SICHERHEITSABSTAND

Im deutschen Rechtsstaat haben Schafe keine Flinte

von Manfred Haferburg (Achse des Guten, 2. Mai 2020)

Bilder, Anmerkungen und ergänzende Links: Nikolas Dikigoros

Kennen Sie den? "Demokratie ist, wenn vier Wölfe und ein Schaf darüber debattieren, was es zum Abendbrot gibt. Rechtsstaat ist, wenn das Schaf eine Flinte hat." [Na klar - das ist ein leicht abgewandeltes Zitat von Ian Smith, Anm. Dikigoros*]

In Berlin demonstriert die Linke am 1. Mai trotz Corona. Hunderte, vielleicht Tausende interessieren sich einen feuchten Kehricht um die von der Regierung ausgegebenen Regeln und machen, was sie wollen. Und 500 Polizisten stehen ohne Mundschutz und Sicherheitsabstand deeskalierend dabei.

In Würselen, der Heimatstadt des Kakamaschu, isst ein Ehepaar sein Eis auf einer Parkbank sitzend und wird vom Ordnungsamt zu 400 Euro Strafe verdonnert, weil die Parkbank weniger als 50 Meter Abstand zum Eisverkauf hatte.

In Castrop-Rauxel wird eine Roma zu Grabe getragen, und 500 Trauergäste drängen auf den Friedhof, Sicherheitsabstände interessieren niemanden, ohne dass das Ordnungsamt und die anwesende Polizei einschreitet.

In Schleswig-Holstein denunzieren Einwohner fleißig die Zugereisten, und ein älteres Ehepaar wird vom Ordnungsamt aus seinem Ferienhaus verwiesen und muss nach Hamburg zurück fahren.

Diese Liste könnte beliebig verlängert werden. Derzeit leben alle möglichen Spitzen- und Provinzpolitiker ihre Allmachtsneurosen aus und verbieten Dinge, die sie schon immer mal verbieten wollten. Was heute noch erlaubt ist, kann morgen schon verboten sein. Und nur Corona-Leugner fragen nach der Sinnhaftigkeit der Verbote.

Doch Verbote aussprechen und durchsetzen sind zwei verschiedene Dinge.

Es fällt auf, dass geltendes Recht immer dann durchgesetzt wird, wenn die Gemaßregelten sich nicht solidarisch organisieren und gegen die maßregelnde Exekutive massiv zur Wehr setzen. In Corona-Zeiten wird drakonisch durchgegriffen. Die gesetzestreuen Bürger, die mit ihrer Arbeit den Laden am Laufen halten, werden nach Staatsbelieben schikaniert und lassen es sich gefallen. {Anm. Dikigoros: Das wurde vor dem "Lockdown" geschrieben. Seit der hinzu kam, kann man mit Fug und Recht statt von bloßer "Schikane" von "Terror" sprechen.]

Die Staatsmacht zieht den Schwanz ein

Wenn es aber um Gesellschaftsgruppen geht, die vor der Staatsgewalt keinerlei Respekt haben, die imstande sind, sich schnell und solidarisch zu organisieren und so massiver Widerstand zu erwarten ist, dann zieht die Staatsmacht feige den Schwanz ein. Bei diesen Gruppen geht es meist um Leute, die Transferleistungen beziehen, es auch sonst mit der Gesetzestreue nicht so genau nehmen und wenig dazu beitragen, dass der Laden läuft. Die lassen sich nichts verbieten und wehren sich. Und der Staat lässt sie gewähren.

Diese Zustände gab es schon vor Corona. In der Krise werden sie für jedermann transparent. Der gesetzestreue Bürger lernt gerade, dass sich massiver Widerstand gegen staatliche Maßnahmen auszahlt - egal, ob sie sinnvoll sind oder nicht.

In zwei Wochen werden wir wissen, ob die Verbote "zur Verhinderung eines zweiten Ischgls" in Deutschland überhaupt gerechtfertigt waren. Wenn ja, dann werden in Berlin Kreuzberg und in Castrop-Rauxel tödliche Corona-Hotspots aufflammen. Wenn nein, dann sollte die Regierung ein paar Fragen ganz demokratisch beantworten müssen.

Seit Jahren erodiert die schreiende Ungleichbehandlung verschiedener sozialer Gruppen den Rechtsstaat, ohne dass die Regierung eingreift, ohne dass die Leit-Medien dieses Staatsversagen thematisieren. Wir bekommen gerade einen Rechtsstaat, in dem die Schafe keine Flinten haben. Guten Appetit, liebe Wölfe!


Gegenrede (von Heinrich v. Kleist, Ltn. a.D.)

Zu den Waffen! Zu den Waffen!
Was die Hände blindlings raffen!
Mit der Keule, mit dem Stab,
strömt ins Tal der Schlacht hinab!

Eine Lustjagd, wie wenn Schützen
auf die Spur dem Wolfe sitzen!
Schlagt ihn tot! Das Weltgericht
fragt Euch nach den Gründen nicht!


*Aber vielleicht kennt nicht mehr jeder Zeitgenosse Hans Falladas Roman "Wer einmal aus dem Blechnapf frißt". Gleich im 1. Absatz des 1. Kapitels - Zeile 6 - ruft der Wachtmeister den Sträflingen, die im Innenhof des Gefängnisses ihre Runde drehen, zu: "Abstand halten! Fünf Schritte Abstand!"
Nein, Ihr müßt jenes Buch nicht unbedingt gelesen haben - es ist zäh, und das beste daran ist der Titel (den sich Dikigoros deshalb auch "ausgeborgt" hat für eine seiner eigenen Webseiten :-). Viel interessanter - und lesbarer - sind z.B. "Kleiner Mann, was nun?", "Ein Mann will nach oben" und vor allem "Bauern, Bonzen und Bomben".


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