Das Kurfürstentum Trier -
seine Verfassung und Verwaltung

 

An der Landesverfassung des Kurfürstentums Trier waren im 18. Jahrhundert drei Staatskörper beteiligt, der Kurfürst, das Domkapitel und die Landstände.

Der Kurfürst beziehungsweise der Erzbischof von Trier war der oberste Landesherr. Er wurde vom Trierer Domkapitel gewählt, vom Papst als Erzbischof bestätigt und durch die kaiserliche Temporalienverleihung als Landesherr eingesetzt. Er hatte die Leitung der territorialen und der kirchlichen Verwaltung inne, deren Geltungsbereiche sich allerdings voneinander unterschieden. Im kleineren Kurfürstentum besaß der Erzbischof sowohl geistliche als auch weltliche Herrschaftsrechte. Die Nachbarn des Kurfürstentums waren im Süden das zu Frankreich gehörende Herzogtum Lothringen (seit 1766), im Westen das österreichische Herzogtum Lothringen, im Norden das Kurfürstentum Köln und im Osten das Fürstentum Nassau-Dillenburg und das Kurfürstentum Pfalz. Der Grenzverlauf war unregelmäßig und kompliziert, das Gebiet war zusätzlich noch von zahlreichen Exklaven anderer Herrschaften und Besitzungen der Reichsritterschaft durchsetzt.

Das Erzbistum war größer als das Kurfürstentum und umfasste im Südwesten französische und luxemburgische Gebiete sowie einige kleinere Herrschaften auf der rechten Rheinseite. Dort verfügte der Erzbischof nur über kirchliche Herrschaftsrechte, ebenso in den drei Suffraganbistümern Metz, Toul und Verdun, die alle im französischen Herrschaftsbereich lagen und zur Trierer Kirchenprovinz gehörten. Es gab zwei getrennt voneinander geführte Verwaltungen. Der Sitz der erzbischöflichen Verwaltung befand sich in Trier, der Sitz der kurfürstlichen Verwaltung hatte sich im Laufe der Zeit von Trier nach Koblenz beziehungsweise Ehrenbreitstein verlagert.

Mit den Problemen in Bezug auf die verschiedenen Staatsgewalten in Frankreich und Luxemburg und deren unterschiedlichen Rechtsauffassungen in kirchlichen Angelegenheiten waren vor allem die Weihbischöfe konfrontiert. Diese hatten ihren Sitz in Trier und übernahmen für den in Ehrenbreitstein residierenden Erzbischof die Verwaltung des Kirchenamtes. Der Weihbischof war der erste geistliche Beamte der Erzdiözese. Zu seinen Aufgaben gehörten neben den Weihen, Firmungen und der Durchführung von Visitationen auch die Stellung als Generalvikar und Offizial des oberen Teils des Erzbistums. Er musste auch die Metropolitanrechte des Erzbischofs gegenüber den Suffraganbischöfen wahren. Diesen Teil der Aufgabe nahm der Weihbischof in der Regel relativ selbständig vom Kurfürsten wahr.

Der Kurfürst wurde bei seinen Aufgaben als Landesherr vom Hofrat unterstützt. Dieser war zunächst nur ein beratendes Kollegium, entwickelte sich aber im Laufe der Zeit zu einer festen Behörde, die mit umfassenden Kompetenzen ausgestattet wurde. Unter Erzbischof Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg (1716 - 1729) kam es zu einer umfassenden Reorganisation der Verwaltung. Der Hofrat, der in Ehrenbreitstein residierte, wurde als oberstes Regierungsorgan eingesetzt und erhielt eine umfassende Geschäfts- und Kanzleiordnung. Er war für die gesamten Regierungsgeschäfte zuständig. Zu seinen Aufgaben gehörte die Vorberatung von Gesetzen, die Verabschiedung von Erlassen, die Aufsicht über das Militär, die Polizei und die Wohlfahrt des Landes sowie die Oberaufsicht über die Justiz, die Lokalverwaltung und das landständische Steuerwesen. Die Finanzverwaltung wurde von der Regierung getrennt und eine Hofrentkammer eingesetzt.

Mit der Erweiterung der staatlichen Aufgaben im 18. Jahrhundert, zum Beispiel im Hinblick auf die Wohlfahrt und Ordnung des Landes, der zunehmenden Verwaltungsarbeit und dem damit verbunden Anstiegs des Beamtenapparates, war der Hofrat in der Wahrung seiner Pflichten überfordert. Daher schuf Clemens Wenzeslaus (1768 - 1801) 1768 die Geheime Staatskonferenz als oberste Zentralbehörde. Sie hatte den Charakter einer dem Hofrat übergeordneten Kabinettsregierung, in der der Kurfürst den Vorsitz führte. Die Behörde verfügte über eine eigene Kanzlei und Registratur. Die Geheime Staatskonferenz war in vier Fachdepartements aufgeteilt. An der Spitze des ersten Departements stand der Staats- und Konferenzminister. Er hatte die Führung der Staatsgeschäfte inne und war zuständig für die Aufsicht über das Militär-, Hof- und Finanzwesen sowie für die auswärtige Politik. Ihm oblagen die Verhandlungen und Gespräche mit den am Trierer Hof akkreditierten Gesandten und die Aufrechterhaltung des Kontaktes mit den eigenen Gesandten an auswärtigen Höfen. Er unternahm auch selbst wichtige Reisen. Er stand in Verbindung mit dem Domkapitel und den Landständen und informierte diese, sofern es nötig war, über wichtige Entscheidungen. Das zweite, so genannte geistliche Departement beschäftigte sich mit den Angelegenheiten des außerhalb des Erzstiftes wohnenden, aber zur Diözese gehörenden Klerus. Es unterhielt darüber hinaus den Verkehr mit der Kölner Nuntiatur und der römischen Kurie. Das dritte Departement war zuständig für die landständischen Angelegenheiten und das Festungs- und Militärwesen. Das vierte Departement kümmerte sich um das Finanzwesen, den kurfürstlichen Haushalt und um Polizei- und Handelssachen.

Der Kurfürst konnte seine höchsten Beamten, Räte und hohen Militärs aus eigener Machtvollkommenheit berufen, auch wenn das Domkapitel und die Landstände versuchten, einen gewissen Einfluss zu nehmen. Allerdings waren die Beamten seit 1650 verpflichtet, einen Amtseid sowohl auf den Landesherren als auch auf das Domkapitel und die Landstände zu leisten. Sie blieben aber in erster Linie Diener des Kurfürsten.

Das Domkapitel besaß das Recht zur Wahl des Erzbischofs. Der Erzbischof musste nach seiner Wahl eine Wahlkapitulation unterzeichnen. Durch diese Kapitulationen konnte das Domkapitel seinen Einfluss in der Landesherrschaft steigern, so dass man in begrenztem Umfang von einer Mitregierung des Domkapitels sprechen kann. Das Domkapitel beanspruchte das Konsensrecht beim Abschluss von Verträgen mit ausländischen Mächten. Der Kurfürst konnte ohne die Zustimmung des Domkapitels die Landstände nicht einberufen und ohne eine Gegenzeichnung durch das Domkapitel waren die Verträge des Kurfürsten staatsrechtlich nicht gültig.

Das Domkapitel nahm innerhalb des Staatsverbandes eine nahezu autonome Stellung ein. Es war von Zöllen und Steuern befreit und hatte das Recht auf eine eigene Verwaltung seiner Güter. Außerdem verfügte es über eine eigene Jurisdiktion und einen persönlichen Beamtenapparat, der die Geschäfte besorgte. Es hatte das Recht zur freien Zuwahl seiner Mitglieder. Das Domkapitel bestand aus vierzig Domherren, sechzehn Kapitulare und vierundzwanzig Domizellare. Diese mussten eine Ahnenprobe über sechzehn adlige und eheliche Vorfahren vorlegen.

Das Domkapitel besaß zehn Dignitäten. An der Spitze stand der Dompropst, der die Oberaufsicht führte. An zweiter Stelle folgte der Domdechant. Er war vor allem mit der inneren Verwaltung beschäftigt und leitete die Geschäfte des Domkapitels. Er war zur ständigen Residenz in Trier verpflichtet, was die Wahl eines neuen Domdechanten erschwerte, da viele Domherren auch außerhalb von Trier bepfründet waren. Mit diesem Amt verbunden war die Ernennung zum Statthalter von Trier. Der Statthalter von Trier war der Vertreter der kurfürstlichen Interessen innerhalb der kommunalen Verwaltung der Stadt Trier. Er war an den Ratsversammlungen beteiligt und führte den Vorsitz. Er verfügte über ein doppeltes Stimmrecht und besaß so eine gewisse Kontrolle über den Rat. Er hatte dafür zu sorgen, dass kein Beschluss gefasst wurde, der zum Nachteil der kurfürstlichen Hoheit über die Stadt geführt hätte. Weitere Würdenträger waren die fünf Chorbischöfe oder Archidiakone sowie der Scholaster, der Kustos und der Kantor.

Die Landstände waren die dritte in der Verfassung berücksichtigte Körperschaft. 1501 wurden sie anerkannt. Da die Landstände das Steuerbewilligungsrecht besaßen, wurden sie seit der Einführung der Reichssteuer 1542 zu einer unverzichtbaren Einrichtung. Eine regelmäßige Einberufung ist festzustellen, es gibt eine ununterbrochene Reihe von Landtagsabschieden. Die Landstände setzten sich aus einer geistlichen und einer weltlichen Kurie zusammen. Die geistliche Kurie bestand aus dem höheren und niederen Klerus. Die weltliche Kurie setzte sich aus den Vertretern der zwei Haupt- und zwölf Nebenstädten des Landes zusammen. Die beiden Kurien waren jeweils in einen oberen und niederen Landstand eingeteilt, entsprechend der politischen Einteilung des Kurfürstentums in ein Ober- und Niederstift. Die Leitung der vier Gruppen übernahm jeweils ein Direktorium. Die kurtrierische Ritterschaft war im 18. Jahrhundert nicht mehr Mitglied der Landstände, da sie seit 1577 einen Prozess um ihre Reichsunmittelbarkeit vor dem Reichskammergericht führte. 1729 entließ sie Kurfürst Franz Georg von Schönborn (1729 - 1756) dann auch formal aus ihrer Landstandschaft.

Die Einberufung des Landtages erfolgte durch den Kurfürsten, das Domkapitel musste seine Zustimmung geben. Die Landtage fanden in der Regel jährlich statt. Die Beratungen erfolgten kurienweise, die Ergebnisse wurden auf einer gemeinsamen Sitzung verglichen. Kam es dabei zu keiner Einigung, wurde bis zum Abschluss eines Vergleichs weiterverhandelt. Falls keine Übereinkunft erzielt werden konnte, wurde der Kurfürst angerufen und um eine Entscheidung gebeten. Auf den Landtagen wurden teilweise Beschwerden und Forderungen der Stände beraten, die als Gravamina an den Kurfürsten weitergeleitet wurden. Die wichtigste Aufgabe lag aber in der Bewilligung neuer Steuern.

Der Kurfürst von Trier regierte im 18. Jahrhundert als absoluter Herrscher. Er war allerdings bei seinen Entscheidungen durch das Konsensrecht des Domkapitels und durch die Landstände, die immer wieder versuchten, ihren Einfluss geltend zu machen, besonders in den letzten Jahren der Existenz des Kurstaates, eingeschränkt.

Der kurtrierische Adel nahm im 18. Jahrhundert eine immer wichtigere Rolle ein, obwohl er nicht auf den Landtagen vertreten war und auch keine Steuern zahlen musste. Er hatte nicht nur wie in den Jahrhunderten vorher den größten Einfluss im Domkapitel und an den Spitzen der Lokalverwaltung als Amtmann, sondern wurde auch mit den höchsten Positionen im Hofrat, der Geheimen Staatskonferenz und im kurfürstlichen Hofstaat ausgestattet. So verfügte er über den direkten Zugang zum Kurfürsten


Literatur:




Diese Seite wurde von Gudrun Schönfeld ([email protected]) erstellt.






Hosted by www.Geocities.ws

1