EXKURS V: Vom "Anti-Theater" zum Film
Rainer Werner Fassbinder (1945-1982)
Simulacron 3 - Die Welt am Draht
Der Müll, die Stadt und der Tod

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"Schlafen kann ich, wenn ich tot bin!"

[Fassbinder]

EIN KAPITEL AUS DIKIGOROS' WEBSEITE
DIE BRETTER, DIE DIE WELT [BE]DEUTEN

Wenn Dikigoros die Liste der Personen überfliegt, die er auf dieser "Reise durch die Vergangenheit" zusammen gestellt hat, dann muß er zu seinem Schrecken feststellen, daß sie ihm persönlich allesamt mehr oder weniger unsympathisch sind, ja umso unsympathischer werden, je jünger sie sind. Es hätte ihm nicht sonderlich leid getan, wenn der Lungenkrebs Brecht ein paar Jahre früher abgeholt hätte als mit 58, wenn Alberti im Spanischen Bürgerkrieg gefallen wäre, wenn Dürrenmatt schon seinem ersten Herzinfarkt mit 48 erlegen wäre oder wenn sich Faßbinder - na ja, noch viel früher als mit 37 konnte er sich ja kaum zu Tode koksen; aber uns soll es ja hier nicht um den Lebenswandel der Bretter-Akrobaten gehen, sondern um ihr Bühnenwerk; und angesichts seines frühen Todes ist es schon erstaunlich, wie umfangreich Faßbinders opus geworden ist - auch wenn es sich vielfach "nur" um Inszenierungen von Werken anderer handelt oder "nur" um Verfilmungen eigener Theaterstücke.

Da dies jedoch lediglich ein Exkurs ist und es hier nicht um Quantität, sondern um Qualität gehen soll, will Dikigoros nur zwei jener verfilmten Theaterstücke beispielhaft heraus greifen, deren Vorstellung auch deshalb notwendig ist, weil sie heute von den staatlich kontrollierten Massenmedien der BRDDR aus gutem Grunde tot geschwiegen werden - u.a. auch auf der halbamtlichen Fassbinder-Webseite des "Deutschen Historischen Museums". Das eine Werk fand 1973, als es entstand, viel zu wenig Beachtung, dabei darf das, was Fassbinder aus Daniel Galouyes zehn Jahre alten Roman "Simulacron 3" gemacht hat, in der heutigen Rückschau als geradezu profetisch bezeichnet werden. Es gab zwar schon Computer, aber das waren in der Regel noch riesige Umgetüme (der "PC" war gerade erst erfunden worden), die noch mit Lochkarten gespeist wurden und trotz ungeheurer Kosten eine Leistung brachten, die in etwa der eines heutigen Taschenrechners für 9,99 entsprach. Kaum jemand - auch Dikigoros nicht - hätte sich in seinen schlimmsten Alpträumen ausgemalt, daß die düstere "Welt am Draht", die Fassbender da als Zukunftsvision entwarf, einmal Realität werden würde. (Als dagegen Roland Emmerich den Stoff ein Vierteljahrhundert später unter dem Titel "The 13th Floor [Der 13. Stock]" noch einmal verfilmte, konnte er damit nur noch total Ahnungslose überraschen.)
(...)

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Eines seiner Theaterstücke hat Fassbinder nicht selber verfilmt - ja, er hat es zu Lebzeiten nicht einmal aufgeführt. Nicht aufführen dürfen (und der Suhrkamp-Verlag wurde gezwungen, das bereits gedruckte Buch wieder zurück zu ziehen), weil es in der BRD zwar offiziell keine Zensur gibt, aber viele Dummköpfe, und daraus - und aus dem Klima der ständigen politischen Beschnüffelung resultieren halt viele Mißverständnisse. Dikigoros erinnert sich noch an eine Zeit, als man ebenso leicht in den Verdacht geraten konnte, ein Anti-Kommunist zu sein wie ein Anti-Semit (wobei man sich aussuchen durfte, was schlimmer war - immerhin hatte die BRD damals schon eine sozialistische Regierung, auch wenn man formell noch mit den USA verbündet war). Ein Kommilitone erzählte ihm, was ihm bei der Bundeswehr widerfahren war: Es war kurz nachdem das chilenische Militär unter General Pinochet mit Hilfe der USA das kommunistiche Regime in Santiago, pardon, die demokratisch gewähle Regierung Allende gestürzt hatte, und die Linken in aller Welt dagegen propagandistisch Sturm liefen. Zu jener Propaganda zählten auch Ansichtskarten, die eine gezeichnete Karikatur des finsteren Generals Pinochet zeigten und auf dessen Verbandelung mit der CIA und der American Copper Corporation anspielten. Eine solche Karte schickte ihm ein Bekannter, und sie wurde vom MAD (militärischen Abschirmdienst) abgefangen. Bekam er nun ein Disziplinar-Verfahren wegen Nichtanzeige kommunistischer Propaganda angehängt? Nein, weit gefehlt, eines wegen Nichtanzeige anti-kommunistischer Propaganda, denn die Bw-Vollidioten hatten die Ironie der Karte überhaupt nicht verstanden und hielten sie für Propaganda zugunsten Pinochets! Das Verfahren verlief zwar im Sande, aber befördert wurde er in den letzten drei der vier Jahre, für die er sich dämlicher Weise verpflichtet hatte, nicht mehr. Und seht Ihr, liebe Leser, so ähnlich ging es auch Fassbinder mit seinem Stück "Der Müll, die Stadt und der Tod", das eigentlich eine Karikatur auf den angeblichen deutschen Anti-Semitismus darstellen sollte, aber von seinen Kritikern - insbesondere den jüdischen - als das genaue Gegenteil mißverstanden wurde, nämlich als anti-semitische Propaganda.

Aber fangen wir mal umgekehrt an: Wenn ein Mann durch Unachtsamkeit im Straßenverkehr einen Unfall baut, heißt es vielleicht: "So ein Idiot!" Wenn eine Frau das gleiche tut, heißt es womöglich: "Aha - Frau am Steuer!" Wenn nun ein Immobilienhai mit Hilfe einer korrupten Stadtverwaltung sehr schnell zu sehr viel Geld kommt, dann heißt es vielleicht: "So eine Mauschelei!" Wenn der Immobilienhai aber Ignatz Bubis heißt, dann heißt es womöglich: "Aha - ein Jude!" Das sind Mechanismen, liebe Leser, die es natürlich gibt, wer wollte das bestreiten - aber es gibt sie nicht nur in Deutschland. Nur in Deutschland gibt es allerdings derart hysterische Reaktionen darauf. Und Fassbinder hätte es wissen müssen, ja er wußte es wahrscheinlich sogar, denn nicht umsonst ließ er das Stück "Der Müll, die Stadt und der Tod", nachdem er es 1975 geschrieben hatte, in der Schublade liegen und wandte sich erstmal einem anderen Thema zu: Er wollte "Soll und haben" von Gustav Freytag, den Erfolgsroman der Mitte des 19. Jahrhunderts, ganz groß heraus bringen. Wieso auch nicht? Immerhin verfilmte damals auch Theodor Kotulla "Der Tod ist mein Metier" von Robert Merle, die Geschichte von Rudolf Höß, dem KZ-Kommandanten von Auschwitz, unter dem Titel Aus einem deutschen Leben. Niemand hinderte Kotulla daran, obwohl man Merles Buch durchaus als apologetisch - oder, wie es im Juristendeutsch heißt, "verharmlosend" - ansehen konnte. Fassbinder drehte man dagegen für sein Projekt den Geldhahn zu, mit der Begründung, Freytags Roman weise "anti-semitische Züge" auf. (So einfach ist das heutzutage, da braucht es gar keine "Zensur" :-) Tut es das wirklich? Dikigoros hat es gelesen, sogar in der unzensierten, pardon ungekürzten Originalfassung; und es läuft alles wieder auf das eben erwähnte Problem hinaus: Wo es bei einem deutschen Kaufmann vielleicht hieße: "So ein Betrüger!" heißt es bei einem galizischen Schacherer womöglich: "Aha - ein Jude!" Ein Rezensent auf der bekannten Internetseite Amazon hat es so formuliert: "Die Frage, die Fassbinder an die Gesellschaft stellt, lautet: Ein Opfer des Holocaust (oder sonst jemand, der im Dritten Reich verfolgt wurde) handelt in seinem späteren Leben kriminell. Darf ihn die Gesellschaft nur deshalb nicht kritisieren, weil er zu dieser Gruppe gehört?" Nun mag diese Frage in Bezug auf "Der Müll, die Stadt und er Tod" etwas neben der Sache liegen, denn Bubis war ja gar kein "Opfer des Holocaust". [Das Wort "Holocaust", das geschmackloser Weise auf die Judenmorde der 1940er Jahre angewendet wird, ist eine Verballhornung des griechischen "holokavtomai" und bedeutet "vollständiges Brandopfer", im Gegensatz zu dem Opfer, das man nur anbrät und hinterher verzehrt; und für vollständig Verbrannte kann es ja kein "späteres Leben" mehr geben, der Satz beinhaltet also einen Widerspruch in sich selbst.] Und das Wort "kritisieren" ist eher zu zahm, dann Bubis durfte ja nicht nur nicht kritisiert (geschweige denn von der Justiz belangt) werden, sondern gewisse Elemente in der Frankfurter Stadtverwaltung fühlten sich offenbar verpflichtet, ihm gewissermaßen zur "Wiedergutmachung" ein paar städtische Filet-Grundstücke für den sprichwörtlichen "App'l und'n Ei" 'rüber zu schieben. (So etwas mit dem jiddischen Wort "Mauschelei" zu bezeichnen, würde schon an Anti-Semitismus grenzen, nicht wahr?) Darauf standen zwar ein paar alte Häuser mit Sozialwohnungen (in denen damals noch deutsche Mieter saßen, Frankfurt war noch nicht zu einer Stadt mit 60% Ausländer-Anteil geworden), aber die durften ohne weiteres gekündigt und die Häuser abgerissen bzw. luxus-saniert werden, um sie dann mit tausendprozentigem Gewinn zu verschachern, pardon, auch das ist ja ein jiddisches Wort, wieder zu verkaufen. Und so einen Vorgang wollte Fassbinder also benutzen, um den darob möglicherweise aufkommenden Anti-Semitismus anzuprangern? Und ausgerechnet in Frankfurt?

Dikigoros muß ein wenig in seinem Gedächtnis kramen, dann erinnert er sich an die Geschichte von der Uraufführung von "Im Westen nichts Neues". Das war noch vor 1933, so daß die Nazis, die darin eine "Verunglimpfung des deutschen Soldaten" sahen, noch nicht offiziell einschreiten konnten. Aber inoffiziell konnten sie ein paar Störenfriede los schicken, die während der Aufführung weiße Mäuse auf die Zuschauer[innen]n los ließen. Ein harmloser Dumme-Jungen-Streich? Aber nein, vielmehr ein nazistisches Kapital-Verbrechen! Was meint Ihr, liebe Leser, was heute geschehen würde - oder was 1985 geschehen wäre - wenn ein paar daher gelaufene Skinheads die Aufführung eines jüdischen "Kunstwerks" verhindern wollten, in dem ihr Führer Adolf H. "verunglimpft" würde? Richtig, sie würden mit einem Großeinsatz schwer bewaffneter Polizei - Zahlenverhältnis mindestens 10:1 - verhaftet und anschließend zu langjährigen Gefängnis-Strafen verurteilt; und das Stück würde notfalls unter Polizeibewachung gespielt, von allen Medien höchst positiv besprochen, käme zur besten Sendezeit auf allen öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehsendern und würde zum Pflichtfach in allen Schulen gemacht; sein Macher erhielte alle staatlichen und halb-staatlichen Preise und Auszeichnungen, die man nur erdenken kann - notfalls würden noch ein paar neue geschaffen. Was geschah, als jüdische "Aktivisten" 1985 das Frankfurter Theater besetzten und so eine Aufführung von "Der Müll, die Stadt und der Tod" verhinderten? (Wohlgemerkt eine posthume Aufführung, denn Fassbinder war 1982 gestorben, ohne es je gewagt zu haben, das Stück auf die Bühne zu bringen.) Richtig - das Stück wurde ganz offiziell verboten, denn es verletzte offenbar die Gefühle der deutschen Juden im allgemeinen und die des ehrbaren Roßtäuschers und Immobilienmaklers (und künftigen Vorsitzenden des Hessischen Rundfunks, des Zentralrats der Juden in Deutschland und des European Jewish Congress) Bubis im besonderen. (Ihr meint, liebe Leser, solche Vorgänge - die sich so oder ähnlich in Deutschland fast täglich wiederholen, auch wenn sie nicht immer gleich in die Schlagzeilen der Medien gelangen - erzeugten erst jene viel beklagten "anti-semitischen" Tendenzen, die es sonst gar nicht gäbe? Da würde Euch Dikigoros nicht widersprechen.) Wie gesagt, das alles war nur ein dummes Mißverständnis der Intentionen Fassbinders; aber gegen die Dummheit - auch die der jüdischen Zensoren, pardon Aktivisten - kämpfen bekanntlich selbst die Götter vergeblich.

Aber vielleicht nicht die Engel? Noch zu Lebzeiten hatte Fassbinder das Stück von seinem Freund Daniel Schmid unter dem Titel "Schatten der Engel" in der Schweiz verfilmen lassen - und dort wurde es nicht verboten, obwohl der Film viel drastischer ist als das Theaterstück. Es fängt schon mit dem Titel an: Für jemanden, der sich ein wenig in der Welt auskennt, kann es keine schlimmere Beleidigung für einen Ort geben, als ihn "Stadt der Engel" zu nennen. Nein, nicht weil Dürrenmatt Babylon mit einem Engel in Verbindung gebracht hat, sondern weil die schlimmsten Moloche (pardon, wieder ein jiddisches Wort, aber in der Schweiz ist das ja noch nicht verboten) auf der Erde so heißen: Bangkok (Krung Thep) und Los Angeles. Kann Frankfurt (nein, nicht der kleine Zigarettenschmuggler-Brückenkopf an der Oder, sondern die jüdische Finanz-Metropole am Main, in der schon die Rothschilds wirkten) da mithalten? Schwer zu sagen; Dikigoros kennt die drei Städte aus eigener Anschauung zwar nur oberflächlich, aber er kennt Leute, die auch einen Blick hinter die Kulissen geworfen haben. Danach wäre Bangkok ein Sumpf an Korruption, aber nur die würdige Spitze des Eisbergs, der Thailand heißt. Böse Zungen könnten behaupten, daß das auch für Los Angeles gilt; aber Kalifornien insgesamt ist doch eher "crazy" in der harmlosen Nebenbedeutung, die dieses Wort in den letzten Jahrzehnten angenommen hat; die "Stadt der Engel" hat sich dagegen zu einer Hochburg des Verbrechens entwickelt, vielleicht zu der Hochburg des Verbrechens in der westlichen Hälfte der USA; und sie ist ein besonders übles Beispiel für die verheerenden Wirkung des in Europa "Multikulti" genannten, hoch explosiven Rassengemischs nicht nur auf den Straßen, sondern auch in der Verwaltung, wo alle nur noch gegen- statt miteinander arbeiten und deshalb jeder mehr oder weniger tun und lassen kann, was er will - wenn er denn das Geld und die Waffen hat, um sich durchzusetzen. (Daran wird auch der Möchtegern-"Terminator" aus Ösiland so bald nichts ändern :-) Und Frankfurt? Nun, dort ist die allgemeine Kriminalität (die übrigens fest in Ausländerhand ist, fein säuberlich geteilt nach Rassen und Nationen :-) eher harmlos: Wer sich nicht von selber ins "Milieu" begibt, wird wenig mit Nutten und Zuhältern, Zockern und Glücksspielern, Waffen- und Drogendealern in Berührung kommen, sie vielleicht nicht einmal bemerken. Die Stadtverwaltung ist nicht mehr und nicht weniger korrupt als andere Stadtverwaltungen auch - wobei in einer so großen, finanzkräftigen Metropole wie Frankfurt natürlich andere Summen bewegt werden als in Buxtehude oder Hinterpfaffenhofen. (Wobei durch den jüngsten Prozeß zwischen den Erben des 1999 verstorbenen Ignatz Bubis erst ganz - oder zumindest annähernd - heraus gekommen ist, wie hoch diese Summen tatsächlich gewesen sein müssen :-) Die Finanzwelt in Frankfurt wäscht nicht mehr und nicht weniger schwarze Gelder als die in Zürich, London, New York oder Vatikanstadt. (Die letzte Stadt mußte Dikigoros noch hinzu fügen, als Hochburg des Katholizismus, sonst hätte man ihm womöglich vorgeworfen, absichtlich nur jüdische Finanz-Zentren zu nennen.)

Aber vielleicht macht es die Mischung? Schauen wir uns die Handlung an, die Fassbinder und Schmidt da zusammen gebastelt haben: Die Hure Lily lernt einen jüdischen Immobilienhai (aha!) kennen, der nach der bereits geschilderten Methode Bubis vorgeht (natürlich ist er ein Intimus des Bürgermeisters und des Polizeipräsidenten - eine Hand wäscht die andere). Perverser Weise will er gar nicht mit ihr schlafen, sondern nur mal eine Art "Zivilbeichte" ablegen über all das Üble, was er getan hat. Lily macht ihre Sache gut (welche Ehefrau kann schon zuhören, ohne selber viel zu quatschen - vielleicht ist das wirklich eine Marktlücke für Prostituierte?! :-), das spricht sich herum, und bald zählt sie alle korrupten Typen der Stadt zu ihren gut zahlenden Kunden. Nun braucht sie auch ihren Zuhälter Raoul nicht mehr (den Fassbinder selber spielt); die beiden trennen sich, Raoul entdeckt seine schwule Ader, die ihm indes wenig Glück, dafür eine ordentliche Tracht Prügel einbringt. Unterdessen kommt heraus, daß Lilys Vater irgendetwas mit dem Holocaust zu tun hatte, und daß der jüdische Immobilienhai sich nur deshalb an seine Tochter heran gemacht hat, um sich an ihm zu rächen. Lily ist ganz geknickt und will sterben, schafft es allerdings nicht, sich selber umzubringen. Also bittet sie den Juden, und der tut ihr denn auch prompt den Gefallen. Als das der schwule Freund Raouls erfährt, geht er zum Polizeipräsidenten persönlich und zeigt den Juden an - nicht ahnend, daß die beiden eng befreundet sind. Der Polizeipräsident mokiert sich denn auch nur über diesen kleinen Hanswurst, "der die Gesetze der Stadt nicht kennt", läßt ihn von einem anderen Polizisten ermorden (getarnt als Sturz aus dem Fenster) und präsentiert den Medien - da der Jude von seinem Bodyguard prompt ein lupenreines Alibi geliefert bekommt - wen als Mörder? Richtig: Raoul. Ende.

Schockiert, liebe Leser? Aber nicht doch. Wenn Ihr die Frankfurter Justiz kennen würdet, würden Euch solche Kinkerlitzchen gar nicht sonderlich aufregen. Was Dikigoros da fast täglich von seinen Kollegen vor Ort zu hören bekommt, darf nie öffentlich bekannt werden, sonst würde der - ohnehin nur noch schwache - Glaube an den Rechtsstaat Bundesrepublik Deutschland vollens zusammen brechen. (Wer z.B. wissen will, was von der Frankfurter Staatsanwaltschaft zu halten ist, versuche einmal, sich den Artikel "Tod in Malabo" aus der Frankfurter Rundschau vom 11.12.2004 zu besorgen - sie hat ihn auf Druck der Bundesregierung vom Netz nehmen müssen, weil sonst der - natürlich völlig falsche - Eindruck hätte entstehen können, daß dort Strafvereitelung im Amt betrieben würde zugunsten des im wahrsten Sinne des Wortes mörderischen - aber wie so viele andere Verbrecher-Staaten mit Erdöl gesegneten - Regimes in Äquatorial-Guinea.) Und seid versichert, daß das nichts - oder nur wenig - mit "jüdischen Machenschaften" zu tun hat, wie sie Dikigoros' Ex-Kollege Horst Mahler dahinter vermutet. Es gibt nicht nur jüdische Immobilienhaie; und daß der Polizeipräsident nun zufällig Weiß heißt und Jude ist... na ja. Das System ist, wie es ist; und spätestens seit dem unglaublichen Auffliegen des großen Frankfurter Immobilien-Skandals im Jahre 2004 (beachtet bitte, liebe Leser, wo Dikigoros - der Euch unter den Lese-Empfehlungen der "Bretter, die die Welt [be]deuten" eine Seite dazu verlinkt hat - das Wörtchen "unglaublich" gesetzt hat und worauf sich das bezieht!) wissen wir auch, daß da durchaus nicht nur Juden und durchaus nicht nur FDP-Bonzen mitmischen. (Bubis war Funktionär der FPD, pardon, damals noch F.D.P., die sich in besonderem Maße jüdischer Interessen annahm; die Juden Baum und Hirsch waren sogar mal Bundes-Minister; erst in späteren Jahren sollte die Partei unter Jürgen W. Möllemann, dem Vorsitzenden der deutsch-arabischen Gesellschaft, das Steuer um 18%, pardon, da sind Dikigoros die Nullen ein wenig verrutscht - aber so etwas soll ja auch bei anderen schon mal vorkommen -, um 180° herum reißen und ins muslimische Lager überlaufen.) Im Grunde genommen haben die Hintermänner die Juden um Ignatz Bubis nur als nützliche Idioten vorgeschoben, die Kritiker wie Fassbinder mundtot machten und dadurch den Haß aller billig und gerecht Denkenden auf sich, "die Juden", zogen, so daß sich die anderen kalt lächelnd ihre arischen Hände in christlicher Unschuld waschen konnten.

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1987 wurde "Der Müll, die Stadt und der Tod" in New York City uraufgeführt - von einem jüdischen Produzenten, der da keine Berührungs-Ängste hatte, sondern ein gutes Geschäft damit machte -, und ein paar Jahre später sogar in Israels Hauptstadt Tel Aviv - dto. Nur in Deutschland ist es bis heute tabu, und das gibt zu denken, nicht nur speziell in Bezug auf dieses Theaterstück, sondern in Bezug auf Theater überhaupt. Ein Theaterstück kann von jüdischen - oder anderen - Lobbyisten-Verbänden kaputt gemacht und von der Obrigkeit verboten werden; ein Film auch, aber wen kratzt das schon, wenn er exportiert und in allen anderen Staaten der Welt außer in der BRD gespielt werden kann und darf? Das ortsgebundene Theater hat gegenüber dem Film einen großen Nachteil: Es kann nicht weglaufen, schon gar nicht ins Ausland emigrieren, und vielleicht hat das mehr zu seinem Untergang beigetragen als die Bequemlichkeit der Fernseh-Zuschauer, die doch immer noch bereit sind, ins teure, verqualmte, schlecht beheizte Kino zu gehen, um sich Filme mit aktuellem zeitgeschichtlichem Bezug anzuschauen, statt zu warten, bis sie ein paar Jahre später vielleicht in der Glotze kommen - oder auch nicht, wenn sie von dummen Intendanten als "anti-semitisch" oder sonstwie "politisch unkorrekt" auf den Index gesetzt werden. Fassbinder ist tot, und das Theater auch - er wußte schon, warum er derart produktionswütig war, Dikigoros hat seinen bekannten Ausspruch in der fünften Titelzeile nicht umsonst zitiert. Nun können wir also alle beruhigt schlafen gehen - oder?

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