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Römische Straßen

 

Das Straßensystem

"Alle Straßen führen nach Rom" sagte man schon in der Antike. Es bedeutete eigentlich, daß man auf verschiedene Arten zu den letzten Wahrheiten gelangen konnte, aber wörtlich genommen hat diese Redensart auch einiges für sich, denn alle großen Straßen scheinen sternförmig auf Rom zuzulaufen.

 

Schon 450 v. Chr. legte das Zwölftafelgesetz (Einstiges Stadtrecht der republikanischen Stadt Rom) die Straßenbreite fest: "Die Wegbreite ist [...] im geraden Stück acht Fuß (2,48 m), bei Biegungen sechzehn Fuß (4,96 m)." Die Straßen mußten in den Kurven größer sein, da die Römer recht primitive Wagen hatten, die nur selten mit einer schwenkbaren Vorderachse ausgestattet waren. Die ersten römischen Straßen waren recht einfache Anlagen. Sie bestanden nur aus festgestampfter Erde, die mit Kies beworfen wurde. Mit der Zeit sammelten die Römer dann Erfahrungen im Straßenbau, doch man ist sich heute einig, daß sie die Grundlagen für den Bau ihrer Pflasterstraßen von dem ebenso begabten wie geheimnisvollen Volk der Etrusker übernahmen, die bereits ca. 400 v. Chr. die ersten gepflasterten Straßen besaßen.So kam es, daß 312 v. Chr. der Censor Claudius Appius Caecus veranlaßte, die Via Appia anzulegen, als Ergänzung zu der 334 v. Chr. gebauten Via Latina, die Rom mit der neuerworbenen Kolonie Calvi bei Capua (ca. 150 km entfernt) verband. Zu Anfang war die Via Appia eine Kiesstraße von 6 m Breite. Im Gegensatz zur Via Latina, die eine einfache Verbindung darstellte, sollte sie dazu dienen, feindliche Völker im Süden Italiens zu unterwerfen. 244 v. Chr. bis Brundisium (Brindisi) verlängert und von 295 bis 123 v. Chr. gepflastert, stellte sie für mehrere Jahrhunderte die Vollendung der Bautechnik dar und viele andere Straßen wurden nach ihrem Vorbild erbaut. Erst im 1. Jh. n. Chr. als die militärischen Beweggründe für den Straßenbau an Wichtigkeit abnahmen und der Reisekomfort überwog, kehrte man zu den Kiesstraßen zurück, allerdings in etwas verbesserter Form. Sie besaßen jetzt ein Fundament, ähnlich dem der Pflasterstraßen. Der Vorteil der gekiesten Straßen war, daß Wagen darauf komfortabler rollten. Für etwa ein Jahrhundert existierten diese beiden Bauarten nebeneinander, doch ab dem 2. Jh. n. Chr. wurden nur noch Kiesstraßen angelegt. Die Gründe für diesen Wandel finden sich auch in der Ausdehnung des römischen Reiches, denn in vielen außeritalischen Gegenden gab es keine Steine wie Lava oder Basalt, die als Straßenpflaster geeignet waren.Der Wunsch nach mehr Reisekomfort veränderte auch die Straßenführung. Es wurde auf geringe Steigung (früher bis zu 15 %) und direkte Verbindungen geachtet. Wo die Gegend sich widersetzte, wurde sie angepaßt. So wurden Hügel eingeschnitten, kleine Seitentäler mit Dämmen oder Viadukten überquert, Senkungen aufgeschüttet, neue Brücken gebaut und sogar Tunnel von mehreren hundert Metern Länge gegraben. Anstelle der 450 v. Chr. vorgeschriebenen Straßenbreite von 2,48 m bzw. 4,96 m und der 3,5 - 4 m (+ 2 m Bürgersteig) der Pflasterstraßen, hatten sie jetzt eine Breite von mindestens 6 - 8 m, einzelne Prachtstraßen brachten es sogar auf 12 m. In dieser Zeit entstanden de meisten der schnurgerade durch die Landschaft geschnittenen Strecken, die für viele ein Merkmal der römischen Straßen sind.

 

Die Technik

Nach den geschichtlichen Details jetzt zu den technischen: Zu den alten Kiesstraßen gibt es nicht viel zu sagen. Für sie wurde der Untergrund festgestampft und mit Kies beworfen.Die Beschreibung der Pflasterstraßen dagegen ist etwas komplizierter, allein deshalb, da sie häufiger erhalten blieben und uns über sie mehr überliefert wurde.

Der Bau einer römischen Straße stellte ein komplexes Vorhaben dar. Bei der Planung strebte man an, stets die kürzeste Entfernung zu wählen, d.h. möglichst gerade Linien zu ziehen. Um natürliche Hindernisse wie Berge, Täler, Sümpfe zu überwinden, scheute man sich nicht, Erdwälle aufzuschütten, Brücken zu bauen, Sümpfe trockenzulegen oder gar Tunnel zu graben, was allerdings seltener der Fall war. Wenn das nicht ging, baute man die Straße steil hinauf oder hinab. Umwege wurden nur im Notfall gemacht. Nach den notwendigen Messungen des Landvermessers zog man rechts und links von der späteren Straße Gräben, die das Regenwasser ableiteten. Dazwischen wurde ein Graben ausgehoben, der bis zu anderthalb Meter tief sein konnte. Dieser wurde dann in verschiedenen Schichten mit am Ort befindlichen Materialien gefüllt. Als Fundament diente dabei eine Schicht aus Steinplatten. Die Fugen wurden mit einem Vorläufer des heutigen Betons ausgefüllt. Darüber folgte eine Schicht mit grobem Schotter und darüber eine Schicht mit feinem Schotter oder Kies. Diese beiden Schichten sollten zur Entwässerung dienen. Auf diesem Untergrund wurden schließlich die großen Steinplatten verlegt, die meist unregelmäßig geformt waren. Zum Schluß wurde die Straße glattgestampft, so daß sie zu den Seiten sanft abfiel und so das Regenwasser in die Gräben ablief.

 

Sobald die Arbeit beendet war, konnte die Straße an den Rändern durch Steinreihen begrenzt und Meilensteine gesetzt werden. Beim Bau war natürlich ein Architekt anwesend, der sich um bestimmte Probleme, wie das Überqueren eines Flusses oder einer Schlucht kümmerte.

Es verwundert nicht, daß die meisten Straßenbauexperten der Armee angehörten, denn, wie bei ihrer Streckenführung am deutlichsten wird, dienten diese Straßen meistens militärischen Zwecken:
So war es am geeignetsten, wenn die Straße auf halber Höhe an einem Hügel angelegt wurde, denn ein auf der Kuppe marschierendes Heer ist leicht zu entdecken und ein Heer im oft sumpfigen Talgrund hat Angriffe von den Anhöhen zu fürchten. Die Straße sollte außerdem, wenn es das Gelände erlaubte, möglichst direkt zwischen dem Hauptheerlager und den Grenzen verlaufen und größere Ortschaften umgehen, sofern diese nicht ausdrücklich als Etappen- oder Unterkunftsorte für Truppen vorgesehen waren, um den Durchmarsch nicht zu verzögern. Ihre durchschnittliche Breite erlaubte den Soldaten in ihren gewohnten Sechserreihen zu marschieren, beziehungsweise 2 Fahrzeugen gut aneinander vorbeizukommen. Das Hauptanliegen der Erbauer war es, eine schnelle Truppenverlegung zu jeder Jahreszeit und Witterung zu ermöglichen.

Als Vorbereitung zum Bau einer solchen Straße wurde zuerst einmal in einer Breite von 60 m auf jeder Seite die Gegend gerodet, um Angriffen aus dem Hinterhalt vorzubeugen und dann der Boden bis zu einer festen Sohle abgetragen, oder, wenn dies nicht ging, mit Holzpfählen verstärkt. Als nächstes wurden im Abstand von 12 - 15 Metern zwei Längsgräben ausgehoben, die den Lauf der Straße festlegten und als Entwässerungsgräben dienten. Der Aushub dieser Gräben wurde zu einem bis zu einem Meter hohen Damm, agger (lat. für: Erdwall") genannt, aufgeschüttet, auf den eine Schicht Sand zum Planieren kam. Der agger machte die Straße zu einer leicht zu verteidigenden Stellung.

[Querschnitt Straße] 

Querschnitt durch eine römische Straße 

Nun folgte der Bau des eigentlichen Straßenkörpers (Die Terminologie dieses Abschnittes entstammt den vagen Beschreibungen Vitruvs und kann sich auch auf den Fußbodenbau beziehen.):
Zuerst kam das statumen (lat. für: Stütze). Es war 25 - 60 cm hoch und bestand aus meistens hochkant gestellten, flachen, größeren Natursteinen und z. T. auch Mörtel.
Darauf lag eine Schicht kleinerer Steine (etwa faustgroß), die mit Zement stabilisiert wurde, das rudus (lat. für:1. "zerkleinertes Gestein", 2. "Mörtel") oder die ruderatio (lat. für: "Schüttung").
Als nächstes folgte der nucleus (lat. für: "Kern"), eine aus etwa nußgroß zerkleinertem Gestein, Kies, grobem Sand, heißem Kalkmörtel und Beton verdichtete Lage. Sie war etwa 30 cm dick.
Den Abschluß bildete der Fahrbelag, die summa crusta (lat. für: "oberste Rinde"), manchmal auch pavimentum (lat. für: "Estrich") oder summum dorsum (lat. für: "oberster Buckel") genannt. Sie bestand aus ca. 60 x 60 cm großen und 25 cm dicken Steinplatten (Lava oder Basalt), die säuberlich zu einem Straßenpflaster zusammengefügt wurden und etwas geneigt waren, damit das Regenwasser abfließen konnte. In manchen Quellen heißt es noch, daß in die summa crusta teilweise schienenartige Fahrrinnen eingearbeitet waren, die der Spurbreite der Wagen der kaiserlichen Post entsprachen, doch es könnte sich auch um Spurrillen handeln, die erst mit der Zeit ausgefahren worden waren.

Dies ist das Baumuster einer "perfekten" Straße und es ist nur natürlich, daß bei normalen Straßen manchmal eine Schicht weggelassen wurde oder aus einem anderen Material gefertigt wurde, wie z. B. bei der Via Annia (geht durch Südetrurien), wo eine dicke Schicht kalkvermischter Ton die Steine des statumen ersetzen mußte.
Normalerweise verliefen neben einer Via auf beiden Seiten sog. crepidines, margines oder semita (lat. für: "oberster Buckel"), eine Art Bürgersteige mit Lehm- oder Sandboden, die ursprünglich als Versorgungswege für Reparaturtrupps gedacht waren, aber später oft von Reisenden benutzt wurden, da sie schonender für die Bandscheiben als Steinpflaster waren.
Außerdem gab es an offiziellen Römerstraßen des öfteren im Abstand von ca. 12 m größere Steine am Rand, von denen man denkt, daß es steinerne Aufsitzhilfen für Reiter waren, da der Steigbügel erst um 700 n. Chr. in Europa eingeführt wurde.

Die fertige Straße verlief z. T. bis zu 2 Metern hoch über dem natürlichen Erdboden. Wenn die summa crusta des öfteren gewartet wurde, da es durch Feuchtigkeit, wechselnde Temperatur und starken Verkehr zu Verwerfungen und Abnützung kommen konnte, benötigten diese Straßen im Normalfall, aufgrund ihrer massiven Bauweise, erst nach ungefähr 100 Jahren größere Reparaturarbeiten.

Die später gebauten Kiesstraßen hatten ein statumen wie die gepflasterten Straßen, auf das Kies geworfen wurde, der mit Hilfe von Walzen, die von Sklaven oder Ochsen gezogen wurden, verfestigt und von Randsteinen gehalten wurde. Ab und zu wurden auch diese Straßen an stärker belasteten Stellen, wie Ortseingängen, gepflastert, aber die einfacher zu wartenden Kiesstrecken überwogen.

 

Die Straßenarten, ihr Bau und ihre Finanzierung

Nach diesen Beschreibungen interessiert wahrscheinlich, wie der Bau eine Straße finanziert wurde und wer sich dafür abrackern mußte. Dazu muß man zwischen den drei Typen von Straßen unterscheiden.

Die viae publicae ("Staatsstraßen") oder viae militares ("Heerstraßen") wurden zentral von Rom aus geplant, bezahlt und gebaut. So schreibt Diodorus Siculus, daß der Bau der Via Appia die öffentlichen Kassen total erschöpft habe. Außerdem ist von Julius Caesar überliefert, daß er, um den Straßenbau zu finanzieren, Sklaven verkauft habe und Statuen, die zu seinen Ehren errichtet worden waren, einschmelzen ließ. Aber der Staat konnte auch auf Unterstützung von Privatleuten hoffen, da diese ihren Namen gerne auf Meilensteinen sehen wollten. Um eine Vorstellung der Kosten zu bekommen, sei hier gesagt, daß im 2. Jh. n. Chr. die Wiederherstellung einer Meile der Via Appia 100.000 Sesterzen (knapp 20.000 DM) kostete. Die gesamte Via Appia mit ihren ca. 364 röm. Meilen (ca. 539 km) dürfte also etwa 6,7 Millionen DM gekostet haben. (Zum Vergleich: Ein Meter heutige Autobahn kostet ca. 11.000 DM. Umgerechnet auf die Via Appia wären das etwa 6 Milliarden DM, ungefähr die Hälfte des 1982 in Westdeutschland für Straßenbau und -instandhaltung ausgegebenen Geldes).

Viae publicae wurden meistens von Soldaten und von zu Zwangsarbeit verurteilten Menschen gebaut. Die Armee wurde deshalb herangezogen, da sie z. B. 68/69 v. Chr. 360.000 Mann umfaßte, die aber nicht alle im Kriegsdienst standen und trotzdem bezahlt werden mußten, und anstatt nun zusätzlich Arbeitskräfte für den Straßenbau zu finden, war es billiger, Soldaten zu nehmen. Bei ihnen war diese Plackerei natürlich nicht sehr beliebt und es gab genug Drückeberger, wie z. B. Julius Apollinaris, von dem einige Briefe aus Ägypten an seine Eltern erhalten sind. Da er des Lesens und Schreibens mächtig war, bewarb er sich gleich zu Anfang als Librarius (Sekretär) und wurde prompt Legionslibrarius mit Aussicht auf Beförderung. Damit war er ein Principalis, ein Soldat, der aufgrund besonderer Aufgaben, wie Librarius oder Handwerker, von den allgemeinen Dienstleistungen, u. a. Straßenbau, freigestellt war. Julius Apollinaris frohlockte in einem Brief an seine Mutter: "Ich danke dem Gott Serapis und einem gütigen Schicksal. Während alle anderen den ganzen lieben langen Tag schuften und Steine klopfen, bin ich jetzt ein Principalis, stehe herum und brauche nichts zu tun." Die Soldaten kannten die Straßen aber nicht nur vom Bauen. Durch den Militärschriftsteller Vegetius ist uns überliefert, daß die Soldaten in den Sommermonaten in voller Ausrüstung (40 kg) einen Marsch von 20 - 24 röm. Meilen (ca. 45 - 53 km) in 5 Stunden absolvieren mußten. Hierbei entwickelten sie den Vorgänger des Stechschritts, um nicht über unebene Steinplatten im Pflaster zu stolpern.

Im Gegensatz zu den Soldaten waren die Zwangsarbeiter arm dran, denn bei Ausgrabungen entlang von Römerstraßen findet man des öfteren Skelette von Strafgefangenen, die wahrscheinlich vor Erschöpfung starben und mitsamt ihren Ketten verscharrt wurden. Es ist uns auch überliefert, daß es mit der Rechtssicherheit nicht besonders weit her war, wenn gerade Arbeitskräfte für den Straßenbau gesucht wurden. So genügte für einen Menschen aus einer niederen Volksschicht, der auf keine Protektion zählen konnte, eine Verurteilung wegen eines Garderobendiebstahls in einem Bad, wegen übler Nachrede gegen eine Respektsperson oder wegen eines ähnlichen "Schwerverbrechens". Manchmal wurden auch Tatbestände erfunden um die Reihen der Gratisarbeitskräfte zu füllen.
Was die Bauleistung betrifft, so waren die Römer recht flott, denn sie lag z. B. in Großbritannien bei 2 - 7 Tagen für einen Kilometer.

Die nächste Kategorie der Straßen waren die viae vicinales, die Provinzstraßen. Sie mußten von Provinzen gebaut und unterhalten werden. Auch größere Städte konnten verpflichtet werden, eine Straße zur nächsten Ortschaft zu bauen. Hierfür standen selten Soldaten als Arbeitskräfte zur Verfügung, sondern Sträflinge und Sklaven der Gutsherren, deren Besitz an die Straße grenzte, machten die Arbeit. Dabei hatten es die Sklaven besser als die Sträflinge, denn sie stellten lebendes Kapital ihrer Besitzer dar, das man nicht einfach vergeudete.
Zur Instandhaltung dieser Straßen wurden teilweise auch junge Männer aus einer Kommune verpflichtet, die zwei Jahre für die Straße zu sorgen hatten.Die dritte Art von Straßen waren Privatstraßen, sog. viae privatae, zwischen Gutshöfen und kleinen Orten, die von Sklaven angelegt wurden.

 

Die Zuständigkeit für die Straßen

Über die Zuständigkeit für Straßenbau lassen sich keine eindeutigen Aussagen treffen. Das einzige, was man recht sicher weiß, ist, daß der Senat das letzte Wort hatte. So wird von Claudius Appius Caecus berichtet, daß er mit dem Bau der Via Appia begann ohne den Senat zu befragen, worauf sich ein großes Gezeter erhob und Drohungen mit Rücktritt oder Rausschmiß laut wurden, besonders da er auch fast das gesamte Jahresbudget verplant hatte. Ansonsten nimmt man an, daß vor dem 2. punischen Krieg (lat. für: "oberster Buckel") die Zuständigkeit bei den Censoren lag, aber es gibt nur 6 Fälle (u. a. die Via Appia), in denen zweifellos bewiesen ist, daß ein Censor der Erbauer war. Dagegen gibt es 28 Fälle in denen ein Konsul den Bau veranlaßte. Deshalb wird vermutet, daß ein Censor den Bau einer Straße veranlassen konnte, solange sie über staatlichen Boden (ager publicus, solum publicum) ging. Für alle anderen Fälle mußte ein Beamter mit dem sog. ius publicandi zuständig sein, d. h. ein Konsul, ein Praetor oder in den Provinzen ein Prokonsul. Sie konnten privaten Grund und Boden enteignen und ihn dem Straßenbau zur Verfügung stellen. Dies wird dadurch bestätigt, daß man mit Hilfe genauer Nachforschungen und Überlegungen, die auszuführen hier zu lange wäre, zu dem Schluß kommt, daß Claudius Appius Caecus die Via Appia wahrscheinlich nicht in einem Stück bis Capua bauen lies, sondern während seiner Zensur 312 v. Chr. den Bau der Via Appia über solum publicum bis Formiae (2/3 der Strecke Rom - Capua) veranlaßte. Später, zur Zeit seines Konsulats, wurde 307 v. Chr. die Via Appia bis Capua verlängert, wozu Claudius Appius Caecus kraft seines Amtes das benötigte Land beschlagnahmte.

Was Gesetze in bezug auf den Straßenbau betrifft so scheint es eine lex viaria (Gesetz, die (Ausbesserung der) Wege betreffend) gegeben zu haben, auf das sich Plutarch bezieht, als er von den Bemühungen des Volkstribuns C. Gracchus um die italischen Straßen berichtet.

Für die Verwaltung der Straßen waren anfangs Offiziere oder Aedile zuständig. Julius Caesar machte sich später zum curator viarum (Verwalter der Straßen) und Augustus bestellte schließlich eigene Beamte dazu (viarum curatores).

 

Die Namengebung der Straßen

Bei der Namengebung der Straßen lassen sich genauso wenig sichere Aussagen machen. Es scheint kein einheitliches System gegeben zu haben.
Die meisten Straßen um Rom heißen nach ihrem Zielort. Andere scheinen nach ihrem Erbauer benannt worden zu sein, wie die Via Appia. Es wäre auch denkbar, daß diese Straßen ihren Namen nach den auf den Meilensteinen zu lesenden Namen ihrer Erbauer durch Reisende erhalten haben, doch gibt es nur 3 Fälle als Beweise für diese Theorie. Es scheint in der frühen Zeit für die Erbauer von Straßen nicht so wichtig gewesen zu sein, wie die Straße hieß, sondern nur, daß die Fora (Plural von Forum: lat. für: "Marktplatz", öffentlicher Platz, Mittelpunkt des geschäftlichen und öffentlichen Lebens), die sie an ihnen erbauen ließen, nach ihnen benannt wurden und erst später wurden dann die Straßen nach den Fora benannt.
In der Kaiserzeit trugen Straßen meistens den Namen des Kaisers, bzw. Straßen, die er reparieren ließ, wurden nach ihm umbenannt.
Erwähnenswert ist vielleicht noch der Fall der Via Gabiniana (im ehemaligen Jugoslawien). Sie wurde von Soldaten der 7. Legion zwischen 17 und 20 n. Chr. angelegt und zur Erinnerung an A. Gabinius so benannt, der 48/47 v. Chr. hier eine Niederlage erlitten hatte.

 

Die Gründe für den Bau der Straßen und ihre Bedeutung

Als die Römer um 300 v. Chr. anfingen systematisch Straßen anzulegen, geschah es hauptsächlich aus dem Grund, daß der Kontakt zu einer Stadt oder Region, wo sie aufgrund eines Feldzuges oder eines Bündnisses Fuß faßten, nicht abbrechen konnte. Abgesehen von Zufahrtswegen für die Versorgung einer Stadt dienten diese ersten Straßen ansonsten vorwiegend militärischen Zwecken, wie der schnellen Truppenverlegung und der Grenzsicherung, was für das römische Reich lebenswichtig war, weil es sich ganz wesentlich auf seine Militärmacht stützte. Aber da eine Militärmacht nur so lange gefürchtet bleibt, wie sie ohne Zeitverlust Truppen mit unverminderter Schlagkraft überall einsetzen kann, braucht es dafür ein tadellos funktionierendes Verkehrswegesystem. Auch für die Nachrichtenübermittlung war das Straßennetz von größter Wichtigkeit, denn wie sonst sollte jeder Statthalter in den Provinzen von den jüngsten politischen Entwicklungen in Rom nur wenige Tage später erfahren.

Mit der Zeit nahmen die militärischen Bedürfnisse für den Straßenbau ab, da das römische Reich in der frühen Kaiserzeit eine stabile Ordnung im ganzen Abendland sicherte und sich dadurch der internationale Handel entfaltete. Alte Städte blühten auf, neue wurden gegründet und wollten mit der Hauptstadt verbunden sein. Der internationale Handelsverkehr ging in alle Richtungen. Außerdem gab es so etwas wie Tourismus. Man reiste zur Weiterbildung nach Griechenland, machte eine Kur in einem Heilbadeort oder eine fromme Pilgerreise zu einem Heiligtum. Der daraus entstandene Wunsch nach mehr Reisekomfort veränderte, wie schon erwähnt, die Art des Straßenbaus.
Für die Ausbreitung der römischen Kultur waren die Straßen von entscheidender Bedeutung. Von der Nordsee bis an den Rand der Sahara, vom Atlantik bis Mesopotamien verbanden sie Wirtschafts- und Kulturräume, Militär- und Verwaltungszentren. Sie stellten geradezu ein Symbol der Einheit des römischen Reiches dar. Da viele Menschen in der Kaiserzeit im Laufe ihres Lebens wiederholt von einer Ecke des Reiches in die andere verschlagen wurden, verbreiteten sich mit ihnen Waren und Lebensgewohnheiten, Kenntnisse und Nachrichten. Das ausgebaute Straßensystem war Voraussetzung dazu.
Zur Verbreitung von Nachrichten richtete Augustus den cursus( lat. für: "Lauf") publicus (lat. für: "staatlicher") ein, eine Art Post, die aber kaiserlichen Depeschen vorbehalten war. Der cursus publicus bestand anfangs aus vertrauenswürdigen jungen Männern in vormilitärischer Ausbildung, die die amtliche Post in einer Art Stafette beförderten. Mit der Zeit befriedigte dieses umständliche System nicht mehr und da immer mehr Nachrichten als streng vertraulich eingestuft wurden, wurden die Briefe mitsamt ihren kaiserlichen Sendboten chauffiert.

 

Die Ausbildung der großen Hauptverkehrsstraßen

Als eine der ersten römischen Straßen gilt die aus der Vorzeit stammende Via Salaria (von Rom an die Adria). Als nächste große Straße folgte 334 v. Chr. die Via Latina, die 312 v. Chr. von der Via Appia ergänzt wurde, die von Rom nach Capua und später über Tarentum (Tarent) nach Brundisium (Brindisi) führte. Darauf folgte 241 v. Chr. die Via Aurelia; sie läuft an der Westküste nach Norden bis Pisae (Pisa). 220 v. Chr. wurde die Via Flaminia von Rom nach Ariminum (Rimini) gebaut, die 187 v. Chr. von der Via Aemilia ergänzt wurde, die in der heutigen Emilia Romagna und der Poebene verläuft.
Aus dieser Zeit stammen außerdem noch die Via Cassia und Via Postumia. Im Zusammenhang mit den punischen Kriegen (264 - 146 v. Chr.) überschritten die Römer mit der Via Egnatia Italien. Sie führte jenseits der Adria die Linie Rom - Brindisi fort. Augustus (63 v. Chr. - 14 n. Chr., Kaiser ab 31 v. Chr. ) baute besonders die Alpenstraßen aus, sein Mitarbeiter Agrippa die Straßen in Gallien, den Rheinlanden und Spanien. Als Alpenpässe wurden von den Römern schon der Große Sankt Bernhard, der San Bernardino, der Simplon, Maloja, Splügen, Julier, Brenner, Septimer, der Paß bei Tenda und Montgenèvre benutzt. Die größte Ausdehnung erreichte das römische Straßennetz mit 85.000 km unter Traian (ca. 110 n. Chr.). Dazu kamen noch ungefähr 300.000 km nicht ausgebauter Straßen. (Zum Vergleich: Westdeutschland hatte 1982 ca. 40.000 km Autobahnen und Bundesstraßen). Die längste von Römern gebaute Straße dürfte mit 2.000 km Länge die Via Nerva sein. Sie verbindet Gibraltar mit Alexandria.

 

Reisen im alten Rom

Für die Römer war Reisen eine Anstrengung, die man lieber vermied, die aber angesichts der Ausdehnung des Reiches immer notwendiger wurde. Die römischen Straßen dienten trotzdem mehr der Personen- als der Güterbeförderung, denn besonders die schweren Transporte wurden auf das Wasser verlegt und nur die nötigsten Dinge, wie für die Versorgung einer Stadt, auf der Straße transportiert. Man reiste, wenn es möglich war, in einer größeren Gruppe, da dies mehr Schutz gegen Straßenräuber bot.

[Essedum oder cisium] 
Essedum oder cisium 

Es gab, je nach Bedürfnis des Reisenden, eine Vielzahl verschiedener Wagen. Wollte man recht schnell vorwärtskommen und hatte wenig Gepäck, so nahm man einen zweirädrigen Wagen wie das essedum, das wahrscheinlich einem keltischen Kriegswagen nachempfunden war, oder das cisium, das leichter als das essedum war und für kurze Strecken auf guten Straßen verwendet wurde. Für sehr kurze Wege und den Stadtverkehr gab es das elegante carpentum oder die lectica. Diese Wagen waren mit bis zu 2 Pferden oder 3 Maultieren bespannt. Bei größerem Gepäck war ein vierrädriger Wagen unerläßlich, doch auch hier gab es verschiedene Möglichkeiten zur Auswahl. Das schnellste Gefährt war die carruca. Man konnte in ihr sogar während der Reise schlafen (carruca dormitoria). Sie scheint eine Art "Luxuskarosse" gewesen zu sein, denn sie war reichlich mit Quasten und Gold verziert. In der ausgehenden Kaiserzeit war die raeda sehr beliebt, ebenso das pilentum, das von Maultieren, die Glöckchen trugen, gezogen wurde. Zum Warentransport wurde das plaustrum benutzt oder bei schweren Lasten das serracum oder das saccarium. Alle drei besaßen Scheibenräder aus Holz und wurden von Ochsen gezogen. Im Heer fand besonders der carrus und das clabularium Verwendung, wobei der carrus auch von den Kelten stammte.

[Raeda oder Carruca] 
Raeda oder Carruca 

Die meisten der römischen Wagen besaßen bis auf einige Ausnahmen starre Achsen. Das hieß für einen Reisenden, so schnell er auch fahren könnte, wenn er einmal in die Spurrillen auf den Straßen hineingeraten war und versuchen wollte ein langsames Ochsengespann zu überholen, riskierte er mindestens einen Achsenbruch. Da die römischen Wagen auch keine Bremsen hatten, war es besonders an Steigungen oder Gefällen sehr gefährlich, wenn die Zugtiere keinen Halt mehr fanden oder ins Rennen gerieten. Verletzte und Verkehrstote waren keine Seltenheit.

Trotz dieser Vielzahl an Wagen gab es noch einen großen Teil der Bevölkerung, wie arme Leute und Legionäre, die zu Fuß reisten. Dies war bei weitem die beschwerlichste und gefährlichste Art, sich auf Roms Straßen fortzubewegen, da Ortschaften oft mehrere Tagesmärsche auseinander lagen und man sich trotz Maßnahmen gegen Straßenräuber nicht immer der Absichten der anderen Straßenbenutzer sicher sein konnte. Also benutzte man, sobald man sich es leisten konnte, einen Esel, der recht robust war und auch noch zusätzliche Lasten tragen konnte.
Ansonsten gab es noch die Möglichkeit, eine Sänfte zu benutzen oder zu reiten. Die Sänfte wurde im Stadtverkehr bevorzugt, wobei reiche Leute eine Meute Hunde oder Sklaven vorausschickten, um den Weg zu räumen und auf sich aufmerksam zu machen. Auf längeren Reisen war sie nur etwas für Personen, die sich gemächlich durch die Gegend schaukeln lassen wollten. Die schnellste Art zu reisen war natürlich zu Pferd, doch diese waren teuer und nur höheren Gesellschaftsschichten vorbehalten. Da Pferde außerdem bei gewissen klimatischen Bedingungen weniger geeignet waren und auch zusätzlich zum Reiter keine großen Lasten tragen konnten, machten auch sie nur einen kleinen Teil der Straßenbenutzer aus.
Staatsbeamte auf Dienstreisen waren ursprünglich die einzigen, die die Postkutschen des cursus publicus benutzen durften, doch mit der Zeit bekamen Privatleute heraus, wie sie ihre (Geschäfts-) Reisen im Interesse des römischen Staates präsentieren konnten, um Sondergenehmigungen zu bekommen, denn mit den Postkutschen, die bis zu 85 km am Tag zurücklegten, lies es sich gut und schnell reisen. Die Übernachtung machte hierbei auf den ersten Blick auch wenig Probleme, da viele der ungefähr 1850 Poststationen (von posita statio, etwa "Zwangshalt") auch Herbergen waren. Man konnte also die Nacht im "Ad Decem Pagos" (Zu den zehn Gauen), dem "Ad Aquilam" (Zum Adler) oder doch lieber im "Ad Rotam" (Zum Rad) oder dem "Ad Draconem" (Zum Drachen) verbringen. Wenn man aber den Überlieferungen Glauben schenken darf, so waren diese Unterkünfte die reinsten Halsabschneiderbuden, von Ungeziefer verseuchte Löcher und düstere Stuben voller zwielichtiger Gestalten. Es wird von Reisenden berichtet, die ein Gasthaus betraten, danach aber nie wieder gesehen wurden, und wenn man Galen, dem Leibarzt von Marc Aurel (Marcus Aurelius Antoninus, 121 n. Chr. - 180 n. Chr., Kaiser ab 161 n. Chr., bis 169n. Chr. zusammen mit Stiefbruder L. Verus), Glauben schenken darf, so stammte das Schweinefleisch, das in den Wirtschaften serviert wurde nicht immer von Schweinen, sondern auch von den auf Nimmerwiedersehen verschwundenen Reisenden. Viele dieser Gasthäuser betrieben gleichzeitig auch Bordelle, besonders, da auf der Via Appia aus Brundisium immer "frische" Mädchen und Jungen (!) in Sklaventransporten aus dem Orient gebracht wurden. Deshalb schlugen vermögende Römer von gutem Ruf lieber mitsamt ihrer Dienerschaft am Straßenrand Zelte auf, und dem wahren "Mann von Welt" genügte sein Name, um ihm die Türen der besten Privathäuser zu öffnen, natürlich mit der unausgesprochenen Erwartung, daß er sich bei nächster Gelegenheit revanchieren wird.
Die Reisekleidung des Römers bestand aus einer knielangen Tunika und einem Wollumhang mit Kapuze zum Schutz gegen Kälte und Regen. Außerdem trug man einen Stock bei sich, um sich an Steigungen abstützen zu können oder um streunende Hunde abzuwehren. Wenn man allein in gefährlichen Gegenden reiste, empfahl es sich auch ein Kurzschwert oder eine ähnliche Waffe mitzunehmen.
In puncto Reisegeschwindigkeit wurden bei den Römern viele Rekorde aufgestellt und wieder gebrochen. So brachte es M. Porcius Cato 191 v. Chr. auf der Strecke Rom - Brindisi zu einer Tagesleistung von 121 km. Caesar übertraf ihn bei Ausbruch des Gallischen Krieges (58 - 51 v. Chr.) mit 150 km. Der amtliche Geschwindigkeitsrekord lag später unter Tiberius (*42 v. Chr. +37 n. Chr., Kaiser ab 14 n. Chr. ) bei ca. 300 km pro Tag. Im Durchschnitt betrug die Geschwindigkeit eines normalen Reisenden 30 km am Tag, die eines Postboten das doppelte.
Bei dem Straßennetz der Römer und den sonstigen dazugehörigen Einrichtungen, wie Herbergen und Polizeistationen, verwundert eines: Es gab so gut wie keine Straßenkarten. Eine erhaltene sind die Peutingerschen Tafeln, die allerdings nicht wie unsere heutigen topographischen Karten ein genaues Bild der Landschaft lieferten, sondern eher ein Stations und Straßenverzeichnis der Verbindungen zwischen den Stationen darstellten. Ein Reisender hatte also wenig Möglichkeiten, eine Reise in ein ihm unbekanntes Gebiet zu planen. Daraus entwickelte sich ein neues Gewerbe, von dem wir denken, daß es eher eine Errungenschaft unserer Zeit ist: das Reisebüro. Hier konnten sich dann Personen, die im Begriff waren zu reisen, Informationen holen, wie Ortschaftsverzeichnisse, Reisebeschreibungen und Wirtshauslisten für die wichtigsten Strecken. Die Reiseberater mußten sich dauernd durch Mittelsmänner in den verschiedensten Provinzen auf dem neuesten Stand halten, denn der, der die aktuellsten und zuverlässigsten Auskünfte erteilen konnte, machte am meisten Profit.

Meilenstein, gefunden am Ofanto bei Cannae, jetzt in Barletta: 

LXXXIX (milia passuum Romam)
Imp(erator) Caesar
divi Nervae f(ilius)
Nerva Traianus
Aug(ustus) Germ(anicus)Dacic(us)
pont(ifex) max(imus), tr(ibunicia) pot(estate)
XIII, imp(erator) VI, co(n)s(ul) V,
p(ater) p(atriae)
viam a Benevento
Brundisium pecun(ia)
sua fecit. 

79 Meilen nach Rom
Kaiser Nerva Traianus Augustus,
Sohn des vergöttlichten Nerva,
Sieger über die Germanen und Daker,
oberster Staatspriester,
Inhaber der tribunizischen Staatsgewalt zum 13. Male,
sechsmal als siegreicher Feldherr akklamiert,
fünffacher Konsul,
Vater des Vaterlandes,
hat auf eigene Kosten
die Straße von Beneventum
nach Brundisium bauen lassen.

(Aus: Römische Inschriften, S. 160) 

An den Straßen dienten außerdem Meilensteine als Orientierungshilfe. Von ihnen kennt man ungefähr 4.000 Stück. Sie waren meistens 1,5 - 4 m hohe Steinsäulen, auf denen neben der Entfernung zur nächsten Stadt auch der Name des Erbauers und des Förderers der Straße stand. Viele von ihnen tragen auch langatmige Kaiserinschriften, zu deren Verständnis man wissen muß, worum es sich handelt.

In der Regel finden sich Meilensteine im Abstand von einer röm. Meile (1,4815 km). Daß sie an manchen Strecken nur spärlich oder gar nicht vorhanden sind, versucht man mit Sparmaßnahmen zu begründen, aufgrund derer Meilensteine auch aus Holz gefertigt wurden und nicht überdauerten. Der bekannteste Meilenstein ist der 20 v. Chr. aufgestellte "Goldene Meilenstein" des Augustus, der sich auf dem Forum Romanum beim Saturntempel befand und dessen Trommel heute noch dort liegt.
Auf ihm standen auf vergoldeten Bronzetafeln die Entfernungen zu den wichtigsten Städten des Reiches und er war der symbolische Ausgangspunkt aller Verkehrsverbindungen. Ein weiterer Verdienst Augustus' ist, daß er Marcus Agrippa 20 Jahre lang das römische Reich kartographieren ließ. Seine Arbeiten und die im 2. Jh. n. Chr. von Claudius Ptolemäus geschriebene Anleitung zur Erdbeschreibung waren später die Grundlage für die römischen Itinerare, das sind Listen mit Ortschaften und den Entfernungen zwischen ihnen, die manchmal auch Informationen über Straßenzustand, Abkürzungen und Furten lieferten. Das bekannteste von ihnen ist das antoninische, das ca. 300 n. Chr. angefertigt wurde. Eine andere berühmte Karte soll Julius Caesar besessen haben. Sie war eine goldgetriebene Abbildung des römischen Reiches und seiner Straßen, auf der Edelsteine die großen Städte darstellten.

In Vicarello in Mittelitalien, einem berühmten Kur- und Badeort der Antike, fand man kleine Nachbildungen von Meilensteinen, die z. T. mit sämtlichen Stationen von Spanien bis Vicarello beschriftet waren. Sie dienten wahrscheinlich als Reiseführer und wurden einer Gottheit am Ende der Reise als Weihegeschenk gegeben. (Vielleicht der Stata Mater, Genossin des Vulcanus und Schutzgöttin der Straßen).

 

Straßen in den Städten

Straßen in den Städten wurden bei Neugründungen bevorzugt rechtwinklig ausgerichtet, denn dies erlaubte einen besseren Überblick und eine Einteilung in Stadtviertel. Die Straßen waren meistens gepflastert. Damit Fußgänger sauberen und trockenen Fußes von einem Gehsteig zum anderen kommen konnten, hatten sie erhöhte Steine im Pflaster, über die man gehen konnte und zwischen denen Karren oder Wagen gut hindurch fahren konnten. Außerdem mußten die Erbauer von Privathäusern auf eigene Kosten den Gehweg an ihrem Grundstück überdachen lassen, damit es auf dem Gehweg schattig und bei Regen trocken war.
Ein besonderes Kennzeichen städtischer Straßen scheint gewesen zu sein, daß sie ständig überfüllt waren. So war das Stadtzentrum von Rom seit 45 v. Chr. zwischen 6 und 16 Uhr für Fahrzeuge, besonders die der Zulieferer, die Rom versorgten, gesperrt, mit einigen Ausnahmen, die mit der Zeit immer häufiger wurden. So beklagte sich Juvenal (Decimus Iunius Iuvenalis, Satirendichter, ca. 60 - 130), daß man am Tag kaum durch das Gewühle kam und nachts kein Auge zukriegte, weil "die Wagen durch enger Gassen Gewinkel rumpeln, Herden sich stauen und die Flüche der Treiber hallen." Außerdem wurden Einbahnstraßen, Parkverbote und markierte Parkplätze eingeführt. 50 n. Chr. wird dieses Verbot Caesars auf alle italienischen Städte ausgeweitet und 125 n. Chr. sieht sich Hadrian gezwungen, die Anzahl der Fahrzeuge, die nach Rom hinein durften noch weiter zu beschränken. An den Stadttoren befanden sich deshalb meistens Mietwagenfirmen, da es sich für einen normalen Bürger nicht lohnte, sich ein Gefährt samt Zugtier zu kaufen.
Die meistbefahrenste Straße dürfte die Via Portuensis zwischen Rom und Ostia gewesen sein, die zur Bewältigung des großen Verkehrsaufkommens zweispurig gebaut worden war und deren Mittelstreifen Fußgängern vorbehalten war.

[Straße in Pompeji] 
Römische Straße in Pompeji. Die Räderspuren sowie die Steine zum Überqueren der Straße sind noch deutlich sichtbar. 

 

Die Gründe für den Verfall der Straßen und was von ihnen überdauerte

Für den Verfall der Straßen gibt es eine Vielzahl an Gründen. Die Entwicklung bahnte sich von langem an. Verschwenderische Importe von Luxusartikeln und hohe Militärlasten ließen die Volkswirtschaft (Gesamtheit der Einzelwirtschaften eines Staatsgebietes) schrumpfen; was sich in Jahrhunderten zu einer Geldwirtschaft (Wirtschaftsform, in der der Güteraustausch aus zwei versch. Kaufakten besteht (Waren gegen Geld, Geld gegen Waren)) mit einem weltweiten Handel entwickelt hatte, fiel unter der Teuerung zu einer reinen Warenwirtschaft zusammen. Da das Geld kaum mehr etwas wert war, hielt man sich wieder an die Naturprodukte und kehrte an manchen Orten zu einem primitiven Tauschhandel zurück. Die großen Städte waren kaum mehr lebensfähig: viele verfielen, andere verloren an Einwohnern. Da der Handel mancherorts auf Null zurückging, wurden die Straßen kaum mehr gebraucht und, da der Staat ohnehin die nötigen Mittel nicht mehr aufbrachte, auch nicht mehr unterhalten.
Als 401 n. Chr. die Westgoten unter Alarich ins römische Reich einfielen und 410 als erste Armee seit 800 Jahren Rom einnahmen, war es um die Straßen geschehen, denn die neuen Herren des römischen Reiches konnten mit ihnen nichts anfangen. Sie hatten kein Geld für die Instandhaltung und keine zentrale Verwaltung, die sich um die Straßen kümmerte. Es bestand kein Bedarf an weiten Reisen und kein Interesse an städtischem Leben. Eine weitverbreitete Verteidigungsstrategie gegen Plünderer und neidische Nachbarn bestand darin, alle Durchgangsstraßen zu schließen. Außerdem lagen viele der neuen Siedlungen in Flußtälern und damit weitab von den römischen Straßen. Oft wurden auch die Steine der Straßen für andere Bauten verwendet. Der meiste Verkehr zu Land wurde auch wieder zu Fuß bewältigt. Leichtere, wertvollere Fracht wurde auf unbeschlagenen Lasttieren transportiert, schwere Fracht zu Wasser. Reisende zu Fuß gingen lieber auf festgetretenem Boden als auf Steinpflaster und benutzten somit vorzugsweise die alten Saum- und Viehpfade. Unter den Eroberungsvölkern herrschte auch die Ansicht, daß die Benutzung eines Wagens unter der männlichen Würde sei, und deshalb ritten sie lieber.

Aber trotz all dieser widrigen Umstände, findet man immer noch Überreste und Auswirkungen des römischen Straßennetzes in unserer Zeit. So trugen bis ins 19. Jh. römische Straßen den Großteil des europäischen Verkehrs. Selbst nach der Einführung der Eisenbahnen folgten diese meist den Trassen aus der Römerzeit. Und selbst diejenigen, die die Römer als Herrscher abgelöst hatten und die Straßen verfallen ließen, profitierten später von ihnen. Die Germanen übernahmen nach einiger Gewöhnungszeit die Art der römischen Stadtanlagen (z. B. die "Lauben" in Bozen: überdachte Gehwege). Außerdem diente die Via Claudia Augusta von Verona über den Brenner nach Augsburg (Augusta Vindelicum) den Herrschern des Mittelalters für ihre Italienzüge.
Die römische Brückenbautechnik wurde erst durch den Einsatz von Stahlbeton in unserer Zeit übertroffen.
12.000 km der heutigen italienischen Straßen sind nichts anderes als renovierte Römerstraßen und einige der von Römern angelegten Tunnel sind auch noch in Betrieb. Einige der Staatsstraßen tragen auch noch ihre alten Namen, wie. die Via Appia, Via Cassia, Via Flaminia, Via Latina, Via Salaria, Via Aurelia, Via Tiberina, Via Lauretana, Via Tiburtina, Via Domitiana, Via Nomentana, Via Praenestina und die Via Severiana.
Auch haben wir unser Wort "Straße" den Römern zu verdanken, denn eine Straße bauen hieß "viam munire" oder "viam sternere" und "Straße" leitet sich von der 3. Stammform von "sternere", nämlich "stratus,-a,-um" (gebaut) ab.

 

Straßen sogar ein Thema für die Dichtung

primus labor inchoare sulcos
et rescindere limites et alto
egestu penitus cavare terras;
mox haustas aliter replere fossas

et summo gremium parare dorso,
ne nutent sola, ne maligna sedes
et pressis dubium cubile saxis.

tunc umbonibus hinc et hinc coactis
et crebris iter alligare gomfis.
...
...opusque texunt cocto
pulvere sordidoque tofo
(Statius, Silvae IV 3. 40ff.)

Die erste Arbeit ist, Furchen anzufangen
und Grenzen zu reißen
und mit tiefer Ausschachtung das Erdreich ganz auszuhöhlen;
darauf (folgt die Arbeit,) den ausgehobenen Graben anderweitig zu füllen
und für den Fahrbahnbelag ein Bett zu bereiten,
damit die Böden nicht schwanken,

damit die Unterlage nicht zu knapp bemessen ist
und unterschiedlich reagiert, wenn die Steine in das Bett gepreßt werden.
Dann (folgt die Arbeit,) mit von hier und dort zusammengetragenen Wackersteinen
und vielen Verankerungen den Weg festzuhalten
...

...Man vereinigt das Bauwerk
mit gebranntem Staub (Töpfererde?)und schwarzem Tuff.

 

Zeittafel

450 v: Chr.  Zwölftafelgesetz legt Straßenbreite fest 
400 v. Chr.  Etrusker pflastern ihre Straßen, auf denen die Römer später aufbauen konnten 
um 300 v. Chr.  Römer beginnen mit der systematischen Anlegung von Straßen 
334 v. Chr.  Bau der Via Latina um neuerworbene Kolonie Calvi bei Capua (jetzige Autobahn: ca. 170 km) zu erreichen 
312 v. Chr.  Beginn des Baus der Via Appia (6 m breit, gekiest), als besser befestigte Ergänzung zur Via Latina. 
250 v. Chr.  Römer entwickeln Pozzolanzemente 
244 v: Chr.  Via Appia bis Brindisi verlängert 
241 v. Chr.  Bau der Via Aurelia 
220 v. Chr.  Via Flaminia angefangen 
170 v. Chr.  nahezu ganz Rom gepflastert 
187 v. Chr.  Via Aemilia als Fortsetzung der Via Flaminia angelegt 
295 - 123 v: Chr.  Via Appia wird gepflastert 
246 - 146 v. Chr.  Punische Kriege, Römer überschreiten italienische Halbinsel 
50 v. Chr.  Römer führen Begrenzungen für Radlasten ein 
45 v: Chr.  Cäsar läßt das Stadtzentrum von Rom von 6 -16 Uhr für Fahrzeuge sperren,außer natürlich für die der Beamten, Priester, bedeutenden Bürger und Besuchern. Einführung von Einbahnstraßen und Parkplätzen neben den Straßen 
20 v. Chr.  Augustus läßt den „Goldenen Meilenstein" auf dem Forum aufstellen. 
50 n. Chr.  Cäsars Verbot wird durch Claudius I. auf alle italienischen Städte erweitert. 
1. Jh. n. Chr.  Tiberius läßt Polizeistationen an allen größeren Straßen einrichten 
110 n. Chr.  Größte Reichsausdehnung unter Traian, 85.000 km erstklassige Straßen 
125 n. Chr.  Hadrian sieht sich gezwungen, die Anzahl der Fahrzeuge, die nach Rom hin ein durften, weiter zu beschränken. (180 werden Verbote auf alle Städte übertragen) 
130 n. Chr.  Hadrian läßt Via Appia weiter ausbauen, V.A. bis in 6. Jahrhundert. in Gebrauch 
um 300 n. Chr.  antoninisches Itinerar wird zusammengestellt. 
gegen 300 n.Chr. zunehmende Germaneneinfälle lähmen die Wirtschaftskraft, lassen das Steueraufkommen sinken und erschweren zunehmend auch die Unterhaltung des Straßensystems
401 n. Chr.  Westgoten fallen unter Alarich erfolgreich in das römische Reich ein 
410 n. Chr.  Westgoten erobern als erste Armee seit ca. 800 Jahren Rom 
 

  

 

  

 

 

 

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