Ramle, Sukkot,  eine Woche vor Beginn des Ramadans, 2003

 

Liebe Freunde!

Die Gruppe “Nemashim” macht ihre ersten Schritte. Seit zwei Monaten wohnen Re’ut und Oriya, und auch Radi, in Ramle, machen Theater und erweitern ihre Arbeit von Tag zu Tag. Mehr als ein Jahr haben wir an den Vorbereitungen für dieses Jahr in Ramle gearbeitet, haben uns mit sehr vielen Leuten in Ramle und im ganzen Land getroffen. Die Wohn- und Theatergemeinschaft in Ramle ist in drei Richtungen tätig:

Einerseits machen die drei kulturelle Gemeindearbeit, im “Open House”, im äthiopischen Gemeindezentrum, im arabischen Gemeindezentrum und in anderen Organisationen. Andererseits arbeiten wir an kurzen Aufführungen für Straßentheater und für geschlossene Plätze, wo wir eingeladen werden, wie Schulen und Feste. Zu diesem Zweck haben wir das Trio zu einem Quartett erweitert, zu dem auch Saber gehört. Er wohnt nicht in der Wohnung der anderen drei, aber macht in der Theatergruppe mit. Wir hoffen, dass wir bald die Theatergruppe vergrößern können.

Und drittens haben wir schon erste Proben gemacht für ein abendfüllendes Stück, das wir für das Ende dieses besonderen Theaterjahres vorbereiten. Es ist etwas besonderes, Theater zu machen mit Leuten, die auch zusammenleben. Und ausgesprochen besonders ist dies, hier, wenn Araber und Juden zusammenleben. Die Besonderheit dieser Sache ist für Europäer kaum zu beschreiben. Aber darüber ein andermal.

Ich möchte ein wenig über unsern ersten Versuch von “unsichtbarem Theater” erzählen. Im unsichtbaren Theater weiß das “Publikum” nicht, dass es Publikum ist, und dass hier ein Theater stattfindet. Die Szene findet an einem öffentlichen Ort statt, und vielleicht wart ihr selber auch schon Teil einer solchen “Aufführung” ohne zu wissen, denn auch nach der Szene erzählt euch niemand darüber, statt hier eigentlich Theater gespielt wurde. Mehr darüber:

Für unser Stück wählten wir uns ein Kaffee in der Stadt aus, wo wir uns nacheinander hinsetzten. In der Szene, die wir spielten, setzte sich ein junges Paar (ein Araber und eine Jüdin) an einen Tisch und an einem anderen saß ein Mann, den ich spielte, der sehr bald nervös wurde und alle auf dieses “gemischte” Paar aufmerksam machte und versuchte, eine Diskussion über die Legitimität eines solchen Paares zu entwickeln. Zu meinem Erstaunen verteidigten allesamt das Paar gegen mich und schmissen mich, den Rassisten, aus dem Kaffee, als die Diskussion sich erhitzte.

Dieser erste Versuch hat seine positive und seine negative Seite. Die positive Seite besteht einfach darin, dass das ganze Kaffee das junge Paar gegen den Rassisten verteidigte. Die negative Seite besteht darin, dass dies aus den falschen Gründen geschah. Die Leute, und allen voran, die Besitzer, wollte den Tumult verhindern, den wir anzettelten, egal was der Grund des Tumultes war. Auch die Diskussion, die sich während der ganzen Szene entwickelte, erreichte nicht die Wurzeln der rassistischen Ängste vor einer jüdisch-arabischen Partnerschaft. Einige der Kommentare des “Publikums”:

-       Lass es, sie (die jüdische Frau in der Partnerschaft) wird es sein, die später weinen wird.

-       Ist doch egal.

-       Warum mischst du dich ein?

-       (ein jüdischer Mann:) Na und, wir vögeln sie auch (die arabischen Frauen)

-       Ist doch ein freies Land

Ein jüdisch-arabisches Paar zu sehen, war offenbar keine Überraschung für die Leute im Kaffee.

Der hauptsächliche Grund dafür, dass wir unser Ziel nicht ganz erreichten, liegt an fehlender Übung. Für uns alle war dies das erste Mal, und wir haben schon die Konsequenzen gezogen, sodass das nächste Mal besser sein wird und  tiefere Fragen aufwerfen wird wobei man in dieser Art Theater nie alles voraussehen kann.

Jedenfalls möchte ich betonen, dass es sogar als erster Versuch schön war zu sehen, dass die Menschen in ihrem ersten Instinkt keine Kriege wollen. Wenn sie nicht zu was anderem verhetzt werden, wollen sie leben, lieben, verdienen und  sich vergnügen. Und auch wenn jemand versucht, sie zu einer falschen Sache aufzuwiegeln, schmeißen sie manchmal den Hetzer raus.

Aber was geschieht, wenn der Aufruhr erwünscht ist und die Situation Widerstand gegen die stille Einverständnis erfordert?

 

In Kürze werden wir Premiere haben mit einem neuen Stück im Forumtheater-Stil, eine Form, die wir schon im diesjährigen Aktivismus-Festival geprüft haben.

 

 

mehr über unsichtbares Theater:

http://members.aon.at/hofler/WS_ut.html

http://www.thevo.de/seiten/theateraktionen.htm

http://www.kultur.at/van02/stmk/lit/lit36.htm

http://www.hh.shuttle.de/hh/goethegy/theater.html

http://www.bundeswehrabschaffen.de/tuefek.htm

 

 

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