Im 3. Jahrgang des "Sachsenspiegels", 1. und 2.
Juniheft 1939, haelt H. Meschendoerfer, der in Kronstadt eine sogenannte
"Buecherstube" unterhielt, in programmatischer Weise die
Aufgaben und Ziele des deutschen Buchhaendlers im Ausland
fest. Hier Meschendoerfers politisch und ideologisch hochbrisanter Text, in dem man zweifelsfrei auch das A und O seines "Lebenswerkes", auch nach 1944, erkennen darf.
"Einen Buchhandel an und fuer sich, der gewissermassen nur ein Sonderdasein im wirtschaftlichen Sektor lebt, gibt es nicht und hat es nie gegeben. Der Buchhandel als Ganzes ist stets ein politischer Faktor gewesen und hat also stets eine politische Funktion ausgeuebt" (Schoenfelder1). Heute ist das Buch staerker denn je als volkserzieherisches Mittel und als Mittler geistigen Gutes2 unter das Lebensgesetz des deutschen Volkes gestellt und damit fallen dem deutschen Buchhandel als Verbreiter des Buches so ungeheuere Aufgaben der Erziehung und Kulturpolitik zu, wie sie in dem Ausmaß bisher nicht bekannt waren. Uns volksdeutschen Buchhaendlern ergeben sich im Gesamtschaffen des deutschen Buchhandels noch ganz besondere Aufgaben, denn die Verpflichtung, kulturpolitischer Mittler und Betreuer des Geisteschaffens3 zu sein, stellt an uns ja unvergleichlich hoehere Anforderungen, als an den reichsdeutschen Buchhandel. Dabei erheben sich in schrifttumspolitischer Hinsicht drei grosse Verpflichtungen fuer den volksdeutschen Buchhandel:
Zunaechst als bedeutendste die Aufgabe, MITTLER ZWISCHEN DEM MUTTERLAND4 UND DEN DEUTSCHEN VOLKSGRUPPEN zu sein und den ungeheueren Geistes- und Krtaftstrom, der gerade in dieser Zeit im Mutterland aufgebrochen ist, hinueberzuleiten ueberall dorthin, wo deutsche Menschen leben. Darueber hinaus gilt es aber, nicht nur den Vermittler zu spielen, sondern selbst fuer eine Idee einzustehen und zu kaempfen5 , und das erfordert wieder eine klare WELTANSCHAULICHE AUSRICHTUNG UNSERES BERUFSSTANDES. Denn wenn wir uns fuer eine Idee einsetzen wollen, dann muss unsere Haltung so fest sein, weil wir doch die Wahl und Auslese der Buecher treffen muessen6, die unserer Volksgruppe Kraft7 verleihen sollen. [...] Darum muss die Auslese und Verbreitung der Buecher von strengen Gesichtspunkten ausgehen und bei klarer weltanschaulicher Haltung getroffen werden. Ein grosser Teil der geistigen und politischen Erziehung8 unseres Volkes liegt in der Hand des Buchhandels. Darum gilt es, bei ihm das Verantwortungsgefuehl zu staerken und seine Leistung in dieser Hinsicht zu steigern.
Die zweite grosse Aufgabe des volksdeutschen Buchhandels liegt DARIN, DAS GEISTESSCHAFFEN DER EIGENEN VOLKSGRUPPE ZU BETREUEN UND ZU VERBREITEN. Und auch hier muessen wir dieselbe Forderung stellen, naemlich die, dass der Buchhandel in der geistigen Auseinandersetzung der Volksgruppe eine eindeutige Haltung einnimmt9. Bisher hat der Buchhandel unserer Volksgruppe im Grossen diese Verpflichtung erfuellt und wir wollen es nicht als Zufall ansehen, dass unser erster Drucker-Verleger Honterus mit der Verbreitung von eigenen Werken begann gerade um das Buch in der geistigen Auseinandersetzung der Zeit als Kampfmittel einzusetzen und einer Idee wirksam zu machen. Wir wollen aber auch daran denken, dass der saechsische Buchhandel der Erneuerungsbewegung des Stephan Ludwig Roth einen schlechten Dienst erwiesen haette, wenn sich nicht begeisterte Maenner gefunden haetten, die seine Schriften verlegen und fuer deren Verbreitung sorgten. Und in juengerer Zeit wollen wir uns daran erinnern, welchen Anteil der Buchhandel des Banats an der Wiedererweckung des madjarisierten Deutschtums durch die Verbreitung der Buecher Adam Mueller-Guttenbrunns und seines Kreises hatte. So gesehen, fallen dem Buchhandel ungeheuere volkspolitische Aufgaben zu und warten heute auf eine dringende Loesung. Wenn wir aber von der Bedeutung des Buchhandels fuer die Betreuung des Geistesschaffens der eigenen Volksgruppe sprechen, dann muessen wir uns der Aufgabe bewusst sein, auch hier die Bruecke vom Volksdeutschtum zum Mutterland zu sein. Dass es heute im Reich ein geachtetes volksdeutsches Schrifttum gibt, ist nicht zu denken ohne das Mitwirken des volksdeutschen Verlages und Buchhandels.
Die dritte Aufgabe des volksdeutschen Buchhandels dient dem geistigen Austausch
und damit der VERSTAENDIGUNG DES DEUTSCHEN VOLKES MIT DEM STAATSVOLK. Die
Moeglichkeiten des Einsatzes auf diesem Gebiet sind von uns noch lange
nicht voll ausgewertet worden und doch ist gerade der Buchhandel wie kein
anderer Beruf dazu geeignet, seinen Teil zum gegenseitigen Kennen- und
Verstehenlernen der Voelker beizutragen. Diese Aufgabe wird uns in der
Zukunft ganz besonders beschaeftigen muessen."
Am 8. August 1942 meldete die "Suedostdeutsche Tageszeitung", das Organ der Deutschen Volksgruppe in Rumaenien, dass
"Die Fachschaft Buchhandel der Schrifttumskammer der Deutschen Volksgruppe
in Rumaenien" "mit dem Boersenverein der deutschen Buchhaendler zu Leipzig
zum Zweck engerer Zusammenarbeit und zur Loesung gemeinsamer Aufgaben einen
Vertrag abgeschlossen" hat. "Dieser vertrag sieht unter anderem vor, dass
die Fachschaft Buchhandel der Deutschen Volksgruppe einen Vertreter in
den Grossrat des Boersenvereins entsendet, dass die Verkehrs- und Verkaufsordnung
des Boersenvereins fuer die Fachschaft verpflichtend gemacht wird und dass
die Frage der Mitgliedschaft geregelt wird. Mit diesem Vertrag wird die
Fachschaft Buchhandel als alleinige Vertretung des deutschen Buchhandels
in Rumaenien vom Boersenverein anerkannt.Der Vertrag ist vom Vizepraesidenten
der Reichs-Schrifttumskammer Wilhelm Bauer und vom Leiter der Fachschaft
Buchhandel Hans Meschendoerfer unterzeichnet."