SCHTONK - EIN EISHAUCH DER GESCHICHTE
"Hoffentlich bekomme ich für Eva noch Karten..."
Vom "Sensationsfund" zur größten Blamage der Pressegeschichte
Uwe Ochsenknecht als fa(e)lsche(nde)r Professor Fritz Knobel alias Konrad Kujau
(und Götz George als Skandal-Reporter Hermann Willié alias Gerd Heidemann)

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HELMUT DIETL: SCHTONK (1992)
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[Schtonk] [Filmszenen]

EIN KAPITEL AUS DIKIGOROS' WEBSEITE
DIE [UN]SCHÖNE WELT DER ILLUSIONEN

(von Filmen, Schauspielern und ihren [Vor-]Bildern)

Fortsetzung von Teil I

Wie schrieb Dikigoros auf der Eingangsseite zu "Reisen durch die Vergangenheit": Die Geschichte wiederholt sich zwar nicht genau, es gibt jedoch eine Menge bemerkenswerter Parallelen und Gemeinsamkeiten... Eine derselben ist das Nachspiel von "Der Hauptmann von Köpenick" und "Schtonk". Nein, liebe Leser[innen] von Klatschblättern, Dikigoros will nicht darauf hinaus, daß beide Male Harald Juhnke mit gespielt hat und hinterher dem Alkohol verfallen ist. Er meint vielmehr, daß der eigentliche Treppenwitz beide Male verschwiegen wurde, nämlich daß die Täter am Ende gemachte Männer und von den jubelnden Massen als "Helden" gefeiert wurden, während ihre Opfer ruiniert und von aller Welt geächtet wurden. Und es waren ja nicht nur die Einzelnen: So wie mit dem "Hauptmann von Köpenick" eine ganze Berufsgruppe - nämlich das Militär - diskreditiert wurde, so waren es bei "Schtonk" gleich drei: Die Journalisten, die Historiker und die Grafologen. Und da Dikigoros in seinem Leben mit allen vier Berufsgruppen mehr oder weniger engen Kontakt hatte (und z.T. noch hat) ärgert ihn das ganz besonders, zumal er weiß, daß in beiden Fällen eine fünfte Berufsgruppe - mit der er noch häufiger zu tun hat - die Hauptschuldigen waren, nämlich die Juristen. Wie das beim "Hauptmann von Köpenick" war, hat er bereits dort beschrieben. Wie ging es nun mit "Schtonk" weiter? Im Film sieht es so aus, als wäre Kujaus Pendant Knobel am Ende nicht nur mit einem blauen Auge davon gekommen, sondern fein heraus. Und, liebe Leser, da ist was dran: Vor Gericht als reuiger Fälscher der Hitler-Tagebücher geständig (das sehen Gerichte und Staatsanwaltschaften immer gerne, denn es erspart ihnen Arbeit, und Kujau hat immer gewußt, was honoriert wird und wie er an das Honorar kam!), hatte er die Lacher auf seiner Seite. Die viereinhalb Jahre Gefängnis saß er auf einer Arschbacke ab - die andere brauchte er nicht zu bemühen, da ihm die zweite Hälfte seiner Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wurde, auch ohne einen die Hauptmanns-Uniform des Schusters Voigt liebenden Kaiser Wilhelm. Und als er wieder heraus kam, war er ein gefeierter Star, der seine Fälschungen fortan ganz offiziell als solche verkaufen konnte, weltweit, für gutes Geld. (Und natürlich auch die Filmrechte an "seiner" Geschichte, die ihm die Produzenten von Schtonk großzügig honorierten; Heidemann dagegen bekam keinen Pfennig - aber es war ja auch nicht gerade seine Sicht der Dinge, die da verfilmt wurde.) A propos Geld und großzügig: Der Stern hat das Honorar für die Hitler-Tagebücher nie von Kujau zurück verlangt, denn er hatte behauptet, den größten Teil davon nie gesehen zu haben - und das glaubte man ihm, da er ja ansonsten ein geständiger, also wahrheitsliebender Mensch war, und da man dafür einen anderen Schuldigen hatte, der aus zweierlei Gründen besonders streng bestraft werden mußte: Gerd Heidemann, der erstens nicht geständig war und zweitens die Stirn hatte, die Tagebücher weiterhin für echt zu halten - damit outete er sich in den Augen der "Gutmenschen" als "Nazi". Letztlich brach ihm das Genick, daß er das vom Stern für Kujau bestimmte Honorar unstreitig in Empfang genommen hatte, aber nicht nachweisen konnte, es an diesen weiter gegeben zu haben - denn der stellte natürlich keine Quittungen aus, geschweige denn solche, auf denen stand: "Neun Millionen DM von Herrn Heidemann für gefälschte Hitler-Tagebücher dankend in bar erhalten. Konrad Kujau." Nur böse Zungen meinten, daß dieser Beweis Gerd Heidemann allenfalls im Zivilprozeß oblegen hätte, während man nach den Beweislastregeln der Strafprozeßordnung vielmehr ihm das Gegenteil hätte beweisen müssen, daß die Aussage des Belastungszeugen Kujau alles andere als glaubhaft war und daß der Verzicht des Stern auf die an Kujau gezahlten Gelder der Preis dafür gewesen sei, daß dieser die allen - außer Heidemann - genehme Falsch-Aussage machte, er selber habe die "Hitler-Tagebücher" gefälscht und Heidemann habe nur einen Bruchteil der Stern-Gelder an ihn, Kujau, weiter geleitet...

Exkurs ins deutsche Strafprozeßrecht. Heidemann hatte alle seine Telefongespräche in dieser Sache - nicht nur die mit Kujau - aufgezeichnet, und aus den Aufzeichnungen ergibt sich ziemlich eindeutig, daß er Kujau das gesamte Geld übergeben hat. (Der Film nimmt dazu scheinbar keine Stellung; aber wenn man weiß, daß der Stern pro Band nicht 40.000.- DM, sondern 85.000.- DM ausgespuckt hat, dann unterstellt Dietl eben doch, daß Heidemann über die Hälfte davon in die eigene Tasche gesteckt hat - wovon hätte er denn sonst die Carin II renovieren sollen, die ja im Film anfangs noch ein Wrack ist, das erst aus dem Wasser geborgen werden muß?) Insgesamt hat der Stern 9,3 Mio DM gezahlt; auf den Tonbändern nennt Heidemann gegenüber Kujau diese auch als die Summe, die er ihm übergeben habe, und Kujau widerspricht nicht. Nun ist es aber so, daß Tonbandaufnahmen in einem Strafprozeß nicht als Belastungsmaterial verwendet werden dürfen, zumal wenn sie ohne Wissen und Wollen des Abgehörten bzw. "Mitgeschnittenen" entstanden sind - und Kujau hatte Heidemann natürlich keine Genehmigung zur Aufzeichnung erteilt. So führte also diese Vorschrift zu einem, nein zwei krassen Fehlurteilen: dem viel zu milden für Kujau und dem viel zu harten für Heidemann; und das alles, ohne daß man direkt von Rechtsbeugung sprechen könnte. Ja, es gibt gute Gründe für diese Beweisregel, zumal in einer hoch technologisierten Zeit, da falsche Tonband-Aufzeichnungen praktisch beliebig hergestellt bzw. echte manipuliert werden können, und sei es aus Gesprächsfetzen anderer Aufnahmen. Soviel Dikigoros gehört hat, bereitet Heidemann zur Zeit ein Wiederaufnahmeverfahren vor, und zwar mit Hilfe der Erben des inzwischen verstorbenen Kujaus, die bereit sein sollen, die Genehmigung zum Abspielen der Bänder zu erteilen. Ob Heidemann damit freilich Erfolg haben wird, wagt Dikigoros zu bezweifeln - schließlich hat im Grunde genommen schon damals jeder gewußt, daß er nichts verbrochen hatte; er wurde aus politischen Gründen verurteilt, und diese politischen Gründe bestehen nach wie vor fort. Exkurs Ende.

* * * * *

Aber wie war es denn in Wahrheit? Fangen wir vorne an, bei der Person des Konrad Kujau alias Fritz Knobel - der die Rahmenhandlung des Films aus der Ich-Perspektive erzählt. Der lieferte tatsächlich Jahre lang einem reichen Fabrikanten - einem gewissen Fritz Stiefel - eine Reihe NS-Devotionalien zweifelhafter Art und Güte, vor allem zweifelhafter Echtheit. (Im Nachhinein behauptete Kujau, er habe alle Falsifikate persönlich hergestellt. Dikigoros wagt das zu bezweifeln; es ist auf diesem Markt viel Schrott im Umlauf, auch solcher, der bestimmt nicht von Kujau stammt - man braucht bloß mal in gewisse Internet-Auktionen zu schauen :-) "Professor Strasser" hieß richtig August Priesack und war tatsächlich so etwas wie der "persönliche Kunstexperte" Hitlers; er reiste in dessen Auftrag in Europa umher und suchte nach sammelwürdigen Kunstgegenständen für deutsche Museen, um die Lücken zu schließen, die das Ausmisten der "entarteten Kunst" hinterlassen hatte. (Der "Professor h.c." wurde ihm nach dem Krieg aberkannt.) Allerdings zog ihn Stiefel nicht wegen eines Bildes zu Rate, sondern... wegen der Tagebücher, zu denen Kujau schon deshalb nicht durch sein Buch "Der Führer und ich" inspiriert worden sein kann, weil er ein solches nie geschrieben hatte. [Was im Film gezeigt wird, ist also ein Fantasie-Produkt.] Es gab zwar ein Buch von einem Otto Strasser, aber das trug den Titel "Hitler und ich"; und jener Otto war auch kein Professor oder Kunstexperte, sondern der Bruder von Gregor Strasser, dem Führer des "linken", norddeutschen Flügels der NSDAP und Gegenspieler Hitlers. Im Gegensatz zu seinem Bruder war Otto klug genug, rechtzeitig die Kurve zu kratzen; er trat schon 1930 aus der Partei aus, ging ins Exil und überlebte dort das "Dritte Reich". Sein Buch kam zwar erst 1948 auf den deutschen Markt, aber das war bloß die Übersetzung des französischen Originals, "Hitler et moi", das 1940 in Paris erschienen war, kurz vor Beginn des Westfeldzugs, nach dessen Ende es eingestampft wurde, weshalb es alles andere als "bekannt" war. Folglich konnte es auch nichts über den Flugzeugabsturz in Börnersdorf enthalten, geschweige denn über irgendwelche Tagebücher. Im Film wird nicht ganz klar, wie "Professor Strasser" über sie denkt. Zunächst hält er sie wohl für echt, ohne sie gesehen zu haben, allein aufgrund ihres vorgelesenen Inhalts, der ihm schlüssig erscheint - kein Wunder, Knobel hat ihn ja aus seinem Buch abgeschrieben. Auf der Presse-Konferenz ist er dagegen sicher, daß es sich um Fälschungen handelt ("falscher Hase, Herr Obergruppenführer", sagt er zu diesem, als auch der bemerkt, daß das "gar kein AH, sondern ein FH" ist, "und Ferdinand hat er ja wohl net g'heißen") und tut so, als habe er das von Anfang an gewußt. Der echte Priesack hegte von Anfang an Zweifel an ihrer Echtheit. Er befragte den auf die Geschichte des "Dritten Reichs" spezialisierten britischen Historiker David Irving, ob er sich vorstellen könne, daß Hitler heimlich ein Tagebuch geschrieben habe, und der sagte erstmal "nein". Von da an glaubte auch Priesack nicht mehr daran.

Längerer Exkurs. Wenn Dietl nicht ein eher plumper Regisseur wäre, dem man nicht allzu viel Hintergründigkeit zutrauen darf, könnte man vielleicht schon aus dem ersten Auftritt von "Professor Strasser" schließen, daß auf ihn wenig Verlaß ist. Da sagt er nämlich beim Gang durch die Nähmaschinen-Fabrik angesichts eines alten Portraits ganz nebenbei: "Ach, da ist auch der alte Lämmle noch, den hab' ich gut gekannt, bis 1938, dann hab' ich ihn aus den Augen verloren." Das ist perfide, denn damit will Dietl andeuten, daß es sich um eine "arisierte" Fabrik handelt, die zuvor einem Juden namens Lämmle gehörte, und daß dieser 1938 "verschwunden" sei. Nun, der Anfang von "Schtonk" spielt ja im Schwäbischen, und da gab es im Städtchen Laupheim (ja, liebe Leser, der Noch-Standort von Airbus) mal eine "Lämmle-Straße" (die von den bösen Nazis freilich schon 1933 in "Schlageter-Straße" umbenannt wurde, nach dem heute fast vergessenen - oder verdrängten - Widerstandskämpfer Albert Leo Schlageter), nach einem populären Sohn der Stadt: Carl Lämmle (von Lemuel [Vorhautbeschneider]), dem "Filmjuden". Diesen Spitznamen hatte er schon in den USA erworben, in die er anno 1884 ausgewandert war, genauer gesagt in Hollywood, wo er während des Ersten Weltkriegs anti-deutsche Hetz- und Propaganda-Filme übelster Art drehte. Er war maßgeblich am Meinungsumschwung der systematisch verdummten US-Bürger beteiligt: Waren diese anfangs noch empört, daß die Briten den Munitions-Transporter "Lusitania" [unbedingt anklicken, liebe Leser; es handelt sich um die beste deutsch-sprachige Seite, die das world wide web zu diesem Thema - und zu vielen anderen Themen, die mit der Kaiserlichen Marine zu tun haben - zu bieten hat; und ihr Verfasser hat viel Ärger auf sich nehmen müssen, um sie allen juristischen und pseudo-juristischen Angriffen zum Trotz im Netz halten zu können!] als Passagierdampfer getarnt und dadurch unwissende amerikanische Zivilisten dem nassen Tod nach U-Boot-Beschuß im Jahre 1915 ausgesetzt hatten, so suggerierte ein eigens von Lämmle gedrehter Film über dieses Ereignis, daß die deutschen "Hunnen" - die ja auch schon in Belgien als Frauen- und Kinderschänder, Menschenfresser usw. aufgetreten waren - die "Lusitania" nur versenkt hatten, um unschuldige amerikanische Frauen und Kinder zu ermorden. Zwei Jahre Berieselung mit diesem Film genügten, dann traten die USA in den Krieg ein - und die praktischerweise gleich in den Kinos ausliegenden Freiwilligen-Listen füllten sich nach jeder Vorstellung mehr.

[Der Tod verkauft amerikanischen Zivilisten Fahrkarten auf dem als Passagierdampfer getarnten Hilfskreuzer und Munitionstransporter 'Lusitania' - Medaille von K. Goetz] ['LUSITANIA durch ein deutsches Tauchboot versenkt' - Kehrseite der Medaille]

Dieser widerwärtige Lämmle ließ sich nach dem Ersten Weltkrieg herab, ein paar Dollars für jüdische Einrichtungen in Laupheim zu spenden - wobei er großkotzig als "Fabrikant" auftrat (was er nie war) und das ganze als "Millionen-Stiftung" auszugeben (seine 1.500 US-$ - "Blutgeld" im wahrsten Sinne des Wortes, denn an den Erlösen seiner Hetzfilme klebte das Blut von Millionen Menschen, die der Verlängerung des Ersten Weltkrieges durch die USA zum Opfer gefallen waren - ergaben im Inflationsjahr 1923 sage und schreibe 525 Millionen Papiermark, das machte sich gut). Ferner gewährte er der Stadt Laupheim eine Anleihe über 12.000 US-$ zu einem Zinssatz von 6,5% - zu bedienen in Gold. Das war großzügig, und es war nicht nett von den Nazis, daß sie die Stiftung 1941, beim Kriegseintritt der Amerikaner, einzogen. (Die Anleihe bedienten sie dagegen brav weiter bis 1945 - Tilgung und Zinsen -, wie alle anderen US-Anleihen auch, über Banken der neutralen Schweiz, denen man darob später "Kollaboration mit den Nazis" vorwerfe sollte.) Lämmle selber hatte schon 1939, zweiundsiebzigjährig, das Zeitliche gesegnet - in den USA, wo er seit fünfeinhalb Jahrzehnten gelebt hatte, so daß es äußerst unglaubhaft ist, daß "Professor Strasser" ihn in Deutschland "gut gekannt" haben will. Stein des Anstoßes und des Hasses der Nazis auf Lämmle waren indes nicht seine antideutschen Propagandafilme aus dem Ersten Weltkrieg (die dürften damals im Reich kaum bekannt gewesen sein), sondern die Verfilmung eines Romans über den Ersten Weltkrieg, die anno 1930 unverhältnismäßig viel Staub aufgewirbelt hatte: "All Quiet on the Western Front [Alles ruhig an der Westfront]" nach dem Roman "Im Westen nichts Neues" von Erich Paul Kramer (der als Pseudonym seinen Namen erst rückwärts buchstabierte - Remark - und später auch noch französisierte zu "Erich Maria Remarque"). Dikigoros begreift heute noch nicht, was an diesem Film so verdammungswürdig sein soll. (Lämmle und sein Co-Regisseur Milestone hielten sich bei der Verfilmung ziemlich getreu an die Buchvorlage, mit Ausnahme des Schlusses: Im Roman fällt Paul Bäumer, der "ich"-Erzähler, ohne nähere Schilderung der Umstände; im Film wird er dagegegen effektvoll von einem französischen Scharfschützen erwischt, als er einen Schmetterling fangen will.) Das gilt umso mehr, wenn man ihn mit Lämmles früheren Machwerken vergleicht; vielleicht hatte er die Skandale selber von Strohmännern inszenieren lassen, als unbezahlte Reklame; dennoch wurde der Film - ganz im Gegensatz zum Roman - ein Flop. So, liebe Leser, kommt man von "Schtonk" nicht nur auf "Der große Diktator", sondern auch auf "Im Westen nichts Neues". (Das 1928 erstmals erschienene Buch war übrigens schon 1930 von den Weimarer Demokraten verboten worden, so daß die Nazis 1933 große Mühe hatten, ein Exemplar für ihre symbolische Bücherverbrennung aufzutreiben. Dikigoros hat eine Originalausgabe seines Großvaters, der selber ein paar Jahre an der Westfront im Schützengraben lag, den Kopf aber immer schön unten behielt, weshalb er als einziger in seinem Regiment nicht ein einziges Mal befördert wurde - er war und blieb Gefreiter - und als einer von sieben überlebte. Der Film wurde in Deutschland erst 1933 verboten, als "anti-deutsch" - in Polen schon 1931, als "pro-deutsch" :-)

Dagegen wurde ein anderer Film anno 2007 wieder zugelassen - allerdings in einer um 25% zensierten, pardon gekürzten Fassung, nämlich "Stoßtrupp 1917" mit Beppo Brehm, nach dem Buch "Der Glaube an Deutschland" von 1931, den Erinnerungen von Hans Zöberlein an den Ersten Weltkrieg, das Dikigoros' Großeltern ihrem Sohn zu seinem 17. Geburtstag schenkten, kurz bevor er mit dem RAD nach Rußland, pardon in die Ukraïne abkommandiert wurde. Nach Dikigoros' Meinung ist es das beste Anti-Kriegsbuch, das je geschrieben wurde - man merkt, daß da ein armes Schwein drei Jahre an vorderster Front im Schützengraben zugebracht hat, sich trotz schwererer Verwundungen nicht nach vier Wochen ins Lazarett verdrückte und dann bis Kriegsende zuhause blieb wie der phantasiebegabte Kramer und nicht als arroganter Offizier aus der Ferne den "Stahlgewittern" der Artillerie zusah wie Ernst Jünger, sondern erst als Schütze Arsch, dann als Corporal und schließlich als Feldwebel d.R. Warum ist das Buch dennoch bis heute in der BRDDR verboten? (Dikigoros hat es im Nachlaß seines Vaters gefunden.) Weil es erstens im selben Verlag erschienen ist wie "Mein Kampf", und weil es zweitens Hitlers ausdrückliche Zustimmung fand - und es kann und darf doch nicht sein (bzw. nicht bekannt werden), daß Hitler sich damals als überzeugter Kriegsgegner outete; dennoch tat er es; er verfaßte sogar ein Vorwort dazu, ein Unicum, denn Hitler tat das sonst nie. Warum Dikigoros das an dieser Stelle erwähnt? Weil jenes Vorwort auch eine faksimiliserte Unterschrift Hitlers trägt, die einer der in den "Hitler-Tagebüchern" zum Verwechseln ähnlich sieht, und weil die Frage der Handschrift bekanntlich eine wichtige Rolle in diesem Fall spielt.

Bleibt unter den Nebenfiguren noch der Gesprächspartner von "Professor Strasser", den Willié seinen Kollegen irgendwann als " Obergruppenführer von Glanz, SS-Division das Reich" vorstellt. Letztere durfte ja nicht fehlen - sie war und ist die meistverleumdete Einheit der Wehrmacht, der man u.a. die frei erfundenen "Kriegsverbrechen" von Oradour und Tulle angehängt hat, was das Tribunal der Kriegsverbrecher in Nürnberg zum Vorwand nahm, die ganze Waffen-SS zur "kriminellen Organisation" zu erklären. Aber was soll jener "Obergruppenführer von Glanz"? Die Division "Das Reich" wurde nie von einem Obergruppenführer befehligt, lediglich ihre Vorgängerin, die "SS-Verfügungstrupppe" (aus der auch alle anderen Waffen-SS-Einheiten hervor gingen) unterstand mal einem OGF, nämlich "Papa" Paul Hausser - aber der war schon 1972 verstorben, konnte also nicht gemeint sein. Wer dann? Dikigoros hat lange gesucht, und er ist sich immer noch nicht sicher, ob er die richtige Antwort gefunden hat oder nur einer Namensgleichheit aufgesessen ist. Aber er hat nur einen falschen Helden namens Glanz aufgestöbert, und der gehört in das schäbige Kapitel der wohl schäbigsten Schlacht des Ersten Weltkriegs, nämlich der um Verdun. Ihre Zielsetzung, ihre strategische Planung und ihre taktische Durchführung waren schon schlimm genug, aber ihre nachträgliche Darstellung in der Propaganda war, wie General Melchitt in der 4. und letzten Serie der britischen Sitcom "Blackadder" - die ja auch im Ersten Weltkrieg spielt - gesagt hätte, "the crowning turd in the water-pipe". Verdun sollte gar nicht erobert werden, sondern nur zur "Abnutzung", d.h. dem "Menschenverbrauch", dienen; und diejenigen Frontsoldaten, die befehlswidrig wagten, die vorgelagerten Forts Douaumont und Vaux anzugreifen, wurden durch die eigenen Artillerie von hinten zusammen geschossen. Als es einem kleinen Stoßtrupp dennoch gelang, Ft. Douaumont im Handstreich zu nehmen, stellte die deutsche Propaganda das zwar groß heraus; diejenigen, die das getan hatten, bekamen aber nicht mal dem berühmten warmen Hundedreck, sondern vielmehr einen Tritt in den Hintern; die Orden bekamen statt dessen irgendwelche Unbeteiligte, die wenn überhaupt, dann erst später als Besatzung einrückten. Unter ihnen war neben zwei adeligen Offizieren auch ein gewisser Vizefeldwebel Glanz. Vielleicht meinte Dietl den. Längerer Exkurs Ende.

Nun zum Vorbild für "Hermann Willié": Gerd Heidemann. Der war in Wahrheit alles andere als ein ständig in Geldnot lebender Schmierfink, der keine Knüller lieferte und dessen Berichte von der Chef-Redaktion zurück gewiesen wurden. Ganz im Gegenteil waren seine z.T. unter großem persönlichen Einsatz zustande gekommenen Reportagen aus aller Welt fast immer einen Abdruck wert. So erschien z.B. sein Bericht über Görings Yacht "Carin II" entgegen dem, was Dietl in "Schtonk" suggeriert - tatsächlich auf der Titelseite des Stern (Dikigoros hat die Ausgabe zufällig noch da). Daß Heidemann diese Yacht auf eigene Rechnung gekauft hatte (für 160.000.- DM, von den Briten, die sie bei Kriegsende als Siegerbeute "beschlagnahmt" und nach der Geburt des ersten Sohnes von Queen Elizabeth in "Prince Charles" umbenannt hatten), mag eine Fehlspekulation gewesen sein, aber keine, die ihn nun gleich an den Rand des Verhungerns gebracht hätte - und zum Nazi machte ihn das ja wohl auch nicht. Dann kam also Kujau (der freilich unter einem anderen Namen - Fischer - auftrat) und bot ihm an, "Hitlers Tagebücher" zu besorgen. (Heidemann lernte ihn tatsächlich über Fritz Stiefel kennen, allerdings nicht anläßlich einer Feier von Hitlers Geburtstag, sondern weil er dem reichen Fabrikanten - nicht Görings Nichte, wie im Film - die Yacht andrehen wollte.) Das wäre eine Sensation; und warum hätte man daraus nicht ein Geschäft machen können - wie ja auch mit Goebbels' Tagebüchern? Wenn man das vermeiden wollte, was mit letzteren geschehen war, nämlich ein jahrelanges Hin und Her mit Gerichtsprozessen und schließlich einer Doppel-Veröffentlichung, die sich bald in Form von unverkäuflichen Remittenden-Exemplaren in den Modernen Antiquariaten stapeln sollte, dann war schnelles Handeln geboten. Heidemann reiste nach Börnersdorf (allerdings nicht, wie im Film, in einer Nacht-und-Nebel-Aktion auf eigene Faust und unter Bestechung der DDR-Grenzer, sondern ganz offiziell, auf Vermittlung und in Begleitung seines Ressort-Leiters Thomas Walde, der die notwendigen [Stasi-]Kontakte in die DDR hatte - er wurde übrigens im Gegensatz zu Heidemann später nicht gerichtlich belangt, sondern zur Belohnung, daß er im Prozeß gegen letzteren aussagte, zum Geschäftsführer des Staatssenders "Radio Hamburg" befördert), vergewisserte sich, daß der Flugzeugabsturz 1945 tatsächlich statt gefunden hatte, und hielt es danach für möglich, daß die Tagebücher echt waren - wollte es vielleicht auch schon glauben. In diesem Sinne berichtete er seinem Arbeitgeber.

Wirklich seinem Arbeitgeber? Nicht ganz, denn das wäre ja eigentlich der Stern gewesen. Aber Heidemann und Walde (der wieder die richtigen "Kontakte" hatte) setzten eine Stufe höher an, nämlich beim Chef des Verlags Gruner & Jahr, dem der Stern gehörte. Im Film ist das durchgehend der dämliche "Dr. Wieland", der das ganze mit den beiden "hinter dem Rücken der Chef-Redaktion" durchzieht. Tatsächlich gab es aber zwei Personen: 1980, als Heidemann und Walde die Tagebuch-Story anleierten, saß auf dem Chef-Sessel noch Dr. Manfred Fischer - bis ihn Mitte 1981 Gerd Schulte Hillen ablöste, der sich später damit heraus redete, er habe sich darauf verlassen, daß sein Vorgänger alles sorgfältig geprüft habe. Und das hatte der auch, denn er hatte ja allen Grund, bei derartigen Geschichten mißtrauisch zu sein: Hatte nicht schon der notorische Lügenbold und Verleumder Luis Trenker (der noch heute als "der nette Bergsteiger-Opa von nebenan" durch manch unwissendes Gehirn geistert) in den 1950er Jahren die so genannten Eva-Braun-Tagebücher gefälscht? Und die Schwestern Panvini aus Vercelli in den 1960er Jahren die so genannten Mussolini-Tagebücher? Und irgend jemand, dem man bis heute nicht auf die Schliche gekommen ist (Dikigoros vermutet den britischen Geheimdienst), die angeblichen Tagebücher des irischen Freiheitskämpfers Sir Roger Casement? (Die Briten hatten ihn ermordethingerichtet, also mußten sie ihn - wie alle ihre anderen Opfer auch - posthum demontieren; allerdings fiel ihnen dazu nichts besseres ein, als ihm irgendwelche Schwulitäten mit kleinen Negerjungen anzuhängen; aber da heutzutage weder "miscegenation [Rassenschande]" noch Homosexualität mehr als anrüchig gelten, hat man von diesem Machwerk seit einiger Zeit nichts mehr gehört :-) Und ein zwielichtiges jüdisches Konsortium die angeblichen Tagebücher von Adolf Eichmann? Und waren aus der Zeit des "Dritten Reiches" nicht noch eine Reihe anderer dreister Fälschungen im Umlauf, vom so genannten "Wannseekonferenz-Protokoll" bis zum so genannten "Tagebuch der Anne Frank"? Hatte nicht gerade erst zwei Jahre zuvor, im Dezember 1980, der Bundesgerichtshof in höchster Instanz rechtskräftig festgestellt (freilich in einem Urteil, das selbst von den juristischen Fachzeitschriften und erst recht von den Massenmedien so gut wie tot geschwiegen wurde), daß das angebliche "Tagebuch der Anne Frank" mit einer Kugelschreiber-Tinte geschrieben war, die es vor 1951 noch nicht gab (daher stammt das Motiv aus Schtonk - auf die "Hitler-Tagebücher" traf das nicht zu, wie wir gleich sehen werden) und dazu noch in einer Handschrift, die nicht die geringste Ähnlichkeit mit der echten Handschrift der Anne Frank aus dem selben Jahr hatte?


links: die Handschrift der Anne Frank, 1942 - rechts: die Handschrift des Tagebuchs, ebenfalls auf 1942 datiert

Oder das so genannte "Hoßbach-Protokoll", das schon sein angeblicher Verfasser, der - als Widerstandskämpfer etwaiger Sympathien für die Nazis sicher unverdächtige - Fritz Hoßbach als Zeuge der "Nürnberger Prozesse" unter Eid als Fälschung bezeichnet hatte? [Was freilich nicht gehindert hatte, die deutschen Angeklagten dennoch wegen "Planung und Vorbereitung eines Angriffs-Krieges", wie sie jenes Protokoll vermerkte, zu verurteilen. Das war indes nur ausgleichende Gerechtigkeit, denn auch von Rechts wegen hätten diese Leute verurteilt werden müssen, nämlich wegen nicht ausreichender Vorbereitung eines Verteidigungs-Krieges - aber das ist eine andere Geschichte. Nun, direkt nach dem Krieg war es erklärlich, daß die Fälschung des "Hoßbach-Protokolls" nicht erkannt bzw. nicht zur Kenntnis genommen wurde; weshalb sich aber manche deutsche "Historiker" bis heute nicht entblöden, es für echt zu halten, ist Dikigoros ein Rätsel.] Und hatte nicht ein Jahr zuvor ausgerechnet die Konkurrenz in Person des ZEIT-Redakteurs Karl-Heinz Janßen nachgewiesen, daß der Stern schon mit seiner Artikelreihe "Unternehmen Reichstagsbrand" den Fälschungen eines dreisten Schmierfinken und seiner Helfershelfer aufgesessen war? (Auf jenen Erich Kuby hätte der "Hermann Willié" aus Schtonk eigentlich viel besser gepaßt als auf den armen Gerd Heidemann, und auf seinen Hintermann, den falschen Doktor Edouard Calic der falsche Professor "Fritz Knobel" viel besser als auf den eher harmlosen Falsifikaten-Händler und Gelegenheits-Maler Konrad Kujau; aber auch das ist eine andere Geschichte.) Und waren nicht diese Fälle womöglich nur die Spitze vom Eisberg? War es nicht mehr als peinlich, jetzt herum eiern zu müssen mit blumigen Umschreibungen für offenkundige Fälschungen wie "nachträglich aus dem Gedächtnis rekonstruierte Kopien der verloren gegangenen Originale"? [Nicht daß Ihr glaubt, liebe Leser, solche Fälschungen gäbe es nur in der deutschen Geschichte oder nur in der des 20. Jahrhunderts: Wie wir heute wissen, sind auch die meisten der so genannten "Washington Papers" und der so genannten "Lincoln Papers" gefälscht und sogar viele der - ursprünglich deutsch geschriebenen - Tagebücher der Queen Victoria: Deren jüngste Tochter Beatrice hat erst die Originale vernichtet und dann ein paar Märchenbücher - auf Englisch - geschrieben, pardon "rekonstruiert", was ihre Mutter angeblich so gewünscht hatte.]

Was die abstruse Vermutung am Ende des Films anbelangt, Hitler könnte womöglich noch am Leben sein, so liegt Dietl auch damit wieder ziemlich daneben. Sie bezog sich in Wahrheit nicht auf Hitler, sondern auf dessen Sekretär Martin Bormann, von dem einige Spinner auch noch bis Ende des 20. Jahrhunderts glaubten, er lebte irgendwo in Südamerika. Zu diesen Spinnern zählte freilich nicht "dieser schmierige Willié" alias Heidemann, sondern ein gewisser Erich Karl Wiedwald, der behauptete, daß Bormann 1945 zusammen mit ihm aus Berlin geflohen sei und nun auf einer Fazenda in Brasilien lebte. Die Verantwortlichen des Stern - allen voran Henri Nannen - fielen auf diese Geschichte herein und auf die Nase, wurden aber nicht aus Schaden klug, sondern ließen sich als nächstes mit dem sefardischen Juden Ladislas Farago ein, der ihnen eine amtliche Bescheinigung aus Argentinien vorlegte, wonach Bormann unter dem Namen "Ricardo Bauer" dortselbst lebe. Immerhin war Nannen jetzt so vorsichtig, "jemand seriöseres" auf dieses "delikate Thema" anzusetzen: den braven Reporter "Jochen von Lang" (von dem damals noch niemand wußte, daß es sich um den ehemaligen SS-Mann und Sprecher des "Großdeutschen Rundfunks" Joachim Piechocki handelte - er hatte am 1. Mai 1945 im Radio verkündet, daß Hitler im Kampf gegen die Sowjets gefallen sei :-). Dem gelang es tatsächlich, Farago des Betrugs zu überführen (auf nicht ganz feine Art - er ließ sich nämlich von einem korrupten argentinischen Beamten bescheinigen, daß Farago in Wirklichkeit Bormann sei, um dessen eigene "amtliche Bestätigungen" zu entwerten :-), und der Stern brachte daraufhin im November 1965 einen Artikel mit der Schlagzeile "Bormann ist tot!" heraus. Damit entfesselte er insbesondere unter den jüdischen Medien in aller Welt einen Sturm der Entrüstung (und der Gegendarstellungen, unter dem Titel "Bormann lebt!" :-), der sich nur dem knapp zwei Jahrzehnte späteren um die "Hitler-Tagebücher" vergleichen läßt, denn was nicht sein darf, konnte auch damals schon nicht wahr sein: Einflußreiche Juden wie der selbst-ernannte "Nazi-Jäger" Simon Wiesenthal und der hessische Generalstaatsanwalt Fritz Bauer leiteten ihre Existenz-Berechtigung vom Weiterleben Bormanns und anderer "Nazi-Größen" ab, deshalb bekam der Stern eine Menge Ärger. [Und nicht nur der Stern: Nachdem die Geschichte mit "Ricardo Bauer" geplatzt war, lancierten Wiesenthal und Bauer eine neue um einen gewissen Ricardo Klement: Ein Mann dieses Namens wurde vom israelischen Geheimdienst "Mossad" aus Argentinien gekidnapt und nach Israel gebracht, wo er unter der Folter "gestand", Adolf Eichmann zu sein und Opfer eines Justizmordes wurde.] Und obwohl anno 1972 in Berlin eine Leiche gefunden wurde, bei der es sich unzweifelhaft um Martin Bormann handelte, wurde das erst ein Vierteljahrhundert später - nach einem DNA-Test - allgemein anerkannt.

Und dann war da noch ein peinlicher Fall aus dem Jahre 1967, in den der Stern direkt verwickelt war, nämlich die Behauptung, der damalige Bundespräsident Heinrich Lübke sei ein "KZ-Baumeister" und "Kriegsverbrecher" gewesen. Die Stasi hatte dem Stern Unterlagen zugespielt, wonach unter Lübkes Leitung Baracken für KZ-Häftlinge gebaut wurden. (Dikigoros fragt sich bloß, was daran "verbrecherisch" gewesen sein soll, selbst wenn es so gewesen wäre - viele deutsche Kriegsgefangene wären 1945 froh gewesen, wenn die Alliierten sie in solchen Baracken untergebracht hätten, statt sie unter freiem Himmel zu Millionen verrecken zu lassen.) Ja, Lübke hatte die Baracken bauen lassen - als Unterkünfte für Rüstungsarbeiter; und später, als die Rüstungsproduktion infolge der alliierten Luftangriffe unter die Erde verlagert wurde, zogen dort tatsächlich KZ-Häftlinge ein. Aber die Stasi hatte noch ein paar Unterlagen hinzu gefälscht, um die - an sich echten - Unterschriften herum; und so kam es zu genau den Szenen, die als Vorbild für den Film Schtonk gedient haben: Der Stern schaltete mehrere Schriftsachverständige ein, u.a. den Schweizer Kriminologen Dr. Frei-Sulzer und den New Yorker Gerichts-Keksperten Howard Haring (eine schillernde Figur; er hatte mit seinem Schriftgutachten schon den Grundstein zu dem berühmt-berüchtigen Justizmord an Bruno Richard Hauptmann, dem vermeintlichen Kidnapper und Mörder des Lindbergh-Babys, gelegt). Da die Stasi ihre Fälschung um zwei echte Handschriftproben Lübkes herum aufgebaut hatte, kamen die Sachverständigen zu dem einhelligen Urteil: Jawohl, das Material ist echt. (Wobei die Expertise Frei-Sulzers auf Druck der Bundesregierung hin nicht veröffentlicht werden durfte.) Dieses Ergebnis wurde denn auch notariell beglaubigt - ebenso feierlich wie im Film die Ergebnisse der Handschrift-Gutachten -, freilich nicht in Hamburg, sondern in New York, bei Mrs. Eleanor P. DeVito. Erst die Gauck-Behörde sollte den Schwindel aufdecken, als Lübke schon lange unter der Erde weilte. Gleichwohl hielt der damalige Ressortchef des Stern, Gerd E. Gründler, bis zuletzt ebenso hartnäckig an seiner These fest, daß das Material echt und Lübke folglich ein "Kriegsverbrecher" gewesen sei, wie "Hermann Willié" in Schtonk daran, daß "Adolf Führer" den Krieg überlebt und die Tagebücher danach geschrieben hat - gewissenmaßen "aus dem Gedächtnis rekonstruiert" (s.o.).

Kurzum, es war also ein ganz normaler Vorgang, wenn die Stern-Verantwortlichen auf einer Untersuchung durch Schriftsachverständige bestanden. Was lag näher? Grafologie hat ja - wenn sie ernsthaft betrieben wird - nichts mit Sterndeuterei zu tun; vielmehr ging es um einen Schriftvergleich zur Ermittlung des Urhebers. Dafür brauchte man Vergleichsschriften, richtig. Aber nun setzt die Geschichtsfälschung des Helmut Dietl erst richtig massiv ein: Es war nicht so, daß Kujau dem Stern von ihm selber gefälschtes Vergleichsmaterial unter jubelte. Hätte er das getan, hätten die Richter ihm schwerlich die Einlassung geglaubt, er habe Heidemann von Anfang an gesagt, daß er Fälschungen liefern würde - aber halt gute Fälschungen, die auch ihren Preis haben -, und sie dürften unter keinen Umständen veröffentlicht, sondern nur an private Sammler verkauft werden. Aber ist diese Einlassung nicht lächerlich? Gewiß ist sie das, liebe Leser - aber dennoch nicht gänzlich unglaubhaft. Wie verrückt sind nicht manche Leute? Da zahlt jemand 10.000.- DM (gute, harte Deutsche Mark, denn das war vor ihrer teuer erkauften Zwangs-, pardon Wiedervereinigung mit dem Alu-Chip der Ossis zur Weichmark anno 1990; die alte DM hatte in etwa eine Kaufkraft von zwei heutigen Teuros, liebe jüngere Leser, wiewohl die Wechselquote später umgekehrt war, nämlich ½ Teuro für eine DM - die allerdings nur mehr Weichmark war) für ein angeblich von Hitler persönlich gemaltes Bild von Eva Braun; das ist purer Devotionalien-Fetischismus, den Dikigoros nicht nachvollziehen kann. Allerdings unterläuft Dietl in einer der Anfangs-Szenen ein Lapsus, als er Knobel sagen läßt: "Der Hitler hat doch viel besser gemalt als der Toulouse-Lautrec..." Wohl wahr - alles ist relativ. Dennoch geben manche Verrückte für den letzteren (und viele andere, noch schlimmere) Schmierfinken, pardon moderne "Künstler" noch viel mehr Geld aus, Millionen, bisweilen gar 'zig Millionen - vor allem, wenn es nicht ihr eigenes Geld ist, sondern das der Steuerzahler. Ist das weniger lächerlich? [Nein, eigentlich ist das gar nicht zum Lachen, sondern vielmehr zum Heulen: In den meisten Fällen machen nämlich die korrupten Verschwender von Steuergeldern augenzwinkernd Halbe-Halbe mit den so genannten "Künstlern", mit deren Machwerken sie öffentliche Plätze und Gebäude verschandeln.] Ihr meint nein, das sei gar nicht lächerlich, Toulouse-Lautrec sei doch ein bedeutender Künster gewesen? Na, dann kennt Ihr vielleicht seine Frauen-"Gemälde" nicht. Bitte, macht Euch selber ein Bild - ist das wirklich schlimmer als Hitlers Pinseleien (die Ihr Euch ja hoffentlich auf den beiden ersten Links im zweiten Absatz angesehen habt)? Oder würdet Ihr nicht doch mit dem Ossi Knobel konform gehen, daß Lautrec eigentlich "Lau[ter]dreck" ausgesprochen werden müßte?

[Dreck von Toulouse-Lautrec] [Dreck von Toulouse-Lautrec] [Dreck von Toulouse-Lautrec] [Dreck von Toulouse-Lautrec]

Wie dem auch sei - warum sollte nicht ein anderer Verrückter für ein paar Dutzend gut nachgemachter Hitler-Tagebücher ebenso viel auf den Tisch zu blättern bereit sein? (Nun ja, Dikigoros würde antworten: "Weil der Preis, den der Nähmaschinen-Fabrikant für das Bild gezahlt hat, selbst für ein Imitat noch angemessen war - für ein Original wäre er sogar viel zu niedrig gewesen -, während mit der Summe, die der Stern für die "Hitler-Tagebücher" ausgab, auch ein Original durchaus nicht zu niedrig bezahlt worden wäre. Aber erstens behauptete Kujau ja, daß Heidemann nur einen Bruchteil jenes Geldes an ihn weiter gegeben habe, und zweitens darf man zugunsten seiner Richter unterstellen, daß sie nichts vom Kunstmarkt verstanden. Iudex non calculat :-)

Tatsächlich war es so, daß sich der Stern an das Bundesarchiv in Koblenz wandte, das damals von Hans Booms geleitet wurde, einem durchaus renommierten Honorar-Professor für Grafologie. Das kam zu dem Ergebnis, daß die Tagebücher echt seien, ebenso das sicherheitshalber mit eingeschaltete Landeskriminalamt Rheinland-Pfalz und der damals führende Sachverständige für chemische Papier-Analysen, Dr. Arnold Rentz. Das vom Bundesarchiv seinerseits dem Stern zur Verfügung gestellte Vergleichsmaterial schickte dieser dann zusammen mit einigen Seiten aus den von Kujau gelieferten Tagebüchern (diese Entnahme wurde tatsächlich notariell beurkundet - bei Dr. Wolf Harm in Hamburg -, nicht wie im Film das Ergebnis der Untersuchungen) an verschiedene Schriftsachverständige, informierte aber unter der Hand auch schon einige Historiker von dem "sensationellen Fund", ebenso das Magazin Newsweek, das an den englischsprachigen Rechten der Story interessiert war. Sowohl die Historiker (der Amerikaner Weinberg und der Brite Trevor-Roper) als auch die Grafologen kamen zu eindeutigen Ergebnissen: Die Tagebücher waren echt, die Handschrift war offenbar die Hitlers. Der Stern begann mit der Veröffentlichung - und es war keinesfalls banales Zeug, was er da in der ersten Ausgabe brachte: Es ging - anders als im Film - um den England-Flug, den Rudolf Hess im Sommer 1941, kurz vor Beginn des Rußlandfeldzugs unternahm, um in letzter Minute einen Zweifrontenkrieg zu vermeiden, und von dem bis heute strittig ist, ob er mit oder ohne Wissen und Billigung Hitlers statt fand. Dikigoros persönlich glaubt (ausnahmsweise mit den Sowjets und entgegen der im Westen herrschenden Meinung) ersteres, denn erstens hatte Hitler einen Narren gefressen an den "germanischen" Engländern, zweitens hatte Groß-Deutschland am Vorabend des Rußland-Feldzugs jeden Grund für einem letzten Versuch, sich durch einen Friedensschluß mit Groß-Britannien den Rücken frei zu machen, und drittens wäre Mitte 1941 eine ohne Genehmigung von Deutschland nach England fliegende Maschine mit hoher Wahrscheinlichkeit abgeschossen worden - damals beherrschten die Deutschen noch den Luftraum über Mitteleuropa. (Auch der Brief, mit dem Hess gegenüber einem angeblich völlig unwissenden Hitler seine Motive erläuterte, ist nach offizieller Lesart "nicht im Original erhalten geblieben, sondern aus der Erinnerung aus dem Hess-Umfeld rekonstruiert worden.")

[Nachtrag 2003. Nachdem sich die widerliche alte "Queen Mum" - die wohl größte Deutschen-Hasserin, die zu Beginn des 21. Jahrhunderts noch auf der Welt lebte - glücklich zu Tode gesoffen hatte, durften endlich die britischen Archive geöffnet werden, so daß ein wenig mehr Licht auf den Fall Hess fallen konnte. Nein, natürlich nicht auf die näheren Umstände seines Todes, aber über die Hintergründe seines England-Fluges anno 1941. Es scheint, daß Dikigoros richtig gelegen hat: Edward VIII, der - angeblich wegen seiner Beziehungen zu einer verheirateten bzw. geschiedenen Amerikanerin - den englischen Thron räumen mußte, war ein Bewunderer Hitlers und des National-Sozialismus. Nachdem Großbritannien dem Deutschen Reich 1939 den Krieg erklärt hatte, der sich bald zum Zweiten Weltkrieg ausweiten sollte, stellte Edward den Deutschen geheimes Material über die französischen Verteidigungsanlagen der Maginot-Linie zur Verfügung mit dem Ratschlag, gleich nach der Niederwerfung Frankreichs die britischen Inseln anzugreifen. Im Gegenzug versprachen ihm die Deutschen, im Falle einer erfolgreichen Invasion seinen Nachfolger, den geistig behinderten George VI (der mit der späteren "Queen Mum" verheiratet war und vollkommen unter ihrem Pantoffel stand) dorthin zu beförden, wohin ein geistig behinderter Mensch nach Auffassung der Nazis gehörte, und ihn, Edward VIII, wieder zum König zu machen. Ob dieser vagen Aussicht verzichtete Hitler 1940 bei Dünkirchen auf den zum Greifen nahen Sieg über England (womit auch dieses Geheimnis endlich gelüftet ist); Hess ließ sich ein Jahr später von Churchills Secret Service - der längst Wind von der Sache bekommen hatte - in den Glauben versetzen, daß der Staatsstreich Edward VIII und seiner Anhänger unmittelbar bevor stehe und flog nach England. Er landete in Gefangenschaft, aus der er bis zu seiner Ermordung nie mehr entkommen sollte. Georges VI Geisteskrankheit war zum Glück nur im Mannesstamm vererblich, so daß seine heute noch regierende älteste Tochter außer ihrem Deutschenhaß - der aber wohl eher von der Mutter anerzogen als vom Vater ererbt war - keine bleibenden Schäden davon trug.]

[Stern]

So sah es auch der Verfasser der "Hitler-Tagebücher" (wer immer das war), und der Abdruck dieser Version machte denn auch weltweit Sensation - bald zogen ausländische Zeitungen und Zeitschriften nach, sehr zum Ärger vor allem der Engländer, die sich nicht nachsagen lassen wollten, daß Churchill "das falsche Schwein" gar nicht hätte zu schlachten brauchen, wenn er denn 1941 vernünftig genug gewesen wäre, Frieden mit den Deutschen zu schließen, und daß sie sich den Verlust des eigenen Empire und den kalten Krieg mit dem Sowjet-Imperium (der ja 1983 noch andauerte, z.B. in Afģānistān - aber das ist eine andere Geschichte) hätten sparen können, wenn sie Hitler damals freie Hand im Osten gelassen hätten. Schon begannen sich erste Neider zu regen - da sie selber nicht zum Zuge gekommen waren, holten sie nun zum Gegenschlag aus: Wer als erster die Falschheit der Tagebücher auf-deckte, mußte ein mindestens ebenso gutes Geschäft machen wie der Stern mit ihrer Ent-deckung. Einige Berufs-Historiker meldeten sich zu Wort, die - ohne die Tagebücher gesehen zu haben - erklärten, es könne sich nur um Fälschungen handeln, sonst hätte man sie ihnen ja gezeigt, allen voran der Wichtigtuer Hardy Jäckel und der selbst ernannte Hitler-Keksperte Werner Maser (der sich auf irgendwelchen krummen Wegen in den Besitz des Hitler-Nachlasses gebracht hatte und deshalb glaubte, ein Monopol auf alle Gegenstände daraus zu haben, also auch etwaige Tagebücher - was nicht in seinem Besitz war, konnte also nicht echt sein). Ein besonderer krasser Fall war David Irving, der damals als führender britischer Historiker in Sachen "Drittes Reich" galt: Er hatte die Tagebücher ursprünglich, d.h. unbesehen, ebenfalls für eine Fälschung gehalten. (Es fällt halt schwer zu glauben - auch Dikigoros -, daß Hitler eigenhändig Tagebuch geschrieben haben sollte, zumal noch in späteren Jahren, als er bereits unter Parkinson litt. Wo er doch sonst außer seiner notorischen Unterschrift kaum etwas mit der Hand geschrieben hatte!) Nach einer ersten Inaugenscheinnahme hielt Irving die Tagebücher dennoch für echt. Auf der Pressekonferenz, die der Stern zur Vorstellung der Tagebücher anberaumte - und die durchaus nicht die einseitige Jubelveranstaltung war, als die Dietl sie im Film darstellt - bestritt er dagegen lauthals ihre Echtheit. Anschließend fiel er wieder um und meinte, sie seien wohl doch echt. Als jedoch das Gutachten des BKA erschien und auf Fälschung entschied, erklärte Irving, daß er dieses "Urteil" akzeptiere. 20 Jahre später sollte er einräumen, daß er von der Bild-Zeitung (die dem Konkurrenten Stern den Spaß verderben wollte) bezahlt worden war, um auf der Presse-Konferenz die Tagebücher wider besseres Wissen, pardon wider besseren Glauben zur Fälschung zu erklären. Manchmal kann Dikigoros gut verstehen, daß der Mann nicht mehr viele Freunde hat.

Einen Tag nach der Pressekonfenrenz des Stern marschierte das (Zweite) Deutsche Fernsehen auf und veranstaltete einen Diskussionsabend, auf dem lauter Vertreter der These, daß die Tagebücher nicht echt seien, zu Wort kamen - zu aller Überraschung auch Trevor-Roper, der tags zuvor in Hamburg noch als "Kronzeuge" für deren Echtheit zitiert worden war. Der verkündete denn auch gleich eine interessante Beweislastumkehr: "Es geht nicht darum, zu beweisen, daß die Tagebücher eine Fälschung sind; vielmehr haben sie als eine Fälschung zu gelten, bis das Gegenteil bewiesen wird." Ins gleiche Horn stieß auch Guido Knopp, ein junger, unwissender Schaumschläger, der mit jener Diskussionsrunde seine Karriere als "Fernseh-Historiker" begründete. Wohlgemerkt: Die Teilnehmer hatten keinerlei Kenntnisse von irgendwelchen Schrift- oder Material-Untersuchungen, wie sie später zum Beweis der Fälschung heran gezogen wurden; sie bezogen sich allein auf den Inhalt - und zwischen den Zeilen stand immer wieder deutlich der Satz: "Die Tagebücher dürfen nicht echt sein, weil sie Hitler allzu menschlich darstellen, und er war doch ein Teufel!" [Und wenn umgekehrt heraus kommen könnte, daß jemand, der aus politischen Gründen als Gutmensch gelten soll, ein Unmensch war, dann muß solches Material ebenfalls gedeckelt werden. Dietl legt dem guten Pit Kummer einen Satz in den Mund, von dem er wahrscheinlich nicht wußte, wie peinlich er ist. Als der den tumpen Dr. Wieland überreden will, die "Hitler-Tagebücher" zu kaufen, tut er das u.a. mit dem Argument: "Wenn ich denke, was die Amis damals mit den Tagebüchern von Albert Einstein verdient haben... Da mein ich, ist doch dann Adolf Hitler, weltweit gesehen, der viel größere Name." Mag ja sein, aber... Zu der Zeit, als dieser Film spielt, wurden die Einstein-Papiere aus seinem Nachlaß - besonders die Korrespondenz mit seiner ersten Frau Mileva, aber auch das Manuskript der Biografie von seiner ersten Schwiegertochter Frieda - noch unter Verschluß gehalten; als jedoch das Drehbuch für "Schtonk" geschrieben wurde, waren sie schon seit einigen Jahren veröffentlicht - wohlgemerkt ganz seriös, von der Universität Princeton, seiner letzten Wirkungsstätte. Da sich aber aus ihnen zweifelsfrei ergibt, daß Einstein menschlich gesehen ein Schwein und wissenschaftlich gesehen eine Null war - genau wie es die Nazis immer behauptet hatten, eher noch schlimmer -, dürfen sie in Deutschland bis heute nicht erscheinen. Tagebücher hat Einstein übrigens nie geschrieben. Und was das "Menschliche" bei Hitler anbelangt, so gibt es dafür doch genügend andere, verläßlichere Quellen, die man nicht rechtzeitig verboten hat; Dikigoros denkt da vor allem an "Der Preis der Herrlichkeit", die Memoiren der Henriette v. Schirach, die ihn als Tochter seines Fotografen Heinrich Hoffmann von klein auf kannte.] Wie dem auch sei, die Sache mit der Inhalts-Analyse grenzte an Kaffeesatz-Leserei - und zwar auf beiden Seiten: Wenn das gleiche drin stand, was man eh schon wußte, fühlten sich die Befürworter der Echtheit zwar bestätigt; aber viel interessanter war es für sie natürlich, wenn andere, bisher unbekannte Dinge drin standen - schließlich sollten (wie ein Chefredakteur des Stern ganz offen und vollmundig sagte) "große Teile der Geschichte des Dritten Reichs neu geschrieben werden". Die Vertreter der Fälschung meinten dagegen: Wenn das gleiche drin steht, was man eh schon wußte, konnte es ja auch irgendjemand abgeschrieben haben; und wenn etwas anderes drin stand als man bisher zu wissen glaubte, konnte es ja nicht stimmen, mußte also erst Recht eine Fälschung sein. Aber so kann man nicht sinnvoll argumentieren, jedenfalls nicht, wenn man Dikigoros überzeugen will.

[Hitlers Tagebücher - Fund oder Fälschung? Der Spiegel 1983/18]

Dann kam das Nachrichtenmagazin Spiegel mit dem Titel "Hitlers Tagebücher - Fund oder Fälschung?" heraus und gelangte zu dem Ergebnis, daß sie letzteres waren, sogar eine besonders "plumpe" Fälschung. Dem lag ein offizielles Gutachten des Bundeskriminalamts zugrunde, das sich wiederum auf ein Gutachten der Bundesanstalt für Materialforschung und Materialprüfung stützte: Das Papier enthielt einen so genannten "optischen Aufheller", den es zwar im Dritten Reich schon gab, aber nur ganz selten (im Film: "hat es im Dritten Reich noch nicht gegeben"), und es sei doch ganz unwahrscheinlich, daß ausgerechnet Hitler so teures Papier schon zur Verfügung stand. Und die Bindung der Kladden stamme jedenfalls aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. (Diese Feststellung sollte später die These aufkommen lassen, Kujau habe echte Tagebücher auseinander geschnitten und neu eingekladdet, um mehr Geld für mehr Bände heraus zu schlagen; dazu unten mehr.) Und obwohl das eigentlich nicht Aufgabe des BKA (geschweige denn der BAMM) sein konnte, ließen sie sich auch zum Inhalt aus: Der entsprach doch weitgehend dem, was schon 1962 ein gewisser Max Domarus in seinem Buch "Hitler. Reden und Proklamationen 1932-1945" geschrieben hatte - einige Tagebucheinträge entsprachen fast wörtlich dem zitierten Wortlaut der Reden! Und es konnte doch nicht sein, daß Hitler damals, als die Tagebücher angeblich verfaßt wurden, schon wußte, was Domarus 20 Jahre später mal daraus zitieren würde - oder? Wohl wahr. [Es ist reizvoll, sich einmal zu fragen, was wohl geschehen wäre, wenn Teile der Tagebucheinträge nicht mit dem Werk von Domarus überein gestimmt hätten, sondern etwa mit "Gespräche mit Hitler" von Hermann Rauschning aus dem Jahre 1939 oder mit "Die Lösung des Rätsels Adolf Hitler", der gequirlten Scheiße, die ein gewisser Müllern-Schönhausen 1959 anrührte, unter Berufung auf angebliche Dokumente in seinem Privatarchiv - das sind nämlich die beiden einzigen Quellen für Hitlers angebliche "Welteroberungspläne", die bis heute in deutschen bzw. österreichischen Schulbüchern fleißig zitiert werden, obwohl wir seit 1984 wissen, daß sie frei erfunden waren - aber 1983 halt noch nicht. Dikigoros kann diese Frage nur für sich selber beantworten: Dann würde auch er Kujaus Hitler-Tagebücher als "plumpe Fälschung" bezeichnen; aber er ist ziemlich sicher, daß dann die Politik mindestens ebenso viel Aufwand darauf verschwendet hätte, die "Echtheit" der Tagebücher zu beweisen wie sie jetzt darauf verwendet hat, ihre Falschheit zu beweisen.] Aber die Handschrift? Ach so, na klar, da konnte es ja nur eine Lösung geben: Das Vergleichsmaterial war gefälscht! Jawohl, alle Vergleichsschriften, die das Bundesarchiv aus seinen Beständen zur Verfügung gestellt hatte, stammten von keinem anderen als... Konrad Kujau! Einschließlich Hitlers Befehls an Porsche, den Volkswagen zu erfinden, pardon, in Wahrheit handelte es sich ja um den Befehl, mit dem Hitler Generaloberst v. Kluge - den Intimfeind Guderians - zum Feldmarschall beförderte. [Der "Befehl" - genauer gesagt der Auftrag - an Porsche, den Volkswagen zu erfinden, stammte nicht von Hitler, sondern von Fritz Neumeyer, dem Leiter der Zündapp-Werke in Nürnberg, und datierte bereits aus dem Jahre 1931; damals wurde freilich nichts daraus.] Man fragt sich nur, wie die alle dorthin gekommen sind. Der dumme Professor Booms hatte das nicht bemerkt - er mußte seinen Hut nehmen.

Nachtrag. Da es sich hier um eine Komödie handelt, möchte Dikigoros ausdrücklich darauf hinweisen, daß er den Humor jener Filmszene durchaus zu schätzen weiß. Allerdings ist nichts so witzig wie die Szenen, die das wahre Leben schreibt - auch wenn einem das Lachen da bisweilen im Halse stecken bleibt. Kleines Beispiel aus diesem Zusammenhang gefällig? Bitte sehr: Am 1. April 2009 leistete sich das Unternehmen Porsche einen netten Aprilscherz - der freilich bei den Medien nicht unter der Kategorie "Aprilscherze", sondern vielmehr unter "Wirtschaftsnachrichten" veröffentlicht wurde: Porsche gab für das abgelaufene Geschäftsjahr einen satten Gewinn von 7,34 Mrd. Euro (knapp 15 Mrd. DM) bekannt. Der alte Ferdinand wäre stolz auf seine Epigonen gewesen - nur der alte Adolf hätte sich vielleicht verwundert die Augen gerieben, wenn er weiter gelesen hätte, daß dieser Gewinn nicht etwa aus der Produktion von Kraftfahrzeugen stammte, sondern aus Spekulationen mit VW-Aktien an der Börse - Porsche schickte sich nämlich gerade an, die marode Volkswagen-AG zu übernehmen. Drei Wochen später wurde diese Zahl sogar noch nach oben korrigiert, auf gut 9 Mrd. Euro (18 Mrd. DM) - Verlust! Gleichzeitig schrie Porsche laut nach staatlichen Krediten und Bürgschaften auf Steuerzahlerkosten, weil das Unternehmen kurz vor dem Bankrott stand - die letzte Hoffnung war, vielleicht mit VW fusionieren zu können - d.h. sich von VW übernehmen zu lassen -, um den Totalverlust aller Arbeitsplätze abzuwenden. Aber wie Dikigoros Dietl einschätzt, wäre dem eh nicht eingefallen, so eine unerfreuliche, ja beinahe politisch unkorrekte Episode irgendwie in seinen schönen Film einzubauen. Nachtrag Ende.

Pardon, meldeten sich nun einige Grafologen und Historiker zu Wort, dürfen wir uns das bitte noch einmal genau ansehen? Antwort (mit drohendem Unterton): "Ausgeschlossen, sowohl die Tagebücher als auch die Vergleichsschriften sind unter Verschluß genommen worden; das Gutachten des BKA ist endgültig und nicht anzuzweifeln. Was wollen Sie denn beweisen? Etwa, daß die Tagebücher doch echt sind? Und wenn es so wäre - was bezwecken Sie damit? Worauf wollen Sie eigentlich hinaus?" Nein, liebe Leser, diesen Dialog hat sich Dikigoros nicht einfach so ausgedacht; er hat ihn persönlich mit höchster Stelle geführt - vor Zeugen; und er hat daraus damals geschlossen, daß der Inhalt der Tagebücher - unabhängig davon, ob diese nun echt oder gefälscht waren - unerwünscht war und daß man da besser nicht weiter nachbohrte. Er wurde in dieser seiner Haltung bestärkt durch das, was mit den Historikern und Grafologen geschah, die nicht rechtzeitig das Büßerhemd anzogen und widerriefen: Sie wurden kübelweise mit Dreck übergossen, ihre berufliche und persönliche Integrität wurde angezweifelt - kurzum, sie wurden "fertig gemacht"; und ihre Verfolger ruhten nicht eher, als bis sie alle ruiniert und einige von ihnen sogar ins Grab gebracht hatten.

[AH] [FH] [Gutenbergbibel]

Als bester Beweis für die Falschheit der vom Stern vorgelegten "Hitler-Tagebücher" gilt einer, dessen Entdeckung auch Dietl in "Schtonk" zum Gegenstand einer etwas langatmigen Szene macht: Irgend jemand meint plötzlich, daß auf dem Einband doch gar nicht "AH" (Abkürzung für "Adolf Hitler") stehe, sondern "FH" - "und Fritze Hitler hieß er ja wohl nicht". (Nach langem Rätselraten und Schwanken zwischen "Fahne hoch", "Führers Hand", "Führers Hund", "Führer Heil" und "Führers Haupt" einigt man sich schließlich auf "Führer[s]hauptquartier".) Wohl wahr, liebe Leser, so hieß er nicht; aber habt Ihr Euch schon mal gefragt, woher die Schriftvorlage für diese Buchstaben stammt? Dikigoros will es Euch verraten: Es ist die erste der (später) so genannten "gebrochenen" oder "Fraktur"-Schriften, die "gotische", in der die ersten deutschen Bücher gedruckt wurden, genauer gesagt das erste deutsche Buch, die Gutenberg-Bibel aus der Mitte des 15. Jahrhunderts. (Als es noch keine Luther-Übersetzung gab - aber das ist eine andere Geschichte.) Und nach deren Schriftvorlage ist der erste Buchstabe auf den "Hitler-Tagebüchern" ganz eindeutig ein "A", kein "F", denn nur das "A" hat den dritten Abstrich rechts. Schaut Euch das bitte mal im Facsimile rechts oben an: Das "A" findet Ihr gleich am Anfang der 2. Zeile: "A principio creavit deus coelum et terram [am Anfang schuf Gott Himmel und Erde]"; das "F" findet Ihr im zweiten Wort der 6. Zeile: "Fiat lux [es werde Licht]". Für alle, die keine Lupe dabei haben, hat Dikigoros unten noch eine Schriftvorlage abgebildet. (Es gibt mehrere, die leicht voneinander abweichen; aber in diesem Punkt ist der Befund jedesmal der gleiche.) Überrascht? Dikigoros war es jedenfalls. Zwar ist auch ihm klar, daß nicht jeder eine dieser raren Bibeln zur Hand hat - selbst die modernen Facsimiles sind noch relativ teuer -; aber es muß hunderte, ja tausende Leute geben, die das wissen. Da fragt sich Dikigoros doch, ob die alle an kollektivem Gedächtnisschwund leiden, oder ob man die etwa alle mundtot gemacht hat. Das letztere haltet ihr für ausgeschlossen, liebe Leser? Na schön. Dann fragt sich Dikigoros weiter, warum alle noch verfügbaren Orignal-Exemplare jenes Stern-Titels eingezogen wurden und weshalb dieser Titel seitdem allenthalben nur noch in retouchierter Form angetroffen wird. Schaut Euch die beiden Versionen oben einmal etwas näher an: Links das Original - das wie gesagt eindeutig "AH" lautet -, rechts daneben die Fälschung, pardon die aktuelle Version, die Ihr wahrscheinlich auch kennt, aus der man den rechten Abstrich entfernt hat, so daß man es nunmehr "FH" lesen kann oder sogar muß. Ja glaubt Ihr denn, liebe Leser, Leute, die sich die Mühe machen, 68 Bände Hitler-Tagebücher so perfekt zu fälschen, daß praktisch alle namhaften Grafologen und Historiker sie zumindest auf den ersten Blick für echt gehalten haben, würden sich bei einem derart ins Auge springen Detail wie den Buchstaben auf dem Cover eine Blöße geben?

[Gotische Fraktur-Druckschrift]
[Medaille] [Medaille]

Nein, das waren keine Pfuscher; die wußten offenbar auch, daß Hitler ein großer Gutenberg-fan war, der noch bis Mitte 1940 viel Zeit und Geld in die Vorbereitung umfangreicher Gutenberg-Feierlichkeiten steckte (statt in eine bitter notwendige Nachrüstung; er glaubte ja, der Krieg sei bereits gewonnen - aber das ist eine andere Geschichte). Die Pfuscher waren vielmehr diejenigen, die den rechten Abstrich weg retouchiert haben, damit Otto Normalverbraucher und Lieschen Müller auf Anhieb sehen können, daß es sich um eine Fälschung handeln muß - für die ist das mit den Papier- und Tintenproben nämlich viel zu kompliziert, zumal es auch da Ungereimtheiten gibt. Das famose BKA-Gutachten erwies sich nämlich bald als vor hanebüchenden Fehlern strotzend. So stellte sich u.a. heraus, daß nicht das Material der Tagebücher, sondern das der Vergleichsschriften erst nach dem Krieg hergestellt wurde; aber - so das BKA - daraus konnte man doch auch den Umkehrschluß ziehen: Wenn die Vergleichsschriften gefälscht waren und die Tagebücher vom selber Urheber stammten, dann mußten die Tagebücher ebenfalls gefälscht sein, oder? Wohl wahr... Aber wenn auch die alten Kladden und die alte Tinte echt waren? Nun, die konnte sich ja jemand nach dem Krieg besorgt haben, als er daran ging, die Tagebücher zu fälschen. Wohl wahr, liebe Leser - aber wer? Kujau bestand - wie einst van der Lubbe beim Reichstagsbrand - darauf, daß er ein Einzeltäter sei und alles selber gefälscht habe; dies, wiewohl er zuvor (auch im Film) Andeutungen gemacht hatte, Hintermänner in der DDR zu haben, bei der Stasi, die einen formidablen Fälschungs-Apparat unterhielt. (Daran fehlte es Kujau gänzlich, jedenfalls hat sich nie etwas Derartiges gefunden. Im Film wird das - wenig glaubhaft - damit erklärt, daß die beiden Frauen, mit denen "Professor Knobel" zusammen lebt, eines Tages in einem Anfall von Putzfimmel alle "Produktionsmittel" wegwerfen, als sie den Keller sauber machen und ausmisten, auch die falschen Buchstaben, unter denen das "A" gefehlt haben soll. Schon der Umstand, daß Kujau dieses Märchen aufgetischt hat, beweist, daß die "Hitler-Tagebücher" nicht von ihm stammen können - deshalb ist es so wichtig festzuhalten, daß auf denselben tatsächlich ein "AH" prangt[e], nicht ein "FH".) Oder vielleicht beim KGB? Den Sowjets war 1945 u.a. die Sammlung von Gutenberg-Bibeln auf Schloß Rauenstein in die Hände gefallen - sie hätten also reichlich Vorlagen gehabt...

Wie dem auch sei, das BKA-Gutachten konnte man nicht länger im Umlauf lassen, ohne die Schlußfolgerung zu provozieren, daß die Tagebücher doch echt waren und daß man sie gerade deshalb unter Verschluß hielt; denn wenn sie wirklich nur aus dem Buch von Domarus abgeschrieben wären, oder nur Banalitäten enthielten (wie der Film "Schtonk" glauben machen will) hätte es dafür ja keinen Grund gegeben - nicht einmal den, daß die braven Bürger nicht durch die Veröffentlichung solch nazistischen Gedankenguts vom Pfade der gutmenschlich-demokratischer Tugend abgebracht werden durften, denn Domarus' Werk gilt bis heute amtlicherseis - sogar auf einer Webseite des Bundesverfassungsschutzes - als Beweis für Hitlers Kenntnis vom Holocaust, und an der Universität Oxford ist es sogar Pflichtlektüre ("prescribed text") für Studenten der Neueren Geschichte. [Dikigoros persönlich mißt dem Domarus-Buch keine absolute Beweiskraft bei (eher soviel wie etwa "Hitlers Tischgesprächen"); es sind halt die vielfach nur nachträglich aus dem Gedächtnis rekonstruierten und kommentierten Aufzeichnungen (s.o.) eines "deutschen Zeitgenossen" (Domarus über Domarus), aber das nur am Rande.] Wenn man den Verfassern der Tagebücher einen Fehler vorwerfen kann, dann den, daß sie taktisch ungeschickt vorgegangen sind - offenbar weil sie die linke Medien-Mafia in der BRD nicht genügend kannten. Hätten sie statt bei Domarus aus den Tagebüchern von Napoléon Bonaparte abgeschrieben - und zwar die richtigen Passagen -, dann hätten die politisch-korrekten Gutmenschen gar nicht anders gekonnt, als die "Echtheit" der Hitler-Tagebücher anzuerkennen, weil sie ihnen dann besser in den Kram gepaßt hätten und eine Leugnung der Echtheit in die Nähe des Leugnens des "Holocaust" hätte gerückt werden können. Zum Beispiel: "Ich stellte meine Netze wie ein Vogelfänger, sie aber liefen hinein wie scheues Wild. Kein Volk ist leichtgläubiger gewesen als meines, kein anderes auf der Erde war so töricht wie dies. Keine meiner Lügen war zu grob für sie ersonnen, sie schenkten allen mit unbegreiflicher Albernheit Glauben. Nichts war zu schandbar für sie, was ich von ihnen verlangte, alles haben sie unterschrieben, ihm sogar noch eine gute Seite abgewonnen..." Da diese Passage in Frankreich - das Napoléon bekanntlich schon 25 Jahren nach 1945, pardon 25 Jahren nach 1815 vollständig rehabilitierte und zum Nationalhelden ernannte - heute verboten ist und folglich auch in Deutschland niemand mehr wissen darf, woher sie stammt, hätte man sie doch ohne weiteres Hitler als "Selbstbekenntnis" ans Bein binden können! Dikigoros hätte denjenigen sehen wollen, der daraufhin öffentlich ausposaunt hätte, daß es sich dabei um ein Plagiat aus Napoléons Tagebuch handelte - dem wäre es mit einiger Sicherheit so ergangen wie dem bedauernswerten Herrn Grienbutter, der in Kischons Satire "Titel, Tod und Teufel" die Geschichte des "Jakob Titel" aufklären wollte und daraufhin ins Irrenhaus eingeliefert wurde - aber das ist eine andere Geschichte.

Exkurs. Da die Dikigoros oben aus den Tagebüchern des französischen Nationalhelden zitiert hat, will er Euch, liebe Leser, einige weitere einschlägige Zitate nicht vorenthalten, die aus den Memoiren eines französischen Diplomaten in Deutschland - beruhend auf seinen Tagebüchern - stammen. Er verrät Euch nur, daß es nicht Jean Giraudoux ist; im übrigen dürft Ihr selber rätseln, um wen und um welche Zeit es sich handelt: Das deutsche Kaiserreich nach der Machtergreifung Bismarcks? Oder nach der Machtergreifung Kaiser Wilhelms II? Das "Dritte Reich" nach der national-sozialitischen Machtergreifung von 1933? Die BRD nach der rot-gelben Machtergreifung von 1969? Oder die BRDDRGroß-BRD nach der rot-grünen Machtergreifung Ende des 20. Jahrhunderts? Bitte sehr: "Man verbirgt mit großer Sorgfalt alles, was hinter den Kulissen vor sich geht. Die Presse, die man fest in der Hand hält, gibt der Öffentlichkeit nur ein verzerrtes und tendenziöses Bild der Vorgänge, wenn sie nicht überhaupt mit Stillschweigen übergangen werden. Es bedeutet eine große Gefahr, an der von offizieller Seite bekannt gegebenen 'Wahrheit' zu zweifeln oder sie richtig zu stellen, ihr etwa die wirkliche Wahrheit entgegen zu halten. Das System bestraft alle mit grausamer Härte, die sich irgendeiner Indiskretion ["Geheimnisverrat", Anm. Dikigoros] schuldig machen. [...] Die Regierenden haben in jeder Beziehung etwas, was über das normale Maß hinaus geht, etwas Außergewöhnliches. Ihr Ziel ist nicht nur Europa; sie haben den Ehrgeiz, die sittlichen und geistigen Grundlagen, auf die sich die gesamte Zivilisation bislang gegründet hat, umzustoßen. Sie wollen das Christentum abschaffen, um es durch eine neue Religion zu ersetzen. Kein Gebiet des öffentlichen und privaten Lebens bleibt frei von ihrem Zugriff: das Recht, die Kunst, die Wissenschaft, die Erziehung, die Familie eben sowenig wie die politischen Einrichtungen." Und wenn Ihr es nicht heraus bekommt, fragt Euch einfach, ob es nicht mehr oder weniger auf alle von Dikigoros genannten Alternativen zutrifft. Exkurs Ende.

* * * * *

Nach all den Blamagen mit den eigenen Keksperten und Dienststellen fanden die Deutschen, daß es besser wäre, wenn andere, "neutrale" Fachleute das letzte Urteil über die Tagebücher sprachen und dieses auch gleich umfangreich begründeten - wohlgemerkt für den "Normalverbraucher", ohne Anspruch auf "wissenschaftliche" Exaktheit, die man hätte nachprüfen können. Die Wahl fiel auf einen englischen Hobby-Historiker namens Robert Harris, dem die Fakten auf dem Silbertablett serviert wurden, und der das Ergebnis seiner Recherchen alsbald in Buchform vorlegte: "Selling Hitler" wurde gleich ins Deutsche übersetzt (unter dem Titel "Hitler zu verkaufen"), und ein paar Jahre später auch verfilmt. (Die deutsche Version dieses Films lief aber nur ein einziges Mal im Nachtprogramm der ARD; im Hinterkopf des breiten Publikums blieb es bei der Sicht der Dinge, wie sie in "Schtonk" dargestellt wird.)

[Selling Hitler - das Buch] [Selling Hitler - der Film]

Darf Dikigoros, bevor er sich dem Inhalt von "Selling Hitler" zuwendet, dem geneigten Leser kurz den schillernden (um nicht zu sagen zwielichtigen) Autoren Robert Harris vorstellen? Es war nicht sein erstes Buch; er war zuvor bereits an die Öffentlichkeit getreten mit den Romanen "Fatherland" (dts. "Vaterland - wenn Hitler den Krieg gewonnen hätte", ebenfalls verfilmt, ebenfalls nur ein einziges Mal im deutschen Fernsehen gelaufen; daraus stammt übrigens das Zitat in der 2. Zeile: "Stelle keine Fragen, wenn du die Antwort nicht weißt") und Enigma (der angeblichen Geschichte des Rennens um die Radarfalle für U-Boote im 2. Weltkrieg). Beide Bücher erhoben den Anspruch, historisch "genau recherchiert" zu sein. (Harris kommt auf "11 Millionen" vergaste Juden; Dikigoros wartet gespannt darauf, wann die "genau recherchierte" historische Forschung bei 100 Millionen angelangt ist - bestimmt wird er das noch mit erleben!) Den gleichen Anspruch erhob auch "Selling Hitler", und so wurde es denn als offiziöse Darstellung, als letztes Wort in dieser Sache angenommen und hoch gelobt. Bei näherer Betrachtung erweist sich "Selling Hitler" jedoch als oberflächlich, ja schlampig geschrieben, als haltlose Diffamierung der auf der falschen Seite stehenden Personen und als dreiste Verdrehung der Tatsachen. Beginnen wir mit Ordway Hilton aus South Carolina (im Film "Stewart Rosenzweig" aus New York), einem der drei vom Stern heran gezogenen Grafologen, welche die Tagebücher für echt gehalten hatten. Von ihm schreibt Harris, er sei "nicht allzu bekannt gewesen in Sachen Handschriftvergleich". Er muß es ja wissen, oder? Wohl wahr. Allerdings war Hilton seinerzeit der führende amerikanische Schriftsachverständige; sein Buch "Scientific Examination of Questioned Documents" gilt bis heute als das Standardwerk zu diesem Thema - es wird jedoch seit jenen Tagen nicht mehr neu aufgelegt, denn der Autor ist seither verfemt.

Als weiteren Beleg für die Fälschung der Tagebücher zitiert Harris das Schreiben eines "alten SS-Manns" (der freilich nicht mal "Leibstandarte" richtig schreiben kann), wonach vieles ganz anders gewesen sei als im Buch von Domarus und in den Tagebüchern. Das ist in der Tat ein zwingender Beweis, der auch Dikigoros überzeugen muß: Wenn es Dinge gibt, die nachweislich grün waren, und allein Hitler und der Verfasser der Tagebücher sie fälschlich für blau halten, dann muß der letztere das bei ersterem, d.h. bei Domarus abgeschrieben haben, denn es ist ja ausgeschlossen, daß Hitler selber geirrt hatte - Tagebuchschreiber irren nie, auch nicht in Kleinigkeiten. Vor allem zwei Punkte hob Harris hervor: Hitler, pardon Domarus und der Tagebuchschreiber verwechselten bei einer Gelegenheit zwei Berliner Stadtteile und bei einer anderen Gelegenheit ein Geburtstags-Telegramm von bzw. an General a.D. Franz Ritter v. Epp. (Die Möglichkeit, daß es zwei Telegramme gegeben haben könnte, eines an und eines von Epp - etwa als Dank für die Glückwünsche - scheidet natürlich aus.) Weiter behauptet Harris (wie Dietl), daß es Papier und Tinte der Kladden im Dritten Reich noch gar nicht gegeben habe, obwohl diese Behauptung wie gesagt ausweislich des BKA-Gutachtens unzutreffend ist.

Dann waren da noch die beiden anderen Schriftgutacher: Hinter "Kriminalrat a.D. Dr. Hägeli", dem "Neutralen", verbirgt sich Dr. Frei-Sulzer (s.o.), den Harris als "Deutschen" bezeichnet. Aber nicht einmal das hat er richtig recherchiert - richtig ist, daß Frei-Sulzer als der führende schweizer Schriftsachverständige und Kriminologe nach dem Krieg galt. (Dikigoros formuliert das bewußt so, liebe Leser, denn er persönlich hat ihn nie dafür gehalten - aber aus anderen Gründen, die hier nichts zur Sache tun.) Plötzlich fiel einigen Leuten ein, daß der ja auch schon in Sachen "Turiner Grabtuch" eine falsche Diagnose gestellt hatte. (Oder etwa doch eine richtige, wie sich inzwischen heraus gestellt haben soll? Aber das ist eine Glaubensfrage, die Dikigoros hier nicht beantworten will, zumal er sie in diesem Zusammenhang für unerheblich hält.) Frei-Sulzers Ruf wurde gründlich ruiniert - er galt hinfort bestenfalls als alter, verkalkter Trottel (eine Meinung, der sich Dikigoros mit aller Vorsicht anschließen möchte - aber man sollte eigentlich nicht den Stab über einen Menschen brechen, bloß weil er alt geworden ist), schlimmstenfalls als gefährlicher Nazi (ein ausgesprochen lächerlicher Vorwurf). Frei-Sulzer starb bald darauf unter ungeklärten Umständen an "Herzversagen". Der dritte Gutachter (im Film "Professor Siegfried Kessel") war Professor Lothar Michel, Inhaber des einzigen deutschen Lehrstuhls für Schriftvergleich an der Universität Mannheim. [Der Lehrstuhl wurde inzwischen abgeschafft.] Er war zweifellos der führende Mann auf diesem Gebiet. Ihn als "alten Nazi" zu verunglimpfen, wie es Dietl und Konsorten getan haben, ist eine Frechheit. Aber es ist halt so in der Bananen-, pardon Bundesrepublik Deutschland, daß man sich dagegen nicht einmal zur Wehr setzen kann, ohne noch mehr herunter gemacht zu werden. Lothar Michel war, als ihn Dikigoros kurz nach der Affäre zum letzten Mal traf, bereits ein gebrochener Mann, wissenschaftlich so gut wie tot; er deutete nur kurz an, daß man ihn "hereingelegt" habe. [Inzwischen ist er - 1996 - auch fysisch verstorben, und fünf Jahre später ist ihm seine alte Freundin Ria Paul-Mengelberg, über die Dikigoros ihn kennen gelernt hatte, gefolgt.]

Das tatsächliche Vorbild für die Geschichte mit dem gefälschten Vergleichs-Material stammt aus dem Jahre 1960 von einem Prozeß um die angeblichen Tagebücher der Anne Frank. Da deren Vater nicht nur die "Korrekturen" am "Original" mit einer Kugelschreibermine vorgenommen hatte, die es erst seit 1951 gab - das war unstreitig -, sondern besagtes "Original" auch in derselben Handschrift geschrieben war wie diese "Korrekturen", kam die vom Gericht beauftragte Grafologin Minna Becker, Hamburg, zu dem unumstößlichen Urteil, daß... nein, nicht etwa daß auch das "Original" vom Vater stammte, mithin eine Fälschung sein mußte, wie es der Spiegel zart anzudeuten wagte (freilich erst 20 Jahre später) und wie es sich auch aus dem Vergleich von "Original und Korrekturen" mit der echten Handschriftprobe Anne Franks, die Dikigoros oben verlinkt hat, zweifelsfrei ergibt, sondern daß die Korrekturen ebenfalls von Anne Frank stammten, diese also 1951 noch gelebt haben muß! (Wie war das im Film? In der vorletzten Szene sagt Willié zu Dr. Wieland: "Wenn aber die Tagebücher von Hitler geschrieben sind - und dafür haben wir drei unumstößliche Gutachten -, dann beweist das doch, daß Adolf Hitler noch lebt; und den werde ich jetzt suchen gehen!" Warum nicht - schließlich hatte Heidemann schon den mysteriösen Roman-Autoren B. Traven in Mexiko aufgespürt, eine journalistische Meisterleistung allerersten Ranges, die freilich inzwischen aus den Annalen der Geschichte gestrichen wurde; offiziell fand die Enttarnung jetzt 20 Jahre später durch irgendwelche politisch-korrekten Schreiberlinge statt :-) Und Ihr werdet es nicht glauben, liebe Leser, oder vielmehr doch, denn Ihr wißt ja wie das ist mit der staatlich verordneten "Wahrheit": Das Gericht verurteilte einen unschuldigen 76-jährigen Rentner wegen des Verbrechens der Leugnung der Echtheit der Anne-Frank-Tagebücher zu einer hohen Gefängnisstrafe. So war das damals...

* * * * *

Tja, und da sollte der arme Gerd Heidemann - der das natürlich auch alles erfuhr - nicht zu dem Schluß gelangen: "Selbst wenn die Tagebücher echt gewesen wären, hätten sie nicht echt sein dürfen, das stand von Anfang an fest!"? Aber das hätte er besser nicht laut gesagt - schon gar nicht vor Gericht (aber das hatten wir ja schon): Er wurde zu einer zwei Monate längeren Freiheitsstrafe (4 Jahre 8 Monate) verknackt als der geständige Fälscher Kujau, unter eklatanter Verletzung des "in dubio pro reo [im Zweifel für den Angeklagten]". Warum? Dikigoros weiß es nicht; auch er rätselt noch immer, warum die Tagebücher denn nicht echt sein durften. Aber er kennt den Inhalt der restlichen Kladden nicht - vielleicht steht da ja tatsächlich so viel Brisantes drin, daß es "volkspädagogisch" besser ist, wenn es (egal, wer der Urheber ist) tot geschwiegen wird. Ebenfalls tot geschwiegen wurde Heidemanns Sicht der Dinge, die Peter-Ferdinand Koch 1990 unter dem Titel "Der Fund. Gerd Heidemann und die Hitler-Tagebücher" veröffentlichte. [Koch - ein durch und durch seriöser Mann, der so gar nichts mit dem etwas minder bemittelten Chef-Redakteur "Kurt Glück" im Film gemeinsam hat - hat sich auch mit anderen Büchern nicht eben beliebt gemacht beim Polit-Establishment der BRDDR, weder mit "Die Tagebücher des Doktor Joseph Goebbels" noch mit "Das Schalck-Imperium lebt" und erst recht nicht mit "BRD contra BRD. Die feindlichen Brüder", das sogar auf Antrag eines der vielen darin entlarvten Politverbrecher verboten wurde - vom Landgericht Hamburg, und zwar von den selben Richtern, die wenig später urteilen sollten, daß jemand, der auf seiner Webseite externe Links setzt, für deren Inhalt für alle Zeiten verantwortlich ist.] Dabei ist diese Darstellung wahrscheinlich von allen die ehrlichste bzw. die am wenigsten verlogene (was nicht heißen muß, daß es auch die zutreffendste ist - Heidemann hatte sich ja selber herein legen lassen, von wem auch immer). Dikigoros nimmt jedenfalls Heidemann drei Dinge ab: 1. Kujau hatte ihm die Tagebücher nicht als Fälschung, sondern als "echt" verkauft, und er glaubte an ihre Echtheit. 2. Heidemann hat den größten Teil der Stern-Gelder (abzüglich des ihm zustehenden Honorars) an Kujau weiter gegeben, also keine Unterschlagung begangen. 3. Die Tagebücher können nicht von Kujau alleine gefertigt worden sein. Die beiden ersten Punkte sind mehr eine Glaubenssache, der dritte nicht, sondern eine Frage des Wissens; deshalb muß Dikigoros dazu etwas mehr schreiben.

Jeder Schriftsachverständige sieht sofort, daß die "Varianz" innerhalb der Tagebücher (das ist die Unterschiedlichkeit des Schriftbildes, die sich im Laufe des Lebens beim selben Schreiber ergibt, im Gegensatz zur Unterschiedlichkeit, die durch verschiedene Urheber hervorgerufen wird), d.h. zwischen den einzelnen Bänden, so groß, die altersbedingte "Entwicklung" der Schrift so ausgeprägt ist, daß sie ein einzelner Fälscher in einem so kurzen Zeitraum wie Kujau ihn "gestanden" hat, unmöglich geschaffen haben kann. Das ist einfach so, und schon das allein wischt alle schönen Thesen à la Kujau als Einzeltäter zwingend vom Tisch. [Kujau hat auch in anderen Punkten nachweislich gelogen: Er hat behauptet, das fehlende Fraktur-"A" durch ein "F" ersetzt zu haben - das, wie wir gesehen haben, durchaus ein "A" war -; er hat ferner behauptet, er habe alte DDR-Schulkladden benutzt - in Wahrheit handelte es sich unstreitig um Papier, das vor Gründung der DDR hergestellt wurde; und last not least hat er behauptet, er habe die Tagebücher nicht bei Domarus abgeschrieben, sondern aus dem Wehrmachtsbericht - das ist völliger Blödsinn. All das beweist, daß sein Geständnis falsch war - aber welcher Staatsanwalt und welcher Richter würde sich schon die Arbeit machen, ein falsches Geständnis in Frage zu stellen, zumal wenn ein solches Hinterfragen politisch unerwünscht ist und er noch befördert werden will?]

Wenn die Tagebücher eine Fälschung sind - und davon geht die herrschende Meinung ja bis heute aus -, dann muß es sich um eine über Jahre hinweg angelegte geniale Arbeit handeln, die ein einzelner niemals hätte leisten könnten. Wieder stellt sich die Frage: Warum wird das der Öffentlichkeit verschwiegen? Warum werden die Tagebücher bis heute unter Verschluß gehalten (wenn sie nicht schon heimlich vernichtet worden sind)? Will man etwa verhindern, daß der wahre Urheber ermittelt wird? Warum gilt allein das Ansinnen, einen Blick auf ihr Inneres zu werfen, bis heute als "Gedanken-Verbrechen"? Sollten (und sollen) die wahren Hintermänner gedeckt werden? Wo sitzen bzw. saßen sie? Bei der Stasi, die ja auch die Akte Lübke gefälscht hatte? (Aber spricht nicht gerade der Umstand, daß diese Fälschung nach dem Ende der DDR heraus kam, dagegen? Hätte dann nicht auch die Kujau-Fälschung heraus kommen müssen?) Oder beim KGB? Wer hätte ein größeres Interesse als die Sowjets daran haben können, zu beweisen, daß z.B. der England-Flug des (1983 noch in Spandau einsitzenden) Rudolf Hess 1941 mit Hitlers Billigung erfolgte, daß dieser mit Hilfe britischer Oppositioneller England zum Bündnis gegen Stalin bewegen wollte? War das nicht die Grundlage für Hess' Verurteilung wegen "Vorbereitung eines Angriffskrieges" in Nürnberg gewesen, und schien das diese Verurteilung (und seine als "Selbstmord" getarnte Ermordung ein paar Jahre später) nicht im Nachhinein zu rechtfertigen? Und war das der Grund, weshalb für den Westen - der ja geschlossen die gegenteilige Ansicht vertritt - der Inhalt der "Hitler-Tagebücher" falsch sein mußte und Kujau ihr (alleiniger) Verfasser? Mußte deshalb Heidemann ins Gefängnis und Hess in Spandau als "Martyrer" sterben? Halt - hat Dikigoros nicht weiter oben geschrieben, man dürfe nicht immer nach dem "cui bono" fragen? Ja, hat er - aber das bezog sich auf die historischen Ereignisse, deren Urheber nach seiner Überzeugung nur selten auch ihre Haupt-Nutznießer sind. Hier geht es jedoch um deren (Fehl-)Interpretationen, und bei denen kann man zumindest als gesichert annehmen, daß ihre Urheber auf ihren Nutzen abzielen. (Ob mit Erfolg oder nicht, hängt nicht zuletzt davon ab, ob sich Leute wie Dikigoros und seine Leser davon täuschen lassen oder nicht.) Kujau - der sicher nicht der historischen Wahrheit, sondern allein seinem Nutzen verpflichtet war - hat sein Geheimnis anno 2000 mit ins Grab genommen, und so werden wir es vielleicht nie erfahren. Das ist der eigentliche Skandal und die eigentlich Blamage um die "Hitler-Tagebücher"; und wenn man um diese Hintergründe weiß, dann bleibt einem das Lachen über die gut gemachte Film-Komödie ("Schtonk" wurde ein Riesen-Erfolg, lief erst Monate lang im Kino, dann auch mehrmals auf allen Fernseh-Kanälen) im Halse stecken, und man begreift die (sicher ungewollte) tiefere Bedeutung des Titels - die auch für die meisten anderen der in "Die [un]schöne Welt der Illusionen" vorgestellten Filme uneingeschränkt gilt: Kotze Schtonk!

[Kujau gestorben] [Erich Hilgenfeldt]

Nachtrag - colorandi causa. Da Dikigoros gerade ein Foto des echten Konrad Kujau abgebildet hat, will er auch noch kurz der Frage nachgehen, wem Uwe Ochsenknecht denn tatsächlich ähnlich gesehen hätte aus der Zeit des "Dritten Reichs". Eine solche Person gibt bzw. gab es zwar - Ihr seht sie oben rechts abgebildet -, aber es ist äußerst unwahrscheinlich, daß über sie jemals ein Film gedreht wird, das war nämlich ein ganz böser Nazi-Verbrecher: Erich Hilgenfeldt, der oberste Chef so abscheulicher Einrichtungen wie des Ernährungshilfswerks, des Hilfswerks Mutter und Kind, des Tuberkulosehilfswerks, des Winterhilfswerks und der Kinderlandverschickung - die allesamt 1945 von den alliierten BesatzernBefreiern (so mußte man sie zwar 1983, als der STERN die vermeintlichen Hitler-Tagebücher veröffentlichte, noch nicht nennen, wohl aber als der Film Schtonk in die Kinos kam - der Lügenbaron v. Weizsäcker hatte das 1985 so verordnet) als "Kriminelle Vereinigungen" aufgelöst und verboten wurden. (Das "Müttergenesungswerk" durfte später nur unter der ausdrücklichen Bedingung gegründet werden, daß es offiziell nie ein Vorbild, geschweige denn einen Vorläufer zur "Nazi"-Zeit gehabt hatte.) Und das völlig zu Recht, denn sie sabotierten ja die Kriegsanstrengungen der edlen Alliierten, deren vornehmster Zweck nicht der Kampf gegen Hitler, sondern gegen das deutsche Volk war, das sie ausrotten wollten - Luftangriffe durften sich vom ersten Kriegstag an nicht gegen militärische Ziele in Deutschland richten (man fürchtete die Luftabwehr!), sondern nur gegen zivile Ziele, also vor allem Frauen und Kinder. (Bei den doofen Nazi-Deutschen war es - zumindest im ersten Kriegsjahr - genau umgekehrt.) Er wurde wahrscheinlich 1945 von irgend einem alliierten BesatzungsknülchBefreier ermordetvon seinem Leben befreit; da es aber partout nichts gab, was man diesem Mann hätte anhängen können, um das zu "rechtfertigen" (weshalb er sich auch für einen Schauprozeß in Nürnberg denkbar schlecht geeignet hätte) wurde als offizielle Version "Selbstmord" verbreitet - 1957 wurde er offiziell für tot erklärt. Nachtrag Ende.

* * * * *

Noch ein Nachtrag. Die Merkwürdigkeiten in diesem Fall wollen einfach nicht abreißen. Rund zwei Jahrzehnte später, pünktlich zu Führers 113. Geburtstag, am 20. April 2002, meldete sich aus London Gitta Sereny zu Wort, eine verbitterte alte Ungarin mosaïschen Glaubens, Todfeindin des in "Schtonk" so peinlichst verschwiegenen David Irving, und tischte ihre Version der Geschichte auf, an der sie angeblich Jahre lang recherchiert hatte, und die Dikigoros zunächst als Bestätigung seiner eigenen Ergebnisse mißverstand: Nicht "der kriminelle Clown Konrad Kujau" habe den Betrug eingefädelt - der sei lediglich ausführendes Organ gewesen -, sondern ein geheimnisvoller "Mr. X" (der auch die alten Kladden besorgt haben soll - inzwischen stand ja fest, daß das Papier entgegen zunächst verbreiteter Gerüchte nicht erst nach, sondern schon vor 1945 produziert wurde); und "der naïve Gerd Heidemann" sei kein Täter, sondern selber Opfer gewesen. So weit so gut. Aber wenn man weiter liest, wird das ganze doch ziemlich abenteuerlich: Hitler soll doch Tagebuch geschrieben haben, jede Nacht, stundenlang, bis vier oder fünf Uhr morgens. Dieses Tagebuch habe "Mr. X" in sechs Teile geteilt und von Kujau noch etwas "aufpeppen", neu einbinden und versiegeln lassen, um den Fund etwas zu strecken. Kujau sei dann auf den Geschmack gekommen und habe noch 62 weitere Bände auf eigene Faust (und Rechnung) hinzu geschrieben. Der weder bei Kujau noch bei Heidemann aufgefundene Teil des STERN-Honorars sei wohl bei "Mr. X" gelandet, der wiederum Kontakt zu Martin Bormann (Hitlers Chefsekretär a.D.) gehabt habe; der und seine Hintermänner lachten sich jetzt ins Fäustchen. Schuld daran sei nicht zuletzt der Film "Schtonk", der die Leute auf eine falsche Fährte gelenkt habe. So so. Ganze zwei Wochen blieb dieser Aufsatz im Internet, dann verschwand er wieder (außer bei Dikigoros, der rechtzeitig eine Kopie gezogen und ins Netz gestellt hat :-)

Aber damit nicht genug, tauchte bald darauf eine neue Webseite auf, ein "Interview" mit Gitta Sereny, in dem sie das große Geheimnis um "Mr. X" lüftete: Er hatte sich wie die Hitler-Tagebücher vervielfacht, zu einem Quartett "alter Nazis", allen voran General a.D. Wilhelm Mohnke ("aus einer alten Offiziers-Familie, er war ein Herr" [selbst das war schlampig recherchiert: Mohnkes Vater war Kunsttischler, und er selber war nicht General a.D., sondern SS-Brigadeführer a.D., Anm. Dikigoros] und SS-Mann a.D. Klapper ("er war ein Schuft"); die Namen der beiden anderen hat auch sie nicht heraus gefunden. Diese vier, so Sereny, wollten ursprünglich gar kein Geschäft mit den Hitler-Tagebüchern machen, sondern nur beweisen, daß Hitler doch eigentlich ein netter Mensch war, der gar keinen Krieg wollte und vom "Holocaust" nichts wußte. [Da Dikigoros oben auch Goebbels' Tagebücher erwähnt hat, will er seinen Lesern nicht verschweigen, daß neuerdings auch über diese in just dem selben Zusammenhang erbittert gestritten wird: Die Behauptungen reichen von "aus den Tagebüchern ergibt sich, daß auch Goebbels nichts vom Holocaust wußte" bis "David Irving hat in dem von ihm herausgegebenen Band der Tagebücher von 1938 die Passagen über die 'Reichskristallnacht' verfälscht". Keine dieser beiden Auffassungen vermag Dikigoros zu überzeugen; aber er will das an dieser Stelle nur anmerken, nicht weiter kommentieren.] Wenn das tatsächlich der Inhalt der Hitler-Tagebücher ist - mit oder ohne Ausschmückungen Kujaus und seiner Hintermänner -, dann ist es durchaus verständlich, wenn die amtlichen Gutmenschen nicht wollen, daß das an die Öffentlichkeit gelangt. Dabei dürfte zumindest der erste Punkt längst kein Geheimnis mehr sein: Hitler wollte wirklich keinen neuen Weltkrieg - er glaubte, seine außenpolitischen Erfolge allein mit Bluff und Erpressung erringen zu können und war ganz niedergeschlagen (oder, wie man heute auf Neu-Deutsch sagt: "down" :-) als ihm Frankreich und vor allem sein geliebtes England dann doch den Krieg erklärten, auf den Deutschland nicht annähernd hinreichend vorbereitet war (aber das ist eine andere Geschichte). Er hatte doch nur mal kurz der von den Polen verfolgten volksdeutschen Minderheit zu Hilfe eilen wollen!

Und der zweite Punkt? Sereny hat ihr jüngstes Buch "Das deutsche Trauma" genannt. Es ist wohl eher ein jüdisches Trauma - die Angst, eines Tages feststellen zu müssen, daß Hitler persönlich vielleicht weniger zum "Holocaust" beigetragen hat als andere, die man versäumt hat, rechtzeitig zu Buhmännern aufzubauen. Es fällt auf, daß in Serenys ersterem, so schnell wieder gelöschten Beitrag vom 20. April 2002 noch genau stand, worin denn das bösartige Leugnen von Hitlers Wissen um den "Holocaust" bestand: Auf 12 Seiten (und ausgerechnet die waren dem Bundesarchiv vorgelegt worden!) stand, was der Hitler der Tagebücher sich unter "Endlösung" vorstellte: nicht die Ausrottung der europäischen Juden, sondern "nur" ihre Deportation nach Sibirien. "Eine Möglichkeit, die damals tatsächlich erwogen wurde", kommentierte Sereny - nanu, eine Jüdin als "Holocaust"-Leugnerin? Wurde der Beitrag etwa deshalb so schnell wieder vom Netz genommen? Im "Interview" zweieinhalb Wochen später fehlt jedenfalls jegliche diesbezügliche Bemerkung. Wie dem auch sei, letztlich bleibt es eine Glaubensfrage, ob und wieviel Hitler vom "Holocaust" wußte oder nicht wußte; und Dikigoros würde selbst dann nicht alles glauben, wenn er es schwarz oder blau auf weiß in einem oder mehreren nachweislich echten Tagebüchern lesen würde - dafür lügen Tagebuch- und Memoiren-Schreiber erfahrungsgemäß viel zu oft, auch und gerade durch Auslassungen. Auch nach Lektüre der beiden Beiträge von Gitta Sereny bleibt es also dabei: Irgendetwas an dieser Sache stinkt zum Himmel - Kotze Schtonk!

* * * * *

Und noch ein Nachtrag. Auch die schönsten Märchen müssen einmal enden. Das Märchen von den Initialen "FH" wurde zum letzten Mal im Jahre 2003 erzählt: Im April in einer NDR-Reportage von Volker Präkelt unter dem Titel "Der größte Schwindel aller Zeiten" und einem n-tv-Beitrag von Claus-Peter Tiemann unter dem Titel "Es war einmal vor 20 Jahren" (fürwahr ein passender Titel für ein Märchen! :-). Ein Jahr später (die Zahl der Zugriffe auf diese Seite - damals die meist gelesene von Dikigoros' Filmseiten - hatte inzwischen die 14.000 überschritten), als der NDR die Präkelt-Reportage pünktlich zu Führers 115. Geburtstag, am 20.04.2004, wiederholte, waren die Behauptungen über die angeblichen Initialen "FH" stillschweigend heraus geschnitten - nicht etwa korrigiert - worden. Nun vertritt, soweit ersichtlich, nur noch Manfred Riebe, ein selbst ernannter Keksperte für "gotische oder deutsche Schrift (Sütterlin, Fraktur)" (wenn er wirklich Ahnung von der Materie hätte, müßte ihm als einem der erstem aufgefallen sein, daß es sich tatsächlich um die Initialen "AH" handelte!) vom "Verein für deutsche Rechtschreibung und Sprachpflege e.V." auf einer "09.06.2003" datierten Webseite öffentlich diesen peinlichen Nonsense - mal sehen, wie lange noch. Dikigoros grüßt alle seine Leser - auch natürlich auch die Zuschauer von NDR und n-tv - mit einem Eishauch der Geschichte.


Anhang I: Mussolini-Tagebücher in London entdeckt! (von Regina Kerner)

Anhang II: Der Fall Sebastian Haffner: Ein etwas anderer Hitler-Tagebuch-Skandal? (von Josef Schmitt)

Anhang III: Holocaust - Protokoll der Hölle (von Volker Ullrich)
Die geheimen Tagebücher von Kasimir Sackowitz endlich entziffert - zweifellos eine Weltsensation!


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