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Stirner und die Sprachphilosophie

von Sabine Scholz

Stirner reduziert die Person auf ihr innerstes Wesen. Er führt keinen Kampf gegen ein falsches Selbst, sondern setzt die unmittelbaren Lust- und Unlustgefühle wieder als Wahrheitskriterien für unsere Wahrheiten ein. Wahr ist, was uns Lust bereitet, und falsch ist, was für uns Unlust bedeutet. Stirner führt eine Philosophie am Leitfaden des Leibes vor, wie wir sie später auch bei Nietzsche finden.

Problematisch bleibt allerdings die Frage, von welchem Ich Stirner spricht, das er zum Maß aller Dinge macht. Sicherlich meint er nicht die Idee des Ichs, denn den Gespensterglauben an Ideen bekämpft er ja gerade. Führt uns Stirner nicht in die Irre, indem er dem Ich einen Namen beilegt: "ich bin der Einzige"?

Namen identifizieren die Dinge eindeutig, doch Stirner will gerade nicht, dass der Einzige eindeutig benannt wird. Andererseits sagt ein Name über die weiteren Eigenschaften des benannten Dinges nichts weiter aus: Der Name Bayreuth z.B. sagt über die Größe oder die Lage der betreffenden Stadt nichts aus.

Also kann Stirner ohne seiner Auffassung vom Einzigen Abbruch zu tun, ihm konsequenterweise auch einen Namen geben. Dennoch tut er das meiner Ansicht nach nicht. Er sagt mit dem Einzigen vielmehr die einzig gültige Eigenschaft von seinem Ich aus.

"Ich bin einzig" heißt, dass jedes Ich offen ist für alle Eigenschaften, die es sich zusprechen will. Stirner glaubt damit einen erschöpfenden Ausdruck gefunden zu haben, um jeden in seiner Individualität zu erfassen.

Er wehrt sich dagegen, vom Einzigen etwas Allgemeines auszusagen z.B.: "ich bin Mensch."

Deswegen kritisiert er jede Form von Allgemeinbegriffen, weil er sie als repressiv begreift. Das muss er jedoch meiner Meinung nach nicht, denn wenn ich z.B. das Urteil ausspreche: "Ich bin Individualist", dann sage ich vom Ich auch etwas Allgemeines aus. Ich beschreibe damit die Zugehörigkeit zu einer Klasse, nämlich der Klasse der Individualisten. Wie ich mich im Einzelnen verhalte, ist durch dieses Urteil nicht bestimmt.

Dasselbe trifft für das Urteil "ich bin Mensch" zu, das Stirner verbieten will, weil es mich in meiner Freiheit einschränken würde.

Die Klasse Mensch kann ohne Widerspruch zu Stirners Auffassung als Klasse von Individuen mit ausschließlich individuellen Eigenschaften aufgefasst werden. "Ich bin Mensch" beinhaltet nicht, dass ich mich zur Konformität mit dem Menschenbild irgendeiner bestimmten Gruppe, z.B. der Liberalen oder der Christen, bereit erkläre. Meiner Selbstentfaltung ist durch die Sprache, die dadurch strukturiert ist, dass von Subjekten etwas Allgemeines, nämlich Prädikate, ausgesagt werden, nichts in den Weg gelegt. Ich kann beides sein:  Mensch und ein endliches Ich, das an einen sterblichen Körper gebunden ist. Der Begriff Mensch und die Idealisierung des Menschen zur ewigen unsterblichen Menschheit, zu deren Ehre sich der Einzelne opfern soll, haben nichts miteinander zu tun.

Die Welt ist nicht Erscheinung wie bei Kant, sondern Eigentum des Ichs. Sie ist sogar seine Eigenschaft. Denn Stirner setzt die Begriffe Eigentum und Eigenschaft gleich. Hier lässt sich berechtigterweise die Frage aufwerfen, warum Stirner zwei Begriffe, die im Deutschen sonst unterschieden werden, gleichsetzt. Vielleicht dachte er an das englische "property" oder das lateinische "proprietas", die beide doppeldeutig sind, sie bedeuten sowohl Eigentum als auch Eigenschaft.

Sicher ist jedenfalls, dass Stirner Eigentum als das versteht, worüber ich Gewalt habe. Das allmächtige ich unterwirft sich seine Welt, erwirbt Eigenschaften und Eigentum in gleicher Weise, hört auf, entfremdet oder fremdbestimmt zu sein und fängt an, Autoritäten als Provokation zu empfinden.

Das Individuum, das nach Selbstbestimmung verlangt, muss anfangen sich zu empören. Ein solches Sich-zur-Wehr-Setzen ist nicht etwa der Kampf für eine bessere Welt wie es die Marxisten versuchen, denn das wäre auch wieder der alte Gespensterglaube an einen Idealzustand, der erst noch zu verwirklichen wäre. Der Einzige lebt im hic et nunc. Er will jetzt frei sein und wartet nicht auf einen günstigeren Zeitpunkt.

 



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