Der offizielle Antisemitismus der "Deutschen Volksgruppe in Rumaenien" 1940 - 1944


Logo Design
Hit Counter

         Der systematisch vom SS-Mann Andreas Schmidt und seinem „Amtswalter“-Heer kultivierte Antisemitismus manifestiert sich besonders krass im Rahmen der Gleichschaltung der „Deutschen Volksgruppe in Rumaenien“ mit dem „Mutterland“. 1   Diese Fratze des Ungeistes und der Barbarei findet im Organ der „Volksgruppe“, die „Suedostdeutsche Tageszeitung“ (1941-1944), ihren sprechenden Niederschlag. Ohne den Anspruch auf Vollstaendigkeit zu erheben, konnten insgesamt 206 Artikel mit antisemitisch-rassistischem Inhalt identifiziert werden, was einem Jahresdurchschnitt von 51,5 entspricht. Das Jahr 1943 ist mit 110 Beitraegen am dichtesten belegt. Was nicht verwundert, weil der Holocaust nach der verlorenen Schlacht von Stalingrad seinen Hoehepunkt erreichte und die Intensivierung des moerderischen Treibens auch in der Nazi-Propaganda quantitativ reflektiert wurde. Die antisemitischen Artikel der „Suedostdeutschen Tageszeitung“ lassen sich nach Zweck, Inhalt und Zielgruppe in mehrere Gruppen teilen. So nimmt die 

Judengesetzgebung des Regimes Antonescu2

 

einen stattlichen Raum ein. Am 18. Juni 1942 wird auf S.4 ueber „Konzentrationslager fuer juedische Schieber“ berichtet Am 9. August 1942 wird auf S.4 die „Fortschreitende Entjudung Rumaeniens“ gemeldet, unter der Angabe, dass es in Rumaenien „noch 272.409 Juden“ gibt, „davon 97.868 allein in Bukarest“. Weitere Berichte ueber die fortschreitende „Entjudung“ bringt das Organ der „Volksgruppe“ am 8. Januar 1943 in der „Wirtschaftsbeilage“ auf S.3 unter dem Titel „Die planmaessige Ausschaltung der Juden“ und am 9. Maerz 1943, S.6: „Die Rumaenisierung der Wirtschaft. Bisher 3825 juedische Firmen und 21.719 Lohnempfaenger abgebaut“; am 8. Juni 1943 wird auf S.4 gemeldet, dass 287 juedische Reserveoffiziere aus der Armee ausgeschlossen wurden. Am 13. Juni 1943 illustriert ein Bericht des Unterstaatssekretaers fuer Arbeit Dr. Danulescu ueber die Rumaenisierung der Unternehmen die „Entjudung auf breiter Front“. Die Beilage  „Wirtschaftsdienst. Mitteilungen des Wirtschaftsamtes“ bringt am 17. Juni 1943 einen „Ueberblick ueber den Fortschritt der Rumaenisierung im Wirtschaftsleben“ und am 2. Juli 1943 erfaehrt die Leserschaft, dass juedische Arbeitskraefte in der Bukowina „erfasst“ werden. 

           Beitraege, die Glaubwuerdigkeit dadurch erzielen wollen, dass sie die Diskriminierung auf das anstoessige und gesetzwidrige Alltagsverhalten der Juden zurueckfuehren

 

            Die antijuedische Stimmung wird mit einer besonderen Art von Artikeln geschuert, die den Anschein der Authentizitaet erwecken wollten, indem sie Geschehnisse des unmittelbaren Alltags propagandistisch manipulierten. So lautet der Titel eines Beitrags vom 7. August 1941 auf S.7 „Wegen Juden verpruegelt“. Am 22. April 1942 heisst es auf S.4: „Sie wissen sich immer zu helfen“. Die Folge vom 17. Januar 1943 berichtet auf S.4, dass Juden sich von der Pflichtarbeit „loskaufen“ wollten. Unter dem Titel „Es geht ihnen furchtbar schlecht“ wird aus Bukarest berichtet: „10 arbeitspflichtige Juden, die fuer Gartenarbeiten im Bukarester Nationalpark eingeteilt waren, wurden verhaftet, weil sie auf frischer Tat ertappt wurden, [...] (3. Juni 1943, S.9). Am 18. Juni und am 27. Juli 1943 wird die Vollstreckung von Todesurteilen gegen gesetzesbruechige Juden mitgeteilt. Selbst „juedische Mordanschlaege“ werden gemeldet (15. Dezember 1943, S.4). In derselben Folge wird ueber die Aushebung einer juedischen Passfaelscherzentrale berichtet. 

Die legendenbildenden Beitraege

 

sind eng an das Glaubwuerdigkeitsmuster der vorherigen Textgruppe angelehnt, zeichnen sich aber durch einen betraechtlichen Zusatz von Maerchenhaftigkeit aus. Am 4. August 1942 wird berichtet, ein Jude habe eine Briefmarke gefaelscht und damit angeblich 3 Millionen Mark „verdient“. Die Unmoeglichkeit, die Rassen- oder nationale Zugehoerigkeit durch Blutanalysen zu bestimmen, wird hier propagandistisch ins Gegenteil umgekehrt: ein Jude sei durch die Blutprobe als solcher erkannt worden (11. Maerz 1943). Weitere aufschlussreiche Titel: „Rabbiner als Urkundenfaelscher“, „Die Tapferkeit des Itzig Haller“, „Der Jude im Sprichwort der Voelker“. 3

Antisemitische Aeusserungen in ideologischen Hetzartikeln und Hetzreden einheimischer Nazigroessen

            Der D(eutsche) J(ugend)-Fuehrer Dankwart Reissenberger aeussert, das Weimarer Parlament sei „verjudet“ gewesen (28. Januar 1942, S.7). Walter May, der Chef des Propagandaamtes, fuehrt als Forderung, welche die Front an die Deutschen stelle, die Ausrottung der Juden an („[...] und [wir] alle Juden ausgerottet haben“) (5. Mai 1942, S.3). Der Kreisleiter des Burzenlandes, Tischlermeister Guido Petrowitsch, greift in seiner Rede bei der Eroeffnung der „deutschen“ Schule in den Sieben Doerfern bei Kronstadt die frueheren „juedisch-demokratischen Parteien“ Rumaeniens an (5. November 1942, S.5). Bemerkenswert ist der Reisebericht des Schriftstellers Heinrich Zillich „Erlebnis des Ostens“, wo es u.a. heisst: „[...] Die Knechtung, die in Russland geschieht, entspringt einer lebensfremden, seelentoetenden Theorie, die sich unter ihren Erzpriestern, den Juden, mit den Daemonen des Ostens vereinigte. [...] Aber der entfesselte Daemon des Ostens ist heute[,] durch die Technik des barbarischen Glanzes entkleidet[,] durch die Juden in die kaelteste Zweckmaessigkeit herabgefuehrt, die sich dabei selbst aufgibt. [...]“4   Als die Schlacht um Stalingrad tobte, aeusserte sich Volksgruppenfuehrer Andreas Schmidt auf der Grosskundgebung der Deutschen Volksgruppe in Rumaenien zum 10. Jahrestag der Machtergreifung ueber den „ewige Juden“, ueber die Gefahr, das „Judentum“ koenne in Europa Fuss fassen, ueber die „kommunistisch-juedische Seite“ u. aehnlich.5   Demselben militaerpolitischen Kontext gilt der „Juedische Einbruchsversuche“ getitelte Leitartikel des Propagandachefs der Volksgruppe, Walter May (21. Februar 1943, S.1f.). Von den zahlreichen antisemitischen und rassistischen Äusserungen des Direktors und Hauptschriftleiters der „Suedostdeutschen Tageszeitung“, Alfred Hoenig, sei der von antibolschewistischer Panikmache gespeiste Leitartikel „Stalin traeumt vom Balkan“6   erwaehnt, in dem folgende Propagandaklischees fallen: „[...] Die Spekulation des juedischen Gehirntrusts um Roosevelt [...]; [...] die Vorherrschaft des Judentums in der Welt [...], [...] die juedische Fuehrung Amerikas [...].“

            Recht aufschlussreich ist der Sprachduktus des SS-Mannes und „Stableiters“ der Volksgruppe, Andreas Ruehrig, anlaesslich der Verabschiedung des dritten „Freiwilligen“-Transports fuer die Waffen-SS aus Kronstadt (Brasov): „Denn, wenn es noch eines Beweises bedurft haette, dass wir hier in der Vergangenheit nicht, wie Juden und judenhoerige Elemente boeswillig meinen, uns an fremde Tische gesetzt haben, um im Lohn fremder Arbeit zu schwelgen, sondern einzig und allein nur eines gekannt haben, naemlich vorzuarbeiten und vorzukaempfen [...]. Wenn auch hie und da wieder Juden und Judensoeldlinge dreist werden, weil man sie anscheinend viel zu gut behandelt, so steht demgegenueber, meine Kameraden und Genossen, die Tatsache, dass der Marschall Antonescu einzig und allein die Politik dieses Landes bestimmt und zwar bestimmt mit dem Schwert des rumaenischen Soldaten an der Front. [...]7

Die Juden als Gefahr fuer die „Volksdeutschen“ Rumaeniens

             Der Leiter der Hauptabteilung III des „Bauernamtes“, Hans Stein, will in „Die Aufgaben unserer Dorfgemeinschaften“ „juedischen Zwischenhandel“ feststellen, der auszuschalten sei (6. Februar 1942, S.6). Am 8. August 1942 wird auf S.7. aus Reps (Rupea, Koehalom) berichtet: „[...] Waehrend man bis vor anderthalb Jahren meistens Judenzelte an diesen Jahrmaerkten auf dem Repser Marktplatz aufgestellt, sah, in denen die Bevoelkerung betrogen wurde, da hatten jetzt Hausiererzigeuner die Plaetze der Juden eingenommen, [...].“ Benno Binder, Gebietsdienststellenleiter, formuliert im Aufsatz „Unsere Kreditgenossenschaften“ die Hauptaufgabe dieser einheimischen Geldinstitute wie folgt: „Ausrottung des Privatwuchers und der Rettung von Volksgenossen aus den Haenden gewissenloser juedischer Ausbeuter.“8   Die Haltlosigkeit solcher Panikmache bedarf keiner besonderen Hervorhebung. Wie verheerend das durch antisemitischen und rassistischen Drill hervorgerufene Hass- und Angstpotential in den Reihen der sogenannten SS-„Freiwilligen“ war, belegt eine der Kreideschmierereien auf den Waggonplanken, in denen die „Freiwilligen“ aus Temeschburg und Umgebung am 12. Juli 1943 abtransportiert wurden: „Juda du kommst auch dran“.9

Reichsdeutsche Stellungnahmen zur Judenpolitik

             G. Billes, der Berichterstatter der Wochenschrift „Der Film“ fuer Rumaenien, verfasste zahlreiche antisemitische Texte fuer die deutschsprachige Presse jener Tage. In der „Suedostdeutschen Tageszeitung“ erschien „Rumaeniens Beitrag zur Judenfrage“, woraus wir zitieren: »„Zum erstenmal werden nicht andere Voelker verbluten, sondern zum erstenmal wird das echt altjuedische Gesetz angewendet: Auge um Auge, Zahn um Zahn." Diese Worte, die der Fuehrer am 9. Jahrestag der Machtergreifung praegte, haben wie ueberall in der Welt, so auch in Rumaenien nachhaltigen Wiederhall gefunden. Der Zufall will es, dass gerade am darauffolgenden Tag, am 31. Januar, die von Marschall Antonescu unterzeichnete Durchfuehrungsverordnung zum Gesetz ueber die Errichtung der „Judenzentrale in Rumaenien“ erscheint. Damit strebt die Regierung eine wahrhaft europaeische Loesung des Judenproblems an, die geschichtlich nachweisbar fuer das Land bereits im Mittelalter, nach Dokumenten aus dem 12., 13. und 14. Jahrhundert erstmalig in Erscheinung tritt, soll nun unter den Augen eines offiziellen Regierungsvertreters in geordnete Bahnen geleitet werden. [...] Das ist im grossen gesehen Rumaeniens Beitrag zur Loesung der Judenfrage auf europaeischer Grundlage. Erstmalig wird damit dem grundsaetzlichen rassisch-politischen Problem des Juden Rechnung getragen, im Gegensatz zu frueher, wo man auf rein verwaltungsmaessigem Wege dieses Ziel zu erreichen suchte. Der Ausschluss des juedischen Elementes aus der rumaenischen Wirtschaft ist auch weiterhin die Aufgabe des Unterstaatssekretariates fuer Rumaenisierung, Kolonisierung und Industrialisierung. [...]«10

            Der sich selbst „Reiseschriftsteller“ nennende, jedoch zweifelhafte Spaehdienste fuer den Nazistaat ausfuehrende Colin Ross11   belegt im Vortrag „Die Sowjetunion zwischen 1917 und 1940“ in Hermannstadt (Sibiu) die sowjetische Fuehrung und den Sowjetstaat mit antisemitisch-rassistischen Stigmata: „die meist juedischen Leiter“; „das Wesen dieses in russischem Mystizismus verankerten, von Juden mit oedem Materialismus durchtraenkten Staates der Maschinen, Heloten und Revolutionaere“.12

            Ein gewisser Walter Freund, der die deutschsprachige Presse Rumaeniens mit antisemitischen Aufsaetzen versorgte, schreibt am 5./6. Mai 1943 13   ueber »„Unbekanntes Judentum! Die Spionage des „Weltkahals“. Die Organisation der „Juedischen Agentur“«. Helmut Suendermann, Stabsleiter des Reichspressechefs Dietrich, kommt am 8. Oktober 1943 mit dem Leitartikel „Weltfeind Judentum. Die Rolle der Juden als kriegfuehrende Macht gegen Deutschland/Voelker im Kampf fuer juedische Interessen“ zu Wort. Eine weitere „Groesse“ des NS-Antisemitismus, Prof. Dr. Johann von Leers (Jena),14   belobigt die Vorreiterrolle der Regierung Antonescu in der europaeischen Judenverfolgung im Text „Rumaeniens Kampf gegen Juda. Rumaenien das erste Land, das von Staats wegen gegen die Juden kaempfte“. 15

            Dem zum Schreckgespenst aufgebauten, angeblich weltweit agierenden Zionismus
gelten zahlreiche Untexte der „Suedostdeutschen Tageszeitung“. Das Jubilaeum der „Juedischen Regimenter“ wird am 10. September 1942 in „Es ist erreicht“ mit den hoehnisch-ueberheblichen Worten quittiert: „Unbewaffneten Voelkern gegenueber den Polizisten zu spielen ist ja ueberhaupt das juedische Ideal.“ Der gegen die Naziinvasoren gefuehrte Krieg wird als „Judas Weltkrieg“ apostrophiert und angeschwaerzt als„In den Tod fuer Judas Weltkomplott“. Den britischen Gewerkschaften gilt „Britische Gewerkschaften judenhoerig. Kommt das juedische Regiment?“16   Ebenfalls englandfeindlich ist der Artikel „Der Jude als Lordmayor“ 17   vom 20. Dezember 1942, S.3.

            Mit dem Kriegsschicksal wendete sich auch die Zielrichtung des NS-Antisemitismus. Das Debakel von Stalingrad und die immer enger zusammenrueckende Front der Alliierten lieferte den Anlass fuer den Versuch, die Atlantik-Charta, eine Vorlaeuferorganisation der NATO, unter Verwendung antisemitischer Rhetorik ins Laecherliche zu ziehen. So der Leitartikel der Suedostdeutschen Tageszeitung „Amerikanische Schiebergeschaefte mit Stalin. Die juedische Kriegsclique will die Welt aufteilen. Bluff mit der Atlantik-Charta“ vom 17. Februar 1943. Die Anregung fuer die Bombardierung deutscher Talsperren durch britische Bomber soll von juedischer Seite stammen, so die Artikel „Juedische Teufelei. Die Bombardierung der Talsperren in Deutschland von einem juedischen Emigranten empfohlen“ und „Das Werk des Judentums. 360 Tote und 36 Vermisste die Opfer des Anschlages auf die Talsperren“.18 Geschmackloseste NS-Propaganda liegt in „DPZ, Fundgruben fuer Antiquitaeten“ vor,19   wo es zynisch heisst: „[...] Die USA-Juden aber, die die kulturell fuehrende Schicht dieses Landes bilden, haben erneut einen Beweis geliefert, wofuer sie den Krieg halten: fuer eine Gelegenheit zu ganz grossen Geschaeften. Und wofuer sie unser altes Europa halten: fuer eine Fundgrube von Antiquitaeten, die man bei dieser guten Gelegenheit schamlos auspluendern kann. Um dann die Reste den bolschewistischen Rasse- und Bundesgenossen mit Freude zur weiteren Auswertung zu ueberlassen ...“. Man vergegenwaertige beim Lesen dieses Auszugs, dass im selben Atemzug verschiedene NS-Organisationen den schamlosesten, grossangelegtesten und recht straff organisierten Kunstraub in ganz Europa, vor allem in Osteuropa und in der Sowjetunion durchfuehrten, wobei ein betraechtlicher Teil des Raubgutes doch juedisches Eigentum war und die rechtmaessigen Besitzer zeitgleich in Massenerschiessungen und KZs vernichtet wurden.20

            Weil nach Stalingrad die Zukunftschancen fuer den von Deutschland gefuehrten Krieg nicht gut standen, malte die NS-Propaganda Horrorszenarien ueber die von der Sowjetunion angeblich angestrebten Nachkriegsordnung aus, so am 5. September 1943, wo es heisst, 5 Millionen europaeische Arbeiter sollten - bolschewistischen und juedischen Zukunftstraeumen zufolge - nach der UdSSR deportiert werden („5 Millionen europaeische Arbeiter sollen nach der UdSSR deportiert werden. Bolschewistische und juedische Zukunftstraeume“). Sinn und Zweck solcher Angstpropaganda ist eindeutig: die Deutschen selbst und die Voelker des deutsch besetzten Europa mit Furcht und Schrecken vor dem Bolschewismus, der Sowjetunion und dem Judentum zu erfuellen und fuer die Weiterfuehrung der eigenen Kriegsziele gefuegig zu halten und der Oeffentlichkeit, aber auch den millionenfach nach Deutschland deportierten Zwangsarbeitern vorzugaukeln, dass es sich nicht lohne, die NS-Knute fuer die „juedisch-bolschewistische“ auszutauschen. Wahrhaft bodenloser Zynismus!

            Auch die Unabhaengigkeitsbestrebungen Italiens kreidete die NS-Propaganda dem Judentum an. So am 6. Oktober 1943, S.3 „Der Verrat war ein Werk der Juden. Das neue Italien wird sie unschaedlich machen.“

Die europaweite Judenverfolgung

 ist in den Jahren 1943 und 1944 besonders reichlich dokumentiert, als sie ihren Hoehepunkt nicht nur in den vom „Grossdeutschen Reich“ besetzten europaeischen Laendern, vor allem in Osteuropa, sondern auch in den mit dem Reich verbuendeten Staaten Rumaenien, Bulgarien, aber vor allem Ungarn erreichte. Ueber das Schicksal der bulgarischen Juden unterrichten die Notizen „Juden werden in Bulgarien durch den Namen kenntlich gemacht“, „Juedischer Mordbandit in Sofia gefasst“, „Massnahmen gegen die Juden. Scharfes Durchgreifen in Sofia und Amsterdam“ und „Juedische Faelscherbande in Bulgarien aufgedeckt“.21   In Verbindung mit den unter dem Druck des Nazireiches von Ungarn ergriffenen antijuedischen Massnamen und ueber die unter SS-Regie durchgefuehrten Massendeportationen ungarischer Juden „informiert“ die „Suedostdeutsche Tageszeitung“ in gewohnter Manier: am 22. Juni 1943 wird auf „Die Zahl der Juden in Ungarn“ eingegangen, um am 25. April 1944 „Die Judenmassnahmen in Ungarn“ zu begruessen. Was sich hinter der Nachricht verbirgt, am Plattensee gebe es keine Juden mehr (4. Juni 1944), duerfte nach dem heutigen Kenntnisstand einleuchten. Denselben Hintergrund verraet die schadenfrohe Titulierung „Keine juedischen Strohmaenner mehr in Ungarn. Die Regierung greift durch“ (11. Juli 1944).

            Damit darf der „Suedostdeutschen Tageszeitung“ rueckblickend bescheinigt werden, ihrem reichsdeutschen Vorbild, dem „Voelkischen Beobachter“, ebenbuertig gewesen zu sein im propagandistischen Bestreben und Aufwand, das Feindbild des Juden durch Kriminalisierung und Marginalisierung zu pflegen, eine diffuse antisemitische Stimmung zu schueren und die Entrechtung, Gettoisierung und letztendliche Vernichtung der europaeischen Juden vorbehaltlos zu begruessen. Eine recht zweifelhafte Leistung!



1.  Dazu juengst Johann Boehm, Die Gleichschaltung der Deutschen Volksgruppe in Rumaenien und das ‚Dritte Reich‘ 1941-1944, Frankfurt am Main Berlin etc., 2003.
2.  Dazu ausfuehrlich Boehm (wie Anm.1), S.340-344.
3. 8. Juli 1943, S.7; 12. September 1943, S.5; 21. Januar 1944, S.6.
4.  17., 19. Januar 1943, S.5.
5.  2. Februar 1943, S.1.
6.  2. Juni 1943, S.1f.
7.  20. Juli 1943, S.4.
8.  14. Januar 1943, S.6
9.  14. Juli 1943, S.3 (fotografische Aufnahme).
10.  7. Februar 1942, S.2.
11.  Vgl. zur Person: Klaus Popa, Das „Deutsche Wissenschaftliche Institut“ (DWI) Zweigstelle Hermannstadt und ihr Leiter Hermann Roth, in Halbjahresschrift fuer suedosteuropaeische Geschichte, Literatur und Politik, 14.Jg., Heft Nr.2, November 2002, S. 123.
12.  15. Mai 1943, S.5.
13.  Der Text erschien nochmals in der „Tageszeitung“ vom 1. August 1943, S.6, was fuer die hervorragende propagandistische Bedeutung spricht, welche die Volksgruppenfuehrung solchen Beitraegen zumass.
14.  1902-1965, Historiker, lehrte in Jena, einer der akademischen Hochburgen des NS, Hauptschriftleiter der NS-Zeitschrift „Wille und Weg“, SS-Mann, wurde 1943 zum wissenschaftlichen Leiter des Europaeischen Handwerksinstituts in Frankfurt a.M. bestimmt.
15.  21. Nov. 1943, S.5:
16.  Beides in der Folge vom 17. Dezember 1942, S.3.
17.  Damit ist der Buergermeister von London gemeint.
18.  19. Mai 1943, S.2: 20. Mai 1943, S.2.
19.   24. August 1943, S.3.
20.   So das „Amt Rosenberg“ des Reichs- und „Ostministers“ Alfred Rosenberg; das SS-„Ahnenerbe“ und die SS-Einsatzkommandos, die einen Teil des Beuteguts direkt Hitlers oder Goerings Kunstsammlungen einverleibten.
21.   23. Januar 1943, S.4; 12. Mai 1943, S.2; 26. Mai 1943, S.4; 3. August 1943.


Die zur Diskriminierung und Verfolgung der Juden gehoerenden Hetzkampagnen in den NS-Medien, vor allem in der Presse, auf Polizei- und auf Justizebene, haelt der Taeterforscher Robert Gellately, Hingeschaut und weggeschaut. Hitler und sein Volk, Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart-Muenchen 2002, fest.

Zur Taeterforschung vgl. Die Taeterproblematik

Leicht ueberarbeitete Fassung des in der Halbjahresschrift fuer suedosteuropaeische Geschichte, Literatur und Politik, 15. Jg., Heft 1, Mai 2003, S.65-70 erschienenen Beitrags.


Kirchlicher Antisemitismus zur Zeit der "Deutschen Volksgruppe in Rumaenien" 1940-1944


Kritische Blaetter zur Geschichtsforschung und Ideologie

Die aktuellen Themen


Datei: Antisemitismus.html            Erstellt: 15.09.2004                Geaendert:13.07.2012                Autor und © Klaus Popa


1