by Erich Kassing  

DIE SCHLACHT UM VERDUN - EIN BEITRAG ZUR MILITÄRGESCHICHTE DES ERSTEN WELTKRIEGES 1914 - 1918

Verdun > Artillerie > Schwere Geschütze > Deutscher 42-cm-Mörser

                  

 

 

 

 

 

 

 

 

DIE SCHLACHT UM VERDUN 
ARTILLERIE 
SCHWERE GESCHÜTZE
DEUTSCHER 42-CM-MÖRSER
   42-CM-MÖRSER

Der 42-cm-Mörser Dicke Bertha hatte seinen Ursprung noch vor dem Ersten Weltkrieg in einem Geheimauftrag der Obersten Heeresleitung an die Firma Krupp für ein überschweres Geschütz, das jede bekannte Festung vernichten konnte. Der erste Entwurf von Krupp folgte dann im September 1911 und im Juli 1912. Schließlich wurden die ersten beiden Geschütze bestellt. Die Dicke Bertha war weder für hohe Reichweiten ausgelegt, noch war sie das größtkalibrigste Geschütz des Krieges. Andererseits dürfte sie das Pickelhaube eines deutschen Feldartilleristen, 1916 bekannteste Geschütz überhaupt gewesen sein, sowohl des Ersten Weltkrieges wie auch der gesamten Militärgeschichte. 

Die Entwicklung der deutschen schwersten Artillerie führte noch vor Beginn des Ersten Weltkrieges zum Bau des schweren Steilfeuergeschützes Mörser 42-cm L/16, auch als Gamma-Gerät bezeichnet: Vom Volksmund und den Soldaten Dicke Berta genannt: Spitznamen nach Bertha Krupp von Bohlen und Hallbach, der Enkelin des Krupp-Firmen- und Dynastiegründers Alfred Krupp, Liebling der deutschen Soldaten und eine der bekanntesten Waffen des Ersten Weltkrieges.

Bei der Verwendung der maximalen Ladung und dem Auftreffen des Geschosses mit einer maximalen Geschwindigkeit betrug die Auftreffwucht einer Granate beim Gamma-Gerät, das unbedingt an die Eisenbahnschiene gebunden war, 6.000 m/t und beim fahrbaren M-Gerät 3.500 m/t. Die Leistung des Detonationsgases beim Abschuß der 42-cm-Granate summierte sich auf 38.000 m/t. Allein die reine Bewegungsenergie des 42-cm-Geschosses entsprach der kinetischen Energie von vier 50 Tonnen schweren D-Zug-Wagen bei einer Zuggeschwindigkeit von 90 km/h!

Zu Beginn des Ersten Weltkrieges standen der deutschen Armee nur 42-cm-Eisenbahnbatterien (Gamma-Geräte) mit je 2 Geschützen und eine fahrbare 42-cm-Batterie (M-Mörser) mit 2 Geschützen zur Verwendung. Vor und während des Krieges wurden 5 Gamma-Geräte und 10 M-Geräte an die Truppe geliefert. 

Da die Dicke Bertha als Mörser auch Steilfeuergeschütz war, verschoß sie ihre Geschosse im hohen Bogen und nicht in einer flachen, gestreckten Flugbahn wie eine Kanone. Die Granaten landeten fast genau von oben auf dem Ziel und richteten verheerende Schäden an. Dies machte sie zur idealen Waffe, um die im Weg der deutschen Armeen gelegenen Festungen Lüttich, Antwerpen, Namur und Verdun anzugreifen, deren schwächste Stellen die Decken der Festungsanlagen waren.

Offizieller Name: M 42
Spitznamen: Big Bertha, Dicke Bertha, Fleißige Bertha, Große Bertha
Kaliber: 420 mm (16,5 Inch)
Maximale Reichweite: 12,5 km (M-Gerät) oder 15 km (Gamma-Gerät)
Gesamtgewicht: 42,6 Tonnen (M-Gerät) oder 140 Tonnen (Gamma-Gerät)
Geschoßgewicht: variierend von 810-930 und 1 160 kg
Mündungsgeschwindigkeit: um 450m/sec.

Die starke Wirkung des 42-cm-Mörser ist von der Öffentlichkeit aber weit überschätzt worden und verlor noch während des Krieges an Bedeutung. Nach Beendigung des Weltkrieges mußten gemäß des Vertrages von Versailles alle Geschütze abgeliefert oder vernichtet werden.

   12-M-GERÄT

42-cm-Mörser L/12: M-Gerät, 1916Parallel zum schwerfälligen Gamma-Mörser führte man den leichteren 42-cm-Mörser L/12 ein: das sogenannte M-Gerät (Feldversion).

Dieses in vier Lasten geteilte 32. 000 Kilogramm schwere Geschütz wurde von motorisierten Zugmaschinen in einer Räderlafette mit 9. 300 Kilogramm schweren Radgürteln gefahren und benötigte keinerlei Bettungsgrube.

Die Feuerbereitschaft des Gerätes betrug nur 4 Stunden bei einer maximalen Schußentfernung von fast 12.000 Metern, wobei Geschos se von 810, 930 und 1. 160 Kilogramm eingesetzt werden konnten. Die 42-cm-Granaten des Geschützes waren so schwer, daß ein LKW nur drei bis vier Geschosse ohne Risiko laden konnte. Diese Feldversion konnte außerdem mehrere unterschiedliche Granatentypen verschießen, deren Gewicht zwischen 810, 930 und 1. 160 kg schwankte.

   16-GAMMA-GERÄT

Das eisenbahngebundene Gamma-Gerät konnte in sechs Geschützlasten zu je 20 Tonnen zerlegt und transportiert werden. Mit den zusätzlichen Lasten wie Grubenbau, Bettung, Montagekran, Geschoßaufzug und Werkzeugen betrug das Gewicht des feuerbereiten Mörsers 140. 000 Kilogramm. 

Montagekran: Gamma-Gerät, 1916

Für den Schienentransport einer Batterie benötigte man zwei voll ständige Eisenbahnzüge. Das Rohr hatte eine Länge von 6,72 m bei einem Gewicht von 13. 000 Kilogramm. Der Gamma-Mörser wurde mit einer 930 Kilogramm schweren Granate geladen und erreichte eine Schußweite von 14. 300 Metern.

42-cm-Mörser L/16: Gamma-Gerät, 1916

Die Granaten besaßen einen unempfindlichen Bodenzünder mit einem Verzögerungsmechanismus. Wie bei den schon beschriebenen 38-cm-Geschützen mußte auch hier eine mindestens 1,50 m tiefe Bettungsgrube ausgehoben werden, bevor das Geschütz aufgebaut werden konnte. Die Waffe war nach 4-5 Tagen feuerbereit.

EINSATZ IM BOIS DE SPINCOURT

Es war Anfang Februar 1915, da durchfuhr eine lange Kolonne von riesigen, unförmigen Fahrzeugen den Bois de Spincourt. Fünf aus der Landwirtschaft stammende Dampfpflüge zogen jeweils ein schweres Gerät hinter sich her; 42-cm-Mörser L/16: Gamma-Gerät im Wald von Spincourt nahe Kronprinzenweg, 1916 auf dem die vier Lasten des 42-cm-Mörsers L/12 (M-Gerät) lagen. 250 Bedienungssoldaten der Eisenbahnbaukompanie 23 begleiteten den langsamen Troß. Die große Anzahl der Männer benötigte man hauptsächlich zum Aufbau des schweren Geschützes. Schon nach einem Tag stand der Mörser schußbereit in der 1,50 m tiefen Erdgrube. Jeder Abschuß erzeugte einen langen hellen Mündungsblitz. Der Pulverdampf stieg bis zu 30 m hoch und war bei gutem Wetter noch kilometerweit zu sehen.

Am 15. Februar 1915 feuerten die beiden Geschütze: der Lange Max und die Dicke Berta auf das Fort Douaumont. Das 38-cm-Geschütz traf innerhalb seiner Schußfolge von 10 Schüssen nur einmal den Fortbereich; dem 42-cm-Geschütz gelang mit dem 23. Schuß ein Volltreffer des großen Panzerturms. In einem der riesigen Krater der 42-cm-Geschosse begrub man am 8. und 9. Mai 1916 einen Teil der Toten der großen Explosionskatastrophe.

Natürlich blieb die französische Aufklärung nicht untätig: Nach zwei Tagen hatte ein Flieger die Dicke Berta enttarnt. Französische Artillerie zerstörte daraufhin die Zufahrtsgleise und verletzte einen Mann der Bedienung. Drei Tage später, am 18. Februar 1915, erfolgte die Beschiessung von Fort deSchirmmütze eines deutschen Artillerieoffiziers, 1916 Vaux. Nach dem 13. Schuß warf ein französischer Artillerievolltreffer das Geschütz schließlich zur Seite. Das wertvolle Gerät wurde daraufhin abgebaut. Später stellte sich heraus, daß ein Teil der 42-cm-Geschosse nicht explodiert war: Gegen die tief versenkten betonierten Räume im Festungsbereich Verdun, vor allem die der Außengürtel, erwies sich die 42-m-Granate letztlich als wirkungslos: das Fort de Douaumont erhielt zwar Soldbuch eines deutschen Feldartilleristen, 1916 einhundert Treffer; doch konnten die tiefgelegenen betonierten Kasematten nicht durchschlagen werden! 

Während der Schlacht um Verdun wurden die 42-cm-Geschütze eher schwerpunktmäßig eingesetzt: z.B. Beschuß der Höhen 344 und Toter Mann, der Forts de Douaumont, de Souville und de Vaux, des Zwischenwerkes Hardaumont, der beiden Infanteriewerke im Caillette-Wald, der Louvemontschlucht usw. Insgesamt konnte der 42-cm-Mörser die hohen Erwartungen zu Anfang der Verdun-Offensive nicht erfüllen. Gegen die tief versenkt angelegten betonierten Räume vor Verdun hatte die Waffe sich nicht bewähren können.

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Quellen und Literatur:

  • Kaiser, Franz Nikola: Das Ehrenbuch der schweren deutschen Artillerie, 2 Bde., Berlin 1934. 

  • Köhler, Max: Der Aufstieg der Artillerie bis zum Ersten Weltkrieg, Berlin 1938. 

  • Lusar, Rudolf: Riesengeschütze und schwere Brummer, Bonn 2001. 

  • Rupprecht von Bayern, Kronprinz: Mein Kriegstagebuch, hg. von E. von Frauenholz, Bd. I, Berlin 1929. 

  • Werth, German: Verdun. Die Schlacht und der Mythos, Bergisch Gladbach 1979.

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Luftaufklärung

Mit der Verbesserung der Schußweiten der Artilleriegeschosse wuchs das Bedürfnis, das Kampffeld besser beobachten zu können. Es entstand die taktische Artillerie-, Gefechts- und Nahfeldaufklärung. Da Kirchtürme oder Hügel nicht immer zur Verfügung standen, benutzte man Fesselballone (Captiv-Ballone). Eine Telefonverbindung sicherte die entscheidende Kommunikation zwischen den in einem Korb stehenden leichtgewichtigen Ballonbeobachtern, zumeist waren es Offiziere der Kavallerie, und der eigenen Batterie.

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