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Neues Archiv für Sächsische Geschichte und Altertumskunde,
49. Band. Seiten 1-6.  Dresden, Baensch, 1928.

Die Anfänge des Geschlechtes
von Carlowitz in Sachsen.
Von Otto Eduard Schmidt


   Über den Ursprung des Geschlechtes von Carlowitz gibt es keine genügend beglaubigte Überlieferung; auch was die ersten Blätter „Aus dem Archiv der Familie von Carlowitz“ (Dresden 1875) darüber berichten, ist weder klar noch zuverlässig.
   Der Name der Familie deutet auf ein deutsches, nach seinem Gründer benanntes Carlsdorf, das von slawischen Anwohnern in Carlowitz umgenannt wurde.  Schumanns Postlexikon bringt im 4. Bande (S. 467 f.) und im-17. Bande (S. 204 f.) mehrere Orte des Namens Carlsdorf oder Carsdorf, doch läßt sich von keinem dieser Dörfer eine wirklich stichhaltige Verbindung zu dem Familiennamen Carlowitz herstellen.  Bemerkt sei nur, daß Wendischkarsdorf und Oberkarsdorf dem Siedlungsgebiet der Carlowitz am nächsten liegen.
   Die älteste beglaubigte Nachricht über ein Glied der Familie von Carlowitz fand ich in der pergamentenen Originalurkunde des städtischen Archivs zu Dresden vom 23. November 1396, durch die der Burggraf Jon zu Donyn (Dohna) an Lorenz Busmann, Bürger zu Dresden, das Dorf zu der Tworne (Quohren) „by Donin adir by Bosittindorf (Possendorf) gelegin“ verkauft.  Unter den Zeugen, und zwar gleich hinter dem Burggrafen Jesko zu Donin, dem Bruder des Verkäufers, also an der Spitze der Doninschen Ministerialen, erscheint Hanus Karlewicz zu Reizendorf (nördlich von Zaschendorf am Porsberge):  „Do by sint gewest und sint geczug der edile her Jesko burgrave czu Donin unserir brudir unde dy gestrengin unszir libin getruwen Hanus Karlewicz czu Riczendorff gesessin, Frederich von Mogelen, Syverit von Schonneberg zu Mussegast (Meusegast), Reynhart Karas czu Maxen.“
   Sechs Jahre nach diesem Verkaufe brach über das mächtige Haus der Burggrafen von Dohna eine Katastrophe herein, von der es sich, wenigstens in unserem Lande, nie erholt hat:  die Dohnaische Fehde, in deren Verlaufe die Burg Dohna selbst und darnach auch die wichtigsten anderen Schlösser der Donins teils gebrochen wurden, teils durch Verhandlungen und Verkäufe in den Besitz der Wettiner übergingen.  Die Donins, ursprünglich reichsunmittelbare Dynasten, erlagen hier den territorialen Hoheitsansprüchen der Markgrafen, gegen die sie sich schon seit zwei Jahrhunderten, bald offener, bald insgeheim, meist aber auf Böhmen gestützt, gewehrt hatten.
   Der Träger dieser gegen die Donins gerichteten Politik war der Markgraf Wilhelm I.  Sein Vorgehen lag ebenso sehr im Vorteil des Wettinischen Hauses, wie des Landes, dessen Südgrenze in Rücksicht auf die Sicherheit, wie aus wirtschaftlichen Gründen bis zur obersten Kammlinie des Erzgebirges vorgeschoben werden mußte.  Aber sofort nach seinem Siege suchte der Markgraf die bisher Doninschen Vasallen, an ihrer Spitze die Carlowitz, durch eine entgegenkommende und großzügige Behandlung auch innerlich für die Landesherrschaft zu gewinnen.  Diesem Umstande verdanken wir eine neue umfassende Lehensverbriefung aller Güter der Doninschen Pflege, deren urkundliche Zeugnisse uns im Copial Nr. 30 des Sächsischen Hauptstaatsarchivs erhalten sind und uns eine Übersicht liefern über den gesamten Besitz, den die Carlowitz bis dahin von den Donins zu Lehen getragen hatten.
   Es kommen außer der ersten von 1396 noch vier Urkunden, also insgesamt fünf Urkunden in Betracht.  Durch die zweite (Cop. 30 fol. 150) vom 7. Mai 1403 verleiht der Markgraf das Dorf und das Vorwerk (Rittergut) Zuschendorf (bei Pirna), das im Bezirke Donin gelegen ist und durch den Hingang des Jan von Donin an den Landesherrn übergegangen ist, als Leibgedinge an Konigunde, die Witwe Ottos von Carlowitz:  „Item dominus contulit Konigunde relicte Ottonis de Karlewicz villam et allodium Czwuschendorff cum pertinenciis suis in districto Donin situm et ad dominum per obitum Janonis de Donin devolutum dotalicii titulo possidendum. 
Datum Dresden feria sexta ante dominicam Cantate anno domini Mº CCCCº terito.
  
Durch die dritte Urkunde (Cop. 30 fol. 151 b) vom 25. Juli 1403 verlieh der Markgraf die Dörfer Borthen und Burgstadel, die im Bezirke Donin gelegen sind und früher von den Burggrafen von Donin zu Lehen gingen, jetzt aber an den Landesherrn übergegangen sind, als Leibgedinge an Jutta, die Witwe Johanns von Carlowitz:  Dominus contulit Jutte relicte olim Johannis de Karlewicz villam Boratin et Burgstadel in districto Donin sitam, que olim a burggraviis de Donin in feodum processerunt et nunc ad dominum sunt devolute, dotalicii titulo possidende.  Datum Dresden feria quarta Jacobi anno domini MºCCCCº tertio.
   Durch die vierte Urkunde (Cop. 30 fol. 159) aus dem Jahre 1404 (die Zeit ergibt sich aus dem Platze der Urkunde im Copiale) verlieh der Markgraf das Schloß, das Dorf und das Vorwerk Reizendorf und das Dorf Zaschendorf als Leibgedinge an Dorothea, die Gemahlin Friedrichs von Carlowitz:  Item dominus contulit Dorothee uxori legitme Friderici de Karlewicz curiam villam et allodium Riczendorff et villam Czschasselndorff cum pertinenciis eorum dotalicii titulo possidenda.  Datum Dresden <1404>.
   Die fünfte Urkunde vom 10. März 1405 (Cop. 30 fol. 167) ist weit umfangreicher, da sie die Gesamtbelehnung der Carlowitze enthält.
   „Wir Wilhelm etc. bekennen etc., daz wir mit guten willen, wolbedachtem mute und rechter wissen den gestrengin Nigkel, Heinriche, Friedriche und Ottin gebrudern genant von Karlewicz unsern liebin getruwin dise nachgeschrebin dorffere Riczendorff und Czasslndorff in der pflege zcu Dresden und waz ir vater gehabt hat in disen nachgeschrebin dorffern zcu Behemstorff, Wenigen-Boretin Borgstadel und Heinicz, funff Behemsche schok geldis zcu Mogeln und ein schok geldis Behemsch zcu Großin=Boretin in der pflege zcu Donyn gelegin, mit sulchen rechtin, eren, nuczczen, wirden, czinsen, egkern und zcubehorungen, alz die der genantin von Karlewicz vater, dem got gnade, vormals von den von Donyn besessin und gehabt hat, die lehin nu an uns komen syn, zcusampne gelehin und yn gesemptliche lehen daran getan habin.  Alzo geschege, daz irer eyner adir mer abeginge von todes wegin ane rechte libislehinserbin, daz denne die guter an die andern komen und gefallen sollen, und lihen den ganantin Nigkele, Heinriche, Friederiche und Otten von Karlewicz die obingeschrebin dorffere czinse und guter zcusampne gnediglichin mit disem brieffe, die so furbasmer von uns, unsern erbin und nachkomen zcu rechtin gesemptlichin lehenen gerugiglichin zcu habin, zcu besiczczen und der zcu gebruchin in aller masse, alz obingeschrebin steit und lehenguter recht ist. 
Datum Dresden, anno domini MºCCCCº quinto feria tertia post Invocavit.”
  
Hier werden also vier Brüder von Carlowitz:  Nickel, Heinrich, Friedrich und Otto, mit Reizendorf und Zaschendorf, Klein-Borthen, Burgstädel, Heinitz, Mügeln und Groß-Borthen belehnt, in demselben Umfange, wie ihrem Vater diese Güter und Gefälle zur Verfügung standen.  Da nun in der ersten Urkunde von 1396 Hanus von Carlowitz als Herr auf Reizendorf und Zaschendorf erscheint, so werden wir naturgemäß in ihm den Vater der vier Brüder suchen müssen, in Otto von Carlowitz auf Zuschendorf und Johannes von Carlowitz auf Borthen und Burgstadel aber ihre Oheime.  Die beiden Letztgenannten waren 1403 schon nicht mehr am Leben, denn an ihrer Statt werden die Witwen belehnt, ebenso hat auch Hanus von Carlowitz nach der Urkunde von 1404 seinem Sohne Friedrich den Platz geräumt, der nunmehr als Herr von Reizendorf und Zaschendorf erscheint.  Also darf man wohl annehmen, daß die gesamte ältere Generation der Carlowitz, namentlich die drei in einer Urkunde von 1396 und in zwei Urkunden von 1403 genannten älteren Brüder Hanus, Otto und Johannes alle in der Doninschen Fehde 1402–1403 umgekommen sind[1].  Weiter ist der Schluß berechtigt, daß Friedrich von Carlowitz, der in der fünften Urkunde unter den Söhnen des Hanus genannt ist, mit dem in der vierten allein genannten Friedrich identisch ist.  Daß nur seine, des drittältesten Bruders Frau mit den Gütern Reizendorf und Zaschendorf als Leibgedinge bedacht wird, ist wohl darauf zurückzuführen, daß er allein in rechtmäßiger Ehe (uxori legitme) lebte, während die drei anderen Brüder nach der wilden Sitte der Zeit sich mit Konkubinaten begnügten.  Somit wäre also, unter der Voraussetzung, daß die von mir herangezogenen Urkunden den vollständigen Sachverhalt überliefern, eine vernünftige verwandtschaftliche Anordnung der Namen und ihrer Träger geschaffen (siehe die beigegebene Geschlectstafel).  Die Ahnenreihe der Carlowitz reicht also, wenn wir für die älteren Brüder eine angemessene Lebenszeit einsetzen, nur etwa bis 1350 zurück.  Es ist aber nicht unwahrscheinlich, daß nicht nur die Väter, sondern schon die Großväter und Urgroßväter der ersten uns bekannten Ahnenreihe in den genannten Carlowitzschen Gütern als Lehensleute der Donin gesessen haben.  So reicht also die urkundlich beglaubigte Geschichte der Carlowitz nur mit einer Generation über die Donaische Fehde zurück; eine breitere Überlieferung über das Geschlecht beginnt erst mit dem Übergang ihrer Lehen in die Lehenshoheit der Wettiner Markgrafen im Jahre 1403.
   Die behandelten fünf Urkunden umfassen vermutlich alles, was die Familie um 1400 besaß.  Der Familiensitz besteht also aus den Rittergütern Reizendorf, Zaschendorf, Zuschendorf, Borthen und den herrschaftlichen Hufen und Diensten zu Burgstädel, sodann aus einzelnen Bauerngütern und Zinsbeträgen in Behmsdorf, Klein-Borthen, Burgstadel, Heinitz, Mügeln und dem Bauerndorfe Groß-Borthen.  Auf diese letzteren Einkünfte waren, da Friedrich und seine legitime Gattin Dorothea ausdrücklich als Inhaber von Reizendorf und Zaschendorf genannt werden, wohl die drei anderen Brüder der zweiten Generation:  Nickel, Heinrich und Otto insbesondere angewiesen.
   Endlich noch ein Wort über die Lage der Güter zueinander und ihre genauere Ortsbestimmung.  Zweifelhaft könnte die Lage von Heinitz sein, da Heynitz (Heinitz) in der Lommatzscher Pflege zu weit entfernt von den anderen Gütern liegt und ein anderes Heinitz in Sachsen nicht vorhanden ist.  Aber Öders große Karte (1586–1607) bezeichnet ein Flurstück zwischen Röhrsdorf und Burgstädel „Im Heintzen“ und noch 1835 nennt das Flurverzeichnis von Groß- und Klein-Borthen und das des Ritterguts Borthen Feld und Wiesen „im Heinzengrunde“ oder „Heinzenwiesen, der nieder und mittle Heinzen, der hinter Heintzen“ etc.  So ist wohl anzunehmen, daß es sich hier um ein jetzt verschwundenes Dorf Heinitz handelt.  Dieses Dorf wird 1445 von zwei Brüdern von Carlowitz an Heinrich Lange auf Röhrsdorf verkauft und ist bis 1469 urkundlich nachweisbar.  Darnach ist es aus Gründen, die wir nicht kennen, in den Fluren von Groß- und Klein-Borthen und im Rittergute Borthen aufgegangen.[2])  Behmsdorf = Biensdorf (aus der Zwischenform Beheinesdorf zusammengezogen), liegt zwischen dem Müglitztal und dem Seidewitztal, etwa drei Stunden südwestlich von Pirna.  Der Name deutet auf ein nach Böhmen zu gelegenes Grenzdorf.  Wenigen-Borthen, der ehemals sorbische Weiler Boretin, ist in dem heute noch aus etwa sieben kleinen Wirtschaften bestehenden Klein-Borthen erhalten, während Groß-Borthen ein in Form des Rundlings gebautes Kolonistendorf ist, also ein rechtes deutsches Bauerndorf.  Mogeln ist das an der Mündung der Müglitz gelegene Mügeln, das jetzt in der Gemeinde Heidenau aufgegangen ist.
   Sehr wichtig und verhältnismäßig genau ist in den Urkunden die Distriktsbezeichnung der Rittergüter und Dörfer.  Die Doppelbezeichnung von Quohren „by Donin adir by Bossitindorff“ gibt einmal die „Pflege“ an, zu der Quohren gehört, nämlich Donin, andererseits wird die Lage genauer bestimmt durch den Zusatz „bei Possendorf“.  Auch für Zuschendorf wird die Pflege Donin genannt, ebenso für die Dörfer Boretin und Burgstädel.  In der Urkunde von 1404 sind Schloß, Dorf und Vorwerk Reizendorf und Zaschendorf, ohne Angabe des „districtus“ genannt, das deutet darauf, daß sie nicht zur Pflege Donin gerechnet wurden.  Diese Ansicht wird bestätigt durch die Urkunde von 1405, wo es von Reizendorf und Zaschendorf ausdrücklich heißt, „in der Pflege zu Dresden“.

   Betrachten wir die Carlowitzer Lehensgüter als ein Ganzes, so bilden sie eine von Burgstädel und der dazu gehörigen Hummelmühle über Klein- und Groß-Borthen und über das Rittergut Borthen nach Mügeln, also vom Lockwitzgrunde sich bis zur Elbe erstreckende Halbkreisförmige Linie, die sich auf dem rechten Elbufer emporsteigend über Zaschendorf bis zum Schloß von Reizendorf fortsetzt.  Hinter dieser Linie, in der Mitte zwischen Dohna und Pirna, lag das Carlowitzische Zuschendorf mit seinen Zubehörungen (wohl der älteste Carlowitzische Besitz) an der wichtigen, über Berggießhübel zum Nollendorfer Paß nach Böhmen führenden Straße, und unweit davon liegt Biensdorf.  Es liegt auf der Hand, daß von den Donins den Carlowitz ein wichtiger Teil des Grenzschutzes und die Beaufsichtigung des meißnisch-böhmischen Verkehrs, so weit er den Nollendorfer Paß benutzte, anvertraut war.  Deshalb lag es sehr im Vorteil des Markgrafen Wilhelm, sich beim Zusammenbruche der Donins mit den Carlowitz gut zu stellen.  Die Carlowitz haben den Übergang in die neuen Verhältnisse nicht zu beklagen gehabt.  Im Laufe des 15. Jahrhundert später finden wir ihre Nachkommen als einflußreiche Räte des Herzogs Georg des Bärtigen und des Herzogs Moritz.

 

Hanus v. Carlowitz
1396 auf Reizendorf 
(§ 1403 oder 1404)

(Urk. 1)

Otto v. Carlowitz
(§ 1402 oder 1403)
s. Witwe Kuni-
gunde auf Zuschen-
(Urk. 2)

Johannes v. Carlowitz
(§ 1402 oder 1403)
s. Witwe Jutta auf
Borthen und Burgstädel
(Urk. 3)

________|_____________________________________________

Nickel Heinrich

Friedrich
1404
Gemahlin Dorothea auf
Reizendorf u. Zaschendorf
(Urk. 4)

Otto


Nickel, Heinrich, Friedrich, Otto 1405 gesamtbelehnt mit Reizendorf, Zaschendorf nebst Gütern und Zinsen in Biensdorf, Klein und Großborthen, Burgstädel, Heinitz und Mügeln.


 

[1] H. Ermisch, Die Dohnaische Fehde, in N. A.f. S. G., 22 (1901) S. 225 f.

[2] Meiche, Pirna S. 105.

 
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