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Armenien 1915 - eine Ermutigung für Adolf Hitler
 
Genozid an den Armeniern, 1915
Foto: interet-general.info
Am heutigen Donnerstag debattiert der Bundestag über das von der Türkei verübte «Massaker» am armenischen Volk von 1915. Gunnar Heinsohn schlägt in der Netzeitung einen alternativen Resolutionstext vor. Er spricht von «Genozid».

Wenn die Armenier wie immer am 24. April um ihre Völkermordtoten trauern und dabei hören müssen, dass die ungeheuerliche Tat als nicht geschehen hingestellt wird, erleiden sie zu ihrem Gram auch noch den unerträglichen Vorwurf, einem kollektiven Wahn anzuhängen. Im Jahre 1985 hat der deutsche Gesetzgeber das Leugnen von Auschwitz auch deshalb unter Strafe gestellt, weil das Abstreiten von Genoziden größere Verbitterung und dauerhaftere Unversöhnlichkeit hervorruft als fast jede andere Reaktion auf solche Verbrechen.

Der Bundestag ist über die Leugnung des jungtürkischen Genozid von 1915 an den Armeniern nicht weniger bestürzt als über Versuche, die hitlerdeutschen Verbrechen am europäischen Judentum zwischen 1933 und 1945 zu verharmlosen oder gar zu verneinen.

Der Bundestag weiß um die logistische Hilfe des Deutschen Kaiserreiches bei der Ermordung der Armenier, um die eiserne Weigerung, den verbündeten türkischen Tätern Einhalt zu gebieten, um die aktive Vertuschung der Verbrechen vor der Welt und auch um den Schutz für die sieben Haupttäter, die General von Seeckt als damaliger Chef des osmanischen Generalstabs auf einem deutschen Zerstörer der Justiz entzog.

Seit der prekären Freundschaft Kaiser Wilhelms II. mit Sultan Abdul Hamid II., der schon zwischen 1894 und 1896 über 100.000 Armenier umbringen ließ, gibt es eine deutsche Mitwirkung an den Verbrechen von Osmanen und Jungtürken. Gewiss war es 1915 Innenminister Talaat Pascha, der den Genozidbefehl erteilt hat: «Ihnen wurde bereits mitgeteilt, dass die Regierung durch Befehl der Versammlung (Jemiet) beschlossen hat, die in der Türkei lebenden Armenier restlos auszurotten. Diejenigen, die sich diesem Befehl widersetzen, können nicht mehr für die Regierung im Amt bleiben. Ohne Rücksicht auf Frauen, Kinder und Kranke muss ihrer Existenz ein Ende bereitet werden».

Gewiss war mit Enver Pascha auch der Kriegsminister Türke. Aber faktischer Herr über die Truppen war - als Chef des Generalstabs des ottomanischen Feldheeres von 1914 bis 1917 – Generalmajor Bronsart von Schellendorf. Als Mitglied der deutschen Militärmission und preußischer Offizier unterstand er direkt dem Oberkommando in Berlin. Er war es, der am 25. Juli 1915 die Deportation der noch verbliebenen und längst entwaffneten Armenier aus den östlichen Provinzen Anatoliens befahl und damit die Todesmärsche in die syrische Wüste mit zu verantworten hat.

Selbst nach dem Kriege hat der antisemitische General die armenischen Opfer «als blutsaugende Parasiten» diffamiert, die hassenswerter als «die schlimmsten Juden» seien. Oberstleutnant Boettrich – deutscher Chef der Eisenbahnlogistik im osmanischen Hauptquartier – hat Tausende armenischer Experten seines Bereichs in den sicheren Tod schicken lassen. Der deutsche Artilleriemajor Graf Wolfskiel hat persönlich die Beschießung des Armenierviertels von Urfa geleitet und die Verbrennung der Menschen in ihren Häusern als gerechte Strafe für «Verräter» gerechtfertigt. Wir wissen, dass sich noch weit mehr Deutsche für den Mord am armenischen Volk zur Verfügung gestellt haben.

Der Bundestag vergisst bei seinen Hinweisen auf die deutschen Täter keineswegs, dass es nicht zuletzt die empörten Berichte deutscher Konsularbeamter an das Auswärtige Amt in Berlin gewesen sind, durch welche die Auslöschung der Armenier später so genau dokumentiert werden konnte. Vor allem jedoch ist – dem im Reich dafür geächteten – Johannes Lepsius die frühe Aufklärung (1916) über den Todesgang der Armenier zu danken. Das Decken der Verbrechen durch Wilhelm II. und die deutsche Diplomatie war auch deshalb so verwerflich, weil die deutsche Seite früh eingeweihte Mitwisserin war.

Der Bundestag ruft den Genozid von 1915 nicht nur deshalb in Erinnerung, um sich einem Stück deutscher Geschichte zu stellen. Er will zugleich die türkische Republik dazu ermutigen, die Taten von damals ebenfalls anzunehmen und damit eine Versöhnung zu befördern, die – wie wir wissen – auch von armenischer Seite gewollt wird. Die Türkei müsste sich dafür nur der Entschlossenheit entsinnen, mit der sie selbst im Jahre 1918 die Ahndung der Verbrechen an ihren armenischen Bürgern begonnen hat.

Schon am 11. Dezember 1918 formuliert Achmed Reza als Präsident des türkischen Senats seine Empörung über die Bestialität der Taten. Am 3. März 1919 initiiert Sultan Mohammed VI. den ersten Strafgerichtshof der Menschheitsgeschichte für die Aburteilung von «Verbrechen gegen die Menschheit» (kanuni insaniyete ... karsi îka edilen cerâim). Über 1.000 Mörder von Armeniern werden verhaftet und die geflohenen Hauptverantwortlichen – Dschemal, Enver, Nazim und Talaat – zum Tode verurteilt. Immerhin drei besonders grausame Täter erleiden die Höchststrafe.

Am 11. Juni 1919 schließlich gesteht der Großwesir Demat Ferit Pascha die Verbrechen an den Armeniern vor der Weltöffentlichkeit ein und schafft damit einen Präzedenzfall für den couragierten Umgang mit einer entsetzlichen nationalen Vergangenheit. Gewiss geschah all dies auch auf Druck der Alliierten und gegen Proteste auf den Straßen. Dennoch waren die Ankläger und Richter ebenso Türken wie die zahlreichen Retter armenischer Nachbarn. Selbst mitten im Kriege haben gesetzestreue Offiziere schuldig gewordene Kameraden vor Standgerichte gebracht.

Der Bundestag ist sich bewusst, dass die spätere Freilassung der Täter und alsbald dann auch das Leugnen der Tat nicht ohne Mithilfe der europäischen Mächte möglich gewesen wäre. Der Vertrag von Sèvres (10.8.1920), der den überlebenden Armeniern Genugtuung und ein Staatsgebiet verhelfen sollte, ist durch den Vertrag von Lausanne (24.7.1923), der ihr Schicksal nicht einmal mehr erwähnte, getilgt worden. Das hat alle Kräfte stärken müssen, die dem Wunsch nach Verdrängung der Schande nachgeben wollten.

Die Unterbindung weiterer Strafverfolgung hat nicht zuletzt den deutschen Diktator Hitler ermutigt, seine eigenen Großtötungen in Gang zu setzen: «So habe ich, einstweilen nur im Osten, meine Totenkopfverbände bereitgestellt mit dem Befehl, unbarmherzig und mitleidslos Mann, Weib und Kind polnischer Abstammung und Sprache in den Tod zu schicken. Nur so gewinnen wir den Lebensraum, den wir brauchen. Wer redet heute noch von der Vernichtung der Armenier?» (22. August 1939 nach einer Mitschrift durch Abwehrchef Admiral Canaris).

Im Jahre 1973 wurde der Special Rapporteur der Vereinten Nationen gezwungen, den Völkermord an den Armeniern aus seiner Study of the Question of the Prevention and Punishment of the Crime of Genocide herauszunehmen und sie – im Jahre 1978 – ohne diesen Tatbestand zu veröffentlichen. Alte Wunden – so hieß es – sollten nicht wieder aufgerissen werden. Tatsächlich hat das den Schmerz der Armenier und die Scham etlicher Türken über den Kleinmut ihrer Regierungen nur steigern können. Die Abgeordneten des Deutschen Bundestags würden sich wünschen, dass diese Resolution ihre Kollegen im türkischen Parlament dazu ermutigt, nun ihrerseits eine Resolution zur Aufklärung am Armeniergenozid auf den Weg zu bringen.


 

 

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