News-Interview (46/1996)


News: Im J�nner '96 lautete das Ziel des Thomas Muster, auch noch im Dezember Top ten zu sein. Momentan bist du F�nfter, warst zwischendurch sogar die Nummer eins. Logischer Schluss: Du bist hochzufrieden.

Muster: Jein. Das Jahr hat ganz gut angefangen mit dem Turnier in Doha, auch die Australian Open waren nicht so schlecht. In Indian Wells und Key Biscayne hatte ich einen Durchh�nger, zwischendurch war noch der aus meiner Sicht erfreuliche Davis-Cup in S�dafrika. Dazu kam als Kr�nung des Fr�hjahrs der Sprung an die Spitze der Welt. Wobei ich aber zugeben muss, dass die Nummer eins eigentlich ein Resultat meines Superjahres 1995 war. Der Computer hat mich dann nachtr�glich an die Spitze gehievt. Verdient h�tte ich es mir '95. Nimmt man nur die Punkte des heurigen Jahres, dann freut es mich, lange unter den besten drei gelegen zu sein. Nicht zufrieden bin ich mit dem Herbst, inklusive Davis-Cup in Brasilien. Besonders sch�n war daf�r, gro�e Sandplatzturniere wie Rom und Monte Carlo wieder zu gewinnen.

News: Daf�r hast du in Paris ausgelassen. Tat das weh?

Muster: Weh tat es nicht, es war unn�tig und �rgerlich. Daf�r hab' ich danach in Queens auf Rasen sehr gut gespielt und auch in Cincinnati und bei den US Open auf Hartplatz. So etwas entsch�digt ein bisschen.

News: Dein bestes Match 1996?

Muster: Das Finale von Stuttgart gegen Kafelnikow.

News: Welcher Sieg hat dich am meisten gefreut?

Muster: Der im Finale in Rom gegen Krajicek.

News: Das 96er-Frusterlebnis?

Muster: Die Niederlage gegen Stich in Paris, keine Frage.

News: Wie schnell verdaut man so eine Niederlage?

Muster: Schnell, wenn man in der Lage ist, sich einzureden, dass es wurscht ist.

News: Hat dieses Jahr den Menschen Thomas Muster ver�ndert? Zumindest wirkst du lockerer, ein Strip wie in P�rtschach, wo du auf dem Platz Leiberl und Hose versteigert und sogleich auch ausgezogen hast, w�re noch vor Jahren undenkbar gewesen.

Muster: Seit der Geschichte mit Fergie und dem Sprung an die Spitze hat sich alles ein bisschen ge�ndert. Durch die Medien wurde der Mensch Muster mehr �ffentlich. Zwangsl�ufig, weil er als Nummer eins interessanter ist als als Nummer acht. Damit muss ich leben, also das Beste daraus machen. Aber inzwischen hat sich das auch wieder gelegt, zuletzt waren eher diverse Verletzungen Thema.

News: Du hattest gesundheitlich heuer mehr Probleme als im Vorjahr?

Muster: Ja, aber wenn man sich anschaut, wie viele, vor allem aber was f�r Matches ich seit J�nner 1995 gespielt habe, dann ist das logisch. 21 Finale mit 19 Siegen gehen nicht spurlos an einem vorbei.

News: Zeit, Verletzungen auszukurieren, hast du keine.

Muster: Nein, au�er man nimmt Turnierabsagen in Kauf. Aber das geht einfach nicht immer, schlie�lich haben wir Verpflichtungen gegen�ber unseren Sponsoren. Das Hallenturnier in Paris h�tte ich wegen meiner H�ftverletzung aber unter keinen Umst�nden spielen k�nnen. Stuttgart im Grunde auch schon nicht mehr, aber das hab' ich zumindest probiert.

News: Mit welchen Zielen startest du ins Jahr '97?

Muster: Die Gedanken dar�ber mach' ich mir fr�hestens nach dem Masters.

News: Wirst du es vielleicht mit weniger Ernst angehen, sch�n langsam das Ende der Karriere einl�uten?

Muster: Auf keinen Fall. Ich werde wie heuer und wie letztes Jahr mindestens 25 Turniere spielen.

News: Vor einem Jahr hast du als Ziel f�r 1996 angegeben, dich weiter verbessern zu wollen. Gilt dies auch f�r '97, respektive ist das �berhaupt m�glich?

Muster: Man muss sich immer verbessern, andernfalls wird man schlechter. Auch k�rperlich k�nnte ich noch zulegen, nur ist das mit einem unglaublichen Aufwand verbunden.

News: Den du dir nicht mehr antun willst ...

Muster: Nein, es geht nicht um antun wollen. Die Frage ist, kann ich die daf�r n�tige Quantit�t an Training absolvieren und im Match trotzdem noch bissig sein. Der Ronnie muss das ausloten k�nnen, muss mein Training so gestalten, dass ich noch fitter werde, ohne mich schon im Training auszupowern.

News: Wirklich gar kein konkretes Ziel?

Muster: Paris ist immer eines, also auch '97. Aber einen konkreten Ranglistenplatz kann ich nicht sagen. Nummer eins war ich schon, die Nummer null wird ein Problem ... Und ein Ziel wie das von Pete Sampras, die meisten Grand-Slam-Titel in der Tennis-Geschichte zu holen, ist f�r mich nicht realistisch.

News: Das klingt, als h�ttest du Motivationsprobleme.

Muster: Sagen wir so: Ein Kafelnikow kann sich mit 22 trotz des Triumphes in Paris noch Ziele setzen, die f�r mich l�ngst keine mehr sind. Ich werde n�chstes Jahr 30 und leiste mir den Luxus, die Saison einfach auf mich zukommen zu lassen. Und wenn ich sehe, es geht nicht mehr, der K�rper macht nicht mehr mit, dann muss ich es halt lassen. Aber das wird 1997 noch nicht soweit sein. Hoffentlich.

News: Welche Rolle in der 97er-Planung spielt der Davis-Cup?

Muster: Der ist ein Fixbestandteil. Es w�re nicht fair, die Jungen in der B-Gruppe, wo wir de facto auch hingeh�ren, allein zu lassen.

News: Wieso geh�rt �sterreich nur in die B-Gruppe?

Muster: Es hat keinen Sinn, wenn man in der Weltgruppe - ganz egal vor welchem Duell - nur alle m�glichen Thesen von wegen "Wenn der Muster beide Spiele ... und vielleicht irgendwie das Doppel, und das Ganze wenn m�glich mit Heimvorteil ..." aufstellt. Wir sollten erst dann wieder aufsteigen, wenn wir als Team und nicht als One-man-Show stark genug f�r oben sind. Hoffentlich entwickeln sich Hipfl, Trimmel & Co so, dass das bald wieder der Fall ist. In ein paar Jahren vielleicht ganz ohne Muster.

News: Eine wie wesentliche Rolle spielt f�r einen, der f�r Generationen ausgesorgt hat, das Geld?

Muster: Eine sehr wesentliche. Ich habe so lange auf ein Ziel hingearbeitet, daf�r will ich immer noch etwas zur�ckbekommen. Geld zu verdienen und Geld zu haben ist relativ. Es hei�t ja nicht, nur weil ich viel habe, dass ich viel ausgeben muss. Aber wenn ich einen gewissen Marktwert habe und Nachfrage da ist, dann werde ich diese Nachfrage ausn�tzen. Generell ist Geld f�r mich ein Mittel zum Zweck.

News: Beispielsweise zum Zweck des Hausbauens ...

Muster: Genau. Das Haus in Australien ist fertig, nach dem Masters werde ich dort einziehen.

News: Du hast bei der Planung selbst Hand angelegt ...

Muster: Indirekt ja. Ich habe in meinem Leben so viel an Architektur gesehen, so viele kleine Details, das hab' ich mir alles aufgeschrieben. So hab' ich mein Haus in Gedanken geplant und einen Profi ausf�hren lassen.

News: Worauf legst du beim Wohnen wert?

Muster: Es muss praktisch und zum Wohlf�hlen sein.

News: Wieso gerade Australien und nicht in der Steiermark?

Muster: In der Steiermark gibt es keine so gro�en Grundst�cke, und wenn, dann w�ren sie nicht zu bezahlen. Au�erdem mag ich den Winter bei uns nicht, und in Australien kann ich das ganze Jahr �ber Golf spielen. Au�erdem sch�tze ich dort Land und Leute.

News: Ein Verstecken ist es nicht?

Muster: Auf keinen Fall. Zudem bin ich auch dort nicht anonym und will es auch nicht sein. Ich suche nicht nur die Ruhe, wenn es mit dem Tennis vorbei ist, dann werde ich vermehrt leben.

News: Keine Angst vor einem tiefen schwarzen Loch nach der Zeit auf dem Court?

Muster: Nicht die Spur. Mein Leben wird ausgef�llt sein.

News: Du hast in einem Interview gesagt, dass du lernen musst, dich anzupassen und Dinge zu verstehen, die dir jetzt fremd sind. Was bedeutet das?

Muster: Ich werde lernen m�ssen, dass die Menschen anders auf mich zugehen werden. Ich werde lernen m�ssen, pl�tzlich nicht mehr �berall die Privilegien eines Weltklassetennisspielers zu genie�en. Ich werde lernen m�ssen, dass im Gegensatz zum Tennisleben im normalen Leben nicht alles perfekt organisiert ist. Ich werde lernen m�ssen, Kompromisse einzugehen. Ich muss lernen, ein normaler Mensch zu sein.


 






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