Schweiz sperrt Oligarchen-Geld in Milliardenhöhe

knapp 900 Personen betroffen (n-tv, 07. April 2022)

Links und Nachbemerkung: Nikolas Dikigoros

Lange war die Schweiz ein Paradies für russische Oligarchen. Auf internationalen Druck hin schließt sich das Land den Sanktionen an. Die Regierung in Bern beziffert nun die Summe eingefrorener Guthaben auf mehr als sieben Milliarden Euro. Die deutsche Bilanz sieht bescheidener aus.

In der Schweiz sind mittlerweile russische Vermögenswerte in Höhe von 7,5 Milliarden Franken (7,4 Milliarden Euro) eingefroren. Es handle sich um Gelder auf Bankkonten und um Liegenschaften, die im Zuge von Sanktionen im Zusammenhang mit der russischen Invasion in die Ukraine gesperrt wurden, sagte Erwin Bollinger vom Staatssekretariat für Wirtschaft in Bern. Vor zwei Wochen hatte der hochrangige Beamte noch von 5,7 Milliarden Franken berichtet.

Die Schweiz ist ein wichtiger Finanzplatz für Russen. Laut der Schweizer Bankiervereinigung liegen 150 bis 200 Milliarden Franken von russischen Personen auf Schweizer Konten. Bollinger wies jedoch darauf hin, dass nicht alle diese Personen mit Sanktionen belegt sind. Derzeit beträfen die Maßnahmen nur knapp 900 Menschen. Deshalb sei auch nur ein Bruchteil des russischen Vermögens in der Schweiz eingefroren.

Laut Bollinger hat die Schweiz so viele russische Gelder dem Zugriff ihrer Besitzer entzogen wie kein anderer Staat. In den Niederlanden seien rund 500 Millionen Euro gesperrt worden, andere Länder würden keine Angaben machen, sagte Bollinger.

Zum Vergleich: Die britische Außenministerin Liz Truss hatte am Dienstag mitgeteilt, Großbritannien habe bislang 321 Milliarden Euro an russischem Vermögen eingefroren. "Über 60% der Devisenreserven des Regimes in Höhe von 604 Milliarden Dollar" seien "nicht mehr verfügbar", bekräftigte Truss bei einem Besuch in Polen.

Deutschland hat nach eigenen Angaben lediglich 95,5 Millionen Euro an russischen Vermögen eingefroren. Das teilte die Bundesregierung Ende März auf eine Anfrage der Linken mit. Wie viele Personen betroffen seien, wollte das Bundesfinanzministerium nicht verraten. "Weitere Details, auch zu operativen Erkenntnissen, können nicht offengelegt werden", teilte das Ministerium mit.

"Nach sorgfältiger Abwägung ist die Bundesregierung zu der Auffassung gelangt, dass die erbetenen Informationen derart schutzbedürftig sind, dass selbst ein geringfügiges Risiko des Bekanntwerdens mit Blick auf den potenziellen Schaden nich hingenommen werden kann." Bundesfinanzminister Christian Lindner kündigte am Mittwoch ein eigenes Gesetz an, um Beschlagnahmungen von Oligarchen-Vermögen rechtssicher zu machen.


Nachbermerkung Dikigoros:
Wie so oft bei n-tv ein äußerst schlampig recherchierter Artikel. (Vermutlich die Übersetzung eines Artikels vom Muttersender CNN, dem Fake News Network der USA schlechthin :-) Da werden Äpfel mit Birnen verglichen, denn die Schweiz und die BRDDR (und, nebenbei bemerkt, auch Italien und Spanien) haben Vermögenswerte russischer Privatpersonen enteignet, während es in Großbritannien um Devisenreserven des "russischen Regimes" gehen soll.
Letzteres ist entweder falsch übersetzt, oder aber die britische Außenministerin - die nach der deutschen unfähigste in ganz Europa, wenn nicht sogar weltweit - hat mal wieder Unsinn geredet: Das russische "Regime" hat überhaupt keine Devisenreserven, sondern nur die russische Staatsbank, und die hat ihre Euros nicht in Großbritannien geparkt - das ja gar nicht zur Euro-Zone gehört -, sondern sonstwo. Richtig ist, daß die EZB keine russische Zahlungen in Euro mehr zuläßt, aber darauf hat Großbritannien ebensowenig Einfluß wie darauf, daß die USA russische Zahlungen in US-$ nicht mehr zulassen. (Letzteres kratzt die Russen relativ wenig, da sie ihre US-$-Reserven rechtzeitig auf ca. 5% zurück gefahren und dafür fysisches Gold gekauft hatten. Dagegen waren sie so unvorsichtig, ca. 40% ihrer Devisenreserven in Euro zu halten, da sie sich einfach nicht vorstellen konnten, daß die EU-Staaten - von denen einige wirtschaftlich völlig von ihnen abhängig sind - so dumm sein würden, sich dem Handels- und Finanzkrieg der USA gegen Rußland anzuschließen und damit wirtschaftlichen Selbstmord zu begehen.)
Wie dem auch sei, in der Sache ist es eine Riesen-Narretei der Schweiz, wo allein russische Privatpersonen "150-200 Milliarden Franken" angelegt haben, diese um das Linsengericht von 7,5 Mrd. SFr - also maximal 5% - zu vergraulen. Nicht nur Russen, sondern auch alle anderen Ausländer, die Geld in der Schweiz "geparkt" haben, werden es so schnell wie möglich abziehen und auch künftig keines mehr dorthin tragen. Aber genau davon lebte die Schweiz bisher - und das ziemlich gut -; wenn diese Einnahmequelle versiegt, kann sie sich auf den Export von Kukucksuhren und Käse verlegen. (Die einst berühmte - aber inzwischen ziemlich auf den Hund gekommene - "Schweizer Schokolade" wird längst zu über 90% in Bulgarien produziert, nach altem "DDR"-Rezept; eine der letzten, die tatsächlich noch "made in Schoggiland" war - Läderach -, wurde Anfang 2020 auf Druck der LGBT-Bewegung durch einen landesweiten Boykott "gecancelt", weil die Inhaber der Produktionsfirma sich gegen die Homo-"Ehe" ausgesprochen hatten :-) Und dann wird sie langsam, aber sicher, auf das wirtschaftliche Niveau Montenegros oder bestenfalls Sloweniens zurück fallen. Außerdem wird man im Alpenländle - wo es erheblich kälter ist als anderswo in Europa - bald Gelegenheit haben, den Spruch "Frieren für die Freiheit [der Ukraïne]" in der Praxis zu erproben, denn man ist vollständig von russischen Erdgaslieferungen abhängig; und wenn der böse Wladimir Wladimirowitsch den Gashahn zudreht, kann man wieder mit getrockneten Kuhfladen und Kleinholz heizen.
Andere "unfreundliche" Staaten, die mehr in Rußland investiert haben als umgekehrt, dürfte es übrigens noch viel härter treffen, wenn die Russen erst dazu übergehen, gleiches mit gleichem zu vergelten und deren Vermögenswerte "einzufrieren".
PS: Im März 2023, also nicht mal ein Jahr später, mußte die Schweiz - deren Banken aus den genannten Gründen kurz vor dem Zusammenbruch standen - kleinlaut verkünden, daß sie die zuvor "eingefrorenen" russischen Gelder nun doch nicht beschlagnahmen werde (schon gar nicht zugunsten der Ukraine, wie es vor allem die USA, aber auch die EU verlangt hatten). Aber es war zu spät: Ein paar Tage später war "Crédit Suisse" - die bis dato zweitgrößte Schweizer Bank - nicht mehr; und der "Finanzplatz Schweiz" stand nur noch auf dem Papier.


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