Die Kurfürsten und Erzbischöfe von Trier
ab dem Jahre 1729

1. Die Stellung Kurtriers im Spannungsfeld zwischen Österreich und Frankreich

Das Kurfürstentum Trier war politisch und militärisch ein relativ schwaches Glied des deutschen Reiches. Es war oft der politischen Einflussnahme von österreichisch-habsburgischer sowie von französischer Seite ausgesetzt. Dies war besonders in Kriegszeiten mit großen Gefahren verbunden, da bei der Entscheidung für eine Partei mit Gegenmaßnahmen der anderen gerechnet werden musste. Die Politik des Kurfürsten musste darauf ausgerichtet sein mit den Mitteln der Diplomatie möglichst umfassend die eigenen Interessen zu vertreten und Schaden vom Land abzuhalten.

 Die Kurfürsten von Trier waren meist reichstreu und prohabsburgisch eingestellt. Sie suchten in Krisensituationen den Rückhalt und den Schutz des Kaisers. Dies hinderte sie aber nicht daran, für die Gewährung von Unterstützung selbst Forderungen zu stellen, sei es in Form von Geld oder des Versprechens von Hilfe bei der Gewinnung von Bistümern oder anderen kirchlichen Ämtern. Der Rückhalt beim Kaiser war für die geistlichen Fürstentümer am Rhein lebensnotwendig.

 Kurtrier war gezwungen seinem direkten Nachbarn, dem mächtigen Frankreich, bei Konflikten soweit entgegenzukommen, dass man es nicht zu einem Eingreifen ermunterte. Militärisch war man Frankreich unterlegen. Dieses versuchte immer wieder, seinen Einfluss in Kurtrier kenntlich zu machen und auszubauen, was man an der fast ununterbrochenen Existenz eines französischen Gesandten am trierischen Hof seit 1750 erkennen kann. Frankreich wurde respektiert, ohne ein gewisses Misstrauen aufzugeben.

Nach Abschluss der französisch-habsburgischen Allianz von 1756 fiel der Optionszwang zwischen Frankreich und Österreich für Kurtrier weg. Das Land unterlag nun keiner direkten französischen Bedrohung mehr und in den Jahren ab 1770 kam es zum Abschluss mehrerer Verträge zwischen Frankreich und dem Kurfürstentum. In der Regierungszeit Clemens Wenzeslaus' stieg der französische Einfluss, ohne dass die grundsätzliche kaiser- und reichstreue Gesinnung aufgegeben wurde. Nach Ausbruch der Französischen Revolution nahm man die französischen Emigranten zunächst bereitwillig auf. Zum Schutz des eigenen Landes suchte man die Unterstützung Österreichs und Preußens zu gewinnen. Letztlich konnte die Existenz des Kurfürstentums aber nicht gesichert werden.

2. Franz Georg von Schönborn (1729 - 1756)

Franz Georg von Schönborn wurde 1682 in Mainz geboren. Er studierte in Mainz, Leiden, Salzburg, Siena und Rom. Er war Mitglied des Trierer Domkapitels und wurde am 02.05.1729 zum neuen Erzbischof gewählt. Seine Familie spielte eine bedeutende Rolle in der Reichspolitik. Schönborns übernahmen einflussreiche Ämter am kaiserlichen Hof in Wien und hatten hohe Positionen in der Reichskirche inne. Sein Onkel Lothar Franz war Erzbischof von Mainz, seine Brüder Bischöfe von Würzburg, Bamberg, Speyer und Konstanz. Ein Bruder war österreichischer Vizekanzler und Reichshofrat. Franz Georg war zusätzlich noch Bischof von Worms und Fürstpropst von Ellwangen.

Franz Georg regierte weitgehend selbstständig ohne ein Ministerium. Sein wichtigster Berater war der Hofrat Jakob Georg von Spangenberg. Durch seine Familienbeziehungen war Franz Georg prokaiserlich eingestellt. Mit Frankreich kam es oft zu Spannungen, die Lage als direkter Nachbar und militärisch Unterlegenen ließ es aber ratsam erscheinen, sich mit Frankreich zu arrangieren. Die diplomatische Korrespondenz führte der Kurfürst selbstständig, die Gesandten bekamen genaue Anweisungen, denen sie zu folgen hatten.

Eine der ersten Regierungshandlungen Schönborns war die Entlassung des trierischen Adels aus der Landstandschaft. Im polnischen Thronfolgekrieg (1733 - 1738) votierte der Kurfürst für die österreichische Seite. Kurtrier wurde daher ab 1734 von französischen Truppen besetzt, die erst 1737 das Land wieder verließen. Während des österreichischen Erbfolgekrieges (1740 - 1748) konnte Schönborn eine erneute langandauernde Besetzung seines Landes durch geschicktes Taktieren verhindern. Trotz einer Hinneigung zur österreichischen Seite erklärte sich Kurtrier als Reichstand neutral. So kam es nur zu einigen französischen Durchmärschen.

Auf religiösem Gebiet war Franz Georg der erste Erzbischof seit 140 Jahren, der wieder eine Messe selbst las und auch sonst, vor allem zu Beginn seiner Regierungszeit, bischöfliche Funktionen ausübte. Der erste geistliche Beamte des Kurstaates war zunächst der Weihbischof Lothar Friedrich von Nalbach, später dessen Nachfolger Johann Nikolaus von Hontheim. Auf der Frankfurter Wahlversammlung 1742 wurden von trierischer Seite Forderungen nach der Zurückdrängung des päpstlichen Einflusses erhoben. Franz Georg von Schönborn war einer der ersten Vertreter des Episkopalismus in Deutschland.

3. Johann Philipp von Walderdorff (1756 - 1768)

Johann Philipp von Walderdorff wurde 1701 auf Schloss Molsberg bei Montabaur geboren. Er war Mitglied des Trierer Domkapitels und wurde 1754, mit französischer Unterstützung, zum Koadjutor Schönborns gewählt. 1756 übernahm er dann nach dem Tode seines Vorgängers die Regierung.

Walderdorff war politisch wenig erfahren und auch nicht sonderlich an ihr interessiert. Er war auf ein gutes Verhältnis mit Frankreich bedacht, aber auch dem Kaiser gegenüber loyal. Er hatte kein Ministerium, sondern nur Berater. Den größten Einfluss hatte der Domdechant Karl Franz von Boos zu Waldeck.

Wichtigstes Ereignis seiner Regierungszeit war der siebenjährige Krieg (1756 - 1763). Das Reich trat auf Seiten Österreichs und Frankreichs in den Krieg gegen Preußen ein. Trier musste Hilfstruppen entsenden. Das Land wurde zum Durchmarschgebiet für die Truppen der französischen Bundesgenossen. Nach dem Einfall preußischer Truppen im September 1759 in das Kurfürstentum gestattete Walderdorff die Besetzung der Festung Ehrenbreitstein durch ein französisches Regiment, das diese erst 1762 wieder verließ.

Johann Philipp von Walderdorff galt als ein Freund des heiteren Lebensgenusses. Seine große Leidenschaft war die Jagd. Er liebte den Luxus und stellte ihn auch an seinem Hof dar. Er ließ sich gerne von anderen leiten und führen und war ein schwacher Kurfürst. Auf religiösem Gebiet führte er das "Ewige Gebet" im Kurfürstentum ein. Er besuchte täglich die Messe und zelebrierte sie an Sonn- und Feiertagen selbst.

Porträt und Grabmal von Johann Philipp von Walderdorff im Trierer Dom
 

4. Clemens Wenzeslaus von Sachsen (1768 - 1801)

Clemens Wenzeslaus von Sachsen wurde 1739 als Sohn des Kurfürsten Friedrich August II. von Sachsen, gleichzeitig König von Polen, geboren. Seine Mutter war eine Tochter Kaiser Joseph I., eine Schwester war mit dem französischen Dauphin Ludwig verheiratet, eine andere mit dem Kurfürsten Max von Bayern. Clemens Wenzeslaus stand also in engen verwandtschaftlichen Beziehungen mit den wichtigsten europäischen Herrscherhäusern. Diese unterstützten ihn auch in seiner geistlichen Laufbahn, so dass er 1768 zum Erzbischof von Trier gewählt wurde. Außerdem war er Bischof von Augsburg und Fürstpropst von Ellwangen. Zuvor war er bereits Bischof von Regensburg und Freising gewesen, diese Bistümer musste er aber nach seiner Wahl zum Erzbischof von Trier aufgeben.

Politisch galt Clemens Wenzeslaus als labil und unstet. Er wechselte mit seinen Beratern auch gleichzeitig seine Meinungen und war leicht beeinflussbar. Mit ihm hielt die katholische Aufklärung Einzug in das Kurfürstentum. Auf dem Gebiet der kirchlichen Reform sorgte er für eine Begrenzung der kirchlichen Feiertage von 38 auf 19, außerdem setzte er sich für ein Verbot von vielen Prozessionen ein. Er bekämpfte den Aberglauben. 1784 erließ er ein Toleranzedikt, das wirtschaftlich potenten Protestanten den Zuzug gestattete. Clemens Wenzeslaus unterstützte Forderungen nach einer Begrenzung der Macht der Kurie durch die Koblenzer Gravamina von 1769 und die Emser Punktation von 1786. Da die Unterstützung Kaiser Joseph II. nicht gewonnen werden konnte, trat Clemens Wenzeslaus, auch im Zusammenhang mit dem Ausbruch der Französischen Revolution, einen Rückzug an und arrangierte sich mit der Kurie. Clemens Wenzeslaus betrieb eine Politik der Annäherung an Frankreich. Es wurden Verträge geschlossen, die kirchliche, territoriale und wirtschaftliche Fragen betrafen. Kurtrier verfügte in dieser Zeit auch über gute Beziehungen zum Kaiserhaus.

Nach Ausbruch der Französischen Revolution kam es zu einer Änderung der Politik von Clemens Wenzeslaus. Reformmaßnahmen, zum Beispiel auf dem Gebiet der Schulen, wurden zurückgenommen und aufklärerische Tendenzen bekämpft. Clemens Wenzeslaus und seine Berater sahen nun in der Aufklärung einen Wegbereiter der Revolution. Die ab 1790 nach Koblenz kommenden französischen Emigranten wurden zunächst freundlich empfangen und unterstützt. Ab 1792 wurde eine zurückhaltendere Position eingenommen, hervorgerufen durch die drohende Kriegsgefahr. In den Koalitionskriegen (1792 - 1797 und 1799 - 1802) wurde Kurtrier mehrmals von französischen Truppen besetzt, so dass Clemens Wenzeslaus im Oktober 1792 zu einer ersten Flucht nach Augsburg gezwungen war. Nach einjähriger Rückkehr nach Koblenz emigrierte er 1794 endgültig in sein zweites Bistum. 1801 wurde Clemens Wenzeslaus seiner erzbischöflichen Würde enthoben. Er blieb aber Bischof von Augsburg und starb als solcher am 27.07.1812.
 

Literatur:




Diese Seite wurde von Gudrun Schönfeld ([email protected]) erstellt.






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