FREDERICK FORSYTH

(25.08.1938 - xx.xx.2xxx)



[Frederick Forsyth] [Frederick Forsyth] [Frederick Forsyth]

EIN KAPITEL AUS DIKIGOROS' WEBSEITE
ES STEHT GESCHRIEBEN . . .
Große Schriftsteller des 20. Jahrhunderts

Für das letzte Kapitel dieser "Reise durch die Vergangenheit" hat Dikigoros einen Schriftsteller ausgesucht, dem niemand nachsagen kann, daß er links- oder rechtsradikal oder sonst irgendwie "anrüchig" wäre; trotz seines spannenden Lebenswegs (den er merkwürdigerweise selber nicht so empfunden hat; er behauptet von sich, "gelangweilt" zu sein - aber umso spannender sind seine Bücher) ist er "stinknormal" geblieben (sofern man das von einem Briten überhaupt sagen kann :-). Als er 1988, mit gestandenen 50 Jahren, den durch Marcel Proust (der nun wirklich ein Langweiler war, sowohl als Person als auch, was seine Bücher anbelangt) bekannt gewordenen "Fragebogen" ausfüllte, gab er Antworten, die auch ein 16-jähriger dummer Junge, der die Welt nur aus englischen Schulbüchern, Zeitungen und Fernsehsendungen kennt, hätte geben können: Sein Lieblingsland sei England, seine Lieblingshelden Wellington, die Piloten der Royal Air Force (er diente - wie Dikigoros - nach dem Abitur zwei Jahre als Zeitsoldat in der Luftwaffe), insbesondere die Ritter-, pardon Victoriakreuz-Träger, seine Lieblingsheldinnen Florence Nightingale und Mutter Teresa, seine Lieblingsdichter John Buchan und Lord Byron, seine Hobbies segeln und Fischchen fangen; die von ihm am meisten verachteten Personen seien Stalin, Hitler und Himmler, und sein Lieblingsname - natürlich - Frederick. Das ist nicht nur stinknormal, das ist schon fast unterdurchschnittlich - aber wer weiß, ob Forsyth da nicht bloß seine Interviewer auf den Arm nehmen (oder, wie der Brite sagt, am Bein ziehen :-) wollte? Ein paar Kleinigkeiten könnten darauf hindeuten: Als seine liebsten Romanhelden bezeichnet er "Max und Moritz" - das zeugt zwar nicht unbedingt von gutem Geschmack, aber immerhin davon, daß er Wilhelm Busch gelesen hat (Forsyth sprach - wie Dikigoros - schon als Abiturient einigermaßen fließend Deutsch, Englisch, Französisch, Russisch und Spanisch). Sein Lieblings-Komponist ist Johann Strauß (den er in einem seiner Romane den "Wienerischten aller Komponisten" nennt). Auch das ist nicht unbedingt Dikigoros' Geschmack; aber es zeugt wenn schon nicht von Mut (die Eigenschaft, die sich Forsyth - angeblich - am meisten wünscht), so doch von Zivilcourage - Dikigoros kennt jedenfalls keinen anderen lebenden Prominenten, der sich zu diesem doch etwas aus der Mode geratenen Komponisten bekannt hätte. Und dann kommt noch etwas nach "Stalin, Hitler, Himmler": "... und alle Verräter." Auch das ist eine extrem seltene Kombination - wer (außer Dikigoros :-) traut sich schon sonst zu schreiben, daß man sowohl Hitler und Himmler als auch Canaris und Stauffenberg zugleich verachten kann?

Doch, man kann, freilich aus ganz unterschiedlichen Gründen - Dikigoros hat bewußt "zugleich" geschrieben, nicht etwa "gleichermaßen", denn er verachtet diese Personen weder in gleichem Maße noch aus den gleichen Gründen. Fangen wir hinten an: Stauffenberg war ein Feigling, Canaris ein Verräter, Himmler ein Waschlappen und Hitler ein sentimentaler Narr, der aus romantischer Friedenssehnsucht den Weltkrieg verlor und dadurch unsagbares Leid über das deutsche und andere Völker brachte, deren Vertrauen er mißbrauchte: Die Völker Westeuropas, die er vom anglo-amerikanischen Imperialismus hätte befreien können, und die Völker Osteuropas, die Balten, Kaukasier, Russen und Ukraïner, die ihn anfangs allesamt als Befreier vom sowjet-kommunistischen Joch begrüßt hatten.

Exkurs. Ihr glaubt das nicht, liebe jüngere Leser, haltet das alles für "Nazi-Propaganda" aus der Wochenschau? Darf Euch Dikigoros aus den Memoiren eines garantiert unverdächtigen Offiziers der Roten Armee zitieren, über den Sommer 1941: "Der Krieg kam wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Trotzdem nahmen wir ihn mit einer sonderbaren Ruhe hin. Deutschland war für uns das Sinnbild Europas. Viele junge Menschen in der Sowjet-Union sahen in Europa die Verkörperung dessen, was sie in geistiger und materieller Beziehung erstrebten. Viele nahmen im ersten Augenblick an, daß der Krieg das Fanal der kommunistischen Weltrevolution sei, daß er ein folgerichtiges evolutionäres Manöver der Komintern darstelle, von Stalin in Szene gesetzt - und sie erschraken. Aber als nach wenigen Tagen die ersten Nachrichten über unglaubliche Erfolge der deutschen Truppen, über katastrofale Niederlagen der Roten Armee eintrafen, beruhigten sich die Menschen wieder. Viele begrüßten den Krieg aus vollem Herzen. Gerade einen solchen Krieg! Sie betrachteten ihn insgeheim als Kreuzzug Europas gegen den Bolschewismus. Das ist ein innerer Widerspruch, dessen Vorhandensein nur wenige Menschen in Europa ahnten. Die russischen Menschen aber wollen daran nicht erinnert werden - zu bitter ist später die Enttäuschung gewesen." (Grigorij Klimow, Berliner Kreml). Exkurs Ende.

Aber Hitler wollte großherzig "schonen": Seine geliebten Engländer bei Dünkirchen, und seine "Helden" sowieso: Wer immer ein herausragender Soldat war, wurde nicht etwa verstärkt eingesetzt, wo solche Männer gebraucht wurden, sondern früher oder später aus der Front heraus gezogen, damit ihm nichts passierte. Das betraf nicht nur einzelne, sondern ganze Einheiten: Ein paar Regimenter Fallschirmjäger über Gibraltar, Malta und Bagdad geopfert, und Hitler hätte anno 1940 haben können, wonach er sich so sehr sehnte: den Frieden, und zwar einen Sieg-Frieden. Statt dessen machte er mit seinem Butterherz (er wollte seinem Volk Kanonen und Butter geben; als er sich endlich notgedrungen zum "totalen Krieg" - den Deutschlands Feinde vom ersten Tag an geführt hatten und noch viele Jahre nach der Kapitulation der Wehrmacht weiter führten - durchrang, war es längst zu spät) halbe Sachen; und das kostete am Ende nicht nur die Helden und die Fallschirmjäger, sondern noch Millionen andere Menschen das Leben. Damit kommen wir zu einer weiteren Frage des "Fragebogens": "Welche Fehler entschuldigen Sie am ehesten?" - "Zerstreutheit," antwortet Forsyth - aber das ist natürlich kein "Fehler", der jemanden verachtenswert macht. Und Dikigoros? Feigheit - aber Stauffenberg war ja nicht nur ein Feigling, sondern auch ein Verräter, nämlich an seinen Mitverschwörern, die er durch diese seine Feigheit ans Messer lieferte, also scheidet er aus. Himmlers Waschlappigkeit wäre kein Grund, ihm besonders böse zu sein, wenn er nicht andere, wie Heydrich und Eichmann, angewiesen hätte, die Drecksarbeit zu machen, vor der er persönlich zurück schreckte. Und für Canaris' Verhalten gibt es schon gar keine Entschuldigung. Bleibt also nur Hitlers Weichherzigkeit und Sentimentalität - obwohl diese seine Fehler die meisten Menschenleben gekostet haben; aber so ist das nun mal: Das moralische Ausmaß der Verwerflichkeit steht nicht notwendigerweise in Proportion zu ihren Folgen. Und Stalin? Nein, den kann man hassen, aber wie man ihn verachten soll, ist Dikigoros schleierhaft. Vielleicht liegt der Schlüssel in einer falschen Übersetzung des Fragebogens (der im französischen Original ohnehin ganz anders aussah als ihn uns das ZEIT-Magazin seit Jahrzehnten in Deutschland vorsetzt). Auf Englisch stand da wahrscheinlich: "Whom do you despise most?" Aber "to despise" bedeutet weniger "verachten" als vielmehr "verabscheuen". (Das korrekte englische Wort für "Verachtung" ist "contempt" - die der Ex-Zeitsoldat Forsyth z.B. für "Wehrpflichtigen-Schrott" empfindet.) Und verabscheuen kann man auch Stalin - ebenso wie Churchill, Roosevelt und all die anderen Kriegsherren (die letzteren beiden kann man auch verachten, den einen ob seiner Dummheit, den anderen ob seines Verrats an den US-Amerikanern); aber das zu schreiben hütete sich Forsyth wohlweislich. Genug der Vorrede.

Muß Dikigoros chronologisch beginnen? Nein, hat er ja eh schon nicht mit dem ersten Absatz; also kann er gleich ganz darauf verzichten und mit dem Buch anfangen, das Forsyth den Durchbruch zum internationalen Ruhm brachte und durch das er auch selber erstmals auf ihn aufmerksam wurde: "The Day of the Jackal [Der Tag des Schakals]". Weder das englische Original noch die deutsche Übersetzung machen viel Sinn; aber das Buch spielt in Frankreich, und die französische Übersetzung des guten Tiers lautet "Chacal". Dies kann man wiederum als Abkürzung lesen für Charles Harold Calthrop; und so heißt - jedenfalls im Roman - der Mann, den die O.A.S. angeheuert hat, um den Verräter Charles de Gaulle umzubringen (was nach einer spannenden Jagd durch ganz Frankreich am Ende knapp mißlingt). Wie war das mit dem Nachsatz auf dem Fragebogen...? Nein, Forsyth gebraucht im ganzen Roman nicht ein einziges Mal den Begriff "Verräter" für Charly den Gallier; nur einmal, im 2. Kapitel, legt er dem OAS-Führer Marc Rodin das Wort "Judas" in den Mund - sonst sagt selbst der nur "Diktator"; aber beides ist natürlich nicht Forsyth's offizieller Standpunkt, ebenso wenig wenn er JoJo zu de Gaulles braven Geheimpolizisten sagen läßt: "Ihr Typen würdet auch Hitler oder Mussolini dienen oder sonstwem. Regimes mögen sich ändern, aber Bastarde wie Ihr nie." Oder wenn Viktor Kowalski meint, daß "die Bastarde in Paris" Frankreich verlassen, die Armee verraten, die Fremdenlegion zerstört und die Völker Indochinas und Algeriens den "Terroristen" ausgeliefert haben... Nein, Forsyth wickelt die Geschichte ganz politisch korrekt und "neutral" ab; aber da Dikigoros selber an anderer Stelle aus seinem Herzen keine Mördergrube macht, will er auch hier nicht verschweigen, daß in seinen Augen kein halbwegs gescheiter Mensch anders über den Gründer der V. Republik denken kann denn als Verräter. Gibt es denn bei aller vordergründigen Objektivität Anhaltspunkte, daß Forsyth mit dem "Schakal" sympathisiert, ja sich sogar in gewisser Weise mit ihm identifiziert? Dafür brauchen wir wieder den Fragebogen (den Dikigoros ja nicht umsonst an den Anfang gestellt hat): Was schätzt Forsyth bei seinen Freunden am meisten? "Witz". Was schätzt die Baronin Colette de la Chalonnière am "Schakal" am meisten? Seinen Witz. Und was möchte er gerne sein? "Anonym". Nun ja, geschenkt, daraus will Dikigoros doch nicht etwa so weit reichende Schlüsse ziehen? Nein, daraus alleine nicht. Aber es gibt noch eine Antwort auf dem Fragebogen, die er Euch bisher vorenthalten hat, und er findet, daß es die ausgefallenste von allen ist: Auf die Frage: "Was ist für Sie das vollkommene irdische Glück?" antwortet Forsyth: "Einen Ferienort finden, der tatsächlich dem Prospekt entspricht." Das kann doch wohl nicht wahr sein, oder? Mal abgesehen davon, daß jemand wie Forsyth es nicht nötig hat, Urlaub aus dem Prospekt zu buchen, weder finanziell noch organisatorisch. Was soll diese Antwort also - wenn sie nicht die Interviewer verar...en will? Schau'n wir mal, am besten gleich ins 15. Kapitel: Da hat der "Schakal" soeben erfahren, daß seine (erste) falsche Identität aufgeflogen ist, und er steht vor der Frage, ob er das Unternehmen abblasen (und somit auf das beträchtliche Kopfgeld verzichten) soll. Er sitzt auf der Terrasse eines teuren Hotels an der Riviera, blickt aufs Meer und die braun gebrannten Mädchen am Strand usw. "Das war es, was er so lange gewollt hatte, seit jenen Tagen, als er seine Nase an den Schaufensterscheiben der Reisebüros platt gedrückt und auf die Poster gestarrt hatte, die ein anderes Leben, eine andere Welt zeigten, fern der Vorortzüge, der Formulare mit zwei Durchschlägen, der Büroklammern und des lauwarmen Tees." Und da beschließt er, trotz aller Risiken weiter zu machen, denn auf diesen Traum vom vollkommenen irdischen Glück will er nicht verzichten, er ist ihm das Risiko wert. Noch Fragen?

Vielleicht, woran es lag, daß die Verfilmung dieses Bestsellers durch Billy Wilders Landsmann Fred Zinnemann - der bereits als Regisseur so bekannter Filme wie "Das siebte Kreuz (nach dem gleichnamigen Roman von Anna Seghers)", "Zwölf Uhr Mittags" und "Verdammt in alle Ewigkeit" Furore gemacht hatte (dieser letzte große Erfolg lag freilich schon zwei Jahrzehnte zurück - entgegen allen Erwartungen flopte. Am Fehlen einer Star-Besetzung? Ach was, Edward Fox hat die Titelrolle geradezu brillant gespielt - genau so und nicht anders hatte sich Dikigoros den "Schakal" vorgestellt, noch bevor er den Film gesehen hatte. Daran, daß er die brutalsten Szenen weg ließ, damit der Film jugendfrei blieb? Dto. Woran dann? Nun, hier zeigt sich - bzw. zeigt sich nicht - die hohe Kunst der Gratwanderung entlang den Linien des politisch Zulässigen. Forsyth beherrscht sie: Obwohl er wie gesagt in keiner Weise Partei ergreift, schon gar nicht für die OAS-Leute, läßt er sie doch auch zu Wort kommen und ihre Gedanken ausbreiten. Gewiß, sie sind Kriminielle insoweit, als sie gegen die bestehenden Gesetze verstoßen; aber jeder Leser kann sich seine Gedanken machen, ob ein Verstoß gegen die Gesetze eines Staates, der von Verbrechern regiert wird, im Notfall nicht doch gerechtfertigt ist. (In England ist diese Frage noch problematischer als etwa in Deutschland, weil es dort noch keine Verherrlichung gewisser Möchtegern-Attentäter gibt.) Zinnemann dagegen erspart sich die Mühe einer solchen Gratwanderung; er geht auf "Nummer sicher", d.h. bei ihm ist von alledem nichts zu sehen; so reduziert er den Polit-Thriller zu einer simplen Kriminalroman - und solche Verfilmungen gab es halt wie Sand am Meer. Man kann sie sich ansehen oder auch nicht; man wird nicht richtig enttäuscht sein, aber auch nicht richtig gefesselt - wie von Forsyths Romanen -, geschweige denn begeistert. Und das ist halt nicht der Stoff, aus dem Kinohits gemacht werden.


alle "bösen" Zeichen unserer Zeit friedlich vereint: Sigisrune, Swastik und Trizub

Dem Riesenerfolg mit dem "Schakal" ließ Forsyth ein Jahr später ein Werk folgen, das vordergründig die Jagd des braven Reporters Peter Müller [Miller] nach den bösen Nazis der "ODESSA (Organisation der ehemaligen SS-Angehörigen)" schildert, genauer gesagt nach dem "Schlächter von Riga", einem gewissen Roschmann. (Ja, liebe Leser, die Ihr Euch über diesen offenbar jüdischen Namen wundern mögt, nicht nur die obersten "Macher" des "Holocaust", wie Heydrich und Eichmann, waren Juden, sondern auch so manche mittlere und untere Charge!) Angeblich lebt der unter falscher Identität mitten in Deutschland - oder in Lateinamerika oder in Ägypten -, und niemand tut etwas dagegen. Niemand? Nun ja, die BRD-Behörden sind nicht gerade hilfreich - aber was erwartet der gute Peter Müller? Doch wenigstens der israelische Geheimdienst Mossad ist Roschmann auf der Spur - und bis zuletzt wird nicht ganz deutlich, ob das Tagebuch, aus dem Peter Müller schließt, daß Roschmann auch der Mörder seines eigenen Vaters war (ein ordentliches Motiv muß seine Jagd ja haben :-) nicht eine Fälschung des Mossad ist, der ihn bloß ausnutzt. Wie dem auch sei - als er trotz seiner geschickten Verkleidung als Ex-SS-Mann nicht mehr weiter kommt, sucht Peter Müller den braven Simon Wiesenthal in Wien auf, und damit fügt Forsyth wieder geschickt eine Persönlichkeit der Zeitgeschichte in seine Handlung ein, denn in den 1960er Jahren, in denen die Geschichte spielt, war jener Simon Wiesenthal in aller Munde, als "Nazi-Jäger" Nr. 1, der gerade ein Buch mit dem Titel "Ich jagte Eichmann" veröffentlicht hatte. Nun war das freilich keine Heldentat, sondern im besten Fall eine Schmierenkomödie, im schlimmsten - und wahrscheinlichsten - Fall ein Verbrechen: Wiesenthal ließ nämlich in Argentinien einen unbescholtenen Mercedes-Mitarbeiter namens Ricardo Klement kidnappen und nach Israel entführen. Dort wurde er solange gefoltert, bis er "gestand", Adolf Eichmann zu sein, und danach zum Tode verurteilt und "hingerichtet" - ein Justiz-Mord reinsten Wassers, aber das wußte Forsyth wahrscheinlich nicht. Es kommt auch nicht drauf an, denn es ging ihm ja nicht um Eichemann, sondern um den "Schlächter von Riga" - und von der Sorte gab es eine ganze Menge. Holocaust-Leugner haben oft argumentiert, es sei nicht vorstellbar, daß Deutsche solcher Verbrechen fähig seien, wie sie von den Shoa-Businessmen behauptet wurden und werden. Dikigoros wüßte zwar nicht, warum Deutsche nicht zu solchen Verbrechen fähig sein sollten, aber selbst wenn dem so wäre: Es läßt sich wohl nicht bestreiten, daß die Deutschen (auch und gerade die Waffen-SS) sich vor allem im traditionell anti-semitischen Osteuropa der tatkräftigen Unterstützung von Russen, Ukraïnern, Polen, Litauern und Letten - auch solchen jüdischer Abstammung - bedienten, um Dinge zu tun, mit denen sie sich nicht persönlich die Hände schmutzig machen wollten - aber um im Bild zu bleiben: damit kann man seine Hände nicht in Unschuld waschen, denn für Erfüllungs- und Verrichtungs-Gehilfen haftet man von Rechts wegen auch.

Aber was heißt hier eigentlich "vordergründig"? Nein, der Roman hat nichts Hintergründiges - manche Kritiker haben ihn "oberflächlich" und "nicht gerade ein Meisterwerk" genannt -, wohl aber seine Entstehungsgeschichte, notgedrungen, denn woher hätte Forsyth all die Hintergrund-Informationen haben sollen, wenn nicht von jenen SS-Männern selber? (So wie er wohl auch Leute von der OAS gekannt haben muß, um The Day of the Jackal zu schreiben). Die Spekulationen sind denn auch nie verstummt, daß die Hauptquelle für all das niemand anders war als der spiritus rector jener Organisation, Otto Skorzeny (der eine Zeitlang in Spanien lebte, wo Forsyth ein paar Semester studierte); und die Interpretation seiner Mithilfe als "Reue" trifft die Sache wohl nicht so recht: Skorzeny hatte nach eigenem Bekunden nichts zu "bereuen" (außer daß Deutschland den Krieg verloren hatte, wie sein bester Freund und Waffen-SS-Kamerad, Léon Degrelle es einmal ausdrückte) - er war einer der wenigen "Helden" den Zweiten Weltkriegs, die diese Bezeichnung wirklich verdient hatte, während die meisten anderen "Heldentaten", vor allem - aber nicht nur - auf alliierter Seite, sich bei näherem Hinsehen eher als Kriegs- und Nachkriegs-Verbrechen entpuppen; seine eigene Weste war jedenfalls unbefleckt - wie die der meisten anderen Angehörigen der echten Waffen-SS auch. Aber natürlich waren auch Skorzeny & Co. nicht unfehlbar und werden auch dem einen oder anderen krummen Hund geholfen haben, der es nicht verdient hatte, weil er gegen den Ehrenkodex der Waffen-SS verstoßen hatte - der noch strenger war als der ohnehin schon strenge der "normalen" Wehrmacht. Konkret gesagt: Mit KZ-Schergen, die man nur pro forma gegen Kriegsende auch in Uniformen der Waffen-SS gesteckt hatte, wollte er nicht in einen Topf geworfen werden und auch nichts mit ihnen zu tun haben. Solchen Leuten auch nur versehentlich geholfen zu haben, sich der Strafverfolgung zu entziehen, wird nicht nur auf seinem Gewissen gelastet haben, sondern was viel schlimmer war: damit geriet seine ganze Organisation in einen denkbar schlechten Ruf, eben den, Verbrechern Beihilfe geleistet zu haben. Jemanden, der seine Hilfe unter Vorspiegelung falscher Tatsachen in Anspruch genommen, ihn also ausgenutzt hatte, ans Messer zu liefern, dürfte ihm ein ganz persönliches Anliegen gewesen sein.

Exkurs. Den Namen "Odessa" hatte Skorzeny übrigens nicht von ungefähr gewählt. (Ihr wißt doch, liebe Leser, daß man jede Abkürzung an den Haaren herbei ziehen kann - die meisten "Abkürzungen" sind gar keine, sondern man hat einem griffigen Namen nachträglich eine "Langform" untergeschoben :-) Jahrzehnte lang war Skorzeny so ziemlich der einzige im Westen, der die Zivilcourage besaß, den Untergrundkrieg der ukraïnischen Freiheitskämpfer gegen das Sowjet-Regime zu unterstützen - und damit konnte er auf die persönlichen Sympathien Forsyth's rechnen. Wie Dikigoros darauf kommt? Nun, schauen wir uns nochmal den Fragebogen an, den Forsyth 1988 ausfüllte. Auf die Frage nach seiner Lieblingsfarbe antwortete er: "mattgold und hellblau". Habt Ihr jemals eine derart ausgefallene Kombination gesehen? Na klar, habt Ihr, jedenfalls wenn Ihr Dikigoros' Reisebericht "Sonnenblumen und schwarzer Ginster" gelesen habt - es sind nämlich die Nationalfarben der Ukraïne; aber das wußte damals im Westen niemand, denn den Staat gab es ja noch nicht. Exkurs Ende.

Und damit kommen wir zu der Frage: Spricht aus dem Roman so etwas wie klammheimliche Sympathie für jene böse Organisation "Odessa" und die von ihr geleistete "Fluchthilfe"? Nein, Mitgefühl ist das falsche Wort; aber die Franzosen haben ein Sprichwort: "Tout comprendre, c'est tout pardonner [Alles verstehen heißt alles verzeihen]". Dikigoros persönlich teilt diese Auffassung nicht; er bemüht sich vielmehr stets, einen deutlichen Trennungsstrich zu ziehen zwischen "verstehen" und "Verständnis haben für"; aber wer Forsyth's Romane liest, spürt, wie schwierig das bisweilen ist; und in diesem Falle besonders. Gewiß, es ist bequem, sich auf den offiziellen Standpunkt zu stellen, der heutzutage allenthalben breit getreten wird: "ODESSA hat Nazi-Verbrechern und Juden-Mördern Beihilfe geleistet, sich der Gerechtigkeit zu entziehen." Formaljuristisch ist dieser Satz durchaus richtig, denn die Angehörigen der SS sind ja in den "Nürnberger Prozessen" pauschal zu "Kriegsverbrechern" erklärt und verurteilt worden, u.a. wegen der Judenmorde. Aber ach, liebe Leser, schon in den Urteilen der so genannten "ordentlichen" Gerichte steht viel Unrichtiges, wenn der Tag lang ist; und das gilt umso mehr für die Urteile des interalliierten Militär-Tribunals von Nürnberg, das alle Angehörigen der SS über einen Kamm geschoren hat, egal ob Fronttruppen oder KZ-Wächter - nie zuvor oder danach war der Satz "mitgefangen - mitgehangen" so wörtlich zu nehmen. Aber das Ziel jener Verfahren war ja auch nicht, "Recht" zu sprechen oder gar "Gerechtigkeit" walten zu lassen, sondern Deutschland seiner Elite zu berauben, wie dies das Ziel der ganzen alliierten Besatzungs-Politik war: Vom Militär bis zum Wissenschaftler galt die Parole: "Wer sich nicht umerziehen und umdrehen läßt, sei es durch Bestechung, sei es durch Drohung, der ist zu liquidieren." Und viele - vor allem Angehörige der Waffen-SS, die das verräterische Blutgruppen-Tattoo unter der Achsel trugen - wurden von den alliierten Besatzern bestialisch zu Tode oder zu Krüppeln gefoltert. Und wer es wagte, sich diesem Schicksal durch Flucht zu entziehen, wurde zum "Verbrecher" erklärt, weltweit zur "Fahndung" ausgeschrieben und gejagt. (So noch im Jahre 2008 geschehen mit den letzten mutmaßlich Überlebenden - d.h. denen, deren Tod man noch nicht sicher war, weil sie nach dem Krieg rechtzeitig "untergetaucht" waren, die Jüngsten müßten weit über 80 Jahre alt sein - der "Brigade Dirlewanger", auch wenn man ihnen nicht das geringste individuelle Vergehen nachsagen, geschweige denn nachweisen konnte; allein die "Mitgliedschaft in einer kriminelle Vereinigung" reichte aus, um eine Millionen teure weltweite Suche einzuleiten.) Jawohl, dem stellte sich ODESSA entgegen, und wie die OAS brach sie damit staatliche Gesetze; aber wenn Ihr, liebe Leser, mal Gelegenheit haben solltet, mit einem der letzten jener Männer zu sprechen, dann werdet Ihr die andere Seite hören, denn auch ihr Standpunkt ist ganz klar: Alle Männer der Waffen-SS waren unschuldig im Sinne der Anklage; jede Maßnahme, sie der alliierten "Gerechtigkeit" zu entziehen, war legitime Notwehr; und keines der Mittel, die zu diesem Zwecke angewendet wurden, war nur halb so verbrecherisch wie die Mittel, welche die alliierten Henkersknechte anwandten, um jene Verfolgten zu fangen, Geständnisse und andere Aussagen von ihnen zu erpressen. Nein, das ist natürlich nicht Forsyth's Standpunkt, auch nicht der von Dikigoros, der solche apodiktischen Aussagen ("alle", "jede", "keines") nicht mag - er würde sie nur zu 99% unterschreiben. Ja, was glaubt Ihr denn, liebe politisch-korrekte Leser, weshalb ausgerechnet der Vatikan ODESSA unterstützt hat? Weil der Papst und seine Kardinäle allesamt Verbrecher und Nazi-Sympathisanten waren? Nein, auch Nicht-Katholiken dürfen ihnen getrost glauben, daß sie wußten, wer vor Gott, pardon, den wollen wir hier besser aus dem Spiel lassen, wer in Wahrheit die Verbrecher waren und wer die Opfer, und daß sie den letzteren ganz bewußt gegen die ersteren geholfen haben.

Exkurs. Was macht Dikigoros so sicher, daß Forsyth hier - ebenso wie im Schakal - persönliche Erlebnisse - seien es eigene, seien es solcher seiner Informanten - verarbeitet und nicht bloß seine Fantasie spielen lassen hat? Nun, der Stil von Autoren, die sich etwas ausdenken und solchen, die über etwas Gewesenes berichten, ist ein grundsätzlich anderer, weil ihre Probleme grundsätzlich andere sind. Die ersteren müssen ständig fragen: "Was erfinde ich noch hinzu?" Die anderen fragen dagegen ständig: "Was lasse ich besser weg?" Das können Dinge sein, die allzu persönlich sind oder solche, die einfach zu unwahrscheinlich klingen, als daß man sie dem Leser zumuten will. (Merke: Die unwahrscheinlichsten Dinge denkt man sich nicht aus, die schreibt das Leben selber!) In beiden Fällen entstehen Binnenlücken, die man irgendwie ausfüllen muß, durch Eselsbrücken, die im Idealfall einen schlüssigen Übergang darstellen (Forsyth nennt sie in einem seiner Romane "a piece of string [ein Stück Bindfaden]"). Das gelingt, wenn man bei der Wahrheit bleiben will, nicht immer perfekt - kritische Leser von Dikigoros' "Reisen durch die Vergangenheit" haben das oft genug be- und angemerkt. (Mit solchen Problemen des "missing link" hat der Fantasie-Autor, der sich seine Geschichte von vornherein schlüssig ausgedacht hat, nicht zu kämpfen.) Aber es gibt ein Merkmal, das noch verräterischer ist: die Details, die zum schlüssigen Verlauf der Handlung gerade nicht notwendig sind, die der Autor lediglich vergessen hat zu streichen. In seinen privaten Reisetagebüchern schreibt Dikigoros z.B. immer sehr ausführlich über Speisen und Getränke - im Internet läßt er das meist weg, weil es die Leser in der Regel nicht interessiert. Forsyth läßt es nicht weg - und es gibt Speisen, die denkt man sich nicht einfach so aus. Nein, nichts Exotisches; aber wann immer Forsyth jemanden nach Wien reisen läßt - und das geschieht in mehr als nur einem seiner Bücher -, dann geht der dort essen, und zwar meist Dinge, von denen man im übrigen Europa - jedenfalls nördlich des "Weißwurscht-Äquators" - noch nie gehört, geschweige denn gegessen hat, halt die alte "wienerische" Küche, die in Wahrheit die alte böhmische Küche ist - zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatte Wien einen böhmischen Bevölkerungsanteil von fast 30% -, mit einigen ungarischen Einsprengseln. Aber Dikigoros will das hier nicht allzu sehr auswalzen, zumal er darüber schon an anderer Stelle mehr geschrieben hat; es geht ihm hier allein um entsprechende Passagen in Forsyths Büchern - und die wird jeder Leser unschwer alleine finden und hoffentlich nicht mehr als "nichts zur Sache beitragend" drüber hinweg lesen, jetzt, da Dikigoros ihn mit der Nase drauf gestoßen hat, wie wichtig die sind. Exkurs Ende.

Der "Akte Odessa" ließ Forsyth zwei Jahre später ein Buch folgen, das eigentlich nicht in die Chronologie paßt, auf die Dikigoros deshalb nun doch zurück kommen muß: Nach Schule und Wehrdienst wurde Forsyth nämlich erstmal Reporter, und als solchen verschlug es ihn 1967/68 nach Biafra. Nach vielen engagierten Reportagen über den dort tobenden Krieg beschloß er, Schriftsteller zu werden. Doch sein erster Roman - vielleicht zu engagiert für britische Geschmäcker - geriet ihm zum Flop: "Die Biafra Story". Egal, inzwischen hatte er einen Namen, also konnte er das Thema noch einmal, allgemeiner und "politisch korrekter" wieder aufnehmen in "Die Hunde des Krieges". Nein, das war kein Plagiat von "Hunde wollt Ihr ewig leben", sondern von Shakespeare (Forsyth hatte ihn also gelesen - und nannte dem Fragebogen-Interviewer dennoch zwei andere, eher unbedeutende Leute als seine "Lieblingsdichter"... ein weiterer Grund, weshalb Dikigoros seine Antworten nicht ernst nimmt!): "Cry havoc, and let slip the dogs of war" (Julius Caesar, III, 1). Forsyth's eigenes Motto findet sich am Ende der Widmung - und Dikigoros frißt den berühmt-berüchtigten Besen, wenn er das nicht von Otto Skorzeny hat, denn zu den Söldnern, deren Geschichte er da beschreibt, paßt es eigentlich gar nicht: "At least we tried [wir haben es wenigstens versucht]". Im Roman haben es die braven Söldner aus Irland, Südafrika, Korsika, Deutschland und Belgien nicht nur versucht, sondern es ist ihnen alles voll und ganz gelungen: Das korrupte Regime von Zangaro ist gestürzt, die Guten sind wieder an der Macht, und die bösen Kapitalisten, die ihren Profit daraus schlagen wollten, sind herein gefallen. Zwar sind die Helden am Ende alle gestorben, aber meist nicht an dieser Aktion, sondern aus anderen Gründen, und sei es am Lungenkrebs wegen zu vielen Rauchens, wie CAT Shannon (und Otto Skorzeny) - schön, daß Forsyth diese Gefahr dem "normalen" Berufsrisiko eines Söldners mal gleichberechtigt zur Seite stellt. Es ist aussichtslos, "Zangaro" oder andere Orte und Personen ausfindig machen zu wollen: Forsyth hat sie - wie die Handlung - aus vielen Facetten zusammen gesetzt und sich eine Art Wunschtraum erfüllt, nämlich daß am Ende alles so kommt, wie es in der Wirklichkeit nie gekommen ist, schon gar nicht in der traurigen Wirklichkeit des postkolonialen Afrikas, die er in all seiner Tristesse beschreibt: Nach Abzug der Weißen brechen überall Stammeskriege aus - denn die "Staats"-Grenzen sind bloß mit dem Lineal auf der Landkarte gezogen, ohne ethnische oder sonstige Rücksichten, aber die neuen Machthaber versuchen sie mit allen Mitteln zu halten: Korruption, Mord und Totschlag und - last not least - "Hilfe" von außen, denn sowohl ausländische Regierungen als auch ausländische Großkonzerne (damals sagte man noch nicht "Multis" :-) finden es viel bequemer, sie beizubehalten und die einzelnen Stämme gegeneinander auszuspielen, als irgendetwas zu ändern, und der wirtschaftliche, politische, moralische - und last not least militärische - Niedergang kommt ihnen da nur recht. Und in der Wirklichkeit kommt es eben auch nie vor, daß die dabei eingesetzten Söldner so clever sind, das schmutzige Spiel zu durchschauen und ihnen eine Nase zu drehen.

Was hat Forsyth nun im einzelnen zusammen gesetzt? Die geografischen Grenzen sind die von "Äquatorial-Guinea", genauer gesagt die der alten spanischen Kolonie Río Muni, soviel ist unstreitig, denn dort hielt sich Forsyth auf, als er diesen Roman schrieb, allerdings nicht auf dem Festland, sondern in Santa Isabel auf der politisch dazu gehörenden Insel Fernando Póo in der Bucht von Biafra. Die Bodenschätze, Zinn und Platin? Nein, die gibt es dort nicht; aber von Santa Isabel aus blickt man ja auch gar nicht auf Río Muni, sondern vielmehr auf Kamerun, und dort gibt es tatsächlich beides: sowohl die Zinnvorkommen (bei Banjo und nördlich von Garua) und den Kamerun-Berg, den man von Fernando Póo aus sehen kann und der die Fantasie des Betrachters von je her angeregt hat - so wohl auch die Forsyths, als er den "Kristall-Berg" erfand. Platin gibt es dort freilich nicht - jedenfalls hat man bis heute keines entdeckt; wohl aber hat man in jüngster Zeit festgestellt, daß die Ölfelder von Biafra (um die der Krieg seinerzeit geführt wurde) sich unter Wasser fortsetzen, so daß "Äquatorial-Guinea" von einem der ärmsten zu einem der reichsten Staaten Schwarz-Afrikas werden könnte, wenn... ja, wenn die Verhältnisse nicht wären wie von Forsysth beschrieben, nur halt ohne die braven Legionäre, die das alles zum besseren wenden. Die geschilderten ethnischen Probleme gibt es in Nigeria, im Kongo und wie gesagt eigentlich in allen ehemaligen Ex-Kolonien in Afrika. Aber wen meint jenes tüchtige kleine Volk, das am Ende gewinnt? "Die Juden Afrikas" nennt sie Forsyth; aber das sind die Inder; von den afrikanischen Ethnien sind die I[g]bo nicht weit genug verstreut und die Hima (Tutsi, Watussi), wiewohl fast überall eine Minderheit, zu zahlreich. (Jedenfalls waren sie das noch Mitte der 1970er Jahre, als Forsyth den Roman schrieb - inzwischen sind sie durch die Stammeskriege in Ruanda, Burundi und Kongo erheblich dezimiert worden, und in der englischen Presse vergleicht man sie heute tatsächlich bisweilen mit den Juden. Dikigoros tippt im Zweifel auf die Ibo, von denen es tatsächlich eine Minderheit in Äquatorial-Guinea gibt, und denen Forsyths Sympathie gilt, seit er den Biafra-Krieg mit erlebt hat.)

Insgesamt hat Forsyth die Perspektive relativ bescheiden gehalten; er ist mit den Konflikten der 1960er Jahre aufgewachsen, mit den Kriegen im Kongo und in Nigeria (Dikigoros auch; aber er war noch zu jung und naïv, um die richtig zu durchschauen), und er sah sie notwendigerweise aus der britischen Perspektive, die damals nur noch eine Froschperspektive war - die Zeiten eines Kipling, als Groß-Britannien noch "das große Spiel" mit spielen konnte, waren längst vorbei. Vielleicht sah Forsyth das auch und hielt "Zangaro" deshalb so überschaubar und klein, damit die Erfahrungen jener beiden Kriege sich darauf übertragen ließen: Eine Handvoll Söldner genügte für einen Umsturz, und da konnte auch eine kleine britische Gesellschaft mit mischen. (Ja, liebe Leser, wenn man gewollt hätte, d.h. wenn "die" Weißen sich einig gewesen wären, dann hätte man den Kongo jederzeit mit ein paar Kompanien Fallschirmjäger zurück erobern können; aber erstens gönnte niemand diese fette Beute dem anderen - schon gar nicht dem kleinen Belgien -, und zweitens war es ja viel bequemer, einen Mobutu zu schmieren bzw. seine heutigen Nachfolger, die um keinen Deut besser sind - statt dessen gefallen sich gewisse linke "Historiker" darin, das belgische Kolonialsystem im allgemeinen und das unter König Leopold im besonderen zu verteufeln, dabei war das verglichen mit den Zuständen seit der "Unabhängigkeit" Gold.... Und das gleiche gilt für Nigeria: Der "Biafra-Krieg" wurde in Wahrheit von ein paar tausend zerlumpten, barfüßigen Buschnegern mit rostigen Macheten und Karabinern geführt; die hohen Opferzahlen kamen durch Hungersnöte, Seuchen und Morde an Zivilisten zustande, nicht durch "reguläre" Kampfhandlungen.) Hätte Forsyth noch ein Jahr zugewartet, dann wären ihm angesichts des furchtbarsten aller afrikanischen Kolonialkriege, dem in Angola, sicher die Augen aufgegangen, denn dort ging es um wirklich bedeutende Vorkommen an Bodenschätzen (wesentlich wertvoller als bloß ein Berg aus Platin), und dementsprechend kämpften (und kämpfen z.T. noch immer) nicht nur die verschiedenen Stämme und Völker, sondern auch die Interventions-Truppen aus aller Welt (nicht nur Söldner) erbittert um jeden Handbreit Boden, vor allem um jeden Meter Eisenbahnlinie - aber darüber schreibt Dikigoros an anderer Stelle mehr.

Weshalb wirkt "Die Hunde des Krieges" gleichwohl so realitätsnah? Weil Forsyth auch die kleinsten Details minutiös schildert, von der Beschaffung der ersten Patrone bis zum letzten Paar Socken und jeden Penny, der dafür aufgewendet wurde. Gerade das mag heutigen Lesern weniger real erscheinen, weil die Preise nicht mehr "stimmen". Aber das täuscht: In der ersten Hälfte der 1970er Jahre, in denen die Handlung spielt, war das Pfund noch 6.- DM wert, also ca. 30.- Euro des Währungsreform-Jahres 2002; und was die Kaufkraft anbelangt, so hatte Forsyth wohl noch seine eigenen Erlebnisse aus den 1960er Jahren in Erinnerung, als das Pfund sogar doppelt soviel wert war. Rechnet man also 1 Pfund als 60.- Euro (und den US-$ vor der Kündigung des Abkommens von Bretton Woods als 20.- Euro), dann stimmt die Perspektive wieder, ja man stellt sogar fest, daß vieles erschreckend viel billiger geworden ist. Erschreckend? Schimpft Dikigoros sonst nicht immer über die schleichende (und durch geschönte Statistiken aufgrund manipulierter "Warenkörbe" verschleierte) Inflation, die alles so viel teurer macht? Ja, aber leider werden ausgerechnet die falschen Dinge und "Dienstleistungen" immer billiger: Eine Urlaubsreise ins schöne Ägypten kostet, an der Kaufkraft gemessen, nur noch ca. ein Fünftel (wie Flugreisen überhaupt viel zu billig geworden sind: Für 29.- Euro kann man fast überall in Europa herum fliegen; damals gingen CAT Shannons zahlreichen Kurzflüge zwischen London und Brüssel, Paris und Marseille, München und Wien noch richtig ins Geld :-), und ein Auftragskiller macht es heute für weniger als ein Zehntel, auch wenn das Opfer ein so gefährlicher Mann ist wie Shannon, auf den sein Konkurrent Roux 5.000.- US-$ Kopfgeld (zur Erinnerung: das sind 100.000.- Euro in Preisen von 2002!) aussetzt. Erschreckend gefallen sind auch die Preise für Waffenssysteme und die Schranken für ihre Verbreitung: Für das Geld, das Shannon damals für ein paar läppische Maschinenpistolen, Granatwerfer und Bazookas ausgegeben hat, hätte er nach dem Zusammenbruch des Warschauer Pakts, insbesondere der Sowjet-Union, in deren Nachfolgestaaten problemlos Panzer, Raketen (und für die Fahrt nach "Zangaro" ein eigenes U-Boot :-) kaufen können - zwar nicht gerade auf einer Internet-Auktion, wie verschiedentlich behauptet wurde, aber doch ohne größeren Aufwand; und der Transport, fein säuberlich in Einzelteile zerlegt, wäre auch kein Problem gewesen - jedenfalls nicht mehr als damals der Transport ein paar alter "Schmeisser"-MPs von Belgien nach Frankreich. Und all die Umstände, um den Firmenmantel einer alten Gummiplantagen-AG zu kaufen? Da könnten heutige Börsenzocker nur müde lächeln... Schöne neue Welt? Forsyth hätte sich wohl nicht träumen lassen, wie vergleichsweise harmlos sich seine "Thriller" nur ein Vierteljahrhundert später ausnehmen sollten.

Forsyth's nächstes Buch, "The Shepherd [Der Hirte]" (1975) - die Schilderung eines Horrorflugs über der Nordsee, den er wohl selber einmal so oder ähnlich erlebt hatte - ist eigentlich nur wegen der Widmung interessant: "For my darling wife Carole". Ach wie nett - wenn da nicht die erste Frage auf dem "Fragebogen" wäre: "Was ist für Sie das größte Unglück?" Forsyth's Antwort 1988: "Einem Menschen zwölf Jahre vertraut zu haben, dem ich nicht hätte vertrauen sollen." (Und das ist vielleicht die einzige Antwort, die er wirklich ehrlich meinte.) Ansonsten ging es ihm wie Billy Wilder, als er 1957 die 30 Jahre zuück liegende Geschichte des Ozeanfluges von Charles Lindbergh verfilmte: Das interessierte niemanden [mehr], nach so vielen Jahrzehnten - allein der Rezensent einer bekannten deutschen Wochenzeitung lobte die "literarischen Qualitäten" von "Der Lotse", wie der Titel der deutschen Übersetzung lautet, aber auch er konnte nicht verhindern, daß das Buch ein Flop wurde.

Mit "Des Teufels Alternative" verläßt Forsyth erstmals seine bewährte Methode, über Vergangenes zu schreiben, und begibt sich auf das gefährliche Feld der Science Fiction. Nein, durchaus nicht dessen, was man gemeinhin darunter versteht, krauses Zeug über fliegende Untertassen und Marsmenschen oder Flüge zu anderen Sonnensystemen, sondern über die nahe Zukunft - und das ist viel schwieriger und undankbarer, denn die meisten Leser werden noch nachprüfen können, ob die Voraussagen eintreffen oder nicht, zumal es hier nur drei Jahre - von 1979 bis 1982 - sind. Angeblich wollte Forsyth damals auch einen Roman schreiben über einen Terroranschlag von Flugzeugentführern auf New York City und Washington, ließ es dann aber bleiben, weil ihm das denn doch zu unwahrscheinlich schien (aber das hatten wir ja schon) - da war es doch viel wahrscheinlicher, daß Terroristen einen großen Öltanker in ihre Gewalt brachten... Halt, fangen wir von vorne an, denn nach dreißig - nicht nach drei - Jahren sind die von Forsyth geschilderten Ereignisse (die Frau Dikigoros damals noch schlicht als "Hirngespinste" abtat) in einem Maße wahrscheinlich geworden, daß man nicht so einfach darüber weg gehen sollte, auch wenn sich die politischen Konstellationen inzwischen scheinbar grundlegend geändert haben. Also folgen wir dem Plot: In der Sowjet-Union steht mal wieder eine Mißernte bevor, diesmal eine besonders schlimme, verursacht durch eine Häufung system-immanenter, aber gleichwohl unglücklicher Zufälle. Die Führung der KPdSU sieht nur zwei Alternativen: entweder die westlichen Länder, vor allem die USA, verkaufen der SU ihre Ernteüberschüsse (natürlich wie immer zu besonders günstigen Vorzugspreisen) oder die SU muß einen Krieg gegen Europa führen, um dessen Vorräte zu erobern. Präsident Rudin will ersteres erreichen; aber die Falken im Politbüro - die ihn ohnehin schon längst absägen wollen - drängen auf Krieg, auch auf die Gefahr hin, daß die USA mit dem Einsatz von Atombomben reagieren und daraus ein Dritter Weltkrieg entsteht. Aber der US-Präsident weiß schon Bescheid, denn seine Spionage-Satelliten haben längst die Bilder der verkümmerten Getreidefelder aufgenommen; und er ist auch bereit, die Ernteüberschüsse - die er in Ausübung eines Vorkaufsrechts an sich gebracht hat - an die SU zu verkaufen, wenn diese ihm dafür in Sachen Abrüstung entgegen kommt; und er initiiert gleich eine großartige Abrüstungs-Konferenz in Irland. Nanu, eine Geschichte, die mit Großbritannien so gar nichts zu tun hat, und das von Forsyth? Aber nein, liebe Leser, wo kämen wir denn da hin? In England leben rein zufällig einige ukraïnische Widerstandskämpfer, die mit wachsendem Ärger verfolgen, wie ihre Landsleute in der Sowjetunion verfolgt und ihre Kultur langsam, aber sicher, ausgelöscht wird. Einem von ihnen gelingt die Flucht übers Schwarze Meer in die Türkei und von dort nach England. Dort werden alsbald Pläne geschmiedet, wie man einen allgemeinen Aufstand gegen das Sowjet-Regime entfesseln könnte, um nicht nur die Ukraïne endlich zu befreien. Die Lösung: ein Attentat durch zwei Juden, die das Sowjet-Regime ebenfalls hassen, weil es ihnen die Ausreise nach Israel verweigert hat - gegen den Leiter des KGB. Der Anschlag gelingt, nicht dagegen die Flucht der Attentäter, die zwar ein Flugzeug nach Westberlin entführen können, aber dort festgenommen, vor Gericht gestellt und verurteilt werden - und zwar nicht wegen bloßer Flugzeugentführung, sondern wegen Mordes, denn sie haben den Piloten erschossen, der den Helden spielen wollte. Wie schürzt man nun daraus einen Polit-Thriller?

Nun, der umgebrachte KGB-Chef war die Hauptstütze des Präsidenten Rudin und wie dieser einer kriegerischen Lösung abgeneigt; und wenn dessen Ermordung bekannt würde und tatsächlich ein Aufstand in der Ukraïnie oder sonstwo in der SU ausbräche, dann würde die "Falken" die Oberhand gewinnen, Rudin stürzen und den Krieg als einzigen Ausweg wählen. Na und? Die Attentäter halten doch den Mund, auch im Prozeß, weil sie Angst haben, sonst an die SU ausgeliefert zu werden; sie hoffen vielmehr, daß ihre britischen Komplizen sie frei pressen werden. Wie das? Nun, wie der Zufall es will, hat gerade ein verrückter Reeder einen Super-super-supertanker bauen lassen, die Freya, und gleich auf der Jungfernfahrt mit einer Riesenmenge Öl füllen lassen, die ausreichen würde, die ganze Nordsee und alle ihre Küsten zu zerstören, wenn sie denn auslaufen würde. Das wissen auch die britischen Ukraïner, und da sie alle eine gute militärische Ausbildung genossen haben, kapern sie das Schiff, als es just in der Nordsee angekommen ist, und drohen, das Öl abzulassen, wenn ihre Genossen in Berlin nicht frei gelassen und nach Israel ausgeflogen werden. Na und? Den Deutschen wäre das nur recht, schließlich sind es Juden, und denen gegenüber will man sich ja nicht allzu hartherzig zeigen. Auch die Israelis zieren sich zwar erst etwas, aber dann sagt sich der Premierminister, daß die jungen Leute doch eigentlich recht hätten, wenn man sie nicht aus der SU raus läßt, sie notfalls mit Gewalt zu verlassen, und gibt öffentlich sein Ehrenwort, sie aufzunehmen, nicht strafrechtlich zu verfolgen und nicht auszuliefern. (Würde er das im Ernstfall halten? Dikigoros weiß es nicht; Forsyth meint ja.) Was wäre daran so schlimm? Nun, die beiden Entführer würden, sobald sie in Israel sind, eine Pressekonferenz abhalten, ihren Mord am KGB-Chef gestehen und zum Aufstand gegen die SU aufrufen, der auch kommen würde, weil ja nun niemand mehr den KGB fürchten würde (meint jedenfalls Forsyth :-). Das können aber wiederum die Sowjets nicht zulassen; also droht Rudin den USA mit Abbruch der Abrüstungs-Verhandlungen und durch die Blume mit Krieg, falls die beiden Flugeugentführer entkommen sollten. Die Weicheier in Washington sind zwar entsetzt und wissen nicht, was das soll, aber sie versuchen, Druck auf die BRD und Israel auszuüben, die beiden Kidnapper nicht laufen zu lassen, sondern im Gefängnis in Berlin zu behalten (wo der KGB bereits plant, sie zu ermorden). Auch auf die Briten, die gar nicht amused sind, ihre Küsten mit ausgelaufenem Erdöl versauen zu lassen, üben sie Druck aus - aber die weihen sie wenigstens in die Hintergründe, d.h. die sowjetische Drohung, ein. Gemeinsam werden allerlei Lösungswege gesucht, von einem Handstreich britischer Froschmänner in James-Bond-Manier auf das entführte Schiff bis zu der Möglichkeit, es von einem amerikanischen Kriegsschiff zusammen schießen zu lassen, denn verbranntes Erdöl richtet immer noch weniger Schäden an als ausgelaufenes.

In dieser verfahrenen Situation kommt der Zufall zu Hilfe in Person eines britischen Agenten, der zufällig nach Moskau versetzt wird, weil der dort für Spionage zuständige Botschaftsangehörige plötzlich erkrankt ist. Der wiederum trifft dort seine Jugendliebe wieder, die er vor 20 Jahren in Berlin kennen gelernt hatte, als er noch Journalist war, und die jetzt als Stenotypistin für das Politbüro arbeitet. Da er inzwischen eine gescheiterte Ehe hinter sich hat und sie verwitwet ist (ihr Mann ist, wie sich das für einen tapferen Luftwaffenpiloten gehört, an der Grenze zu China tödlich abgestürzt), glaubt er, das versäumte Glück seines Lebens nachholen zu müssen und plant, sie aus der SU zu holen und zu heiraten. Da trifft es sich gut, daß sie die Schnauze voll hat vom sowjetischen Arbeiter- und Bauernparadies und ihm sogar die geheimen Protokolle der Politbüro-Sitzungen verschafft, die er prompt nach London weiterleitet - und London nach Washington. Nun wissen die Westmächte, was gespielt wird und warum die SU die beiden Flugzeugentführer und Attentäter unbedingt [mund-]tot machen will. Bloß Bonn spielt nicht mit - die BRD-Regierung hat keine Lust, von allen Nordsee-Anrainern den Schwarzen Peter in die Schuhe geschoben zu bekommen, wenn wegen zwei läppischer Flugzeug-Entführer eine Umweltkatastrofe noch nie dagewesenen Ausmaßes eintritt, und verlegt die beiden zu allem Überfluß auch noch außerhalb der Reichweite des KGB. (Daß es sich zugleich um die Attentäter des KGB-Chefs handelt und daß daran die Abrüstungsverhandlungen und womöglich ein Dritter Welkrieg hängen, verrät man ihr bis zuletzt nicht. Glaubhaft? Forsyth meint: ja - Dikigoros auch.) Der britische Agent nimmt nun - aus Liebe - die Sache selber in die Hand, fliegt nach London, Washington und Moskau und überzeugt die britische Premierministerin und die Präsidenten der USA und der SU von "seiner" Lösung: Er wird die beiden Attentäter persönlich vergiften, aber so, daß man sie erst laufen lassen kann, damit seine Komplizen den gekaperten Öltanker frei geben, und sie dann im richtigen Augenblick tot umfallen, noch bevor sie etwas verraten können. Der Plan gelingt, und alles wäre in Butter - wenn die Geschichte nicht am Ende noch einen Clou hätte. Nein, nicht für den Weltfrieden: Die Sowjets bekommen ihr Getreide, die USA ihren Abrüstungsvertrag, und den Europäern bleibt die Umweltkatastrofe erspart; aber der brave britische Agent ist am Ende der Gelackmeierte: Seine große Liebe hat ihm die ganze Geschichte nämlich nur vorgespielt; in Wahrheit hat sie die ganze Zeit im Auftrag Rudins gehandelt und ihm das Material zugespielt, damit der Westen erfährt, wie prekär dessen Situation ist, und daß sie unbedingt auf seine Forderung eingehen bzw. eine Lösung zu seinen Gunsten finden müssen. Sie denkt gar nicht daran, mit ihm nach England zu gehen, denn sie liebt ihr Vaterland, die Sowjet-Union, basta. Und dafür hat er seinen Job geopfert - denn jetzt bekommt er natürlich einen Tritt, da er eine so schröckich unmoralische Lösung gefunden (und ihre Genehmigung auch persönlich, d.h. über den Kopf seiner Vorgesetzten hinweg, bei den jeweiligen Staatschefs durchgedrückt) hat, wie sie westliche (und östliche :-) Geheimdienste ja sonst NIE UND NIMMER anwenden würden, nicht wahr, Mr. Forsyth? Aber lassen wir das, das ist sicher nur eine Verbeugung gegenüber der herrschenden Meinung der Unwissenden.

Tief durchatmen, liebe Leser, tief durchatmen. Was von alledem hat einen realen Hintergrund, was an der Handlung ist glaubhaft? Den ersten Teil der Frage können wir getrost mit "alles" beantworten: Die UdSSR hatte damals mehrere Jahre in Folge Mißernten zu verzeichnen gehabt und nur durch großzügige Lieferungen des Westens (nicht nur an Getreide, sondern auch an Milch und Butter - damals produzierten nicht nur die USA, sondern auch die EG-Staaten so viele Überschüsse, daß sie froh waren, sie los zu werden) zu Billigstpreisen überleben. Auch die Idiotie der überdimensionalen Supertanker nahm immer mehr zu - bereits das Auseinanderbrechen der "Amoco Cadiz" hatte die Küste der Bretagne auf Jahre hinaus ruiniert. Und daß Flugzeuge entführt wurden, um politische Gefangene freizupressen, war schon fast alltäglich. Auch die Handlungsstränge sind nicht ganz abwegig, gerade in ihren ärgerlichsten Teilen: Einem Vollidioten wie Jimmy Carter (von dem Forsyth glaubte, daß er 1982 noch US-Präsident sein würde) wäre es zuzutrauen gewesen, für wertlose Zusicherungen irgendwelcher Abrüstungen (Forsyth legt den Sowjetführern ganz klar in den Mund, daß sie sich ohnehin nicht daran zu halten gedenken) eine Umweltkatastrofe in Europa - Zerstörung der Nordsee und der Küsten ihrer Anrainerstaaten auf Jahrzehnte hinaus - billigend in Kauf zu nehmen. [Ronald Reagan, der Carter zu diesem Zeitpunkt längst beerbt hatte, dachte gar nicht daran - er setzte ganz im Gegenteil auf verstärktes Wettrüsten und zwang die SU so auch ohne Hungersnot in die Knie, bis der Ostblock zusammen brach. Übrigens dachte Forsyth auch, daß 1980 die CDU/CSU in Deutschland die Wahlen gewinnen und Kohl Bundeskanzler sein würde; aber egal ob der oder Schmidt am Ruder war - bei Forsyths Szenario hätte das wohl keinen großen Unterschied gemacht. Ebenso egal ist es, daß entgegen Forsyths Erwartungen weder die OPEC noch Nigeria auseinander gebrochen sind - bis heute noch nicht, obwohl auch Dikigoros das immer wieder geglaubt hat. Das gleiche gilt für Forsyths Vermutung, daß die Russen Afģānistān bald nieder werfen und dann weiter nach Pākistān vordringen würden. Das sind Dinge, bei denen man bei einem Roman, der in der Zukunft spielt, schon mal schief liegen kann.] Daß irgendjemand mal versuchen würde, den KGB-Chef umzulegen und daß es ihm gelingen würde, mag auch noch angehen - aber dann kommt ein Punkt, an dem Dikigoros Forsyth nicht zu folgen vermag, und das ist ärgerlicherweise einer, an dem die Schlüssigkeit der gesamten Handlung hängt, denn ohne ihn gäbe es kein Land, das den Flugzeugentführern Asyl gewähren würde: Niemals würden ukraïnische und jüdische Widerstandskämpfer zusammen arbeiten - das gegenseitige Mißtrauen wäre einfach zu groß. Für einen echten Ukraïner sind seine Unterdrücker, die Schöpfer der "Sowjet-Union", nicht "die Russen", sondern "die Juden" - wohl wissend, daß praktisch alle "Macher" der Revolution von 1917 Juden oder zumindest Halbjuden waren. (Allein in der BRD darf man das nicht wissen, aber das ist eine andere Geschichte.) Und die Juden hassen kein anderes nicht-arabisches Volk - außer vielleicht den Deutschen - so sehr wie die Ukraïner, denen sie die polnischen Pogrome des 17. Jahrhunderts anlasten, die ihre Historiker heute sogar dem "Holocaust" gleich stellen. (Auch das darf man nur in der BRD nicht wissen.) Und damit kommen wir zu einer peinlichen Erkenntnis, nämlich daß Forsyth zwar eine Menge Sympathien für, aber überhaupt keine Ahnung von der Ukraïne hat, wie sich auch in Kleinigkeiten zeigt, wie der Behauptung, daß in der Ukraïne nicht kiryllisch, sondern lateinisch geschrieben würde, daß die Ukraïner überwiegend nicht orthodox, sondern katholisch seien und daß ihre Kultur überwiegend westlich orientiert sei. (Das mag für Galizien zutreffen, woher offenbar seine Informanten stammen, aber schwerlich auf den Rest der Ukraïne - und die Geschichte spielt ja in der Gegend um Odessa.) Aber das ist noch nicht alles. Was macht einen Bestseller aus (den der Verlag erwartete - er behauptete, das Buch sei besser als "Der Schakal", "Odessa" und "Die Hunde des Krieges" zusammen und warf in den ersten fünf Monaten fünf Auflagen auf den Markt, aber dann riß der Verkauf urplötzlich ab - es hatte sich wohl herum gesprochen, daß es Forsyths bis dahin schwächstes Werk war)? Konkret gefragt: Warum liest jemand eine Geschichte, die Dikigoros halbwegs vollständig auf einer halben Seite wieder gegeben hat, 400 Seiten lang und kauft zu diesem Zweck ein Buch? Bisher war diese Frage bei Forsyth leicht zu beantworten: Weil er so hervorragende Detailarbeit geleistet hatte, daß keine Zeile verschwendet war; es paßte einfach alles, und man nahm selbst Nebenstränge der Handlung dankbar mit. Hier aber hat er einfach schlecht recherchiert, und man stolpert von der ersten Seite an über peinliche Schnitzer.

Darf Euch Dikigoros mit ein paar dieser Fehler belästigen? (Wenn sie Euch nicht interessieren, überspringt diesen Absatz; er trägt nichts Zwingendes zu Forsyths Werk bei und soll seine Verdienste im übrigen nicht schmälern.) Der italienische Kapitän, der den ukraïnischen Flüchtling aus dem Schwarzen Meer fischt, trägt einen portugiesischen Namen. Sein Schiff transportiert Mandeln aus einem Gebiet, wo schon seit 2.000 Jahren nichts anderes als Haselnüsse angebaut werden. Als der ukraïnische Flüchtling erstmals seinem englischen Landsmann begegnet, verdächtigt er ihn, ein "Quisling" zu sein, d.h. ein Verräter an der ukraïnischen Sache. Deren mag es zwar viele geben; aber wenn der Norweger Vidkun Quisling in irgendeinem Land der Welt nicht als Verräter, sondern als wohltätiger Engel angesehen wird, der nach dem Ersten Weltkrieg Millionen Menschen vor dem Hungertod rettete, dann ist das in der Ukraïne - einen Verräter würde dort niemand so nennen. Dazu glaubt besagter Flüchtling, während er in einem türkischen Krankenhaus liegt, man hätte ihn nach Bulgarien gebracht, als er die Leute um ihn herum reden hört. Das ist nun oberpeinlich und zeigt, daß Forsyth nicht mal die Anfangsgründe des Russischen, Bulgarischen und Türkischen kennt: Niemand, der auch nur ein paar Brocken dieser Sprachen beherrscht, kann Bulgarisch mit Türkisch verwechseln, und ein Ukraïner schon gar nicht, denn der versteht ja Russisch und weiß, daß dieses mit Bulgarisch fast identisch ist (jedenfalls enger verwandt als mit dem Ukraïnischen). Bei der Diskussion zwischen dem BRD-Kanzler und seinem Justizminister geht es um einen "Deal" für die Flugzeugentführer, die dafür ein volles Geständnis und somit einen kurzen, billigen Prozesß anbieten. Man einigt sich darauf, statt "Mord" nur "Totschlag" anzuklagen, denn damit bekämen die beiden "15-20 Jahre". Nun braucht man kein Jurist zu sein und nicht mal ins StGB zu schauen, um zu wissen, daß es solche - im angelsächsischen Recht üblichen - variablen Strafmaße in der BRD nicht gibt und nie gegeben hat; und 20 Jahre schon gar nicht: Entweder lebenslänglich oder bis zu 15 Jahren. Die DDR-Typen, die den KGB bei der Ermordung der beiden Flugzeugentführer und Attentäter im Berliner Gefängnis unterstützen sollen, sind vom "Staatssicherheitsdienst (SSD)". Peinlich, peinlich, daß offenbar weder Forsyth noch seine Lektoren jemals etwas von der Stasi bzw. vom "Ministerium für Staatssicherheit (MfS)" der DDR gehört haben. (Dikigoros zitiert aus der englischen Originalausgabe - möglich, daß es in der deutschen Übersetzung korrigiert ist, aber das ist ein schwacher Trost.) Der oberste Vollzugsbeamte im Westberliner Gefängnis trägt den Dienstgrad eines "Wachmeisters" (tatsächlich ist Wachtmeister - er schreibt sich mit "t", liebe Engländer!- der niedrigste Dienstgrad dort). Die Flucht der Agentenfreundin soll über Rumänien erfolgen, weil das mit der SU so eng verbündet ist, daß jeder Sowjet-Bürger dort problemlos Urlaub machen kann, ohne eines Fluchtversuchs verdächtigt zu werden. Tatsächlich hatte Ceauşescu längst mit Moskau gebrochen und sich dem Westen angebiedert (wohlgemerkt nicht erst in der Zukunft, in der der Roman spielen soll, sondern schon als Forsyth das schrieb) - kein Sowjetmensch hätte dorthin mal so eben in Urlaub fahren können. Na, usw. Wohlgemerkt, das sind alles Dinge, die man, wenn man sie denn nicht weiß, ganz leicht recherchieren kann, und vor allem Dinge, die auch dem durchschnittlich gebildeten Leser sofort unangenehm auffallen - das ist einfach schlecht gemacht und nicht das, was man von einem Forsyth erwartet.

Ist das nun heute noch so aktuell, daß es einer Besprechung wert ist? Die Sowjet-Union gibt es doch nicht mehr, Rußland hat auch keine Probleme mehr mit Mißernten, der Super-super-supertanker ist nie gebaut worden, und überhaupt... Pardon, liebe Leser, aber das Horror-Szenario der Mißernten und Hungersnöte ist wieder da, es hat nur noch keiner bemerkt, oder man glaubt - zumindest im Westen -, daß es nur die "Dritte Welt" beträfe, die blöden Nigger in Afrika, ein paar Kanaken in Asien und ein paar Indios in Lateinamerika. Von wegen... Die Zeit der Überschüsse, der Milchseen und Butterberge, ist längst vorüber, und sie wird nie wiederkommen, denn die Weltbevölkerung wächst und wächst, und sie friß auch dem längst nicht mehr autarken Europa langsam, aber sicher die Haare vom Kopf. Habt Ihr Euch mal überlegt, was geschähe, wenn die Millionenstädte des Westens nur wenige Tage von der Belieferung mit Lebensmitteln abgeschnitten würden, weil es z.B. plötzlich kein Benzin mehr gäbe für die Lastwagen, mit denen die normalerweise heran gekarrt werden? Dikigoros schreibt darüber an anderer Stelle und will sich hier nicht wiederholen; aber er glaubt, daß die Realität weit schlimmer aussehen wird als alles, was Forsyth in "Des Teufels Alternative" auch nur drohen läßt. Was, wenn einige aufmüpfige Völker in der VR China - die ihre Menschenmassen längst nicht mehr ausreichend ernähren kann und nur durch strengste Nachrichtensperre verhindert, daß die alljährlichen Hungersnöte mit Millionen Toten nicht weltweit bekannt werden - mit Revolution drohen (und Dikigoros meint nicht die harmlosen, da überwiegend friedfertigen Tibeter) und es darob in der KP-Führung ähnliche Kämpfe gibt wie sie Forsyth für die KPdSU schildert? Nein, die VR China wird nicht Europa angreifen, aber die Fühler nach den Reiskammern Asiens - Barma, Thailand, Indonesien - sind längst ausgestreckt; und da auch dort die Vorräte längst nicht mehr für alle reichen, werden sie deren Bevölkerung ausrotten müssen, wenn sich ein Krieg lohnen soll; und im Gegensatz zu den Sowjetrussen bei Forsyth wird in Peking niemand auch nur die geringsten Skrupel haben, das zu tun. Was, ein nuklearer Gegenschlag der USA droht? Da wäre Dikigoros nicht so sicher - solange Taiwan und Japan nicht bedroht sind, würden die USA sicher zögern, ihren wichtigsten Lieferanten von billigen Computerchips u.ä. anzugreifen, bloß weil er so ein paar Scheißländer angreift, die sich in letzter Zeit ohnehin als unzuverlässig und/oder undankbar erwiesen haben. Was aber, wenn zwei junge Leute aus Ost-Turkestan einen KPC-Bonzen erschießen, ein Flugzeug entführen sich damit ins Ausland absetzen, z.B. in einen der von der SU abgespaltenen Turk-Staaten, die ähnlich erpreßbar sind wie die Nordsee-Anrainer, wenn es um ihre Erdöl- und Erdgas-Pipelines geht? Ihr meint, das ginge die USA doch nichts an? Ja, Ihr lieben, unschuldigen Seelen, was glaubt Ihr denn, weshalb die in Afģānistāan einmarschiert sind? Um dort Demokratie und Menschenrechte zu verbreiten? Falsch. Um Bin Lādin oder irgendwelche anderen vermeintlichen Drahtzieher des Anschlags vom 11. September 2001 zu fangen? Falsch. Um dort eine Pipeline für Erdöl und Erdgas aus den Turkrepubliken bis zum Indischen Ozean zu legen? Bingo! Und warum, glaubt Ihr, kreuzen US-Flugzeugträger mit hunderten Bombern vor der Küste Barmas? Um die von Überschwemmungen im Irrawaddi-Delta gebeutelten Menschen dort vor dem Hungertod zu bewahren? Um sie von dem bösen Militär-Regime zu befreien und ihnen ganz uneigennützig die Segnungen der westlichen Zivilisation näher zu bringen, von Coca Cola bis zur Demokratie? Denkt mal drüber nach... Und selbst wenn die USA nicht wären - so wie die Attentäter bei Forsyth Juden sind, so wären sie in diesem Falle Muslime, d.h. die ganze islamische Welt stünde hinter ihnen; und wenn der nukleare Gegenschlag nicht aus Washington käme, dann käme er vielleicht aus Islamābād, aus Tripoli (ja, auch dort gibt es - Dank dem Juden Sarkozy - demnächst Atombomben!) oder aus Tährân... Ihr meint, das wüßten die Chinesen doch auch und würden dann eben nachgeben und das ohnehin wertlose Ost-Turkestan in die Unabhängigkeit entlassen? Ihr irrt - ebenso wenig wie die KPdSU die Abspaltung der nicht-russischen Sowjet-Republiken zulassen konnte, ohne ihre Macht zu verlieren, könnte Peking eine Abspaltung Ost-Turkestans zulassen, sonst würden die Mongolei, Tibet, die Mandschurei, Szetschuan, Yünnan und womöglich ganz Südchina folgen. Glaubt Ihr, die KPC-Bonzen wollen enden wie die meisten Bonzen des einstigen Ostblocks, d.h. im besten Falle in der Versenkung verschwinden, im schlimmsten Falle tot geschlagen wie die räudigen Hunde, die sie sind? Verlaßt Euch drauf, die Rotchinesen haben das Ende ihres treuesten europäischen Verbündeten, des Rumänen Ceauşescu, nicht vergessen und werden bis zur letzten Atombombe kämpfen!

Noch eine boshafte Anmerkung kann sich Dikigoros nicht verkneifen: Nun haben die Leute also in der Realität all das, wofür sie bei Forsyth so erbittert gekämpft haben: Die Ukraïne ist seit 1991 unabhängig. Sind die Ukraïner nun, nachdem sie all ihre reichen Bodenschätze und Ernten nicht mehr nach Moskau abführen müssen, reich geworden? I wo, nur ein paar alte Parteibonzen und neue Mafiosi (nebst ihren Nutten :-). Der Masse der Bevölkerung geht es dagegen weitaus schlechter als zu Sowjet-Zeiten; die meisten sehnen sich längst heim ins großrussische Reiche zurück. Ist denn wenigstens die Kultur aufgeblüht, spricht man überall Ukraïnisch statt Russisch? Nicht die Bohne (außer in Galizien - aber da tat man das auch schon zu Sowjet-Zeiten). Die Juden hindert nun niemand mehr daran, Rußland, die Ukraïne oder sonst eine Ex-Sowjet-Republik zu verlassen und nach Israel zu gehen. Tun sie es? Kaum noch. Einige haben es getan - und es bitter bereut. In der SU waren sie eine kleine Elite, beneidet, angefeinde und bisweilen diskriminiert, aber eine Elite gleichwohl. In Israel sind sie nur noch der vorletzte Dreck, gerade gut genug als Kanonenfutter für die Armee und um den Statistikern zu helfen, weiter ihr Lügenmärchen aufrecht zu erhalten, daß die Juden in Israel nicht aussterben, obwohl die jüdischen Frauen - im Gegensatz zu den muslimischen "Israelis" im Schnitt weniger als 2,0 Kinder haben. Aber was sollen sie tun? In die Ex-SU führt kein Weg zurück; in die BRD überzusiedeln ist auch längst nicht mehr so attraktiv wie früher; und die USA lassen praktisch keine Juden mehr ins Land, denn ihre Politiker haben Rücksicht zu nehmen auf die Millionen Wählerstimmen der muslischen Neger und Araber, die eine jüdische Einwanderung strikt ablehnen. Die USA haben ihre Abrüstungsverträge bekommen (allerdings sind sie inzwischen von Rußland wieder gekündigt worden :-). Und - hat ihnen das auch nur einen Cent Rüstungsausgaben eingespart? Im Gegenteil, ihr Rüstungsetat ist so hoch wie noch nie in ihrer Geschichte - der der ehemaligen Sowjet-Republiken übrigens auch, wenn man sie alle zusammen zählt. Ist die Gefahr eines Dritten Weltkriegs geringer geworden? Dto! Nachdem inzwischen fast jeder Zwergstaat, der von unverantwortlichen Banditen regiert wird - von Frankreich bis Nordkorea - seine Atombomben in alle Welt exportiert, ist die Wahrscheinlichkeit, daß irgendwer irgendwann in nächster Zukunft mal auf den Knopf drückt, erheblich gewachsen; und daß dann auch jemandem auf der anderen Seite der Finger juckt, ein gleiches zu tun, darf wohl angenommen werden.

Das 4. Protokoll - wieder Science Fiction (von 1984 bis 1986), und wieder spannend, aber irgendwie enttäuschend, und als Zukunftsprognose völlig daneben. Aber wie hätte Forsyth auch ahnen können, daß ausgerechnet im Jahre dazwischen, 1985, Mikhail Gorbatschëw in Moskau an die Macht kommen sollte, mit dem sich all die bösen Pläne der Sowjets à la Phil Kilby (über den Dikigoros an anderer Stelle schreibt) erledigten?

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Der Unterhändler - Forsyths letzter Versuch, sich auf das Glatteis der Science Fiction (1989-1991) zu begeben, und diesmal brach er so tief ein (es wurde zum ersten Mal seit "Biafra" ein richtiger Flop), daß er es künftig bleiben ließ und wieder zur bewährten "Geschichtsschreibung" zurück kehrte.

Der Täuscher. Man merkt Forsyth an, daß er vom Ende des "Kalten Krieges" ebenso überrascht wurde wie Dikigoros - die Sammlung, die er hier zusammen gestellt hat, ist einfach enttäuschend. Wo bleibt der große Roman über die - durchaus kriminelle - Geschichte der deutschen "Wiedervereinigung"?

"The Fist of God [Die Faust Gottes]" ist die [Vor-]Geschichte des Zweiten Golfkriegs. Schon der Titel geht Dikigoros gegen den Strich, denn was Forsyth hier so übersetzt, ist "Qubth-ut-Allah", und wer "Allah" mit "Gott" über- und damit gleich-setzt, der zeigt damit, daß er der muslimischen Propaganda zum Opfer gefallen ist. War das verzeihlich? Dumme Frage, bleiben wir doch lieber bei der Formulierung, die wir oben gefunden haben: Kann man das verstehen? Gewiß, die Propaganda des Islam im Westen ist nicht ohne. Kann man dafür auch Verständnis haben? Eigentlich nicht, jedenfalls nicht mehr 1994, als Forsyth den Roman auf den Markt brachte. Gewiß, Forsyth schreibt aus einem Blickwinkel, der einem die Sicht leicht verzerren kann: dem des Iraq. Tatsache ist, daß gerade dessen damaliger Diktator Saddām Ħusäin kein islamischer Hardliner war (auch wenn er sich zuletzt so gab, um deren Unterstützung zu gewinnen) und jedenfalls das geringere Übel im Vergleich zu den iranischen Ayatollahs; das erkannte schließlich auch George Bush sen. und beendete daraufhin den Krieg, ohne Saddām zu stürzen. Wenn man Forsyth's Roman so liest, kann man auch für die Iraker etwas wie Sympathie, pardon Verständnis gewinnen (und wenn man gar liest, wie gut das Verhältnis zwischen Iraqis und Westlern noch in den 1950er und 1960er Jahren war - und auch das ist sicher nicht frei erfunden - dann kann einem die kalte Wut kommen auf die Politiker beider Seiten, die es derart versaut haben) - und natürlich erst recht für den armen Gerry Bull, der die Teufels-, pardon Gottesfaust konstruiert hat, ein überdimensionales Artillerie-Geschütz, mit dem man eine Atombombe ohne Hilfe von Weltraum-Raketen über 1.000 km weit schießen kann. (Ob es das wirklich gab oder geben kann? Dikigoros weiß es nicht; er wagt es zu bezweifeln, aber er ist kein Fysiker.) Forsyth's persönlichen Standpunkt müssen wir wieder erraten aus einigen Bemerkungen, die er seinen Figuren in den Mund legt: Am Islam stört ihn vor allem, daß er einem durstigen Manne verbietet, an einem heißen Wüstentag ein kühles Bier zu trinken; und im übrigen hält er den israelischen Mossad für eine Verbrecher-Organisation, die um keinen Deut besser ist als seine arabischen Gegenspieler. (Darf Dikigoros gleich seinen Senf dazu geben? Wenn am Islam nichts Schlimmeres wäre als das - durchaus vernünftige - Verbot, sich in der prallen Wüstenhitze mit Alkohol zu besaufen, würde er sofort konvertieren; und was den Mossad anbelangt, so hegt er den Verdacht, daß aus der Kritik weniger die Abscheu vor dessen "verbrecherischen" Methoden spricht - die bei allen Geheimdiensten der Welt mehr oder weniger gleich sein dürften - als vielmehr der Neid, weil er um einiges erfolgreicher "arbeitet" als die Konkurrenz.)

Aber das ist nicht die Hauptsache. Viel wichtiger - und verhängnisvoller - ist ein Punkt, nein, sind zwei Punkte, die Geschichte gemacht haben, gewissermaßen als "self-fulfilling prophecy", obwohl sie nicht als Science Fiction gedacht waren: Der eine ist die Verteufelung Saddāms als "neuer Hitler", über deren Unsinnigkeit Dikigoros schon an anderer Stelle geschrieben hat - obwohl es durchaus Parallelen zwischen den beiden gibt, auf die man nicht zuletzt bei der Lektüre von The Fist of God stößt: So wie Hitler im Mai 1940 den Sieg im Zweiten Weltkrieg verschenkte, als er seine Panzer vor Dünkirchen anhalten ließ, damit seine lieben germanischen Brüder in London ihm nicht böse wären, seine bisherigen Eroberungen anerkannten und bald Frieden machten, so verschenkte Saddām im August 1990 den Sieg im Zweiten Golfkrieg, als er seine Panzer an der Grenze zu Sa'udi-Arabien anhalten ließ, damit seine lieben arabischen Brüder in Riyād ihm nicht böse wären, seine bisherigen Eroberungen anerkannten und bald Frieden machten. (Die USA und England hätten ihn - wie Forsyth richtig bemerkt - damals nicht aufhalten können, und nach einer Besetzung Sa'udi-Arabiens erst recht nicht mehr, denn kein anderer arabischer Staat hätte sich den ungläubigen Christenhunden als Aufmarschgebiet zur Verfügung gestellt, und überhaupt hätte Saddām dann rund ein Drittel der Welt-Erdöl-Reserven in der Hand gehabt; im Falle eines Angriffs hätte er sie allesamt zerstören können - ein Risiko, das der Westen schwerlich eingegangen wäre.) Der andere Punkt ist die Behauptung, Saddām habe im ganzen Lande große Mengen von "Massenvernichtungswaffen" versteckt; diese falsche Vermutung - die Forsyth wie eine erwiesene Tatsache darstellt - sollte zum Motiv (nein, nicht nur zum Vorwand, auch nicht nur zum Auslöser, auch nicht zum Grund - denn sie erwies sich ja als haltlos) werden für den dritten Golfkrieg; denn seine Leser - zu denen auch George Bush jun. zählte - glaubten ihm das unbesehen. Ihr habt auch das Märchen gehört, liebe Leser, die C.I.A. (oder wer immer sonst) hätte die Sache mit den Massenvernichtungswaffen aus der Seminararbeit irgendeines Studenten aus dem sonnigen Kalifornien abgeschrieben? Blödsinn - so etwas hätten die nie ernst genommen. Aber wenn Forsyth das schrieb, dazu noch so spannend und mit so genauen Zahlen (17 Milliarden US-$, ein Drittel des irakischen Rüstungsetats, soll dafür aufgewendet worden sein) und Daten (Forsyth berichtet genau, woher das Zeug kommt, wer es wie und wo zusammen setzt usw.) - dann mußte es doch stimmen, oder? Aber Forsyth brauchte dieses "moralische" Motiv, denn die Besetzung Kuweits war dazu etwa so geeignet wie die Besetzung Danzigs 1939 durch Hitler. (Nein, Forsyth erwähnt dieses Beispiel nicht; er wählt andere Vergleiche - die überwiegend hinken: Die Besetzungs Goas durch Nehrū, die Besetzung Ost-Timors durch Soeharto, die Besetzung Tibets durch Mao und die Besetzung der Malvinas, pardon Falkland-Inseln, durch Videla. Nein, Gibraltar erwähnt er auch nicht :-) Kuweit ist nicht weniger, sondern eher mehr "irakisch" (wenn es das denn überhaupt gibt - aber gerade die Westalliierten halten ja bis heute an dieser anno 1919 geschaffenen Fiktion eisern fest) als etwa die kurdischen Provinzen im Norden, und es ist gar nicht einzusehen, mit welchem "Recht" der Al-Sabah-Clan all die Ölquellen, die just in dieser Provinz sprudeln, und all das dafür bezahlte Geld für sich alleine behalten sollte. Wie Forsyth richtig schreibt, sind von den 1,8 Millionen Einwohnern Kuweits nicht mal ein Drittel echte "Kuweitis"; der Rest sind Palästinenser, Ägypter, Filipinos und muslimische Inder aus Pakistan, Bharat oder Bangla Desh, die sie sich als Dienstbot[inn]en ins Land geholt haben, weil sie selber zu faul sind, sich auch nur den Arsch eigenhändig abzuwischen, geschweige denn sonst einen Handschlag Arbeit zu tun. Und wer mußte für ihre "Befreiung" den Kopf hinhalten? Die blöden G.I.s. Und wer mußte den ganzen Spaß, pardon, "Befreiungskrieg" finanzieren? Natürlich die blöden deutschen Michel - die hatten's ja, im Gegensatz zu den armen kuweitischen und sa'udischen Ölscheichs. (Die letzteren brauchten ihr Geld für wichtigere Dinge, z.B. um den braven Usāmā Bin Lādin zu unterstützen - aber das ist eine andere Geschichte.)

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"Ikone" - die Geschichte des Wladímir Zhirinowskij ("Igor Komarow"). Wenn Dikigoros eben den Titel von "The Fist of God" kritisiert hat, so will er ihn hier gleich loben: Forsyth schreibt nicht "The Icon [Die Ikone]", sondern einfach nur "Ikone", wie das im Russischen üblich ist. Hat Dikigoros oben geschrieben, Der Unterhändler sei Forsyth's letzter Versuch der "Science Fiction" gewesen? Hat er hier nicht erneut versucht, drei Jahre in die Zukunft zu schauen - und wieder voll daneben gelegen? Wohl wahr; aber in den Jahren, als er dieses Buch schrieb - 1995/96 - war das Thema Zhirinowskij durchaus gegenwärtig, und nicht nur in den westlichen Medien. Dikigoros war damals selber mehrmals beruflich in Rußland und hat auch mit Anhängern Zhirinowskijs gesprochen; das schienen ihm durchaus nicht nur Wirrköpfe und Fantasten zu sein, und es hätte ihn persönlich nicht gewundert, wenn der anno 1999 tatsächlich die Macht ergriffen hätte. Ob er eine wesentlich andere Politik gemacht hätte als Wladímir Putin? Kaum, eine wesentlich andere Politik läßt sich in Rußland gar nicht machen, wenn man an der Macht bleiben will; und damit hat Dikigoros schon offen gelegt, was er von jenem Roman hält: er ist durch und durch mißlungen; Forsyth ist schlicht auf die westliche Propaganda herein gefallen, die Zhirinowskij als "neuen Hitler" (nein, nicht als "neuen Stalin" - wo kämen wir da hin, den guten alten Onkel Joe so zu verunglimpfen?!) verteufelt hat. Forsyth's Obsession, in jedem Bösewicht eine Reïnkarnation Hitlers zu sehen, nimmt bisweilen schon paranoïde Züge an - genau das, was er dem Mossad vorwirft, wenn es um andere Juden-Feinde geht. Sei's drum, wenigstens eine Parallele stimmt: Napoleon ist gescheitert, Hitler ist gescheitert, aber Coca Cola... pardon, da ist Dikigoros eine Zeile aus einer anderen Seite in die Tasten gerutscht. Hitler ist gescheitert, Zhirinowskij ist gescheitert, und "Igor Komarow" scheitert ebenfalls; insoweit hat Forsyth im Ergebnis schon richtig gelegen - aber ob er den Roman nach 1999 auch noch geschrieben hätte? Dikigoros meint nicht "so geschrieben", sondern "überhaupt geschrieben" - denn im Rückblick erweist sich das Kapitel Zhirinowski doch allenfalls als Fußnote der russischen Geschichte, von dem nicht annähernd die Gefahr ausging, die einige Leute Mitte der 1990er Jahre an die Wand malten. Also wohl nicht - aber das wäre schade gewesen, denn Ikone ist eines der wenigen Büchen, aus denen man erfährt, wie es in Rußland Mitte der 1990er Jahre wirklich aussah. Ihr meint, liebe Leser, das hätte man doch auch aus anderen Quellen erfahren können? Saßen da nicht die hochqualifizierten Medien-Reporter aus aller Welt, die fleißig berichteten? Gewiß, die saßen da, in ihren Elfenbeintürmen von Luxushotels, die sie nicht einmal zu verlassen brauchen, um ihre "Reportagen" abzuliefern: In der Lobby lagen die von der russischen Regierung aufgelegten Nachrichtenblätter aus, kostenlos, und sogar in ihrer Muttersprache; sie brauchten nur abzuschreiben...

Wart Ihr vielleicht sogar selber schon mal in Rußland, oder glaubt, es gewesen zu sein? Na klar, wer Moskau und Sankt Peterburg gesehen hat, womöglich sogar noch Kiew, hat alles gesehen, und so schlimm ist es doch gar nicht: Alle haben genug zu essen - jedenfalls sieht man niemanden verhungern -, und auch getrunken wird eher zu viel als zu wenig. Das ist jedenfalls der Eindruck, den man im Touristenhotel gewinnt und im Touristenrestaurant, und Einkäufe sind auch kein Problem - jedenfalls wenn man westliche Valuta hat. Aber wart Ihr auch mal außerhalb der Stadtkerne der großen Metropolen? Wohl kaum, denn Ihr wäret schwerlich heil zurück gekehrt. Oder habt Ihr wenigstens russische Freunde gewonnen, die Euch erzählen könnten, wie es anderswo aussieht? Die Euch vielleicht sogar mal zu sich nach Hause eingeladen haben? Seht Ihr, das ist ein Problem - selbst Dikigoros hat Euch ja nur von seinen Hotelreisen in die Metropolen berichtet (alles andere fällt unter "besser weg lassen, das glaubt einem sowieso niemand", nicht einmal die jungen "Aussiedler", mit denen er sich den Sportplatz teilt - sie das Fußballfeld, er die Laufbahn -; denn viele von ihnen waren beim Auseinanderbrechen der Sowjet-Union noch gar nicht geboren, einige haben Rußland noch nie mit eigenen Augen gesehen, und ihre Eltern würden erst recht nicht glauben, daß es dort noch viel schlimmer geworden ist als zu Sowjet-Zeiten), und eine davon ganz offen unter das Motto gestellt: "Freunde dürfen Sie hier nicht suchen." Wer es doch täte und dabei sogar fündig würde, dem würden diese "Freunde" nicht die Wahrheit sagen, sich vielmehr in große Unkosten stürzen, um ihrem ausländischen Gast etwas vorzuspiegeln (schon alleine, um ihn einmal ordentlich zu bewirten, ein Monatseinkommen oder mehr auf dem Schwarzen Mark ausgeben), denn - die Russen schämen sich ihrer Armut. In Indien kann man sich von Leuten, die ebenso arm oder noch ärmer sind, einladen lassen, kein Problem, auch von Leuten, die genau wissen, daß sie nie eine Gegenleistung erhalten werden, weil sie sich einen Flug nach Jarmani zu einem Gegenbesuch nie werden leisten können, denn sie schämen sich nicht. In Rußland dagegen ist es nicht unbedingt ein Zeichen mangelnder Gastfreundschaft, wenn man in diesem Punkt auf eine Barriere stößt - am ehesten erfährt man die Wahrheit noch, so paradox das klingen mag, von gut situierten Russen, die einem Verhältnisse, die auf sie persönlich nicht zutreffen, schildern. Informationen nur aus zweiter Hand? Ja, aber besser als gar keine. Forsyth hat weniger Skrupel als Dikigoros, was die Glaubwürdigkeit solcher Informationen anbelangt, sowohl bei seinen Informanten als auch bei seinen Lesern, die ihm glauben mögen oder auch nicht - er schreibt es auf. Die meisten haben ihm nicht geglaubt; Ikone ist in Ost und West auf jede Menge mehr oder weniger gehässiger Kritik gestoßen - natürlich nicht nur wegen der Schilderung der Zustände in Rußland. Dikigoros erinnert sich an eine Besprechung, in der es hieß: "Der Brite Forsyth mokiert sich über das Schengener Abkommen und lobt die splendid isolation Englands, wie lächerlich." Ein knappes Jahrzehnt später, nach der Invasion Mittel- und Westeuropas durch Millionen russischer und ukraïnischer "Mafiosi", ist ihnen das Lachen vergangen. Frankreich, dessen "Côte d'Azur" inzwischen fest in ihrer Hand ist, hat das Schengener Abkommen suspendiert (nicht nur, aber auch ihretwegen), und die Briten sind heilfroh, daß sie die Grenzen seinerzeit dicht gehalten haben - sie haben genügend "hausgemachte" Probleme mit einer Generation von Kriminellen mit "Migrations-Hintergrund", wie das heute so schön politisch-korrekt genannt wird, die bereits im eigenen Lande geboren sind (aber das ist eine andere Geschichte).

Aber darauf will Dikigoros nicht hinaus, sondern auf die Parallele, die - abseits aller Paranoia - tatsächlich besteht zwischen Hitler und Zhirinowski, so wie ja auch eine - andere - Parallele bestand zwischen Hitler und Saddam: Die letzteren haben wie gesagt gemeinsam, daß sie eine Kriegsniederlage verschuldet und so ihre Völker ins Unglück gestürzt haben. (Ja, liebe Gutmenschen, aufgezwungene "Demokratie" ist ein großes Unglück, wenn sie nur dazu dient, der Mehrheit zur Herrschaftsmacht zu verhelfen, vor allem wenn man selber einer Minderheit angehört; das weitaus geringere Übel ist eine Diktatur, die gewisse Minderheitsrechte garantiert; als Sunnit im "Irak" unter shi'ïtischer Herrschaft zu leben, das ist, wie im katholischen Frankreich als Hugenotte oder im anglikanischen England als Katholik zu leben - und zu sterben.) Die ersteren haben dagegen die Gründe für ihren Aufstieg gemeinsam. Dikigoros hat an anderer Stelle angedeutet, wie es vor 1933 in Deutschland (und vor 1938 in "Österreich") aussah, als die Leute begannen, Hitler zuzujubeln (die volle Wahrheit fällt wieder unter "besser weg lassen..."); und von Forsyth erfahren wir nun, wie es in Rußland aussah, als die Leute begannen, Zhirinowskij zuzujubeln. Und dann entdeckten die Leute Mein Kampf, und schon liefen ihm seine Anhänger in Scharen davon... Pardon, sie lasen es nicht - jedenfalls wollte es hinterher niemand gelesen haben. Welch ein Glück, daß die Russen wachsamer waren, denn sie entdeckten das "schwarze Manifest" (nach dem die deutsche Übersetzung von Icon betitelt ist), aus dem sich ergab, was für ein böser, Hitler-ähnlicher Mensch, pardon Teufel, Zhirinowskij doch war, und schon... Die Sache hat nur einen Haken, liebe Leser: Dieses "schwarze Manifest" ist in etwa so glaubhaft wie das "Testament Peters der Großen" oder die "Protokolle der Weisen von Zion". Gewiß, vieles von dem, was in diesen Fälschungen steht, mag in den Köpfen einiger Russen bzw. einiger Juden herum gespukt haben, aber von denen wäre niemand so dämlich gewesen, es so offen zu Papier zu bringen, damit ihm Außenstehende auf die Schliche kommen konnten. Ja, was glaubt Ihr denn, wer noch Lafontaine, Gisy & Co. wählen würde, wenn die so etwas täten (wahrheitsgemäß, versteht sich, nicht das ausweichende, verlogene Larifari, das sie offiziell in den Medien von sich geben, um Rattenfänger bei den "Rechten" zu spielen)? Eben.

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"Der Veteran" schien Forsyth's Schwanengesang zu sein: Ein Quintett dünner Kurzgeschichten (nach deren erster die Sammlung benannt ist), die magere Ausbeute der Jahre 2000 und 2001 - er war mittlerweile über die sechzig hinaus, und das ist halt ein Alter, in dem manche Autoren abzubauen beginnen.

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Und dann schwang sich Forsyth doch noch einmal auf und nahm sich die beiden großen zeitgeschichtlichen Ereignisse der letzten Jahre vor: Balkankrieg und Al-Qaida - gibt es da einen Zusammenhang? Und ob es den gibt. Wir haben doch oben von "Binnenlücken" und "Eselsbrücken" gesprochen, die ein Autor [er]finden muß, um einen Übergang herzustellen - der im Idealfall ein schlüssiger Zusammenhang ist. Und dieser Idealfall lag hier doch geradezu auf der Hand - jedenfalls anno 2003, als das Buch geschrieben wurde: Der Krieg in Bosnien war das erste große Training für die muslimischen Banditen, die später bekannt wurden unter der Bezeichnung "Al Qaida [das Fundament, die Basis]". (Bitte nicht wie "ka-ídah" aussprechen, liebe deutsche Leser, das "ai" ist ein "äj" und das Endungs-a ganz kurz und unbetont.) Hätten nicht die Polit-Narren des Westens die Bosniaken unterstützt und die Serben, die gegen sie kämpften, kriminalisiert, hätte es das Terror-Netzwerk des Usāmā Bin Lādin in dieser Form wahrscheinlich nie gegeben. Forsyth erfindet als "Eselsbrücke" Calvin Dexter, den "Rächer". Und was sollte der rächen? Den Tod eines braven jungen US-Amerikaners, der den Bosniaken geholfen hatte und von bösen Serben getötet worden war. Der oberste dieser Bösewichte flieht in eine nicht näher zu identifizierende Bananenrepublik (beachtet bitte den Bild-Wechsel von der ersten zur zweiten deutschen Auflage: während die erste - wie das englische Original - Adler und Schlange zeigt, was auf México hindeutet, trägt die zweite nur eine rote Mondsichel) verbarrikadiert sich dort mit Hilfe der C.I.A., denn die Angelsachsen haben inzwischen - wie üblich zu spät - erkannt, daß sie das falsche Schwein geschlachtet haben und wollen sich den Serben nun als Helfer im Kampf gegen die Muslime warm halten.

(...)

(Fortsetzungen folgen)


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