DER  SPRUNG  NACH   OBEN
VON  USA  NACH  KENYA
Paul Glaser: The Air Up There (1994)

[Poster] [DVD]

Ein Kapitel aus Dikigoros' Webseite
"AVEZ-VOUS BOURBON . . . ?"
Reisefilme des 20. Jahrhunderts

Fleißige Leser von Dikigoros' Reisen durch die Vergangenheit wissen, daß er früher selber Basketball gespielt hat - freilich nicht auf Weltklasseniveau, weshalb das für ihn auch kein Grund gewesen wäre, um die Welt zu reisen oder gereist zu werden, weder nach Afrika noch nach Amerika. Aber er hat die Strukturen dieses Sports dennoch einigermaßen verstanden, die sich in den USA (und inzwischen fast weltweit) ganz ähnlich wie im Fußball zu einem knallharten Geschäft entwickelt haben, mit dem viele Millionen umgesetzt werden und ebenso wie jeder andere Wirtschaftszweig auch der so genannten "Globalisierung" ausgesetzt ist. Das hat er mit der Film-Industrie gemeinsam - und nachdem schon so viele Filme über berühmte Leichtathleten, Baseballer, Boxer, Fußballer u.a. Sportler gedreht worden sind - warum dann nicht auch endlich mal über einen Basketballer? Das ist eine gute Frage, und eine noch bessere, warum es eine erfundene Geschichte sein mußte: Über Jim Thorpe, Babe Ruth, Jesse Owens, Muhammad Ali und Pelé hat Hollywood biografische Filme abgeliefert, warum dann nicht z.B auch über Michael Jordan? Dikigoros weiß es nicht - vielleicht weil er noch lebt und Ärger machen könnte, wenn ihm die eine oder andere Szene nicht gefiele? Vielleicht, weil sein Leben nicht so interessant ist wie das der Vorgenannten, die doch irgendwie Pioniere ihrer Disziplin waren (oder jedenfalls als solche gelten, jedenfalls als die ersten "Superstars" ihrer Sportart)? Oder vielleicht, weil er nicht so viele spektakuläre Reisen gemacht hat wie drei der vier Vorgenannten - jedenfalls will Dikigoros das zugunsten der Filmemacher mal annehmen.

* * * * *

Was tut ein Profisportler, dessen aktive Karriere plötzlich durch eine böse Verletzung vorzeitig beendet wird, und der nicht zu den Topstars zählt, die entweder schon nach ein paar Jahren ausgesorgt haben und von ihren Ersparnissen leben können (oder üppigen Werbeverträgen :-) oder jedenfalls eine ordentliche Invaliditäts-Versicherung abgeschlossen haben? Wenn er Pech hat, muß er sein Gnadenbrot als "Stadionsprecher" oder "Platzwart" fressen (und "seinem" Verein dafür auch noch dankbar sein); wenn er Glück hat, wird er "Manager" oder "Sportdirektor"; aber in der Regel, d.h. wenn er nicht zu schwer verletzt oder zu doof ist, wird er sich auf die Schulbank setzen und seinen Trainerschein machen, um irgendwie "im Geschäft" zu bleiben. Der Ärger ist bloß, daß es im Profisport viel mehr lukrative Posten für diejenigen gibt, die man "Aktive" nennt (auch wenn die oft nur faul auf der Ersatzbank oder gar Tribüne hocken, dort ihre hoch dotierten Verträge absitzen und bestenfalls mal ein paar Stunden über den Trainingsplatz schleichen) als für diejenigen, die ihnen Beine machen sollen und doch oft zur "Passivität", sprich zur Tatenlosigkeit verurteilt sind oder dazu, sich auf der Trainerbank die Haare zu raufen, wenn sie sehen, was auf dem Spielfeld wieder mal alles nicht klappt (und das sie selber, wenn sie noch jung, gesund usw. wären, viel besser machen würden :-). Deshalb müssen die meisten erstmal unten anfangen, als "Jugendtrainer", Hütchenaufsteller - beschönigend auch "Konditionstrainer" oder "Assistenztrainer" genannt - oder Talentscout.

So ein Fall ist in "Der Sprung nach oben" der wegen einer Knieverletzung ausgemusterte Jimmy Dolan (nur die wenigsten Kinogänger werden sich noch an den Film "The Life of Jimmy Dolan" von 1933 erinnert haben), der noch immer den Meisterschaftsring von anno dunnemals trägt, als er mit dem Uni-Team von St. Joseph den Titel holte, und nun als einer jener Trainer 2. oder 3. Ranges dafür sorgen soll, daß ordentlicher Nachwuchs gefunden wird. Wie das vor sich geht? Aber das wißt Ihr doch, liebe Leser, wenn Ihr selber mal sportlich aktiv (oder auch nur "passiv" dabei) wart: Die "großen" Vereine, d.h. die mit Geld und Meisterschafts-Ambitionen, warten, bis die kleinen Vereine die Kinder und Jugendlichen ausgebildet haben, dann, wenn sie das Alter erreicht haben, in dem sie eine Spieler-Lizenz für die Liga bekommen können, schnappt man sie ihnen weg, pardon, wirbt man sie ab. Wohlgemerkt: Dikigoros schreibt das ganz neutral und durchaus nicht moralisierend, denn die andere Variante - die auch mehr und mehr einreißt - ist eigentlich noch schlimmer, und es wirft ein schlechtes Licht auf die Trainer, auch und gerade auf die "Spitzenkräfte" jener Zunft: Wenn ein Trainer früher ein Team mit weniger guten Spielern übernahm, dann übte er so lange mit ihnen, bis sie besser wurden. Aber die Zeiten haben sich geändert, denn bis eine solche Arbeit Früchte trägt, ist der Verein vielleicht schon abgestiegen (oder hat die Meisterschaft verpaßt, was ja für gewisse Vereine in gewissen Städten, die mit "M" anfangen - nicht nur in Deutschland, sondern auch in England, Italien und Spanien - fast ebenso schlimm ist :-), und das sieht das Management gar nicht gern. "Hilfe sofort", lautet die Parole, und die Zauberformel dafür: Neue, "fertige" Spieler "kaufen", koste es was es wolle, und dafür verschulden sich manche Vereine auf Teufel komm raus; und wer keinen potenten "Sponsor" hinter sich hat, der endet früher oder später im Konkurs. Dann doch lieber die Variante, in der die Vereine versuchen, den Nachwuchs zu gewinnen, so lange er noch halbwegs erschwinglich ist. Und genau damit ist unser guter Jimmy beschäftigt: Ein hoffnungsvolles Talent, groß und kräftig, spielt in St. Joseph vor, genauer gesagt, er geruht, mit St. Joseph in Verhandlungen zu treten. Heutzutage sind ja auch die jungen Leute schon clever genug, um die besten Konditionen auszuhandeln, und wer mehrere Angebote hat, kann die Forderungen entsprechend höher schrauben. Werfen wir man einen genaueren Blick auf das Angebot, das Jimmy dem Kandidaten macht (denn es bildet einen wichtigen Kontrast zu dem, was er nachher in Afrika wird anbieten müssen): Zunächst mal eine "erstklassige" Ausbildung, sprich einen guten Universitäts-Abschluß (selbst wenn der Betreffende Analfabet ist und eigentlich nur für die Klippschule gut wäre :-), selbstverständlich kostenlos (was bei den horrenden Gebühren an US-Elite-Unis durchaus ein Argument ist); dann das, was Billy Wilder in "One, Two, Three" als "fringe benefits" bezeichnet: Regelmäßige Einladungen zum Essen (mit Hummer), alle Cheerleader zum Vernaschen (von denen eine sogar schon mal für den Playboy posiert hat :-) und last not least der Ruhm, wenn erst die Meisterschaft errungen ist, und das Publikum einem zujubelt... Der Kandidat unterbricht Jimmy ziemlich unsanft mit der schnodderigen Bemerkung: "Das interessiert mich gar nicht, was haste denn von deiner Meisterschaft vor soundsoviel Jahren; dein Ruhm ist doch ebenso verblaßt wie dein Können. Nur noch mit'm Mund biste groß..." Da juckt es Jimmy denn doch in den Fingern, und er fordert den jungen Rotzlöffel zu einem kleinen Wettbewerb heraus - den er als erfahrener alter Hase haushoch gewinnt, aber damit genau das Gegenteil von dem erreicht, was er bezweckte: Der Junge wirft den Ball verärgert hin und verkündet: "Für diesen Sch...-Verein werde ich nie im Leben spielen!" Der Anschiß, den Jimmy daraufhin vom Vereins-Präsidenten verpaßt bekommt, hat sich gewaschen; er sucht Trost im Alkohol, zum Glück auf einer abendlichen Veranstaltung der christlichen Universität, bei der ein Missionar, soeben von frommer Tour in Afrika zurück, einen kleinen Film vorführt von jungen Kenyanern, die außer Beten auch Basketballspielen gelernt haben. Dabei fällt Jimmy ein besonders hoch gewachsener Junge ins Auge, der so prima Korbleger hin bekommt; und da macht es bei ihm Klick: Den muß er nach St. Joseph holen, damit kann er alles wieder ausbügeln. Der Präsident und der Chef-Trainer erklären ihn für verrückt; aber er setzt sich über ihre Anweisungen hinweg und reist auf eigene Faust nach Kenya.

Nach Kenya? Ist das wirklich notwendig? Gibt es nicht in den USA an jeder Straßenecke hochgewachsene Neger, pardon, Afro-Amerikaner, die Basketball spielen können und Korbleger hin bekommen? Hat Kenya jemals im Basketball (oder in irgendeiner anderen Ballsportart) brauchbares "Menschen-Material" geliefert? Na ja... Aber 1994, als dieser Film in die Kinos kam, waren die Kenyaner immerhin bis ins Halbfinale der Afrika-Meisterschaft vorgedrungen, und die Kenyanerinnen sogar bis ins Endspiel; und billiger als US-Neger waren sie allemal, also durchaus eine Reise wert - aber darauf kommen wir ganz am Schluß noch einmal zurück. (Nein, Dikigoros wird hier keine Parallelen ziehen zu deutschen Nachwuchs-Fußballern, die früher auch an jeder Straßenecke herum kickten, während die Vereine ihre Kader heute bevorzugt durch Billig-Importe aus der Dritten Welt, vor allem aus Afrika, ergänzen; er wird sich auch an dieser Stelle - es ist schließlich eine Seite über Filme, nicht über Politiker! - nicht darüber auslassen, daß die USA ja auch einen Kenyaner fürs Weiße Haus importiert haben, obwohl es an jeder Ecke genug echte US-Neger, Nachkommen der Sklaven, gibt, die gerne in die Politik gegangen wären :-) Folgen wir erstmal unserem guten Jimmy, der völlig unbeleckt anreist, im Hinterkopf wahrscheinlich so ähnliche Sätze wie sie die alte Tante in Kubaner küssen besser, formuliert: "Kenya? Hitze, Nigger, AIDS!" Aber er muß bald feststellen, daß Afrika nicht gleich Afrika ist, ja daß nicht mal Kenya gleich Kenya ist; denn Kenya ist groß, und dort leben so viele unterschiedliche Rassen, Völker und Stämme wie man das bei uns im Westen heutzutage aus Gründen der politischen Korrektheit gar nicht mehr wissen will und darf - zum eigenen Schaden, denn dieser Umstand erklärt eine Menge, nicht nur beim Basketball. Ein Land "Kenya" gibt es eigentlich gar nicht; die britischen Kolonialherren, die diesen "Staat" mit dem Lineal auf der Landkarte abgesteckt haben, haben so den Namen eines Berges verballhornt, der in der Sprache der Kikuyu "weißer Berg" bedeutet, weil auf seinem Gipfel meist Schnee liegt - was in Afrika etwas Besonderes ist. Diese Kikuyu sind ein Volk jener häßlichen, typisch "negriden" Bantu-Rasse, die man heute nicht mehr so nennen darf, denn "Rassen" gibt es ja gar nicht (und hat es auch nie gegeben, sondern allenfalls "Roots" - beides bedeutet "Wurzeln", aber heute darf es ja nur noch Entwurzelte, pardon, von "Rasse-Vorurteilen" freie Gutmenschen geben); vielmehr hat man so zu tun, als sei das bloß eine sprachliche Gruppe. (So wie es ja auch in Europa zwischen Germanen, Slawen, Romanen, Kelten, Balten und Griechen genetisch gesehen überhaupt keine Unterschiede gibt, sondern nur sprachlich :-) Die "Niloten" im Norden Kenyas unterscheiden sich also von den Bantu nur sprachlich - daß sie nebenbei auch ganz anders aussehen und ganz anders leben, weiß unser guter Jimmy noch nicht - aber darauf kommt es ihm ja auch gar nicht an, sondern nur darauf, wie sie Basketball spielen. Immerhin weiß er schon, wie das Dorf heißt, in dem er seinen künftigen Star suchen muß: Winabi. Dort hin zu kommen ist schon etwas schwieriger: Als er im Überlandbus von Nairobi in die Provinz seinem Sitznachbarn erzählt, daß er dort hin will, muß er sich schallendes Gelächter und jede Menge blöder Witze anhören - offenbar handelt es sich bei den Winabis um so eine Art Ostfriesen Kenyas -, und als er im Nachbarort Mingori gar nach einem öffentlichen Verkehrsmittel für die letzten Kilometer fragt, teilt man ihm mit, daß die Busverbindung schon seit ein paar Jahren eingestellt wurde - ob er nicht lieber einen Basketballer aus Mingori engagieren wolle?

Ach - dort gibt es auch hoch gewachsene Basketballer? Na klar, liebe Leser, denn was Dikigoros da im vorigen Abschnitt geschrieben hat über Rassenunterschiede usw. durfte ein Regisseur in den 1990er Jahren schon längst nicht mehr auf der Leinwand thematisieren - zulässig waren nur kulturelle Unterschiede. Und so treffen wir denn im fiktiven "Mingori" ein wunderschönes Multi-Kulti-Konglomerat, zusammen gesetzt aus allen Rassen Kenyas, das sich nur dadurch vom fiktiven "Winabi" unterscheidet, daß seine Bewohner voll in die westliche "Zivilisation" integriert sind: Sie laufen westlich gekleidet herum, saufen in Bars (nicht nur Coca Cola - das ist sicher bloß ein Schleich-Werbungs-Plakat am Rande :-) mit Kabelfernsehen, sie fahren Motorrad und spielen selbstverständlich auch Basketball. Doch Jimmy lehnt ab: er will seinen ganz speziellen Spieler aus Winabi - und wenn er zu Fuß dorthin latschen muß, was er denn auch tut. Nach einer Weile begegnet er - oh Schreck - zwei gefährlich aussehenden Wilden. Jedenfalls auf ihn wirken sie gefährlich, denn sie laufen nicht in Schlips und Kragen herum, sondern mit Schild und Speer in der traditionellen Tracht der nilotischen Nomaden, und Ihr wißt ja, wie das ist: Nomaden sind verdächtig und müssen entweder "seßhaft" (und sei es im KZ) gemacht oder ausgerottet werden, die Mongolen ebenso wie die Zigeuner, die Watussi ebenso wie die Massai. (Die Samburu, die offenbar für die "Winabis" Pate gestanden haben, obwohl das im Film mit keinem Wort angedeutet wird, sind ein Stamm vom Volk der Massai, jedenfalls sprechen sie die selbe Sprache, obwohl sie woanders leben.) Zwar ist das in den meisten Fällen nur noch ein Vorwand, da die inzwischen längst überwiegend seßhaft sind; aber anders als nach den viel geschmähten Gesetzen des "Dritten Reichs", nach denen als "Zigeuner" nicht galt, wer genetisch Zigeuner war, sondern wer "nicht seßhaft" war, geht es heute allen gegenteiligen Beteuerungen zum Trotz um die Rasse. Der Westen, auch die EU (unter Federführung Frankreichs) hat den Völkermord der "Hutu" an den "Tutsi" in Ruanda und Burundi nicht nur stillschweigend geduldet, sondern sogar kräftig Behilfe geleistet, denn die nilotischen Tutsi waren ja die Bösen, die rassisch Höherwertigen, die in der Minderheit waren. (Pardon, wenn Dikigoros das so deutlich schreibt; aber "rassisch höherwertig" gegenüber den Hutu sind sie in seinen Augen, weil sie noch in der Lage sind, ein halbwegs natürliches Leben zu führen, in dem sie ohne viele der vermeintlichen Errungenschaften der westlichen Zivilisation, einschließlich Entwicklungshilfe, auskommen - von welchen anderen Völkern könnte man das heute noch behaupten, im Zeitalter der Dekadenz?) Aber das darf natürlich nicht der Grund gewesen sein, deshalb werden die Rassen-Unterschiede kackfrech geleugnet und behauptet, die seien bloß eine Erfindung der Kolonialmächte gewesen (vor allem natürlich der bösen Nazi-Deutschen - obwohl die nie Kolonien hatten). Statt dessen werden gute "kulturelle" Gründe erfunden, d.h. die Niloten werden ausgiebig verleumdet, z.B. mit dem Märchen, ihre Rinderherden fräßen alles kahl und trügen daher die Hauptschuld an der Versteppung der Sahelzone. Dazu kommen noch weitere Sünden, z.B. daß sie ihre Frauen nicht beschneiden, sie halb nackt herum laufen lassen und vor allem den allein selig machenden Islam nicht annehmen und keine Steuern zahlen wollen (aber wer will das schon :-)


Zweien dieser Furcht erregenden Exemplaren sieht sich Jimmmy nun also gegenüber, aber die wollen ihn gar nicht ausrauben, geschweige denn ermorden, nehmen ihn vielmehr mit nach Winabi. Dank eines US-Missionars (und seiner weißen Assistentin, die eine Art Schule betreibt, auf der einige praktischerweise schon ein paar Brocken Englisch gelernt haben) haben zwar auch dort schon Seßhaftigkeit, einige westliche Kleidungsstücke (die freilich etwas deplaciert wirken :-) und vor allem die Kunst des Basketballspiels Einzug gehalten; aber Jimmy erlebt doch erstmal einen Kulturschock, zumal der Missionar sich gleich mit den Worten: "Ich muß sofort weg, Wiedersehen in einer Woche!" verabschiedet. (Dikigoros hofft, daß er das alles einigermaßen richtig übersetzt, denn er kennt nur die englische Fassung, während die meisten seiner Leser wahrscheinlich die deutsch synchronisierte Fernsehfassung von 2006 gesehen haben.) Der gesuchte Spieler - ein gewisser "Saleh" (gesprochen wie "Sally" :-) ist zwar bald gefunden, aber damit beginnen die Probleme erst richtig. Fangen wir mal damit an, was ein Talent-scout aus USA einem afrikanischen Kandidaten für sein Basketball-team Verlockendes anbietet: "Eine hervorragende Ausbildung (s.o.), blablabla..." Aber erstens ist Saleh noch minderjährig, und zweitens ist sein Vater, ein komischer Kauz mit westlichem Hut, dagegen. Das wäre nicht weiter schlimm, wenn dieser Vater nicht der Dorf-Häuptling wäre; und da sein ältester Sohn nach Mingori desertiert ist, zu den Dekadenzlern, pardon, zu den "Zivilisierten", wird Saleh eines Tages seine Nachfolge antreten, und dafür braucht er eine andere Ausbildung als Basketballspielen auf einer US-Uni. Das erfährt Jimmy nicht direkt von Urudu - so heißt der Häuptling - , der bloß "ich werd's mir überlegen" sagt, sondern von der weißen Lehrerin, die ihn für ziemlich dämlich hält und erstmal darüber aufklärt, daß das, was der Häuptling ihm da gesagt hat, dem entspricht, was der französische König sagte, wenn er einen Vorschlag höflich ablehnte: "Le Roi s'avisera". - "Die Menschen hier pfeifen auf die westliche Zivilisation; sie wollen ihren Lebensstil beibehalten; und mit Ihrem Meistertitel (er hat ihr, um Eindruck zu schinden, erstmal seinen Meisterring unter die Nase gehalten :-) können Sie ihnen gar nicht imponieren, Mr. Dolan." Jimmy beschließt, diesen "Wilden" auf andere Art zu imponieren, nämlich indem er sich ihrem Lebensstil anzupassen versucht - aber das endet bloß in einer ziemlich blamablen Warzenschwein-Jagd, wohlgemerkt der Jagd eines Warzenschweins auf Jimmy, der von einem Winabi gerettet wird, der noch mit Speer, Pfeil und Bogen umzugehen weiß. Ja ja, früher nahmen die Weißen noch Gewehre mit, wenn sie nach Afrika auf Reisen ("Safari" heißt das übrigens auf Ki-suaheli, der "Lingua franca" Ostafrikas und somit auch Kenyas) gingen; heute führen sie statt dessen bloß Kameras mit sich, um damit Tiere zu "jagen", die freilich für solche Fälle gänzlich ungeeignet sind. Das erkennt auch Jimmy, und er faßt einen heroïschen Entschluß: Er fährt nach Mingori und verscherbelt dort seine Kamera, um...

Halt, hier müssen wir einen Schritt zurück gehen, denn inzwischen ist auch heraus gekommen, was die Mingoris eigentlich gegen die Winabis haben. Wie schon bei den Hutu und Tutsi dürfen das natürlich keine "rassistischen" Gründe sein, sondern - im Zeitalter des bösen Kapitalismus doch ganz selbstverständlich - ökonomische: Im Dorf Winabi werden reiche Kupferminen vermutet, auf die der widerliche, fette Häuptling von Mingori (der selbstverständlich einen deutschen Mercedes fährt, wie von je her alle Bösewichter in ordentlichen US-amerikanischen Filmen :-) ganz offen spekuliert; deshalb - und nur deshalb - läßt er seine Männer den armen Winabis ständig ihre Rindviecher stehlen, in der Hoffnung, daß die irgendwann aufgeben und woanders hinziehen werden. (Wozu sind sie schließlich Nomaden? :-) [Das mit den Kupferminen hat der Drehbuchautor frei erfunden: In ganz Kenya gibt es kein Kupfervorkommen, das auch nur eine Kuh wert wäre.] Und nun kauft Jimmy von dem Erlös seiner Kamera all die geklauten Rinder zurück und schenkt sie dem Häuptling. Jawohl, das macht Eindruck, denn nun kann der Häuptling endlich seine Tochter standesgemäß verheiraten; und nun ist er auch geneigt, seinen Sohn für ein paar Jährchen zum Basketballspielen in die USA ziehen zu lassen. Jimmy meldet schon euforisch Vollzug nach St. Joseph, wo man ganz baff ist: "Schau mal an, der Dolan hat den großen Basketballer für 40 Rinder bekommen!" Aber dann kommt alles ganz anders als gedacht: Gerade als das schöne, traditionelle Hochzeitsfest der Häuptlingstochter mit all seinem folkloristischen Tamtam begonnen hat, kommt eine Bande Halbstarker aus Mingori - angeführt von dem dortigen Basketball-crack, den Jimmy nicht engagieren wollte - auf ihren Motorrädern angebraust, wirft Brandfackeln in die Dorfhütten und vertreibt die Rinder. (Der Anführer wird zwar zu Fall gebracht, aber statt ihn mit dem Speer zu töten, läßt Saleh ihn laufen, um löschen zu helfen - so ein Trottel, pardon, so ein Gutmensch :-)

Am Ende ist das Dorf zerstört; die Winabis beschließen tatsächlich, aufzugeben, mit Basketball spielen in USA ist auch nichts mehr, und Jimmy bereitet sich schon selisch auf die erfolglose Rückreise vor. Aber Moment mal, der Film ist ja noch nicht mal zur Hälfte herum, also muß noch irgend etwas geschehen. Tut es auch, denn Urundu beschließt, vor dem Wegzug den Mingoris noch einmal tüchtig die Meinung zu geigen, und zwar nicht mit dem Speer - wie seine Leibwache -, sondern mit einer ganz westlich-dekadenten "Errungenschaft": einer Pistole. Damit zerschießt er den Farbfernseher im Lokal des Obergauners und sagt ihm ganz offen ins Gesicht, daß er den Überfall angestiftet habe. Der bestreitet das lachend und wirft auch Jimmy noch eine Bemerkung an den Kopf, die zwar inhaltlich ganz anders ist als die des hoffnungsvollen Nachwuchs-Basketballers in den USA, aber im Tenor ganz ähnlich, von wegen: Du dämlicher Trainer, warum hast du keinen von unseren Leuten genommen...? Und wieder reagiert Jimmy empfindlich und gibt zurück: Selbst mit der Mädchenmannschaft von Winabi würden wir euer Flaschenteam schlagen! Ein Wort gibt das andere, und plötzlich sagt Urundu im Überschwang der Gefühle: "Ich biete Euch einen Wettkampf an: Unser Basketball-team gegen Eures. Wenn wir gewinnen, gebt Ihr unsere Rinder zurück und laßt uns in Ruhe; wenn Ihr gewinnen, ziehen wir freiwillig weg." Die Mingoris nehmen siegessicher an, während Saleh seinen Vater für verrückt erklärt - und Jimmy schließt sich dem an. "Hast Du nicht gesagt, Du könntest meinen Sohn zu einem hervorragenden Basketballer trainieren?" versetzt Urundu, "dann fang mal gleich damit an." - "Und wenn wir gewinnen," ergänzt Saleh, "dann gehe ich mit Dir in die USA." Gesagt, getan, und das ist ja eigentlich ganz nett; aber nun geschieht etwas, was die meisten Sportfilme qualitativ zu B-Filmen macht, was sich aber dennoch kaum ein Regisseur verkneifen kann: Das besagte Basketballspiel wird in volle Länge abgenudelt. Ihr habt vielleicht mal "Gentleman Jim" gesehen und die Boxkämpfe darin furchtbar langweilig gefunden? (Dabei war der Hauptdarsteller, Errol Flynn, sogar gelernter Boxer, also nicht völlig fachfremd!) Oder diverse andere Filme, in denen gestellte Fußballspiele usw. in epischer Breite geschildert werden? Für jedem Liebhaber einer solchen Sportart sind sie eine Qual, denn man bekommt das im Film einfach nicht "echt" hin. (Die andere Alternative, die man in einem bekannten Film über Muhammad Ali gewählt hat, ist, Originalaufnahmen der Kämpfe in den Film hinein zu schneiden; aber irgendwie paßt das dann altersmäßig nicht so richtig.) Dikigoros verzichtet auf die Einzelheiten und nimmt das Ergebnis vorweg: Die Winabis gewinnen (nach hochdramatischem Kampf, in letzter Sekunde, ganz knapp :-), Saleh reist mit Jimmy in die USA und wird dort ein gefeierter Basketballstar. Amen.

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Nun könnte der geneigte Leser meinen, daß dieser Film doch gar nicht sooo witzig sei, jedenfalls nicht, wenn man ihn mit den anderen aus dieser Reihe vergleicht. Mag sein; aber erstens ist nicht jeder Regisseur ein Billy Wilder, zweitens sucht Dikigoros seine Reisefilme nicht nur unter diesem Gesichtspunkt aus (sondern auch dem der kulturellen Unterschiede, und die fallen auf den zweiten Blick sogar noch krasser aus als in allen anderen hier vorgestellten Filmen - wenngleich nicht direkt zwischen den USA und Kenya, sondern indirekt, zwischen dem amerikanisierten Teil Kenyas und dem ursprünglich afrikanischen -, und drittens kommt der größte Witz noch hinterher geklappert: Auf Dikigoros' anderen Filmseiten - denen ohne Reisebezug - werden ja öfters wahre Geschichten mehr oder weniger unwahr nachgestellt, wobei sich anschließend die Filmhandlung verselbständigt und die Schauspieler in der allgemeinen Wahrnehmung an die Stelle der Personen treten, die sie im Film verkörpert haben. Doch nur ganz selten kommt es vor, daß sich umgekehrt die Schauspieler anschließend ihren historischen Vorbildern annähern - über einen jener seltenen Fälle schreibt Dikigoros an anderer Stelle - und da bewegt sich die Annäherung noch in überschaubaren Ausmaßen. Aber in diesem Fall ist etwas ganz Ungewöhnliches geschehen: Wie schon oben bemerkt, hat Kenya kaum je einen guten Basketballspieler hervor gebracht; aber der Film sollte wie gesagt preiswert werden, deshalb wollte man keinen teuren schwarzen Profi aus den USA verpflichten, sondern ließ ein paar Amateure aus Kenya anreisen - genauer gesagt diejenigen, die man auf Videoaufnahmen von der Afrika-Meisterschaft 1992 gesehen hatte, bei denen sie zwar keinen Blumentopf gewonnen hatten, aber umso besser... Einer von ihnen war ein gewisser Peter Kiganya. Er spielte vor, kam in die Endausscheidung und... zog letzten Endes gegen den Kürzeren gegen Charles Gitonga Maina, im wahrsten Sinne des Wortes, denn er selber war "nur" 1,99 m groß, und sein Konkurrent einen halben Kopf größer. Aber anders als all seine anderen abgewiesenen Kollegen war er entschlossen, in den USA Karriere zu machen, wenn nicht als Schauspieler, dann eben als... Basketballer. (Das ist ganz ungewöhnlich, liebe Leser, macht Euch das einmal klar: Jeder gute Sportler kann ein wenig herum schauspielern, wenn man ihm keine zu komplizierte Rolle mit zuviel Text gibt; aber welcher Schauspieler kann schon in einer Profi-Sportart mithalten, da er sich doch meist sogar im Film in allen schwierigen Szenen doubeln lassen muß?) Und warum nicht - wie Saleh im Film - an einer katholischen Uni? Gesagt getan, und bald spielte er für die Christliche Universität Abilene/Texas in der NCAA - als einzige Kenyaner, der das je geschafft hat. Später spielte er noch bis ins für Basketballer hohe Alter von 38 Jahren in Chile und Argentinien, und am Ende kehrte er - durchaus nicht selbstverständlich für afrikanische Ball-Profis - in die Heimat zurück und versuchte (wenngleich vergeblich :-) dort auch noch ein wenig Basketball-Kultur zu verbreiten. Das war gewissermaßen die Fortsetzung von "The Air Up" im realen Leben; und allein dieser Treppenwitz würde genügen, diesen Film einer Besprechung zu würdigen.

[Peter Kiganya]


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