Russlands nutzloser Goldschatz

Notenbank sitzt auf 2.300 Tonnen Gold

[keine drei Affen würde an einem Tag so viel Unsinn zusammen schreiben wie ein Max Borowski!]

von Max Besoffski Borowski (n-tv, 22.03.2022)

Bilder, Links und Anmerkungen: Nikolas Dikigoros

Um im Fall eines Konflikts mit dem Westen auch finanziell gerüstet zu sein, hat Russland einen erheblichen Teil seiner Devisenreserven von Dollar in Gold umgeschichtet. Weit über 2000 Tonnen des Edelmetalls lagern in den Tresoren der Zentralbank - und erweisen sich im Ernstfall als weitgehend unverkäuflich.

Russland hat sich auf den Krieg gegen die Ukraine ebenso wie die Sanktionen des Westens lange vorbereitet. Zu diesen Vorbereitungen gehörte unter anderem der Aufbau eines riesigen Goldschatzes der russischen Notenbank. Seit 2014, als Russland die Krim besetzte und westliche Staaten - im Vergleich zu den aktuellen - mäßige Sanktionen verhängten, kaufte die Zentralbank mehr als 1000 Tonnen Gold. Gleichzeitig reduzierten die Moskauer Währungshüter ihren Bestand an US-Dollar, um sich vom amerikanischen Finanzsystem unabhängiger zu machen.

Der auf insgesamt rund 2300 Tonnen angewachsene Goldschatz lagert außerdem offiziellen Angaben zufolge vollständig in Russland und nicht wie die Reserven anderer Notenbanken teilweise an internationalen Handelsplätzen wie London oder New York.

Nun ist der Kriegsfall eingetreten. Rund die Hälfte der insgesamt etwa 600 Milliarden Dollar schweren Devisenreserven sind für Russlands Zentralbank aufgrund der westlichen Sanktionen nicht mehr zugänglich. Dagegen ist die Goldreserve in den eigenen Tresoren im Wert von 140 Milliarden Dollar vor ausländischem Zugriff geschützt - und dennoch weitgehend nutzlos.

Sinn von Devisenreserven, zu denen das Zentralbankgold gehört, ist, die heimische Währung im Krisenfall vor Wertverlust zu schützen. Indem die Notenbank beispielsweise mit Dollar, Euro oder Gold Rubel kauft, schafft sie Nachfrage und stützt so den Wechselkurs. Doch nachdem die Dollar- und Euro-Bestände bereits eingefroren sind, dürfte es für Russland wohl schwierig werden, größere Mengen Gold zu verkaufen. (Anm. Dikigoros: Warum sollte Rußland das auch tun? Es kann ja sein Öl und Gas statt gegen US-$ und Euro gegen Rubl verkaufen! Am selben Tag, an dem dieser - selbst für n-tv-Verhältnisse extrem dümmliche - Artikel erschien, kündete Präsident Putin genau das an; bis zum Abend war der Rubl-Kurs um 20% gestiegen, und der US-$ setzte zum Sturzflug an. Ungedeckt wie er ist, wird er bald nichts mehr wert sein - Saudi-Arabien läßt sich sein Öl bereits in Yüan bezahlen, und auch zwischen Rußland und Indien sind Zahlungen in Rubl und/oder Rupyen vereinbart. Und wenn China irgendwann keine Waren mehr gegen ungedeckte Papier-Dollars oder Staatsanleihen printed in USA liefert, dann wird in God's own country erst eine Hungersnot und dann ein Bürgerkrieg ausbrechen, gegen den der von 1861-65 ein laues Lüftchen war.)

Britische, EU- und US-Institutionen dürfen laut Sanktionsbeschlüssen überhaupt keine Geschäfte mit der russischen Notenbank machen. Damit ist Russland effektiv von den wichtigsten Goldhandelsplätzen wie dem London Bullion Market ausgeschlossen. Wie Bloomberg berichtet, lassen allerdings auch Goldhändler und Banken in anderen Ländern lieber die Finger von russischem Gold, zum einem, da dies auf westlichen Märkten kaum noch weiterverkäuflich ist und zum anderen aus Angst vor so genannten Sekundär-Sanktionen. Im US-Senat ist bereits ein Antrag auf eine solche Strafmaßnahme gegen alle Käufer und Verkäufer russischen Goldes, in welchem Land auch immer, anhängig.

Markt kann große Mengen kaum aufnehmen

Theoretisch bleiben der Zentralbank noch Auswege, ihr Gold einzusetzen. So könnte sie versuchen, es an andere Notenbanken zu verkaufen. Wie Russland haben auch andere Länder in den vergangenen Jahren den Goldanteil ihrer Reserven aufgestockt und könnten Interesse an weiteren Zukäufen haben. Indien etwa oder China werden in Medienberichten immer wieder genannt. Größere Mengen Gold würden sie Russland derzeit aber wohl nur mit einem erheblichen Preisnachlass abnehmen. Eine andere Möglichkeit wäre, Gold - über russische Banken oder Händler - direkt an die russische Bevölkerung zu verkaufen. Viele Russen haben aus Sorge um ihr Vermögen offenbar Interesse, ihre Rubel in Gold zu tauschen. Die Zentralbank könnte so versuchen, eine Art Goldstandard für den Rubel zu etablieren. Das würde allerdings die Geldpolitik stark einschränken in einer Zeit, in der die Regierung auf die Ausgabe neuer Rubel zur Finanzierung des Krieges angewiesen sein könnte.

Für einige Experten zeigt das russische Dilemma, dass Gold als Reservewährung für Zentralbanken stark überschätzt wurde, insbesondere in Russland. Die Zeit des "Gold-Fetischismus" sei wohl vorüber, schreiben die Wirtschaftswissenschaftler Harold James und Brendan Greeley von der Uni Princeton in der Financial Times. Gold sei letztlich kein wertvoller Rohstoff, sondern ein Zahlungsmittel, dessen Wert allein von der Bereitschaft aller, es als solches zu akzeptieren abhänge. Diese Bereitschaft ist im Falle der russischen Reserven eine politische Frage und ist damit beispielsweise auch von Sanktionen abhängig.

Darauf, dass es selbst ohne Sanktionen schwierig wäre, einen Goldschatz wie den russischen zur Stabilisierung der Währung einzusetzen, weist Währungsexperte Florian Kern vom Münchener Thinktank Dezernat Zukunft hin. Der globale Goldmarkt sei nicht liquide genug, um einen signifikanten Teil der über 2000 Tonnen russischen Goldes aufzunehmen, schreibt Kern bei Twitter. Ein Preissturz wäre wohl die Folge. Es würde sich herausstellen, dass der Wert dieses Schatzes von 140 Milliarden Dollar auf dem Papier zusammenschmilzt, wenn er tatsächlich gebraucht würde.


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