Wir haben nun unsere erste Aufführung hinter uns, anlässlich des 2. Aktivismus-Festivals, an dem Hunderte von linken und grünen Aktivisten teilnahmen.

Unser Stück (“Lasst uns zusammenarbeiten!”) war als Forumtheater konzipiert, das heisst ein Stück, von dem nur der Anfang (die Exposition) eingeprobt wird, und dessen Weiterverlauf und Ende vom Publikum bestimmt wird. Es handelt vom Problem der palästinensischen Kollaborateuren, die nach 1993 auf Beschluss der israelischen Regierung in arabisch besiedelten Ortschaften in Israel angesiedelt wurden, vor allem in den gemischten Städten Ramle, Lud, Akko, Haifa und Jaffa. Allein in Ramle, das uns ja besonders interessiert, leben 4000-5000 Kollaboratuere und Angehörige inmitten einer Bevölkerung, die sie abstosst, meidet und hasst.

       

          

 

Im Stück wird die Geschichte eines gewissen ‘Abed dargestellt, von Muhammad gespielt, dessen Hausbesitzer ihn und seine Frau und Kinder vor die Türe stellen will, wenn er nicht bis morgen die Miete bezahlt, die er schon zwei Monate lang nicht bezahlt hat. ‘Abed erklärt dem Hausbesitzer, das Verteidigungsministerium habe “den Hahnen zugedreht”, was aber den Hausbesitzer nicht sonderlich beeindruckt. Der erste Teil des Stückes führt ‘Abed von seinem Vorgesetzten im Geheimdienst zu einem israelischen Arbeitsgeber, der Araber hasst, vor allem Kollaborateure (“Weisst du, was mein Vater und seine Kameraden in der “Etzel” mit Kollaborateuren wie dir gemacht haben?”), von dort zu einem arabischen Arbeitsgeber, einem Drucker, der zwar nur druckt, was nicht gegen die Regierung gerichtet ist, sonst wird ihm der Laden geschlossen, aber auch ‘Abed als Verräter und Mörder beschimpft, und zuletzt zu seiner israelischen linken Geliebten, die ihn auffordert, mit ihm am Schabat in einem Dorf in der Westbank am Wiederaufbau eines Hauses zu helfen, das die Armee verbomt hat. Ihr beichtet ‘Abed seine Schuld und bittet sie auf Knien um Verzeihung, aber sie verzeiht ihm nicht.

 

Hier habe ich das Wort ans Publikum gerichtet, das sehr aktiv war, und verschiedenste Vorschläge machte. Erstens wurde angestanden, wir würden nicht genug von den Motiven der Kollaboration erfahren. Obwohl dies meines Erachtens das Stück nicht weiterbrachte, habe ich den jungen Mann, der mehr darüber erfahren wollte, auf die Bühne eingeladen, da die Anderen mit Politisieren beschäftigt waren. So erzählte ‘Abed nun dem jungen Mann im Autobus über seine Arbeit, wobei auch zur Sprache kam, dass seine Kinder in jüdische (hebräische) Schulen gingen, weil sie in den arabischen nicht akzeptiert werden.

Nun kam doch ein Vorschlag, wie die Geschichte weitergetrieben werden konnte: ‘Abed wird besucht vom palästinensischen Untergrund, der von ihm verlangt, seinen Vorgesetzten ihm israelischen Geheimdienst umzubringen, sonst werden seine Eltern “behandelt”. Wieder ein junger Mann im Publikum spielte den “Terroristen” perfekt, obschon diese Szene hebräisch gespielt werden musste, weil derselbe junge Mann kein arabisch spricht. Am Schluss gab er ‘Abed eine Telphonnummer, dort solle er innert zwei Stunden anrufen und mitteilen, was er entschlossen habe. 

 

 

                    

 

Andere Teilnehmer im Publikum wollten über das Leid der Kinder erfahren, mehr noch, einige von ihnen waren gar nicht an ‘Abed interessiert, sondern wollten das Problem der Kinder lösen.

So sahen wir einen 14-jährigen Sohn von ‘Abed mit einem Sohn von Schim’on, dem israelischen Arbeitgeber, eine Szene, die zeigte, wie die unschuldigen Kinder in Probleme eingezogen werden, von denen sie selber nicht sehr viel verstehen.

Nun war es Zeit, das Stück zu Ende zu führen, einige behaupteten, ‘Abed hätte gar keine andere Wahl, als seinem Vorgesetzten im Geheimdienst die Telephonnummer weiterzugeben, und mit dem einkassierten Geld die Hausmiete zu bezahlen, andere wiederum dachten, vielleicht ware es möglich, dass ‘Abed den Vorgesetzten umbringt.

So liessen wir Muhammad, der ‘Abed spielte, die Wahl frei, er trat nochmals ins Büro im Geheimdienst, und nach kurzem Kampf ermordete er den Vorgesetzten.

Das Stück wurde vom Publikum sehr positiv aufgenommen, wir wurden auch interviewt und photographiert von der arabischen Zeitung “Ittihad”.

 

Und eine der Schauspielerinnen sagt:

…Das Interesse und die Begeisterung des Publikums haben mir Mut gemacht, dass unser Ziel, Juden und Araber durch Theater zusammenzuführen wirklich ein Schritt sei auf dem langen Weg zu einer besseren Nachbarschaft.

...Was mich wirklich erstaunte, war die Bereitschaft des Publikums, uns zuzuhören.

…Das Aufführung im Festival hat meine Motivation für das Projekt gestärkt und meinen Glauben seine Wichtigkeit, aber wegen der Eigenschaft des Festivals war sie natürlich eine Aufführung auf reifem Boden, und ich denke, in Ramle wird es schwieriger sein.

(Re’ut ben Shlomo)

 

 

Und hier noch ein Teil eines Berichtes eines Zuschau-spielers:

 

Habt  ihr jemals ein Stück im Theater gesehen, in dem die Geschichte, das Spiel oder die Regie oder sonst irgendwas euch nicht gefallen hat, und habt ihr euch dann gesagt: ‘Wenn ich das Stück spielen oder inszenieren würde, wäre es viel besser. Das geschieht euch gewiss.

Mir ist das viel geschehen, und es mag sein, dass ich von Natur aus ein kritischer Mensch bin. Aber einmal war es wirklich anders, und ausser ein paar Szenen am Anfang des Stückes, die vorbereitet waren, war ich wirklich Teil des Stückes!

...

 

...Die Gruppendynamik, die sich entwickelte, war sehr interessant, die Fortsetzung des Stückes, die die Zuschau-spielerInnen zusammen erarbeiteten, war ausserordentlich und stellte neue Fragen an alle...

 

Saleh abu-Riash

 

 

 

mehr Photos von der Aufführung

 

 

ein paar deutsche links zum Forumtheater:

www.sabisa.de

http://rcswww.urz.tu-dresden.de/~ad274652/forumtheater.html

http://www.theaterspiel.de/txt007.htm

http://www.korso.at/korso/kunst/boal.htm

http://home.t-online.de/home/fritz.letsch/wien99.htm

http://de.groups.yahoo.com/group/boal-in-der-schule

http://www.univie.ac.at/int-entwicklung/Tagung/prozess2001/tagung/workshops/9-forumtheater-boal.htm

http://www.pr-internet.com/lernwelten2002/salzburg/agora.asp

http://home.t-online.de/home/fritz.letsch/europtre.htm

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