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Angst

von Doreen Fräßdorf

Ich habe Angst. Angst vor der Nacht. Angst einzuschlafen. Angst nicht einschlafen zu können. Ich habe Angst vor jedem Geräusch. Jedes Knacken. Angst vor den Geräuschen, die ich selbst mache. Angst vor der Dunkelheit. Angst vor meinen eigenen Gedanken. Angst davor, dass das was in meinen Gedanken vor sich geht, sich bewahrheitet. Ich habe Angst, dass ich beim Eintreffen meiner "Vision" nicht weiß, wie ich reagieren soll. Jedenfalls habe ich Angst. Nachts. 
Ich liege im Bett und habe Angst. Die wirrsten, abartigsten Gedanken kreisen in meinem Kopf herum. Ich stelle mir vor, wie jemand die Treppe hochkommt, in das Zimmer meiner Schwester geht und ich höre von dort Schüsse. Dann entwickelt sich in mir das Gefühl, nicht zu wissen, was zu tun wäre, wenn das eintreten würde. Verstecken könnte ich mich nicht. Wo auch? Im Bettkasten? Na, ehe ich das gemacht habe, steht die Person schon in meinem Zimmer. Mir wird bewusst, dass die Situation ausweglos sein würde. Ich wäre dem Tode geweiht. Einem schrecklichen Tod, meiner Meinung nach. 
Andere Gedanken, die ich habe, sind, wie schrecklich es wäre, wenn mir jemand mit einer Axt den Kopf abschlägt oder meinen Schädel spaltet, so wie es mit Dian Fossey gemacht worden war. 
An anderen Tagen, ist es die Angst davor, dass mir jemand eine meiner Gliedmaßen mit einer Axt abtrennt. Eine Hand oder ein Bein. 
Es ist nicht nur die Angst vor dem Schmerz. Nein. Auch vor der Hilflosigkeit - nicht zu wissen, wie ich es verhindern könnte, was ich tun soll. Ich weiß ja nicht, warum jemand das macht. Warum mir wer den Schädel spalten sollte. Wenn ich wüsste warum, könnte ich eventuell was dagegen unternehmen, aber ich kann nicht. 
Ich kann nicht sagen, ob ich krank bin oder ob der, der mir mit einer Axt gegenüber tritt, krank ist. Wir beide haben wohl Probleme - der, der sich solche "kranken Gedanken" im Kopf zusammenreimt und der "Aktive", der derartige Gedanken hat und sie ausführt. Was ist wohl schlimmer? Ich weiß es nicht. Vielleicht lebt der Aktive besser, weil er wahrscheinlich angstfrei ist, während der Ängstliche im Bett liegt und sich nichts sehnlicher wünscht, als nicht allein zu sein. Der Aktive ist vom Trieb getrieben. Er muss sich nicht fürchten. Er macht sich womöglich keine Gedanken darüber, was wäre, wenn jemand vor ihm mit einer Axt steht. Nein, er versetzt sich in die Situation dessen, der die Axt oder die Waffe hält. Vielleicht geht er dem Drang nach, dieses nachzuahmen. Das nenne ich krank, abnormal. Aber ist der nicht auch abnormal oder krank, der Angst hat, mit einer Axt erschlagen zu werden? Der nachts im Bett liegt und jedes Geräusch aufnimmt und denkt, dass es gleich vorbei ist. Er liegt nachts starr vor Angst im Bett und versucht jedes eigene Geräusch, jeden Atemzug zu unterdrücken, um nicht gehört zu werden. Aber sein Herzschlag ist laut. So laut, dass er fast Angst hat, dass der Aktive ihn hört. 
Jede Nacht habe ich Angst vor meinen eigenen Gedanken. Angst davor, dass das was in meinen Gedanken vor sich geht, sich bewahrheitet. Ich habe Angst. 


Copyright © 2001 Doreen Fräßdorf

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