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Singapore, 7.December 1845.

Herzlichen Dank für Euren Brief vom 1/4.Juni, den ich bei meiner glücklichen Rückkehr von Batavia am 22.October hier vorfand. Dass Ihr Eure Briefe aus verschiedenen Handschriften zusammensetzt, ist eine sehr gute und glückliche Idee .....

Mir geht es wohl, ich bin zufrieden und glücklich. V. schmält darüber, dass ich seine Bemühungen, mich für die nachfolgenden Generationen der Familie notable zu machen, schnöde von der Hand weise. Um Euch etwas zufrieden zu stellen, habe ich einen längeren Bericht über eine kleine Tour in Java zu Papier gebracht und ihn bereits vor einigen Wochen mit einem directen Schiffe geschickt; freilich ist er sehr flüchtig ausgefallen, da ich wenig Zeit dazu hatte, aber er wird Euch doch interessieren pp. Kritiken über Schrift u.Styl werden freilich gänzlich verbeten. Auch werdet Ihr einige weitläufige Briefe von Calcutta und Batavia nun erhalten haben, so dass ich glaube, diesmal mit einem kürzeren Briefe wegkommen zu dürfen. Harkort wird Euch auch erzählt haben, wie es hier draussen zugeht. Durch ihn habe ich bereits einige Münzen für V. geschickt, bin somit seinen Wünschen zuvorgekommen; um übrigens noch einige mehr zu erlangen, habe ich einen mir befreundeten Schiffscapitän, der kürzlich nach verschiedenen Südseeinseln abging, Auftrag gegeben, mir Münzen und Medaillen daher mitzubringen und etwa $ 20 dafür auszugeben. Eine bessere Gelegenheit findet sich nicht gleich wieder. Er hatte 2 Metallringe, die er dem König und der Königin von Sandalwood island oder Sandelbosch, südlich von Celebes und Flores abgeschwatzt hatte. Diese hätte ich gern acquirirt, aber ich habe sie nicht bekommen. Wegen des Schickens hat es keine Schwierigkeit, da ich genug Bremer u. Hamburger Capitäne kenne, die mir eine Kleinigkeit gern mitnehmen. Auch werde ich, wenn ich wieder nach China komme, mich der übrigen Aufträge V's entledigen.  pp.

Ich habe es mir recht hübsch gedacht, wenn Ihr einmal nach China kämet, um mich zu besuchen. Freilich kostet es ein Jahr Urlaub, die Kosten sind aber so gross nicht mit einem Segelschiffe von Hamburg oder Bremen aus. Es ist merkwürdig, wie billig deutsche Schiffe Passagiere mitnehmen; eine Reise von Hamburg nach China kostet beinahe nicht mehr, als von China nach Singapore in einem der hiesigen Pakete; und nur erst hier draussen wird das Reisen theuer.

Ich habe hier und überall soviel Bekannte gemacht, dass, wenn ich nur Zeit hätte, ich oft umsonst hübsche Reisen machen könnte, so wurde mir eine ganz kostenfreie Reise nach Neu-Holland u.den Südsee Inseln angeboten; aber ich kann natürlich gar nicht auf derlei Vorschläge hören.

Wie gut das Reisen, namentlich die Seereisen, bekommt, kann ich ad oculos demonstriren. pp.

.... Gratulationen zu Geburtstagen (6.lec.,10.Febr.) pp.

Hier draussen unter den Heiden kommt man aus aller Zeitrechnung heraus; ich merke nichts von Geburtstagen, Weihnachten oder andern Festtagen. Unsere Festtage sind, wenn die Steamer einkommen, und dann giebt es keine Ruhe, denn in den 2 Tagen, wo hier die Dampfboote von allen Weltgegenden zusammentreffen, und wieder weiter gehen, hat man enorm zu thun; deswegen muss man auch meist Privatmittheilungen schreiben, ehe man die Europäischen Briefe hat. Vielleicht bekomme ich morgen, wo wir sicher Briefe bis zum 24.October von Haus erwarten, etwas von Euch u. Harkort über meine eigene spätere Stellung, worüber Ihr indess aus directer Quelle vielleicht näher unterrichtet seid, zu hören. Aller Wahrscheinlichkeit nach werde ich, wenn nicht unvermutheter Weise irgendwo ein Kessel springt, noch einige Jahre in de Oost bleiben, wie der Holländer sagt.

Ueber meine Erlebnisse kann ich Euch nichts Besondres melden; seit ich Batavia verlassen habe, habe ich hier nur alte Tage wieder durchgelebt in der schon früher beschriebenen Einförmigkeit des Singaporelebens. Jedoch bin ich dies Mal durch den zufälligen Umstand, dass ich mit 2 jungen Damen hiesiger haute volée von Calcutta heruntergekommen war, in alle Gesellschaft eingeführt, und mache das Wenige mit, was in Singapore vorgeht. Wir haben einen Ball und eine Theatervorstellung gehabt, die ganzen Festlichkeiten von 6 Wochen, die ich nun schon hier bin. Und wie schön sind diese Fêten! Theater von Liebhabern gespielt mit Männern in Frauenrollen, und Ball in ungebohnertem Saale mit etwa 130 Personen, darunter 30 Damen, welche aus der crême von Singapore und aus Modistinnen bestehen. Dagegen aber bin ich bei dem gouverneur eingeführt und esse manchmal bei ihm. Da aber hier nur zweimal wöchentlich, Dienstags und Donnerstags, Hammelfleisch zu haben ist, so drängen sich natürlich auf diese beiden Tage alle Einladungen, die mir als distinguished stranger nie fehlen.-

Auch habe ich mich dies Mal auf einen längeren Aufenthalt hier vorbereitet und mir ein Pferd angeschafft, so dass ich stets auf der fashionablen Promenade hoch zu Ross bin. Es freut mich, wie es scheint, Glück damit zu haben. Ich kaufte ihn, ein kleines allerliebstes Birmapferd, von einem Bekannten, für den er im Gig zu wild war, für $ 80; unter dem Sattel macht er sich ganz superb, und wenn ich ihn heute verkaufen will, kann ich 100 bekommen. Freilich habe ich schon anfangen müssen zu kuriren, aber bei dem gegenwärtigen Wetter sind alle Pferde hier krank. Wir haben die Regenzeit und Tag für Tag Regen; es ist Alles so feucht, dass man den täglich ansetzenden Schimmel von allen Sachen abputzen muss. Bei Euch werdet Ihr dafür Schnee und Eis haben, um das ich Euch auch nicht beneide. pp.

Ueber das Verhältnis Chinas mit England, nun nachdem der Gouverneur erklärt hat, Chusan nicht eher aufzugeben, als bis allerhand andere streitige Punkte beigelegt sind, wird gewiss in Europa viel gesprochen werden. Die Insel sollte bekanntlich nach dem Tractate wieder an die Chines.Regirung zurückgegeben werden, wenn die 21 Millionen Dollars bezahlt sein würden. Ende dieses oder Anfang nächsten Jahres wird der letzte Heller bezahlt werden, aber Davies sagt, er werde Chusan nicht eher abtreten, als bis z.B. alle Europäer freien Zutritt in die Stadt von Canton hätten, was bis jetzt allerdings nach dem Tractate stattfinden darf, aber nur mit Lebensgefahr ausgeführt werden kann. Und noch andere kleine Punkte. Der Vicekönig von Quangtung (Canton) Keying ist eigens nach Hongkong gekommen, um alle Streitigkeiten beizulegen, viele Leute sprechen aber trotz dem von bevorstehendem Kriege und führen deshalb das Zusammenhalten der ganzen englischen Flotte in Hongkong an. Letzteres aber hat damit gar nichts zu schaffen, sondern beruht blos auf einem zu haltenden Kriegsgerichte über einen hochgestellten Marine Capitän, und meine feste Meinung ist, dass Krieg vor der Hand ganz ausser Frage ist.

Wir Ausser-Engländer können übrigens beim Kriege nur gewinnen; aber auch ohnedies wird das Geschäft noch für die nächsten Jahre ruinirt bleiben, denn gegen die Unmassen von Waaren, die auf den chinesischen Markt geworfen worden sind, kann kein Mensch ankommen. Es geht überhaupt mit dem Geldverdienen hier draussen lange so schnell nicht, wie man bei uns zu Hause denkt; die Zeiten sind vorüber, wir Deutschen kommen wieder, wie gewöhnl., post festum. Trotz dem sind wir noch nicht ganz ausser chance, nur soll man ums Himmels Willen nicht zu schnell u. viel hoffen, es wird sehr peu ~ peu gehen. Wenn man nur nicht so viel noch zu lernen hätte; man stösst alle Augenblicke auf etwas, was man nicht weiss. Wir Cosmopoliten müssen überall zu Hause sein und da steht uns Deutschen die Gründlichkeit, an die wir gewöhnt sind, recht im Wege. Ich glaube, wenn ich dies an mir selber rüge, darf ich es der Nation auch zur Last legen. Wenn wir nicht Alles ex fundamento beurtheilen können, so überschauen wir eine Sache sehr schwer. Der Engländer fasst viel schneller auf, wenn er auch nicht immer von der Wirkung auf die Ursache zurückkommt 

Ich hatte diese Seite offen gelassen, um Euch nach Empfang der Europäischen Briefe Mittheilungen über meine Zukunft zu machen; da ich aber unbegreiflicher Weise seit 2 Monaten ohne dieselben bin, so kann ich darüber jetzt noch nichts sagen. Adieu für dies Mal, gehabt Euch wohl und behaltet lieb
                                                             Euern aufrichtigen
                                                                             Richard,

(durch Einschluss an d.H.Harkort
 am 25.Januar an die Adresse gelangt.)


Canton, 27.Januar 1846.

So sitze ich denn wieder in dem lieben Neste, nach dem sich viele Tausende Menschen aus Neugierde sehen und das an und für sich einen horriblen Aufenthalt bietet, doch aber für uns Krämervolk manches Interessante hat. Diesmal habe ich Quangtung mit Sack und Pack bezogen in der Absicht, mich hier für eine Reihe von Jahren häuslich niederzulassen und - Seide zu spinnen, wenn der liebe Himmel die Sonne scheinen lässt. Ein längerer geregelterer Aufenthalt wird mich dann wohl auch in den Stand setzen, Euere Wünsche wegen näherer Nachrichten über Sitten und Gebräuche des curiosen Volks der Langzöpfe zu befriedigen. Vor der Hand habe ich wenig zu sagen. Am 11.ds. verliess ich Singapore per Dampfboot und erreichte Hongkong nach einer nur 9tägi-gen Reise trotz starken Gegenwindes und hoher See, eine Reise, die ein Segelschiff nur in 4-5 Wochen hätte machen können.

Hongkong hat sich in einem Jahre mächtig verändert, es sind eine Menge neuer Häuser gebaut worden, und noch werden andere gebaut; man sieht eine Masse von Häusern, leidlich gerade Strassen, die aber bergauf, bergab gehen, und rund herum nicht die Spur von Cultivation; der öde kahle Berg erhebt sich im Hintergrunde, benimmt Sonnenschein und Luftzug; und so wandert man durch die halbvollendeten Strassen in einer beengenden Atmosphäre, die, man mag sagen, was man will, stets ungesund bleiben wird. Man sieht sehr viel Polizeidiener, die manchmal in schwerbewaffneten Patrullen die Strassen durchziehen und das Bewusstsein der Unsicherheit von Leben und Besitzthum stets wach erhalten.

Merkwürdig war uns der plötzliche Unterschied der Temperatur; in Singapore hatten wir 86º Fahrenheit, und behielten dieselbe Temperatur bis 2 Tage vor Hongkong; dann trat plötzlich ein starker Sturm ein und das Thermometer fiel auf 54º den andern Morgen, was jetzt hier durchschnittlich der Wärmegrad ist. Dreissig Grad auf Einmal fühlt man ganz gewaltig, und wir alle liefen wie toll auf dem Deck des Dampfers auf und ab, um uns zu erwärmen. (NB. 86º Fahrenheit = 24º Reaumur, also 54º noch nicht ganz 10º R.). Wenn man, wie in Deutschland, die Kälte so nach und nach kommen sieht und durch Hitze nicht verwöhnt ist, so sind 10º R. nichts, aber hier wird man nolens volens frostig.

Von Hongkong aus nun gingen wir mittels selbstgemietheten Bootes nach hier; Unsrer 5 Passagiere hatten die Partie abgemacht, als die Sache aber zur Ausführung kommen sollte, und die neu angekommenen John Bulls hörten, dass gerade jetzt zur Zeit des Chinesischen Neujahrs, das heute anfängt, viele Piraten auf dem Flusse wären, so wollten sie nicht mit, und erst, als ein Deutscher (in der Person meiner Wenigkeit) erklärte, jedenfalls, im Nothfalle allein reisen zu wollen, fühlten sie sich in Bewunderung des braven Deutschthums bewogen, ihren Theil der Gefahr fairly zu tragen.

Wir hatten vielerlei Bewaffnung an Bord, wurden aber durchaus nicht belästigt, obgleich wir 2 Tage von Hongkong nach Canton zubrachten, während nur 9 Tage uns von Singapore nach Hongkong gebracht hatten. Evviva il vapore!

Canton ist gegenwärtig in einem sonderbaren Zustande, wir befürchten täglich einen tüchtigen Aufruhr, und ein nochmaliges Abbrennen sämtlicher Factoreien ist kein Ding der Unwahrscheinlichkeit, wenn ich für meinen Theil auch dies bezweifele.

Die Sache ist einfach die.  Im Friedenschlusse wurde stipulirt, dass 20 Millionen zu bezahlen seien, dass die Häfen von Canton, Foochowfoo, Amoy, Ningpo und Shanghai dem Ingress der Fremden offen stehen sollten, und bis zu gänzlicher Bezahlung der Indemnisationssumme Koolongsoo und Chusan den Engländern als Pfand zu überlassen sei. Unter dem Oeffnen der Häfen scheint stillschweigend der freie Zutritt in die respectiven Städte verstanden zu sein; nur die Stadt Canton selbst aber ist niemals offen geworden. Jetzt ist der letzte Rest des Geldes bezahlt, Koolongsoo ist schon früher zurückgegeben, jetzt soll Chusan auch wieder abgegeben werden, aber der englische Gouverneur weigert sich es herauszugeben, wenn die Chinesen ihre Verbindlichkeiten nicht erfüllen und auch Canton öffnen. Dies verlangen die Mandarine, namentlich Keying selber, man hat demnach auch mehre Tage die Thore geöffnet, aber Niemand hat gewagt hineinzugehen, und jetzt sind sie wieder geschlossen. Die Masse des Volks ist äusserst aufgeregt, man hat mehrfach Plakate an die Strassenecken angeschlagen mit der Drohung, dass man die Factoreien niederbrennen werde, sobald die Fanquis die Stadt betreten würden.

Es hängt nun davon ab, welche Massregeln das englische gouvernement ergreifen wird. Forciren die Engländer die Stadt, wie sie, um sich gegen das chinesische Volk im Allgemeinen consequent zu zeigen, thun müssen, so werden wir wahrscheinlich ernsthaften Crawall haben; ein Forciren der Stadt kann aber nur dadurch geschehen, dass Truppen durchmarschiren. Diese wird man chinesischer Seits wohlweislich marschiren lassen; aber, wenn sie durch sind, bleibt die Sache beim Alten, denn kein Privatmann wird seinen Hals daran setzen. Wie das werden wird, ist nicht vorauszusehen. Wenn Chusan nicht aufgegeben wird, so werden wir zweifelsohne in den Augen aller Chinesen als wortbrüchige Leute an Credit verlieren. Der Gouverneur scheint Instructionen von Haus zu erwarten, oder hat sie und erwartet nur das Ende des chinesischen Neujahrs, um zu agiren; denn jetzt sind zu viel Fremde in der Stadt versammelt. Krieg ist sehr unwahrscheinlich, und kommt es dazu, so werden wir nur profitiren, denn dann kostet es nicht nur ein blaues Auge, sondern den Hals des chinesischen tausendjährigen Kaiserreichs. Das weiss Job Zöpfling auch recht gut.

Wir haben es hier auch nicht mit dem Volke oder den Kaufleuten zu thun, sondern nur mit einem desperaten Plebs, der, wie mir gestern ein angesehener chinesischer Kaufmann sagte, Alles verloren hat durch die Plünderung der englischen Soldaten im letzten Kriege in und um Canton, jetzt nichts zu leben und John Bullen und unnöthiger Weiße allen Fanquis blutige Rache geschworen hat. Zwei amerikanische und 4 englische Kriegsschiffe dicht vor Canton werden aber bald im Fall gestörter Ruhe die Sache zur Ordnung bringen.

Das chinesische Neujahr hat heute begonnen und alle Leute haben ihre Shops zugeschlossen; man hört nichts als einen immensen Lärm von Feuerwerk, abgeschossenen Gewehren, Kanonenschlägen, Gongs und andrer schauderhafter Musik Tag und Nacht, die Diener laufen im Sonntagsstaat und von Aufwartung ist keine Rede. Freilich ist dies die einzige Recreation, da die Chinesen keinen Sonntag kennen und Jahr aus Jahr ein arbeiten. Nur muss man ihnen das Neujahr lassen. Alle Häuser sind schönstens geschmückt; Sprüche von Confucius auf rothem Papier "hangen und bangen in schwebender Pein" an allen Orten, kleine und grosse Josse auf künstlichen und wirklichen Blumen schmücken alle Zimmer und Mancher opfert der Sitte seinen Jahresgewinn in Unsinn.

Meine verschiedenen Notizen durch directe Schiffe, Colibri und Pauline, werdet Ihr erhalten haben. Für heute ADio. Von Euren Briefen habe ich keine späteren als Juli! Ich möchte gern auch einmal wieder einen Brief bekommen.
                         Stets unverändert der Eure
                                                Richard Carlowitz.

(Durch Einschluss Anfang April
 an die Adresse gelangt.)


Canton, 23ten März 1846.

Ich habe V's und A's Briefe vom October schon vor längerer Zeit erhalten und kann versichern, dass sie mir grosse Freude gemacht haben, besonders da sie die Absicht aussprechen, dass die 2 Stück Correspondenten (wie wir im Chinesischen construiren) allmonatlich abwechselnd schreiben wollen, eine Absicht freilich, die schon im November unausgeführt geblieben ist. In einigen Tagen erwarte ich Briefe bis zum 20.Januar und werde dann wohl wieder etwas von Euch hören. Unsere Communication mit der Heimath ist jetzt ganz famos, nur habe ich noch nicht viel Genuss davon gehabt, da eine unglückliche Confusion in Marseille meine Briefe über Calcutta hat dirigiren lassen, während sie direct von Ceylon nach Singapore hätten gehen solsen. Daher kommt es auch, dass ich noch keine Decemberbriefe habe.- pp.

Ich erwähne nur, dass ich mir V's Wünsche wegen Zusendung notirt habe, um bei nächster directer Schiffsgelegenheit, mit der ich etwas an Harkorts schicke, es zu besorgen.- Nach Malta werde ich sobald nicht kommen, aber wenn V. nach Constantinopel gehen sollte, kann er von Syra aus vom Constantinopel-Triest-Steamer abgehen und direct nach Malta kommen, da der Alexandria-Steamer dort einen andern trifft.- Meinem lieben A. wünsche ich Glück zur Besserung seiner Gesundheit pp. Ich bin gesund und munter!

Ich schrieb Euch zuletzt Ende Januar kurz nach meiner Ankunft hier. Seitdem habe ich ein eigenes Haus eingerichtet und bezogen, und erfreue mich einer ächten Junggesellenwirtschaft. Das Haus ist hübsch gelegen, gerade in Front von dem einzigen Spaziergange in Canton, dem American Square. Von einem Balcon auf dem Dache habe ich eine schöne Aussicht auf den Fluss mit seinen tausend Booten und die ganze Stadt Canton mit ihren geschweiften Giebeldächern und Trockenplätzen auf den Häusern; nur wenige höhere Häuser mit eigenthümlichen runden Ausbauen - man sagt, es seien Kornmagazine - und zwei schlechte Pagoden unterbrechen die Monotonie des Dachpanoramas. Denn, da die Strassen so eng sind, und von freien Plätzen keine Rede, so erscheint auch keine Unterbrechung in dem Chaos einer chinesischen Stadt.

Mein Leben ist äusserst regelmässig, und je regelmässiger ich es durchführe, desto wohler fühle ich mich. Um 6 Uhr wird aufgestanden, um 7 Uhr kommt der chinesische Lehrer, der mir und noch einem befreundeten Deutschen die Landessprache bis 9 Uhr insinuirt. Da er kein Wort englisch spricht, so sind wir von vorn herein genöthigt, uns aufs Sprechen zu legen, und obgleich wir uns in der ersten Stunde zum Gelächter meiner Diener wie wilde Thiere ansahen und in unverständlichen Lauten lallten, so haben wir es doch schon so weit gebracht, dass wir uns für ganz gewöhnliche Sachen verstehen können. Dieser Anfang macht mir Muth, und ich bin nun fest entschlossen, die Sache durchzuführen; den Mandarinendialekt, den wir studiren, spricht man freilich in Canton nicht, aber jeder gebildete Chinese muss ihn kennen, und man kommt damit durch ganz China.

Das Schreiben ist aber sehr schwer; jeder Punkt mehr oder weniger, oder jeder Strich verändert die Aussprache des Wortes und die Bedeutung.
So:
 

drei ganz verschiedene Worte, Shui, ping und iung, Wasser, Eis und letzteres in Verbindung mit chua schmelzen;
oder
 

liau, tze, kié, a, Zeichen für Perfectum, Waise, Sohn, und letztes ein Verbindungswort.-

Da will ganz gehörig aufgepasst sein, doch bemerke ich zu meinem Vergnügen, dass mein Gedächtnis noch ziemlich activ ist, und ich hoffe, ich werde in einigen Jahren wohl so weit sein, um ein Buch lesen zu können, oder auch nur die Inschriften auf der Tusche, um ächte von unächten zu unterscheiden.- Zur Verzweifelung aber bringt es mich manchmal, wenn der Präceptor einen Buchstaben vorspricht und ich mit gespitzten Ohren denselben Laut nachsage nach meiner Ansicht genau so, aber von Jenem immer noch nicht gut gefunden. So hat man ein tz, das auf wenigstens l0erlei Weise ausgesprochen wird, alles in verschiedenen Bedeutungen. –

Um 9 Uhr wird gefrühstückt, wozu mir mein Koch gewöhnlich ein recht gutes rumpsteak giebt, und dann geht es an das Arbeiten bis 4 oder wohl auch bis 5 Uhr, dann Mittagessen, das, da ich ganz allein bin, meist mit grosser Eile abgethan wird. Nach dem Essen von 5-7 Uhr nehme ich mir meine Freistunden, die zwischen Clavierspielen und Ringrennen im square eingetheilt sind. Ich habe schon früher von unsrer gleichförmigen Bewegung in Canton gesprochen, das nur ein Im Kreis herumlaufen und stets Wiederbegegnen derselben Gesichter ist. Glücklicherweise haben wir jetzt eine Anzahl Deutscher hier, die sich dann gewöhnlich zusammenfinden und die Tagesgeschichte des Reiches der Mitte besprechen. Von 7-1/29 Uhr nehmen wir wieder chines.Conversations-stunde, und dann wird gewöhnlich wieder gearbeitet und Chinesisch repetirt, so dass ich selten vor 12 Uhr ins Bett komme. Das Sprachenlernen kostet Einem eine ungeheure Zeit und Chinesisch ist so trocken, dass, wenn man den ersten Eifer erkalten lässt, ohne es zu dem Punkte zu bringen, auf dem man anfängt, Vergnügen daran zu finden, man es dann gewöhnlich ganz liegen lässt. Streng genommen ist es auch weggeworfene Zeit, denn man muss wenigstens 3 Jahre angestrengt lernen, und wenn man sich nach etwa 10 Jahren nach Europa zurückzieht, so nützt Einem die ganze Anstrengung ja nichts. Etwas muss man aber doch thun, ausser dem Geschäfte, um nicht in die gewöhnliche geistige Apathie, das Loos Aller, die längere Zeit im Osten oder anderen Colonien gewesen sind, zu fallen, und dann ist es besser, etwas zu treiben, was wenigstens von momentanem Nutzen sein kann.

Ich habe Euch das letzte Mal von dem kritischen Zustande geschrieben, in dem wir rothborstigen Teufel zu dem blumigen Volke von Quangtung standen, wegen des Betretens der Stadt. Die Sache ist zwar noch nicht entschieden, wird aber wohl ohne ernste Folgen bleiben. Der Kaiser hat den Befehl erlassen, dass man die Fremden in die Stadt hineinlassen soll, trotz dem aber erklärt der plebs in der Stadt, dass er dies nicht leiden will; und von uns ist Niemand vorwitzig genug, um seinen Kopf in die Stadt zu tragen. So steht die Sache in statu quo, und wird es wahrscheinlich noch lange bleiben. Wir haben lange nichts davon gehört, ob Chusan wirklich aufgegeben wird, wahrscheinlich wird sich aber John Bull doch dazu bequemen müssen. In der Stadt selbst gehen allerhand Exekutionen vor sich; unser Lehrer erzählte uns noch heute, dass Keying nach Peking geschrieben habe, um 400, sage vierhundert Menschen köpfen lassen zu dürfen. In 4 Monaten wird die Antwort erwartet. Es scheint, als ob die Mandarine dieses Mittel ergreifen wollen, um ihren, in letzter Zeit sehr schwankend gewordenen Respect bei dem Volke zu heben und die Reihen der Obstinaten zu lichten. Das Volk ist überhaupt seit der englischen Invasion bedeutend zur Selbstkenntnis gekommen; man will nichts mehr von blindem Gehorsam wissen und der Umsturz des patriarchalischen Systems muss natürlich eine totale Reform mit sich bringen. Leider wird sich, wie ich höre, Keying nach 5 Monaten zurückziehen und ein nachfolgender gegen Fremde nicht freisinniger Gouverneur von Quantung kann viel, bei der anwachsenden Selbstständigkeit des Volkes, schaden. Jedenfalls gehen wir hier noch vorwärts und einer interessanten Entwickelungsperiode entgegen.

Das neue Jahr ist dies Mal äusserst ruhig abgegangen, und es sind nicht halb so viel Schwärmer abgebrannt worden, wie bei früheren ähnlichen Gelegenheiten. Trotz dem war aber 3 wöchentlicher Stillstand aller Arbeiten, der mich namentlich genöthigt hat, einen ganzen Monat in einem nicht fertigen Hause zu wohnen.

Neuerlich habe ich hier eine Menge Prozessionen gesehen, alle zu einer Hochzeit gehörend, die in meiner Nachbarschaft gefeiert wurde. Der Bräutigam gab nach der Sitte ein grosses Essen, von der schauderhaftesten Musik begleitet. Von hier wurde eine Prozession abgesendet, die Braut zu holen und ihr Geschenke zu bringen. Vielleicht Hundert, welche mannigfache Breter mit Inschriften, grosse Aufsätze u. darunter ein winziges Geschenk, trugen pp., alle in prächtig gestickten seidenen Kleidern bildeten den Zug und die Braut wurde in einem kostbaren Tragstuhl den Blicken der Menge entzogen, weil sie sich nicht fahren lassen darf, bevor sie im Hause angekommen ist. Des Abends wurden diese Aufzüge mehrmals wiederholt mit den schönsten Laternen, und stets von dieser Herz- und Trommelfell zerreissenden Musik, von Clarinetten, Trommeln, Metallbecken u.etlichen 20 Gongs hervorgebracht begleitet.

Bisweilen werden solche Aufzüge, ebenso wie dem ähnliche Leichenzüge mitten in der Stadt von Bettlern angefallen und direct besteuert; wogegen vor einigen Tagen ein sonderbares Verbot erschien, das ich hier in der Uebersetzung gebe:

"Shui, zum Titel eines Subpräfekten befördert, Vice-magistrat von Puanii und Magistrat von Kau-yan, zehnmal befördert und zehnmal in den Staatsbüchern bemerkt, erlässt dem Besten der Einwohner folgende strenge Ordre gegen die gewaltthätigen Bettler, die unter falschem Vorwande Geld erpressen und Ruhestörungen veranlassen. Wir haben in Erfahrung gebracht, dass in Canton gewisse gesetzwidrige Menschen sind, die sich Wanderer aus andern Provinzen nennen und sich fortwährend herumtreiben. Männer und Weiber ziehen in Banden umher, leben von unverschämten Erpressungen u. verlassen sich auf die grosse Zahl ihrer Cameraden, um die Ruhe zu stören. Gleichfalls haben wir in Erfahrung gebracht, dass sie 4 Anführer und 12 Gehilfen haben. Wenn sie irgend mit einem Hochzeitsmale zusammentreffen, stürmen sie frecherweise in das Haus, erpressen grosse Summen Geldes u.suchen Vorwand zum Streit, damit sie die Leute bei ihren Worten nehmen und unter falschen Angaben Geld erzwingen können. Wenn sie Jemand im Geringsten hindert, so verletzen sie sich selber absichtlich und wagen sogar ihr Leben, um die Bewohner zu ängstigen, damit diese, durch ihre gefährlichen Grimacen bewogen, ihre Forderung befriedigen, was Alles ganz abscheulich ist. Es giebt ferner eine andere Art lasterhafter Bettler, welche todte Hunde, todte Katzen oder andere schmutzige Sachen in den Strassen von Laden zu Laden mitnehmen, um durchzusetzen, Almosen zu erhalten, was ebenfalls gesetzwidrig ist. Wir senden Polizeibeamte aus, um diesen Bettlern aufzupassen und sie zu fahen, machen dieses strenge Verbot aber bekannt, damit alles Bettlervolk es wissen möge. Wenn sie künftig auf eine Hochzeit- oder Leichenfeierlichkeit stossen, sollen sie nicht wieder Geld erpressen und die Ruhe stören. Bettler sollen mit höflichen Worten bitten und nicht unverschämt sein, wie früher, und Unruhe stiften. Sollte irgend Jemand es wagen, ungehorsam zu sein, so wird er aufgegriffen und vor Gericht gebracht werden. Wenn sie von Andern ergriffen werden, Zeugniss beigebracht und ihre Schuld erwiesen wird, so sollen sie streng bestraft und ihnen keine Gnade erwiesen werden. Lasst Jeden gehorchen und sich diesem speciellen Edikt nicht widersetzen.
                               Erster   Monat, 23ter Tag. "
                                             (18.Februar).

Aehnliche solche Edikte erscheinen beinahe wöchentlich, und aus ihnen lernt man eigentlich erst, was Alles um Einen herum vorgeht. In den grösseren und wichtigeren, welche die Verhältnisse der Fremden betreffen, freue ich mich stets von den Fremden aller Nationen die Rede zu finden, und nicht blos, wie die Leute, deren Diplomatie vertreten ist, und die Handelsverträge mit China abgeschlossen haben, so gern glauben, nur von ihnen. Wir Deutsche haben noch keine Consularvertretung beim himmlischen Reiche, und wenn die ganze Ehre von allen 39 Staaten und Stäätchen und Städten und Städtchen nicht auf Ein Haupt zugleich übertragen wird, wäre es auch ebenso gut, wenn wir den den Chinesen bis jetzt beiwohnenden Glauben, dass wir ein grosses einiges Volk seien, nicht rauben würden.

Ich habe mit vielem Interesse Auszüge aus den sächs. Landtagsverhandlungenin der Hamburger Börsenhalle gelesen, die wir hier monatlich über Land bekommen. Aber die ewige Gährung in Sachsen will mir gar nicht gefallen. Warum lässt man denn die Leute nicht sprechen und schreiben, was sie wollen; wir gehen doch einer liberaleren Zeitepoche entgegen, und das System des freien Handels, das sich jetzt mit mächtigen Schritten entfaltet, und alle Perrücken-Zolleinrichtungen vor sich hertreibt, welche die Welt da setzten, wo es sich um Grenzsteine zwischen 2 Gütern handelte, wird der Vorbote sein zur fortschreitenden Entwickelung der geistigen und politischen Kraft aller Völker, der Weltbewohner. Diese Absichten, ich weiss es wohl, wird Mancher zu Hause radical nennen, doch will ich mich dagegen ebenso stark verwahren, wie die sächs.Regirung gegen den Vorwurf der Reaction, freilich sind es Ansichten, die man hinter dem Ofen u. Actentisch nicht bekommt, die aber aus unbefangener Beobachtung der Zustände aus der Ferne sich bilden müssen.

Alles dieses hindert aber nicht, dass man ein loyaler Unterthan sein kann; ich stehe mit Leib und Seele für mein Sachschen, das man im Ausland besser würdigt, als zu Hause, und bin stolz, wenn ich andre Leute mit Achtung von Deutschen und Deutschland reden höre. So hat uns Prinz Waldemar von Preussen, der als Graf Ravensburg den Feldzug im Pendschab mitgemacht hat, und sich dabei persönlich ausgezeichnet, alle Ehre gemacht, welche deswegen noch mehr sagen will, weil sie uns von Engländern gezollt wird.

Mein Chinese wundert sich sehr, dass der König von Sachsen nur Eine Frau hat und meint, dass er so selbst Schuld sei, dass keine Kronprinzen kämen. Wenn ein Chinese mit der einen Frau keine Kinder bekäme, heirathete er so lange, bis er reussirte. Tankwang habe einige 30mal geheirathet, um zwei Söhne zu erzielen!! Heute machte er eine gute Beschreibung einer chinesischen Schlachtordnung, erst Blänker mit Säbel und Schild, dann Büchsenschützen oder besser Luntenschlossfeuergewehrträger, dann Spiessträger, dann eine Reihe Bogenschützen zu Pferde, dahinter die Mandarine und - ganz hinten der Obergeneral!

28. März.                   

Die Chinesen sind sonderbare Leute; und der Unterricht bei einem Manne, der wenig Fremdes kennt, ist wirklich interessant. Ueberzeugen kann man sie nie. So behauptet der Lehrer steif und fest, dass, wenn auch vielleicht bei uns der Blitz Menschen erschlüge, doch in China dies der Donner thäte, und zwar erschlüge er nur böse Menschen. Es ist dies eine schöne Poesie, derzufolge sie auch das Einschlagen des Blitzes nur "des Donners Gerechtigkeit" nennen.-

Wenn eine Tochter heirathet, dürfen ihre Eltern sie nur 2 oder 3 mal besuchen, bis Kinder da sind, dann aber werden die Besuche ohne Ceremoniere gemacht und wiederholt. Kinderlose Ehen giebt es überhaupt in China unter 100 kaum 2. Alle solche verschiedene Einzelheiten, wie die vorstehenden, die man so neben bei in den Stunden lernt, erfährt man anderwärts nicht leicht; sie machen den sonst trockenen Unterricht angenehmer. Im Allgemeinen sprechen die Menschen über Sachen, über die wir civilisirten Leute mit etwas Zurückhaltung uns ausdrücken, mit der unbefangensten Deutlichkeit.

Die mail vom 24.Janr. ist ein, ich habe aber keine Briefe, weder von Leipzig, noch von Euch.- Die Regenzeit hat hier begonnen und wir wünschen das warme Wetter herbei, das, wenn es eingetreten ist, genug wieder verwünscht wird. Jetzt wechselt das Thermometer täglich mehrmals von 54 auf 70º Fahrenheit oder 10 auf 170 Reaumur, was ziemlich empfindlich ist.

Von Herzen Euer stets ergebener u.aufrichtig zugethaner
                                                              Richard.

(durch Einschluss der Herren Harkort
 am 26.Mai an die Adresse gelangt.)


Herrn.....                                                    Leipzig, 31.October 1845.

Hierdurch erlauben wir uns Ihnen ergebenst mitzutheilen, dass die Herren Richard von Carlowitz und Bernhard Harkort die Folge der von uns gemachten, ihrer Leitung anvertrauten Versuchssendungen nach den Indo-chinesischen Märkten übernehmen, indem sie zu diesem Zwecke ein selbständiges Geschäft in Canton und Shanghai unter der Firma von

                          Carlowitz, Harkort & Co.

begründen, wie sie selbst Ihnen noch näher anzeigen werden.

Unsere jungen Freunde haben Einleitungen getroffen, welche ihnen gestatten auch Singapore und Manila auf zweckmässige Weise in ihren Wirkungskreis zu ziehen, und sind mithin im Stande für die ihnen zu Theil werdenden Aufträge vier wichtige Märkte zu benutzen, von deren Verhältnissen sie sich durch an Ort und Stelle persönlich gesammelte Erfahrungen praktische Kenntnisse verschafft haben; sie werden sich eine thätige, aufmerksame und redliche Wahrnehmung der ihnen anvertrauten Interessen zum unabweichlichen Grundsatz machen, und wir glauben daher Ihnen ihre Vermittelung bei Geschäften in jener Richtung um so angelegener empfehlen zu dürfen, als sie durch die Art und Weise, wie sie die schwierige Aufgabe, die ihnen gestellt war, erfüllten, unser Zutrauen völlig gerechtfertigt haben. Wir werden es uns daher auch zur besonderen Pflicht machen, ihr jetziges Unternehmen nach Kräften zu fördern und zu unterstützen, und in Europa, wo es gewünscht wird, ihre Angelegenheiten zu vermitteln.

Wir bemerken zugleich, dass die Abwickelung der noch schwebenden, früher eingeleiteten Geschäfte unter der von uns übernommenen Verantwortlichkeit geschieht, und zeichnen

                          mit besonderer Hochachtung und Ergebenheit

                          C.Hirzel & Comp.     Carl & Gustav Harkort


Herrn ....                                                       Leipzig, 31.October 1845.

Mit Bezugnahme auf das vorstehende Rundschreiben beehre ich mich, zugleich im Namen und Auftrag des Herrn Richard von Carlowitz, Ihnen vorläufig anzuzeigen, dass wir uns vereinigt haben, mit dem 1.Januar 1846 ein selbständiges Geschäft unter der Firma:

                              Carlowitz, Harkort & Co.

in Canton mit einem Zweigetablissement in Shanghai zu begründen, welches sich ausschliesslich dem Commissionsfache widmen wird.

Ein gemeinschaftliches Circular wird Sie von dem Näheren unterrichten, und ich gestatte mir daher nur noch zu bemerken, dass wir uns auf die Herren Carl & Gustav Harkort und C. Hirzel & Comp. hierselbst, deren Unterstützung wir uns zu erfreuen haben, sowie auf die am Fusse genannten achtbaren Häuser berufen dürfen, und verbinden damit die angelegene Bitte, uns recht bald Gelegenheit zu geben, Ihnen zu beweisen, wie sehr wir bemüht sein werden, Ihr Vertrauen dauernd zu erwerben.

                                           In achtungsvoller Ergebenheit
                                                        
Bernhard Harkort

Referenzen:
Herren Fruehling & Goeschen, London
    "      Hottinguer & Co., Paris
    "      Thurneyssen & Co., Paris
    "      I.H. & G.F. Baur, Altona
    "      H.H.Meier & Co., Bremen
    "      Grunelius & Co., Frankfurt a/M.


Herrn .....                                                    Canton, den 1.Januar 1846.

Hierdurch beehren wir uns Ihnen anzuzeigen, dass wir heute ein selbständiges Geschäft unter der Firma:

                           Carlowitz, Harkort & Co.

hierselbst begründet haben. Wir werden damit binnen Kurzem ein Zweigetablissement in Shanghai verbinden, und uns ausschliesslich dem Commissionsfach widmen.

Indem wir Sie um Ihre Unterstützung durch Uebertragung Ihrer hiesigen Geschäfte bitten, beziehen wir uns an die am Fusse genannten achtbaren Häuser und empfehlen uns Ihnen

                                                     achtungsvoll und ergebenst

                                                     Carlowitz, Harkort & Co.

Herr Richard v.Carlowitz wird zeichnen: Carlowitz, Harkort & Co.

   "  Bernhard Harkort         "         "        Carlowitz, Harkort & Co.

Referenzen:
Herren Fruehling & Goeschen, London
    "      Hottinguer & Co., Paris 1   
    "      Thurneyssen & Co., Paris
    "      I.G. & G.F. Baur, Altona
    "      H.H. Meier & Co., Bremen
    "      Grunelius & Co., Frankfurt
    "      Carl & Gustav Harkort, Leipzig
    "      C. Hirzel & Co., Leipzig


Sir ....                                                           Canton, Janry 1st 1846.

We beg leave to inform you that we have this day established here a General Commission and Agency Business under the firm of

                          Carlowitz, Harkort & Co.

lt is also our intention shortly to form a branch of our establishment at Shanghai.

Soliciting a share of your support in this quarter we refer you to our respective signatures as under
                                                                  and are
                                                                       Sir
                                                            yours very respectfully
                                                          Carlowitz, Harkort & Co.

Mr. Richard De Carlowitz will sign Carlowitz, Harkort & Co.
 
    Bernhard Harkort         "     "   Cariowitz, Harkort & Co.

References:
Messrs. Fruehling & Goeschen, London
     "       Hottinguer & Co., Paris
     "       Thurneyssen & Co., Paris
     "       I.H. & G.F. Baur, Altona
     "       H.H. Meier & Co., Bremen
     "       Grunelius & Co., Frankfurt
     "       Charles & Gustave Harkort, Leipzig
     "       C. Hirzel & Co., Leipzig


Canton, 23.Mai 1846.

Mein lieber Victor.

Da ich sehe, dass Du Dir wirklich in meinem Interesse so viel Mühe giebst wegen der Consulstelle, so kann ich nicht umhin, Dir in Bezug darauf, unabhängig von der allgemeinen Familien Epistel einige Worte zu sagen. Ich bin der Meinung, dass man aus der ganzen Stelle viel zu viel macht und zu viel Werth darauf legt; und, wenn, wie ich höre, Preussen seine Absicht, China mit einem diplomatischen Agenten zu beglücken, durchführt, so wird dies wieder eine der unpractischsten Massregeln sein, die genommen werden können, gerade so wie die erste Idee, einen Regirungsrath, der in seinem Leben nichts von Manufacturen & Fabriken gesehen hat, zur Einholung commerziel1er Informationen auszusenden. Die Geschichte hat fehlgeschlagen, was mir um Grubes willen sehr leid thut, keineswegs aber um die Ansichten, die er mitgebracht haben würde, denn viele seiner auf Muster hin gesammelten Auskünfte waren unbedingt unrichtig, wie ich es mit den Waaren in der Hand, die ihm vorher auf seine Muster hin empfohlen worden waren, ausgefunden habe, denn sie waren unverkäuflich. Eine Sache hat Grube aber nach Hause berichtet und das ist, dass er die kostspielige Massregel sein würde, da ausser dem Salair noch Schreiber und Linguisten beigegeben werden müssten.- Dem handelt nun das Preuss.Cabinet gerade zu entgegen. Ich möchte mal wissen, was ein chargé d' affaires des Zollvereins in China machen wollte. Der Zollverein ist den Chinesen unbekannt, sie kennen blos die Staaten nominell, die mit ihnen Verträge geschlossen haben; kommt nun Jemand wie wahrscheinlich Preuss.Seits pr.Post an (nicht wie andere Nationen mit Kriegsschiffen) ohne vorher einen Tractat machen zu wollen u. uebergiebt ein Creditiv, so werden sich die Leute sehr wundern, wo der Mann eigentlich herkommt, und die andern Nationen, die alle nur durch kaufmännische Consuls vertreten sind (England ausgenommen) werden grosse Augen machen und sich wundern über weggeworfenes Geld, denn wenn einmal die Stelle da ist, muss sie auch würdig behauptet werden, mit Linguisten etc. und was würde der Mann nützen? Handelsberichte geben, die nicht aus lebendigem activen Verkehr, sondern vom Hörensagen zusammengesetzt sind, die Schiffe garantiren, die Frage ist, ob den Chinesen nicht die Garantie eines Handlungshauses lieber ist als die einer ihnen brieflich durch unbekannte Grösse empfohlene Person, die nicht imponirend aufgetreten ist; die politischen Zustände des Reiches der Mitte beobachten!

Wenn nun etwas vorkommt, was sich nicht mit Preuss.Politik verträgt, was dann? Von Pässen fordern ist hier nicht die Rede. Die deutschen Kaufleute beschützen! Womit? Die Kaufleute würden ihm wenig Dank wissen für seine Einmischung in rein mercantilische Sachen, und um sich etwas zu thun zu machen, würde er Regulationen für deutsche Schiffe ergehen lassen, "je nur hemmend sein können, denn jetzt kommen wir besser weg mit unsern Schiffen, als die Engländer, die Consuls haben.-

Nach meiner Meinung würde die ganze Stelle eine sehr unnöthige sein, u.das Geld wäre weggeworfen, namentlich auch würden wir dadurch keine besonders wünschenswerthe Stellung mit unsern Nebennationen bekommen, denn jeder wüsste, dass es eine salva venia Dickthuerei wäre, und nichts dahinter.

Man soll um eine Stelle creiren, wenn man es für nöthig hält und die Verhältnisse kennt; man braucht nur hier ein paar Monate gewesen zu sein, um einzusehen, wie lächerlich die ganze Function sein würde. Wir sind hier nicht so wie zu Hause, dass wir ehrgeizig um einen Titel wären, und ich muss ganz offen gestehen, dass mir so sehr viel an der Ehre, Deutscher Consul hier zu sein, nicht gelegen ist, ich habe darum gebeten, weil ich glaube, Deutschland durch ein gutes Geschäft nützen zu können, dieses aber durch die durch die Stelle zu erlangenden Hülfs-mittel zu erweitern. Wenn ich die Stelle bekomme, wird es mich freuen, aber unbesoldet würde ich sie nicht übernehmen.- Ich bin unter den Sächsischen Kaufleuten ziemlich gut bekannt, und mein Name muss jedem Staate Garantie geben, dass ich eine mir anvertraute Stelle nach Kräften ehrenvoll ausfüllen werde, aber wiederholt petiren werde ich nicht, ebenso wenig wie ich darum ein Partikelchen meiner Unabhängigkeit aufgeben will.- Ein Creditiv an den Kaiser mit der Bitte um Ertheilung des Exequaturs wird hier an Keying überreicht, dieser ertheilt das Exequatur ad interim, sendet Petition nach Peking, von wo aus sie confirmirt wird - für einen hier bereits angesessenen Menschen liegt hierin nicht die geringste Schwierigkeit.

Ich bitte Dich von diesen Mittheilungen bescheidenen Gebrauch zu machen, und Acht zu geben, ob nicht Alles eintrifft, wie auseinandergesetzt, wenn eine diplomatische Preussische Person herauskommt.
                                                                              Aufrichtigst
                                                                                   Dein Richard.


 

 
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