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Roman



Die Sonne hat keinen Eigentümer
von Sabine Scholz
Ein Roman zu Max Stirners 200. Geburtstag
Verlag Max-Stirner-Archiv Leipzig 2005
ISBN 3-933287-58-8
250 S., 12.90 Euro
Rezensionsexemplare & Bestellung: [email protected]
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Cover Brigitte Scholz

Leseprobe

"Dieser Seelenstriptease Maries geht mir auf die Nerven." sagte Weigert. "Und dann der Vorwurf, Stirner sei Schuld an ihrem Desaster. Sein ‚Tick' hätte sie ihre ganze Mitgift gekostet, er hätte ihr ganzes Geld aus dem Fenster geworfen. Das ist Stirner gegenüber ungerecht. Natürlich hat ihm ihre Mitgift die materielle Freiheit gegeben, sein Buch zu schreiben. Wir dürfen dabei nicht vergessen, er hat ihr sein Buch gewidmet. Plötzlich ist aus der emanzipierten Frau eine arme und unschuldige, von ihrem Mann ausgenützte Kreatur geworden. War sie plötzlich nicht mehr emanzipiert genug, ihrem Mann zu sagen: Geh arbeiten, unser Geld reicht nicht mehr!"
"Aber viele haben Stirner doch als ‚Dandy' beschrieben. Also ist an Maries Vorwurf doch was dran." sagte Ambra.
"Ich bin sicher, ein Dandy hätte nie ein solches Buch wie Stirner schreiben können. Ein Dandy produziert genau das, was Stirner so gut in seinem Buch entlarvte: nämlich etwas darzustellen, was man nicht ist, also einen Spuk zu produzieren und nach ihm zu leben, sich ihm zu unterwerfen. Wäre es Marie lieber gewesen, wenn Stirner in Lumpen herumgelaufen wäre?" fragte Weigert aufgebracht.
"Das nicht, aber er hätte sich nicht einfach in Allem auf Marie verlassen sollen." sagte Ambra.
"Ich weiß nicht, woher sich manche Autoren das Recht nehmen, Stirner so zu verunglimpfen. Es gibt da z.B. eine Überlieferung von Turgenjew, der schrieb: ‚Dieser Tage traf ich in einem Konzert einen gestriegelten und traurigen Mann. Es war Max Stirner.' Selbst hierüber könnte man wieder die Nase rümpfen, dass Stirner in einer Zeit, wo er täglich ums Überleben kämpfte, die Möglichkeit suchte, sich weiterhin kulturell zu vergnügen, auch auf sein Äußeres zu achten, also gestriegelt zu sein. Wie genau aber ist die Beobachtung Turgenjews gewesen? Hat er Stirner aus der Nähe beobachten können oder aus der Ferne? Wieso nahm er an, dass er traurig war oder war das nur eine Vermutung? Es gibt keine Überlieferung von Turgenjew, dass er mit Stirner gesprochen hat."
"Das ist eben schriftstellerische Freiheit." entgegnete Ambra und traf damit bei Weigert einen wunden Punkt.
"Die wenigsten haben versucht, von Stirner ein objektives Bild zu liefern. Und Marie am allerwenigsten, wie es scheint." antwortete Weigert bissig.
"In Stirners Einzigem haben wir den ganzen Stirner, denn er, den Zeitgenossen glaubten als ‚homo unius libri'* verhöhnen zu dürfen, hat es verstanden, sich eine Arbeit zusammenzupressen, sich auszuarbeiten und zu gestalten. Sein Werk stellt einen ersten Versuch dar, eigenes Denken auszudrücken, damit hebt die große nachchristliche Weltwende an. Der christlichen Weltverachtung folgt die stirnersche Geistesverachtung: der Geist wird der Heiligkeit entkleidet und mein Eigentum. Fortan habe ich zwar viele Gedanken, aber die Gedanken haben nicht mehr mich, sie fanatisieren mich nicht mehr."
"Was du über Stirners Werk sagst, mag ja zutreffend sein, aber als Ehemann hat er versagt. Das zeigt Marie ganz deutlich. Durch Stirner hat Marie ihr Selbstwertgefühl verloren, er ging einfach nicht genug auf sie ein. Er war nur mit seinem Werk beschäftigt und sie fühlte sich vernachlässigt und einsam. Das Strahlen in ihren Augen war verschwunden." sagte Ambra
"Wie die meisten Männer konnte Stirner seine Aufmerksamkeit so konzentrieren, dass man meinen konnte, er trage Scheuklappen. Seine beruflichen Probleme traten in den Vordergrund, er übersah Maries Bedürfnisse. Marie ist verärgert, da sie den Eindruck hat, dass nur sie gibt und er immer nur nimmt. Viele Männer meinen nämlich: wenn sie für mich gewisse Opfer bringt, habe ich es wohl verdient. Also kann ich mich jetzt entspannen. Dabei gibt Marie nur aus Verletzlichkeit mehr als sie hat. Das kann auf Dauer nicht gut gehen."
"Da zeigt sich wieder, dass Frauen von der Venus sind und Männer vom Mars. Marie und Max haben sich auseinander geliebt. Ich glaube, Stirner hatte einfach zu viel Angst vor sexuell aktiven Frauen. Er fühlte sich dabei als Mann erniedrigt, denn Sexualität hat immer etwas mit Machtausübung zu tun." sagte Ambra.
"Wir sollten Stirner nichts andichten. Marie ist in ihrem Briefen sicherlich nicht objektiv, sondern von Frustgefühlen geleitet. Du solltest sie also nicht beim Wort nehmen." sagte Weigert mit einer Note von Bosheit.
"Woher nimmst du das Recht, Marie so zu diskreditieren?" rief Ambra..
"Stirner und Marie Dähnhardt, das sind zwei verschiedene Welten. Stirner war eher introvertiert, sie eher das Gegenteil. Ohne Marie nahe treten zu wollen, bin ich davon überzeugt, dass sie nicht an Stirner heranreichte, nicht verstand, was er mit seinen Gedanken sagen wollte. Marie hat in späteren Jahren nicht nur ihr Leben verleugnet - mittels eines bigotten Katholizismus - sondern Stirner mit negativen Erinnerungen verbunden, ihn quasi verflucht. Zu einer Würdigung seiner Ideen war sie nicht imstande." sagte Weigert verbittert.
"Ihre Beziehung ist doch nicht an seinen Ideen gescheitert, die Marie sehr wohl verstanden hat, ohne sie jedoch zu teilen. Sex war das Hauptmotiv ihrer Trennung. Sie hat ihn verlassen, als er sich in einer Schaffenskrise befand. Sex ist das Hauptmotiv aller Kreativität. Hätten sie mehr miteinander geschlafen, hätte er sicher noch weitere wichtige Werke geschrieben." meinte Ambra.
Nach diesen anregenden Gesprächen mit Ambra war Weigert nicht mehr zum Sex aufgelegt. Ambra musste an Jean-Paul und Django denken und hatte plötzlich Sehnsucht nach ihnen. Deshalb beschloss sie, die Rückreise nach Gadebusch früher als geplant anzutreten. Doch als Letztes wollte sie am nächsten Tag noch Stirners Grab auf dem Sophienfriedhof besuchen. 
Fast hätten sie das Grab nicht gefunden, so tief lag es im Urwald, einem abgelegenen verwilderten Teil des Friedhofs. Man merkte deutlich, dass Stirner keine Persönlichkeit von nationaler Bedeutung war. Auf der Grabplatte stand eine blütenlose Geranie, daneben lag ein verwelkter Blumenstrauß. Jemand kümmerte sich also doch um den verblichenen Querdenker. Ambra kniete sich neben das Grab und säuberte die mit vertrockneten Blättern übersäte Grabplatte. Der Friedhof lag relativ ruhig. Es war idyllisch hier, fand Ambra. Die Blätter raschelten im lauen Wind, auf der Grabplatte bewegten sich die Schatten der Ahornblätter. Auch die anderen Gräber ringsherum waren verfallen. Ganz in der Nähe stand die Statue eines Engels, der sich in nachdenklicher Pose befand. Stirner war hier also nicht allein. Das beruhigte Ambra. Ihr gefiel dieser Ort. 
"Stirner ist nicht wie ein Stoiker von dieser Welt gegangen, sondern am Stich eines giftigen Insekts gestorben. Es muss ein langsamer, qualvoller Tod gewesen sein." sagte Robert.
"Sicher hat ihm auch kaum einer das letzte Geleit gegeben." sagte Ambra.
"Nur wenige seiner alten Freunde begleiten ihn, unter ihnen Bruno Bauer und Ludwig Buhl." antwortete Weigert.
Eine alte Frau in Trauerkleidung und mit Gieskanne kam vorbei.
"Das Leben ist grausam..." sagte sie in Ambras und Weigerts Richtung. Dann ging sie langsam zum Brunnen.
Der Abschied von Robert fiel trotzdem kühl aus, doch sie wollten sich auf jeden Fall wiedersehen.

Die Sonne hat keinen Eigentümer: Ein Roman zu Max Stirners 200. Geburtstag

Marie Dähnhardt und Gadebusch

Pressereaktionen zu "Die Sonne hat keinen Eigentümer"

Max Stirners 200. Geburtstag  


  

 

 

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