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Stirners Ideen

Stirners Lehre
Der Philosoph Max Stirner (Pseudonym für Johann Caspar Schmidt, * 25. Oktober 1806 in Bayreuth; † 25. Juni 1856 in Berlin) ist vergessen worden. In den meisten Philosophiegeschichten des 19. Jahrhunderts wird sein Name nicht einmal erwähnt. Warum hat man beschlossen, diesen wichtigen Denker zu ignorieren, dessen Geburtstag sich am 25. Oktober 2006 zum 200. Mal jährt?
Eine Antwort ist vielleicht, dass er für viele unbequem ist, ein erbarmungsloser Religionskritiker, ein Nihilist, ja sogar ein Anarchist. Davor fürchtet man sich. 
Doch ist sein Werk deswegen wertlos? Ist z.B. nicht auch Nietzsche ein Nihilist und hat er es nicht auch auf den Olymp der unangefochtenen Klassiker geschafft? Warum hat gerade Stirner so viel Unwillen erregt, dass man seinen Namen aus der Philosophiegeschichte getilgt hat, wãhrend Nietzsche unangefochten als Klassiker gilt? Stirners Lehre kann man folgendermaßen zusammenfassen: 

Zurückweisung des Idealismus (Ideen = Spuk = keine unabhängigen Entitäten, sondern Eigentum des Ich: Freiheit, Gerechtigkeit - Recht, Menschlichkeit, Wahrheit, das Gute, absoluter Geist) und Kritik am politischen Liberalismus
Stirner weist den Idealismus zurück und kritisiert die Idealisierung der Menschheit, der ewigen, unsterblichen Menschheit, zu deren Ehre sich der Einzelne opfern soll. Aber auch der Liberalismus ist für Stirner negativ. Die Liberalen sind zwar nicht mehr der Willkür eines Herrschers unterworfen, akzeptieren allerdings den Zwang durch den Staat und seine Gesetze. Diese sogenannten "freien" Bürger kämpfen gegen die Herrschaft von Personen und wollen einen unpersönlichen Herrscher.

Die Täuschung mit der Freiheit
So bedeutet "Religionsfreiheit" ja nicht etwa die Freiheit von einem religiösen Bekenntnis, sondern wer nicht der christlichen Moral angehört, wird als "Unmensch" angesehen. Wir sollen uns von allem Möglichen befreien, doch das geht im Grunde gar nicht, denn wir sind immer in irgendeiner Hinsicht unfrei. Deswegen soll man sich nach Stirner gar nicht für die totale Freiheit interessieren, da sie ein Spuk ist, d.h immer unerreichbar. "Der Freigelassene ist ein Hund, der ein Stück Kette mitschleppt." 

Die Kommunisten
Weil ich die Dinge, die ich möchte, nicht haben kann, sollen alle nichts haben, d.h. Lumpen sein, wie es der Kommunismus fordert. Das ist der soziale Liberalismus: Keiner hat etwas, es gibt kein Privateigentum, der Staat oder die Gesellschaft allein erhält den Besitz. Eigentum ist unpersönlich, gehört der Gesellschaft: "Vor dem höchsten Gebieter …waren wir alle gleich geworden, d.h. Nullen."

Dieser kommunistischen Konzeption setzt Stirner seine entgegen:
Die Welt ist mein Eigentum 
Es ist besser, wenn der Freie ein Eigner wird, d.h. jemand, der egoistisch ist und seine Begierden verfolgt. Ich mache mir die Welt zu eigen, d.h. ich gewinne sie für mich. "Die Welt ist mein Eigentum" heißt, dass ich kein fremdes Eigentum respektiere. Mir gehört so viel, als ich vermag. "Wie du die Welt anschaust, so schaut sie dich wieder an."  Nicht der Mensch ist das Maß aller Dinge, sondern ich bin dieses Maß. 

Stirner setzt Eigentum und Eigenschaft gleich
Außerdem setzt Stirner Eigenschaft und Eigentum gleich, d.h. jede Eigenschaft ist Eigentum des Trägers. Dabei ist zu beachten, dass nicht Dinge mein Eigentum sind, sondern meine Gewalt über die Dinge bewirkt, dass ich ihr Eigentümer bin. Warum setzt Stirner zwei Begriffe gleich, die im Deutschen sonst unterschieden werden? Mit dem Begriff "Eigentum" will Stirner ausdrücken, dass es bei uns liegt, welche Eigenschaften wir besitzen. Wir sind unser eigener Herr und niemandem sonst unterworfen. Für Schopenhauer z.B. ist ein Ding nur dann mein Eigentum, wenn ich es bearbeitet habe. Er denkt dabei an den Landerwerb. Stirner liegt dieser Gedanke fern. Eigentum ist das, worüber ich Gewalt habe. Im Englischen und Lateinischen ist property bzw. proprietas doppeldeutig: es bedeutet sowohl Eigentum als auch Eigenschaft! Bei Stirner wird eine "äußere" Kategorie, wie sie Eigentum üblicherweise darstellt, "verinnerlicht" zur Eigenschaft des Ich. Die Welt ist nicht Erscheinung wie bei Kant, sondern Eigentum des Ich. Real ist nur das, was eine Beziehung zum allmächtigen Ich hat. 
Wir sind Menschen, das ist unsere Eigenschaft, aber auch unser Eigentum. Aber ich bin mehr. Ein christlicher, rechtschaffener Geist kann wohl meine erworbene Eigenschaft sein, d.h. mein Eigentum sein. Ich aber bin nicht dieser Geist: er ist mein, ich nicht sein. Wir haben daher im Liberalismus nur die Fortsetzung der christlichen Geringachtung des Ich´s, des leibhaftigen Menschen. Der Christ hält sich an meinen Geist, der Liberale an meine Menschlichkeit. 

Recht ist ein Sparren (= Gespensterfurcht)
"Recht ist ein Sparren, erteilt von einem Spuk." Die Liberalen glauben, dass das Recht etwas Geistiges ist, doch Stirner zeigt, dass es nicht als unabhängige Entität existiert, weshalb mir auch niemand ein Recht geben kann, sondern ich muss es mir nehmen. Es ist meine Gewalt, die ich über die Dinge habe.  Macht, das bin ich selbst. Ich bin der Eigner der Macht. Wer die Gewalt hat, hat das Recht. Bin ich nur mächtig, so bin ich schon von mir selbst ermächtigt.

Stirners Ontologie
In der Stirnerschen Ontologie (Lehre vom Sein) gibt es keine Allgemeinbegriffe, sondern nur individuelle Substanzen und individuelle Akzidenzien (Eigenschaften). 

Die Lust des Egoisten
Stirner grenzt sich gegen die Religion und den Liberalismus ab nach der Maxime: Man ist niemandem etwas schuldig! Für die Christen und die Liberalen ist der Mensch reiner Geist, was Stirner als "Gespensterglauben" abtut. Er übt Kritik am absoluten Ich. Für Stirner zählt nur das endliche Ich, das an einen sterblichen Körper gebunden ist, der sich ständig verändert. Es gibt nichts "Festes" und wenn, dann ist es Fiktion, um alles Lebendige zu unterdrücken, zu fixieren. 
Oberstes egoistisches Prinzip ist der Genuss, die Lust des Egoisten. Dabei bilden die Leidenschaften eine Hierarchie: Die stärkere besiegt die schwächeren, d.h. die stärkere Leidenschaft bestimmt, was der Genuss des Egoisten ist. Nach Stirner wäre es denkbar, dass das Ausleben der Hassgefühle als Lust des Ichs aufgefasst wird, wenn es die anderen Gefühle wie z.B. Mitleid übertönt, was ja auch lustvoll sein könnte für einen bestimmten Menschen, der über starke Mitleidsgefühle verfügt. Manche handeln aus Mitleid, andere aus Hass und wieder andere aus Liebe, je nachdem, welches Gefühl dominiert.
Für Stirner scheint die Zeit keine wesentliche Kategorie zu sein. Der Egoist lebt im Jetzt. 
Zentral ist die Moralkritik in Stirners Philosophie. Liebe ist z.B. kein Gebot, sondern Eigentum des Ichs. Konsequenterweise gibt Stirner zu, dass man die Liebe "kaufen" kann. Liebe hat einen Tauschwert. Er differenziert zwischen aufgezwungenen Gefühlen und Gefühlen, die aus uns selbst kommen, und nimmt Partei für die spontanen Gefühle. Bei der oktroyierten Ehrfurcht z.B. wird uns die Möglichkeit genommen, das Gefürchtete abzuwenden. 

"Der Einzige und sein Eigentum" (1844)
In diesem Titel haben wir die gesamte Philosophie Stirners auf einen Nenner gebracht. Stirner beschäftigt sich mit dem Einzigen, dem Egoisten, der sein Leben lebt, ein unverfremdetes, kreatives Leben, im Gegensatz zum moralischen Menschen, den die Liberalen und der Staat fordern und der für Stirner überhaupt nicht zu realisieren ist, weil der Einzelne diesem idealen Menschen nie nahe kommen kann. Er bleibt ein unrealisierbares Ideal, ein Gespenst. Das Eigentum des Einzelnen sind seine Eigenschaften, aber auch die Welt, die er sich erobern kann, also ein erfülltes Leben ohne freiwilligen Verzicht auf wesentliche Dinge, deren wir bedürfen, wenn wir glücklich sein wollen.
Stirners Hauptwerk "Der Einzige und sein Eigentum" kann auf verschiedenene Weise interpretiert werden. Einmal als ein Text, der die politisch-soziale Debatte um 1850 historisch kommentiert, da der Autor selbst der linken politischen Opposition angehörte. Dann als philosophisches Traktat, in dem Stirner als einzige Realität nur die Einzeldinge anerkennt. Begriffe und Ideen besitzen keine Wirklichkeit; die Freiheit, die Menschheit, die Wahrheit sind nur "Gespenster". Eine dritte, modernere Interpretation ist diejenige, Stirners "Einzigen" als einen therapeutischen Text zu lesen. Ein Buch, das uns hilft, uns selbst zu finden und ehrlichere Beziehungen aufzubauen, jeden Moment des Lebens intensiv auszukosten, unsere eigene Persönlichkeit in Kreativität zu entwickeln. Stirner durchschaute damals schon die Entstehung von psychischen Problemen.
Wir sollen zu brauchbaren Gliedern der Gesellschaft erzogen werden. Der Staat gibt mir deshalb oft eine mir nicht angemessene Erziehung bzw. Bildung. Im Staat und in der Gesellschaft kann ich mich als Individuum nicht verwirklichen, sondern nur im Verein.

Der Verein
Der Verein respektiert meine Eigenheit, es ist ein Verein aus Egoisten, der Staat und die Gesellschaft respektieren mich nicht. Sie wollen mich als Menschen. Im Verein lebt man egoistisch, in der Gesellschaft menschlich.


Copyright © 2006 Sabine Scholz

 

 

 

 

 

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