Frankfurter Graffitiprojekt.
Erstveröffenlichung
beim ifg.
Ich
fotografiere seit 1988 fortlaufend im Rhein/Maingebiet Graffiti, die
Sammlung ist derzeit auf ca. 10.000 Bilder angewachsen.
Wie hat
dies begonnen? Mit einer witzigen Geschichte:
Wir
schreiben das Jahr 1984, und ich hab eine Katze zu füttern.
Weiß nicht mehr, wie ich auf diese Schnapsidee gekommen bin, habe
mir einen Stift gegriffen und den Katzennamen da und dort an die Wand
geschrieben. Unter anderem auf dem Kneipenklo, worauf umgehend die
Antwort "Hallo Saul" folgte, in meinem damaligen Kreis war der Name
meines Stubentigers bekannt. Rückblickend gesehen, hab ich also
ein Tag geschrieben, ohne zu wissen, was ein Tag ist. 1984 gab's in
Frankfurt noch keine Writer, allenfalls Reste von H. Naegeli und die
unvermeidlichen Politparolen.
Der
tatsächliche Anfang war 87/88, da und dort waren nun diese
"Hieroglyphen" zu sehen. Noch hab ich nicht verstanden, was das soll,
aber es brachte mich auf den Gedanken: "das lässt sich zumindest
ablichten". Im Rahmen meiner ABM-Stelle musste ich einen Stapel
Zeitungen für den ID-Amsterdam abholen und zwar in Hofheim. Dahin
fährt man zweckmäßigerweise mit der S-Bahn und
unterwegs gab's die ersten Pieces zu sehen. Ich konnte es kaum lesen
und hatte keine Idee, was das sollte - macht nix, die alte Praktika
(lang nicht mehr benutzt) gegriffen und nur noch ein Gedanke: "Ich
krieg sie vor die Linse". Also die S-Bahnstrecken abfahren und sehen,
was da ist. Der nächste Schritt, ein Griff zum Stadtplan, wo gibt
es versteckte Architektur - soll heißen - Unterführungen,
Bahnbrücken, Stellen, wohin sich nachts kaum jemand verirrt. Und
ich hatte den richtigen Riecher. Ich wollte doch nur dokumentieren, war
es eine zugetaggte Unterführung, die mich auf dumme Gedanken
brachte? Nicht mehr nachzuvollziehen, aber warum mach
ich das nicht auch? War nicht ganz so selbstverständlich, ich war
bereits 30, in dem Alter schmiert man doch nicht an der Wand rum. Und
warum nicht? Pfeif drauf, wozu gibt's Stifte und die
Marke Edding? Hat mir später geholfen, als ich die ersten
Writer kennen lernte, teils genau an den Stellen, wo auch am
Tag kein normaler Mensch hingeht. Half das Misstrauen zu beseitigen,
ich sah schon altersmäßig nicht wie ein Writer aus,
zu der Zeit waren die alle so zwischen 15-20. Also lernte ich
nach und nach Brain, Bomber, Sair (bei Flugzeugabsturz gestorben), Sik,
Zip und den Rest kennen.
Die
Sammlung wuchs an, meine Fachkenntnisse ebenso. Ich lernte das
Bahnsystem kennen, wohin die Züge fahren, wann sie wiederkommen,
wo man sich zweckmäßigerweise hinstellt und mit Jörg,
der ebenfalls ablichtete, konnte ich mir einen unernsten Wettkampf
liefern: Wer kriegt mehr vor die Linse.
Dann gibt
es die legalen Aktionen, da bekommt man was vor die Linse, aber da wird
ohnehin schon genug fotografiert. Natürlich werden illegale Bilder
anders gewertet als Leinwandbilder, trotzdem wollte ich diese Wertung
nicht für
Fotos übernehmen, auch Leinwandbilder passen in so eine Sammlung,
warum auch nicht?
Längst
die Kamera gewechselt, Züge warten nicht auf die
richtige Zeit und Blende. Dann gab's Abenteuer vor der Haustür,
wie kommt man ins Vorfeld? Wann kann man hingehen? Wie kommt man lebend
wieder raus? Wie viel soll man riskieren? Man lernt die Ohren zu
spitzen, wenn die Weiche zu hören ist, nicht warten, bis die
Schienen zu singen anfangen.
Und man lernt seine Mitmenschen kennen. Die Gespenster sehen
sie nicht, nur die Spuren. Dafür sehen sie mich beim
Ablichten. "Und sie fotografieren diesen Dreck auch noch?", "Denen
sollt man die Hand abhacken!". Das gesunde Volksempfinden hatte ein
neues Hassobjekt gefunden. Oder wenn Wandbesitzer mit Bullen und
Schlimmerem drohen, weil sie meinen, einen gefunden zu haben, der es
gewesen sein soll - das muss man wegstecken können.
Dass man
Bahnarbeitern auffällt, kommt vor, macht nix, darüber
lässt sich reden. Ist mein Risiko - und ich bin nicht
lebensmüde. Erst mal es auf vernünftige Weise versuchen. Mit
manchen Gestalten kann man nicht reden, wenn sie einen beim Dosenziehen
erwischt haben - vor allem, wenn sie Uniform tragen. Dann schwingt man
sich besser aufs Rad und sucht einen ruhigeren Arbeitsplatz. Anfang der
90-er war ich so tief drin, dass ich das Gras wachsen hörte, stets
die neusten Geschichten. Wo gibt's neue Bilder, wer wurde
mal wieder beim Rippen erwischt oder im Yard von der Soko.
Solche Sachen gingen stets in der Szene rum, wie ein Lauffeuer. Und
gelegentlich glühten die Telefondrähte, Grossalarm, ein TTB
fährt wieder. Na und wenn ich mir eine Nacht um die
Ohren schlage, um mit ins Yard zu kommen, dann soll es sich
gelohnt haben. Gibt nette Nachtbilder.
Um
im U-Bahntunnel zu fotografieren, muss man sich schon die Nacht
um die Ohren schlagen, ich konnte aber auch die seltene
Gelegenheit eines Streiks nutzen und tagsüber durch
den Tunnel wandern. Schwachsinn da rumzusprühen, aber
auch solche Bilder passen in die Sammlung und wenn man schon da unten
ist, wenigstens eine Dose schadet nicht. Der erste in Frankfurt war
Sair und seine Tunnelbilder gibt es heut noch.
Zum
Stichwort Marktwert ist noch eine Anmerkung fällig. Einen gewissen
Marktwert hatten sowohl Graffiti als auch Fotos davon, solang es neu
war und es wenig davon gab. Nachdem es zur Massenerscheinung wurde,
verloren die Medien das Interesse und wer weiter ablichtete, tat dies
nicht mit dem Hintergedanken der Vermarktung. Damit muss man sich
abfinden, als es neu war und niemand wusste, was das soll, konnte man
den Medien erzählen was man wollte, sie haben zu der Zeit alles
gefressen. So standen selbst in der gut recherchierenden FAZ
Irrtümer, über die wir uns vor Gelächter wegschmissen.
Da wurde die DBA (Dead Bone Artists) als Died Bone Artists
geführt. Wie man das wohl übersetzen soll? Tja, wenn man nur
bei der SOKO recherchiert, da passiert so was schon mal.
Sonst hab
ich in dieser seltsamen Welt alles mitgemacht, solang ich es vertreten
konnte. Es gibt Grenzen: Fotos von S-Bahnsurfern hatten Marktwert.
Hätte was verdienen können. Meine Begründung war
einfach, ich kann sie nicht daran hindern, ihr Leben
wegzuschmeißen, aber ich muss es nicht noch mit Fotos
fördern. Ist schon lang out
dieses Spiel und auch besser so.
Wer
Graffiti fotografiert, weiß, das kann schon bei Tag zum Abenteuer
werden. Man lernt Orte kennen, wo sich
allenfalls Maus und Ratte gute Nacht sagen. Klettern kann auch mal
nötig werden und sich durch zugewachsenes Gebiet drücken.
Bahnstrecken sind eben kein normales Kunstmuseum. Zum
größten Zeitaufwand werden die Entfernungen, wenn man im
Vorbeifahren Bilder sieht, so ist das eine Sache, eine andere ist es,
diese Stellen zu erreichen, dafür lohnt meist der Weg. Eine Frage
der Faulheit - aus dem Zug ablichten ist auch möglich, an manchen
Stellen geht es, ist aber unsicher und teils muss man
Qualitätsverlust hinnehmen. Zumindest braucht man eine
vollautomatische Kamera und hohe Verschlusszeiten. Am einfachsten ist
es, wenn der Zug ein- bzw. ausfährt, also noch geringes Tempo hat,
man muss nur schnell reagieren können. Auf diese Weise erwischt
man nicht nur Wände, sondern wenn man Glück hat, auch
zugebombte Züge. Der Zug sollte dazu nicht grad
überfüllt sein, dann hat
man Platz am Fenster oder im Sommer geht es mal auch aus dem
offenen Fenster.
Was den
internen Stress betrifft, vom Übermalen, Auscrossen bis zu
Härterem, was eben unter Jugendlichen so läuft, da hab ich
mich schon aus Altersgründen rausgehalten. Zumindest wurde es
verstanden: einerseits voll drin, andererseits neutraler Beobachter.
Aber auch nicht unbeteiligt, mir ging es nie darum die Sprüher in
eine bestimmte Ecke
zu drängen, oder aus ihnen etwas zu machen, was sie nicht
sind. Als einer auf die - vermutlich aus Frust und Dummheit
entstandene Idee kam - sich den Namen Hamas zu wählen,
sah ich keinen Grund für Sozialarschverständnis. Bei
entsprechender Gelegenheit sagte ich klar, dass der den Namen einer
feigen Mörderbande schreibt, die Kinder in den Tod schickt.
Zumindest hab ich diesen Namen fotografisch weniger beachtet, auch bei
mir gibt's Grenzen...
Das
betrifft auch die Bildauswahl, z.B. wenn nur noch die Topbilder
fotografiert werden. Auch wenn ich nicht nur auf
Verständnis stieß, eine zugetaggte Wand schadet nicht,
ebenso wenig ein einzelnes Tag. Und auch mit anderen Gattungen
(Schablone, Politspruch, Naegelistyle) hatte ich keine Probleme. Was
soll man denn damit? Darüber musste ich nicht nachdenken. Wenn man
schon vorher darüber nachdenkt, ob
das Bild auch Marktwert hat, dann sollte man sich eine andere
Beschäftigung suchen. Was die Einordnung betrifft: chronologisch,
Ort und Zeit müssen drauf, sonst verliert man die Übersicht.
Kann man
mit der Sammlung auch was anfangen? Klar, man kann bei einer Agentur
versuchen, einige überzählige
Bilder loszuwerden und sich den Dreckspruch anhören "wir arbeiten
mit Profis". Und denen anschließend wünschen, sie
mögen an ihrer Arroganz ersticken. Sinnvoller ist es, an
Fanzines was rüberzuschicken, bringt zwar kein Geld, dafür
wird's gedruckt, ebenso an Buchprojekte. Na und das Stadtarchiv
hatte auch mal Interesse, die haben sogar dafür gezahlt.
Sonst sind es Ausstellungen bzw. Aktionen im Juz, bei denen
ich die Bilder verwenden konnte und auch neues ablichten kann,
sonst hab ich in Jugendzentren eh nix verloren.
Sicher
gibt's auch Highlights: wenn sich Graffiti ungefragt ins
Zeitungsbild drängen, im "Tatort" zu sehen sind oder
sogar auf einer Postkarte.
Man kann
auch etwas machen, was noch keiner gemacht hat, z.B. die erste
Beschreibung dieser Sprühkultur in
einer Autonomenzeitung (Swing aus Ffm) und noch drei weitere
Teile veröffentlichen. Noch heute glauben viele, Writer
hätten irgendwie was mit den Autonomen bzw. mit Linken zu tun.
Die Linke war so mit ihrer Politik beschäftigt, dass
sie Writing erst zur Kenntnis nahm, als es selbst um Mitternacht bei
geschlossener Wolkendecke nicht mehr zu übersehen
war. Und auch danach mussten sie auf die Zeitungstexte warten,
nachdem auch die Medien endlich begriffen hatten, was das
alles soll. Witzige Randbemerkung, auf dem Uniklo schrieb
ein Schüsselbesetzer zu den Tags, "Perserscheiße!". Kam dem
irgendwie arabisch vor. Jedenfalls blieb daher die alte Diskussion aus,
die noch um H. Naegeli und die Vermarktung von Graffiti tobte.
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Die Writer kamen nicht aus der
linken Politszene und hatten von Anfang an keine ideologischen
Probleme, als sich damit auch Geld verdienen ließ. Aber weil
verboten und verfolgt, werden Writer immer wieder mit einer Szene in
Verbindung gebracht, mit der sie nie was zu tun hatten. Und da haben
sie sogar recht, ohne es zu wissen. Zumindest dies kann ich beurteilen.
Und beurteilen kann ich auch, dass die Inhalte die teils mittels
Schablonenprints an die Wand gesprüht sind oder auf
übergroßen Sticker, in keiner linken Zeitung gedruckt
würden. Gäbe sofort einen Zwergenaufstand linker
Tittenwächter. Das soll nicht mein Problem sein. Die
Insiderregeln, die von Außenstehenden nicht mal verstanden
werden, muss ich ja nicht ganz so ernst nehmen, daher hatte ich den
Freiraum zum experimentieren, mal sehen, was man mit dem Material so
alles anstellen kann. Denn das Ingroupverhalten war mir noch aus der
linken Welt allzu vertraut und mit dieser hatte ich schon lange nicht
mehr viel zu tun. Schon gar nicht ging es darum, linke Träume zu
erfüllen,
vom Kampf gegen das System oder der Kritik am Beton. Writer
haben mit Beton keine Probleme, wie es in der Werbung steht,
es kommt darauf an, was man daraus macht. Witzigerweise haben
Writer ohne Absicht einiges realisiert von dem Linke redeten:
Veränderung der Alltagswelt, das haben Writer in einer Weise
geschafft, die es vorher nicht gab. Unberechenbar und
unverständlich
werden, sich nicht der herrschenden Logik und den bekannten
Schablonen anpassen, diese alten Anarchoträume, lang
ausgeträumt
und mit zunehmenden Haarausfall längst in Archiven verschwunden.
Writer haben nie was davon gehört, mussten sie auch nicht, um
genau das zu tun, allerdings ohne ideologische Absichten. War Writing
deswegen so erfolgreich und konnte sich global ausbreiten, weil es
genug Freiraum lässt, weil es keine Gebote gibt, die irgendwer
überwachen könnte? Weil es ebenso wenig
Aufpasser gibt, die mit Ausschluss drohen können, wenn
man sogar Geld damit verdient? Jedenfalls ist Spraycan Art als
Buch zu verstehen, das diese Idee verbreitet hat, auch wenn
es als Writerbibel gilt, es hat nichts mit einen dogmatischen
Regelwerk zu tun. Hätten einige noch was lernen können,
aber wenn ich heute noch Gesprühtes von Linken sehe, sie
werden es nie lernen. Auch, dass es nicht ausreicht, mit der
Einstellung zu sprühen: Hauptsache man kann die Parole lesen.
Schon an der einfallslosen Typographie linker Presse lässt sich
das feststellen. Auch ein Grund für ihre Erfolglosigkeit?
Dies soll
nicht heißen, dass es in der Writerwelt frei und unbekümmert
zuginge. Auch da werden Regeln zum Machtmittel. Regeln, die aus guten
Grund mal entstanden sind, sich dann zum Dogma verselbstständigen
und zum Eintrittsschlüssel werden, der entscheidet, ob man
dazugehören darf. Warum soll es da auch anders zugehen als im Rest
der Welt. Auf HipHop-Jams dagegen bin ich nur hin, um die Leute zu
treffen und um was vors Objektiv zu bekommen. Da habe
ich meinen Trennungsstrich gezogen, HipHop ist Musik, die
Szene zeichnet sich durch Clubwear aus, nicht jeder entspricht der
Vorlage, Wenn es unter Writern wenig Frauen gibt, liegt das
sicher auch an den Arbeitsbedingungen in dieser Aerosolwelt. In der
HipHop Szene sollte es genug Frauen geben, sollte man meinen. Auf Jams
sind diese allenfalls eine kleine Minderheit. Scheint an den
Besonderheiten dieser Welt zu
liegen, die wirkt entweder abschreckend oder HipHop ist
schon von der Struktur her eher eine Männerveranstaltung. Welche
Frau will sich auch als Schlampe bezeichnen lassen?
In anderen Musikwelten fühlen Frauen sich offenbar eher zuhause.
Schon das
Fotografieren ist zeitaufwendig. Da mich die ABM-Stelle nicht allzu
sehr beanspruchte, ging es. Danach war ich eh arbeitslos und hatte Zeit
genug. Wenn das die Bürokraten vom Arbeitsamt wüssten,
Verständnis darf man da nicht erwarten. Musste ich denen auch
nicht erzählen. Aber da war ich in guter Gesellschaft, es gibt
viele, die ihre Zeit nutzen um kulturell zu arbeiten, auch wenn es kein
Geld bringt, statt im Sinne der Sozialbürokraten mit schlechtem
Gewissen und zerknirscht nach Arbeit zu suchen...
Andererseits
schaffen Graffiti auch wieder Arbeit, die Bahnarbeiter,
die Pieces buffen und den Sprühern die Pest wünschen, denken
nicht darüber nach, dass der marode Bahnbetrieb sie sonst
längst entlassen hätte. Auch Arbeitslose kann man zum
Säubern der Bahnhöfe einsetzen und schon sind einige weniger
in der Statistik, wurde zeitweilig in Frankfurt so gemacht. Oder
Wahlpropaganda -
wenn sich die Bürgermeisterin eigenhändig beim
unprofessionellen Übermalen ablichten lässt.
Graffiti
sind von begrenzter Lebensdauer, sie verschwinden bald auf der S-Bahn,
an Wänden werden sie nicht nur gebufft, in keiner Stadt wird
soviel abgerissen wie in Frankfurt. Oft genug verschwindet auch die
Wand. Und in U-Bahnstationen schon nach zwei Tagen. Wenn ich dann das
Teil doch vor der
Linse hatte, dann weiß ich, warum ich das mache. Gelegentlich
stellt sich jeder diese Frage. Anfangs als es noch wenig Bilder gab,
bin ich auch hinterher gejagt, danach wollt ich sie möglichst alle
haben, danach musste ich nicht mehr jedem Farbstrich
nachjagen. Eine Auswahl reicht - etwa in der Art: das lief
97, so sah es 98 aus und hier ein Querschnitt 2000.
Spezielles
über Stickers:
Die
bekommt man vorgefertigt als Adressenaufkleber, um sie voll zu malen.
A4 ist die maximale Größe, wenn das nicht reicht, so lassen
sie sich übereinander kleben und zur Plakatgröße
ausbauen. Bei der Farbauswahl auf lichtfeste Farben achten, da die
Klebensdauer nie vorhersehbar ist. Gegen Regen hilft Fixierspray, auch
wenn die Farbe ausnahmsweise nicht wasserfest ist, z.B. aus dem
Drucker. Sticker aus dem Drucker sind eher selten, Handarbeit wird
bevorzugt, aber
in heutigen PC-Zeiten auch für Writer keine aufwendige Sache mehr.
Wohin damit? Die Fläche muss trocken und
sauber sein, schon vorhandene Plakatwerbung ist geeignet, wenn
auch von begrenzter Dauer. Ablichten nicht vergessen, lässt
sich auch vor dem Kleben machen, aber es kommt besser, die Stickers vor
Ort auf dem Bild zu haben. Wenn man schon einige Zeit in Kreuzberg ist,
da passen noch etliche Stickers mit entsprechendem Inhalt, und gerade
hier macht es Laune, Leute zu ärgern
die schon bei grafischen Kurven Gespenster sehen und ausrasten.
Auch ein Weg, das Bilderverbot von Leuten zu brechen, die zwar
nur eine bedeutungslose Minderheit darstellen, sich aber immer
noch einbilden, Kreuzberg wäre ihr Eigentum.
Und dann
noch die Frankfurter Prints. Warum Prints? Nun einen Namen brauchte das
Zeug, weil es sich von den gängigen Schablonengraffiti
unterscheidet. Einmal in der Technik, die Papiervorlage klebt an der
Wand und wenn man sprüht nicht zuviel Farbe drauf, sonst kommt es
zu Kapillarwirkung. Dann verläuft die Farbe, und das Bild taugt
nichts. Wenn's klappt, wird es gestochen scharf, genauer kann man mit
der Dose nicht arbeiten. Klar gab es am Anfang Fehlschläge wie bei
jeder neuen Technik, und auf Vorlagen konnte ich nicht
zurückgreifen, es gab ja keine. Schablonengraffiti zeichnen sich
dadurch aus, dass die ausgeschnittenen Flächen auf der Wand als
Farbfläche zu sehen sind. Prints erkennt man daran, das die ganze
Papierfläche als Negativ bzw. Positivbild zu sehen ist, je nach
Farbauswahl. Im Buch "Pochoir" von van Treek ist ein solcher Print zu
sehen (S. 19).
Mangelndes
Verständnis muss man wegstecken können, etwa: "das
ist doch keine Kunst". Das sagen meist solche, die es nie versucht
haben, dafür müssen sie auch nicht erfahren, wie man mit
Prints arbeitet, man muss nicht alles erzählen, wenn man schon mal
eine Technik von Null aus den
Boden stampft...
Nun - 13
Jahre bestehen nicht nur aus Fotos und Dosen, es gibt auch
Zwangspausen, wenn die mehr oder weniger alltäglichen Katastrophen
über einen hereinbrechen. Mit Einzelheiten möchte ich hier
niemand belästigen. Aber selbst nach einer Zwangsräumung kann
man noch ablichten...
Was die
Themen der Bilder betrifft: bekannt ist, dass Comicfiguren
übernommen werden, aber dann auch viele auf realistische Bilder
umstiegen und eigene Motive entwickelten. Das Sprühen bekannter
Comicfiguren sah dann zu sehr nach einfallslosem Biten (abkupfern) aus.
Mein Gebiet ist da eher die Buchgraphik der Jahrhundertwende und da
lässt sich als Verbindung von Schrift und Bild noch einiges
ausbauen. Vor allem auf A4 Stickers kann man sich austoben und dann
noch mit dem Photo sichern, irgendwer muss es ja tun. Writer verlassen
sich nicht darauf, dass es schon jemand ablichten wird, sie machen es
selbst.
Mein
Einstieg in die Digiwelt wirkte sich auch auf die Stickerproduktion
aus, mit S/W Drucker lässt sich schon
was machen und auch eine Mischung aus Druck und Weiterbearbeitung mit
Stift hat Wirkung. Sonst führt der PC erstmal dazu,
dass ich weniger Zeit für Graffiti hab, der Einstieg in dieses
Medium ist zeitraubend genug
Zum
Abschluss noch eine Frage: "Wer ist eigentlich Mauzi"?
Nachtrag:
Mittlerweile bin ich auf Diggicam umgestiegen und das hat den Vorteil,
nicht mehr auf den Film Rücksicht nehmen zu müssen, der je
irgendwann voll ist. Mit der Diggi hast mehr Möglichkeiten und die
Verarbeitung ist einfacher, die Arbeit am Scanner entfällt..
In den
Jahren 05 - 07 haben sich 2700 Graffbilder in digitaler Form
angesammelt. Einiges davon hab ich beim ifg veröffentlicht. Es
versteht sich, das ich mit der Diggi noch weitere Themen bearbeiten
konnte, muß ja nicht auf den Film Rücksicht nehmen. Dann gab
die Diggi erstmal den Geist auf und damit hatte ich einige Zeit Pause.
Dankenswerterweise hab ich eine neue Diggi aus Wien geschenkt bekommen
und kann damit weitermachen. Allerdings bin ich seit Jan. wieder
arbeitslos und das schränkt meine Möglichkeiten etwas ein.
Trotzdem geht es weiter. Warum? Weil ich es eben kann, weil sich
Graffitifotographen etwas von
den Graffitiknipsern unterscheiden. Graff knipsen kann jeder, der ne
Diggi bedienen kann, der Unterschied besteht darin, zu wissen, was man
ablichtet.
Was sich noch geändert hat, man kann es sich nicht aussuchen, als
was man in der Öffentlichkeit gehandelt wird. Als Graffsammler war
ich mittlerweile in der Faz und Fr vertreten, zudem in weiteren Medien.
Nur kommt ja nichts dabei raus.
Nachdem ich meine Scheinselbsständigkeit aufgegeben hab, brauch
ich auch keine Promotion mehr. Soll heißen, warum muß ich
umsonst die Medien füttern? Die verschenken ihre
Blätter ja auch nicht.
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