Georg Michael von La Roche

 



 

1. Georg Michael von La Roches Lebenslauf

La Roche wurde am 04.04.1720 unter dem Namen Georg Michael Franck in Tauberbischofsheim geboren. Offiziell galt der Senator, Chirurg und kurmainzische Rentmeister Johannes Adam Franck, der kurz zuvor gestorben war, als sein Vater. Seine Mutter wurde in dem Taufregister mit dem Namen Anna Catharina angegeben, näheres ist über sie nicht bekannt, auch nicht ob sie mit Johannes Adam Franck verheiratet war. Es wurde angenommen, dass sein leiblicher Vater der Graf Anton Heinrich Friedrich von Stadion gewesen ist. Ob dies nun der Wahrheit entspricht oder nicht sei dahingestellt, Fakt ist, dass Stadion, der seit 1718 als kurmainzischer Oberamtmann in Tauberbischofsheim in der Nachfolge seines Vaters tätig war und im dortigen kurmainzischen Schloss wohnte, Georg Michael als fünfjähriges Kind zu sich nahm und seitdem für seine Erziehung sorgte. Er gab ihm auch in späteren Jahren den Namen La Roche. Stadion war ein Anhänger der Schriften Voltaires und hatte dessen persönliche Bekanntschaft auf einer Reise nach Frankreich gemacht. Er stand der französischen Aufklärung nahe und erzog auch La Roche in diesem Sinne. Er war ein Feind von Intoleranz und Aberglauben.

La Roche wurde im Hause Stadion darauf vorbereitet, als Diplomat oder Sekretär in den Dienst eines Staates zu treten. Stadion ließ ihn zum Beispiel schon in jungen Jahren Korrespondenzen führen. La Roche verbrachte in seiner Jugend längere Zeit in England, wohin ihn Stadion auf einer Mission als kaiserlicher Gesandter am Hofe Georgs II. mitgenommen hatte. Er wurde damals mit der englischen Sprache, Kultur und Literatur sehr vertraut. La Roche studierte in Nancy und Lunéville, wahrscheinlich Jura und Kameralistik.

Nach Abschluss seiner Studien trat La Roche auf Vermittlung Stadions in den Dienst der Kurfürsten von Mainz. Er begleitete Stadion zur Kaiserwahl 1742 nach Frankfurt. La Roche war zunächst als Gesandtschaftssekretär tätig, unter anderem hielt er sich während des Österreichischen Erbfolgekrieges am Hofe in Hannover auf. Später rückte er in den Rang eines Regierungsrates auf. Daneben war er als erster Stadionischer Rat mit der Oberdirektion der größeren Besitzungen der Stadionischen Familie betraut.

Am 27.12.1753 heiratete La Roche die Protestantin Sophie Gutermann nach katholischem Ritus in Warthausen. Sophie La Roche wurde am 06.12.1730 in Kaufbeuren geboren und starb am 15.02.1807 in Offenbach. Sie wurde 1771 durch die Veröffentlichung der "Geschichte des Fräuleins von Sternheim" als Schriftstellerin berühmt. Zwischen 1779 - 1781 w wurden "Rosaliens Briefe" publiziert, 1783/84 gab sie die Zeitschrift "Pomona für Deutschlands Töchter" heraus. In Ehrenbreitstein führte sie einen literarischen Salon, der unter anderem von den Gebrüdern Jacobi, Goethe, Wieland, Merck, Heinse und anderen damals bekannten Größen des literarischen und gesellschaftlichen Lebens besucht wurde.

Georg Michael und Sophie La Roche hatten insgesamt acht Kinder, von denen allerdings nur fünf das Erwachsenenalter erreichten. Die älteste Tochter Maximiliane (1756 - 1793) wurde mit dem wesentlich älteren Kaufmann Peter August Brentano verheiratet. Brentano verfügte über enge Beziehungen zum Trierer Hof. Er führte als Resident des Kurfürsten in Frankfurt den Geheimratstitel. Maximiliane war die Mutter der Schriftsteller Clemens Brentano (1778 - 1842) und Bettina von Arnim (1785 - 1859).

Im Jahre 1761 verließ Stadion den Mainzer Hof, nachdem er beim Kurfürsten Karl von Ostein in Ungnade gefallen war. Sein schon gesetztes Alter mag ebenfalls eine Rolle gespielt haben. Stadion zog sich auf seine Besitzungen nach Warthausen zurück, wohin ihm La Roche kurze Zeit später folgte. In den folgenden Jahren war La Roche mit der Verwaltung der Stadionischen Güter beschäftigt. 1766 zog die Familie La Roche gemeinsam mit Stadion auf dessen Schloss in Bönnigheim. Nach Stadions Tod am 28.10.1768 wirkte La Roche als Amtmann von Bönnigheim, wie es in Stadions Testament vorhergesehen war. Stadion sorgte so noch über seinen Tod hinaus für La Roche. Die Stellung La Roches war unter Franz Conrad von Stadion, dem Haupterben der Besitzungen, sehr unsicher und labil geworden. Es gab eine Reihe von Auseinandersetzungen. La Roche plante daher, in den Dienst des Mainzer Kurfürsten zurückzukehren. Die Kontakte dorthin waren nie abgerissen.

In Warthausen hatte La Roche die Bekanntschaft des Freiherrn Franz Eustach von Hornstein gemacht, dessen Besitzungen in der Nähe lagen. Hornstein wurde 1770 Staats- und Konferenzminister in Trier. Clemens Wenzeslaus hatte seine Bekanntschaft durch die Bischofswahlen in Freising und Augsburg gemacht. In beiden Domkapiteln war Hornstein vertreten. Hornstein schlug Clemens Wenzeslaus vor, La Roche als Wirklichen Geheimen Rat in die Regierung aufzunehmen. La Roche lernte Clemens Wenzeslaus Anfang 1771 auf einer Reise nach Augsburg persönlich kennen. Er entschied sich endgültig für das Trierer Angebot und zog Ende März nach Ehrenbreitstein.

Zu Beginn des Jahres 1771 erschienen anonym die "Briefe über das Mönchswesen", die von La Roche verfasst worden waren. In ihnen agitierte er vor allem gegen die Bettelorden und die von ihnen vertretene primitive Art der Frömmigkeit. Er wandte sich gegen die Ignoranz und Bildungsfeindlichkeit der Mönche. La Roche war gegen das Mönchswesen eingestellt, besonders auch gegen die Jesuiten. Sie seien die "privilegierte Streitmacht der Päpste zur Unterdrückung des geistigen Fortschritts und zur Förderung der römischen Hierarchie". La Roches Verfasserschaft war ab 1772 in weiten Kreisen bekannt, behinderte ihn aber nicht in seiner Arbeit. Erst als er wegen anderer Schwierigkeiten unter Druck geriet, wurden auch die "Mönchsbriefe" gegen ihn eingesetzt. La Roche war katholisch, stand aber innerlich der Kirche kritisch gegenüber. Er respektierte die äußerlichen Formen des katholischen Ritus, auf dessen Beachtung er streng achtete, zum Beispiel in der Erziehung seiner Kinder. Er war für eine Reform der Kirche und stand den febronianischen Anschauungen nahe. Zu La Roches Bekannten zählten eine größere Zahl von Protestanten, auch seine Frau war eine Protestantin.

La Roche hatte während seiner Tätigkeit am Trierer Hof ein gutes persönliches Verhältnis zu Clemens Wenzeslaus. 1773 rückte er in den Rang eines Wirklichen Geheimen Staatsrates auf, 1774 wurde er Regierungskanzler und gehörte zusammen mit Hornstein und Christoph Philipp Freiherr von Hohenfeld zu den entscheidenden Ratgebern des Kurfürsten. 1778 wurde er Direktor des Hofkriegsrats und erhielt 1779 die einträgliche Zollschreiberei in Boppard. 1775 wurde La Roche durch kaiserliche Entschließung vom 31.08.1775 in den Reichsadelsstand erhoben. La Roche unternahm oft im Auftrag des Kurfürsten Reisen an die ausländischen Höfe, so hielt er sich sowohl im Sommer 1773, im Herbst 1775 und in den Frühjahren 1775 und 1776 in Wien auf.

1780 wurde La Roche aus dem Dienst des Kurfürsten von Trier entlassen. Auch Hohenfeld bat um seine Entlassung und ging gemeinsam mit ihm nach Speyer. Dort wohnten die La Roches und Hohenfeld gemeinsam in dessen Haus. La Roche nahm in den folgenden Jahren keine Tätigkeit mehr auf und lebte im Ruhestand. Er hatte aber brieflichen Kontakt mit Clemens Wenzeslaus und erhielt eine Rente. 1786 zog er nach Offenbach. Dort starb er am 21.11.1788.

2. Georg Michael von La Roche im Dienst des Kurfürsten Clemens Wenzeslaus von Sachsen

La Roche trat als Anhänger der Aufklärung für eine Reform des Schul- und Bildungswesens ein. Sein Interesse richtete sich dabei vor allem auf die Volksschule. Er beeinflusste den Kurfürsten dahingehend, die Unterrichtsmethoden nach Johannes Ignaz Felbinger, die seit 1767 in Würzburg angewandt wurden, auch im Kurfürstentum einzuführen. Nach Felbinger sollte sich der Unterricht den Möglichkeiten des Kindes anpassen und mechanisches Lernen vermieden werden. Außerdem galt als Ziel der Volksschule die Heranbildung von Katholiken, die in Religionsfragen gut unterrichtet waren und sich gleichzeitig als aufgeklärte, überall im Leben brauchbare Menschen erwiesen. Seit 1776 wurden die Methoden Felbingers zunächst in den Schulen von Koblenz, Trier und Oberwesel angewandt. Weitere Reformmaßnahmen, die allerdings erst nach dem Sturz La Roches verwirklicht wurden, waren die Einrichtung einer staatlichen Schulkommission zur Aufsicht und Kontrolle über die Schulen 1780 und die Gründung einer Normalschule zur Lehrerausbildung 1784 in Koblenz. La Roche sorgte sich auch um eine bessere Bildung der Gesamtbevölkerung. So hatte er entscheidenden Anteil daran, dass sich 1772 der erste Buchhändler, der aus Graz in der Steiermark stammte, in Koblenz niederließ. Auch an der Gründung einer Bibliothek in Koblenz war er beteiligt.

La Roche war bei den Grenzverhandlungen zwischen Frankreich und dem Kurfürstentum, die sich zwischen 1772 und 1778 hinzogen, an entscheidender Stelle einbezogen. Er vertrat dabei den Standpunkt, dass der Kurfürst selbst zu schwach sei, um sich mit Frankreich anzulegen und von Wien keine Unterstützung zu erwarten habe, da das Gebiet, über das verhandelt wurde, zu klein sei, "um große Höfe darüber zu beunruhigen". Er erkannte, dass dem Kurfürstentum in den Verhandlungen mit Frankreich niemand helfen könne. Das Kurfürstentum wisse selbst am besten, was seine Konvenienz sei, "wenn Frankreich nicht gutwillig" mit Trier verfahre, so werde niemand seinetwillen einen Krieg anfangen. Daher gab er auch den Ratschlag, einen Teil zu wählen und in allem anderen dem Großmut und der Gerechtigkeitsliebe des französischen Königs zu vertrauen.

In der Auseinandersetzung mit dem Domkapitel über dessen Zustimmung zu dem Vertrag äußerte er die Meinung, dass die Herrschergewalt allein dem Kurfürsten zustehe. Er war gegen eine Mitregierung des Domkapitels und gegen dessen Forderung nach der Stellung eines eigenen Kommissars bei den Verhandlungen. Dieser Kommissar hätte die Mitherrschaft bedeutet und wäre den Rechten des Kurfürsten und den Reichsbestimmungen zuwidergelaufen.

Zum Sturz La Roches im Jahre 1780 haben verschiedene Gründe beigetragen. La Roches "Briefe über das Mönchswesen", die zwar schon 1770 erschienen waren, von denen aber 1780 eine Fortsetzung publiziert wurde, die allerdings nicht von La Roche selbst stammte, sondern von Johann Kaspar Riesbeck, erregten Unmut bei kirchlich gesinnten Kreisen. Clemens Wenzeslaus, der sich unter dem Einfluss seines geistlichen Rates Beck verstärkt der klerikalen Partei zugewandt hatte, musste so das Vertrauen zu La Roche verlieren, besonders da dieser auch noch der Freigeisterei bezichtigt wurde.
La Roche war für die Errichtung des neuen Schlosses in Koblenz verantwortlich. Der Bau war bei Teilen der Bevölkerung nicht sehr beliebt und die Landstände verweigerten die Zustimmung zu einer zusätzlichen Abgabe, die erhoben werden sollte, um die Baukosten aufzubringen. Auch La Roche wollte diese der Bevölkerung nicht zumuten. Dies erregte den Unwillen des Kurfürsten, der darüber hinaus über das langsame Voranschreiten des Baus unzufrieden war.
Das Ministerium La Roche-Hohenfeld tendierte in seiner Politik nach Frankreich hin. Dies sorgte für Unmut in Wien und bei den Vertretern der kaiserlichen Partei am Ehrenbreitsteiner Hof. Sie arbeiteten daher am Sturz des Ministeriums aktiv mit, da sie eine dem Wiener Hof zugeneigtere Regierung etablieren wollten. Den letzten Anstoß für den Sturz La Roches gab das Erscheinen des päpstlichen Nuntius in Köln am Trierer Hof, der gemeinsam mit dem Domkapitel die Entlassung La Roches forderte.
Clemens Wenzeslaus entschloss sich unter diesem Druck, die Entlassung La Roches zu veranlassen. Diese erfolgte am 26.09.1780.

Georg Michael von La Roche genoss im Hause des Grafen von Stadion eine sehr gute und fundierte Ausbildung, die ihn schon in jungen Jahren für den Dienst an einem fürstlichen Hof prädestinierte. Er war mit der Führung von Korrespondenzen vertraut und wurde schon früh von Stadion auf diplomatische Reisen mitgenommen. Stadion förderte La Roche bis zu seinem Tod und sorgte dafür, dass er immer ein gutes Auskommen hatte. Die Abhängigkeit La Roches von ihm zeigte sich aber im Rückzug von beiden vom Mainzer Hof, der beinahe gleichzeitig erfolgte.

La Roche konnte durch die Unterstützung Stadions eine Reihe von Bekanntschaften machen, die ihm auf seinem Weg behilflich sein konnten. So lernte er Hornstein kennen, der ihm die Stellung am Trierer Hof vermittelte. La Roche konnte dort schnell Anerkennung gewinnen. Seine Frau vergrößerte sein Ansehen durch die Etablierung eines literarischen Salons. La Roche blieb aber trotzdem ein Fremder im Kurfürstentum, der sich auf keine familiären Bindungen stützen konnte. Er musste ein eigenes Netzwerk von Beziehungen aufbauen, dessen wichtigste sicherlich diejenige zu Hohenfeld, der aus einer im Land etablierten Familie stammte, war.

Da La Roches politische und religiöse Anschauungen sehr exponiert waren und bei weiten Kreisen Widerstand hervorriefen, war seine Stellung dementsprechend labil. Ein Wechsel der politischen Lage sorgte für seinen Sturz. La Roche war nicht fest verwurzelt im trierischen Land und verließ es daher, als ihn keine Stellung mehr dort hielt. Seine Kinder wurden nicht im Kurfürstentum tätig, auch andere Verwandte kann man nicht an exponierten Stellen finden.


Literatur:




Diese Seite wurde von Gudrun Schönfeld ([email protected]) erstellt.






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