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Die Flunkerts in England, Teil 2 - Der Zwischenfall auf der Fähre

The Flunkert Kids in England, Episode 2 - The Ferry Incident

Claudia, Simon und Onkel Ole sind auf dem Weg nach England. Die Fahrt mit der Fähre von Calais nach Dover wird für die beiden spannender als erwartet.

Claudia, Simon and Uncle Ole are on their way to England. Taking the ferry from Calais to Dover turns out to be more exciting than the children had anticipated.


Daniel Roy, Bruehl, Deutschland / Germany
Malcolm McGookin, Asterisk, Brisbane (Queensland), Australia / Australien
Ki.Ka, Erfurt, Deutschland / Germany

Hallo, Rübennäschen!

Diejenigen von euch, die die letzte Geschichte gelesen haben, wissen bereits, dass ich in diesen Sommerferien im guten alten England war. Allerdings nicht allein. Mein großer Bruder Simon (der übrigens nur zwei Jahre älter ist als ich) und unser Onkel Ole waren auch dabei. Ohne Onkel Ole wären wir auch gar nicht gefahren. Der hat uns nämlich eingeladen. Onkel Ole ist ja von Beruf Golfspieler - obwohl er eigentlich ein ganz normaler Mensch ist - und weil er in England ein Turnier spielen wollte und noch freie Plätze im Auto hatte und außerdem genug Kohle, hat er uns beide mitgenommen.

Unsere Abreise aus Sehnde war allerdings ziemlich brutal. Um nämlich am Sonntagnachmittag pünktlich in Nordfrankreich die Fähre nach Dover zu erwischen, fuhr Onkel Ole mit uns in der NACHT davor los. Dazu kam, dass Simon und ich während der Fahrt praktisch arbeiten mussten: Onkel Ole hatte nämlich große Probleme mit dem Navigationssystem seines Autos (sozusagen: Meinungsverschiedenheiten), und deswegen mussten WIR jetzt das Navigationssystem spielen: Simon und ich saßen auf der Rückbank von Onkel Oles Van (wir hätten uns sowieso nicht einigen können, wer vorne sitzen durfte) und hatten eine Riesenlandkarte vor uns. Unsere Aufgabe war es, Onkel Ole den Weg zu weisen, wenn er im Zweifel war.

So 'ne gute Idee war das aber eigentlich nicht. Simon kann nämlich überhaupt keine Landkarten lesen. Aber was noch schlimmer ist: Er ist der Meinung, er könne sehr wohl Landkarten lesen, und ich würde das angeblich nicht können. Frechheit! Jedenfalls haben wir uns die ganze Zeit über den richtigen Weg gestritten. "Am Kreuz Köln-West musst du in Richtung Aachen abbiegen, Onkel Ole", sagte Simon beispielsweise. "Quatsch!", verbesserte ich ihn sachlich. "Er muss in Richtung Belgien abbiegen." Das wollte Simon nicht einsehen: "Das kommt auf dasselbe raus. Und auf den Schildern wird 'Aachen' stehen." - "Wir wollen aber nicht nach Aachen reinfahren, sondern nach Belgien, Manno!" - "Das hat doch damit nichts zu tun, du blöde Ziege!" - "Wenn du mich noch einmal 'blöde Ziege' nennst, dann hast du meinen Fuß im Ohr, du Kackfrosch!"

Auf dem Brüsseler Ring wurde es dann selbst unserem gutmütigen Onkel Ole zu bunt. Als mich Simon wieder "blöde Ziege" genannt hatte und ich mich tierisch verrenken musste, um ihm - wie versprochen - an den Kopf zu treten, fuhr Onkel Ole rechts ran und nahm uns die Landkarte weg. "Hätte ich das gewusst, dass ihr euch so streiten würdet, hätte ich auch einen Hund und eine Katze mit dem Kartenlesen beauftragen können", beschwerte er sich. "Zum Glück bin ich die Strecke schon mehrfach gefahren. Ich komme wahrscheinlich auch so klar."

Na ja, das stimmte zum Glück auch. Onkel Ole verfuhr sich tatsächlich nicht. Von Brüssel aus fuhr er erst in Richtung der belgischen Nordseeküste. Ehe wir dort ankamen, wechselte er jedoch die Autobahn und fuhr in Richtung Frankreich. In Frankreich fuhren wir dann auch noch ein gutes Stück über die Autobahn. "Hier ist die Abfahrt zum Fährhafen von Calais", verkündete er plötzlich. "Wir liegen aber gut in der Zeit. Deswegen fahren wir jetzt noch einen kleinen Umweg durch die Innenstadt von Calais."

Das wäre uns dann fast zum Verhängnis geworden: Calais (das spricht man übrigens "Kah-Leeh" aus), ist zwar eine ganz hübsche französische Stadt. Was Onkel Ole aber nicht geahnt hatte, war, dass es an diesem Sonntag in Calais ein Stadtfest gab. Eigentlich ganz nett: Musiker zogen durch die Straßen, ein Armeeorchester spielte, und - was ich besonders lustig fand - ulkig uniformierte Stelzenläufer stelzten durch die Stadt. Allerdings war dadurch die Innenstadt abgesperrt, und wir mussten da eigentlich durch, um zum Fährhafen zu gelangen. Onkel Ole folgte den Schildern, auf denen "Déviation", also: "Umleitung", stand. Der Nachteil war nur, dass die nicht so richtig stimmten. Es war reine Glückssache, dass wir den richtigen Weg durch die engen Straßen von Calais doch noch fanden und rechtzeitig am Fährhafen ankamen. Dort kannte sich Onkel Ole ja aus. An einem Kontrollhäuschen zeigte er unsere Tickets vor, und er bekam einen Sticker, den er am Innenspiegel anbringen musste. Darauf stand die Spur, auf der wir uns an der Fähre anstellen mussten.

Dort fuhren wir hin und parkten in der Spur hinter den Wagen, die bereits dort warteten. "Fahren wir eigentlich mit 'nem Luftkissenboot?", fragte ich. Onkel Ole schüttelte den Kopf. "Nein. Das hier sind mehr die traditionellen Fähren. Die fahren aber auch nur 75 Minuten. Von Calais bis Dover sind es ja nur ziemlich genau 32 Kilometer." Außerdem erklärte er uns, dass wir mit einer französischen Fähre fahren würden: "Unser Schiff hört auf den schönen Namen 'Plein de Calvados'."

Bald darauf gaben Hafenangestellte den Autofahrern Zeichen, dass sie auf die Fähre fahren durften. Onkel Ole folgte den Zeichen brav, und im Nu hatten wir unseren angewiesenen Standplatz auf einem der Parkdecks der großen Fähre erreicht. Natürlich blieben wir nicht im Auto sitzen, sondern gingen - wie die anderen Passagiere auch - über steile Treppen nach oben. "Kommt ihr mit auf's Oberdeck - frische Luft schnappen?" fragte Onkel Ole. Ich hatte auch eine Idee. "Auf so mondijähnen Schiffen kann man doch bestimmt gut shoppen." Simon stimmte mir ausnahmsweise mal zu: "Ja. Claudia und ich könnten uns ja mal nach einem Laden umgucken, und dann kommen wir zu dir nach draußen, Onkel Ole." Der war einverstanden. Wahrscheinlich war er sogar froh, mal ein bisschen Ruhe vor uns zu haben.

Wir fanden dann auch einen Laden. Wir mussten allerdings noch ein paar Minuten warten. Der Laden wurde nämlich erst geöffnet, nachdem sich das Schiff in Bewegung gesetzt, gewendet und den Hafen von Calais verlassen hatte. Cool, eine richtige kleine Seereise.

Der Laden war allerdings eine Enttäuschung. Gut, es gab zwar allerhand Klamotten und Lebensmittel, aber irgendwie waren die nicht billiger als zu Hause, wie Simon und ich gedacht hatten, sondern fast alle doppelt so teuer. Das lohnte sich gar nicht. Damit wir überhaupt irgendwas an der Kasse vorzeigen konnten, kaufte Simon uns eine Tafel Schokolade.

An der Kasse erlebten wir dann eine Überraschung: "Herzlichen Glückwunsch!", sagte die männliche Kassiererin auf Englisch mit französischem Akzent. "Ihr habt gewonnen. Ihr seid die tausendsten Fahrgäste, die eine Tafel Schokolade der Marke Swiss-Ohr gekauft haben. Zur Belohnung dürft ihr auf die Brücke."

Damit meinte er nicht, dass wir in London auf die Tower Bridge dürften (das dürften wir ja sowieso), sondern 'Brücke' nennt man den Raum oben auf einem Schiff, wo der Steuermann am Ruder steht und das Schiff steuert und außerdem noch mehrere uniformierte Leute stehen, die aufpassen, dass er sich nicht verfährt. Jedenfalls, während Simon und ich noch überlegten, ob wir den Preis überhaupt annehmen wollten, war schon eine Art Stewardess da, begrüßte und beglückwünschte uns und brachte uns auf die 'Brücke'. "Woher kommt ihr beide?" fragte sie uns unterwegs. "Aus Deutschland." - "Ach, das wird unseren Kapitän freuen. Er spricht Deutsch. Er stammt aus dem Elsass und heißt Jean-Claude Laberschwalbe."

Sie führte uns zur Brücke, öffnete die Tür - und bekam genau wie wir zwei einen Mordsschrecken. Der Kapitän, der Steuermann und alle anderen lagen ohnmächtig auf dem Boden. Madame Duchoc, unsere "Stewardess", war außer sich und erklärte: "Unser Steuermann hat heute Geburtstag. Er wollte mit den anderen mit einem guten ostfranzösischen Kartoffelwein darauf anstoßen. Wahrscheinlich ist der ihnen nicht so bekommen. Ich hole Hilfe - übernehmt ihr zwei solange das Ruder!"

Na, die hatte gut reden! Ehe wir ihr einen Vogel zeigen konnten, war sie verschwunden, und wir standen dumm da. Habt ihr schon mal eine Autofähre gelenkt? Seht ihr - wir auch nicht! Trotzdem stellten wir uns ans Ruder und hielten es gemeinsam fest. "Wir müssen jetzt vor allen Dingen Ruhe bewahren", meinte Simon. "Bis Hilfe kommt, müssen wir eigentlich nur aufpassen, dass wir mit keinem anderen Schiff zusammenstoßen und auf kein Hindernis auflaufen. Sonst würden wir das Leben der paar Hundert Passagiere gefährden." Als er das gesagt hatte, schauten wir uns gegenseitig an, und dann schrien wir gleichzeitig: "Mama! Papa! Onkel Ole! Hilfe! Wir wollen auch immer artig sein!" Die Leute, die dann zur Tür reinstürmten, waren aber weder unsere Mama noch unser Papa, und auch nicht Onkel Ole, sondern einige Offiziere des Schiffes, die die Frau Duchoc alarmiert hatte. Einer davon übernahm sogleich das Ruder, das wir ihm gern überließen, und die anderen kümmerten sich um die Ohnmächtigen.

Simon und ich verabschiedeten uns dezent und gingen dann auf das Oberdeck. Dort fanden wir Onkel Ole, der seine Nase in der Sonne räkelte. "Na - habt ihr euch etwas Schönes gekauft?", fragte er uns leutselig. Das erinnerte Simon an die Schokolade, die er im Laden gekauft und die uns das Abenteuer auf der Schiffsbrücke eingebracht hatte. Er fummelte sie umständlich aus seiner Jackentasche. Und dann warf er sie im hohen Bogen ins Meer. Onkel Ole war darüber äußerst verwundert, und wir hatten ihm einiges zu erklären.

Aber dann sahen wir auch schon die berühmten weißen Klippen von Dover. In Kürze würden wir in England sein.

Und davon erzählen wir euch das nächste Mal.

Eure Claudia Flunkert

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Bildquelle:Darlington Networld


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