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Eine schlaflose Nacht
von Christian Sewald
Es war in einer lauen Sommernacht.
Alles begann damit, dass sich ein Mann am Abend nach einem anstrengenden Tag
ins Bett legte, um sich einmal richtig auszuschlafen. Kaum lag er aber in seinem Bett und hatte nach einigem Herumwälzen endlich
eine angenehme Position gefunden, hörte er plötzlich das penetrante
"Summ" einer Mücke. Sofort sprang er mit einem Satz wütend aus dem Bett, machte Licht und sich
daran, das Insekt erst zu finden und dann zu erschlagen. Von unzähligen Jagden nach unzähligen Mücken wusste er, dass ein solcher
Störenfried dazu neigt, sich einfach an die Decke oder irgendwo an die
Zimmerwand zu setzen. Dieses Insekt aber nicht!
So stand er neben seinem Bett, suchte Wand und Zimmerdecke konzentriert mit
den Augen ab, fuchtelte dabei mit einer Zeitung wild um sich und stieß dabei
leise, aber derbe Flüche aus. Aber es half nichts, der Plagegeist war einfach nicht zu entdecken.
Nach einiger Zeit, es mochte eine Minute gewesen sein, hörte er endlich mit
seiner sinnlosen Herumfuchtelei auf und legte sich wieder in sein Bett, um
endlich zu schlafen. Er tat das aber nicht, ohne vorher die Zeitung Griffbereit auf den
Nachttisch zu legen und den Lichtschalter der Nachttischlampe, der an einem
Kabel befestigt war, fest in der Hand zu halten. Für alle Fälle natürlich!
Sein Vorhaben war es nämlich, bei einem neuerlichen Anflug einer Mücke
sofort das Licht einzuschalten, gleichzeitig aus dem Bett zu springen, die
Zeitung zu ergreifen und umgehend die Jagd aufzunehmen. Mit diesem genialen Plan bewaffnet legte er sich wieder in sein Bett, um
endlich einschlafen zu können. Es waren damit die idealen Voraussetzungen für eine geruhsame Nacht
geschaffen, denn er war auf eine neuerliche Attacke vorbereitet und es war
angenehm ruhig und Dunkel in seinem Schlafzimmer. Wenn er aber genau hin hörte war es allerdings doch nicht so ruhig, wie es
schien. Und er hörte sehr genau hin.
Eigentlich war er nur damit beschäftigt, genau und hochkonzentriert in die
Nacht zu lauschen und beim kleinsten Geräusch sofort Licht zu machen.
So war an Schlaf natürlich nicht zu denken. Er war erstaunt, welche Geräusche doch des Nachts in einer kleinen Wohnung
zu hören waren, wenn man sich nur fest darauf konzentrierte.
Die weitere Nacht lief dann etwa so ab:
Kehrten unten auf der Strasse die letzten Nachtschwärmer heim, schlug er die
Augen auf und machte Licht. Gab der Kühlschrank ein Geräusch ab, öffnete er die Augen und machte Licht.
Wurde der Tinitus in seinen Ohren stärker, machte er sofort Licht. Er vernahm viele Geräusche, die ihn am Einschlafen hinderten, aber eine
Mücke war nicht darunter.
So durchlebte er hochkonzentriert eine ganze Nacht, irgendwann schlug die
Turmuhr zwei Uhr? er machte Licht. Unzählige Male des Lichtmachens später war es vier Uhr, es wurde langsam
hell und die ersten Vögel waren zu hören? er machte Licht. Das Spiel mit Licht machen und Augen aufschlagen wiederholte sich unzählige
Male, fast im Minutentakt, bis er um sieben Uhr aufstehen musste? Todmüde
und gereizt. Am nächsten Morgen fragte er sich dann, warum er den vermeintlichen
Plagegeist trotz aller Vorsicht nicht zur Strecke bringen konnte und sah,
dass das Fenster die ganze Nacht offen stand. Er kam zum Schluss, dass die Mücke in der Nacht das Zimmer durch das
geöffnete Fenster wieder verlassen und er die ganze Nacht ein Hirngespinst
gejagt hatte.
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© 2002 Christian Sewald
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