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"Die Reise nach Kandahar" von Mohsen Makhmalbaf 

von Sabine Scholz

Ich war lange nicht mehr im Kino gewesen. Hatte fast vergessen, was einen guten Film ausmacht. Ich glaube, die Frage, ob "Die Reise nach Kandahar" ein guter Film ist, darf man nicht stellen. 
Gefallen hat mir der Amerikaner, der sich als Arzt ausgibt, um den Ärmsten zu helfen. Er muss sich einen Bart ankleben, da ihm keiner wächst. Er sagt, dass er auf der Suche nach Gott sei, ihn aber noch nicht gefunden habe. Jeder westliche Durchnittsbürger habe größere medizinische Kenntnisse als ein afghanischer Arzt.
Schön ist auch der Einfall, die weibliche Hauptfigur einen gesprochenen Brief an die vermisste Schwester mit dem Diktaphon aufnehmen zu lassen. Das durchbricht die Szenerie aus "Tausend und einer Nacht" und hält den Zuschauer am Ball. Die Szene, wo die Beinprotesen vom Himmel fallen, ist nicht gelungen. 
Schade, dass der Film plötzlich abbricht und wir nicht sehen, wie die Frau ihre Schwester trifft, die durch eine Mine beide Beine verloren hat. Was sie ihr wohl sagen würde, um ihr wieder Mut zum Leben zu machen? 
Der angekündigte Selbstmord der Schwester am Tag der Sonnenfinsternis hätte mich mehr interessiert als die Feilscherei der Betrüger um die begehrten Protesen: "Jeder sollte einen Vorrat an Protesen haben, denn man weiß ja nie, wann man sie braucht!"
Trotzdem werde ich meine Schüler in den Film schicken. Sie werden danach besser verstehen, was in Afghanistan den Frauen und Kindern angetan wird. Und vor allem werden sie anfangen ihre Schule zu lieben, denn die gezeigte Koranschule ist wirklich der reinste Horror.

Hitler Homo, Hetero oder Asket?

von Sabine Scholz


Das Einzige, was mir Hitler sympathisch macht, ist seine angebliche Homosexualität und die abgöttische Liebe zu seiner Schäferhündin Blondi.
Ich sehe ihn deutlich vor mir, wie er auf der Terrasse seines Anwesens am Obersalzberg der Hündin durchs dichte Fell streichelt, und sie ihm zärtlich die Finger ableckt. Eva Braun hüpft in einem Dirndl um Herrn und Hund herum und strahlt in die Kamera. Ja, ich bin überzeugt, Hitler konnte lieben. Einem Mann mit Hund kann man blind vertrauen. Nach dieser Maxime habe ich immer gelebt und bin gut damit gefahren. Eva Braun war eine liebe junge Frau und liebe Menschen lieben keine Monster. Hitler liebte die Personen ins Grab. Geli, seine Nichte, brachte sich aus Liebe zu ihm um. Und auch Eva und Blondi wird das frühe Grab nicht erspart.
Jetzt aber zu der interessanteren Frage: Konnte Hitler Männer lieben? Hatte er mit Mussolini vielleicht sogar eine atemberaubende Liaison? Meint die "Achse-Berlin-Rom" gar etwas Unanständiges, das die beiden ausgewachsenen Männer miteinander trieben? Eventuell anlässlich von Hitlers Besuch in Venedig im breiten Bett eines ehrwürdigen Palazzos? Hat Mussolini seinetwegen Deutsch gelernt, damit er ihm die Liebesschwüre ohne Dolmetscher ins Ohr flüstern konnte?
Dass bei den Aufmärschen am Reichsparteitag Erotik mit im Spiel war, spürt jeder, der die Aufnahmen sieht. Freude am Betrachten gestählter junger Männerkörper, die sich im Stechschritt fortbewegen und mit keiner Wimper zucken.
Aber Hitler ein Asket, gar eine Jungfrau? Lothar Machtans behauptet es in seinem Buch "Hitlers Geheimnis". Hat ihn die Triebentsagung sexuell so aufgeladen, dass er sich in einem Weltkrieg entladen musste? Ich will es nicht hoffen, obwohl unterdrückte Triebe ganz schön nerven können.
Hätte man den Zweiten Weltkrieg vermeiden können, wenn Hitler öfter einen Orgasmus gehabt hätte? Ob mit Mann oder Frau, tut nichts zur Sache. Ja, ich glaube schon, dass man den Zweiten Weltkrieg mit mehr Sex hätte vermeiden können. Eine traurige Diagnose angesichts der Fakten. 50 Millionen Tote.
Da bleibt eine Frage offen: Wie steht es mit Bush? Hat er auch genügend Sex mit seiner Frau? Kann eine Frau das allein schaffen, ich meine, kann eine Frau allein so viele Bomben neutralisieren?

Allerheiligen

von Sabine Scholz

wer kümmert sich um verwahrloste Kinder in Afghanistan?
wer heilt Kranke?
wer hat die Gabe der Weissagung?
wer erweckt die Toten?

nach langer Wanderschaft
leben Georg von Pfronten-Kreuzegg, 
Ulrich von Adelberg,
Eberhard von Einsiedeln,
Magdalena Gabriela von Canossa
als Einsiedler
hoch geachtet und vergessen

Der Heilige Vater spielt die chinesische Karte
Nichts ist heiliger als die Waffen
Der heilige Stuhl begeht einen 100 Millionen Raub
Die Sporen brennen
Die Erde bebt
Der Mars betet

 

Das Ende Bin Ladens

von Sabine Scholz

Ali Baba, ein armer Afghane, hielt sich im Wald auf, um Holz zu fällen. Als er seinen Esel damit beladen hatte, sah er auf einmal in der Ferne eine gewaltige Staubwolke aufsteigen, die sich dem Orte näherte, wo er war. Er erkannte bald, dass es eine zahlreiche Reiterschar war, die raschen Schrittes herankam. 
Obgleich man in der Gegend nichts von Talibanen sprach, so kam Ali Baba doch auf den Gedanken, diese Reiter könnten dergleichen sein, und beschloss daher, seinen Esel seinem Schicksale zu überlassen und nur seine eigene Person zu retten. Er stieg also auf einen Baum, dessen Äste  außerordentlich dicht belaubt waren, und nahm darauf seinen Posten ein, als er von da aus alles sehen konnte, was unten vorging, ohne selbst gesehen zu werden. 
Die Reiter stiegen an dem Felsen ab, und Ali Baba, der ihrer vierzig zählte, konnte nach ihren Gesichtern und ihrem ganzen Anzuge nicht mehr zweifeln, daß es Talibane seien. Jeder hatte eine große Reisetasche bei sich. Die meisten derselben schienen Ali Baba so schwer, dass er schloss, sie müssten voll Gold und Silber sein. 
Der stattlichste der Talibane sprach die Worte: "Sesam, öffne dich!" so laut und deutlich, dass Ali Baba sie hörte. Kaum hatte der Taliban diese Worte ausgesprochen, so öffnete sich eine Tür, durch die er alle seine Leute vor sich her eintreten ließ; er selbst ging zuletzt hinein und die Türe schloss sich wieder. 
Die Talibane blieben lange in dem Felsen.
Endlich öffnete sich die Türe wieder, die vierzig Talibane traten heraus und jeder kehrte zu seinem Pferd zurück und schwang sich wieder hinauf. Dann verschwanden sie.
Ali Baba stieg sogleich vom Baume herab. Er hatte die Worte, kraft deren der Taliban die Türe geöffnet hatte, wohl in seinem Gedächtnisse behalten, so wandelte ihn die Lust an, einen Versuch zu machen, ob sie vielleicht dieselbe Wirkung haben würden, wenn er die Worte: "Sesam, öffne dich!" ausspräche und siehe da. Im selben Augenblick sprang die Tür auf. Er drang selber dort ein und fand dort zu seinem großen Schrecken Osama Bin Laden, der inmitten riesiger Goldschätze thronte und mit dem Zählen der Münzen so beschäftigt war, dass er den Eindringling nicht bemerkte. Ali Baba gelang es, die Höhle unbeschadet wieder zu verlassen. 
Doch Ali Babas Freunde merkten an seinem seltsamen Verhalten, dass er ihnen etwas verheimlichte. Von Neugier getrieben redeten sie so lange auf ihn ein, bis sie ihm sein Geheimnis entlockten. Anschließend zogen sie mit zehn Maultieren zu der Grotte und sagten den Zauberspruch "Sesam tu dich auf"!" Da öffnete sich sofort der Berg und sie drangen ein. Als sie auf Bin Laden stießen, der ganz allein dort weilte, rissen sie ihn in Stücke. Als er tot war, beluden sie die Maultiere mit den Schätzen und wollten die Höhle wieder verlassen. Doch das Zauberwort war ihrem Gedächtnis entfallen. Vergeblich riefen sie "Semsi öffne dich!" Sie waren in Bin Ladens Höhle gefangen. Als spät Nachts die Talibane zurückkehrten, töteten sie die Eindringlinge und entdeckten den Leichnam Bin Ladens. Ihre kluge Sklavin Mardschâne, welche die größten Schwierigkeiten zu überwinden wusste, riet ihnen einen Flickschuster zu holen, den sie mit verbundenen Augen in die Höhle führten.  Die weise Mardschâne sagte ihnen, sie müssten jetzt darauf denken, Bin Laden so zu beerdigen, als ob er eines natürlichen Todes gestorben wäre. Der Flickschuster nähte die Stücke des Toten wieder zusammen und entfernte so den Verdacht eines gewaltsamen Endes.
Dann wurde der Imam gerufen und durchdringendes Klagegeschrei erfüllte die afghanische Nacht.



Nur Willy Brandt kann den Westen noch retten

von Sabine Scholz

Grass träumt immer noch von Willy Brandt. Er allein könnte den Westen noch retten, indem er vor Osama Bin Laden auf die Knie fällt. Ich bin sicher, man würde ihn zu ihm vorlassen.
Nur Willy Brandt ist dabei überzeugend. Das kann keiner für ihn erledigen. Höchstens Gandhi, doch der ist auch schon lange tot. Er würde den Afghanen raten zu fasten, anstatt die abgeworfenen Lebensmittelpakete der Amerikaner zu akzeptieren. Die Afghanen sollten versuchen, ihr Leben in dienender Liebe zu opfern. Denn die anderen Sachen, die vom Himmel fallen, sind nicht so begrüßenswert. Für einen Teller Reis bringe dein Leben dar. Die besten Bomben sind die, die nicht geworfen werden. Ohnmacht ist Stärke.
Auch Philosophen melden sich zu Wort. 
Noam Chomsky ist über die dünne Beweislast gegen Osama Bin Laden überrascht, so als hätten die USA jemals aus juristischen Gründen Krieg geführt. Damals, als die Nazis den Krieg schon längst verloren hatten, sahen sie sich dennoch genötigt, Dresden in Schutt und Asche zu legen und darunter hunderttausende von unschuldigen Menschen zu begraben.
Peter Sloterdijk meint sogar: Die Deutschen haben den Terrorismus erfunden. Aber das ist hoffentlich nur ein Witz. Die Hölle das sind nicht die Terroristen.
Friedenspreisträger Jürgen Habermas ist am Samstag auf der Frankfurter Buchmesse wie ein Popstar empfangen worden. 
Ich dachte immer, ein Friedenspreisträger müsse vom Frieden überzeugt sein. Da habe ich mich offensichtlich geirrt, denn Habermas behauptete, dass die US- Regierung "verhältnismäßig vernünftig" reagiert habe. Allerdings seien die Militärschläge gegen Afghanistan wegen der neuen globalen Dimension des Terrorismus aber wenig Erfolg versprechend.
In diesem Zusammenhang fällt mir ein: Warum bombardiert man eigentlich nicht Sizilien, denn die Mafia geht den Italienern schon lange ganz schön an die Nieren? In zwei drei Wochen müsste das Übel doch ausradiert sein. Da ist doch auch die Nato zuständig.
Der Staatsphilosoph erlaubt es sich, nicht zu allem eine Meinung zu haben. Was ein Philosoph nicht bemerkt, existiert nicht. Die Nation hat ausnahmsweise mal Ehrfurcht vor einem Denker (das wird aber nicht lange dauern).
Außerdem ist Krieg kein Inbegriff von Sprachlosigkeit. Waffen sprechen, sie sprechen deutlicher als viele Politiker. Seinen philosophischen Segen hätte er Heidegger erteilen sollen und nicht der Nato. Heidegger hätte ihn verdient.

Das amerikanische Inferno

Oriana Fallaci: Wut und Stolz

America ist ein Land, das man beneiden muss, da es aus dem Seelenbedürfnis eine Heimat zu haben, entstanden ist. 
Benjamin Franklin, Thomas Jefferson und George Washington waren äußerst gebildete Männer, anders als die hysterischen Scharfrichter der Französischen Revolution. Mit diesen Leadern machten die Amerikaner 1776 den Unabhängigkeitskrieg, die Amerikanische Revolution. Nicht mit der Guillotine, sondern mit dem Bedürfnis der Seele nach Freiheit und Gleichheit. Die Unabhängigkeitserklärung lautete: "Alle Menschen sind gleich. Alle haben die gleichen Rechte. Zu diesen Rechten gehört das Recht auf Leben, auf Freiheit und das Recht nach Glück zu streben."
Das ist der Lebenssaft dieser Nation.
Der Kommunismus dagegen tat genau das Gegenteil, indem er dem Volk verbot zu rebellieren, zu regieren, sich zu bereichern. 
Seine Majestät der Staat trat an die Stelle der Könige. Der Kommunismus ist ein monarchistisches Regime und als solches kastriert es die Menschen.

Interview mit Giangiacomo Feltrinelli 

von Sabine Scholz

JOURNALIST: Herr Feltrinelli, Sie sind der Herausgeber der linksextremen Zeitschrift PARADIGMA. Wie sehen sie die Aufgabe ihrer Zeitschrift in dieser heiklen politischen Situation?

Feltrinelli: Es wäre absurd, wenn man die Revolution durch eine einzige, entscheidende Aktion herbeiführen wollte. Unser Kampf gegen das kapitalistische System muß jeden Tag stattfinden. Jeder Artikel, den wir schreiben, dient diesem Ziel. Wir wollen die Leute zum Nachdenken bringen. Sie sollen aufhören, passiv und resigniert das zu akzeptieren, was sie kaputt macht. PARADIGMA kämpft gegen das System der Unterdrückung am Arbeitsplatz, in der Politik, in der Industrie, aber auch im privaten Bereich. Wir zeigen auf, daß es immer eine Möglichkeit gibt, dem System zu entfliehen. Man muß es nur wollen.

JOURNALIST: Wie tragen sie persönlich zur Veränderung bei?

Feltrinelli: Ich versuche möglichst viele Menschen zu mobilisieren, an den Universitäten, in den Fabriken, in den Schulen, auf den Straßen. In den letzten Jahren habe ich bereits 50 Protestgruppen gegründet. 

JOURNALIST: 50 Protestgruppen, das scheint nicht sehr viel zu sein. Kommen Ihnen ihre Ideen nicht manchmal utopisch vor, wenn sie sehen, wie wenig Erfolg sie dabei haben?

Feltrinelli. Ich glaube nicht an Utopien! Ich bin mir voll bewußt, daß ich die Leute nicht von einem Tag auf den anderen ändern kann. Das ist ein langsamer Prozeß. Da muß man viel Geduld haben, und die habe ich. Wir müssen die Politik ins Leben einbeziehen! Vor allem an den Universitäten, wo die nächste Generation von Managern ausgebildet wird. Deswegen halte ich jede Woche ein Meeting an den wichtigen Universitäten des Landes. Ich spreche die Studenten persönlich an und versuche sie zu überzeugen, an dem Meeting teilzunehmen. Je mehr kommen, desto früher siegt die Revolution! Wir brauchen eine kritische Universität und keine feigen Jasager wie bisher!

JOURNALIST: Aber besteht da nicht die Gefahr, daß ihr Kampf nur die Intellektuellen mobilisiert?

Feltrinelli: Nein, auch die Arbeiter müssen es lernen, den Mund aufzumachen und für ihre eigenen Interessen zu kämpfen. Ich glaube, jetzt ist der Moment gekommen, endlich spontan Widerstand gegen dieses korrupte System zu leisten!

JOURNALIST, ironisch: Also, was für einen Ratschlag geben Sie konkret unseren Zuschauern, die unser Programm zu Hause verfolgen. Sollen sie etwa das Parlament besetzen?

Feltrinelli, direkt in die Kamera: Leute, auch wenn ihr schon im Bett seid, steht auf, zieht euch an und geht ins Kino! Schaut euch das luxuriöse Leben an, von dem ihr ausgeschlossen seid! Die teuren Autos auf der Straße, von denen ihr nur träumen könnt. Nehmt faule Eier und Tomaten und werft sie auf die Schauspieler, die angeblich euer Leben darstellen, werft sie auf die Luxusautos und ihre Besitzer! Sie haben das verdient! Reißt die Werbeplakate von den Wänden und beginnt auf diese Weise eure ganz persönliche Revolution!
Das Publikum im Studio beginnt zu protestieren. Es ertönen Buhrufe. Feltrinelli läßt sich davon nicht beeindrucken, während der Journalist nervös wird.

JOURNALIST, zum Publikum: Meine Damen und Herren, beruhigen sie sich doch! (zu Feltrinelli) Herr Feltrinelli, dieser Appell ist sehr gefährlich. Haben sie eigentlich keine Angst? Sind sie schon bedroht worden?

Feltrinelli: Ich habe keine Angst vor Attentaten. Dennoch muß ich ihnen recht geben, daß ich das Ziel eines Fanatikers werden könnte, oder auch einer Verschwörung. Aber.....dieses Risiko gehört zum Spiel. Alles hat seinen Preis. Ich glaube ich kann mich voll auf meine Fäuste verlassen.
Feltrinelli erhebt die Faust und droht damit lachend in die Kamera. Wieder ertönen Protestrufe.

Feltrinelli: Ich bin durchaus in der Lage, mich zu verteidigen.

JOURNALIST: Herr Feltrinelli, ich danke Ihnen für ihre Klarheit. Auf Wiedersehen, meine Damen und Herren bis nächste Woche um die gleiche Zeit.

 

Das Testament 

mit neuem Schluss von Roman


Sie war mir nie besonders aufgefallen. Ich glaube, sie arbeitete im Krankenhaus. Nie ging sie ohne Kopftuch aus. Kein männliches Wesen sollte ihr Haar sehen. Ich wusste nicht einmal ihren Namen. Ihr Gesicht strahlte Ausgeglichenheit und Traurigkeit aus. 
Einmal, kurz nachdem sie mit ihrem Mann eingezogen war, bat sie mich um Hilfe, da sie sich ausgesperrt hatte und nicht wusste, wie sie wieder in die Wohnung kommen sollte. Damals sprach sie sehr gebrochen Deutsch. Es klang aber sehr schön, wenn sie meine Sprache sprach, viel schöner als wenn Deutsche sprachen. In ihrem Mund bekam meine Sprache etwas Spielerisches, so als würde sie einem Haufen von Kindern ein Märchen erzählen mit allerlei wunderlichen Dingen.
Freundinnen schien sie nicht zu haben. Ich bekam sie nur zu Gesicht, wenn sie zur Arbeit oder etwas einkaufen ging. 
Dann wurde sie schwanger. Ihr Bauch wuchs von Monat zu Monat. Nun ging sie noch seltener aus. Kurz vor der Niederkunft hatte sie aufgehört zu arbeiten und blieb fast nur noch zu Hause. Niemand besuchte sie.
Als dann das Schreckliche passierte, verbarrikadierte sie sich in der Wohnung. Die Presseleute klingelten ständig bei ihr, doch sie fanden keinen Einlass. Die Frau hatte ihnen nichts zu sagen. 
Als dann zufällig sein Testament auftauchte, hielt die ganze Welt noch einmal den Atem an.
Er konnte beruhigt sein, sie fürchtete den allmächtigen Gott. Sie würde sich nie durch das Leben ablenken lassen. 
Sie würde seinetwegen nie weinen oder schreien. Ja, sie würde sogar nicht einmal bei seiner Beerdigung zugegen sein, da er es nicht wünschte. Frauen sollten sich auch später nicht an seinem Grab einfinden. 
Man legte ihn ins Grab mit dem Gesicht gen Mekka.
Diejenige, die er zurückließ, sollte gottesfürchtig sein und sich nicht von den Dingen, die das Leben bietet, etwas vorgaukeln lassen.
Stattdessen sollte sie zu Gott beten und eine gute Gläubige sein.
Aber sie sollte nicht Abschied nehmen von ihm.
Doch sie nahm Abschied von ihm. Folgte als letzte dem Trauerzug, der nur aus Männern bestand.
Ein paar Wochen später wurde ihr Kind geboren. Als ich ihr half, den Kinderwagen die Treppe hoch zu tragen, lächelte sie mich an. Ihr seidiges Haar glänzte im Sonnenlicht.

...ein paar Jahre später fragte das Kind, während es mit dem Haar der Mutter spielte: "Wer ist mein Vater?"

Sie lächelte, blickte gen Mekka und sagte: "Es hat ihn nie gegeben."

 

Copyright © Oktober 2001 Roman

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Irgendwann 

von Steffi Redecker

Sind da keine enthüllenden Wolken mehr 
Die Stille dröhnt wider im Alltag 
Vielleicht unabänderlicher Zukunft 
Und Ihr müsst nun ruhen im 
Frieden, der keine Ewigkeit sucht 
Und lasst uns lauschen 
Den Bildern getrümmerter Freiheit. 
Ihr singt durch uns Lieder der Zeit, 
Die uns innehalten lässt 
Und uns zeigt, 
Wie wir sonst nie geliebt hätten. 

Copyright © Oktober 2001 Steffi Redecker

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Steckbrief 

von Sabine Scholz

Hinter dem dichten Brautschleier des Todes
Versetzt er die ganze Welt in Angst und Schrecken.
Ein Knochengesicht ohne Seele.
Verbirgt die tiefe Nacht einen lächelnden Morgen?
Paradoxerweise ein freundlicher, sehr gebildeter Mann,
Wie alle bestätigen, die ihn kennen.
Jetzt ist er ein eiskalter Winter.
In ihm sind Tausende erfroren.
Das Ticken der Uhr zerrinnt im Wüstensand.
Es begleitet den erbarmungslosen Jäger.
Lohnt es sich, den Schleier zu lüften?
Steckt hinter ihm vielleicht doch ein zitternder Frühling?

 

Der Countdown läuft ... ab jetzt wird zurückgezählt!

von Karl Reichert

Heute, Donnerstag, den 20. September 2001 in den Abendstunden will Präsident Bush Beweise vorlegen, wer die Attentäter sind. Kann man dem glauben? Wer kann das überprüfen? Dient dies nur der vordergründigen Legitimation gegenüber der Öffentlichkeit? 
Doch viel wichtiger ist, wie der Sicherheitsrat der UN entscheidet. Gibt er jedoch sein OK, erhalten die "Beweise" annähernd Völkerrechtsgültigkeit. 
Doch ich kann mir gut vorstellen, dass die USA, wie schon so oft in ihrer ruhmreichen Vergangenheit, und, infolge des Bestandspaktes, die Nato, also auch die Europäer, auf solche "rechtlichen Spitzfindigkeiten" verzichten werden - ihnen das Völkerrecht und die Meinungen des Sicherheitsrates und die UN-Charta egal sind - sie es bei der trocken Feststellung: "So ist es und damit ist es rechtes", belassen werden.
Das heißt aber auch, das sich die USA und ihre Verbündeten auf die Ebene der Terroristen begeben, selbst zu Terroristen werden!

Die fatalen Wirkungen die eine, auch unausgesprochene, Kriegserklärung in der ganzen Region verursachen würde, ist nicht zu überblicken. Denn die andere Aussage des Mullah-Rates war: Beim Angriff auf Afghanistan werden sie der USA und ihren Verbündeten den Krieg erklären. Das in Pakistan, nach einer Umfrage der letzten Tage, die Hälfte der Bevölkerung im Kriegsfall auf der Seite der Taliban wäre, will ich nur am Rande erwähnen. In den angrenzenden Ländern kann man nur Vermutungen anstellen. 
Sicher ist aber, das ein Eingreifen die ganze Region destabilisieren würde, mit unvorhersehbaren Folgen für die geopolitische Lage weltweit!

Copyright © September 2001 Karl Reichert

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Der Rat des Mullah Omar

von Karl Reichert

Das Gesicht nicht zu verlieren, seine Ehre nicht zu verlieren, gehört wohl zum Fundamentalsten in der orientalischen Männergesellschaft. 
Es musste also ein Modus procedendi gefunden werden. So saßen die religiösen Stammesfürsten Tage lang zusammen, um eine Formulierung zu finden, die der geforderten Auslieferung mit Weisheit und List begegnet. 
Vorab muss man wissen: Das zusammengetretene Gremium hat nur beratende Funktion. Die inneren Strukturen sind so, dass Mullah Omar der uneingeschränkte religiöse und politische Führer ist, eine Entscheidung also schon vorher feststand. 
Das Entscheidende aber ist: Osama Bin Laden ist mit Mullah Omar verwandtschaftlich verbunden, da Mullah Omar die 15-jährige Tochter Bin Ladens zur Frau erwählt hat. Vom Gastrecht, das Bin Laden gewährt wurde, mal ganz abgesehen. 
Mullah Omar konnte also gar nicht anders. Wer beim Volk der Paschtunen zum Stamm, zur Familie gehört, wem also die engsten "Blutsbande" gewährt wurden, den kann man gar nicht ausweisen oder ausliefern. Das wäre so, als wenn man seinen Sohn verstoßen würde. 

Der Ratsspruch: Bin Laden solle doch Afghanistan, aus Sorge um seine Heimat, freiwillig verlassen

 

Copyright © September 2001 Karl Reichert

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Infinite Justice 

von Karl Reichert

Jetzt ist es raus - das Kind hat einen Namen! 
Was geht nur in den Köpfen von Menschen vor? Sind sie pervers? Aber nicht der Mensch ist pervers, sondern die Symbole der Macht, das Militär, weil es das Töten auch noch mit Orden und Lametta belohnt - man denke in dem Zusammenhang auch an das Wort: Kriegsheld. - Zynismus ist Ausdruck der Macht.
Infinite Justice heißt "grenzenlose Gerechtigkeit". Viel deutet aber auf schlechtes Gewissen hin. Warum nennen sie ihren Krieg nicht "schlechtes Gewissen"? Da weiß man Bescheid. Krieg hat doch immer mit schlechtem Gewissen und mit Angst zu tun. 
Ja, und wo sind die großen Entwürfe einer humanen Gesellschaft, wo sind die Vernünftigen, die Vernunft, wo sind die Grundwerte des christlichen Abendlandes? 
Da ist es doch viel einfacher die Konflikte mit der Waffe zu lösen, ganz amerikanisch, wie im Film. Den wir ja dann auch zu sehen bekommen, jeden Tag, jede Minute, jede Sekunde, übertragen von ABC bis ARD - den ganzen Tag lang!

 

Copyright © September 2001 Karl Reichert

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Das parlamentarische Spiel mit gezinkten Karten

von Karl Reichert

Kritische Bemerkungen zur Regierungserklärung des Bundeskanzlers in der Debatte um die Beistandsverpflichtung nach Artikel 5 der Nato-Statuten: 

Die Interpretationsfreudigkeit des Kanzlers hat mich schon erstaunt. Was übrig bleibt sind Mutmaßung und Spekulation. Das Völkerrecht wird zurechtgeschoben!

Die Grundlage seiner Rede ist die UN-Charta, Artikel 51 (Selbstverteidigungsrecht), die Resolution 1368 des UN-Sicherheitsrats vom 12. September 2001 (Terrorismusbeschluss) und der Artikel 5 der Nato-Statuten, auch Beistandspakt, genannt.
Doch keine "seiner" Grundlagen gibt eindeutig Auskunft darüber, was verbindliches Völkerrecht ist! Der Kanzler interpretiert - die Spekulationen blühen!

Wenn sich die USA auf das Selbstverteidigungsrecht beruft, ist die Sache eindeutig: "Es gibt im Völkerrecht kein recht auf "Vergeltung und Rache", selbst wenn das "Naturrecht individueller und kollektiver Selbstverteidigung", wenn ein Angriff mit Waffengewalt gegen ein Mitglied der Vereinten Nationen erfolgt, "möglich ist", wenn es "von einem Staat ausgeht". Und hier soll die Resolution 1368 greifen. Sie verwässert "von einem Staat" und verweist auf die aktuellen Ereignisse, verurteilt aber nur moralisch. Sind damit neue Fakten geschaffen? - Sie tut es nicht, da eine Resolution nicht einfach qua Erklärung zum Völkerrecht wird! Der Sicherheitsrat der UN muss bei einem avisierten Angriff der USA noch mal entscheiden, müsste also die militärische Aktion legitimieren. 
Was aber entscheidend für Deutschland ist: Der Beistandspakt nach Artikel 5 der Nato-Statuten ist noch gar nicht eingetreten. Die USA haben noch um keinen Bestand gebeten! Wenn sich also heute der Bundestag entscheidet, dem Beistandspakt beizutreten, ohne wenn und aber. 

Hieße das dann aber: Der deutschen Regierung einen Persilschein auszustellen, mit allen rechtlichen, militärischen und menschlichen Konsequenzen für die Außen- und Innenpolitik!

Das Abstimmungsergebnis vom 19. September 13:20 Uhr MEZ lautet: Abgebende Stimmen: 611; mit Ja: 570; mit Nein: 39; Enthaltungen: 2;

 

Copyright © September 2001 Karl Reichert

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Massenmord - ich bin dabei!

von Karl Reichert


Denk ich an Mesa (Bundesstaat Arizona) in der Nacht,
man ist doch um den Schlaf gebracht?
Schüsse, ein Schrei - wer war's?
Ich bin dabei!

Ein Amerikaner Frank und Frei: Nimmt seine Waffe, einerlei,
der Turban fällt ins rote Blut - mit Frieden ist's vorbei!
Schüsse, ein Schrei - wer war's?
Ich bin dabei!

Wer sagte noch, vor Stunden schon: "Auf, auf,...
zum Kreuzzug, auf, zum Heiligen Krieg!"
Schüsse, ein Schrei - wer war's?
Ich bin dabei!

Öffnet die Nachtischlade,
die Waffe schoss - wie viele Male?
Schüsse, ein Schrei - wer war war's?
Ich bin dabei!

Dear Mr. President, und dann, ... vielleicht schon bald ... 
schreckt auf im Schlaf, der Wolf, wird doch zum Schaf?
Schüsse, ein Schrei - wer war's?
Ich bin dabei!


In guter Gesellschaft

von Karl Reichert

Dear Mr. President Georg W. Bush!

William Jefferson Clinton ist es...
Ihr Vater, Georg Herbert Walker, ist es...
Ronald Wilson Reagan ist es...
James Earl Carter, Jr. ist es...
Gerald Rudolph Ford ist es...
Richard Wilson Nixon ist es..
Lyndon Baines Johnson ist es...
John Fitzgerald Kennedy ist es...
Dwight David Eisenhower ist es...
Harry S. Truman ist es...
Franklin Delano Roosevelt ist es...

Sie können es werden - Massenmörder!


Afghanistan mon Amour 

von Karl Reichert


Geliebtes Beduinen - Bauernland,
geschmiegt an Pamir und Hindukush,
Herat und Kandahar, Du alte Kapitale, 
warst Durchgangsland zum Khaiber-Pass,
die bunte Erobererschar - 2000 Jahr,
Perser, Inder, Hunnen und Araber,
das Gastrecht ward verletzt als Queen Victoria und Russen,
die Vorherrschaft des Westens, kamen,
im Inneren zerstritten, im Perserreich Sunniten,
Allah Akbar, die letzte Schmach, 
gekommen nähe Peschawar, aus Pakistan,
ein Volk, der Sprache nach Paschtunen,
Heiliger Krieg, Mullah Omar - die Taliban! 

 

Die Würfel sind gefallen

von Karl Reichert

Gestern Nachmittag, 
es ist Samstag, der 15. September 2001, 
saßen auf einer Ranch,
drei Männer in olivgrünen Bomberjacken zusammen. 
Der Kleinste unter ihnen lächelte etwas verlegen, 
deutete mit dem Daumen nach unten, 
ohne zu wissen, was dies bedeutet. 
Er hatte das in einem Film gesehen. 
Die beiden Anderen, hochdekorierte Generale, 
schlugen die Hacken zusammen und waren's zufrieden. 

Ein amerikanischer Junge aus Texas, 
unreif, ehrgeizig und gewissenlos hat sich entschieden: 
Er will Krieg, Krieg dem Terrorismus, 
ohne zu wissen gegen wen, ohne wenn und aber!
Dieser Junge ist heute Präsident.
Das Parlament trat angesichts der Katastrophe zurück,
gab ihm Blanko-Vollmacht, 
zu tun und zu lassen, was er will. 
Sage also niemand, er hätte von nichts gewusst! 

 

Copyright © September 2001 Karl Reichert

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Es wird Krieg geben

von Karl Reichert


Bei mir läuft den ganzen Tag über das Fernsehen: Die Bilder der Katastrophe, der Anschläge, sind unerträglich und durch nichts zu rechtfertigen!

Doch mit ein paar Tagen Abstand müssen wir begreifen, das man nur mit Rationalität diesen Schock und die Auswirkungen bewältigen kann. 

Und was sind die Ergebnisse:

Gestern sagten der amerikanische Präsident, der Außen- und der
Verteidigungsminister, aber auch fast alle Politiker in Europa unisono: Wir wollen Krieg, wir wollen Rache! (Nur die Stimmen der PDS und, ich glaube, 7 Stimmen der Grünen in Deutschland, sind dagegen) (in anderen Ländern, bis auf Frankreich, sieht es auch nicht anders aus.) Ich will jetzt nicht auf den Artikel 5 der Nato eingehen, der besagt, dass: wenn einer im Bündnis angegriffen wird, alle angegriffen sind. Aber ich will doch darauf hinweisen, dass wieder einmal das Völkerrecht gebrochen wird. Auf was soll man sich sonst beziehen? Es sind nur Angriffe erlaubt, wenn diese von einem Staat ausgehen. (Die grundsätzliche Problematik soll außen vor bleiben) - Ja, und eben auf Grund des Artikel 5 hat jetzt die USA die Möglichkeit, in Afghanistan und allen anderen Unterstützerländern zuzuschlagen. Kritik ist nicht mehr zulässig, weil wir, die Menschen in Nordamerika und Europa, ja alle Demokraten, die besseren Menschen sind.

Ich will's kurz machen, doch ich muss es so brutal ausdrücken: Das hündische Verhalten der Repräsentanten der westlichen Demokratien, Deutschland tut sich besonders hervor, lässt Krieg zu, winselt quasi darum!

Die neue Dimension des Krieges ist die alte: Militärische Strategien und die Verachtung gegenüber anderen Völkern und Religionen werden wieder sichtbar.

Ich habe nicht nur Angst vor Terroristen, sondern ich habe Angst vor den Entscheidungsträgern der angeblich zivilisierten Welt!

Ich kann gar nicht so viel essen, wie ich kotzen muss!

Entschuldigung, aber so ist es!


Copyright © September 2001 Karl Reichert

 

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