..von Erich Kassing  

JÖLLENBECK - EIN BEITRAG ZUR GESCHICHTE EINES BEZIRKS DER STADT BIELEFELD IN WESTFALEN

Jöllenbeck > Herrschaft > Lasten der Eigenbehörigkeit
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LASTEN DER EIGENBEHÖRIGKEIT

Die auf den  Höfen in Jöllenbeck lebenden Menschen zählten zum Güterbestand ihrer Besitzer und wurden mit dem Grundbesitz vertauscht, verschenkt oder verkauft. Sie waren in ihrer Freiheit eingeschränkt, jedoch keine Leibeigenen. Die Bauern waren Hörige und Untertanen. Das Nutzungsrecht an ihrem Hof erhielten sie von ihrem Grundherrn. Dafür hatten sie bestimmte Verpflichtungen zu erfüllen. Der Hof auf dem die Bauern lebten und arbeiteten gehörte ihnen nicht, Eigentum konnten und durften sie nicht bilden.

Die Eigenbehörigen galten als nicht völlig rechtlos. Rechte und Pflichten konnten gegenseitig eingeklagt werden. Dafür daß der Grundherr das Land zur Bewirtschaftung erblich zur Verfügung stellte, leistete der Eigenbehörige feste Abgaben und Dienste. Ohne die Erlaubnis seines Herrn durfte der Bauer seinen Hof nicht verlassen, sich verschulden, heiraten oder auf die Leibzucht wechseln.

Grund- und Leibherrschaft fielen dann zusammen, wenn der Grundherr sein Land mit ihm eigenbehörigen Leuten besetzen konnte (z.B. Stift St. Mauritz und die Grafen von Ravensberg).

UM 1556 GAB ES IN JÖLLENBECK NOCH ACHT GRUNDHERREN

Die Grafen von Ravensberg
Das Kapitel zu Bielefeld
Das Kloster St. Mauritz vor Münster
Die Komturei zu Herford
Der Adelige Gerhard von Quernheim
Die adelige Familie Nagel
Die adelige Familie Ledebur
Die adelige Familie Wendt

Die Überlieferungen sind spärlich und ungleichmäßig. Unterschichten und Bauern haben keine schriftlichen Hinterlassenschaften. Es dominieren die Dokumente der kirchlichen Archive. Gewiß ist, daß die abhängigen und persönlich unfreien Bauern an ihren Grundherrn, Kennzeichen des Feudalsystems, belastende regelmäßige und unregelmäßige Abgaben zahlen mußten, die vom Haupthof zu eingezogen wurden und für deren Ablieferung der Meier verantwortlich war.

Zu den regelmäßigen und gewissen und somit konstant gebliebenen Abgaben zählten die Gefälle wie Pachtkorn und Zehntgetreide. Getreidelieferungen, die jährlich, meist zu St. Michaelis, dem 29. Sepember, als Naturalien und Geldzahlungen erbracht werden mußten. Für die Höhe dieser Leistungen war die wirtschaftliche Kraft des Hofes und die geschätzte Qualität seines Ackerbodens maßgeblich. In der Regel betrug die Pacht fast ein Drittel, der Zehnt hingegen ein Zehntel der mühsam eingebrachten Ernte. Getreide war das einzige Grundnahrungsmittel. Schon im Dritten Buch Mose heißt es, daß alle Zehnten im Lande, vom Ertrag des Landes und von den Früchten der Bäume, gehören dem Herrn und sollen dem Herrn heilig sein.

Die Trennung von Arbeit und Eigentum ist charakteristisch für die Grundherrschaft. Solange die Bauern ihren Verpflichtungen nachkamen, durften sie vom Hof nicht vertrieben werden, konnten ihn aber auch nicht verlassen oder verkaufen. Das Erbrecht fesselte Generationen von eigenbehörigen Bauernfamilien an den Hof. Letztlich trugen die Bauern die Lasten. Gefragt wurden sie nicht. Die Bauern waren kein Stand.

Der Zehnt, Kornzehnt und Blutzehnt, von Karl dem Großen durch das allgemeine Zehntgebot eingeführt, gebührte dem Bischof und der Kirche und diente zu deren Lebensunterhalt. Von allen zum Trocknen auf dem Feld aufgestellten Garben wurde jede Zehnte abgeholt. Dieses schwierige und konfliktreiche Verfahren führte später dazu, daß man den Zehnt vom gesamten gemahlenen Korn erhob. Die Ernte des Getreides, in der Regel der relativ anspruchslose Roggen vor der anspruchsvolleren Gerste, konnte zwei bis drei Wochen dauern. Die knappe Erntezeit erforderte den optimalen Einsatz aller Arbeitskräfte. Spanndienste waren auf die ältesten Höfe beschränkt, denn nur sie besaßen die nötigen Pferdegespanne. 

Die Ablösung der Naturalwirtschaft durch die Geldwirtschaft, Transportschwierigkeiten und Lagerprobleme führten später dazu, daß man dem Meier die Naturalabgaben überließ und stattdessen einen finanziellen Ausgleich von ihm forderte. Die Dreifelderwirtschaft ermöglichte die Steigerung der Getreideerträge und sicherte eine bessere Versorgung der Bevölkerung. Um ihre Herren und sich ernähren zu können, mußten die unfreien Bauern unbedingt Überschüsse erwirtschaften.

Zu den unregelmäßigen und ungewissen Abgaben zählten Sterbfall, Gewinn- und Auffahrtsgeld, Weinkauf und Freibrief. Der Sterbfall fiel beim Tod des Hofbesitzers an und und mußte vom Hoferben gezahlt werden. In der Regel forderte man die Hälfte des mobilen und unbeweglichen Eigentums. Später wandelte man auch diese Abgabe in eine Geldleistung um. Das Gewinn- und Auffahrtsgeld wurde fällig, wenn das Erbe angetreten wurde und eine Eheschließung bevorstand. Der auf den Hof einheiratende Partner mußte sich von seiner alten Grundherrschaft freikaufen, um sich dann in die persönliche Abhängigkeit zu dem Grundherrn seines Ehepartners zu begeben. Der nicht belastende Wechselbrief war für jeden erforderlich, der seine Grundherrschaft verlassen wollte. Der Eigenbehörige wurde dann gegen einen anderen Eigenbehörigen eines anderen Grundherrn getauscht. Der Weinkauf wurde als Gebühr fällig, wenn Eigenbehörige auf den Hof auffuhren oder ihn gewannen. Teilweise wird in den Quellen Auffahrt gleichbedeutend mit Weinkauf gesetzt. Nicht selten wurde der Weinkauf zusätzlich zum Auffahrtsgeld bezahlt. Da die Eigenbehörigen persönlich nicht frei waren, durften sie ohne Genehmigung des Stiftes weder heiraten noch den Hof verlassen. Sie mußten daher, in der Regel für eine Einheirat, einen Freibrief kaufen. 

Unter dem Krummstab ist gut leben, dachten wohl die Jöllen- becker Bauern, die einem kirchlichen Grund- und Leibherrn (z.B. Stift St. Mauritz vor Münster oder Kapitel zu Bielefeld) gehörten, denn dieser war in der Regel milder und nachläßiger als der adelige Herr (z.B. Ledebur, Nagel oder Wend) auf den naheliegenden Gütern Mühlenburg und Königsbrück.

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QUELLEN:

Staatsarchiv Münster, KDKM, VI, 477, 491.

Staatsarchiv Münster, St. Mauritz, L 9, Bd. 10.

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