RAlf hat angerufen

Kurz zurückgeschaut: Ralf ist der Mann, den ich im Oktober 2003 in Bad Oeynhausen während meines Kuraufenthaltes kennenlernte*.

Seinerzeit saß er mir schräg gegenüber, am Mittagstisch, morgens und abends natürlich auch, und schielte die zurückhaltende, ops, zurückschielende Eva an, die gleich am zweiten Aufenthaltstag seine „heiße Braut“, wie Ralf sich auszudrücken pflegte, wurde.

Heiß und innig liebten sie sich wirklich, sie ihn auf jeden Fall .. auch noch nach der Kur, aber leider war die Beziehung, welche im Grunde keine war, einseitig (aus Eva´s Sicht gesehen) und nicht von langer Dauer.

Ralf konnte sich einfach nicht entscheiden … zwischen seinen Bräuten - und Eva litt unter der Leichtfertigkeit, vor allem wie der „Casanova“ mit ihrer Seele und ihren Seelenverwandten umging. Zuweilen wie ein Hund.

Das, was ich mir immer für jenes total verrückte Paar, Ralf & Eva, immer so sehr gewünscht hatte, nämlich eine feste Bindung, sollte kein „Happy End“ finden. Wie oft sah ich mich als Trauzeugin, sogar als Patentante, wenn die Beiden wie verrückt turtelten und genauso gerne wäre ich am Liebsten dazwischen gegangen, wenn sie wie blöde stritten.

Nun gut – es sollte nicht sein. Da ich meiner Freundin Eva zugesichert hab´, hier nicht weiter auf Einzelheiten einzugehen, insbesondere was die unzähligen Auseinandersetzungen mit dem „Typen“ betrifft - und dem Ralf beteuert, seine Geschichte, eine sehr traurige, aufzuschreiben und zu veröffentlichen….

OK – Ralfi-Boy.

Also nochmal von vorn. Ralf rief mich heute in den Nachmittagstunden an. Mein erster Gedanke: Ein neuer Annäherungsversuch .. über mich .. an die schönste unter den Bräuten -Eva- heranzukommen. Nein, ausgeschlossen, ich habe mir fest vorgenommen, mich nie wieder als Verkupplerin stark zu machen. Wäre ja schließlich nicht das erste Mal, dass ich bei dem Versuch, das einzig- bzw. andersartige Pärchen unter die Haube zu kriegen, voll auf die Schnauze gefallen wäre.

Im Laufe des sehr netten Telefongesprächs mit Ralf, über´s miese Wetter, der beschissenen Politik und so gar nicht über geile Bräute, was mich offengestanden doch sehr stutzig machte, gab mir der lässig wirkende Mann am anderen Ende während der Unterhaltung zu versteh´n, wie´s eigentlich um ihn steht.

Oh mein Gott. Ich kann es immer noch nicht fassen. Ich kann und will nicht glauben, dass Ralf, der Ralf, der damals in der Kurklinik meiner Freundin Eva, gleich welcher Tageszeit oder Nachtzeit, die lustvollsten Geräusche entlockte, die ein Kurgast (einschließlich der Kurärzte und des Personals) je vernommen haben, unheilbar krank und nicht mehr zu retten ist.

Schlimm .. gleichzeitig bewundernswert fand ich die beinahe lockere Art, wie er mir seinen unheilbaren Zustand, sein grauenvolles Krankheitsbild schilderte. Einfach unbeschreiblich seine Darstellung über seine Vorstellung von einem Grabstein. Als Ralf mir erzählte, dass er sich beim Steinmetz seinen eigenen, einen länglichen Stein im mediterranen Stil, ganz zu ihm passend (wie er meint), ausgesucht hat …. Da fehlen einem echt die Worte.

Meine Güte Ralf, das darf doch nicht wahr sein. Du bist doch noch so jung, 41 Jahre, und willst ins Gras beißen? Du sprichst vom Sterben .. als gehörte es tatsächlich zum Leben - wie sie immer predigen. Ja, ja, natürlich weiß ich das, dass Sterben ein Teil des Lebens ist – aber trotzdem, es ist so unwirklich und doch so wahr. Oh Gott, und der Tod so schrecklich nah.

Wann auch immer der Krebs, dieser verdammte Krebs Dich zur ewigen Ruhe zwingt, lieber Ralf, ich werde ganz bestimmt noch oft an Dich und die heiteren Stunden, die wir zusammen mit Eva in Bad Oeynhausen erlebt und in vollen Zügen genossen haben, denken.
* Kolumne „Kurschattenseiten

Hildegard Grygierek
09.01.2008

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