Johann Nikolaus von Hontheim



 

1. Die Familie von Hontheim

Die Familie Hontheim gehörte zu den angesehensten Familien des trierischen Landes. Die Familienmitglieder standen seit Jahrzehnten im Dienst der Kurfürsten von Trier und übernahmen hohe Staats- und Kirchenämter. Man kann Familienangehörige in Trier seit Beginn des 15. Jahrhunderts nachweisen, sie waren damals vor allem in der Weberzunft aktiv.

Der Urgroßvater von Johann Nikolaus, Johann Wolfgang, der von 1588 - 1641 lebte, übernahm als erster Hontheim wichtige Ämter im trierischen Dienst. Er war kurtrierischer und speyerischer Geheimer Rat und Amtmann der Herrschaft Dagstuhl, die der Kurfürst Johann Philipp von Sötern (1623 - 1652), der gleichzeitig Bischof von Speyer war, und dessen Vertrauen Hontheim genoss, erworben hatte. Er wurde auch für Kaiser Ferdinand II. tätig, da er von diesem aufgrund besonderer Verdienste am 06.04.1622 in den erblichen Reichsadelsstand erhoben wurde. In zwei Ehen heiratete er in die ebenfalls angesehenen Trierer Familien Biewer und Morbach ein.

Von seinen Söhnen war Johann Werner fürstlich-speyerischer Kellner. Er heiratete in die renommierte Familie Reuland ein. Sein Bruder Johann Nikolaus (1617 - 1665) wurde kurtrierischer Hofrat und Stadtschultheiß von Koblenz. Er besaß ein bedeutendes Vermögen und war in erster Ehe mit der Schwester seiner Stiefmutter Sophia Morbach verehelicht. In zweiter Ehe war er mit einer Tochter des kurtrierischen Kellners von Schönecken Johann Adolf Helling verbunden. Die Hellings stellten eine größere Zahl hoher kurtrierischer Beamter.

Johann Wolfgang (1652 -1721), ein Sohn von Johann Nikolaus, war Kanoniker und Dechant im Stift St. Florin zu Koblenz. Sein Bruder Karl Kaspar, der Vater des Weihbischofs, lebte von 1657 - 1724. Er war Generaleinnehmer des Oberen Erzstiftes, kurtrierischer Hochgerichts- und Ratsschöffe und mehrfacher Bürgermeister von Trier. Er war verheiratet mit Anna Margaretha von Anethan (1668 - 1724). Auch diese Familie gehörte zu den einflussreichsten in der Stadt Trier, darüber hinaus stand sie seit Generationen im Dienst der Kurfürsten. Man kann eine große Zahl von Anethans und Hontheims im kirchlichen Dienst finden.

Der älteste Sohn Karl Kaspars mit Namen Johann Wolfgang (1699 - 1743) promovierte zum Doktor beider Rechte in Trier und wurde dann Schöffe zu Koblenz, kurtrierischer Hofkammerrat und Generaleinnehmer des niederen Erzstiftes. Er zählte zu den führenden Persönlichkeiten in Koblenz. Verheiratet war er mit Justina Wilhelma Franziska von Krufft, die aus einer Kölner Patrizierfamilie stammte. Ihr Sohn Johann Peter Ignaz (1739 - 1807) schlug die geistliche Laufbahn ein. Er war Dechant des Stiftes St. Simeon in Trier, kurtrierischer Geheimrat und seit 1793 Offizial.

Franz Ludwig (1704 - 1776), ein weiterer Sohn Karl Kaspars, war ebenfalls kurtrierischer Geheimrat. Er heiratete in die luxemburgische Industriellenfamilie Marchand ein. Zu seinen Nachkommen gehörten weitere kurtrierische Hofräte sowie mehrere Kanoniker. Einige von ihnen gingen Eheverbindungen mit den schon bekannten Trierer Familien Reuland, von Anethan und Biewer ein.

Die Familie Hontheim stammte ursprünglich aus Trier und gehörte dort zur städtischen Führungsschicht. Familienmitglieder traten im 17. und 18. Jahrhundert in den Dienst der Kurfürsten von Trier, so dass Teile der Familie in Koblenz, der Residenzstadt des Kurfürsten, ansässig wurden und auch dort schnell an Einfluss gewannen. Die Hontheims gehörten der Schicht des Amtsadels an. Die Mitglieder dieser Schicht fanden ihr Einkommen und ihre Berufung im Kurfürstentum vor allem im höheren kurfürstlichen Verwaltungsdienst. Sie galten als sehr zuverlässige Mitarbeiter, da es selten vorkam, dass sie in den Dienst eines anderen Landesfürsten wechselten. Neben der Karriere im Verwaltungsdienst waren die Mitglieder teilweise auch an einer Laufbahn in der Kirche interessiert, wie man auch bei den Hontheims erkennen kann. Die Beliebtheit von Kanonikerstellen ergab sich neben den zum Teil beträchtlichen Einnahmen aus den Pfründen mit der Übertragung von administrativen Aufgaben und dem hohen Ansehen, dass man sich im Kirchendienst erwerben konnte. So war es nur natürlich, dass dieselben Familien, die an der Spitze der Verwaltung wichtige Vertrauensposten einnahmen, auch in der Kirchenverwaltung an den entscheidenden Stellen saßen. Die Hontheims sind für diese Erscheinung nur ein Beispiel von mehreren.

2. Johann Nikolaus von Hontheims Lebenslauf

Johann Nikolaus von Hontheim wurde am 27.01.1701 als zweiter Sohn von Karl Kaspar von Hontheim und seiner Frau Anna Margaretha von Anethan in Trier geboren. Er war schon früh für die geistliche Laufbahn bestimmt worden und empfing bereits im Alter von zwölf Jahren am 25.05.1713 die Tonsur. Gleichzeitig erhielt er aufgrund von Familienrechten der Anethans eine Anwartschaft auf ein Kanonikat im Stift St. Simeon. Johann Nikolaus besuchte das Jesuitengymnasium in Trier. Nach Beendigung der Schulausbildung 1719 studierte er zunächst in Trier Rechtswissenschaften und Theologie. Zu seinen Lehrern dort zählte Lothar Friedrich von Nalbach, der ihn besonders förderte. Sie waren beide Kanoniker desselben trierischen Stiftes.

Hontheim setzte seine Studien an der katholischen Universität Löwen fort, die sich für einen Besuch wegen der zur Erzdiözese Trier gehörenden Teile der österreichischen Niederlande besonders anbot. Dort lernte Hontheim das gallikanisch-jansenistische Staatskirchenrecht kennen, dessen bedeutendster Vertreter der damals schon emeritierte Professor Zeger Bernhard van Espen (1646 - 1728) war. Er erlernte hier auch die flämische Sprache. Er sprach ebenfalls französisch. Ein Aufenthalt an der reformierten Universität Leiden schloss sich der Zeit in Löwen an. Er scheint dort mit der von der klassischen Philologie ausgehenden quellenkritischen Geschichtsforschung und der Natur- und Völkerrechtslehre des Grotius bekannt geworden zu sein. 1724 kehrte Hontheim nach Trier zurück und wurde an der heimischen Universität, zusammen mit seinem Bruder Johann Wolfgang, zum Doktor beider Rechte promoviert.

In den folgenden Jahren wurde Hontheim zum Diakon geweiht und er unternahm mehrere Reisen, die ihn unter anderem nach Belgien, Holland, Deutschland und Italien führten. Die Jahre 1726/27 verbrachte er in Rom, wahrscheinlich um einen Rechtsstreit seines Stiftes St. Simeon an der Kurie zu vertreten. Nach seiner Rückkehr nach Trier empfing er am 22.05.1728 die Priesterweihe. Gleichzeitig wurde er als Kanoniker am Stift St. Simeon zugelassen. Im gleichen Jahr wurde er von Erzbischof Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg zum Assessor und geistlichen Rat am Konsistorium in Trier ernannt und wurde dadurch in der Bistumsverwaltung tätig. Von 1733 - 1738 war er als Professor für Römisches Recht an der Universität Trier beschäftigt.

Im Februar 1738 trat eine entscheidende Wende im Leben Hontheims ein. Er wurde von Kurfürst Franz Georg von Schönborn, wahrscheinlich auf Empfehlung Nalbachs, Hontheims früherem Lehrer, zum Offizial und Generalvikar für das niedere Erzstift ernannt. Damit verbunden war ein Umzug nach Koblenz, durch den Hontheim in die persönliche Nähe des Kurfürsten gelangte. Es war ihm nun möglich, dessen Vertrauen zu erwerben, so dass er für besondere Aufgaben herangezogen wurde. Zu seiner finanziellen Absicherung erhielt er 1740 ein Kanonikat am Stift St. Florin in Koblenz, ein Kanonikat am Stift Münstermaifeld und die Pfarrpfründe Lütz im Dekanat Karden. 1741 wurde Hontheim zum Geheimen Rat ernannt.

1741/42 und 1745 wurde Hontheim zur Unterstützung des kurtrierischen Wahlgesandten Jakob Georg von Spangenberg, mit dem er in besonders engem Kontakt stand, auf den Wahltag nach Frankfurt geschickt. Dort kam es zu ersten Auseinandersetzungen mit den Vertretern der römischen Kurie, um den Anspruch der päpstlichen Nuntien auf eine mit der bischöflichen Jurisdiktion konkurrierende eigene Gerichtsbarkeit. Kurtrier hatte den Antrag auf eine Abschaffung der direkten päpstlichen Jurisdiktionsausübung durch die Nuntien gestellt. Hontheim hatte, im Auftrage Schönborns, in einem Gespräch mit dem Nuntius Doria die Gründe für das trierische Ansinnen erläutert und über die kirchlichen Zustände in Deutschland geklagt.

Sein diplomatisches Geschick konnte Hontheim durch einige Missionen, die er im Auftrag des Kurfürsten unternahm, unter Beweis stellen. So schlichtete er 1746 einen Streit zwischen dem Fürstbischof von Speyer und dem Domkapitel, außerdem war er verantwortlich für die Visitation des Generalvikariats und der vier Stiftskirchen in Worms, dessen Bischof Schönborn ebenfalls war. 1747 zwangen gesundheitliche Probleme Hontheim zu einem Verzicht auf das Offizialat und zum Rückzug auf sein Kanonikat nach Trier.

1748 wurde Hontheim zum Dekan von St. Simeon gewählt. Seine Gesundheit schien wieder einigermaßen hergestellt gewesen zu sein, denn am 13.03.1748 wurde er als Nachfolger von Lothar Friedrich von Nalbach zum neuen Trierer Weihbischof bestimmt. Die päpstliche Bestätigung und die Übertragung des Titularbistums Myriophytos erfolgte am 02.12.1748, die Konsekration am 16.02.1749 in Mainz. Das Amt als Weihbischof beinhaltete die Stellung als Generalvikar und Offizial für den oberen Teil des Erzbistums. Ebenso war mit ihm das Amt als Prokanzler der Universität Trier verbunden. Als solcher regte er eine große Visitation der Universität beim Kurfürsten an, die er selbst durchführte. Er setzte sich auch für Reformen ein, so für die Zurückdrängung des Einflusses der Jesuiten, der durch die Ernennung von drei benediktinischen und einem weltgeistlichen Theologen zu Professoren 1764 erfolgte. Er wurde dabei von seinem Freund Christoph Georg Neller unterstützt, den er 1741 auf dem Wahltag zu Frankfurt kennen gelernt hatte. Hontheim musste sich öfters schützend vor Neller stellen, da jener in seinem Kampf gegen die Jesuiten scharf von diesen angegriffen wurde.

Hontheim wurde in den nächsten Jahren als Autor mehrerer Bücher über die Grenzen des Kurfürstentums hinaus bekannt. 1750 erschien die dreibändige "Historia Trevirensis diplomatica et pragmatica". Hontheim hatte eine große Anzahl von Urkunden und Dokumenten gesammelt, auf die seine Geschichte des trierischen Landes aufbaute. Er behandelte in seinem Werk sowohl geistliche als auch weltliche Angelegenheiten. 1757 veröffentlichte er den Nachfolgeband "Prodromus Historiae Trevirensis", in dem er alle antiken und mittelalterlichen Nachrichten über die Geschichte Triers weiten Kreisen zugänglich machte. Hontheim gewann durch diese Arbeiten allgemeine Anerkennung in der gelehrten Welt.

Auf religiösem Gebiet war Hontheim 1748 für die Neuausgabe des trierischen Breviers und 1767 für die Neuausgabe der Rituale verantwortlich. Durch diese neuen Bücher sollten Trierer Sondertraditionen erhalten bleiben und die bischöflichen Eigenrechte gegenüber den päpstlichen Gleichschaltungstendenzen gewahrt werden. Allerdings gelang es nicht, die Einführung dieser liturgischen Bücher in den luxemburgischen Gebieten des Erzbistums durchzusetzen, da die dortige Regierung, auch um die staatliche Kirchenhoheit zu betonen, die römische Einheitsliturgie bevorzugte.

Hontheims wichtigstes Werk, das auch das meiste Aufsehen erregte, war das 1763 unter dem Pseudonym Justinus Febronius erschienene Buch "Justini Febronii Juris Consulti De statu ecclesiae et legitima potestate Romani Pontificis liber singularis, ad reuniendos dissidentes in religione, christianos compositus" (Das einbändige Werk des Rechtsgelehrten Justinus Febronius über die Verfassung der Kirche und die rechtmäßige Gewalt des Papstes, verfaßt , um die in der Religion entzweiten Christen wieder miteinander zu vereinen). In ihm wurde das Papsttum scharf angegriffen und eine Kirchenreform gefordert, die sich an der Kirchenverfassung der ersten acht Jahrhunderte orientieren sollte. Febronius postulierte eine Reduzierung der Macht der Kurie und eine Stärkung der Rechte der Bischöfe. Er plädierte für eine Beschränkung der Rechte des Papstes auf diejenigen, die er in der frühchristlichen Kirche besessen hatte. Der Papst hatte danach einen Ehrenvorrang und nahm den ersten Platz im Episkopat ein, aber er verfügte über keine allgemeine und oberste Jurisdiktion in den einzelnen Diözesen. Diese stand den Bischöfen zu. Der Primat des Papstes diente der Erhaltung der Einheit des Glaubens und der Kirche. Der Träger der obersten Gewalt sollte nach Febronius die Gesamtkirche sein, diese fand ihre Repräsentation in allgemeinen Konzilien.

Febronius war der Ansicht, dass es auch im Interesse des Staates lag, die päpstlichen Rechte zu reduzieren. Daher sprach er die Könige und Landesfürsten in der Vorrede direkt an und forderte sie auf, aktiv zu werden: Der Staat habe ein Recht auf die Kontrolle aller Unternehmungen der römischen Kirche, da er mit dieser gleichgestellt sei. Er habe sogar die Pflicht, die kirchliche Verfassung vor Übergriffen durch die römische Kurie zu schützen. Das beste Mittel hierzu sei, die Selbständigkeit der Landeskirchen zu wahren. Hontheims Buch lieferte die theoretische Begründung für den praktischen Episkopalismus der Reichskirche. Es wurde eine Kirchenverfassung angestrebt, die sich aus monarchischen und aristokratischen Elementen, aus päpstlichen und bischöflichen Rechten zusammensetzte.

Hontheim griff bei der Ausarbeitung seines Werkes auf eine große Zahl von Autoren zurück, die sich in früheren Jahrhunderten mit Fragen der Kirchenverfassung und des Verhältnisses zwischen den Landeskirchen und der römischen Kurie befasst hatten. Auch Neller arbeitete an dem Buch mit.

Die Kurie sah im Febronius einen Angriff auf zentrale Positionen des Papsttums und setzte das Buch auf den Index. Schon 1764 wurde Hontheim als Verfasser identifiziert. Er leugnete aber weiterhin seine Autorschaft. Johann Philipp von Walderdorff verbot den Febronius im Erzbistum, nahm aber den von Hontheim angebotenen Rücktritt nicht an und ergriff auch sonst keine Maßnahmen gegen ihn. Darin zeigte sich das hohe Ansehen, das Hontheim genossen haben musste, aber auch die Abhängigkeit Walderdorffs von seinem wichtigsten Mitarbeiter in kirchlichen Angelegenheiten. Hontheim wurde in den nächsten Jahren weitgehend in Ruhe gelassen und veröffentlichte weitere Bände und Antworten auf Gegenschriften.

Erst 1777 wurde der Druck auf Hontheim verstärkt. Kurfürst Clemens Wenzeslaus, der ihm vorher zugesichert hatte, nichts gegen ihn zu unternehmen und ihn vorbehaltlos unterstützt hatte, was seine Ernennung zum Geheimen Staats- und Konferenzrat 1768 belegt, wurde von Papst Pius VI. und Franz Heinrich Beck, dem Gewissensrat des Erzbischofs, dazu aufgefordert, Hontheim zum Widerruf zu zwingen. Als erste Maßnahme wurde Hontheim ein Koadjutor zur Seite gestellt. Die Wahl fiel auf Johann Maria Cuchot d'Herbain, der am 31.05.1778 in Koblenz zum Titularbischof von Askalon und Weihbischof von Trier konsekriert wurde. Clemens Wenzeslaus begann einen Briefwechsel mit Hontheim und machte ihm zum Teil schwere Vorwürfe, so hielt er ihm zum Beispiel "förmlichen Haß und unversöhnlichen Groll gegen die Kirche" vor. Er sprach auch sein hohes Alter an und wies ihn darauf hin, dass Gott ihm dieses vielleicht nur gewährt habe, damit er in sich gehen könne und seine Seele rette, ehe er "in die Hände seiner Gerechtigkeit" falle. Es sollen auch Nachteile für Hontheims Familie angedroht worden sein. Hontheim war schließlich nach langwieriger Korrespondenz und vielfältigen Diskussionen über die Form des Widerrufs zu diesem bereit. Er erfolgte Weihnachten 1778 und wurde vom Papst als großer Erfolg bewertet. Allerdings schwächte Hontheim diesen in einem 1781 erschienenen Kommentar zum Widerruf wieder ab.

Hontheim zog sich in den nächsten Jahren, auch wegen seines Alters, vermehrt nach Trier beziehungsweise seinem Sommersitz Schloss Montquintin in Luxemburg zurück. Er legte am 21.04.1779 sein Amt als Dechant des Stiftes St. Simeon zugunsten seines Neffen nieder. 1781/82 versuchte er die Gründung eines eigenen Generalvikariats für die französischen Gebiete des Erzbistums zu verhindern. 1786 konsultierte Clemens Wenzeslaus ihn anlässlich des Emser Kongresses. Am 02.09.1790 starb Hontheim in Montquintin und wurde in der Stiftskirche St. Simeon in Trier beigesetzt.

Hontheim war ein frommer Priester und Weihbischof, sein Lebenswandel soll untadelig gewesen sein. Er sah sich, trotz der Abfassung des Febronius, als treuer Sohn der Kirche und betonte, dass er kein Feind des Heiligen Apostolischen Stuhles, sondern nur der römischen Kurie gewesen sei. Er unterstrich auch, dass er niemals febronianische Grundsätze in der kirchlichen Verwaltungspraxis vorgeschlagen oder umgesetzt habe. Seine Ämter hatte er gewissenhaft verwaltet.

3. Johann Nikolaus von Hontheim und die kirchliche Verwaltung der französischen und luxemburgischen Gebiete des Erzbistums Trier

Johann Nikolaus von Hontheim war als Weihbischof und Generalvikar für die kirchliche Verwaltung der französischen und luxemburgischen Gebiete des Erzbistums Trier zuständig. Er hatte eine enge persönliche Beziehung zu Luxemburg. Er war Besitzer der Herrschaft Montquintin, die zu seinem Hauptaufenthaltsort in den Sommermonaten wurde. Außerdem stammte die Familie seiner Mutter ursprünglich aus Luxemburg. Hontheims Politik gegenüber dem luxemburgischen Provinzialrat, der die Staatsgewalt verkörperte, war durch eine gewisse Nachgiebigkeit geprägt. Bei der Visitation der luxemburgischen Gebiete 1753 wurde Hontheim vom Provinzialrat aufgefordert, Kopien der Visitationsakten abzugeben. Dies war früher nie erfolgt, da aber der Provinzialrat die weitere Fortsetzung der Visitation untersagte, musste Hontheim einlenken und nach Absprache mit Franz Georg von Schönborn Auszüge aus den Akten übergeben. Daraufhin konnte die Visitation ohne weitere Probleme beendet werden. In den folgenden Jahren holte Hontheim die Erlaubnis des Staates für die Abhaltung von Visitationen ein und übersandte Kopien der Visitationsakten. Das Verhältnis zwischen der Regierung in Luxemburg und dem Erzbistum Trier war in den nächsten Jahren dank der Nachgiebigkeit Hontheims relativ spannungsfrei geblieben. Einige Maßnahmen des Staates fanden die Unterstützung Hontheims, so die Neueinteilung der Pfarreien und die Beschränkung der Wallfahrten. Das Verbot der Springprozession von Echternach wurde sogar von Trier selbst beantragt.

Pläne zur Errichtung eines eigenen Bistums Luxemburg lehnte Hontheim stets ab. 1772 warnte er Clemens Wenzeslaus eindringlich vor den Gefahren, die dadurch den Rechten der Trierer Kirche drohten. Er empfahl kräftigen Widerstand und stellte eine Denkschrift über die Gründe, die gegen die Errichtung sprachen, zusammen. Als der Bistumsplan 1786 wieder akut wurde, ließ die kurtrierische Ministerkonferenz durch den Mainzer Juristen Horix ein Gutachten über die Bistumsfrage anfertigen. Dieser befürwortete die Schaffung eines solchen, Hontheim dagegen war weiterhin gegen sie, wie er dem Kurfürsten am 21.07.1786 mitteilte. Er wollte die Rechte der Trierer Kirche nicht geschmälert wissen, auch wenn die Vernunft für die Errichtung des Bistums sprach.

In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts erhob Frankreich die Forderung nach der Errichtung eines eigenen Offizialats und Generalvikariats für die französischen Gebiete des Erzbistums. Außerdem war man für die Trennung der Bistümer Metz, Toul und Verdun von der Trierer Kirchenprovinz. Trier protestierte dagegen in scharfer Form mit Erfolg in Rom. Gegen die Schaffung des Offizialats und Generalvikariats, das von Frankreich weiter propagiert wurde, wandte sich Hontheim. Er verfasste 1778 eine Denkschrift für den Kurfürsten und warnte ihn davor, dem Drängen Frankreichs nachzugeben, denn dann würde er seine höchste Gerichtsbarkeit verlieren und sich selbst und die Trierer Kirche degradieren, da Trier dann nur noch nominell ein Metropolitansitz wäre, aber keine Rechte damit verbunden wären. Außerdem würden dadurch nur Begehrlichkeiten auf Luxemburger Seite geweckt. Nach neuerlichen französischen Forderungen 1781, die zunächst von Trier ablehnend beantwortet wurden, gab der Erzbischof letztlich nach, da es zu scharfen französischen Protesten gekommen war.

Nach langen Verhandlungen wurde 1783 in Versailles ein Vertrag geschlossen. Das Erzbistum stimmte der Ernennung eines Offizials und Generalvikars, der französischer Nationalität sein musste, zu. Sein Amtssitz lag in der französischen Stadt Longwy. Der Trierer Erzbischof besaß das Ernennungsrecht und erhielt die französische Garantie, dass die Trierer Metropolitanrechte in Zukunft nicht weiter beeinträchtigt werden. Als erster Generalvikar und Offizial wurde der Weihbischof d'Herbain ernannt. Hontheim war nun nicht mehr für den französischen Teil zuständig, allerdings hörte er zunächst nicht auf, sich in die dortigen Angelegenheiten einzumischen, bis ihm dies vom Kurfürsten ausdrücklich untersagt wurde.

Dies zeigte, dass Hontheim mit der Entscheidung des Erzbischofs nicht einverstanden war und in der Abtretung der Rechte einen großen Verlust für die Trierer Kirche sah. Die Einrichtung des Generalvikariats war aufgrund diplomatischen Drucks durch Frankreich erfolgt und wurde weder vom Trierer Domkapitel noch vom Kaiser anerkannt.

Johann Nikolaus von Hontheim war einer der bedeutendsten Gestalten der Trierer Geschichte im 18. Jahrhundert. Er erregte weit über die Grenzen seines Heimatlandes hinaus Aufsehen durch die Verfassung des Buches "De statu ecclesiae ...". Darüber hinaus war Hontheim ein treuer Diener der Kirche und der Trierer Kurfürsten und war in der Erfüllung seines Amtes als Weihbischof nicht angreifbar. Er besaß ein großes Pflichtbewusstsein und zeichnete sich durch großen Arbeitseifer bis ins hohe Alter aus.

Hontheim diente unter drei Kurfürsten und wurde von ihnen, nicht nur in kirchlichen Angelegenheiten, oft zu Rate gezogen. Er wurde von ihnen auch nach seiner Entlarvung als Febronius nicht fallengelassen und stand in hohem Ansehen. Hontheim entstammte einer alteingesessenen, einflussreichen Trierer Familie, deren Mitglieder man in vielen höheren Staats- und Kirchenämtern des Kurfürstentums fand. Er wurde schon als Kind für die geistliche Laufbahn vorgesehen und seine Karriere verlief geradlinig. Er konnte auf allen seinen Wegen mit der Unterstützung seiner weit verzweigten Familie rechnen, außerdem gelang es ihm durch eigene Leistungen, die Aufmerksamkeit einflussreicher Leute zu gewinnen. Zu ihnen zählte Lothar Friedrich von Nalbach, dem er quasi in einer Vielzahl von Ämtern folgte, sei es als Dekan des Stiftes St. Simeon, als Offizial oder schließlich als Weihbischof.

Hontheim genoss eine gute Ausbildung, die ihn an drei Universitäten führte und ihn auf seine zukünftigen Aufgaben vorbereitete. Nach seiner Übersiedlung von Trier nach Koblenz konnte Hontheim seine Fähigkeiten durch die Erfüllung einer Vielzahl von Aufgaben für Kurfürst Franz Georg von Schönborn unter Beweis stellen. Er konnte so seine Karriere weiter voran bringen. Hontheim nahm eine hohe Position in der kurtrierischen Gesellschaft ein. Er konnte hilfreich für seine Familie und seine Freunde wirken. Dies zeigte sich vor allem bei Neller, über den er seine schützende Hand legte. Vielleicht lag auch darin ein Grund für den Widerruf des Febronius, denn er musste bei einer Weigerung mit Nachteilen für seine Familie rechnen.


Literatur:




Diese Seite wurde von Gudrun Schönfeld ([email protected]) erstellt.






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