KAISERIN WIDER WILLEN
*************************************************
Romy Schneider als Kaiserin Elisabeth von Österreich
(und Karl Heinz Böhm als Kaiser Franz Joseph I.)
*****************************************
ERNST MARISCHKA: SISSI I-III (1955-57)

[Sissi] [Sissi]


EIN KAPITEL AUS DIKIGOROS' WEBSEITE
DIE [UN]SCHÖNE WELT DER ILLUSIONEN

(von Filmen, Schauspielern und ihren [Vor-]Bildern)

(Fortsetzung von Teil I)

Ob Marischka von Anfang an vorgehabt hatte, eine Fortsetzung - oder gar zwei - zu drehen, weiß Dikigoros nicht; aber der ungeheure Erfolg des Films schrie einfach danach. Und es gab ja noch so viel Interessantes auch nach der Hochzeit zu erzählen, wofür sich das Kinopublikum doch sicher ebenso begeistern würde. Also frisch ans Werk, und auch den Alltag nicht ganz vergessen: Wir schreiben das Jahr 1854 - kurz nach der Hochzeit. Kaiser Franz Joseph empfängt seine Minister und wird gleich mit einer leidigen Angelegenheit konfrontiert: Die Ungarn machen trotz (oder, wie Dikigoros meint, wegen) der Begnadigungen noch immer Ärger, wollen jetzt auch noch alle enteigneten Güter zurück (der Kaiser gibt erneut nach), und andeutungsweise ist auch kurz davon die Rede, daß irgendwo irgendein Krieg droht. Aber lassen wir das - es geht ja um Sissi, "die junge Kaiserin". Ihre Schwiegermutter, Erzherzogin Sophie, empfängt ihre Oberhofmeisterin, eine Gräfin Esterházy (keine Ungarin, sondern eine geborene Fürstin von Liechtenstein), um sich Bericht erstatten zu lassen: Sissi halte sich äußerst lästige, da ständig krächzende Papageien, klage über die primitiven sanitären Einrichtungen und mache keinerlei Anstalten, das spanische Hofzeremoniell zu erlernen. Sophie entscheidet kurz und knapp: Die Papageien bleiben, die Klos auch: "Die waren für Maria Theresia gut genug, da werden sie es wohl auch für eine kleine bayrische Prinzessin sein, die zufällig Kaiserin geworden ist!" Dann läßt sie sich Sissis Tagebuch aushändigen, in dem die wehmütige Gedichte nieder geschrieben hat, aus denen Heimweh nach Possenhofen spricht. Die hält sie ihrem Sohn vor, der indes mehr darüber empört ist, daß seine Mutter in den intimen Tagebüchern seiner Frau herum schnüffelt. Um Sissi die Eingewöhnung etwas zu erleichtern, gestattet er, daß sie zum Essen Schweinshaxen und bayrisches Bier bekommt - sehr zur Empörung der Erzherzogin. Und statt des spanischen Hofzeremoniells beginnt sie die ungarische Sprache zu erlernen, bei "Dr. Falk", der ihr auch gleich etwas Landeskunde, sprich "die Schönheiten meiner ungarischen Heimat" näher bringt.

Machen wir wieder eine kleine Pause, liebe Leser, und schauen uns an, was Marischka da zusammen gesetzt hat, obwohl es offenbar nicht zusammen gehört. Auf die ungarische Frage kommen wir noch ausführlich zurück, widmen wir uns erstmal den "Alltäglichkeiten" des Hoflebens. Sisi hatte Papageien - stimmt (es waren überwiegend Geschenke von Franz-Joseph, der jene schönen Vögel ebenso mochte wie Dikigoros). Was nicht stimmt, ist, daß Sisi sie behalten durfte - hier setzten sich ihre Oberhofmeisterin und ihre Schwiegermutter durch. Aber es waren ja nicht nur Papageien, sondern noch viele andere mehr oder weniger liebe Tierchen, die Sisi sich zu halten beliebte: Zunächst war da mal eine Meute großer Jagd- und Windhunde - den Spleen hatte sie von ihrer Mutter -, dann Äffchen, und als ihr auch die verboten wurden, Negersklaven - den Spleen hatte sie von ihrem Vater. Natürlich hießen die nicht "Sklaven", sondern "Diener" - und die gab es ja auch mit weißer Hautfarbe -, aber dem Filmpublikum wollte Marischka sie denn doch nicht zumuten. Es war dies eine Zeit, als noch nicht in jedem deutschen Film mindestens je eine Rolle mit Juden und Negern besetzt werden mußte - im Gegenteil: viele Zuschauer hätten einen solchen Film mit Abscheu boykottiert. (Dikigoros' Oma pflegte noch in den 1960er Jahren ab- oder auf einen DDR-Sender umzuschalten, wenn im Westfernsehen ein Film mit einem "Schwatten" kam; erst bei "Kobra übernehmen sie" machte sie eine Ausnahme :-) Die Sache mit den traurigen Gedichten stimmt - Sisi fühlte sich schon bald in einem goldenen Käfig gefangen und bejammerte ihr Schicksal. (Was uns Marischka ebenso wohlweislich verschweigt wie die Negersklaven, ist Sisis Vorliebe für den jüdischen Dichter und Deutschenhasser Harry Chaim alias Heinrich Heine, den sie in einigen ihrer Gedichte geradezu sklavisch nachahmte - auch das wäre beim Kinopublikum Mitte der 1950er Jahre wohl schlecht angekommen.) Was nicht stimmt, ist die Sache mit dem bayrischen Essen. Zwar war Sisi in jungen Jahren tatsächlich eine große Freundin von Schweinshaxen und Bier; aber als sie versuchte, das auch am Wiener Hof einzuführen, schob Erzherzogin Sophie dem energisch einen Riegel vor - man wollte ja nicht "verbauern"! (Leider hat uns Marischka im ersten Teil die Geschichte jener Eierspeise vorenthalten, welche die Wiener Hofkonditoren aus Anlaß der kaiserlichen Hochzeit kreiert und "Kaiserinnenschmarrn" nennen wollten; doch Sisi schmeckte sie nicht - Franz-Joseph dafür umso mehr; und so heißt sie heute "Kaiserschmarrn" :-) Die Episode mit den Klos stimmt dagegen: Sissi war von Haus aus moderne Toiletten mit Wasserspülung gewohnt - Herzog Max in Bayern war ein fortschrittlicher Mann -; am Wiener Hof benutzte man dagegen weiterhin jene "Leibstuhl" genannten Sitzgelegenheiten, die man heute nur noch in Krankenhäusern und Pflegeheimen kennt, mit einem runden Loch in der Mitte.

(Und als eine Generation später Sisis Schwiegertochter, die belgische Prinzessin Stephanie, an den Wiener Hof kam, hatte sich daran - sehr zu deren Mißfallen - noch immer nichts geändert.) Wenn man/frau damals auf dem "Thron" Platz nahm, dann nicht um zu "regieren", sondern um "sein Geschäft zu verrichten". (Regieren tat man damals schon vom Schreibtisch aus; erst als viele Jahrzehnte später so neumodische Erfindungen wie das Wasser-Closett und das Telephon Einzug hielten, ließ sich Franz-Joseph letzteres auf ersterem installieren und konnte nun vom "Thron" aus regieren :-) Ja, im Beisein des Hofes - eine empfindliche Nase durfte man damals nicht haben; die natürlichen Körperfunktionen waren viel weniger abgeschirmt als wir das heute für selbstverständlich halten: Man aß nicht alleine im stillen Kämmerlein; man zog sich auch nicht alleine aufs stille Örtchen zurück, und sowohl der Zeugungsakt in der Hochzeitsnacht als auch die Geburt und das Sterben vollzogen sich vor ausgesuchten Zeugen, damit auch ja alles seine Richtigkeit hatte - aber daß Marischka das seinen Zuschauern, die immerhin 100 Jahre später lebten, erspart hat, wollen wir ihm nachsehen. (Die Episode mit "Dr. Falk" stimmt wiederum nicht - aber dazu kommen wir gleich.)

Exkurs. À propos Maria Theresia: Dikigoros hat auf der Ausgangsseite zu dieser "Reise durch die Vergangenheit" geschrieben, daß Paula Wessely das Kinobild jener Kaiserin nicht zu prägen vermochte; und er hat oben erwähnt, daß sie in dem Musical, das gewissermaßen als Vorläufer dieser Film-Trilogie gelten kann, die Sisi spielte, wiederum ohne diese zu prägen. Warum nicht? War sie eine schlechte Schauspielerin? Ganz im Gegenteil, und sie sah der Maria Theresia sicher viel ähnlicher als Romy Schneider der Sisi, denn sie war groß, blond und blauäugig, eine "typische Germanin". Deshalb war sie auch eine der im "Dritten Reich" meist beschäftigten Schauspielerinnen - es störte niemanden, daß sie eine Nachfahrin des einst berühmten jüdischen Schriftstellers Naftali Wessely war. (Eines Zeitgenossen Maria Theresias und großen Bewunderers ihres Sohnes, Kaiser Josefs II, der die Juden bekanntlich durch sein "Toleranz-Edikt" integrieren wollte, was viele als Angriff auf ihre selbst gewählte Isolation betrachteten - "richtigen" Juden galt und gilt Wessely als Renegat.) Schließlich konnte sie einen im Sinne der "Nürnberger Gesetze" lupenreinen Arier-Stammbaum vorweisen (alle ihre Großeltern waren getauft, ja selbst ihre Ur- und Ururgroßeltern, denn schon ihr Urururgroßvater war konvertiert :-). Nach 1945 entschuldigte sie sich dafür brav und durfte bald wieder drehen (ebenso ihr Mann Attila Hörbiger; ihre Tochter Christiane war noch nicht ganz so weit; wir werden sie erst in Schtonk wieder treffen, als "Nichte Görings"). Allerdings mußte sie zunächst auf eigene Rechnung drehen; und einer dieser selbst-poduzierten Filme war halt "Maria Theresia" aus dem Jahre 1951 - der flopte. Noch einmal die Frage: Warum? Hatte Dikigoros nicht einleitend geschrieben, daß sich die Menschen im Mitteleuropa der 1950er Jahre nach Kaiser[inne]n und König[inn]en sehnten? Und erfüllte Maria Theresia nicht auch alle anderen Voraussetzungen mindestens ebenso gut wie Sisi - wenn nicht sogar besser? Nicht die Hochzeit von Sisi und Franz-Joseph 1854 galt gemeinhin als "erste Liebesheirat" im Hause Habsburg, sondern schon die von Maria Theresia und Franz Stephan 1736. (Politisch und militärisch hätte sie keine schlechtere Wahl treffen können: Sisis Vater war wenigstens noch Herzog in Bayern; Franz Stephan war dagegen nicht mal Herzog in Lothringen, sondern nur ein von den Franzosen aus Lothringen vertriebener Niemand, und als Heerführer war er eine völlige Niete, wie er wiederholt unter Beweis stellte.) Auch Maria Theresia bekam zunächst "nur" Töchter, von denen eine jung starb; und wie Sisi konnte sie gut mit den Ungarn - die ansonsten schon damals ziemlich widerspenstig waren. (Seit dem Frieden von Belgrad 1739 war die Türkengefahr de facto gebannt; nun hatten die MohrenDeutsch-Österreicher in den Augen der Madjaren ihre Schuldigkeit getan, und man wollte nichts mehr von ihnen wissen.) Da Volk jubelte dem Herrscherpaar überall zu - in Wien sowieso, aber auch in Pest und im damals noch deutschen Prag -, und der Jubel war echt, nicht bloß inszeniert wie... aber darauf kommen wir später. Jedenfalls sollte man doch meinen, daß Maria Theresias Lebensgeschichte ein (noch) viel dankbareres Thema für einen Kinofilm abgeben würde als die Sisis - oder? Nun, das kommt drauf an: Wenn man - wie Marischka das meisterhaft getan hat - alles Negative aus einem Leben weg und nur die guten Seiten - weitgehend wahrheitsgetreu - stehen läßt, dann sehen die Leute das natürlich lieber als wenn man mit einer negativen Einzelheit ins Haus fällt und sie dann durch eine offenkundige Unwahrheit zu beschönigen sucht. Wesselys Film hat zur Rahmenhandlung keine schöne Liebesgeschichte, sondern ganz im Gegenteil einen - historisch völlig unbedeutenden - Seitensprung von Kaiser Franz Stephan mit einer Fürstin Trautperg; und Maria Theresia blickt verbittert auf die Vergangenheit zurück, die hauptsächlich aus Kriegen besteht, besonders aus dem "siebenjährigen" - aber gerade davon hatte das Publikum 1951 (und noch einige Zeit danach) die Nase gestrichen voll. Das plätschert so dahin, und am Ende erfährt man völlig verblüfft, daß Österreich jenen Krieg praktisch gewonnen habe - der Preußen-König Friedrich II hat sich endlich zum Friedensschluß bereit erklärt. Erinnert Euch das an die Filme über Cromwell, Garibaldi und Venizelos, die Euch Dikigoros hier ebenfalls vorstellt? Wenn ja, dann nehmt zur Kenntnis, daß die Geschichts-Klitterung bei Wessely viel weiter geht. Eine Lebensgeschichte im Zenith abzubrechen mag zwar fragwürdig sein, läßt sich jedoch immer noch irgendwie rechtfertigen (zur Not mit drohender Überlänge :-). Aber was würdet Ihr wohl zu einem Film über Hitler sagen, der Mitte April 1945 spielt, aus einer Rückschau über die gewonnenen Schlachten des Zweiten Weltkriegs besteht und mit der Nachricht endet, daß Roosevelt endlich gestorben sei, was Hitler die Handlung mit dem (historisch verbürgten!) Spruch schließen läßt, daß der Endsieg ja nun nicht mehr weit sein könne? (Dieser Vergleich ist nicht an den Haaren herbei gezogen und auch nicht überstrapaziert: Österreich war 1763 ebenso ruiniert wie 1945 - vielleicht sogar noch mehr!) Auf YouTube kann man Interviews mit jungen Amerikaner[inne]n von heute sehen, die allen Ernstes glauben, daß die USA den Vietnamkrieg gewonnen hätten; aber für so dumm zu glauben, daß Österreich den siebenjährigen Krieg gewonnen hätte, konnte man die mitteleuropäischen Zuschauer 1951 denn doch - noch - nicht verkaufen. Exkurs Ende.

Zurück zu Marischkas Film. Eines Tages überrascht Sissi ihren Mann - mitten bei einem wichtigen diplomatischen Empfang des russischen Botschafters - mit der freudigen Nachricht ihrer Schwangerschaft, und bald darauf freuen sich alle über die Geburt einer Tochter, die nach der Großmutter Sophie genannt wird. Leider gibt es bald Knatsch um deren Erziehung: Sissi will sie - nach dem Vorbild der Mutter - selber in die Hände nehmen; die Schwiegermutter ist dagegen der Meinung, daß sie, die Oma, das viel besser könne als so ein dummes Kind von 17 Jahren und verlegt das Kinderzimmer kurzerhand neben ihre eigenen Gemächer. Sissi dreht durch, flieht nach Hause, d.h. nach Possenhofen, und schüttet ihrem "Papili" das Herz aus. Unterdessen ist Franz-Joseph ihr nachgereist und hat seiner Tante Ludovika die Lage erklärt. Mit Sissi versöhnt er sich auf einem gemeinsamen Kurzurlaub im tiefsten Bayern (oder im tiefsten Tirol? So ganz wird das nicht klar), auf einer Almhütte, wo sie - incognito wie sie reisen - ihr Zimmer selber fegen, ihre Schuhe selber putzen und Alkohol trinken müssen, denn die Goiß, die damische, is net heimkumma, deshalb gibts koa Milch net, und der Wirt spricht so stark Dialekt, daß Franz-Joseph ihn kaum versteht (wohl aber Sissi). Danach macht die Kaiserinmutter zwar immer noch Schwierigkeiten in Sachen Kindeserziehung, aber ihre Schwester Ludovika reist persönlich nach Wien und überredet sie, nachzugeben.

Hier gilt es, so einiges gerade zu rücken: Es stimmt zwar, daß Sisi ein paar Monate nach der Hochzeit schwanger wurde; aber nicht sie durfte ihrem Mann diese freudige Mitteilung machen, sondern... ihre Schwiegermutter (die natürlich vom Hofarzt sofort informiert worden war), der sie darob sehr böse war. Lächerliche Eifersüchtelei? Mag sein, aber so oder so hätte Franz-Joseph jetzt andere Dinge im Kopf haben sollen: In Osteuropa war Krieg ausgebrochen, und zwar einer, der Österreich direkt betraf. Die Historiker bezeichnen ihn als "Krimkrieg", weil die meisten Kampfhandlungen dort statt fanden; aber es ging um viel mehr, nämlich um die Befreiung Südosteuropas vom türkischen Joch. Da es sich dabei überwiegend um von Slawen besiedelte Gebiete handelte, war es nur verständlich, daß sich Rußland als deren Schutzmacht gerierte - und bei der Gelegenheit auch gleich die Dardanellen, den Ein- und Ausgang zum Schwarzen Meer, in die Hand bekommen wollte. Letzteres konnten aber die Westmächte England und Frankreich nicht zulassen, denn sie dachten bereits viel weiter, nämlich an eine Aufteilung des Osmanischen Reiches, dessen Kolonien in Nordafrika und in Nahost sie sich selber unter den Nagel reißen wollten (was ihnen jedoch erst am Ende des Ersten Weltkriegs ganz gelingen sollte). Deshalb heuchelten sie Mitleid mit dem "Kranken Mann am Bosporus" und fielen Rußland in den Rücken. Was hätte näher gelegen für Österreich, als Rußland eben diesen Rücken zu stärken? Man hätte sich über eine vernünftige Aufteilung der Interessensfären auf dem Balkan einigen können, ohne sich von den Seemächten hinein reden zu lassen. Wenn man dabei konsequent nach Religion und Sprache vorgegangen wäre, hätten Moldau und Walachei - das spätere "Rumänien" - in die österreichische Interessensfäre fallen müssen, B'lgarien und Serbien in die russische. Da aber erstere die Landverbindung des Tsarenreichs zu letzteren durchschnitten hätten, wäre es nur logisch gewesen, den Russen auch die Meerengen mitsamt dem "europäischen Teil der Türkei" - wie man Ost-Thrakien heute nennt - zu überlassen. Nikolaj dachte freilich nicht ganz so konsequent und logisch, wie aus seiner Korrespondenz mit Franz-Joseph hervor geht: Er wollte Moldau und Walachei für sich und bot Österreich dafür Serbien und Montenegro an - was wiederum dem Habsburger nicht genug war. Aber es war ja nicht nur eine Frage der Vernunft, sondern auch der Dankbarkeit: Tsar Nikolaj I hatte Franz-Joseph zu Beginn seiner Regierungszeit gleich zweimal den Thron gerettet: 1849, als er Truppen schickte, um den ungarischen Aufstand nieder zu schlagen, und 1850, als Preußen Österreich angreifen und aus dem Deutschen Bund drängen wollte, indem er vernehmlich mit dem Säbel rasselte und Preußen die "Olmützer Punctation" aufnötigte, pardon vermittelte, die Ihr mit etwas Glück noch in den Fußnoten einiger Geschichtsbücher finden könnt. Seither hatte sich Nikolaj in der Illusion gewiegt, daß der junge Kaiser von Österreich auch sein persönlicher Freund sei - welche bittere Enttäuschung, die er kurz darauf mit ins Grab nahm! Dabei hätte er gar nicht erwartet, daß Franz-Joseph ihm etwa Truppen zu Hilfe schickte - etwas diplomatische Unterstützung und wohlwollende Neutralität, wie sie Preußen wahrte, wäre ihm schon genug gewesen. Aber "Dankbarkeit" war für Franz-Joseph ein Fremdwort - ein absoluter Monarch brauchte nicht dankbar zu sein. Er benutzte die Menschen und warf sie hinterher fort wie gebrauchte Servietten. (Einer seiner Biografen nannte das ebenso boshaft wie zutreffend "die Politik der ausgepressten Zitrone".) Also stellte sich Franz-Joseph nach langem Zögern schließlich - als klar war, wie der Krieg ausgehen würde - noch auf die Seite der Westmächte; diese Perfidie haben ihm die Russen nie vergessen, geschweige denn vergeben. England und Frankreich dankten es ihm dagegen überhaupt nicht, zwangen ihn vielmehr, Moldau und Walachei - die vorübergehend von österreichischen Truppen besetztbefreit worden waren - wieder zu räumen, denn sie wußten die faktische Wertlosigkeit dieser Geste durchaus richtig einzuschätzen. Da hatte das kleine Piemont-Sardinien doch einen ganz anderen Beitrag geleistet, nämlich ein Expeditionskorps geschickt, so daß die Engländer, wie sie es bekanntlich immer gerne taten, bis zum letzten Neger Inder Italiener kämpfen konnten, und auch Napoleon III von Frankreich (dessen Soldaten vor Sewastopol starben wie die Fliegen - weniger an Kampfhandlungen als an mangelhafter Verpflegung, Seuchen und praktisch nicht vorhandener medizinischer Betreuung) freute sich über die Waffenhilfe und vergaß nicht, welch zuverlässiger Verbündeter Vittorio Emanuele war.

Exkurs. Aber, wird mancher Gutmensch fragen, war es denn nicht richtig, daß Franz-Joseph zögerte, den russischen Tsaren, einen bösen, tyrannischen Diktator, zu unterstützen und sich lieber für die edlen Demokratien des Westens entschied? Also zunächst einmal war Franz-Joseph selber ein Diktator, der sich von keinem Minister, keinem Parlament und erst recht keinem Parteipolitiker in seine Regierung hinein reden ließ. Zweitens gibt es sowohl gute als auch schlechte Diktaturen, ebenso wie es gute und schlechte Demokratien gibt - letzteres müßtet doch auch Ihr, liebe deutsche Leser, inzwischen aus eigener bitterer Erfahrung gelernt haben. (Der große Chronist der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, Ernst von Salomon, lehnte die Demokratie bis zuletzt ganz offen ab, weil es die Staatsform war, die Hitler an die Macht gebracht hatte - der ja, im Gegensatz zu den meisten seiner Kriegsgegner, demokratisch gewählt worden war. So wie manche Heutige - auch Dikigoros - durch die Gnade ihrer späten Geburt Hitler nicht mehr mit erlebt haben, so hat Salomon durch die Gnade seines frühen Todes Schmidt, Kohl, Schröder und Merkel nicht mehr mit erlebt, sonst wäre seine Begründung vielleicht noch etwas ausführlicher ausgefallen, etwa wie die eines in die USA emigrierten österreichischen Professors, der dort Carter, Clinton und Bush mit erlebt hat, den moderne Anhänger der Monarchie begeistert feiern. Der Tsar war kein schlechterer Diktator als Franz-Joseph. Und auch der letztere war zwar auf vielen Gebieten - er betätigte sich leider auf viel zu vielen persönlich - unfähig, aber nicht wirklich bösartig. Was warf man ihm denn vor - in Österreich, in Ungarn und wo auch sonst immer? Oder, positiv ausgedrückt: Was verlangte man von ihm? Ein "Volksheer"? Eine Verfassung ("Constitution")? Eine Volksvertretung ("Parlament"), wo öffentlich über Gesetze, insbesondere Steuergesetze debattiert wurde? Presse- und Meinungsfreiheit? Öffentlichkeit der Gerichtsverhandlungen mit Laienbeisitzern ("Geschworenen") aus "dem Volk"? Durchaus berechtigte Forderungen, meint Dikigoros - wozu hieße die "Republik", nach der sie verlangten, sonst so, nämlich "öffentliche Sache"? Damit in stillen Kämmerchen Gesetze ausgeheckt und Urteile gefällt wurden? Mit alledem mag es damals nicht besonders weit her gewesen sein. Aber alles ist relativ, liebe Leser - und damals war "relativieren" noch nicht strafbar. Vergleicht doch mal: Jetzt habt Ihr doch ein Volksheer ("Bundeswehr") und eine Verfassung (das "Grundgesetz"), die sich auf dem geduldigen Papier sehr gut ausnimmt. Und was ist sie in der Praxis wert? Einen Dreck. (Das meint Dikigoros als Oberbegriff für den Schnee am Hindukusch, den Sand in der Wüste Somalias und den Schlamm am Ufer des Kongo, wo das deutsche "Volksheer" unter krassem Verstoß gegen Buchstaben und Geist der Verfassung "Friedenseinsätze" genannte Angriffskriege führt.) Und Ihr habt ein Parlament ("Bundestag"), größer und besser bezahlt als je zuvor. Und, vertreten dessen Abgeordneten nun Eure Interessen, die "des Volkes"? Nein, sie vertreten einzig und allein die Interessen ihrer Parteien (die nach dem Wortlaut des Grundgesetzes bei der Willensbildung "des Volkes" lediglich "mitwirken" sollten!), und sie kontrollieren auch nicht die Regierung, sondern ihre Führer sind sogar mit denen der Regierung identisch! Die Gesetze werde immer noch hinter verschlossenen Türen ausbaldowert, sei es denen der Ministerien, sei es denen der Parlaments-"Ausschüsse" - in den "öffentlichen" Debatten wird längst nur noch leeres Stroh gedroschen, mit dem den Medienvertretern und anderen Eseln das Maul gestopft werden soll. Und die Presse- bzw. Meinungsfreiheit? Nehmt doch mal an, nach der Revolution von 1848/49 hätten einige Exilanten, die nach Großbritannien oder in die USA geflohen waren, behauptet, Franz-Joseph hätte einen "Völkermord" an sechs Millionen Ungarn begangen - glaubt Ihr wirklich, daß jemand, der gewagt hätte, diese Zahl in Frage zu stellen und vorzuschlagen, nochmal nachzurechnen, darob als Schwerverbrecher verurteilt worden wäre? [Nein, das ist keine retorische Frage: Andrássy ging nach England, sein Mitstreiter Kossuth in die USA, und sie verbreiteten dort just solche Gerüchte - wir werden noch darauf zurück kommen.] Und heute? Da würden solche "Ungarnmord-Leugner" sich bald vor Gericht wieder finden, aber schwerlich in einer öffentlichen Verhandlung und mit unparteiischen Geschworenen aus "dem Volk". [Merke: Die wirklich interessanten Prozesse finden auch heute noch unter Ausschluß der Öffentlichkeit statt - ganz offiziell. Und das Protokoll der "öffentlichen" Verfahren lautet in 90% der Fälle wie folgt: "Zum Aufruf gelangte die Sache A gegen B, Aktenzeichen... Für die Klägerseite erschien Rechtsanwalt X, für die Beklagtenseite Rechtsanwalt Y. Die Sach- und Rechtslage wurde erörtert. (Dieser Satz, liebe Leser, ist in den meisten Fällen Falschbeurkundung im Amt, resultierend aus einer stillschweigenden Komplizenschaft zwischen Richtern und Rechtsanwälten; denn die ersteren wollen keine langwierigen Erörterungen - weder zur Sach- noch zur Rechtslage -, und auch die letzteren verzichten gerne darauf, wenn ihnen nur ihr Anspruch auf die Verhandlungs- bzw. Erörterungs-Gebühr bescheinigt wird.) Rechtsanwalt X stellte den Antrag aus der Klageschrift (glaubt Ihr, die wäre öffentlich zugänglich?) vom... Rechtsanwalt Y stellte den Antrag aus der Klageerwiderung (wie vor) vom... Termin zur Verkündung einer Entscheidung wurde bestimmt auf den... Laut vorgespielt und genehmigt; Die Parteivertreter erklärten sich mit der Löschung der Aufzeichnung einverstanden. Ende der Sitzung um... Uhr." Und anschließend wird das Urteil doch wieder in geheimer Sitzung ausgeknobelt.]

Aber zurück zu Franz-Joseph: Er habe das Volk ausgebeutet und die Steuerschraube wahnsinnig fest angezogen. Ach wirklich? Als Dikigoros zur Schule ging, lernte er im Geschichts-Unterricht, daß schon die Menschen im Mittelalter furchtbar mit Steuern drangsaliert wurden, sie mußten nämlich der Kirche den "Zehnten" entrichten - und in ähnlicher Höhe bewegten sich die Abgaben für den Normalverdiener auch zur Zeit Franz Josephs. 10%, liebe Leser, 10%! (Übrigens nicht in Österreich allein. Im benachbarten Frankreich waren die Steuersätze noch niedriger, und um das gleich mal in absolute Zahlen umzurechnen: Bis 1814 war dort das ach-so-demokratische Wahlrecht daran gekoppelt, daß man pro Jahr mindestens 300 Francs - nach heutiger Kaufkraft ca. 3.000 Teuro, also pro Monat ca. 250.- Teuro - Steuern zahlte. Das betraf ca. 12.000 Personen, also ein halbes Promille der Bevölkerung von damals 24 Millionen. Erst als Napoleon 1815 von Elba zurück kehrte, zog er die Steuerschraube an, um den neuen Krieg zu finanzieren - die alten Kriege hatte er durch Ausbeutung der besetzten Länder finanziert -, d.h. er verdreifachte den Steuersatz. In den ihm freundlich gesonnenen Geschichtsbüchern steht heute: "Er erweiterte den Kreis der Wahlberechtigten auf 100.000" - d.h. jetzt mußten ca. 4 Promille der Bevölkerung 300 Francs oder mehr Steuern pro Jahr bezahlen.) Wißt Ihr, wieviel der Staat dem Erwerbstätigen von heute durchschnittlich aus der Tasche zieht? Wenn Ihr alles zusammen nehmt, d.h. nicht nur Lohn- und Einkommenssteuer (plus "Solidaritätszuschlag"), sondern auch die Mehrwertsteuer, nicht nur die eigenen Beiträge zur Kranken-, Renten- und Arbeitslosen-Versicherung, sondern auch die Beiträge, die der Arbeitgeber zu den "Sozialabgaben" leistet (und die er natürlich von Eurem Lohn abzieht), dann kommt Ihr auf über 75%! (Und der "Abschoß" beim "Heimfall", wenn Ihr davon schon mal gehört oder gelesen habt, betrug bisweilen ein ganzes Huhn - eine schwer wiegende Belastung für die Familie der armen Erben, stand zu Dikigoros' Schulzeit noch in manchen Büchern. Für den Gegenwert eines Huhn bekommt Ihr heute nicht mal einen Erbschein, geschweige denn die Freigabe des Nachlasses vom Finanzamt, das zuvor eine Erbschaftssteuer erhebt, die so hoch ist, daß Ihr nach ihrer Entrichtung in der Regel einen kleinen Familienbetrieb - mit oder ohne Hühner - nicht mehr fortführen könnt.) Was meint Ihr, wie die Konjunktur anspringen würde, wenn die guten Demokraten von heute die Steuer- und Sozialabgabenlast wieder auf das Niveau des bösen Diktators Franz-Joseph oder des bösen Diktators Napoleon senken würden?! Ihr meint, dann gäbe es doch nicht mehr genug umzuverteilen, um den Bedürfnissen des "Sozialstaats" gerecht zu werden? Dikigoros will Euch etwas verraten: Die Kirche finanzierte vom "Zehnten" nicht nur kostenlose Schulen und Standesämter (die heute, trotz der erhöhten Steuerlast, nur noch gegen exorbitante Gebühren für jeden Stempel tätig werden), sondern übernahm auch die Pflege der Alten und Kranken (ohne daß man für eine "Pflegeversicherung" einzahlen mußte!) und leistete den wirklich Bedürftigen materielle Hilfe, die auch nicht viel schlechter war als das mit milliardenschweren Abgaben finanzierte "ALG II" à la Hartz. (Und was tut die Kirche heute mit ihrem Zehnten - 10% der Lohn- und Einkommenssteuer - und den Spenden der Gutgläubigen? Sie verplempert den größten Teil in die so genannte Dritte Welt, an Nicht-Christen - "Mission" nennt sie dieses sinn- und zwecklose Unterfangen -, obwohl im eigenen Lande die Not unter Christenmenschen immer größer wird und nichts so angezeigt wäre wie eine innere Mission und - der Kampf gegen den verfluchten Islam, dem sie sich statt dessen "versöhnlich" anzubiedern sucht!) Was noch? Franz-Joseph habe zuviel Geld ins Militär gesteckt? Nein, liebe Leser, er steckte eher zu wenig Geld ins Militär; vielmehr reduzierte er die Truppen im Laufe der Zeit immer mehr - was sich bald rächen sollte, denn es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt; und Österreich hatte bekanntlich mehr als einen bösen Nachbarn. Dabei war Franz-Joseph nicht einmal so dumm wie gewisse heutige Politiker, die sich und "ihrem" Volk Feinde in aller Welt machen, indem sie Truppen an den Hindukusch, an den Kongo, in den Libanon und sonstwohin schicken - deren Einsatz in einem Jahr mehr Steuergelder verschlingt als Franz-Joseph in 67 Regierungsjahren und vier Kriegen zusammen für sein Militär ausgegeben hatte. Exkurs Ende.

Zurück zu Sisis erstem Kind. Niemand freute sich wirklich über die Geburt einer Prinzessin. Alle - Sisi eingeschlossen - hätten sich einen männlichen Stammhalter gewünscht. Umso merkwürdiger ist das Gerangel um ihre Erziehung. Natürlich gehört ein Kind zur Mutter, auch wenn die selber noch ein halbes Kind ist - wenn sie alt genug ist, Kinder zu bekommen, ist sie auch alt genug, sich um sie zu kümmern. (Sisi war 17, und der Film wurde einem Publikum vorgespielt, das in der Kriegs- und Nachkriegszeit erlebt hatte, wie schon weit jüngere Mädchen die Erziehung ihrer kleinen Geschwister übernehmen mußten, wenn der Vater an der Front, gefallen oder in Gefangenschaft war - die letzten Überlebenden waren gerade erst im Vorjahr aus der Sowjet-Union zurück gekehrt - und die Mutter arbeiten ging.) Die Großmutter wird noch früh genug eingespannt werden und froh sein, wenn sie nicht ständig die Ersatzmutter spielen muß. So ist es jedenfalls in "bürgerlichen" Familien; aber hier war es eher ein Streit um des Kaisers Bart, um nicht zu sagen ein Zickenstreit: Weder Sophie noch Sisi wollten dem Kind doch persönlich die Brust geben oder es wickeln - dafür gab es Ammen, Kindermädchen usw.; es ging den beiden alleine darum, wer es von den eigenen Gemächern näher zum Kinderzimmer hatte, um das Baby ab und an mal zu begaffen, mithin pure Bequemlichkeit (Sisi machte geltend, es falle ihr beschwerlich, die Treppen zu den Gemächern der Kaiserinmutter hinauf zu steigen - ihr, der großen Bergsteigerin!), und da hätte Sisi als die Jüngere wohl nachgeben können - tat sie auch, und zwar ohne Flucht nach Possenhofen. Der Kurztrip mit Franz-Joseph zur Berghütte ist gleichwohl verbürgt; allerdings dürfte er sich etwas anders abgespielt haben als im Film. Richtig ist, daß es keine Milch gab - das sollte Sisi nie wieder passieren, von da an nahm sie auf alle ihre Reisen eine eigene Milchkuh mit! Falsch dürfte dagegen sein, daß Sisi ihre Schuhe selber putzte. Wozu sollte sie? Die Kaiserin von Österreich trug ihre Schuhe nur einen Tag lang, danach wurden sie verschenkt (an die Hofschranzen). Sisi mag gerade mal in der Lage gewesen sein, ihre Schuhe selber anzuziehen; das war schon eine Besonderheit am Wiener Hof - Franz-Joseph war nicht mal in der Lage, selber seine Wäsche an- und auszuziehen (dafür gab es Leibkammerdiener), geschweige denn seine Militärstiefel, in denen er ständig herum lief (dafür gab es Stiefelknechte - die damals noch nicht aus Holz waren :-). Auch seine Kleidung wurde nur einen Tag getragen, dann wurde sie versteigert (!) - der Erlös fiel ebenfalls an die Hofschranzen. Falsch ist auch, daß Franzl den Wirt nicht verstand, denn seine Muttersprache war ebenso wie die Sisis bayrisch-österreichischer Dialekt - warum auch nicht. Hochdeutsch mußte er ebenso mühsam im Privatunterricht erlernen wie Tschechisch und Ungarisch - das er übrigens viel früher und viel besser beherrschte als Sisi, denn er war wie gesagt nicht ungebildet. Sisi begann, um das vorweg zu nehmen, erst viele Jahre später mit dem Ungarisch-Unterricht, und auch nicht bei "Dr. Falk", der weder Dr. noch Lehrer noch Ungar war, sondern ein Journalist aus Pescht, dessen Muttersprache Jiddisch war, und den sie sich erst anno 1866 als Unterhalter an den Hof holen sollte, als sie schon leidlich gut Ungarisch sprach - bis da war es noch lange hin.

Zurück ins Jahr 1856, als Sisis zweites Kind geboren wurde - wieder "nur" eine Tochter, die auf den Namen Gisela getauft wurde, von der Marischkas Film freilich nichts weiß - und ebenfalls in die Obhut der Schwiegermutter kam. So weit so gut, dachte Sophie. Aber schon ein Jahr später schlug ihr Sisi ein Schnippchen, als sie ihren Mann zu einer Dienstreise nach Ungarn begleitete und ihre beiden Töchter einfach mitnahm. Wart Ihr mal in der Pußta, liebe Leser? Aber wenn, dann sicher nicht im 19. Jahrhundert, als dort hygienische Verhältnisse herrschten, wie man sie, als Dikigoros so alt war wie die beiden kleinen Prinzessinnen, vielleicht noch in einigen Teilen Süd- und Südosteuropas antraf, aber heute nur noch in Ländern der "Dritten Welt" in Asien und Afrika. Um es kurz zu machen: Beide Kleinkinder erkrankten schwer, Gisela überlebte zwar, aber Sophie starb, und alle Welt gab Sisi die Schuld - wohl zurecht. Fortan machte sie keinen Versuch mehr, ihrer Schwiegermutter die Enkel zu entziehen. Zum Glück war es ja "nur" ein Mädchen, das gestorben war, und Sisi war wieder schwanger. Diesmal wurde es endlich ein Junge - Rudolf wurde er getauft, nach dem ersten mittelalterlichen Kaiser, den die Habsburger stellten. Auch von ihm weiß Marischkas Film nichts. Aber vielleicht wollte er zeitlich gar nicht so weit gehen? Schaun wir mal...

Es bleibt ja noch - so zu sagen als zeitloses Problem - die Sache mit den Ungarn. Der Kaiser ist unentschlossen, die Kaisermutter unversöhnlich. Aber Sissi erobert ihre Herzen im Sturm, allen voran das des Führers der Revolution von 1848/49, Graf Andrássy, den sie persönlich empfängt und ihrer Liebe zu Ungarn versichert. Sie bewegt Franz Joseph schließlich gegen den Rat ihrer Schwiegermutter zu einer umfassenden Amnestie für alle Revolutionäre; und nach einigem langatmigen Hin und Her gelingt die Aussöhnung. In der Schlußszene wird das Kaiserpaar in Ofen vor einer jubelnden Menge zu den Klängen der eigens von Franz Liszt zu diesem Anlaß komponierten Musik zum König und zur Königin von Ungarn gekrönt - Ende gut, alles gut.

Pardon, liebe Leser - wann fand denn diese ungarische Krönung statt? Schaut mal in Eure Geschichtsbücher: das war erst anno 1867! Und was war dazwischen? Eine ganze Menge Dinge, die erst im dritten Sissi-Film auftauchen, weshalb Dikigoros sie Euch hier noch vorenthalten will; aber machen wir ruhig mit Marischka den Sprung ins Jahr 1866, als Sisi Andrássy erstmals empfängt. Österreich steht gerade im Begriff, im Krieg gegen Preußen eine totale Niederlage einzustecken, zumal dessen Ministerpräsident, ein gewisser Otto v. Bismarck, versucht, die Ungarn zu einem militärischen Aufstand anzustacheln - diesmal würde der Tsar dem treulosen Habsburger nicht zu Hilfe eilen! Da hilft nur noch eines: den Ungarn das gleiche anzubieten, was ihnen auch Bismarck angeboten hat: Autonomie und "Ausgleich" mit Deutsch-Österreich, mit dem es nur noch pro forma durch eine Personalunion verbunden sein soll. So geschieht es denn auch; der Friede mit Preußen wird zu vermeintlich milden Bedingungen (Austritt Österreichs, Böhmens und Mährens aus dem Deutschen Bund, der damit zu Bestehen aufhört) geschlossen, und ein Jahr später wird das Kaiserpaar tatsächlich zum König und zur Königin von Ungarn gekrönt. (Sogar die Stefanskrone - welche die Revolutionäre bis dahin versteckt hatten - taucht zu der Gelegenheit wieder auf.) Ende gut, alles gut? Noch einmal pardon, liebe Leser - was soll denn an dem Ende gut gewesen sein? Ach ja, die Ungarn hatten ihre "Freiheit" wieder. Aber waren sie denn je "unfrei" gewesen? Na klar waren sie das - seit der Schlacht von Mohács anno 1526, da hatten nämlich die Türken den größten Teil des Landes erobert. (Dikigoros hat Euch ein Gemälde dieser Schlacht heraus gesucht, das just von 1866 stammt - um zu zeigen, daß jenes Ereignis damals noch allgemein bekannt war.)

Nur der westliche Zipfel Ungarn konnte vor den Türken gerettet werden - Dank der Habsburger, die später auch die Rückeroberung (Dikigoros verkneift sich bewußt den Ausdruck "Befreiung", er will ja nicht parteiisch sein ;-) und den Wiederaufbau des von den Türken völlig zerstörten und menschenleer gemachten übrigen Landes durch "Peuplierung" mit tüchtigen deutschen Menschen übernahmen. Und damit kommen wir zu dem Abschnitt, der schuld daran ist, daß diese Seite so lange offline war. (Dikigoros hat weite Teile dessen, was er dazu geschrieben hat, inzwischen in ein anderes Kapitel seiner "Reisen durch die Vergangenheit" verschoben - was dazu geführt hat, daß es nun dort stockt.) Wer war im "Recht" bei der Auseinandersetzung zwischen Deutsch-Österreichern und Mådjåren? [Die letzteren mögen Dikigoros seine unkorrekte Schreibweise nachsehen; er gebraucht sie bewußt, damit seine Landsleute sie beim Anblick der korrekten Schreibweise nicht "Magüaren" oder "Matscharen" o.ä. aussprechen. (Orthografische Korrektheit ist schön und gut; aber bisweilen zeitigt sie ebenso krause Resultate wie die so genannte politische Korrektheit :-) Und die Nicht-Ungarn mögen noch einen Augenblick warten, bevor sie ihm vorhalten, daß jene Selbstbezeichnung ethnologisch unkorrekt ist - sie bezeichnet nämlich nur eine der neun Räuberbanden, pardon, einen der neun Reiterstämme, die vor über tausend Jahren plündernd und mordend in die Donau-Theiss-Ebene eindrangen und die anderen - die wir insgesamt "Ungarn" nennen - allmählich unterwarf. Aber gerade deshalb wählt Dikigoros an dieser Stelle jene Stammesbezeichnung.] Argumentiert Dikigoros nicht immer, daß Vielvölkerstaaten und "Multikulti"-Konglomerate von Übel sind und daß jede Nation das Recht habe, ein eigenes Staatswesen zu gründen, frei von Einmischung und Bevormundung durch Fremde? Warum sollten nicht auch die Ungarn diese Freiheit haben?

Was ist Freiheit, liebe Leser? Vergeßt den dummen Spruch von Rosa Luxemburg (den diejenigen, die sich auf sie beriefen, selber am wenigsten beherzigten), daß Freiheit immer die des anders denkenden sei - und mit bloßer Gedankenfreiheit hätten sich die Ungarn eh nicht zufrieden gegeben. Vergeßt auch den Satz Radetzkys: "Diese Leute wollen gar keine Freiheit, denn die haben sie ja schon!" Er hatte ihn auf den Pöbel der Revolution von 1848/49 gemünzt, der nur frei sein wollte zu morden, zu plündern und zu zerstören - darum ging es hier ebenfalls nicht. Dikigoros pflegt die Eingangsfrage dieses Absatzes zu beantworten mit der Gegenfrage: Freiheit wessen wovon wozu? Wir heutigen verstehen unter politischer "Freiheit" zumeist die der Einzelnen; aber die konnten sich eigentlich gar nicht beklagen - darüber hatte Dikigoros ja schon im ersten Teil geschrieben: Die ungarischen Untertanen Franz-Josephs hatten nicht mehr und nicht weniger individuelle Freiheit als ihre deutsch-österreichischen Zeitgenossen (also jedenfalls mehr als die meisten Deutschen und Ungarn in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts :-). Aber der ungarische Adel wollte selber herrschen und redete ihnen deshalb ein, daß sie mit ihm besser bedient wären - vielleicht nicht als Einzelne, aber als Nation Daß sich die Revolution von 1848/49 über ganz Europa ausgebreitet und vielerlei Dinge auf ihre Fahnen geschrieben hatte, unter denen wir heute etwas ganz anderes verstehen, verstellt einigen Narren, pardon "Historikern", die nur auf Liberalismus, Demokratismus, pardon "Demokratie", Sozialismus und andere "Ismen" geeicht sind, den Blick auf die wirklichen Beweggründe der Aufständischen, deren wichtigste der Nationalismus war (aber auch darüber schreibt Dikigoros ausführlicher an anderer Stelle). Es ist schon etwas Merkwürdiges mit diesem Nationalgefühl: Auch heute noch trösten Dinge wie das gute Abschneiden der National-Mannschaft bei einer Fußball-Weltmeisterschaft die Menschen über (viel zu) vieles hinweg: Wirtschaftskrise, Arbeitslosigkeit, schleichender sozialer Abstieg, zunehmende Terrorgefahr... Und umgekehrt: Weil die ungarische National-Mannschaft um den zwangsmadyarisierten Deutschen Puskas 1954 nicht Fußballweltmeister wurde, machten die Ungarn zwei Jahre später Revolution - gegen die Russen, obwohl die ihnen den Titel doch gar nicht weg geschnappt hatten! (Das waren vielmehr die Deutschen, die neun Jahre nach der Auflösung des Deutschen Reichs durch die alliierten Besatzer erstmals wieder ihre Nation für sich entdeckten und die - heute verbotene - 1. Strofe der Kaiserhymne, pardon des Deutschlandliedes sangen. Damals bestand deren National-Elf noch nicht überwiegend aus Polen, Russen, Türken, Persern und Afrikanern.) Die Ungarn waren schon immer ein besonders national gesinntes Volk - vielleicht von allen Völkern Europas am meisten (das "vielleicht" schreibt Dikigoros nicht wegen der Juden oder der Türken - die keine europäischen Völker sind -, sondern wegen der Polen und der Griechen :-) -, und im 19. Jahrhundert, dem Zeitalter des Nationalismus, galt das umso mehr. Es ging also nicht um die Freiheit der Einzelnen, sondern um die Freiheit der ungarischen Nation.

Aber wer oder was ist diese famose "Nation"? Im 17. Jahrhundert behauptete ein größenwahnsinniger französischer König, Louis XIV: "L'État, c'est moi - der Staat, das bin ich." Das war gewiß Unfug, oder höflicher ausgedrückt, eine Fiktion. Im 20. Jahrhundert waren die Meinungen geteilt: Die Nazis sprachen von "Volksgemeinschaft", aber dieses Wort verschwand 1945 aus den Lexika; und obwohl auch die Väter des Grundgesetzes 1949 noch behaupteten, daß alle Staatsgewalt vom "Volk" ausgehe, muß uns doch klar sein, daß auch das bloß eine Fiktion ist - aus der Sicht der Herrschenden eine Lüge, aus Sicht der Beherrschten frommer Selbstbetrug. (Heute tendiert man immer mehr dahin, den Begriff "Volk" oder "Nation" - das ja vom lateinischen Wort für "Geburt" kommt und eine biologische Verwandtschaft der "Volksgenossen" beinhaltet - ganz zu meiden und es durch "Staatsbürger" zu ersetzen, worunter die Bevölkerung eines Territoriums verstanden wird, die das gleiche Ausweispapier in der Tasche trägt; der einzige Staat Europas, dessen Politiker sich weiter krampfhaft an das Wort "Nation" klammern, ist Frankreich, obwohl sich auf immer größeren Teilen seines Territoriums mehr Afrikaner - Araber und Schwarze - aufhalten als "eingeborene" Europäer, die wohl bald den Weg der Deutsch-Österreicher im Habsburger Reich gehen werden, nämlich den in die Minderheit. Die ersten Aufstände der künftigen Mehrheit haben die Vororte von Paris bereits im Jahre 2005 gesehen - aber das ist eine andere Geschichte.) Dazwischen herrschte lange Zeit die Aufassung vor, die Nation seien "die Stände" (von deren französischer Bezeichnung - "états" [vormals "estats" geschrieben] - auch unser Wort "Staat" kommt), also hauptsächlich der "Adel". Das ist eine gute Idee, wenn dieser Adel denn tatsächlich eine körperliche und geistige Auslese darstellt, solange die "Aristokraten" wirklich "die Besten" sind, wie es das griechische Wort "aristoi" suggeriert. Daran darf freilich im Europa des 19. Jahrhunderts gezweifelt werden - und eigentlich schon viel früher. Im 17. Jahrhundert versuchte der böhmische Adel, eine - vermeintliche - Schwäche der Habsburger auszunutzen und unter dem Vorwand der "Religionsfreiheit" die Macht an sich zu reißen. Er löste damit den "30-jährigen Krieg" aus, an dessen Ende sich ein paar Hochadelige in Mitteleuropa zu "souveränen Herrschern" (meist nur Duodezfürsten) aufschwingen konnten; der Rest des Adels wurde zwar nicht ganz platt gemacht, aber politisch hatte er nichts mehr mitzureden. Seine "Vorrechte" beschränkten sich fortan darauf, bei Hofe zu repräsentieren und in der Armee die Officiere zu stellen, d.h. das Kanonenfutter. Kaum war der Krieg auf dem Kontinent beendet (offiziell jedenfalls, tatsächlich ging er noch über ein Jahrzehnt weiter), erhoben sich auf den britischen Inseln die Krautjunker, pardon die "Landadeligen [gentry]" um Oliver Cromwell, töteten den König und errichteten ein "Commonweal[th]" - wie das ausging, darüber berichtet Dikigoros an anderer Stelle. (Dort schreibt er auch mehr über die Frage nach der theoretisch "besten Staatsform", die er hier dahin stehen lassen will). Im 18. Jahrhundert führte das Experiment, den König von Polen (der ebenfalls ein Deutscher, pardon, ein Sachse war) zu entmachten und statt dessen eine "Adelsrepublik" zu errichten, zu den so genannten "polnischen Teilungen", d.h. zum vorübergehenden Verschwinden Polens von der Landkarte. Und nun, im 19. Jahrhundert, versuchte der ungarische Adel die Machtergreifung. Nehmen wir ihn also in diesem speziellen Fall als "Nation", die nach "Freiheit" strebte.

Aber Freiheit wovon? Nein, nicht vor der Sorge um die Türkengefahr - die gab es ja nicht mehr, also hatte der Habsburger Mohr (nicht nur der "Rustimo" :-) seine Schuldigkeit getan und konnte gehen, und wenn er das nicht freiwillig tat, dann mußte man eben ihn zur neuen Gefahr für "die Freiheit" hoch stilisieren! Mit Recht? Schwerlich. Ihr dürft nicht die Verhältnisse von 1854 zum Maßstab nehmen, liebe Leser, ebenso wenig wie Ihr das etwa für Polen tun dürft. Beide Länder hatten nach dem Wiener Kongreß unter dem Kaiser von Österreich (Ferdinand, der Onkel Franz-Josephs, hieß nicht umsonst im Volksmund "der Gütige", woraus Ihr getrost schließen dürft, daß auch sein Erster Minister Metternich - der Preuße in Habsburger Diensten - nicht so schlimm war, wie er im Nachhinein oft gemacht worden ist) bzw. dem Tsaren von Rußland in relativ großer Autonomie leben können - jedenfalls in unvergleichlich viel größerer Autonomie als etwa die Iren und Schotten in Großbritannien, die Basken und Katalanen in Spanien oder die Bretonen und Elsässer in Frankreich (die allesamt gar nicht wußten, was "Autonomie" war, geschweige denn von ihr zu träumen wagten)! Erst als sie 1830 und noch einmal 1848 Revolution machten, zogen die "Diktatoren" die Zügel fester an. Verständlich? Na klar! Vernünftig? Schwer zu sagen. Halten wir einfach fest, daß die Ungarn die Habsburger als Fremdherrscher und die Deutsch-Österreicher als Fremdkörper empfanden, von denen es sich zu befreien galt.

Bleibt die dritte Frage: Wozu wollten die Ungarn mehr Freiheit? Wir sind in der glücklichen - und in der Geschichte seltenen - Lage, keine müßigen Spekulationen anstellen zu müssen, was die "Macher" der ungarischen Revolution wollten und was sie wohl getan hätten, wenn sie an die Macht gekommen wären, denn sie kamen an die Macht, und wir wissen, was sie als Machthaber taten: Leute, die Augen im Kopf hatten, wie Erzherzogin Sophie, wußten es schon durch das kurze, aber umso mörderischere Terror-Regime, das sie 1848 errichteten; und diejenigen, die es nicht gesehen hatten oder nicht wahr haben wollten, erfuhren es zu ihrem eigenen Schaden durch das lange, nicht ganz so mörderische Terror-Regime, das sie nach dem Ausgleich von 1867 errichteten. Die Ungarn wollten, um es auf eine kurze, griffige Formel zu bringen, die Freiheit, den anderen Völkern in ihrem Machtbereich die Freiheit zu nehmen - und daran hatten sie die Habsburger bisher gehindert. Kommt Dikigoros jetzt bitte nicht mit dem Argument, Multikulti könne nicht gut gehen, deshalb hätten die Ungarn ganz Recht gehabt, jene Völker zu mådjårisieren. Die Habsburger Monarchie war nämlich - von den vier Hauptstädten Wien, Prag, Ofen und Lemberg mal abgesehen - gar kein "Multikulti-Konglomerat" (ebenso wenig wie es etwa die Schweiz ist); vielmehr lebten ihre Nationalitäten in mehr oder weniger geschlossenen Siedlungsgebieten, also neben-, nicht mit-, geschweige denn durcheinander, so daß die Reibungspunkte auf ein Minimum reduziert werden konnten. Insbesondere die Kroaten, die Slowaken und die Siebenbürgener lebten nicht auf "ungarischem" Territorium, sondern auf ihrem eigenen Grund und Boden; und gerade sie waren die einzigen treuen Stützen, die das Habsburger Herrscherhaus während des ungarischen Aufstands von 1848/49 gehabt hatte (während die Deutsch-Österreicher in Wien selber Revolution machten), ohne deren tatkräftige Unterstützung auch die Hilfe des russischen Tsaren im Ergebnis wohl wirkungslos geblieben wäre. Und diese treuesten der Treuen lieferte Franz-Joseph beim "Ausgleich" von 1867 kalten Herzens und ohne jede Spur eines schlechten Gewissens ihren mådjårischen Todfeinden aus, die sich bald zum Völkermord anschickten. "Völkermord?" Aber ist das nicht das weltgeschichtlich einmalige Ereignis, das als "Holocaust" in unsere Geschichts- und Märchenbücher eingegangen ist, nämlich der Mord der bösen Nazi-Deutschen an den Juden? Pardon, liebe Shoa-businessmen, aber was Völkermord ist, wird in der UN-Charta - ziemlich weitschweifig, aber gleichwohl ganz eindeutig - definiert, und dazu zählt u.a. Raub der nationalen Identität durch Vorenthaltung des Gebrauchs der Muttersprache in Wort und Schrift. Was Napoléon "III" mit zwei Millionen Elsässern machte, war unter dieser Definition Völkermord (genauer gesagt versuchter Völkermord, denn durch die Heimkehr Elsaß-Lothringens ins Deutsche Reich von 1871 wurde diese Entwicklung vorübergehend aufgehalten und erst 1945 durch de Gaulle vollendet), und was Franz-Joseph nach 1849 mit sechs Millionen Ungarn - angeblich (es handelte sich wie gesagt nur um alliierte, pardon exilierte Greuelpropaganda) - machte, ebenso. Keine Greuelpropaganda, sondern traurige Wirklichkeit war dagegen das, was die Ungarn nach 1867 mit "ihren" Minderheiten anstellten: Verbot der eigenen Sprache in Wort und Schrift, der eigenen Schulen, der Selbstverwaltung selbst auf unterster Ebene, dafür wirtschaftliche Ausbeutung, Rekrutenaushebung, Steuerschraube usw. Das war es, wofür Andrássy & Co. in Wahrheit kämpften, nicht mehr und nicht weniger. Verständlich? Nein! Vernünftig?

Halt, werden die Ungarn sagen, lassen wir diese Randgebiete doch mal einen Augenblick außer acht. Erstens gab es auch auf unzweifelhaft ungarischem Boden Einsprengsel von Deutschen, außerdem Juden und Zigeuner; und zweitens hat Dikigoros ja selber eingeräumt, daß es in den großen Städten so etwas wie "Multikulti" gab, das von Übel war; folglich kann die Mådjårisierungs-Politik doch nicht ganz so unverständlich und unvernünftig gewesen sein wie er es hier unterstellt - oder? Und machten es andere Länder damals nicht ähnlich? Ist nur die Romanisierung, Anglisierung und Germanisierung gut, die Russifizierung und Mådjårisierung aber schlecht? Berechtigte Fragen, liebe Leser, und was Dikigoros von der Romanisierung der Basken, Bretonen und Elsässer und der Anglisierung der Schotten, Iren und Waliser hält, hat er ja schon angedeutet (ausführlicher schreibt er darüber an anderer Stelle), und der inzwischen "Integration" genannten "Germanisierung" fremdvölkischer Elemente aus aller Herren Länder, wie er zur Zeit in der BRD propagiert wird, steht er ebenfalls äußerst skeptisch gegenüber, er hält nichts von "Beutegermanen" aus Afrika und Asien, schon gar nicht, wenn sie muslimischen Glaubens sind - aber auch das ist eine andere Geschichte. Was ist nun mit jenen "Einsprengseln" von Menschen anderer Sprache und Kultur, wie sie im 19. Jahrhundert noch in Ungarn lebten? Nun, da sollte man erstmal fragen, was für Menschen das sind: Sind es Aufbauhelfer, die man einst selber ins Land geholt, ja gelockt hat, mit der Zusicherung, dort auf Dauer bleiben zu können? Oder Gastarbeiter, die eigentlich nur den Boden urbar machen bzw. den Spargel ernten oder die Fließbänder in Gang halten und nach ein paar Wochen oder Jahren wieder zurück gehen sollten? Oder sind es Schmarotzer, falsche Asylanten und "Wirtschafts-Flüchtlinge", die niemand gerufen hat, die man bisher lediglich abzuschieben versäumt hat? Oder gar Eroberer, die gewaltsam ins Land eingedrungen sind, um die eingeborene Bevölkerung auszubeuten (wie die Türken in Südost-Europa und wie viele europäische Kolonialmächte - eigentlich alle mit Ausnahme der Deutschen - in Afrika und Asien) und zu terrorisieren (wie viele Muslime aus Afrika und Asien, die sich in Europa festgesetzt haben)? Die müssen natürlich (beachtet bitte, daß Dikigoros dieses Wort nie anders als in seinem ursprünglichen Sinne gebraucht - sonst schreibt er "selbstverständlich"!) wieder hinaus geworfen werden, notfalls mit Gewalt, und je eher desto besser - solange das noch ohne größeres Blutvergießen möglich ist.

[Nachtrag Oktober 2006: Dikigoros verweist all jene, denen diese seine Einschätzung nicht behagt, auf die Begründung für die Verleihung des Friedens-Nobelpreises 2006 an einen Bankier aus dem muslimischen Bangla Desh, der Bäuerinnen Kleinkredite gewährt, damit sie die Lebensmittel-Produktion steigern. Da heißt es in Anerkennung der Tatsache, daß die Invasion so genannter "Wirtschafts-Flüchtlinge" gen Europa einen Akt kriegerischer Aggression darstellt, daß Frieden langfristig nur möglich sei, wenn man den Hunger in den Herkunftsländern nachhaltig bekämpfe. Das Nobelpreis-Komitee hat sich Dikigoros' Argumentation also im Ansatz voll und ganz angeschlossen! Allerdings haben die braven Skandinavier das Problem wohl nicht ganz zuende gedacht - wie so viele Westler, die glauben, daß es im Endeffekt "billiger" sei, den Invasionsgelüsten in der "Dritten Welt" das Wasser abzugraben, indem man die Lebensbedingungen dortselbst verbessert, als wenn man im eigenen Lande aufrüstet, um die Invasoren mit Waffengewalt - und womöglich Blutvergießen - zurück zu schlagen. Aber das ist eine Milchmädchen-Rechnung, die nur Politiker und andere Elfenbeintürmler aufmachen können, die die "Dritte Welt" allenfalls aus dem Luxus-Pauschal-Urlaub oder von Staatsbesuchen "kennen". Tatsächlich werden die Empfänger solcher Wohltaten das verbesserte Nahrungsangebot nämlich nicht nutzen, um künftig zu Hause zu bleiben und sich redlich zu ernähren, sondern vielmehr, um noch mehr Kinder in die Welt zu setzen, vor allem Söhne, die durch die bessere Ernährung noch stärker und aggressiver sind, und die Invasionsheere dadurch nur noch mehr anschwellen lassen. (Schließt bitte nicht von Eurem eigenen Fehlverhalten, liebe westliche Christen, auf das der Angehörigen anderen Kulturkreise: Ihr mögt, je "reicher" an Geld Ihr werdet, desto weniger Kinder bekommen; aber in vielen - vor allem, aber nicht nur muslimischen - Ländern ist es genau umgekehrt, dort gelten nämlich Kinder als Reichtum; und statt sie abzutreiben schickt man sie in die Welt, um sie für sich - und Allah - zu erobern. Tag für Tag dringen tausende gewaltbereiter Invasoren aus Schwarzafrika über die zu Spanien gehörenden Kanaren in die EU ein, ohne auf ernsthaften Widerstand zu stoßen, und ebenso viele Muslime aus Nordafrika über das italienische Lampedusa - aber das ist eine andere Geschichte.) Durch solche Fehlleitung der Nobel-Millionen wird das Problem also nicht aufgehoben, sondern nur aufgeschoben und kommt ein bis zwei Generationen später mit doppelter und dreifacher Wucht auf uns und unsere Kinder zurück. Es gibt nur einen nachhaltigen Weg, sicher zu stellen, daß wir dauerhaft in Frieden leben können, und das ist, selber wieder mehr Kindern das Leben zu schenken und sie - fysisch und psychisch - so gut auszurüsten, daß sie die Invasoren an unseren Grenzen mit der Waffe in der Hand zurück schlagen können. Der nächste Empfänger des Friedens-Nobelpreises sollte jemand sein, der dafür geeignete Maßnahmen aufzeigt, jemand mit ganz anderen Visionen als die Narren von World Vision oder Menschen für Menschen, auf die wir nachher noch einmal zurück kommen müssen, da auch Karl Heinz Böhm zu diesen Narren zählt. Franz Joseph hat Österreich-Ungarn in den Multikulti-Untergang geführt; aber das war nur Peanuts verglichen mit dem, was jetzt auf dem Spiel steht: Europa, oder, wie es mal jemand mit einem griffigen Schlagwort ausgedrückt hat: der Untergang des Abendlandes in der afrikanischen Migrantenflut. Nachtrag Ende.]

In welche Kategorie fielen also die Minderheiten auf ungarischem Boden? Nun, die Zigeuner mögen im Sinne der o.g. Definition "Schmarotzer" gewesen sein, aber wahrscheinlich waren sie bloß der zehnte Stamm, nach dem die "Ungarn" von ihren turk-b'lgarischen Nachbarn so ("Zehnstämme") genannt wurden, so daß sie jedenfalls nicht weniger Anwesenheitsrecht im alten "Pannonien" hatten als die Mådjåren und die anderen ungarischen Stämme. Die Deutschen und die sich ebenso ("Aschkenasim") nennenden Juden waren entweder Aufbauhelfer (also Dummköpfe, wie die "Entwicklungshelfer" von heute, und mit so etwas sollte man kein Mitleid haben) oder aber Gastarbeiter. Und für die letzteren gibt es nur zwei Alternativen: entweder sie geben ihre nationale Identität auf und gehen in der - oft zweifelhaften - "Kultur" des Wirtsvolks auf, oder sie bewahren sich diese ihre nationale Identität und - kehren in ihre Heimat zurück, wo allein dies auf Dauer möglich ist. Dikigoros' Urgroßvater entschied sich für die letztere und ließ sein Café in Ofen zurück, wo einige der besten Schachspieler ihrer Zeit verkehrten (aber auch das ist eine andere Geschichte). Seine Frau, Tochter einer Schwester jenes Andrássy, ging mit, und ihre gemeinsame Tochter fühlte sich schon ganz als Deutsch-Österreicherin; jedenfalls brachte sie ihren Töchtern - Dikigoros' Mutter und Tante - kein Wort Ungarisch mehr bei. Verständlich? Ja. Vernünftig? Auch ja - im Gegensatz zu Sisi ist Dikigoros der Meinung, daß man zwar als halbwegs gebildeter Mitteleuropäer (und erst recht als Kaiserin von Österreich) neben seinem Heimatdialekt mindestens je eine germanische, romanische und slawische Sprache erlernen sollte, aber daß man auf Ungarisch gut und gerne verzichten kann. (Letzteres galt und gilt übrigens auch für Osteuropäer, die sich statt dessen besser Türkisch und/oder Griechisch vornehmen sollten.) Die ungarischen Adeligen, allen voran Andrássy, sprachen durch die Bank fließend Deutsch (die meisten auch Französisch, einige auch Slowakisch). Wenn man bedenkt, wie viele weit wichtigere europäische Sprachen untergegangen sind (u.a. die keltischen - vor allem Irisch, die älteste lebende Schriftsprache Europas, die von ihren Sprechern zugunsten des Englischen aufgegeben wurde, just als ihnen ein gebürtiger Amerikaner das Recht erkämpft hatte, sie wieder zu gebrauchen!), dann fragt man sich, warum ausgerechnet jenes häßliche Idiom mit Gewalt erhalten - und auch noch anderen aufgezwungen - werden mußte.

Exkurs. Marischka (der, nebenbei bemerkt, ausweislich seines Namens ebenfalls ungarischer Abstammung war) sollte den dritten Film seiner "Sissi"-Reihe "Schicksalsjahre einer Kaiserin" betiteln. Aber hier drängt sich doch vielmehr die Frage auf, ob Sisi durch ihre naïve Parteinahme für die Ungarn nicht über viel mehr Schicksale entschied als nur über ihr eigenes. (Letzteres gelang ihr übrigens nicht: Das Kind, das sie sich nach dem "Ausgleich" von Andrássy machen ließ, wurde zu ihrer Enttäuschung nur eine Tochter - Marie Valerie -; wäre es ein Sohn geworden, so wäre dieser 1916, beim Tode Franz-Josephs, der letzte Kaiser von Österreich und der letzte König von Ungarn geworden.) War es das Schicksal der Deutschen in [Süd-]Ost-[Mittel-]Europa, die es im Laufe der Jahrhunderte nach Preußen und ins Baltikum, nach Schlesien, Podolien, Galizien, Wolhynien, die Ukraïne und nach Rußland, nach Böhmen und Mähren, nach Ungarn, Siebenbürgen und in die Bukowina, ins Banat und sonstwo auf den Balkan verschlagen hatte, diese ihre vermeintliche neue Heimat im 20. Jahrhundert wieder zu verlieren? Ja, liebe Leser, das war es, aber sucht die Ursachen bitte nicht an der falschen Stelle und bewertet vor allem die Folgen nicht falsch - vor allem Ihr nicht, liebe rechte Leser. Was Venizélos nach dem Ersten Weltkrieg und Hitler im Zweiten Weltkrieg unternahmen, nämlich den Versuch, das politische Hoheitsgebiet ihrer Staaten bis zu den Grenzen selbst des entferntesten und dünnsten Volkstums ihrer Nationen auszudehnen, wäre selbst dann, wenn es gelungen wäre, vergebliche Liebesmüh' gewesen - und das meint Dikigoros ganz wörtlich. Sehr Ihr, liebe Leser[innen], Weltgeschichte wird - jedenfalls was die Nationen angeht - nicht auf dem Schlachtfeld entschieden, sondern im Kindbett. Die Männer eines Volkes können noch so viele Feinde töten; es ist nutzlos, wenn ihre eigenen Frauen nicht mehr genügend Kinder gebären, um die so geschaffenen Lücken aufzufüllen. Daran wäre sowohl Venizelos' "Megali idea" als auch Hitlers "Großgermanisches Reich" gescheitert - sie wären ebenso vertürkt, verslawt oder sonstwie bastardisiert worden wie es die BRD und die RÖ heute sind. [Daran wird auch das grandiose, auf einen aus Ofen nach Wien geflohenen Deutsch-Ungarn und einen aus Braunau am Inn nach Bayern geflohenen Deutsch-Österreicher zurück gehende Experiment eines Staates "Israel" in Palästina früher oder später scheitern: Bei aller Tapferkeit der Männer - an der Dikigoros keinen Augenblick zweifelt - bedeutet doch die Gebärfaulheit der Frauen den zwangsläufigen Untergang: Die Frauen in Israel bekommen heute zwar statistisch noch 2,7 Kinder; aber diese pauschale Statistik ist irreführend, da sie die Araberinnen im Lande mit einbezieht, die durchschnittlich 5 Kinder haben; die durchschnittliche Kinderzahl der jüdischen Frauen liegt dagegen unter 2,0 - und das ist bekanntlich selbst in Friedenszeiten zu wenig, um ein Volk vor dem Aussterben zu bewahren, geschweige denn in Kriegszeiten, wenn es durch Kampfhandlungen laufend zur Ader gelassen wird. Ihr wißt doch, was der BRD-Paß-Türke Vural Öger 2004 anläßlich des 475. Jahrestages der Schlacht von Wien 1529 sagte: "Was Sultan Süleyman 1529 vor Wien nicht geschafft hat, das werden unsere geburtenfreudigen Türkinnen in Deutschland schaffen!"]

Diese für Millionen persönlich Betroffene katastrofalen Niederlagen mit ihren anschließenden Vertreibungen waren, "national" gesehen, ein großer Glücksfall für Griechenland und Deutschland. Denn sie verhinderten zum einen, daß die Vertriebenen in der Fremde ihre nationale Identität verloren - was unweigerlich geschehen wäre, wenn sie dort geblieben wären -, und sie ermöglichten zum anderen Dikigoros' Generation, in einem deutschen Mitteleuropa aufzuwachsen, in relativer Armut zwar, aber dafür in Frieden und Sicherheit, ohne Unterwanderung und Überfremdung, ohne Angst vor Terror. (Und der Umstand, daß die Griechen nach der Vertreibung ihrer Volksgenossen aus Kleinasien durch die Türken im Gegenzug alle Türken aus Griechenland vertrieben, wird hoffentlich noch vielen griechischen Generationen ein gleiches ermöglichen.) Dafür ist er umso dankbarer, je älter er wird, denn er weiß nur zu gut, daß die nächsten Generationen auf dem Boden der "BRD" und der "RÖ" - wiederum in relativer Armut und obendrein in ständiger Unsicherheit und Todesfurcht - den Endkampf werden ausfechten müssen gegen ihre unversöhnlichen Feinde, die islamischen Invasoren, die sie z.T. noch gar nicht als solche erkannt haben, obwohl sie längst zu Millionen da sind und wie gesagt gar keinen Hehl aus ihrer Absicht machen, durch die fruchtbaren Bäuche ihrer Frauen allmählich die Bevölkerungs-Mehrheit zu erlangen (deren Alimentierung kein Problem ist, da sie durch staatliche Sozialleistungen erfolgt, die wiederum durch das von kinderlosen deutschen Frauen erwirtschaftete Steueraufkommen finanziert wird), um dann "ganz demokratisch" die Macht zu ergreifen und die gott-, pardon allahlose deutsche Minderheit gnadenlos platt zu machen. Wenn in der Politik nicht bald ein radikales Umdenken einsetzt, dann wird bereits die nächste, spätestens die übernächste Generation ein West- und Mittel-Europa der drei Affen erleben, in dem sie in der Öffentlichkeit keine unverhüllten Frauengesichter mehr sehen wird, in dem sie keine weltliche Musik mehr hören wird und in dem sie nichts mehr sagen darf, was den Profeten oder sonst irgendeine muslimische Witzfigur beleidigen könnte. Aber solch triste Aussichten wollen wir uns für die Schlußbetrachtung aufheben. Exkurs Ende.

[Andrássy]

Dikigoros' Leser mögen es ihm nachsehen, wenn er nach etwas eingehenderer Beschäftigung mit der ungarischen Geschichte jener Zeit - die auch von persönlicher Neugier gespeist wurde - die Vorwürfe gegen seinen Ururgroßonkel ein wenig relativiert. (Nein, nicht einschränkt - das ist ein Unterschied, den die heutigen Möchtegern-Historiker und die Politiker, denen sie nach dem Munde reden, noch immer nicht begreifen wollen: Eine [Un]Tat verliert ihren Charakter als Verbrechen nicht dadurch, daß man sie mit anderen, noch größeren Verbrechen vergleicht! Gewiß reichte das, was der deutsche Jude Adolf Eichmann und seine Helfershelfer taten, nicht im entferntesten an das heran, was der amerikanische Jude Roosevelt und seine Helfershelfer taten, aber das ist doch kein Grund, die Taten des einen tot zu schweigen oder gar schön zu reden! "Aufrechnen" im juristischen Sinne, d.h. mit dem Ergebnis einer "Schuldbefreiung", läßt sich so etwas ohnehin nicht; Geschichtsschreibung ist schließlich kein Schacher unter Roßtäuschern - obwohl man es manchmal meinen könnte...) Juárez, Garibaldi und Andrássy - sie waren Räuber (und die Habsburger hatten nun mal das Pech, daß alle drei gegen sie standen), aber sie waren auch so etwas wie moderne Ausgaben von Robin Hood. (Oder muß Dikigoros an dieser Stelle, d.h. auf einer Seite über habsburgische Geschichte, den "Salpeterhannes" Johann Fridolin Albiez nennen? Aber wer kennt den heute schon noch? Sein Bild ist doch ebenso vollständig von dem der Märchenfigur "Räuber Hotzenplotz" überlagert wie das der Sisi von Romy Schneider!) Die schlimmsten Verbrecher, die mit ihrer Hilfe an die Macht kamen, d.h. Staaten usurpierten, um Raub, Mord und Unterdrückung zu "legalisieren" und zu institutionalisieren, waren jedoch andere: Das ungarische Terrorregime von 1848/49 war eine Schöpfung Kossuths; und solange Andrássy Premierminister von Ungarn war, also in den ersten vier Jahren nach 1867, konnten sich die Minderheiten noch nicht beklagen - im Gegenteil: Das "Nationalitäten-Gesetz" von 1868 gab ihnen allen auf dem Papier gleiche Rechte; und die Kroaten bekamen im selben Jahr sogar ihren eigenen Mini-"Ausgleich" innerhalb "Transleithaniens". Die brutale Mådjårisierungs-Politik, vor der auch Dikigoros' Urgroßeltern aus Ofen flohen, als es in "Budåpescht" (falsche Orthografie - s.o. -, aber so wird es richtig ausgesprochen) umbenannt wurde, war erst das Werk seiner Nachfolger auf diesem Posten, vor allem von Kálmán (kann irgend jemand Dikigoros erklären, warum die Deutsch-Österreicher ausgerechnet diesen ungarischen Namen, der tatsächlich mit zwei langen, offenen "a" gesprochen wird, "Koloman" transskribieren?) Tißå und dessen Sohn Ischtván Tißå (der den Vorsitz der "liberalen" Partei - die stets gegen das "Erbkönigtum" agitiert hatte - de facto vom Vater erbte). Auch die Außenpolitik, die Andrássy als Außenminister von Österreich-Ungarn betrieb, mag nicht das Gelbe vom Ei gewesen sein (es war eben schwierig, gegen einen mächtigen Narren, pardon Nachbarn wie Bismarck anzukommen); aber wirklich katatrofal wurde auch sie erst unter seinen Nachfolgern, die das Habsburgerreich direkt in den Ersten Weltkrieg führten und dabei auch das Deutsche Reich mit und in den Untergang rissen. Danach wurden die Ungarn zwar vollständig unabhängig von Österreich; aber all jene nicht-ungarischen Gebiete, derentwegen sie das Blutopfer jener idiotischen Revolution gegen die Habsburger auf sich genommen hatten, gingen endgültig (so weit man denn in der Geschichte von "endgültig" sprechen kann) verloren. Der Glanz der ungarischen Krönung, mit welcher der zweite "Sissi"-Film so eindrucksvoll schließt, hielt nur gut ein halbes Jahrhundert (das kein gutes halbes Jahrhundert war) vor; und bereits die Feiern zur Silberhochzeit von Sisi und Franz-Joseph anno 1879 und die zur Tausendjahrfeier der ungarischen "Landnahme" in Pannonien anno 1896 - mit deren Ausschlachtung Marischka uns gnädig verschont hat - waren im Grunde genommen nur noch ein müder Abklatsch.

weiter zu Teil III

zurück zu Teil I

heim zu Die [un]schöne Welt der Illusionen