Seppel und die Roten Hemden
Renzo Ricci als GIUSEPPE GARIBALDI
Roberto Rossellini: VIVA L'ITALIA

[Viva l'Italia]

EIN KAPITEL AUS DIKIGOROS' WEBSEITE
DIE [UN]SCHÖNE WELT DER ILLUSIONEN

Aufmerksamen Lesern von Dikigoros' Reisen durch die Vergangenheit ist längst aufgefallen, daß in jüngster Zeit die Seiten mit italienische Themen deutlich zugenommen waren. Gab es früher nur die - eher germano-centrische - Reisegeschichte Herzliche Grüße aus Italien, die - eher anglo-centrische - Besprechung von Billy Wilders Meisterwerk Avanti und einen noch nicht ganz vollendeten Abschnitt über "Rienzi" von Richard Wagner, so sind inzwischen Seiten über Scipio Africanus, Giovanni di Medici, Gabriele d'Annunzio und Benito Mussolini hinzu gekommen. Das hat gute Gründe, u.a. den, daß die Italiener endlich die Jahrzehnte lange Herrschaft der "demokratischen" Mafia-Parteien abgeschüttelt haben, die ihnen die US-Invasoren 1943 bei der "Befreiung" aufs Auge gedrückt hatten, und sich wieder eine Regierung gewählt haben, die diesen Namen verdient. Aber das soll nun nicht heißen, daß alles, was die Italiener im allgemeinen und die italienischen Nationalisten im besonderen so von sich geben, uneingeschränkt positiv zu bewerten wäre - und damit sind wir beim Thema.

Anno 1960 gab die italienische Regierung für die 100-Jahrfeiern zur "nationalen Einigung" einen Spielfilm in Auftrag, der den "Helden" jener Vereinigung zum Thema haben sollte: Giuseppe Garibaldi. Den Auftrag erhielt der brave Roberto Rossellini, der seine Vergangenheit als fascistischer Star-Regisseur längst hatte vergessen machen. Durch die Trilogie "Roma città aperta" (1945), "Paisà" (1946) und "Germania anno zero" (1948 - auch bei uns als "Deutschland im Jahre Null" gelaufen, daher kommt übrigens dieser Ausdruck, obwohl er eher italienische Nachkriegsverhältnisse darstellen dürfte) hatte er vielmehr seine Wandlung zum geläuterten Deutschen-Hasser unter Beweis gestellt; es sollten noch Filme über Mussolini und Ludwig XIV folgen, und wenn man so viele böse Fascisten und Nationalisten durch den Kakao zieht, dann muß man ja zur Abwechslung auch mal etwas Positives über einen guten Demokraten auf die Leinwand bringen - und Garibaldi war doch ein guter Demokrat, oder?

[Giuseppe Garibaldi] [Renzo Ricci]

Mit den Lebenswegen berühmter Leute ist das so eine Sache. Wäre Hitler im Sommer 1939 einem Attentat zum Opfer gefallen, wäre er sicher als der größte deutsche Politiker aller Zeiten in die Geschichtsbücher eingegangen, der alle Fehler von Barbarossa bis Bismarck korrigiert hätte, und dazu noch, ohne einen einzigen Krieg zu führen. (Dies umso mehr, als der "Holocaust" 1939 noch nicht begonnen hatte, die Feinde Deutschlands aber gleichwohl längst zum Zweiten Weltkrieg entschlossen waren und die Hitler-fans, nachdem dieser verloren gegangen wäre, hätten behaupten können: "Wenn der Führer noch gewesen wäre, hätten wir bestimmt gewonnen!" Denn die Tatsache, daß Hitler die Kriegsrüstung, im Gegensatz zu den Führern von Deutschlands Feindstaaten, sträflich vernachlässigt hatte, weshalb er der eigentlich Schuldige zwar nicht am Ausbruch des Krieges, wohl aber an dessen für Deutschland und Europa katastrofalem Ausgang war, hätte sich ja ebenso wenig herum gesprochen wie heuer.) Allerdings wären dann wohl kaum so viele Bücher über ihn geschrieben und Filme über ihn gedreht worden... aber das wäre ganz legitim gewesen und jedenfalls nicht die Schuld der Autoren und Filmemacher. Anders, wenn alles so gekommen wäre wie es gekommen ist, aber nach dem Krieg gleichwohl irgendein Regisseur einen Film über Hitlers Lebensgeschichte gedreht und diesen im Oktober 1942 hätte abbrechen lassen, nach dem Motto: "Das Großdeutsche Reich hat seine größte Ausdehnung aller Zeiten erreicht, Stalingrad und Alexandria stehen kurz vor der Eroberung. Ende." Ihr meint, soviel Dreistigkeit könne es doch nicht geben, nicht nur nicht in Deutschland, sondern nirgendwo auf der Welt? Ihr irrt. Wenn Ihr das nicht glauben wollt, blättert mal ein paar Kapitel weiter zum Film über den griechischen Politiker Elevtherios Venizélos. Der endet in dem Augenblick, als die "megali idea" des größenwahnsinnigen Kreters die griechischen Truppen bis tief nach Anatolien geführt hat. Von der "megali katastrofi", die unmittelbar danach kam, als die Türken unter Atatürk zum Gegenschlag ausholten und die Jahrtausende alte griechische Kultur in Kleinasien auslöschten wie die Alliierten 1945 die Jahrhunderte alte deutsche Kultur in Osteuropa, davon berichtet jener Film nichts - und er wurde wohlgemerkt im Jahre 1980 gedreht, unter dem "demokratischen" Staatspräsidenten Karamanlís. (Ältere amerikanische Leser erinnern sich vielleicht auch noch an den Film "Martin Luther" von Irving Pichel - eine Auftragsarbeit für die Vereinigten Lutherischen Kirchen der USA -, der just 1530 endet, also ein Jahr bevor der "Schmalkaldische Bund" gegründet wird und das furchtbare Zeitalter der Religionskriege beginnt. Und jüngere Leser kennen vielleicht "Le Grand Charles [Der große Karl - in Deutschland unter dem Titel "Ich bin Frankreich" gelaufen] von Bernard Stora, jene peinliche, dreieinhalbstündige Lobhudelei auf Charles de Gaulle, die mit seiner neuerlichen Machtergreifung im Jahre 1958 abbricht und dann direkt zu seiner Beerdigung im Jahre 1969 übergeht. Alles, was dazwischen liegt, von seinem Verrat an den französischen Siedlern in Algerien bis zu den Ereignissen vom Mai 1968, wird tot geschwiegen.)

Hat denn Garibaldi vergleichbaren Schaden angerichtet wie Venizelos für die Griechen, Luther und Hitler für die Deutschen oder de Gaulle für die Franzosen? Nein, sicher nicht - Dikigoros wollte ja erst einmal auf die Regisseure hinaus, nicht auf die "Helden". Wenn wir für letztere nach einem Vergleich suchen wollen, müssen wir uns eine Fantasiegestalt ausdenken. Nehmt mal an, liebe deutsche Leser, nach der "kleindeutschen" Lösung Bismarcks 1871 - die unzweifelhaft ein Fehler war - käme jemand auf die Idee, diese Fehler zu korrigieren. Nein, nicht die offensichtlichen Fehler, nämlich die Ausklammerung der deutschen Stammlande Böhmen, Mähren und Österreich, sondern anderer Haare, die er in der Suppe gefunden hätte: Warum nicht eine Freischärlertruppe von 1.000 Mann aufstellen, um die Niederlande, Flandern und Luxemburg heim ins Reich zu holen, die sicher nicht weniger zu Preußen-Deutschland gehörten als die Lombardei, Venetien, der Vatican oder das Königreich Neapel und Sizilien zu Piemont-Italien. Ihr meint, das sei doch abwegig? Keineswegs; selbst wenn dieser Versuch 1871 fehl geschlagen wäre - das Deutsche Reich hätte nur den Ersten Weltkrieg zu gewinnen brauchen, dann hätte es exakt jene Annexionen durchgeführt, und im Nachhinein wäre jener gescheiterte Freischärler, den bei Lebzeiten alle für verrückt erklärten, ein großer Visionär und Held gewesen.

Aber Dikigoros hat vorgegriffen; er muß zuvor noch ein paar Worte über Garibaldis Jugendjahre verlieren, die Rossellini aus guten Gründen schlabbert: Von genuesischen Seeräubern abstammend, in Nizza geboren (das damals noch zu Piemont gehörte) trat er Ende 1832 der sardinischen Marine bei (die man sich auch nicht viel anders vorstellen darf als einen Haufen Seeräuber :-), desertierte, wurde zum Tode verurteilt, floh erst nach Marseille, dann nach Odessa, dann nach Taganrog (nie gehört, liebe deutsche Leser? Fragt mal Eure [Groß-]Väter, die den Rußlandfeldzug mitgemacht haben! Anders als russische Nationalisten heute behaupten, war das übrigens keine Gründung Peters des Großen aus dem Jahre 1698, sondern eine Gründung italienischer - pisanischer - Kaufleute aus dem 13. Jahrhundert, die von dort den ukraïnischen Hartweizen für ihre Pasta holten), dann nach Tunis, wo er das saubere Piratenhandwerk ergriff (in Diensten des legendären Hussein Bey, der schon fast das Ansehen eines Staatsoberhaupts genoß - verglichen mit manchen Piraten-, pardon Parteiführern von heute war er sicher ein Ehrenmann), dann wieder nach Marseille. Von dort fuhr Garibaldi auf einem französischen Segelschiff Schmuggelware nach Rio de Janeiro (das war damals noch die Hauptstadt Brasiliens, und das war damals noch bzw. schon ein Kaiserreich - lange bevor Frankreich, Indien und Deutschland es [wieder] wurden). Als Schmuggler ausgewiesen, verschlug es ihn weiter nach Argentinien, Uruguay und wieder nach Brasilien (wo er auch seine Frau Anita erwarb - genauer gesagt raubte er sie ihrem Ehemann bei einem Piratenüberfall -; ihre Söhne wurden in Brasilien und Uruguay geboren; beide Länder, vor allem das letztere, hatten damals noch eine bedeutende italienische Minderheit), genauer gesagt nach Rio Grande do Sul, wo er an diversen Revolutionen und Revolutiönchen gegen die Zentralregierung teilnahm, die allesamt erfolglos blieben. [Es ist hier nicht der Ort, das noch viel weiter auszuführen; aber es waren dies Revolutionen, die weit mehr Berechtigung hatten und denen weit mehr Erfolg zu wünschen gewesen wäre als den meisten in Europa, wie ja meist die Aufstände kleiner Völker und Stämme gegen die Zentralmacht mehr Recht, aber weniger Erfolg auf ihrer Seite haben als die Versuche der großen Staaten, zusammen zu schustern, was nicht zusammen gehört. Es gab damals - und gibt heute - keinen vernünftigen Grund, warum es Uruguay gelang, von Argentinien und Brasilien unabhängig zu werden, und dem benachbarte Rio Grande do Sul nicht. Die portugiesisch-deutsch-japanisch-italienische Bevölkerung hätte zu einer blühenden Insel des Wohlstands werden können; statt dessen ist sie zu einem ausgebeuteten Wurmfortsatz des ethnisch mehr und mehr vor die Hunde gehenden brasilianischen Multikulti-Molochs geworden - aber das ist eine andere Geschichte.]

Pünktlich zur Revolution, die 1848 praktisch in ganz Europa ausbrach, kehrte Garibaldi nach Italien zurück. Eine Zeit lang konnte er sich zusammen mit seinem Namensvetter, dem national-sozialistischen Revolutions-Führer Giuseppe Mazzini, in Rom halten (der Papst floh vorübergehend ins Exil) und das "Dritte Reich" ausrufen, aber dann marschierten französische Truppen ein und machten dem Spuk ein Ende.

[Exkurs. Stört es Euch, liebe Leser, daß Dikigoros die Revolution von 1848 als "national-sozialistisch" bezeichnet? (Darüber hat er zwar schon an anderer Stelle geschrieben, aber er wiederholt sich gerne noch einmal.) Ihr habt ja Recht, es war auch - vielleicht sogar in erster Linie - eine sozialistische Revolution. Aber seht Ihr, die Revolutionäre von damals hatten etwas begriffen, was viele heutige (Möchtegern-)Politiker nicht begreifen (wollen), obwohl es inzwischen von der so genannten "Psycho-Biologie" sogar wissenschaftlich untermauert worden ist: Ein auf Dauer funktionierender Sozialstaat ist nur im Nationalstaat möglich, denn die Bereitschaft, innerhalb einer Solidargemeinschaft mit anderen zu teilen, setzt eine Homogenität voraus, die bloß von einer Dynastie, einer Religion, einem Stück papierener Verfassung oder sonst einer politischen Idee zusammen gehaltene Multikulti-Staaten wie Österreich-Ungarn, das Osmanische oder das Tsaren-Reich nicht bieten konnten. Das ist eine unabänderliche Tatsache, die wir gut oder schlecht finden mögen - ändern können wir sie nicht, denn die Natur hat uns das so in die Gene gelegt; und es hilft auch nichts, davor aus politisch-historischen Gründen die Augen zu verschließen oder gar die Wissenschaftler als "Nazis" zu beschimpfen, wie das vor allem jüdische Autor[inn]en so gerne tun (sogar wenn die angegriffenen Wissenschaftler selber Juden sind :-) - die Theorien des National-Sozialismus sind durch die neuesten natur-wissenschaftlichen Erkenntnisse glänzend bestätigt worden: Nationalismus + Sozialismus = Volksgemeinschaft; und wenn man das eine nicht will, dann muß man auch auf das andere verzichten. Pardon, liebe linke Leser, Ihr beruft Euch doch immer darauf, daß die Theorien des Marxismus nicht durch die Praxis des real-existierenden Sozialismus widerlegt worden seien - dann müßt Ihr konsequenter Weise auch einräumen, daß die rechten Theorien nicht durch die Praxis des real-existierenden National-Sozialismus widerlegt worden sind. (Dikigoros darf das schreiben, denn wie aufmerksame Leser seiner "Reisen durch die Vergangenheit" wissen, verurteilt er Hitler & Konsorten weit mehr als das diejenigen tun, die nur den Splitter des "Holocaust" im Auge haben und darüber das Brett, das er außerdem vor dem Kopf hatte, nicht sehen. Wenn die BRD-Regierungen ihren Untertanen statt ihrer verlogenen, pseudo-demokratischen Wahlprogramme und ihrer Geschichts-Klitterungen einige von Dikigoros' Webseiten zu lesen gäbe - z.B. diese -, dann wäre der Neo-Hitlerismus bald mausetot - das Shoa-business freilich auch :-) Exkurs Ende.]

Wie dem auch sei, Garibaldi muß nach dem Scheitern der Revolution und dem Ende seines "Dritten Römischen Reiches" im September 1849 erneut aus Italien fliehen. Er versucht es erst wieder in Tunis, aber dort regiert inzwischen Ahmed Bey, und der kann ihn nicht brauchen. Also segelt Garibaldi wieder in die Neue Welt, aber diesmal nicht nach Südamerika, sondern in die USA, genauer gesagt nach New York City. Dort wohnt und arbeitet er 1850-54 bei einem Landsmann namens Antonio Meucci. Über die nächsten beiden Jahre weiß man nichts genaues; aber 1856 kehrt Garibaldi nach Italien zurück, genauer gesagt nach Piemont (denn "Italien" gab es ja noch nicht, jedenfalls nicht als Staat), wo er sich dem national-liberalen Verleger Cavour anschließt, der seit zwei Jahren Staatsratsvorsitzender von Piemont ist und das kleine Land an der Seite der Engländer und Franzosen in den Krimkrieg gegen Rußland geführt hatte. Und hier setzt Rossellinis Film ein.

[Garibaldi] [Cavour]

Moment mal - Garibaldi, den Dikigoros eben noch als "National-Sozialisten" bezeichnet hat, machte gemeinsame Sache mit dem fetten, vollgefressenen Kapitalisten und Monarchisten Cavour - wie paßt das zusammen? Hatte Garibaldi erkannt, daß sein Weg der falsche gewesen war? Oder war umgekehrt Cavour bereit, Konzessionen zu machen? Ja, gewiß doch, er hatte sich mit den linken Parlamentariern darauf geeinigt, die Klöster und Kirchen zu enteignen; das kostete nichts und war populär - schließlich waren das doch alles überflüssige Schmarotzer, nicht wahr? (Daß die Kirchen die Ehe- und Familien-Bücher besser führten als es die staatlichen Standesämter bis heute tun, steht auf einem anderen Blatt; ebenso daß die Umverteilung von Steuergeldern durch staatliche Sozialämter ein vielfaches dessen kostet, was die kirchliche Wohlfahrt kostete - die dabei wesentlich effektiver, da unbürokratischer war und zugleich durch ihren persönlichen Kontakt besser gewappnet gegen Mißbrauch durch nur auf dem Papier formell Bedürftige - da konnte sich kein falscher Asylant dreimal anmelden, dreimal abkassieren und nebenbei noch seinen kriminellen "Nebenbeschäftigungen" nachgehen.) Aber davon abgesehen, liebe Leser, geht mal getrost davon aus, daß beide mit gezinkten Karten spielten: Garibaldi wollte die bestehenden Monarchien und Fürstentümer zerschlagen und hoffte, danach auch das Haus Savoyen mitsamt Cavour zum Teufel jagen zu können; und Cavour glaubte, Garibaldi und seine Anhänger als nützliche Idioten verheizen und ihnen dann einen Tritt geben zu können - und er sollte Recht behalten; wer den Nachruhm ernten würde (von dem man nicht abbeißen konnte, wie er als Gourmand nur zu gut wußte :-) war ihm ziemlich schnuppe. Kein Zweifel, Cavour war ein kluger Mann, in vielerlei Hinsicht vergleichbar mit Bismarck: Er einte Italien mit Blut und Eisen, skrupellos, ohne Rücksicht auf die Wünsche der betroffenen Völker und Stämme; wenn es außenpolitisch von Vorteil war, verriet er ungerührt auch seine eigenen Landsleute, pardon er war ja gar kein Italiener (ebenso wenig wie Bismarck Preuße war), seine eigenen Untertanen, solange er dafür andere "eintauschen" konnte - er handelte getreu dem Grundsatz: Wenn die Wähler meine Politik nicht mitmachen wollen, wähle ich mir einfach ein anderes Volk. Aber sich ums Volk zu scheren war damals ohnehin eine ziemlich neumodische Idee, der noch längst nicht alle volkten, pardon folgten; andere - nicht nur Metternich, der Preuße in Habsburger Diensten, der dafür im Nachhinein so getadelt wurde - dachten noch in streng dynastischen Bahnen: Bismarck pfiff auf die Deutschen an der Maas und jenseits der Memel (im Baltikum wurde gerade das Deutschtum ausgerottet, pardon "russifiziert", aber er mußte sich doch mit dem Tsaren gut stellen), erst recht auf die zwischen Donau und Etsch - aber die Dänen am Belt, d.h. in Nord-Schleswig, nahm er gerne, ebenso die Polen in Ost-Posen und die Franzosen in West-Lothringen. Und Cavour? Ausweislich seines Namens stammte er aus Savoyen, dem Stammland des Königreichs Savoyen-Piemont-Sardinien (dem seit dem 18. Jahrhundert auch Genua gehörte und die ligurische Küste, die von den Franzosen heute "Côte d'Azur" genannt wird, aber immer noch stark italienisch geprägt ist). Aber er pfiff auf die Savoyer und die Bewohner Liguriens (denn auf jene beiden Länder hatten die Franzosen ein Auge geworfen, und er mußte sich doch mit Kaiser Napoléon III gut stellen), und erst recht auf die Korsen - aber er nahm gerne, was er sonst noch bekommen konnte, ohne Rücksicht auf die betroffenen Völker und Stämme - und damit sind wir beim Thema.

Exkurs für alle, die keinen Horror vor Geografie haben. (Dikigoros weiß von seiner Frau, daß es solchen Horror gibt; aber er persönlich kann sich einfach keine Geschichte im luftleeren Raum vorstellen; er muß sich ein ungefähres Bild machen können, wo sie sich abspielt.) Keine Angst, es wird nicht gar so schlimm - besorgt Euch einfach eine Karte der Gebiete südlich der Alpen, Schulatlas genügt. Beginnen wir im Westen, an der Rhône. Dort teilte sich im 10. Jahrhundert das Königreich Burgund in Niederburgund (die heutige "Provence") und Hochburgund, von dem sich die Franzosen im Laufe der Zeit erst die Freigrafschaft Burgund ("Franche Comté") und dann Bresse (Gourmets ob seines Geflügel ein Begriff) unter den Nagel rissen. Östlich davon lag die Lombardei, die ursprüglich viel größer war als heute - sie umfaßte auch Piemont, Genua und Parma. Noch weiter östlich lagen die Marken, die ursprünglich durchweg zum Herzogtum Bayern gehörten - von Nord nach Süd: die Ostmark, die Steiermark, die Mark Kärnten, die Mark Krain (das heutige Slowenien) und die Mark "Verona und Aquileja", die später geteilt wurde in die Mark Verona und die Mark Friaul. Weiter südlich, den "Stiefel" hinunter, lagen im Westen die Toscana (das alte Etrurien) und im Osten schon der Kirchenstaat. Südlich des Kirchenstaats, wenn man dem italienischen Volksmund glauben darf schon südlich Roms, begann "Afrika". Das ist zwar nicht ganz ernst gemeint; aber fangen wird ruhig damit an; denn etwas lag dort auf keinen Fall: "Süd-Italien". Was wir heute fälschlich so nennen - Kampanien, Apulien, Kalabrien und Sizilien - ist nie richtig italienisch gewesen und wird es wohl auch nie werden. In der Antike wurde es von griechischen Kolonisten besiedelt und "Groß-Griechenland" genannt. Nach den punischen Kriegen wurde es zwar für kurze Zeit von den Römern erobert - aber das trifft auch auf das alte Hellas zu, das man trotzdem nicht "Ost-Italien" nennen würde, weil es eben griechisch blieb. Als das weströmische Reich im Zuge der germanischen Völkerwanderung unterging, blieb das Reich von Byzanz (das Dikigoros nur ungern "Ostrom" nennen würde) vorerst bestehen und - eroberte diese Gebiete zurück. Später kamen die Araber, dann die Normannen und schließlich die Aragonesen (also Katalanen); im 18. Jahrhundert war das ganze unter einem Bourbonen selbständig geworden, nannte sich seither "Königreich beider Sizilien" und wollte von "Italien" ungefähr so viel wissen wie heute - nämlich gar nichts.

Wer wollte dann "italienisch" sein? Gute Frage. Wandern wir langsam Richtung Norden zurück: Der Kirchenstaat wollte natürlich nicht national, sondern "universell" sein - der Papst dachte gar nicht daran, seine Territorien aufzugeben für ein "größeres" Ganzes, das in seinen Augen viel kleiner war als "sein" Reich. Die Toscana? Ja, das war das eigentliche Herzland Italiens, mit der Hauptstadt Firenze (Florenz), dessen Dialekt seit Dante zur "italienischen" Hochsprache geworden war - aber dort saß irgendein Verwandter der Habsburger, der gar nicht daran dachte, seinen Fürstenthron zu räumen. Überhaupt waren die Partikular-Interessen in Italien traditionell immer sehr stark gewesen, besonders die der reichen Handelshäfen: Pisa hatte sich von der Toscana gelöst, Genua von der Lombardei und Venedig von der Mark Friaul - die ehemaligen Marken hießen inzwischen "Venetien". Im Westen waren Savoyen, Piemont, Genua und die Insel Sardinien zu einem "Königreich" mit der Hauptstadt Turin vereint worden, und dazwischen lag der Rest der ehemaligen Lombardei mit der Hauptstadt Mailand. Jahrhunderte lang war die Lombardei das reichste Land Europas gewesen - die deutschen Könige des Mittelalters waren entgegen weit verbreiteter Meinung nicht nach Italien gezogen, weil sie romantische Narren waren, die sich unbedingt in Rom die Kaiserkrone auf den Kopf setzen lassen wollten, sondern weil in der Lombardei mehr Wohlstand erwirtschaftet wurde als im restlichen Reich - Deutschland, Italien und Lothringen-Burgund, zu dem auch der Osten des heutigen Frankreichs und die heutigen Benelux-Staaten gehörte - zusammen; wenn sie erst einmal die eiserne Langobarden-Krone hatte, dann folgte daraus alles weitere von selber. (Aus dem gleichen Grund hatten seit der frühen Neuzeit auch die französischen Könige immer wieder versucht, dieses reiche Land zu erobern.) Und der lombardische Wohlstand war "echt", d.h. er war nicht bloß zusammen geraubt wie der jener zu Handelsmetropolen aufgestiegenen Piraten-Nester Genua, Pisa und Venedig, sondern beruhte auf Handel und Gewerbefleiß deshalb blieb er auch noch erhalten, als jene Hafenstädte nach der Entdeckung der Seewege nach Indien und Amerika ihre Handelsmonopol an die spanischen, portugiesischen, englischen und französischen Atlantik-Häfen verloren und langsam aber sicher verarmten. Erst im 17. und 18. Jahrhundert wurde ihm der Rang abgelaufen, zunächst von den Niederlanden, dann, mit dem Einsetzen der "industriellen Revolution", auch von den englischen Midlands. Exkurs Ende.

[1848: Revolution in Europa]

À propos Revolution: Über gewisse Ereignisse in der Geschichte gewisser Nationen sind viele Schmieren-Komödien geschrieben worden, durchaus nicht nur von Drehbuch-Autoren, sondern auch von so genannten "seriösen" Historikern, vor allem über solche, welche die Gründung eines Staates, einer Dynastie oder eines Regimes zum Thema haben, auf das sich die "Jubilare" berufen. Letztere führen solche Ereignisse gerne unter dem Begriff "Revolution", und die Geschichtsbücher sind denn auch voll von solchen "Revolutionen", deren Jahreszahlen ganze Schüler-Generationen auswendig lernen müssen - Dikigoros schreibt bewußt Jahreszahlen, denn das ist meist das einzige, was an den Inhalten der Schulbücher stimmt, der Rest ist in der Regel verdreht, ins Gegenteil verkehrt, frei erfunden oder sonstwie verfälscht. Kleine Auswahl gefällig? Bitte sehr: Die "Glorious Revolution" von 1688, die amerikanische Revolution von 1773/76 (in Dikigoros' Schulbuch mit dem Stichwort "Boston Tea Party" verbunden), die französische Revolution von 1789 (bis heute wird am 14. Juli der "Sturm auf die Bastille" gefeiert, d.h. die Plünderung eines Altersheims für arme Invaliden durch einen Haufen aufgehetzter Marktweiber), - über die "Revolutionen" in Südamerika schreibt Dikigoros an anderer Stelle -, die mexikanische Revolution von 1911, die russische "Oktober"-Revolution vom November 1917, die deutsche November-Revolution von 1918 und die "Nelken"-Revolution 1974 in Portugal sind nur einige bekanntere Beispiele, auf die sich diverse Regimes noch berufen. Der absolute "Renner" aber - mit dem zur Zeit der meiste Schindluder getrieben wird - ist die Revolution von 1848/49, auf deren Macher sich die "demokratischen" EU-Politiker von heute als "moralische Urgroßväer" bevorzugt berufen, vor allem die deutschen (obwohl sich die "Paulskirchen-Versammlung" und der "Bundestag" von heute unterscheiden wie Tag und Nacht, nicht nur in puncto Zustandekommen und Zusammensetzung, sondern auch und vor allem in puncto Funktion und Befugnisse), und die italienischen - warum auch nicht? Was den mit ihnen - genauer gesagt mit den Piemontesen - verbündeten Franzosen recht ist, kann ihnen doch nur billig sein. Und gleich gar konnte es das in den 1960er Jahren, als sie cinéastisch gesehen fast genauso viel zu bieten hatten!

[Die Freiheit führt das Volk] [Sophia Loren führt das Volk]

Auf dem Wiener Kongreß von 1815 waren die (Rest-)Lombardei (s.o.) und Venetien an Österreich-Ungarn gefallen, und das war ein Glücksgriff ersten Ranges für beide Seiten: Unter deutschem Management, wie man heute sagen würde, blühten ie alten Gewerbezweige und Industrien erneut auf und machten die beiden Länder - neben Böhmen und Mähren - zum wirtschaftlichen Herz Europas, die soviele Steuern aufbrachten, daß die Habsburger davon locker noch all die slawischen, transsylvanischen und balkanesischen Drecksländer alimentieren konnten, die außerhalb des Deutschen Bundes lagen (der gar nicht so übel war, wie er im Kielwasser Bismarcks geschmäht wurde - man hätte ihn nur etwas reformieren müssen, dann hätte man die preußischen Polen genauso draußen lassen können wie die Ungarn und das ganze andere Kroppzeug der Habsburger, das nach dem Ersten Weltkrieg ohnehin "verloren" gehen sollte). Italien? Gott bewahre, davon wollten weder die Lombarden noch die Veneter etwas wissen (ebenso wenig wie die "Liga Nord" heute :-). Unabhängig von den Habsburgern? Das schon eher, aber vornehmlich aus ökonomischen Gründen, nicht aus "nationalen" - was hätte man davon, wenn man die Steuern künftig nach Rom abführen müßte statt nach Wien, damit das Geld in Neapel und Sizilien versickerte statt in Galizien und Siebenbürgen? Blieb also nur Piemont. Dessen "König" Carlo Alberto hatte schon lange ein begehrliches Auge auf das reiche Nachbarland geworfen: Wenn er das seinem eigenen Herrschaftsgebiet einverleiben könnte... Als 1848 in ganz Europa, also auch in der Lombardei, die national-sozialistische Revolution ausbrach, nahm er den Vorwand beim Schopf, erklärte den Habsburgern den Krieg und marschierte ein. Schrien nun "die Italiener" oder auch nur die Lombarden "hurra"? Mitnichten - und zwar nicht nur nicht die Pfeffersäcke, die an die Steuern dachten, sondern auch und gerade die "echten" Sozial-Revolutionäre: Sie machten zwar alle Revolution gegen die Habsburger; aber sie kochten jeder schön sein eigenes Süppchen - niemand dachte auch nur im Traum daran, einen fremden Monarchen gegen einen anderen einzutauschen (nein, auch Garibaldi nicht, der wollte eine Republik, kein Königreich Italien!). Auch die Lombardei wurde erst einmal von einer "provisorischen Regierung" für unabhängig erklärt - "italienisch" war nur die Lira, eine Gewichtseinheit für Münzen.

[5 Lire 1848 - verausgabt von der 'provisorischen Regierung der Lombardei']

Die Folgen ließen nicht lange auf sich warten: Die Aufstände wurden einer nach dem anderen nieder geworfen, Savoyen-Piemont verlor den Krieg gegen Österreich-Ungarn, und Carlo Alberto mußte zugunsten seines Sohnes Vittorio Emanuele abdanken. (Eine Genugtuung hatte er freilich noch: Bevor die piemontesischen Truppen abgezogen waren, hatten sie die lombardische Hauptstadt Mailand gründlich ausgeplündert und gebrandschatzt - die fiel fürs erste als Konkurrentin von Turin aus.)

[Brand Mailands am 4./5. August 1848]

Als der Film "Viva l'Italia" gedreht wurde, durfte das alles natürlich nicht mehr gesagt werden, denn es ging ja um das 100-jährige Jubiläum des National-Staates, den schon immer alle so und nicht anders gewollt hatten. (Nein, die "Römischen Verträge" zur Gründung der EWG waren zwar schon geschlossen, aber damals dachte man - d.h. vor allem Adenauer, Schuman und de Gasperi - noch nicht wie die größenwahnsinnigen Politiker von heute an einen Moloch wie die EU, deren Ausdehnung mittlerweile das von Hitler geplante "Großgermanisches Reich" um das Doppelte übertrifft, sondern an ein Europa der Vaterländer - man durfte solche nationale Jubiläen also noch feiern, ohne damit gegen die gutmenschliche Etiquette der politisch Korrekten zu verstoßen.) Deshalb treffen in Cavour und Garibaldi zwei Ehrenmänner aufeinander, pardon zusammen, die - rund ein Jahrzehnt nach der gescheiterten Revolution von 1848/49, die eigentlich schon zur Einigung "Italiens" hätte führen sollen - genau jenes gemeinsame Ziel verbindet. Nur über die Mittel ist man sich nicht ganz einig: Cavour läßt sich von Napoléon III Truppen aus Frankreich versprechen, Garibaldi zieht los und sammelt Freiwillige in Italien - an die 5.000 bekommt er zusammen. (Nein, das sind noch nicht die berühmten tausend Rothemden!) Garibaldi verspricht den Soldaten (republikanische) Freiheit und Brot (hilfsweise Pasta :-), Cavour verspricht Frankreich Savoyen und den Westen der ligurischen Küste im Tausch gegen die Lombardei und Venetien. (Im Gegenzug verzichtet er ausdrücklich auf einen Anschluß der Toscana und des Kirchstaats - die einen eigenen Staat bilden sollen - sowie des Königreichs beider Sizilien - das bestehen bleiben soll -, denn Napoléon ist an einem Groß-Italien an seiner Südostgrenze ganz und gar nicht interessiert.) Garibaldis Freiwillige bekleckern sich nicht mit Ruhm; aber die französischen Truppen schlagen die österreichischen bei Magenta und Solferino glücklich (d.h. mehr als glücklich: der unfähige ungarische General Graf Gyulai - der seinem Vorgänger Radetzky nicht das Wasser reichen kann - und der nicht minder unfähige Kaiser Franz-Joseph, der sich selber zum Oberbefehlshaber ernennt, bringen es fertig, Schlachten zu verlieren, die man eigentlich gar nicht verlieren kann); dann bekommt Napoléon III kalte Füße, daß sich Preußen oder sonst eine andere Macht einmischen könnte, und er schließt Frieden, wobei er sich mit der Lombardei als Kriegsbeute und Tauschobjekt für die Piemontesen begnügt, von denen er natürlich den vollen Preis verlangt - und auch bekommt: Nizza mit der "Côte d'Azur" und Savoyen. Frankreich feiert Napoléon III, Cavour tritt aus Protest zurück, Garibaldi schäumt vor Wut - was nun?

Alles halb so wild, liebe Leser: Napoléon III schiebt Piemont noch Parma, Modena, die Toscana und den nordöstlichen Teil des Kirchenstaats in den Rachen - ihn kostet das nichts, und für die Piemontesen ist das nun wahrlich Kompensation genug. "Legitimiert" wird das durch "Volksabstimmungen", von denen böse Zungen behaupten, sie seien getürkt gewesen - aber wer will das heute noch nachprüfen? Cavour ist's jedenfalls zufrieden und wird wieder Ministerpräsident. Und was machen wir mit Garibaldi, der inzwischen eine Räuberbande von 1.089 Mann (die berühmten "Tausend") gesammelt hat, um den Franzosen Nizza gewaltsam wieder zu entreißen? Man könnte ihn ja in sein Verderben laufen lassen - aber Napoléon III wäre wahrscheinlich ziemlich sauer. Also verfällt Cavour auf eine glänzende Idee: Er stellt Garibaldis Räuberbande großzügig eine Ladung roter "Uniform"-Hemden und zwei alte Äppelkähne zur Verfügung und schickt ihn auf die Reise: Wollte er nicht schon immer "Süditalien" "befreien"? Bitte, ab nach Sizilien, und viel Vergnügen!

[Garibaldi]

Solche Abschiedsszenen sind immer dankbare Motive für Spielfilme. Die oft ebenso langen wie langweiligen Vorbereitungen einer Reise sind das nicht, die Begleitumstände unterwegs oft noch weniger: Wen schert es schon, wenn jemand seekrank über der Reling hängt und Neptun opfert? Nein, das schneiden wir besser raus oder drehen es gar nicht erst mit. Aber die Aufbruchstimmung im Hafen bei der Abfahrt - und bei der Landung am Bestimmungsort -, die fangen wir ein und machen ordentlich was draus, so auch hier. Hinter dem damit verbundenen Lärm kann man umso besser das verbergen, was Leute wie Cavour insgeheim gedacht/gehofft haben mögen: Daß die Schiffe unterwegs absaufen und Garibaldi und seine Banditen schon auf halbem Weg im Mittelmeer ertrinken? Daß sie von den Truppen des "Königreichs beider Sizilien" aufgerieben würden? Wir wissen es nicht; wir wissen nur, daß Don Jupp und sein Team eines schönen Tages im schönen Monat Mai 1860 im schönen Marsala landete. (Dorther kommt der einstmals so berühmte Wein, den Dikigoros' Vater so gerne trank und den in Deutschland heute kaum noch jemand kennt, weil er so teuer geworden ist, daß ihn fast alle Anbieter aus ihrem Sortiment gestrichen haben - auch das verdanken wir der EU!) Dort läuft dann ein Lehrstück der Geschichte ab, das sich so oder ähnlich immer und überall wiederholt - aber die Narren werden bekanntlich nicht alle, und aus der Geschichte lernen wollen sie gleich gar nicht: Die Sizilianer haben die Nase schon lange voll von der "Fremdherrschaft" der Napolitaner. Sie begrüßen Garibaldi & Co. begeistert als "Befreier", die "königlichen" Truppen lösen sich auf und desertieren - d.h. sie gehen entweder zu Garibaldi über oder einfach nach Hause. Garibaldi zieht in Palermo ein und ergreift die Herrschaft, pro forma im Namen Victor Emanuels, de facto jedoch als Diktator. Na und? Macht doch nichts - Hauptsache frei! Doch nun kommt das böse Erwachen: Garibaldi denkt nämlich gar nicht daran, sich mit Sizilien zu begnügen; er will vielmehr ganz "Süditalien" erobern, pardon, "befreien", und dafür braucht er Geld - und Truppen.

Einige Leser erinnern sich vielleicht noch an das vorige Kapitel dieser "Reise durch die Vergangenheit" und worum es Andreas Hofer und seinen Tirolern bei ihrem berühmten Aufstand eigentlich ging: Nicht um irgendeine abstrakte Freiheit (schon gar nicht von Frankreich, denn dem war Tirol gar nicht zugeschlagen worden, sondern vielmehr Bayern), sondern ganz konkret um die Freiheit von Steuern, Abgaben und vor allem - vom Wehrdienst. Das dürften die Sizilianer ganz ähnlich gesehen haben - und da erhöhte nun dieser Garibaldi die Steuern und wollte die allgemeine Wehrpflicht einführen. Wie ein Mann erhob sich Sizilien - leider auch nur Mann für Mann, d.h. völlig unkoordiniert -, und Garibaldi schlug die Aufstände mit einer Brutalität nieder, wie man sie von den Napolitanern nie gekannt hatte. Tja, liebe Leser, so ist das mit den "Befreiern"... meist ist ihr Besatzungs-Regime hundertmal schlimmer als das, von dem sie einen "erlöst" haben und das sie deshalb im Nachhinein umso mehr verteufeln müssen, zur "moralischen Rechtfertigung" und/oder Relativierung ihrer eigenen Verbrechen. (Für die Generation, die 1945 die "Befreiung" Deutschlands durch die Alliierten mit erlebt hat, bräuchte Dikigoros das hier nicht zu schreiben - die wissen es selber; aber Ihr, liebe jüngere Leser, die Ihr durch Eure Geschichts- und Märchenbücher von klein auf verdummt worden seid, fragt mal Eure Großeltern, wenn und solange sie noch leben, wie es wirklich war, dann wißt Ihr, was von den diesbezüglichen Lügen eines Weizsäcker und seiner Nachplapperer zu halten ist. Oder lest, was der französische Historiker Maurice Bardèche 1948 in seinem - in Frankreich bis heute verbotenen - Werk "Nurembourg ou la terre promise" schrieb: "Die Grundlage für die Nürnberger Prozesse war nichts anderes als Furcht der Sieger. Die anderen müssen Unrecht haben. Wenn sie keine Ungeheuer wären, wie schwer würden dann die zerstörten Städte und die Tausende von Fosforbomben auf ihnen lasten. Der Schrecken, die Verzweiflung der Sieger, sind das wahre Motiv der Nürnberger Prozesse. Sie haben ihr Blutbad in einen Kreuzzug verwandelt. Hinterher haben sie ein Recht zum Blutbad im Namen der Menschlichkeit gezimmert. Während sie eigentlich Totschläger waren, machten sie sich zu Polizisten.") Ein anderes Mittelmeer-Völkchen kannte das längst: Die Korsen hatten sich im 18. Jahrhundert gegen die vergleichsweise milde Herrschaft der Genuesen erhoben, worauf die es an Frankreich verscherbelten, das die Eingeborenen mit ungleich härterer Hand unterdrückte. (Heute sehnen sie sich nach Italien zurück - aber keine italienische Regierung, egal welcher politischen Couleur, würde diese Drecksinsel geschenkt nehmen.) Nun ja, die Korsen haben sich an den Franzosen gerächt, in Gestalt von Napoléon (die Ostmärker für den Bismarck'schen Rauswurf von 1866 ja auch :-). A propos Rauswurf: Als es Garibaldi selbst für Cavours Begriffe zu bunt treibt, schickt der ihm einen piemontesischen Statthalter auf den Hals, der ihn kurzerhand absetzt und des Landes verweist.

Damit macht er die Sache aber nur noch schlimmer, denn nun setzt Garibaldi mit seinem inzwischen auf rund 20.000 Mann angewachsenen Heer von Abenteurern und Glücksrittern aufs Festland über, um auch Neapel zu "befreien", wo er ebenfalls mit großer Begeisterung empfangen wird, und womöglich auch noch den Kirchenstaat. Weniger begeistert sind einmal mehr Cavour und Napoléon III - so hatten sie nicht gewettet! Sie vereinbaren einen neuen Kuhhandel: Piemont bekommt (nach entsprechenden "Volksabstimmungen", versteht sich :-) auch noch den Rest des Kirchenstaates - außer Rom und Latium -, wenn Cavour verhindert, daß sich Garibaldi das alles unter den Nagel reißt. Also läßt Cavour nun auch "reguläre" piemontesische Truppen in den Kirchenstaat und das "Königreich beider Sizilien" einmarschieren. Im September gewinnen die Piemontesen die Schlacht bei Castelfidardo gegen die Päpstlichen, und die Rothemden die Schlacht am Volturno gegen die letzten Mohi-, pardon Napolitaner. (Auch das ist übrigens wieder ein dankbares Motiv für den Film: Anders als etwa in der Schlacht von Solferino - die hauptsächlich zwischen Franzosen und Österreichern statt fand - sind die Verluste hier gering, weil die Unterliegenden wieder mal das tun, was italienische Soldaten bekanntlich am besten können: rechtzeitig davon laufen :-) Danach stehen sie sich waffenstarrend gegenüber - der "Bürgerkrieg" scheint unmittelbar bevor zu stehen.

[Garibaldi] [Victor Emanuel]

Doch dann, im goldenen Oktober 1860, kommt König Victor Emanuel höchstpersönlich an den Schauplatz des Geschehens, trifft sich mit Garibaldi zu einem Gespräch unter vier Augen - der Monarch und der Räuberhauptmann von Angesicht zu Angesicht (aber seht Ihr da einen Unterschied, liebe Leser? Sie sind einander wahrhaft ebenbürtig, und das meint Dikigoros nicht als Kompliment für Garibaldi!) -, und am Ende verzichtet der Revoluzzer "freiwillig" auf die "Volksdiktatur" und empfiehlt seinen Miträubern, pardon Volksgenossen, allesamt brave Untertanen des Königs von Piemont, pardon, von Italien heißt das ja jetzt, zu werden. So geschieht es denn auch; das Land ist geeint und geeinigt; Victor Emanuel zieht, nein, nicht in Rom ein (das verhindern die französischen Truppen, die noch immer dort sitzen :-), sondern nach Turin zurück; und Garibaldi geht auf seiner Ziegeninsel Caprera vor Sardinien in den verdienten Ruhestand. Der Film endet anno 1861 in Friede, Freude, Eierkuchen.

* * * * *

Wirklich? Ja, im Film schon, und der wirkt ja in den Augen der Zuschauer als "Wirklichkeit" weiter. Aber in Wahrheit - die Euch Dikigoros nicht vorenthalten will - war eben nicht alles Friede, Freude, Eierkuchen, jedenfalls nicht für Garibaldi. Der hatte sich schlicht den stärkeren Argumenten gebeugt: Die piemontesische Armee konnte man halbwegs als solche bezeichnen, und sie hätte jeder Zeit Hilfe von den Franzosen bekommen; er selber dagegen hatte nur seinen Haufen zerlumpter Räuber - auf dem Schlachtfeld wäre er chancenlos gewesen. Er ging nicht freiwillig nach Caprera - das nicht viel besser, eher noch schlimmer war als Elba, wohin man einst Napoleon I verbannt hatte -, und wie dieser war er bei den nächsten besten Gelegenheit, nämlich als Cavour ein paar Monate später starb, wieder da, sammelte seine Rothemden und marschierte erneut auf Rom. Dort machte er allerdings die böse Erfahrung, daß er nicht einmal mit den päpstlichen Truppen - die inzwischen von einem Deutsch-Schweizer reorganisiert worden waren - fertig wurde. Auch die Piemontesen sahen nun ein, daß da vorerst nichts zu machen war: Sie verlegten die Regierung statt nach Rom nach Florenz (wo sie ja auch viel besser aufgehoben war :-) und ihre Bemühungen um Expansion nach Osten - wieder einmal gegen Österreich-Ungarn, das noch immer Südtirol, pardon, das ur-italienische "Trentino" und "Venetien" besetzt hielt. Da kam ihnen das Glück in Person von Otto Bismarck zu Hilfe: Der war gerade bemüht, Österreich mit Waffengewalt aus dem Deutschen Bund hinaus zu werfen und suchte nach Verbündeten. Die piemontesische, pardon italienische Regierung schrie "hier", und 1866 war es dann so weit: Zwar verloren die Italiener alle Schlachten zu Wasser und zu Lande gegen die Österreicher; aber die Preußen siegten in Böhmen, und so mußte Österreich im Friedensschluß Venetien an Italien abtreten. (Wäre Bismarck nicht so ein Dummkopf gewesen, hätte er sich Böhmen oder zumindest das Sudetenland abtreten lassen, und Italien wäre leer ausgegangen oder hätte sogar noch die Lombardei an Österreich zurück geben müssen. Frankreich hätte als "Kompensation" Wallonien bekommen, und Rußland fürs Stillhalten Galizien - aber dazu gleich mehr.)

Und Garibaldi? Der wollte mal wieder etwas mehr und war mit seiner Räuberbande in Südtirol eingefallen. Aber das wäre denn doch zuviel des [Un]Guten gewesen - Napoleon III und Bismarck riefen unisono "halt", und Garibaldi mußte sich einmal mehr zurück ziehen. Wohin? Nein, nicht nach Hause, im Gegenteil: Als man ihn und seine Räuberbande aus Tirol hinaus warf, marschierte er kurzerhand ein drittes Mal auf Rom! Was geschah? Die französischen Truppen - deren Abzug Victor Emanuel nach langen, mühsamen Verhandlungen mit Napoleon III gerade erst erreicht hatte - kehrten zurück und schlugen Garibaldi & Co. kräftig aufs Haupt. Es war also wieder nichts... Blieb noch sein altes Ziel, die Heimat zurück zu erobern - die ligurische Küste mit Nizza. 1870 bot sich die Chance dazu, als Krieg zwischen Preußen und Frankreich ausbrach. Was hätte - sowohl für die italienische Regierung als auch für Garibaldi - näher gelegen, als an der Seite des alten Verbündeten in Frankreich einzumarschieren, Savoyen und Nizza - und womöglich auch noch Korsika - zurück zu holen und auf das - überwiegend deutschsprachige - "Trentino" zu pfeifen? Was tat die italienische Regierung? Nichts dergleichen - Vittorio Emanuele blieb schön neutral. Was tat Garibaldi? Er stellte erneut eine Räuberbande, pardon eine Freischärlertruppe zusammen und zog mit ihr in den Krieg, und zwar auf Seiten der... Franzosen! (Die haben ihm das übrigens nie vergessen und betrachteten ihn seither als verlorenen Sohn - war er nicht in Nizza, pardon "Nice" hieß das ja nun, geboren und hatte gegen die objektiven Interessen Italiens für Frankreich Partei ergriffen? Mehr konnte man ja wohl nicht verlangen!)

[Garibaldi, geboren in Nice, franz. Medaille]

Begreift Ihr das, liebe Leser? Kann es ein undankbareres Volk geben als die Italiener? Kann es einen größeren Idioten geben als Garibaldi (der selbstredend wieder alle Schlachten verlor)? Nein, das ist keine bloß retorische Frage, denn darüber kann man trefflich streiten. Schauen wir uns die nicht-italienischen Protagonisten jener Tage, jenes Jahrzehnts von 1860 bis 1870 - doch einmal an und entscheiden dann, welcher Politiker damals am unfähigsten war: Napoléon III hatte die Verhältnisse in Deutschland von Anfang an falsch eingeschätzt und 1866 die vermeintlich schwächeren Preußen gegen die vermeintlich stärkeren Österreicher insgeheim unterstützt, weil er sich von der Spaltung des Deutschen Bundes Vorteile versprach - und damit voll daneben gelegen. Den Krieg gegen Preußen provozierte er bewußt, um diesen seinen Fehler zu korrigieren. Aber was hatte er, was hatte Frankreich in diesem Krieg zu gewinnen? Gar nichts, zumal Österreich neutral blieb und die süddeutschen Staaten ihm in den Rücken oder jedenfalls in die Flanke fielen. Was hätte er mit den Ressourcen, die er in Italien gegen Österreich und später gegen Preußen vergeudete, nicht alles anfangen können: Die Südstaaten im amerikanischen Bürgerkrieg unterstützen - er wäre im Erfolgsfall (der gar nicht so unwahrscheinlich war) zum Schiedsrichter und Protektor Nord- und Mittelamerikas aufgestiegen, hätte Louisiana durch die Hintertür zurück bekommen - womöglich auch Quebec, und jedenfalls Mexiko -, dazu wohl auch noch den Panama-Kanal (aber das ist eine andere Geschichte); dann hätte er statt Ligurien Ägypten haben können mitsamt dem Suez-Kanal; und fürs Stillhalten von Preußen vielleicht sogar Wallonien, den französisch-sprachigen Teil Belgiens - jedenfalls wenn er ihm im Gegenzug Flandern und die Niederlande überlassen hätte, die ihm sicher näher lagen als Bayern, Baden, Württemberg und Elsaß-Lothringen. Großbritannien und die USA wären nie zu Weltmächten aufgestiegen - das wäre Frankreich und Deutschland vorbehalten geblieben, in welcher Form auch immer. Aber es kam anders, scheinbar zugunsten Bismarcks. In Wirklichkeit war auch der ein Narr: Wie konnte er Österreich aus Deutschland hinaus werfen mit den wertvollen Provinzen Böhmen, Mähren und Lombardo-Venetien und sich bzw. seinem "Klein-Deutschland" dafür Polen, Dänen und Franzosen ans Bein binden? Er hätte Österreich gegen Piemont-Italien unterstützen müssen, indem er ihm Frankreich - mit Diplomatie oder Drohungen - vom Hals hielt, statt ihm in den Rücken zu fallen. Klein-Deutschland hatte keinen Mittelmeerhafen - Groß-Deutschland, pardon der Deutsche Bund, den er mutwillig zerstörte, hatte mehrere... Der größte Narr aber war Kaiser Franz-Joseph von Österreich-Ungarn. Statt sich ganz auf seine deutschen Gebiete - zu denen wie gesagt auch Böhmen, Mähren und Lombardo-Venetien gehörten - zu konzentrieren, setzte er sich im Krimkrieg zwischen alle Stühle, verzettelte sich auf dem Balkan, ließ sich von Bismarck ins dänische und von Napoleon ins mexikanische Abenteuer ziehen - jedesmal zu seinem eigenen Schaden. Am Ende sollte er alles verlieren; nur mit den aufmüpfigen Ungarn erreichte er vordergründig einen "Ausgleich" (in Wahrheit stand auch der nur auf dem Papier, aber das ist eine andere Geschichte). Tja, liebe Leser, die Ihr der Meinung seid, die heutigen Politiker seien ein Käfig voller Narren - die früheren waren auch nicht viel besser!

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[Roma capitale 1870-1970]

Italien bekam also, auch Dank Garibaldis Erfolglosigkeit, endlich den Kirchenstaat mit Rom - der neuen Capitale. Zur Strafe für diesen gotteslästerlichen Raub exkommunizierte der Papst zwar alle republikanischen Politiker, aber das war denen ziemlich schnuppe. Die hatten ganz andere Sorgen, denn obwohl nunmehr die Einheit Italiens hergestellt war, hieß das noch lange nicht, daß auch die Einigkeit (auf Lateinisch - und Italienisch - "Concordia") Einzug gehalten hätte, wenngleich man das 100 Jahre später bei den neuerlichen Jubelfeiern der tumpen Nachwelt so darzustellen suchte. In Wahrheit brachen in ganz Mittel- und Süditalien Jahrzehnte lange Aufstände gegen die blutsaugende Zentralregierung aus, die allesamt als "Briganten [Räuber]"-Unruhen abzutun pure Geschichts-Klitterung ist - nun, da es zu spät war, sah man erst, was man an den vermeintlich so bösen ausländischen Fürstenhäusern gehabt hatte, an den Habsburgern und an den Bourbonen. Dies war die Geburtsstunde der Mafia und der Camorra, Selbsthilfe-Organisationen, die den armen, mehr denn je geknechteten Unterschichten gegen die Obrigkeit beistanden, nicht anders als es jenseits des Atlantiks der Ku Klux Klan war. (Was immer aus diesen Organisationen später geworden sein mag: damals hatten sie ihre Existenzberechtigung - und entsprechenden Zulauf.) Garibaldi ging das nichts mehr an - er war zu alt geworden, um noch mehr Schlachten zu schlagen und zu verlieren; er ließ sich 1875 ins Parlament wählen und verbrachte seinen Lebensabend mit dem Versaufen seiner Diäten, eine in allen Punkten gescheiterte Witzfigur.

[Denkmal am Lago di Como] [Denkmal in Nizza] [Denkmal in Montevideo/Uruguay] [Denkmal in New York]
[Denkmal in Rom] [Denkmal in Mailand] [Denkmal in Bologna]

Warum ist Garibaldi dennoch so populär geworden - und lange Zeit geblieben? (In den ersten zwei Jahrzehnten nach seinem Tode wurden ihm - nicht nur in Italien - so viele Denkmäler errichtet wie sonst keinem anderen Politiker, sei es zu Fuß oder zu Pferd - wobei die letzten freilich zugleich das große Manko offenbaren, an dem der Mythos Garibaldi litt: Er starb auf allen Vieren, d.h. im Bett, statt auf dem Schlachtfeld, wie es "Helden" gebührt.) Nun, die Erfolge seiner Epigonen haben seine eigenen Mißerfolge übertüncht und ihm so im Nachhinein scheinbar Recht gegeben: Hat Italien nicht nach dem deutsch-französischen Krieg den Kirchenstaat doch noch bekommen? Hat es nicht nach dem Ersten Weltkrieg Südtirol bekommen? Ist damit nicht doch alles, was Garibaldi wollte und wofür er sein Leben lang gekämpft hatte - wenngleich nicht immer glücklich -, erreicht (und sogar über die Niederlage im Zweiten Weltkrieg hinaus gehalten) worden? Kann das ein Venizelos von sich sagen? Oder ein Hitler, pardon ein Mussolini? Und dennoch... je länger einige kluge Italiener (ja, so etwas gibt es - selbst die werden irgendwann mal aus Schaden klug :-) darüber nachdenken, desto klaren wird ihnen, welch eine verhängnisvolle Dummheit es seinerzeit war, Länder, die nicht zusammen gehörten, mit Gewalt zu einem Einheitsstaat zusammen zu schmieden (was ursprünglich niemand außer Garibaldi gewollt hatte!), und der Wunsch, diesen Fehler zu korrigieren, wird immer lauter und offener geäußert. Warum auch nicht? Die Völker Jugo-Slawiens haben ihn korrigiert, die Völker der Tschecho-Slowakei haben ihn korrigiert, die Völker der Sowjet-Union haben ihn korrigiert, und die Völker anderer Staaten - nicht nur in Europa - stehen kurz davor. A propos: In welchem anderen Staat als Italien wurden dessen 100-jähriges Gründungs-Jubiläum und sein vermeintlicher Gründer Garibaldi anno 1961 noch groß gefeiert? Ihr werdet nicht drauf kommen, liebe Leser, denn die Antwort lautet: in der Sowjet-Union. In Taganrog wurde ihm ein imposantes Denkmal errichtet (mit der Legende, daß ihm just dortselbst die Idee zur "Befreiung" und "Einigung" seiner Heimat gekommen sei - ohne Taganrog und seine Hafenkneipen kein Italien! :-), gegen das sein Grabstein sich eher bescheiden ausnimmt.

1882 starb Garibaldi - endlich, bevor er noch mehr Schaden anrichten konnte. Sollte es mehr als ein Zufall sein, daß man seines 150. Geburtstags nicht gedachte (aber vielleicht hatte man 1957 einfach nur andere Dinge im Kopf - z.B. den Wiederaufbau der Wirtschaft), wohl aber seinen 100. Todestag groß feierte?

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