgekostetes Wasser kredenzen und von Richard demonstrieren, wie dieser mit einem einzigen Hieb seines Schwertes einen Morgenstern entzwei schlägt - ohne davon sonderlich beeindruckt zu sein: "Du hast damit nur die Kraft deines Arms bewiesen, nicht die Schärfe deines Schwertes," sagt er. "Hier, zerschneide damit mal ein dünnes Seidentuch in der Luft!" - "Das ist unmöglich!" Saladin zückt sein berühmtes Krummschwert mit der Damaszenerklinge und demonstriert, daß es doch möglich ist - was die Christen schwer beeindruckt.

Exkurs für militär-geschichtlich interessierte Leser: Der Mythos dieser Szene scheint unausrottbar - vor allem in angelsächsischen Ländern. [Was nicht heißt, daß es ähnliches nicht auch anderswo gäbe. In Fritz Langs berühmtem Nibelungen-Stummfilm z.B. kommt eine Szene vor, in der Jung-Siegfried mit dem gerade geschmiedeten Balmung eine in die Luft geworfene Feder zerschneidet - deshalb glaubt Dikigoros DeMille auch nicht, daß er sich mit seinem Richard an Wagners Siegfried orientiert hat - es dürfte vielmehr Langs Siegfried gewesen sein.] Dabei ist daran so ziemlich alles falsch, was falsch sein kann (mal ganz abgesehen davon, daß Richard und Saladin einander nie persönlich begegnet sind, sondern immer nur ihre Unterhändler :-) Es beginnt schon mit dem Namen: Die "Damaszener"-Klingen stammten gar nicht aus Damaskus - das war nur ihr Hauptumschlagsplatz (so wie Panama der Hauptumschlagplatz für die aus Ekuador stammenden "Panama"-Hüte war) -, sondern aus Indien. Entgegen den Märchenonkeln (und -tanten :-) von "1001 Inventions" haben weder die Araber noch die Türken noch die Kurden noch sonst irgendein muslimisches Volk je irgendetwas eigenes in der Technik oder irgendeinem Gebiet der Kultur geschaffen (ihre Religion ist dem Wesen nach innovationsfeindlich), sondern immer nur von fremden Kulturen schmarotzt, die sie überfielen, unterdrückten und ausbeuteten, das zieht sich wie ein roter Faden durch ihre Geschichte, bis zur Erdölförder-Technik, die sie sich vom Westen bauen lassen müssen, sie selber haben nie auch nur einen Tropfen brauchbares Benzin aus dem Zeug zustande gebracht, das zufällig unter "ihrer" Wüste lagert. Zweitens gibt es kein Schwert, das zugleich im Kampf eingesetzt werden kann und ein Seidentuch in der Luft zerschneidet. Das Prinzip der "Damaszener"-Klinge, um die lange Zeit ein solches Geheimnis gemacht wurde, ist eigentlich ganz einfach - wie das "Ei des Kolumbus" und so vieles andere, auf das man nur erst einmal kommen muß: Man schmiedet mehrere Schichten von hartem, aber sprödem Eisen und biegsamem, aber unscharfem Stahl zusammen. (Über die Zusammensetzung des Eisens bzw. des Stahls wird immer mal wieder neu spekuliert; aber das ist eigentlich nebensächlich; entscheidend ist das Prinzip der Schichtung.) Und schließlich ist es ein Märchen, daß die besseren Säbel der Sarazenen in den Kreuzzügen kriegsentscheidend gewesen wären, da sie die Rüstungen der christlichen Ritter leicht durchschnitten. Die meisten der letzteren hatten sich, als sie im "Heiligen Land" ankamen, ihrer schweren Kettenhemden längst entledigt und wurden dadurch in der Regel Opfer der gegnerischen Pfeilschützen. Wenn es dennoch ausnahmsweise mal zum Kampf Mann gegen Mann und Schwert gegen Schwert kam, zogen die Sarazenen fast immer den kürzeren - nicht umsonst mieden sie den Nahkampf. Umgekehrt half es den Europäern nichts, daß sie die besseren Fernwaffen hatten, nämlich Armbrüste - die wir freilich im Film vergeblich suchen, obwohl sie auf dem 3. Kreuzzug erstmals in großem Stil eingesetzt wurden. (Für Kriege innerhalb der Christenheit hatte sie Papst Innozenz in aller Unschuld als "unchristlich" verboten :-) Sie hatten eine längere Reichweite und eine größere Durchschlagskraft; aber diesen Vorteil konnten sie im Wüstenkrieg gar nicht ausspielen - da taten es auch die leichteren und handlicheren Bögen und Pfeile.

Die besseren Waffen allein haben noch nie über den Ausgang eines Krieges entschieden. Das glaubt Ihr nicht? Dabei fängt das schon in der Antike an: Was halfen Hannibal seine Elefanten? (Dikigoros meint nicht den einzelnen, den er über die Alpen nach Italien führte, sondern die in der Schlacht von Zama!) Dto im Mittelalter: Die Schotten besiegten die Engländer nicht nur bei Stirling (was ein eher unbedeutendes Scharmützel war), sondern auch in der ungleich wichtigeren Schlacht bei Bannockburn trotz deutlich schlechterer Bewaffnung; und die Franzosen unterlagen den Engländern bei Azincourt trotz ihrer hervorragenden Rüstungen, durch die entgegen weit verbreiteter Meinung nicht einmal die Pfeile der berühmten "Langbogen" drangen. (Die schwer gepanzerten französischen Ritter sanken im Morast ein; die Engländer schlugen einigen von ihnen so lange mit ihren Hämmern - die sie eigentlich zum Bau von Palisaden mit sich führten - aufs Haupt, bis sie ganz im Sumpf versunken waren, und den Rest - der kapituliert hatte -, stachen sie kaltblütig ab wie die Schweine.) Und in der Neuzeit waren Nelsons Schiffe der kombinierten spanischen und französischen Flotte bei Trafalgar in jeder Hinsicht unterlegen - aber sie siegten durch einen tollkühnen Angriff entgegen jeglicher Kriegstheorie. Ihr meint, liebe deutsche Leser, daß Dikigoros Euch da etwas zu viel aus der englischen Geschichte vorsetzt? Nun, es geht hier ja immerhin um Richard Löwenherz, der wenigstens formell König von England war. Aber bitte, er kann Euch auch Beispiele aus der deutschen Geschichte nennen. Habt Ihr in Euren Geschichts- und Märchen-Büchern gelesen, daß z.B. der Krieg zwischen Preußen und Österreich 1866 durch das Zündnadelgewehr der ersteren entschieden wurde? Aber vier Jahre später zogen sie gegen Frankreich in den Krieg; und obwohl das Zündnadelgewehr dem Chassepot zweifellos unterlegen war, gewannen sie ihn. Ihr meint, mit den waffentechnischen Fortschritten des 20. Jahrhundert habe sich das geändert? Weit gefehlt: Die Deutschen gewannen 1940 den Frankreichfeldzug mit Panzern und Flugzeugen, die denen der Alliierten sowohl qualitativ als auch quantitativ fast hoffnungslos unterlegen waren; auch ihre Anfangserfolge im Rußlandfeldzug errangen sie mit schlechteren Panzern und Kanonen, und ihre Anfangserfolge im Seekrieg mit "U[nterwasser]"-Booten, die technisch gesehen auf dem Stand des Ersten Weltkriegs stehen gebliebene Tauch-Boote waren. 1944/45 hatten sie dagegen Panzer und Flugzeuge, die denen der Alliierten technisch haushoch überlegen waren (und sogar - als einzige - Raketen); dennoch verloren sie den Krieg, weil die Männer, die mit diesen Waffen - hätten sie rechtzeitig zur Verfügung gestanden - den Krieg hätten gewinnen können, bereits gefallen waren. In den Händen von halben Kindern - wie Dikigoros' Vater -, halben Invaliden - wie Dikigoros' Schwiegervater - und Greisen konnten sie nichts Entscheidendes mehr ausrichten. Und um politisch-korrekter Weise auch noch etwas aus der jüngsten jüdischen Geschichte nachzutragen: Die Israelis gewannen 1967 den "Sechstage-Krieg" mit alten US-amerikanischen Sherman-Panzern aus dem Zweiten Weltkrieg, die sie vom Schrottplatz geholt und notdürftig wieder hergerichtet hatten, gegen modernste russische T-56-Panzer, denen sie zu allem Überfluß auch noch zahlenmäßig unterlegen waren. Fazit: Es kommt - entgegen Saladin (bzw. DeMille :-) - in erster Linie nicht auf die Schärfe der Klinge an, sondern auf die Kraft und Geschicklichkeit des Armes, der das Schwert, das Gewehr, den Panzer, das U-Boot oder das Flugzeug führt. [Die Atombomben-Abwürfe auf Hiroshima und Nagasaki beweisen nicht das Gegenteil, denn sie erfolgten, als Japan bereits kapitulationsbereit war, und nicht als Waffeneinsatz gegen militärische Ziele, sondern als purer Terror gegen eine wehrlose Zivilbevölkerung, um nichts besser als der Terror der Muslime zu Saladins oder zu Bin Lādins Zeiten. Was half den Amerikanern ihre waffentechnische Überlegenheit in Vietnam? Und den Russen in Afģānistān? Eben - gar nichts!] Exkurs Ende.

Wie dem auch sei, nach dieser eindrucksvollen Demonstration von Kraft bzw. Schärfe gelangen beide Seiten zu der Überlegung, daß es vielleicht das klügste wäre, sich ohne Blutvergießen zu einigen. Allerdings haben die Parteien da leicht abweichende Vorstellungen: Saladin bietet den Christen an, lebend nach Hause zu fahren, während die ihm anbieten, Akkon und Jerusalem kampflos zu räumen. "Dann lassen wir Stahl sprechen," sagt Richard und greift zum Helm - es ist der mit dem Hirschgeweih, den der historische Conrad von Montferrat trug. Und Saladin überläßt die Christen mit den Worten: "Asien hat genug Gräber für alle Kreuzfahrer" vorerst ihren eigenen Streitigkeiten. Philippe Auguste ist drauf und dran, abzureisen, da taucht wieder mal der Eremit auf und ermahnt die Streithähne, ihren Zwist zu begraben, bis Jerusalem erobert und das Heilige Grab befreit sei. Und nachdem der böse Conrad von Montferrat die arme Berengaria schon fast überredet hat, ihre Ehe mit Richard annullieren zu lassen, um den Kreuzzug (und Richards englischen Thron) zu retten, setzt ihr Richard demonstrativ die Krone auf, schwört jedoch zugleich, sie nicht anzurühren, bis sein Schwert Jerusalem erobert habe. Das ist hübsch ausgedacht, denn irgendwie mußte man doch erklären, wieso Richard und Berengaria keine Kinder bekamen - wahrscheinlich war sie ebenso unfruchtbar wie ihre vier Geschwister, denn die Dynastie Sanchos des Weisen starb mit ihnen aus.

DeMille läßt seine Fantasie weiter spielen. (Was wir ihm siebeneinhalb Jahrhunderte nach den Ereignissen nicht übel nehmen dürfen - bereits nach anderthalb Jahrhunderten hatten fantasiereiche Bilder wie das, das Ihr oben seht, die Chroniken geschmückt: da ließ man Richard und den "Mohr" Saladin im turniermäßigen Zweikampf hoch zu Roß gegen einander antreten :-) Saladin - der im Film in Akkon sitzt, nicht außen davor - beschließt, durch die feindlichen Reihen zu gehen und nach Jerusalem durchzubrechen; dabei läuft ihm die zuvor verwundete Berengaria über den Weg, die er gleich als Gefangene mitnimmt. Richard läßt daraufhin Akkon stürmen (bei der Gelegenheit wird endlich der Eremit getötet - von den bösen Sarazenen, die auch ihn gefangen genommen hatten); und als er erfährt, daß Saladin mitsamt seiner Frau ausgeflogen ist (und ihr gerade eine Liebeserklärung macht - wovon Richard freilich nichts weiß), beschließt er spontan, die Verfolgung aufzunehmen. Es kommt zum Kampf; und obwohl - oder gerade weil - DeMille keinen Ortsnamen nennt, kann damit nur die historische Schlacht bei Arsuf im September 1191 gemeint sein, denn die zählte anno 1935 in der englischen Geschichtsschreibung noch zu den 10 wichtigsten Schlachten. [Die anderen waren die von Hastings, Azincourt, im Kanal (gegen die "Große Armada" der Spanier), Marston Moore, Preston, Plassy, Culloden Moore, Trafalgar und Waterloo. Nach dem Zweiten Weltkrieg geriet Arsuf in Vergessenheit und wurde ersetzt durch die Luftschlacht um England 1940. (Und böse Zungen profezeihen schon, daß die letztere bald durch eine neue "Battle of Britain" ersetzt werden könnte - aber das ist eine andere Geschichte.) Wer von Euch, liebe Leser, eine dieser Schlachten nicht kennt, sollte sie tunlichst nachschlagen, nur um zu wissen, auf welche ihrer "Heldentaten" die Briten bis heute besonders stolz sind, und um diese - selbstredend ohne strafbare "Relativierung" - richtig einzuordnen, wenn mal wieder die Rede ist vom bösen deutschen Militarismus und/oder von deutschen "Kriegsverbrechen".]

[Die Schlacht von Arsuf - Gemälde von Feron] [Die Schlacht von Arsuf - Gemälde von Doré]

Sie endet mit beiderseits hohen Verlusten - welche die Sarazenen aber viel eher ausgleichen können als die Kreuzfahrer, weshalb Richards Lage trotz seines vermeintlichen Sieges allmählich prekär wird, zumal nun auch noch der böse Conrad von Montferrat bei Saladin auftaucht und ihm anbietet, Richard ermorden zu lassen - seine Häscher seien schon unterwegs. Damit erreicht er freilich das genaue Gegenteil, denn der edle Saladin läßt ihn als "Verräter" hinrichten und schickt Richard einen Trupp Reiter entgegen, die ihn im letzten Augenblick vor seinen Mördern retten. Nun sucht Richard das Zelt Saladins auf, bietet ihm Berengaria als Friedenspfand an und einigt sich schließlich mit ihm auf eine salomonische Lösung: Die Christen dürfen Jerusalem unbewaffnet betreten, das heilige Kreuz wird wieder aufgerichtet, die Gefangenen werden befreit, und alle sind glücklich, zumal Saladin auf Berengaria verzichtet, nachdem sie ihm versichert hat, daß sie nur Richard lieben könne, der zu guter letzt sogar im Gebet seinen Glauben an Gott wieder findet. Friede, Freude, Eierkuchen. Ende.

* * * * *

Tja, aber leider war alles, was Ihr da im letzten Absatz gelesen habt, ganz anders, angefangen schon bei der Eroberung Akkons. Die verlief ganz ähnlich wie die Eroberung Jerusalems 1187: Nachdem eine erste Bresche in die Mauer geschlagen war, kapitulierte die Besatzung, und Saladin zog ab, unter Zurücklassung einiger tausend Geiseln und der Zusicherung an Richard, alsbald reichlich Lösegeld, einige christliche Gefangene und vor allem das heilige Kreuz abzuliefern. Fürwahr, zwei Ehrenmänner - von denen freilich keiner daran dachte, sein Versprechen zu halten. Saladin lieferte das heilige Kreuz nicht ab. (Die ergreifenden Szenen im Film, als all die schwer verwundeten Kreuzfahrer sich noch einmal an seinem Anblick laben, bevor sie in die ewigen Jagdgründe, pardon in den Himmel eingehen, sind also ebenfalls frei erfunden - es gab zwar reichlich Schwerverwundete, aber kein Kreuz.) Daraufhin ließ Richard alle Geiseln einen Kopf kürzer machen. Ein paar Monate später ließ er Conrad von Montferrat ermorden, von ismailitischen Sarazenen aus der Sekte der so genannten Assassinen, nach denen bis heute im Englischen und Französischen die Mörder heißen. (Es gibt Leute, die daran zweifeln und vielmehr Saladin als Anstifter vermuten; aber die Täter wurden gefaßt und sagten unter der Folter aus, daß sie für Richard gearbeitet hätten. Die Episode, die DeMille verfilmt hat, sollte sich erst auf einem späteren Kreuzzug ereignen, anno 1228, mit ganz andere Beteiligten: Die Templer wollten den vom Papst gebannten Kaiser Friedrich II ermorden, als der entgegen dem ausdrücklichen Verbot des ersteren dennoch ins Heilige Land fuhr und mit den Muslimen Verhandlungen über Jerusalem aufnahm. Sultan äl Kāmil warnte ihn jedoch rechtzeitig - ob er ihm auch persönlich zu Hilfe kam, ist unklar.) Das nahmen ihm zwei Leute besonders übel: Philippe Auguste - der kurz zuvor abgereist war - und Leopold von Babenberg im fernen Österreich. Richard gewann noch ein paar Schlachten, eroberte ein paar Städte und marschierte auch zweimal von Joppe [Jaffna] aus auf Jerusalem. Beim ersten Mal blieb er in Schlamm und Regen stecken, wie ein Dreivierteljahrtausend später Hitlers Truppen vor Moskau; beim zweiten Mal machten ihm unterwegs seine Unterführer höflichst klar, daß 99% seiner Männer gar nicht daran dachten, in dem traurigen Kaff zu bleiben, sondern nach seiner Eroberung wieder nach Hause reisen wollten (wie Richard selber ja auch - weiter ging das Kreuzzug-Gelübde nicht :-), weshalb es auf Dauer nicht zu halten wäre; also kehrte er um (was Saladin & Co. als von Allāh bewirktes Wunder empfunden haben müssen, denn sie waren mangels Nachschubs praktisch verteidigungsunfähig) und begann nachzudenken: Sobald sein französischer Vetter wieder in Europa war, würde der versuchen, ihn dort auszubooten; und seinem Bruder John in England mußte er auch endlich mal auf die Finger schauen. Also kehrte er nach Akkon zurück, um von dort die Heimreise anzutreten; das Pilgerheer löste sich auf. Saladin reagierte sofort, indem er Jaffna angriff. Aber da hatte er die Rechnung ohne den Wirt gemacht: Richard kehrte in einer Blitzaktion zurück, über See, mit dem kleinen Rest seines Haufens, bestehend aus sage und schreibe 54 Rittern (von denen nur noch 15 ein Pferd hatten) und 2.000 Knappen zu Fuß. Damit schlug er die 7.000 Reiter Saladins - der sich einmal mehr als miserabler Feldherr erwies - vernichtend. Das war im August 1192, und danach wurden erneut Verhandlungen aufgenommen. Am 3. September 1192, auf den Tag genau drei Jahre, nachdem Richard König von England geworden war (ein Datum, das von da an zum Schicksalstag der Engländer werden sollte - aber noch wußte niemand, daß auf Cœur de Lion einst Cromwell und Churchill folgen würden) schloß er einen Waffenstillstand mit Saladin, der den 3. Kreuzzug beendete - zu den Bedingungen, die der Film richtig wiedergibt - und reiste ab, mitsamt Berengaria, die er ebenso wenig los wurde wie seine verwitwete Schwester Joanna (die er gerne mit Saladins Bruder verheiratet hätte - aber weder er noch sie wollten konvertieren, deshalb zerschlug sich die Sache :-).

Damit gab es aber weder Friede noch Freude noch Eierkuchen; für die Hauptpersonen des Films nahm das Verhängnis nun erst seinen Lauf: Richard schickte Berengaria per Schiff voraus und zog aus unerfindlichen Gründen über Land nach Hause. Unterwegs schnappte ihn Leopold von Babenberg, der ihm nicht verziehen hatte, seinen Vetter Conrad ermordet zu haben, und warf ihn ins Gefängnis. (In englischen - und neuerdings auch in deutschen - Geschichts- und Märchenbüchern liest man dagegen, nicht der Mord an Conrad von Montferrat - den es ja offiziell nicht [mehr] gibt, und wenn doch, dann hatte Richard damit jedenfalls nichts zu tun - sei der Grund für diese Gefangennahme gewesen, sondern ein eher läppischer Vorfall in Akkon, als Leopold sich "angemaßt" habe, Saladins Palast zu besetzen; daraufhin habe ein Soldat Richards das österreichische Banner herunter gerissen und in den Dreck geworfen. Das ist typisch britisch gedacht - erstens der Anspruch auf den Sultanspalast, zweitens das Herunterreißen der Fahne und drittens das darob Tödlich-beleidigt-sein -; aber glaubthaft ist es nicht. Ferner liest man dort noch, daß der böse Leopold damit eine Todsünde begangen habe, denn er hatte doch das Kreuzfahrergelübde gebrochen. Ja - wieso denn das? Der Kreuzzug war beendet, wohlgemerkt durch den Verrat Richards, der mit dem "Sarazenen" Saladin Frieden - oder zumindest einen Waffenstillstand - geschlossen hatte, ohne Jerusalem erobertbefreit zu haben; dennoch belegte der korrupte Papst - der sauer war, daß Leopold ihn nicht an dem Lösegeld für Richard beteiligte - den Babenberger mit dem Kirchenbann. Leopold scherte das allerdings wenig - Geld stinkt nicht :-) Während Richard in Gefangenschaft war, riß sein Bruder John in England - auch ohne Conrad von Montferrat, dafür mit Unterstützung seiner Mutter Eleonore von Aquitanien - die Herrschaft an sich. Wieso auch nicht? (Weigerte er sich übrigens, dieser Ach-so-Böse, das - beträchtliche - Lösegeld für Richard zusammen zu kratzen? Nein, nicht im geringsten; vielmehr verhielt er sich auch in diesem Punkt äußerst loyal, obwohl ihn das bei seinen Untertanen nicht gerade beliebter machte!) Saladin starb ein halbes Jahr nach dem Waffenstillstand mit Richard, und die Muslime begannen wieder, sich untereinander zu bekriegen - ebenso wie die Christen. Knapp sechs Jahre nach Beginn des Kreuzzugs, als Richard nach England "heim" kam, stand das Angevinische Reiche vor dem Zusammenbruch, und seine lieben Alliierten - allen voran Philippe Auguste, das Fränklein vom Rosenfeld - machten sich daran, die Trümmer zu kassieren. Bei dem verzweifelten Versuch, zu retten, was nicht mehr zu retten war, starb Richard Löwenherz 1199 im Kampf vor irgendeiner unbedeutenden kleinen Festung. (Übrigens durch den Treffer einer Armbrust - bei der Verteidigung einer festen Stellung gegen schwer gepanzerte Ritter war diese Waffe schon von Vorteil; und das Verbot des Papstes wurde nur zu oft ignoriert - Not kennt kein Gebot :-) Mit ihm ging die große Zeit der Plantagenets zuende: Sein Bruder John verlor - im Bündnis mit den norddeutschen Welfen, Heinrich der Löwe war in zweiter Ehe mit Richards (und Johns) ältester [Voll-]Schwester Mathilda verheiratet - den Krieg gegen die französischen Capetinger und die süddeutsch-italienischen Staufer (auch für Deutschland ein Verhängnis!), und anschließend mußte er die Macht mit den anglo-normannischen Baronen teilen.


Krondomäne - Kronlehen ------------- Geistliche Herren -- Lehen Englands

Der große Gewinner hieß Philippe Auguste, der nicht nur die meisten englischen Besitzungen auf dem Kontinent gewann, sondern im Zuge dessen, was man heute die "Albigenser-Kreuzzüge" nennt, auch die Grafschaft Toulouse unterwarf und damit den Grundstein legte zu dem, was man - so man kein Okzitanier ist - heute "Frankreich" nennt. Die Reste der Kreuzfahrerstaaten (die bei Richards Abreise ja immerhin noch Akkon, Tyros, Jaffa, Askalon und einige andere feste Burgen nebst Hinterland umfaßt hatten) gingen bald darauf an die Sarazenen verloren, und nie versuchten die Christen noch einmal ernsthaft, sie zurück zu erobern. (Die späteren Kreuzzüge richteten sich gegen Byzanz oder Kairo; und die britische Besatzungszeit 1919-1948 war ja offiziell nur eine Treuhänder-, keine Herrschaft.) Wie sollte ein deutscher Historiker im Jahre 1967 griesgrämig schreiben: "Letztlich war der 3. Kreuzzug ein Mißerfolg, denn Jerusalem blieb in den Händen der Muslime - für immer." Er konnte nicht ahnen, daß wenige Wochen später ein anderer kleiner, dicklicher Einäugiger es ihnen wieder entreißen sollte - er war allerdings kein Christ, sondern ein jüdischer General mit Namen Moses (das spricht sich "Mosche"), einer der bedeutendsten Feldherren der jüdischen Geschichte. [Änderte sich dadurch etwas am seinerzeit von Richard Löwenherz ausgehandelten freien Zugang zu den Heiligen Stätten Jerusalems für unbewaffnete Angehörige aller Religionen, der die Jahrhunderte überdauerte hatte? Zunächst nicht. Aber 40 Jahre später verwehrte der zuständige Oberrabbiner, ein gewisser Schmuel Rabbinowitz, einer Pilgergruppe von Bischöfen aus der Heimat Leopolds von Babenberg den Zugang zur "Klagemauer" mit der Begründung, daß sie christliche Kreuze - also Waffen im Glaubenskampf - um den Hals trügen. Damit machte er sich und Israel viele neue Freunde in der katholischen Welt; zum Glück wurde dieser Vorfall wenigstens in den staatlich gelenkten Medien der BRDDR tot geschwiegen, sonst hätte noch jemand unvorteilhafte Vergleiche ziehen können, und "Relativieren" ist ja dort bekanntlich ein Straftatbestand. Nein, liebe anti-zionistische Leser, man kann gegen den seligen General Dajan einiges sagen - er soll noch korrupter gewesen sein und insbesondere noch mehr Kunstschätze für seine Privatsammlung zusammen geraubt haben als der notorische Reichsmarschall Göring -; aber so dumm, etwas derartiges zuzulassen, wäre er bestimmt nicht gewesen!]

[Mosche Dajan] [Mosche Dajan 1967 beim Einzug in Jerusalem]

Ja, noch einmal die Juden. Bei DeMille scheint es sie gar nicht zu geben. Wirklich nicht? Nun, in der Wirklichkeit vielleicht nicht mehr, denn bei der Eroberung des Heiligen Landes anno 1099 hatten die ersten Kreuzfahrer nicht nur unter den Muslimen, sondern auch unter den Juden ganz schön aufgeräumt. (Wohl gemerkt: Die Juden hatten damals zusammen mit den Muslimen Jerusalem, Ramla, Jaffa, Haifa und andere Orte gegen die Christen verteidigt und keine Gnade zu erwarten.) Also wäre es nur konsequent gewesen, wenn man auf dem 3. Kreuzzug keine mehr angetroffen hätte. Aber... Wenn Ihr den Film gesehen habt, liebe Leser, wer macht Euch da als Schauspieler den meisten Eindruck? Henry Wilcoxon? Gewiß. Ian Keith? Ja, auch der, obwohl er auf den Filmplakaten nicht einmal erwähnt ist, geschweige denn abgebildet. Mit "Richard Löwenherz" und "Sultan Saladin" weiß ja auch jeder etwas anzufangen. Aber danach? Abgesehen davon, daß die beiden weiblichen Hauptrollen schlecht besetzt sind, sind auch ihre historischen Vor-Bilder nur schwer zu fassen: Philippe Augustes Schwester Alice (oder Alix) hat es wohl gegeben, und sie heiratete irgendwann einen flandrischen Grafen, aber mehr ist von ihr nicht bekannt. Dto Berengaria - oder wie die Spanier sie nennen, Berenguela -; schon weil sie keine Kinder hatte, verschwand sie aus der Geschichte, durch die sie ohnehin nur schemenhaft gehuscht war. Aber eines muß doch vor allem den älteren Semestern unter Euch aufgefallen sein: Joseph Schildkraut alias "Conrad von Montferrat" sieht aus wie Heini Haschkowetz alias "Ferdinand Marian" in der Hauptrolle von "Jud Süß" (für die er offenbar das Vor-Bild abgegeben hat), und er handelt genau so, wie man sich zu jener Zeit - nicht nur im Dritten Reich, sondern auch im edlen England - den bösen, hinterhältigen, stets intrigierenden und zu jeder Schandtat bereiten Juden vorstellte. (Und der bereits Anfang der 1920er Jahre in die USA emigrierte Wiener Jude Schildkraut gab sich bereitwillig für diese Rolle her; er hatte auch schon den Judas in dem DeMille-Film "König der Könige" gespielt - die Kinogänger, besonders die DeMille-Fans, wußten also ganz genau, wofür er stand.)

[Schildkraut als Conrad von Montferrat] [Marian als Jud Süß]

Längerer Exkurs. Da Dikigoros an keiner anderen Stelle seiner "Reisen durch die Vergangenheit" eine bessere Gelegenheit sieht, auf jenen Film einzugehen, will er es hier tun. Er ist sicher eine Geschichtsklitterung - mehr als die meisten anderen historischen Filme des Dritten Reichs (aber ungleich weniger als fast alle "historischen" Filme, die nach dessen Ende in und über Deutschland im allgemeinen und über eben jenes Dritte Reich im besonderen entstanden sind - lest dazu einmal das Interview mit Volker Schlöndorff, das Euch Dikigoros auf der Eingangsseite verlinkt hat, der sich ganz freimütig dazu bekennt, die Geschichte bis zur Lächerlichkeit zu verfälschen, wenn sie dadurch nur "politisch korrekt" dargestellt wird). Er ist dies jedoch aus ganz anderen Gründen als sie heutzutage meist kolportiert werden, denn eigentlich kommen alle Beteiligten im Film viel zu gut weg: Karl Alexander von Württemberg war kein armer, vom Juden verführter Fürst, sondern ein ganz krummer Hund, der an der Steuerbewilligung des Parlaments vorbei regieren wollte, das damals, im Ständestaat, noch eine echte Interessenvertretung der Steuerzahler war und den Regierenden sehr genau auf die Pfoten schaute (nicht wie heute, im Parteienstaat, wo Regierung und Parlament praktisch identisch besetzt sind und einander nicht mehr kontrollieren, sondern nur noch gegenseitig in die Hände - und Taschen - spielen). Genauer gesagt wollte er mit ausländischen - katholischen - Truppen das protestantische Württemberg besetzen lassen und den Ständestaat abschaffen; um all das zu finanzieren wäre ihm ein arisch-christlicher Finanzhai ebenso recht gewesen wie ein jüdischer. Auch die Stände waren nicht so treu-deutsch und edel, wie es der Film suggeriert; vielmehr machten sie am Ende mit "Jud Süß" - der ihnen die Staatsstreichpläne des Fürsten verriet - gemeinsame Sache; Karl Alexander starb just einen Tag vor seinem geplanten Staatsstreich unter mysteriösen Umständen - im Totenschein stand später "Schlaganfall". Josef Süß-Oppenheimer war ein Hurenbock, der es keineswegs auf nur eine Frau abgesehen hatte, und den man letztlich nicht wegen "Rassenschande" - wie im Film -, sondern wegen mehrfacher Vergewaltigung und Erpressung zur Unzucht hinrichtete; auch das hätte einem Nicht-Juden ebenso passieren können. Im Film ist auch die Reihenfolge der Geschehnisse vertauscht: Veit Harlan läßt Karl Alexander erst an einem Schlaganfall sterben, als er von Oppenheimers "Schandtaten" erfährt, was zwar historisch falsch ist, aber immerhin logisch erscheint. Jedenfalls war diese Darstellung im Film keine angemessene Rechtfertigung für die Behandlung seiner Macher und Mitmacher nach dem Krieg: Den armen Ferdinand Marian trieb man in den Selbstmord; mit Veit Harlan versuchten die alliierten Besatzer und ihre demokratischen-gutmenschlichen Marionetten das auch: Er wurde enteignet und eingekerkert, entrechtet und geächtet; die Filme, die er gedreht hatte, wurden vernichtet oder verboten, und damit "des Teufels Regisseur" keine weiteren mehr drehen konnte, wurde er mit Berufsverbot belegt -, aber es gelang ihnen nicht, denn in letzter Instanz wurde er frei gesprochen (Dank eines mutigen Vorsitzenden Richters namens Walter Tyrolf, der dafür auch selber noch über seinen Tod hinaus geächtet und verleumdet wurde); deshalb verfuhr man mit dem Drehbuchautor noch radikaler, nämlich nach der Methode, die George Orwell in 1984 als "Memory hole [Erinnerungsloch]" bezeichnete: Man tilgte ihn und seine Werke aus allen Aufzeichnungen, d.h. einen Eberhard Wolfgang Möller hat es nie gegeben, ebenso wenig sein unsterblich schönes Gedicht "Wir trauern nicht an kalten Sarkophagen", aus dem Dikigoros auf der Eingangsseite seiner Reisen durch die Vergangenheit zitiert: "Es sterben viele; viele sind geboren..."

Die eigentliche Geschichtsklitterung in "Jud Süß" liegt ganz woanders: Warum verfällt denn der Fürst dem jüdischen Geldgeber? Weil er ach-so-skandalöse Luxus-Dinge finanzieren will wie ein Ballett und ein Orchester, und das Ständeparlament ihm das verweigert. Merkwürdig, daß ausgerechnet im "Dritten Reich", wo doch von Staats wegen auf das "Kulturschaffen" so großer Wert gelegt wurde, einer Filmhandlung eine solche Motivation zugrunde gelegt werden konnte. Ja, liebe Leser, es gibt eine Menge unnützer Projekte, die auch heutzutage noch mit Steuergeldern finanziert werden, auch und gerade im Bereich der so genannten "Kunst" und "Kultur". Aber was glaubt Ihr denn, wie es heute um Dinge wie klassisches Ballett, Theater und Musik bestellt wäre, wenn es im 18. und 19. Jahrhundert nicht Leute gegeben hätte, die bereit waren, für solch "überflüssigen Luxus" Staatsgelder auszugeben? Dikigoros will es Euch verraten: Es gäbe sie nicht, sondern allenfalls das "privat" finanzierte Gejaule und Gehopse, wie man es aus den heutigen Discotheken kennt. Und wer würde sich heute noch darüber aufregen, wenn ein Mann einer verheirateten Frau nachsteigt (und sei es in die Besenkammer :-)? Sie würde sich geschmeichelt fühlen; und wenn er prominent wäre, stände es vielleicht am nächsten Tag in der Zeitung - womöglich gar mit einer lobenden Erwähnung. (Wohl gemerkt: Als "Jud Süß" beginnt, Dorothea den Hof zu machen, tut er das ganz korrekt, denn sie ist noch nicht verheiratet - sie heiratet erst später, heimlich, hinter seinem Rücken.) Auch da gibt der Film nicht viel her, was man bekritteln könnte - im Gegenteil: Die Sex- und Folterszenen sind so verharmlost, daß er ab 12 Jahren frei gegeben werden konnte; und das bedeutete damals - 1940 - etwas anderes als zu Beginn des 21. Jahrhunderts, da schon im Nachmittags-Programm des "Jugend"-Fernsehens Vergewaltigung, Mord und Totschlag ganz explizit an der Tagesordnung sind. Über die "Schamlosigkeit" der Steuern und Sondersteuern, "Solidaritäts"-Zuschläge, Sozialabgaben etc. wollen wir uns gar nicht erst auslassen - "Jud Süß" wäre schamrot (und noch viel schneller hingerichtet :-) geworden, wenn er den Untertanen des Herzogs damals auch nur einen Bruchteil der Steuern und Sozialabgaben auferlegt hätte, wie es heute "demokratisch" gewählte, arische und unarische, christliche und unchristliche Regierungen regelmäßig tun, ohne mit der Wimper zu zucken.

Zurück zu DeMille. Hatte er etwas gegen "die" Juden? Gute Frage. War er nicht selber einer? Noch bessere Frage - und noch schwieriger zu beantworten. Seine Mutter war gebürtige Jüdin; und nach mosaïschem Recht zählt ja allein die matrilineare Abstammung. Wenn eine Jüdin einen Goj heiratet, dann wird das zwar nicht gerne gesehen, aber es ist noch keine Katastrofe. Es wird von ihr lediglich erwartet - ja, als selbstverständlich voraus gesetzt -, daß sie ihren Ehemann mit einem Juden betrügt und ihm die Kuckuckseier unterschiebt; deshalb gelten alle Kinder einer Jüdin grundsätzlich als Juden. (Und zwar als vollwertige Juden; es gibt keine Fisematenten wie bei den Nazis mit ihren Halb- und Vierteljuden. Umgekehrt dürfen Juden zwar Schicksen heiraten, aber die gelten als Kebsweiber, und deren Kinder als Gojim.) Der Ärger ist, daß DeMilles Mutter nicht nur einen Goj heiratete, sondern auch selber zum Christentum konvertierte. Sie war also eine Renegatin, und das gilt als Todsünde, die unweigerlich ein Todesurteil nach sich zieht. Das wird zwar heutzutage nicht mehr unbedingt fysisch vollstreckt (anders als bei den Muslimen, die das ja von den Juden übernommen haben), aber gesellschaftlich ist sie von da an gestorben. Und was für echte Juden am schlimmsten ist: Ihre Kinder werden zu Gojim und ebenso geächtet wie sie. DeMille mag das in Hollywood - das ja von Juden beherrscht wurde und wird - besonders bitter empfunden und entsprechend reagiert haben, wobei offen bleiben kann, was Ursache und was Wirkung war. Tatsache ist, daß er als einziger großer Hollywood-Regisseur keinen seiner Filme mit Juden besetzt hat - auch nicht solche, bei denen sich das förmlich aufdrängte, wie "Die 10 Gebote", wo er den Moses von Charlton Heston spielen ließ. Ob das nun daran lag, daß kein anständiger Jude für ihn spielen wollte oder daran, daß er umgekehrt keinen spielen lassen wollte - vielleicht auch, weil das Publikum zur Abwechslung mal ein paar Nicht-Juden auf der Leinwand sehen wollte? Der Anti-Semitismus war in den USA ja mindestens ebenso weit verbreitet wie in Europa und anderswo - darüber kann man nur Spekulationen anstellen, an denen sich Dikigoros indes nicht beteiligen will.

Wie dem auch sei, siebzehn Jahre nach "The Crusades" leistete Hollywood "Wiedergutmachung": Anti-Semitismus war nicht mehr "in", nachdem man dessen Bekämpfung nachträglich zur moralischen Rechtfertigung des Kreuzzugs gegen "Nazi-Deutschland" hoch stilisiert hatte. Also mußte ein neuer Film über Richard Löwenherz, Johann Ohneland & Co. her, der das alles ganz anders darstellte. Richard Thorpe (der zehn Jahre später "Fun in Acapulco" mit Elvis Aaron Presley in der Hauptrolle drehen sollte) verfilmte den Roman "Ivanhoe" von Walter Scott und besetzte die beiden Hauptrollen der "Guten" - Ivanhoe, den braven Ritter, der im Stile eines tüchtigen jüdischen Bankiers das Lösegeld für seinen von den Nazi-Deutschen gefangen gehaltenen König zusammen bringt, und Rebecca, die edle Dame seines Herzens - mit den Juden Robert Taylor und Elizabeth Taylor. (In Wahrheit hatte Johann Ohneland das Lösegeld zusammen gekratzt, u.a. durch massive Steuererhöhungen, und war erst dadurch zu einem der beiden unbeliebtesten englischen Herrscher aller Zeiten geworden - neben dem von Shakespeare so bösartig verleumdeten Richard III, weshalb es bis heute keine englischen Könige eines dieser Namen mehr gegeben hat :-) Damit war alles wieder in koscherer Butter, obwohl niemand in diesem Film irgend eine historische Rolle nachhaltig zu prägen vermochte. Längerer Exkurs Ende.

* * * * *

Gut sechseinhalb Jahrhunderte, nachdem Richard Löwenherz Sizilien besetzt hatte, fiel die Insel erneut in die Hände einer fremden Macht - die von Piemont-Sardinien, dessen Duodezfürst damals allerlei Nachbarländer überfiel, annektierte, und seinen Raub nachher kackfrech als "Königreich JerusalemItalien" bezeichnete. Seine wichtigsten Verbündeten bei dieser Heldentat waren der König, pardon Kaiser von Frankreich - der ihm tatkräftig Waffenhilfe leistete -, und der König, pardon die Königin von England - die das alles finanzierte. Zum Dank errichtete ein "italienischer" Bildhauer vor dem Parlamentsgebäude von Westminster ein Denkmal auf Richard Löwenherz, das noch heute dort steht und 1995 - als die Briten für kurze Zeit mit dem Gedanken spielten, bei einer europäischen Einheitswährung mitzumachen - als Vorlage für jenes Zahlungsmittel dienen sollte.

[Denkmal Richards vor dem Parlamentsgebäude]

An einer amerikanischen Universität wird heute im Anschluß an die Film-Kritikerin Pauline Kael gelehrt, daß "The Crusades" eine der Hauptquellen für falsche Vorstellungen über die Kreuzzüge [gewesen] sei; aber das ist viel zu allgemein gehalten. Was sich Cecil DeMille da mit der "Verjudung" und Verleumdung Conrads von Montferrat geleistet hat, ist übelste Geschichtsklitterung von einem ganz anderen Kaliber und einer ganz anderen Wertigkeit als das, was Veit Harlan in "Jud Süß" getan hat. Letzterer hat nicht behauptet oder auch nur angedeutet, daß der historische Oppenheimer den Fürsten an seine Feinde verraten hätte, um ihn ermorden zu lassen (obwohl beides möglicherweise der Fall war) und sich selber an seine Stelle zu setzen (bzw. in sein Ehebett zu legen). DeMille dagegen läßt Conrad von Anfang an ein Auge auf Berengaria werfen, weshalb er ihre Ehe mit Richard erst verhindern und dann zerstören will. Dann will er Richard an seinen Gegenspieler Saladin verraten und ihn schließlich ermorden lassen, um selber Herrscher über die Christen im Morgenland zu werden. Sollte das vielleicht eine Anspielung auf den Wunsch der Zionisten sein, in Palästina eine eigene Heimstatt zu finden? Und diesen Wunsch (den die Engländer nie ernsthaft unterstützt, sondern vielmehr bis zuletzt - offen oder heimlich - bekämpft haben) etwa als verwerflich darstellen? Aber lassen wir diese Frage dahin stehen; Dikigoros behandelt sie in einem anderen Kapitel dieser Reise durch die Vergangenheit.

[Saladins Sarg]

Knapp sieben Jahrhunderte nach Richard Löwenherz sollte der deutsche Kaiser Wilhelm II auf Kreuzfahrt gehen, u.a. nach Damaskus, wo er auch Saladins Grab besuchte, das inzwischen fast völlig verfallen war. (Was scherte die Türken, die damals über Syrien herrschten, der alte Kurde?!) Er ließ ihm ein pompöses Mausoleum bauen, seine Gebeine in einen Marmor-Sarkofag betten und darüber eine silberne Nachbildung von Aladins Wunderlampe aufhängen. (Der deutsche Steuerzahler hatte es ja - fast wie heute.) Die Angelsachsen verziehen ihm das nie. 1914 beschlagnahmten die USA - gute "Neutrale", die sie ja waren - S.M.S. "Imperator", das nach dem Untergang der "Titanic" größte Kreuzfahrtschiff der Welt, und mißbrauchten es als Waffen-, Munitions- und Truppentransporter für die Entente; und drei Jahre später traten sie auch offiziell in den Kreuzzug gegen die deutschen 'Hunnen' ein. (Nein, ihr Anführer wurde nicht "Löwenherz" genannt, sondern Nigger Jack, und er war auch nicht ihr König - der hieß Woodrow und blieb schön zu Hause vor dem Kamin sitzen - deshalb hießen die Könige jener Zeit auch nicht mehr so, sondern "Vorsitzer [Präsidenten]"). Nach dessen siegreicher Beendigung lieferten sie das Schiff an England aus, das es als Teil der vom Deutschen Reich zu zahlenden Reparationen einbehielt und umbenannte - in "Berengaria".

[H.M.S. Berengaria, vormals S.M.S. Imperator] [Kreuzritter gegen die Hunnen]

Auf den Tag genau 750 Jahre, nachdem Richard Löwenherz König von England geworden war und das Kreuz genommen hatte, riefen seine Nachfolger im Geiste erneut zu einem großen Kreuzzug auf, und wieder stand auf dem Papier ein großer Erfolg. Damit gab es aber weder Friede noch Freude noch Eierkuchen. Knapp sechs Jahre nach Beginn des Kreuzzugs, als die englischen Truppen "heim" kamen, stand das britische Empire vor dem Zusammenbruch, und seine lieben Alliierten - allen voran die USA unter Fräklein Rosenfeld - machten sich daran, die Trümmer zu kassieren. Bei dem verzweifelten Versuch zu retten, was nicht mehr zu retten war, starb Churchill 1965 im Kampf vor der Festung Europa, die von den Franzosen und Deutschen gemeinsam verteidigt wurde. Mit ihm ging die große Zeit der Marlboroughs zuende; aber wie es danach mit England weiter ging, darüber schreibt Dikigoros an anderer Stelle. Die EWG - wie die "Festung Europa" damals noch genannt wurde - siegte (auch für Deutschland ein Verhängnis!); der große Gewinner aber waren die USA, die unter Fränkleins Nach-nachfolger Taillefer (so hätten ihn die Zeitgenossen Richards und Philippes genannt) nicht nur die meisten englischen Besitzungen auf allen Kontinenten gewannen, sondern im Zuge dessen, was man heute "Friedens-Missionen" nennt, ein paar Jahrzehnte später auch die Heimat Saladins unterwarfen und damit den Grundstein legten zu dem, was man heute "die einzige verbliebene Weltmacht" nennt.

Die Reste der Kreuzfahrerstaaten in Outremer aber sind bis heute nicht zur Ruhe gekommen; um sie wird weiterhin erbittert zwischen Muslimen, Juden und ein paar übrig gebliebenen Christen (im Libanon) gekämpft - nicht nur offen auf dem Schlachtfeld, sondern auch hinterhältig, mit Terror-Anschlägen gegen die Zivilbevölkerung - einer Spezialität der Muslime. Und diese Spezialisten sind in Einheiten organisiert, die sie sowohl im Zweistromland als auch in Palästina "Saladin-Brigaden" nennen. (Letztere sind übrigens ein Gemeinschaftsprojekt von "Fatah" und "Hamas" - nur westliche PolitnarrenBerufspolitiker und andere Naïvlinge glauben an den ihnen vorgespiegelten Unterschied oder gar Konflikt zwischen jeden beiden kriminellen Vereinigungen, der nur aufgezogen wird, damit man doppelt abkassieren kann: als "Fatah" vom Westen, und als "Hamas" von den Arabern und Iranern :-) Aber nie versuchte noch einmal jemand ernsthaft, eine halbwegs friedliche Lösung zu finden, wie einst Richard und Saladin.

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Knapp drei Jahrzehnte nach DeMille verfilmte der ägyptische Regisseur Jussuf Khahin den Stoff erneut unter dem Titel "Es-Nasser Salah-Ed-din", wobei freilich auch er mehr auf den Spuren des Drehbuchs von "The Crusades" wandelte als auf denen des historischen Saladin - wovon man sich neuerdings auch im Internet überzeugen kann. So nimmt es nicht Wunder, daß sich kaum noch jemand an den Hauptdarsteller - Ahmäd Mazhar - erinnert, geschweige denn in ihm eine Verkörperung Saladins sieht, weder in Ägypten noch in Deutschland, wo es weitere 20 Jahre dauern sollte, bis eine synchronisierte Fassung unter dem Titel "Sultan Saladin" ins Fernsehen kam.

Sieben Jahrzehnte nach DeMille wurden zwei weitere Versuche unternommen, das damalige Geschehen auf die Leinwand zu bannen. Der erste war ein Monumentalfilm, den Ridley Scott drehte, mit einem materiellen Aufwand, vor dem selbst der des Altmeisters verblaßte. Allerdings hat er nur die Vorgeschichte des Dritten Kreuzzuges zum Thema - Ghassan Massoud spielt als Saladin eigentlich eine Nebenrolle, und Richard Löwenherz kommt nur in der Schlußszene mit zwei knappen Sätzen vor. Hauptfigur ist der Stadtkommandant Balian von Ibelin (s.o.), von dem wir so wenig wissen, daß ihm die Drehbuchautoren einen hübschen Lebenslauf zusammen dichten konnten; aber da kaum jemand diese historische Gestalt kennt, ist es müßig zu fragen, ob Orlando Bloom sie geprägt hat oder nicht. Der Film hält sich fasenweise fast wörtlich an die Überlieferung der alten Chroniken - und dennoch biegt er die Wahrheit in ganz wesentlichen Punkten um. Jede Zeit macht sich ihre Ideologie, und die Macher von "Kingdom of Heaven [Königreich der Himmel]" fühlten sich der Idee verpflichtet, daß ein friedliches Zusammenleben von Christen, Muslimen und anderen Konfessionen im "Heiligen Land" durchaus möglich wäre, wenn... ja wenn nicht auch hier wieder die bösen Deutschen Unfrieden gestiftet hätten. Denn Balduin IV, der letzte allgemein anerkannte König von Jerusalem, wäre mit allen gut ausgekommen, auch mit den "Sarazenen". (Das mag schon sein, aber nicht weil er so ein toleranter Gutmensch gewesen wäre, sondern weil sie ihn fürchteten :-) Nur die bösen Tempelritter - in denen der amerikanische Kinogänger unschwer die Damned Dutch wieder erkennt (in Wahrheit waren es meist Franzosen) -, allen voran der rot-blonde, blauäugige "Hunne" Rainald de Chatillon (s.o.), sind schuld, daß der Krieg wieder ausbricht und schließlich verloren geht. Die Schäbigkeit des edlen Patriarchen Heraklios, die Euch Dikigoros oben geschildert hat, verschweigt er dagegen ebenso dezent wie DeMille; vielmehr läßt der edle Saladin alle Christen kostenlos aus Jerusalem abziehen, voilà. (Und die Moral von der Geschicht'? Vielleicht, daß die edlen Palästinenser von heute ebenso großzügig mit allen Juden u.a. Nicht-Muslimen verfahren würden, die Jerusalem - und das ganze "Heilige Land" - "freiwillig" verließen? Wie schön!) Der zweite war ein Stummfilm der BBC mit "wissenschaftlichem" Kommentar, den ein Namensvetter des Löwenherzigen drehte, Richard Bedser, der "dokumentarischen" Charakter für sich in Anspruch nahm. In Wahrheit betrieb auch er Geschichtsklitterung: Saladin wird wieder nicht klein, buckelig und einäugig dargestellt, sondern - durch Hichem Roston - groß und kräftig, und Richard - durch Derek Lee - als richtiger "Bat.d'Af.", wie die Franzosen früher gesagt hätten, als eine Mischung aus Berserker und Fremdenlegionär. Beiden wird unterstellt, daß die Triebfeder ihres Handelns allein der wahre Glaube gewesen sei - für Saladin als braven Muslim der an Allah, für Richard als braven Christen der an Gott. Und was das schönste ist: Um sie herum war gar nichts, kein Eremit, kein Philippe Auguste und erst recht kein Konrad von Montferrat - die beiden einsamen Streiter führen mit ihren namenlosen Heeren gewissermaßen einen edlen Zweikampf, so wie die Engländer sich das vorstellen. Nun wartet Dikigoros nur noch auf eine Neuverfilmung, in der weder Saladin noch Richard vorkommen... (Nicht lachen, liebe Leser, das ist durchaus möglich - denkt nur mal an Moustapha Akkads hirnrissigen Film "Mohammad, Messenger of God" von 1976, eine lobhudelnde Biografie des Muslim-Profeten mit Anspruch auf "historische Wahrheit", in der die Titelfigur zwar theoretisch vorkommt, aber praktisch nicht gezeigt werden darf, weil der Islam die Abbildung des Profeten doch verbietet - und der gute Saladin steht Muhamad in den Augen mancher muslimischer "Historiker" ja beinahe gleich. Übrigens war das an den Kinokassen trotz beinahe weltweiten Verleihs ein ziemlicher Flop, der sein Budget von 10 Mio US-$ nur zur Hälfte wieder einspielte - die Differenz bezahlte der libysche "Revolutionsführer" Gaddafi aus seiner Privatschatulle :-)


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