by Stephan Klink  

DIE SCHLACHT UM VERDUN - EIN BEITRAG ZUR MILITÄRGESCHICHTE DES ERSTEN WELTKRIEGES 1914 - 1918

Verdun > Kampfbereiche > Nez de Souville / Souville-Nase

                  

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DIE SCHLACHT UM VERDUN 
KAMPFBEREICHE
NEZ DE SOUVILLE / SOUVILLE- NASE
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DIE KÄMPFE UM DIE SOUVILLE-NASE IM AUGUST 1916

Während der Kämpfe des Frühsommers 1916 hatte sich im Bereich des Berg- und Chapitre-Waldes eine Einbuchtung in der deutschen Front gebildet. Grund dafür war, dass sich die dort angesetzten Regimenter, insbesondere die der 1. Infanterie-Division, festliefen und eine weitere Vorwärtsbewegung auf Grund des hartnäckigen französischen Widerstandes nicht möglich war. Teilweise kamen die Sturmtrupps nicht einmal aus ihren Ausgangsstellungen. Unter hohen Verlusten und mit zunehmender Abnutzung wurde dieses Vorhaben abgebrochen.

Die Regimenter der Nachbarabschnitte hatten sich dagegen Gelände- vorteile errungen. Dies führte schließlich zur erwähnten Einbuchtung der deutschen Linie in diesem Bereich.

Trotz mangelnder Kräfte erwog die deutsche Führung diese Einbuchtung schnellstmöglichst zu begradigen, um a.) die dort herrschende Flankenbedrohung gegenüber den weiter vorgeprellten, links und rechte liegenden Einheiten aufzuheben; b.) durch eine halbwegs durchgehende Linie Kräfte einzusparen und c.) um weiter, zumindest den Anschein zu erhalten, dass Heft des Handelns in der Hand zu haben und damit eine weitere Bindung französischer Kräfte zu gewährleisten.

Die völlig ausgepumpten Einheiten der 1. Infanterie-Division wurden am 16. Juli 1916 durch ‚frische’ Truppen der, aus der Champagne kommenden, Hessischen 21. Reserve-Divison abgelöst. Der Division fiel die Aufgabe zu, wichtige Geländestücke im Berg- und Chapitre- Wald (Bois de Vaux-Chapitre) zu nehmen.

Chapitre-Wald im Sommer 1916

Darunter fiel die sogenannte Souville-Nase sowie die dazugehörigen Steinbrüche im linken Abschnittsbereich. Der rechte Nachbar, die Garde-Ersatz-Division, sollte ihrerseits versuchen, den Westrand der Souville-Schlucht zu nehmen. Gelang diese Aufgabe, mussten die Franzosen die, für einen weiteres deutsches Vorgehen wichtige, Souville-Schlucht aufgeben. Diese Schlucht war mit Maschinenge- wehren gespickt und wurde bereits mehrfach erfolglos angegriffen.

Linker Nachbar war die 50. Infanterie-Division, die ihrerseits versuchte in Richtung Fort Tavannes vorzustoßen

Die Souville-Nase (Nez de Souville) ist ein vorgelagerter, kleiner Höhenrücken, den westlich die Souville-Schlucht (Ravin des Fontaines) und östlich die Lager-Schlucht (keine französische Bezeichnung) begrenzt.

In diesem kleinen, nicht mehr als 1 km² großen Gelände sollten die letzten großen deutschen Anstrengungen im Rahmen der Offensive vor Verdun stattfinden. Trotz Abzugs starker deutscher Kräfte, insbesondere an Artillerie, an die Somme, sollten die Franzosen weiter gezwungen werden jeden Meter zu verteidigen und somit auch gezwungen sein weitere Kräfte einzusetzen. Erst die 21. Reserve- Divison und die Garde- Ersatz-Divison, später die 33. Reserve-Division und die 14. bayerische Infanterie-Division sollten hier verlustreichste und härteste Kämpfe durchstehen. Besonders die Garde-Ersatz- Division erlebte hier ein verheerendes Desaster, über das aber an anderer Stelle berichtet werden sollte.

Der Angriff auf die Souville-Nase war für den 1. August 1916 angesetzt. Die Reserve-Infanterie-Regimenter (R.I.R.) 80 und 87 schufen in den kommenden zwei Wochen, bis zum 30. Juli die Voraussetzungen für einen erfolgreichen Angriff. Im zerwühlten Trichterfeld wurden neue Stellungen angelegt und der An- und Abmarschweg sichergestellt. Allerdings existierte nur ein einziger Anmarschweg, der unaufhörlich unter französischem Artilleriefeuer lag. Er verlief von der Vaux-Schlucht kommend zu den Ausgangs- stellungen am südlichen Fumin-Rücken.

Bereits am 29. Juli begann die Artillerievorbereitung. Sogar die Batterien aus den nicht beteiligten Nachbarabschnitten sowie 31 Minenwerfer wirkten bei der Vorbereitung mit.

In der Nacht zum 30. Juli rückten die Sturmkompanien der R.I.R. 81 (rechts) und 88 (links) in die Sturmausgangsstellungen.

Am 1. August um 10 Uhr verließen die Sturmtruppen des I./R.I.R 81 ihre Stellungen am Osthang der Souville-Schlucht. Schnell war, mit Hilfe von Flammenwerfern, die Lager-Schlucht durchquert und 30 Minuten später das Angriffsziel bereits erreicht. Auch das mitgegangene III. Bataillon erreichte, trotz heftigen Widerstands der Franzosen, nach kurzer Zeit sein Ziel.

Die Garde-Ersatz-Division war kaum oder gar nicht vorwärtsgekom- men. Aus diesen Gründen klaffte nun rechts vom R.I.R. 81 eine offene Lücke von rund 900 m. Rasch gesammelte Gruppen der 81er wurden in diese Lücken geworden, an der bereits 2 Stunden später ein erster Gegenangriff der Franzosen abgewehrt werden musste. Ein weiterer Angriff brachte die Franzosen allerdings in den Rücken des Regiments. Die Franzosen überschritten mühelos die Souville-Nase und drangen sogar bis in die Lager-Schlucht vor. Eine noch in den Sturmausgangsstellungen befindliche Kompanie der 81er wurde eilends alarmiert und konnte die Franzosen wieder zurückdrängen.

Bereits nach kürzester Zeit hatte die 21. Reserve-Division ihre Aufgaben erfüllt und hatte einen Geländegewinn von rund 900 m erzielt. Ein Erfolg, der den Vorgängern verwährt geblieben war. Bis zum Mittag hatte man 629 gefangene Franzosen gezählt.

Nach dem erfolgreichen Vorstoß war von der französischen Infanterie weit und breit nichts mehr zu sehen. Allerdings war es unmöglich die offensichtliche Gunst der Stunde auszunutzen. Ein weiteres Vorgehen, durch das eigene Abriegelungsfeuer, war unmöglich und hätte unnötige und nicht zu ersetzende Verluste verursacht.

Übrigens ein Phänomen, dass bereits einige Vorläufer hatte. Die starre Kampfführung der Verantwortlichen banden die Truppe strikt an einen festen Ablaufplan mit einem festen Zielpunkt. Hätte man der Truppe frei Hand gelassen, bzw. das Abriegelungsfeuer besser koordiniert, wäre ein weiteres, erfolgreiches Vorgehen und ein gewisser Überraschungsmoment gewährleistet. 

Eine ähnliche, wenn auch vom Gesamtbild her wichtigere Situation, hatte es bereits am 25. Februar 1916 gegeben, als die Franzosen, nach der Wegnahme des Forts Douaumont und dem Zusammenbruch größerer Teile der französischen Front auf dem Ostufer, sich panikartig zurückgezogen hatten und bereits eine Räumung des gesamten rechten Maasufers angestrebt war. Auch hier hatte die deutsche Führung taktisch falsch reagiert und sich stur an ihr vorgegebenes Ablaufprogramm gehalten. Ob es sich um einen zweckdienlichen Fehler oder ein Punkt der oft zitierten Falkenhayn’schen Ausblutungstaktik war, sei dahingestellt.

Doch zurück zur Souville-Nase. Zur Schließung der bei den 81ern entstandenen Lücke zwischen der 21. Reserve-Division und der Garde-Ersatz-Division wurde das III./R.I.R.88 eingesetzt. Den Abschnitt an der Souville-Nase übernahm Major Frankenfeld (westlich) vom R.I.R. 81 und Oberleutnant Monscheuer (östlich) vom R.I.R. 88.

Auch wurde die Divisions-Reserve, das II./R.I.R. 87 in die Ausgangsstellungen vorgezogen.

Nun begann für die Stellungstruppen der erfahrungsgemäß schwierigere Teil des Unternehmens – das Halten der genommenen Gräben. Dies forderte meist zu mehr Verlusten, als ein gewagter Sturmangriff. Die französische Artillerie schoß sich nun auf die neue Linie ein und vollzog am 2. August eine ausgiebige Feuervorbereitung für die unausbleiblichen Gegenangriffe gegen diese neue Linie. Die Franzosen wollten natürlich so rasch wie möglich das verlorene Terrain zurückgewinnen. Die gesamte vordere Stellung sowie große Teile des anschließenden Hinterlandes, wie z.B. dem Fumin, lag unter dem Feuer aller Kaliber.

Die Gegenstöße der Franzosen, am 2. und 3. August, konnten überall, unter großen Verlusten für die Angreifer abgewehrt werden. Der Regimentskommandeur des R.I.R. 81 notierte darüber: Auf beiden Fronten im Süden und Westen wurde gekämpft. Die Franzosen machten Angriff auf Angriff [...] die Zahl der blutigen Verluste unserer Gegner war sehr groß. Die Gräben ihrer Stellungen bei Souville waren mit Leichen angefüllt. Doch auch die eigenen Verluste waren hoch. Bei den 81ern fielen neben zahlreichen Mannschaften der Kommandeur des II. Bataillons, Hauptmann Thieme sowie die Kompanieführer der 5. und 6. Kompanie, Lt.d.R. Müller und Lt.d.R. Roth.

Für den 4. August waren für die Division weitere Vorwärtsbewegungen befohlen. Es sollte im flankierenden Verein mit der Garde-Ersatz- Division versucht werden, den Chapitrewald zu nehmen. Doch der Angriff kam nicht zur Ausführung, weil eine Mitwirkung der Garde abermals ausblieb. Die Kräfte dieser Division waren völlig erschöpft und nicht mehr in Lage einen kräftigen Vorstoß durchzuführen.

Da sich die Versorgungslage der in Stellung liegenden hessischen Einheiten stündlich verschärfte, neben Wasser mangelte es an Nahrung, wurde kurzfristig eine Ablösung in Erwägung gezogen.

In der Nacht zum 5. August wurden bis auf wenige Teile R.I.R. 81 und 88 durch R.I.R. 87 und 80 abgelöst. Die Ausfälle der vergangenen Tage waren ungeheuerlich. Das R.I.R. 88 nannte allein an Toten und Verwundeten rund 1.200 Mann Verluste.

Noch am 5. August wurde der am Vortag ergangene Angriffs- befehl erneuert. Insbesondere für das XVIII. Reserve-Korps galt es die Ausbeulung der Front beiderseits der Souville-Schlucht zu beseitigen.

Auf der Souville-Nase formierte die 21. Reserve-Division ihre Sturmtruppen: Je ein Bataillon R.I.R. 80 und 87 sowie geringe Teile der 81er; Teile der 2./- und 3./Pionier-Bataillon 20; 2 Flammenwerfer sowie zwei Stoßtrupps des Sturmbataillons Rohr.

Nach einer fast 3-stündigen Artillerievorbereitung begann der Sturm. R.I.R. 80 gelangte im ersten Anlauf, nach einer Südschwenkung, bis zum Rand des Chapitre-Waldes. Doch das rechts stürmende R.I.R. 87 blieb bald, durch massiv einsetzendes Maschinengewehrfeuer, zurück; die Garde- Ersatz-Division fiel abermals aus – es entstand für die 80er eine gefährlich offene Flanke. Die Gunst der Stunde erkennend ergriffen die Franzosen sofort die Initiative und attackierten das Bataillon von fast allen Seiten. Unter schwersten Verlusten, darunter 3 Kompanieführer, konnte ein scharf zur Souville-Nase zurückbiegender Stellungsteil gehalten werden.

In den kommenden Tagen wurde die infanteristische Tätigkeit fast völlig eingestellt. Beide Seiten litten an Erschöpfung. Lediglich das beiderseitige Artilleriefeuer verstummte nie. Am 6. August gerieten Teile des I./R.I.R. 80 sogar in deutsches und französisches Artilleriefeuer - eine Folge der nah zusammenliegenden Linien.

Die Stellungen auf der Souville-Nase teilte man in eine ‚Ostfront’ und eine ‚Westfront’ ein.

In der Nacht zum 8. August lösten Teile der Infanterie-Regimenter 357 und 364 (33. Reserve-Division) die erschöpften Hessen ab. Diese Regimenter waren der 21. Reserve-Division unterstellt worden. Vom I./R.I.R.80 waren bei der Ablösung z.B. nur noch 2 Offiziere und 70 Mann übrig.

Die Tage bis zur Monatsmitte verliefen etwas ruhiger. Schließlich wurden die Franzosen ihrerseits aktiv und nahmen das Heft des Handelns in ihre Hände. 

Am 18. August nachmittags erfolgte ein starker französischer Angriff gegen die Souville-Nase und den rechten Flügel der 50. Infanterie-Division. Mit vereinten Kräften des zugeteilten Infanterie-Regiments 364 an der Westfront der Souville-Nase und dem sehr genau liegenden Sperrfeuer des Feldartillerie- Regiments 21, konnte der Angriff abgewiesen werden. Die Zahl der Gefangenen war hoch, doch auch die eigenen Verluste waren empfindlich. So verlor allein das Infanterie- Regiment 364 über 130 Tote und 300 Verwundete.

Erfolgreicher waren die Franzosen im Bereich der 50. Infanterie- Division. Hier gelang ihnen ein Einbruch in die deutsche Front und die Besetzung wichtiger Höhenpunkte. Mit dem Erreichen dieser Stellungen bedrohten die Franzosen die 21. Reserve-Division im Rücken sowie die 50. Infanterie-Division in der rechten Flanke. Verzweifelte Versuche der Deutschen, diese verlorenen Stellungen wieder einzunehmen, misslangen. 

Insbesondere die Württemberger der 50. Infanterie-Division (I.R. 126 und 132) rieben sich hier bis zur völligen Erschöpfung auf, ohne ein brauchbares Ergebnis erzielt zu haben oder die Bedrohung beseitigen zu können.  

Französischer Angriff im Berg-Chapitre-Wald am 24. Oktober 1916

Endlich, am 28. August 1916, wurden die völlig verbrauchten Einheiten der 21. Reserve-Division durch die 33. Reserve-Division abgelöst. Nach eigenen Angaben verloren die Hessen innerhalb ihres etwa 6-wöchigen Einsatzes rund 1.150 Tote sowie die unglaubliche Zahl von rund 5.400 Verwundeten und Vermissten.

Die Kämpfe an der Souville-Nase dauerten noch den ganzen September und den halben Oktober 1916 hindurch an.

Am 24. Oktober 1916, dem Tag der großen französischen Offensive auf dem Ostufer der Maas, hielten vorerst die deutschen Stellungen im Bereich der Souville-Nase einem Frontalangriff stand. Doch links und rechts umgangen sowie schier endlosen Sturmangriffen ausgesetzt mussten sich schließlich die Verteidiger ergeben.

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Quellen und Literatur:
  • Arndt, Jens: Geschichte des Hanauer Reserve-Infanterie- Regiments Nr. 88, Hanau o.J. 
  • Büttner, Ernst: Geschichte des Infanterie-Regiments Nr. 364 während des Krieges 1914/18, Zeulenroda 1937. 
  • Schillmann, Fritz: Grenadier-Regiment König Friedrich Wilhelm I. (2. Ostpreußisches) Nr. 3 im Weltkriege 1914-1918, Berlin 1924. 
  • Szymanski, Theodor: Das Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 80 im Weltkriege 1914-1918, Wiesbaden 1935. 
  • Vereinigung des ehem. R.-Inf.-Regt. 88 Hanau: Regimentsgeschichte des Reserve-Infanterie- Regiments 88, Hanau 1932. 
  • Von Hagens/ von Holwede / Veidt: Aus drei Kriegsjahren der 21. Reserve-Division, Herborn 1918.  
  • von Jordan / von Marcard / Drüner, Hans: Das Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 81 im Weltkrieg, Zeulenroda 1933.
  • von Müller, Hans-Peter: Werk 544 in der Lager-Schlucht am Fumin (Mscr.).

Abbildungen: 

  • Stephan Klink. 
  • Erich Kassing.

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Hügel von Vauquois

Obwohl Vauquois fast vierzig Kilometer westnordwestlich von Verdun liegt, bestimmte die hart umkämpfte Höhe das Schicksal der Festung Verdun entscheidend mit und muß daher auch Thema dieser Verdun-Website sein.

Mit dem Ziel der Einkreisung Verduns besetzten schon am 24. September 1914 deutsche Truppen den westlich von Verdun auf einem Hügel liegenden Ort Vauquois.

Mit dem Hügel von Vauquois verfügten die Deutschen über einen ausgezeichneten Beobachtungspunkt und strategischen Ausgangsort, den man ausbaute.

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