Petition von Dr. Tessa Hofmann
Mit Deportationen, Vertreibung und
organisiertem Massenmord betrieb die regierende türkische
Nationalistenpartei "Komitee für Einheit und Fortschritt" in den
Jahren 1914 bis 1918 die Türkisierung Kleinasiens. Beim
Friedensschluß von Lausanne 1923 war fast die gesamte christliche
Bevölkerung von fünf Millionen Menschen, Armenier, Griechen,
arabische und aramäische (Syrisch-Orthodoxe, Nestorianer, Chaldäer)
Christen, beseitigt worden. 1916 erfolgten die ersten
Zwangsumsiedlungen von Kurden.
Systematisch vernichteten die "Jungtürken" 1915 die armenische
Bevölkerung. Der Weltkrieg und die Ausschaltung des Parlaments
erleichterten den Völkermord: Binnen weniger Wochen wurden die
intellektuellen und politischen armenischen Wortführer festgenommen,
gefoltert und ermordet, anschließend die übrigen Männer massakriert
und Frauen, Kinder sowie Alte zu Fuß über Hunderte von Kilometern in
Wüstengebiete getrieben: Ein Todesmarsch, bei dem Hunger und Seuchen
die Hauptvernichtungsmittel bildeten. Nach Schätzung der deutschen
Botschaft zu Konstantinopel vom Oktober 1916 waren von 2,5 Millionen
Armeniern des Osmanischen Reiches anderthalb Millionen umgekommen.
Als "Verbrechen gegen die Gesetze der Menschlichkeit" verstieß
der Völkermord an den Armeniern gegen internationale Abkommen,
namentlich gegen die Martenssche Klausel in der Präambel der Haager
Landkriegsordnung (1899, 1907). Die "humanitäre Intervention"
Großbritanniens, Frankreichs und Rußlands, die am 24. Mai 1915 der
türkischen Staatsführung ein internationales Strafgericht nach
Kriegsende androhten, bildete den ersten Versuch der
Staatengemeinschaft, einen Völkermord zu verhindern. Da aber das
Verbrechen ungestraft blieb, fand der Massenmord an den Armeniern
Nachahmer. Zwischen dem Völkermord an den Armeniern und der
Vernichtung der europäischen Juden bestehen kausale Zusammenhänge
sowie Parallelen.
Seit Gründung der Republik Türkei haben alle ihre Regierungen die
Realität des Genozids von 1915 bestritten. Ihr fortgesetztes Leugnen
fügt dem armenischen Volk seit Generationen schwersten moralischen
Schaden zu.
Deutschland besitzt aufgrund seines Militärbündnisses mit der
osmanischen Türkei eine besondere Stellung sowohl in der türkischen,
als auch in der armenischen Geschichte. Seine in beinahe allen
Provinzhauptstädten vertretenen Konsuln konnten die Etappen der
Armeniervernichtung genauer dokumentieren als die Diplomaten der
türkischen Kriegsgegner. Einzelne Deutsche leiteten als Angehörige
der osmanischen Armee militärische Aktionen gegen die armenische
Zivilbevölkerung. Die Staatsführung des Kaiserlichen Deutschland
nahm den Völkermord wegen "höherer Interessen" billigend in Kauf und
verhängte Militärzensur über die Türkeiberichterstattung. In der
ersten deutschen Republik fanden einige der hauptverantwortlichen
türkischen Partei- und Staatsführer Unterschlupf, obwohl sie 1919 in
ihrer Heimat wegen Kriegsverbrechen und Massenmord an den Armeniern
zum Tode verurteilt waren. Indem Deutschland türkische
Auslieferungsbegehren ignorierte, behinderte es damals den ersten
und einzigen Versuch einer rechtlichen Aufarbeitung des Völkermords
an den Armeniern.
Die Bundesrepublik Deutschland ist Heimat der größten türkischen
Diasporagemeinschaft und Heimat deutscher Staatsbürger armenischer
Abstammung. In ihrem Namen wenden sich die Unterzeichner an den
Bundespräsidenten sowie an den Präsidenten und die Mitglieder des
Deutschen Bundestages:
Erkennen Sie die Tatsache des Völkermordes an den Armeniern an!
Folgen Sie dem Beispiel internationaler und nationaler Gremien: dem
Weltkirchenrat, dem Europäischen Parlament, der
UN-Menschenrechtskommission, den Parlamenten bzw. Senaten
Argentiniens, Belgiens, Bulgariens, Frankreichs, Griechenlands,
Kanadas, Libanons, der Rußländischen Föderation, Schwedens,
Uruguays, der USA und Zyperns.
Fordern Sie die Regierung und den Gesetzgeber der Republik Türkei
auf, die historische Tatsache des Völkermordes anzuerkennen und
damit der Bedingung zu entsprechen, die das Europäische Parlament
mit seiner am 18. Juni 1987 verabschiedeten "Resolution zur
politischen Lösung der Armenischen Frage" an die Vollmitgliedschaft
der Türkei gestellt hat. Sie tragen damit unmittelbar dazu bei,
Gerechtigkeit für die Nachfahren der Opfer wiederherzustellen. Sie
helfen, die Spirale von Verbrechen, Straflosigkeit und Wiederholung
zu durchbrechen, die das 20. Jahrhundert zum Jahrhundert der
Völkermorde machte .
Ebenso unterstützen Sie mit dieser Entscheidung die
Demokratisierungsprozesse innerhalb der Türkei sowie jene türkischen
Staatsbürger, die in ihrer Heimat für den Versuch einer sachlichen
Auseinandersetzung mit der Vergangenheit strafrechtlich belangt
werden. Die Anerkennung des Völkermordes von 1915 seitens der
türkischen Regierung ist als vertrauensbildende Maßnahme ebenfalls
geeignet, die armenisch-türkischen Beziehungen zu verbessern und zu
Entspannung und Frieden in der Region beizutragen.
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Korporative Erstunterzeichner (in der Bundesrepubik Deutschland):
Zentralrat der Armenier in Deutschland e.V. (ZAD)
Zentralrat deutscher Sinti und Roma e.V.
Föderation der syrischen (aramäischen) Vereine in der BRD e.V.
Erzbischof Karekin-Bekdjian, Primas der Armenisch-Apostolischen
Kirche in Deutschland
Informations- und Dokumentationszentrum Armenien
Institut für Armenische Fragen e.V.
Gesellschaft für bedrohte V lker e.V., Koordinationsgruppe Armenien
Armenische Landsmannschaft zu Bayern e.V.
Armenischer Kulturverein in Hessen e.V.
Armenische Gemeinde zu Berlin e.V.
Gemeinde der Armenischen Kirche zu Berlin e.V.
Armenische Gemeinde zu Duisburg e.V.
Verein Armenischer Mediziner in Deutschland e.V.
Armenischer Unternehmer-Verein e.V.
Deutsch-Armenische Gesellschaft e.V.
Armin T. Wegner-Gesellschaft
H.O.M. Armenisches Hilfswerk in Deutschland e.V.
Verein zur Förderung der armenischen Kultur und Wohltätigkeit e.V.
Stiftung für Armenische Studien im Stifterverband der Deutschen
Wissenschaft
Verein der Völkermordgegner e.V.
Verein der Völkermordgegner e.V., Sektion Nürnberg
TaDAY e.V. Menschenrechtsverein Türkei/ Deutschland
Assyrische Union Berlin e.V.
Verein der Pontier in Berlin "I Ipsilantides" e.V.
Mezopotamisches Kulturzentrum (Nürnberg)
Türkisch-Kurdische Freundschaftsinitiative (Nürnberg)
Kurdistan Haus e.V. (Köln)
Bremer Chonnrerkstatt e.V.
Pax Christi Berlin Internationale Katholische Friedensbewegung im
Erzbistum Berlin
Internationaler Konvent Christlicher Gemeinden in Berlin und
Brandenburg e.V.
Verband fremdsprachiger Kirchen und Missionen
Syrisch-orthodoxe Kirche von Antiochien in Berlin e.V.
Korporative Unterstützer in der Bundesrepublik Deutschland:
Internationale Liga für Menschenrechte e.V.
Sektion der Federation Internationale des Ligues des Droits de
I'Homme
Internationaler Verein für Frieden und Gerechtigkeit Pro Humanitate
e.V., Köln
Koordination "Gerechtigkeit und Frieden" der Franziskaner
Almanya Demokratik Haklar Federasyonu (ADHF) - Föderation für
demokratische Rechte in Deutschland
Alternatives Gesellschaftszentrum e.V. - Alternatif Toplum Merkezi
Rhein-Arax Deutsch-Armenischer Freundschaftsverein e.V. 1990
Armenischer Ararat-Kultur-Verein e.V.
Allerweltshaus Köln e.V.
Genclikevi -Jugendhaus Köln
Dersim-Zaza Kulturhaus iaf-Köln e.V.
Theaterbühne Yenigün, Nürnberg
Yenigün Kulturzentrum e.V.
Unterstützer der Petition "Völkermord verurteilen" im Ausland
I. International angesehene Holocaust-Forscher (Alphabetische
Folge):
Prof. Ward Churchill, The University of Colorado
Prof. Edward Gaffney, Valparaiso University Law School
Prof. Zev Garber, Los Angeles Valley College
Prof. Herbert Hirsch, Virginia Community University
Prof. Richard Libowitz, St. Joseph University
Prof. Franklin Littell, Temple University
Prof. Hubert Locke, The University of Washington
Prof. Eric Markusen, Southwest University
Prof. Elizabeth Maxwell, Oxford University
Prof. Richard Rubinstein, The University of Bridgeport
Prof. Samuel Totten, The University of Arkansas
II. Mit Ehrungen ausgezeichnete ausländische Professoren und
Inhaber besonderer akademischer Lehrstühle, die die Petition
unterstützen:
Irving L. Horowitz
Hannah Arendt Distinguished Professor, Rutgers University
Steven Katz, Dinstiguished Professor, Director, Center for Judaic
Studies, Boston University
Saul Mendlovitz
Dag Hammarskjöld Distinguished Professor of International Law,
Rutgers University
Yehuda Bauer, Distinguished Professor, Director, The International
Institute for Holocaust Research Yad Vashem, The Holocaust Martyrs'
and Heroes' Remembrance Authority, Jerusalem
III. Zentren zur Erforschung und zum Studium des Holocaust:
Israel Charny, Executive Director, Institute on the Holocaust and
Genocide, Jerusalem Professor an der Hebräischen Universität,
Editor-in-Chief of Encyclopedia of Genocide
Stephen Feinstein, Director, Center for Holocaust and Genocide
Studies, The University of Minnesota Irving Greenberg, President,
Jewish Life Network
Chairman, U.S. Holocaust Museum Memorial Council Washington, D.C.
Henry Huttenbach, Professor of History, City University of New York,
Editor-in-Chief of Forum and Journal of Genocide Research
Jack Needle, Director, Center for Holocaust Studies City University
of New York
William L. Shulman, President, Association of Holocaust
Organizations City University of New York
James Smith, Executive Director, Genocide Prevention Research
Initative United Kingdom
Stephen Smith, Director, Beth Shalom Holocaust Memorial Centre,
United Kingdom Genocide Prevention Research Initiative
Mark Weitzman, Simon Wiesenthal Center, New York
IV. Yad-Vashem. The Holocaust Martyrs and Heroes Remembrance
Authority. Jerusalem:
Ephraim Kaye
Renee Kaye
V. Die Teilnehmer der wissenschaftlichen Konferenz "Das 21.
Jahrhundert ohne Völkermorde",
die vom 18. bis 21. April 2000 vom Institut für Geschichte der
Nationalen Akademie der Wissenschaften der Republik Armenien, vom
Institut und Museum des Völkermordes an den Armeniern, sowie vom
Institut für Armenische Fragen in Jerewan durchgeführt wurde,
erklärten einstimmig ihre Unterstützung. Zu den prominenten
Unterstützern dieses Gremiums gehören:
Fadej Sargsjan, Präsident der Nationalen Akademie der
Wissenschaften der Republik Armenien
Geworg Brutjan, Vize-Präsident der Nationalen Akademie der
Wissenschaften der Republik Armenien
Wladimir Barchudarjan, Sekretär der Nationalen Akademie der
Wissenschaften der Republik Armenien
Galust Galojan, Berater des Präsidenten der Nationalen Akademie der
Wissenschaften der Republik Armenien
Hrant Awetisjan, Direktor des Instituts für Geschichte der
Nationalen Akademie der Wissenschaften der Republik Armenien
Lawrenti Barserjan, Direktor des Instituts und Museums des Genozids
an den Armeniern der Nationalen Akademie der Wissenschaften der
Republik Armenien
Nikolaj Ohanesjan, Direktor des Instituts für Orientalistik der
Nationalen Akademie der Republik Armenien
Wardges Mikajeljan, Chefredakteur der "Historisch-philologischen
Zeitschrift"
Stepan Stepanjan, Abteilungsleiter am Institut für Geschichte der
Nationalen Akademie der Republik Armenien
Babken Harutjunjan, Dekan der Historischen Fakultät der
Staatsuniversität Jerewan
VI. Abgeordnete und Ausschußvorsitzende der Nationalversammlung der
Republik Armenien:
Ardsruni Agadschanjan (Partei "Rechtsstaat")
Robert Amirchanjan (unabhängiger Abgeordneter)
Agassy Arschakjan (Wissenschaftlich-lndustrielle Bürgerunion)
Filaret Berikjan ("Nationaldemokratische Union")
Napoleon Asisjan ("Nationale Einheit")
Hrant Chatschatrjan (Union "Verfassungsrechte'')
Rubik Hakobjan (Armenische Revolutionäre Partei - Daschnakzutjun)
Wahan Howhannisjan (Vorsitzender des Ausschusses für Verteidigung,
Nationale Sicherheit und Internationale Beziehungen)
Parujr Karapetjan (Gruppe "Stabilität")
Ara Ketikjan (Republikanische Partei)
Jurij Manukjan (Kommunistische Partei)
Harutjun Pambukjan (unabhängiger Abgeordneter)
Armen Rustamjan (Vizepräsident des Ausschusses für Auswärtige
Beziehungen der Nationalversammlung der Republik Armenien)
Stephan Sakarjan ("Volkspartei von Armenien")
sowie eine Vielzahl Unterzeichner aus dem öffentlichen Leben aus
der Bundesrepublik Deutschland und aus dem Ausland!