PRESSEFREIHEIT IN DEUTSCHLAND

Wie der deutsche Staat gegen Regierungskritiker
wie KenFM, Junge Welt und andere vorgeht

von Thomas Röper (Anti-Spiegel, 08. Mai 2021)

Bilder, Links und Anmerkungen: Nikolas Dikigoros

Die Pressefreiheit in Deutschland ist inzwischen nicht mehr gegeben. Hier schauen wir uns an konkreten Beispielen an, mit welchen Mitteln der deutsche Staat heute gegen Regierungskritiker vorgeht.

Viele Menschen glauben tatsächlich noch, in Deutschland gäbe es Pressefreiheit. Pressefreiheit bedeutet, dass Medien frei ihre Meinung sagen dürfen, solange es sich dabei nicht um Volksverhetzung, Verleumdung oder andere explizit per Gesetz verbotene Dinge handelt. Außerdem beinhaltet Pressefreiheit einen besonderen Schutz von Journalisten und vor allem auch von deren Quellen. All dies ist in Deutschland heute nicht mehr gegeben, denn der deutsche Staat geht immer offener und offensiver gegen Kritiker der Regierungspolitik vor. Das zeigen gleich mehrere aktuelle Beispiele.

KenFM droht die Sperrung in Deutschland

Der Tagesspiegel hat am 6. Mai berichtet, dass die Medienanstalt Berlin-Brandenburg ein Verfahren gegen das Portal KenFM eingeleitet hat:

"Der Verweis auf die Webadresse www.kenfm.de könnte [...] bald nicht mehr aktuell sein: Die Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB) hat ein Verfahren gegen das Online-Angebot eingeleitet, hat der Evangelische Pressedienst (epd) heraus gefunden.
Nach Ansicht der MABB erfüllt die Webseite nicht die Ansprüche an die journalistische Sorgfaltspflicht."

Das allerdings war nicht neu, denn schon am 4. Mai hat KenFM berichtet:

Und am Ende des Artikels schrieb KenFM noch:

"Wir fordern darüber hinaus die Community dazu auf, den Spieß umzudrehen. Wo sind die Quellen in all den Kommentaren, die tagtäglich von klassischen und öffentlich-rechtlichen Medien veröffentlicht werden? Wo bleibt die Nachfrage des Presserates, wenn Klaus Kleber im ZDF seine Meinung unter die Nachrichten mischt? Wo bleibt die Nachfrage nach Quellen, wenn Wagner in der Bild-Zeitung seine Kommentare absondert? Wo bleiben die Quellen bei Wieler und Drosten, wenn diese behaupten, die Impfung sei sicher?"

In dem Video zu dem Beitrag erzählt Ken Jebsen außerdem, dass KenFM Deutschland verlassen wird, weil kritischen Medien in Deutschland die freie Berichterstattung unmöglich gemacht wird.

So weit sind wir in Deutschland schon gekommen, dass Kritiker der Regierungspolitik das Land verlassen müssen und dass diese Kritiker durch Zensur mundtot gemacht werden sollen. Das ist keine Übertreibung, denn am 7. Mai schrieb der Tagesspiegel in einem weiteren Artikel:

"Das weitere Verfahren sieht nach Auskunft der MABB so aus: Sollte KenFM keine „neuen und überzeugenden Argumente vorbringen“ oder „Anpassungen beziehungsweise Änderungen der Inhalte und Beiträge vornehmen“, kann die Landesmedienanstalt bei einem Verstoß „einen förmlichen Bescheid mit den erforderlichen gesetzlichen Maßnahmen“ erlassen. Möglich sind eine Beanstandung oder gegebenenfalls „eine Untersagung einzelner Aussagen/Beiträge“ auf dem Angebot von KenFM. Wenn nötig kann zur Durchsetzung ein Zwangsgeld von bis zu 50.000 Euro festgesetzt werden.
Dabei betont die MABB, dass „alle Maßnahmen dem Verhältnismäßigkeitsprinzip entsprechen“ müssen. „Eine Sperrung des gesamten Kanals kommt daher nur als Ultima Ratio bei wiederholten und systematischen Verstößen in Betracht, wenn sich mildere Mittel als wirkungslos erweisen."

Das ist per Definition Zensur, wenn die staatliche Medienaufsicht einem Medium vorschreiben will, was es schreiben darf und was nicht.

Der Verfassungsschutz beobachtet unliebsame Zeitung

Auch der Inlandsgeheimdienst, der heute in Deutschland "Verfassungsschutz" heißt, also die Behörde, deren Aufgaben in der DDR die Stasi und in Nazi-Deutschland die Gestapo ausgeführt haben, ist inzwischen gegen unliebsame Medien aktiv. Der Verweis auf Stasi und Gestapo ist in der Sache korrekt, denn Stasi und Gestapo hatten die gleiche Aufgabe, wie heute der Verfassungsschutz: ihren Staat zu schützen.

In Deutschland gilt heute offiziell ein besonderer Schutz für Journalisten. Aber wenn der Verfassungsschutz einen Journalisten überwacht, also dessen Computer hackt, dessen Mails liest, sein Telefon anzapft usw., dann ist z.B. der Quellenschutz nicht mehr gegeben. Damit wird eine der wichtigsten Grundlagen der Pressefreiheit ausgehebelt.

Und genau das passiert gerade mit der Zeitung Junge Welt. Die Fraktion Die Linke im Bundestag hat auf entsprechende Meldungen hin eine kleine Anfrage an die Bundesregierung gestellt, in der sie um eine Stellungnahme zur "Presse- und wettbewerbsrechtliche Behinderungen durch Nennung der Tageszeitung Junge Welt im Verfassungsschutzbericht" gefordert hat (Drucksache 19/28956). Die Antwort der Bundesregierung (Drucksache 19/29415) bestätigt die geheimdienstliche Überwachung der Jungen Welt. Die Antwort der Bundesregierung ist auf der Seite des Bundestages bereits genannt, aber, während ich diesen Artikel schreibe, noch nicht freigeschaltet.

Aber offenbar hat Die Linke die Antwort bereits an die junge Welt weitergeleitet, denn die junge Welt berichtet darüber und zitiert daraus:

"Der jungen Welt wird generell Verfassungsfeindlichkeit unterstellt, und mit Blick auf den von ihr vertretenen »revolutionären Marxismus« konstatiert, dieser richte sich »gegen Grundprinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung«: »Beispielsweise widerspricht die Aufteilung einer Gesellschaft nach dem Merkmal der produktionsorientierten Klassenzugehörigkeit der Garantie der Menschenwürde«, so die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme. Offen wird ausgesprochen, dass es darum geht, der jW auch ökonomisch zu schaden."

Ich frage mich, warum die der jungen Welt unterstellte "Aufteilung einer Gesellschaft nach dem Merkmal der produktionsorientierten Klassenzugehörigkeit" der "Garantie der Menschenwürde" widerspricht. Wieso widerspricht die Aufteilung der Gesellschaft nach Merkmalen wie Homo, Hetero und LGBT nicht der Garantie der Menschenwürde? Oder die Aufteilung der Gesellschaft nach Merkmalen der über 60 Geschlechter der Genderlehre? Warum die eine "Aufteilung der Gesellschaft" der "Garantie der Menschenwürde" widerspricht, die anderen aber nicht, bleibt das Geheimnis der Bundesregierung.

Wie im Fall von KenFM haben die Maßnahmen nur ein Ziel: Man will kritische Stimmen zum Schweigen bringen und sie wirtschaftlich ruinieren. KenFM werden nach willkürlichen Kriterien Strafen in Höhe von 50.000 Euro angedroht, die junge Welt soll - so sagt es die Bundesregierung ganz offen - wirtschaftlich geschädigt werden.

Der deutsche Staat geht offen gegen regierungskritische Medien vor.

Der Verfassungsschutz beobachtet noch mehr Medien

Im Juni 2020 habe ich über den damals neuesten Verfassungsschutzbericht geschrieben; den Artikel finden Sie hier. Ab Seite 285 konnte man im Verfassungsschutzbericht lesen, wie russische Propaganda die deutsche Verfassung gefährdet. Dazu hieß es dort:

"Dazu sind auf unterschiedliche Weise sowohl im russischen Sinn handelnde Einzelpersonen, vermeintlich staatsfreie Vereinigungen als auch staatliche Einrichtungen Russlands tätig. Sie agieren in sozialen Netzwerken und auf diskussionsorientierten Websites, betreiben eigene Websites oder treten als vermeintlich staatsfreier Think Tank auf. Von besonderer Bedeutung sind in Deutschland angesiedelte, jedoch vom russischen Staat betriebene Medien. Die zentralen Rollen nehmen dabei der Internet-Sender RT Deutsch sowie die Nachrichtenagentur Sputnik ein." (Anm. Dikigoros: Weniger als 1 Jahr später wurden beide Sender in der BRDDR gesperrt.)

Der Verfassungsschutz beobachtet also auch die Journalisten von RT-Deutsch und Sputnik. Und - für mich besonders aufschlussreich - auch "im russischen Sinn handelnde Einzelpersonen." Damit dürften Blogger wie ich gemeint sein, die über die russische Sicht auf politische Themen berichten. Ich muss also davon ausgehen, dass der Verfassungsschutz auch mich beobachtet, was mir allerdings egal ist, weil ich in Russland lebe.

Aber wie ist es mit der Pressefreiheit vereinbar, wenn Medien, Journalisten und Blogger vom Inlandsgeheimdienst überwacht werden, bloß weil sie eine andere Meinung vertreten als die Regierung?

Könnte man den betroffenen Medien vorwerfen, dass sie gegen Gesetze verstoßen (Volkverhetzung, Verleumdung, etc.), dann müsste der Staatsanwalt aktiv werden. Das passiert aber nicht, weil diese Medien gegen keine Gesetze verstoßen. Und obwohl die betroffenen Medien nicht gegen Gesetze verstoßen, werden sie vom deutsche Inlandsgeheimdienst ganz offiziell ausspioniert. Da ist der Vergleich mit der Stasi doch schon mehr als passend, oder nicht?

Kritischer Journalismus ist nur noch aus dem Ausland möglich

KenFM hat angekündigt, Deutschland wegen der Repressalien, denen das Portal ausgesetzt ist, zu verlassen. In dem Artikel vom 7. Mai schrieb der Tagesspiegel dazu:

"Doch was bedeutet es, wenn KenFM unter einer Nicht-de.-Adresse auf einem ausländischen Server betrieben wird? „Die Landesmedienanstalten sind grundsätzlich nur für Angebote mit Sitz in Deutschland zuständig. Sollte Ken Jebsen mit dem Angebot tatsächlich ins Ausland ziehen, wäre eine Zuständigkeit der Landesmedienanstalten nicht mehr gegeben“, teilte die MABB dazu mit. Gegebenenfalls könne allerdings die Medienaufsicht des jeweiligen Sitzstaates Maßnahmen ergreifen." (Anm. Dikigoros: Wie gut, daß West-Samoa keine deutsche Kolonie mehr ist :-)

Das ist eine klare Drohung: Wenn KenFM sich in einen anderen westlichen Land niederlässt, dürfte die Medienanstalt sich an die dortige Behörden mit der Bitte wenden, weiter gegen KenFM vorzugehen. Ich weiß nicht, wohin Ken Jebsen geht, aber er sollte sich seine neue Heimat sehr gründlich aussuchen.

Wo das Netz noch frei ist

Kritiker werfen dem Anti-Spiegel gerne vor, er sei "russische Propaganda", weil ich in Russland wohne und die Seite eine ru-Domain hat. Diese Kritik ist lächerlich und zeigt nur, dass die Kritiker mir keine faktischen Fehler in meiner Arbeit vorwerfen können, weil sie keine finden. Also kritisieren sie eben die ru-Domain.

Bevor ich mich entschieden habe, mit einer medienkritischen Webseite online zu gehen, habe ich mich informiert. Denn ich musste mir die Frage stellen, wie ich damit umgehen würde, wenn meine Seite erfolgreich werden sollte. Die Fragen, die ich mir gestellt habe, waren erstens, ob ich mit öffentlichen persönlichen Angriffen gegen mich klar komme (ja, komme ich, denn es war mir schon immer herzlich egal, was wildfremde Menschen, die ich nicht kenne, über mich denken) und zweitens, ob ich juristische Folgen zu befürchten habe, wenn ich deutsche Medien - namentlich den Spiegel - kritisiere.

Das Ergebnis der zweiten Frage war, dass ich diese Seite nicht eröffnet hätte, wenn ich in Deutschland wohnen würde. Das Internet ist in Deutschland und der EU so streng reguliert, dass man jeden Blogger mit Abmahnungen oder gar Prozessen ruinieren kann. Selbst wenn man als Blogger den Prozess am Ende gewinnt, haben einen die hohen Kosten bis dahin ruiniert.

Anders in Russland. Das mag viele überraschen, aber in Russland ist das Internet absolut frei. Es gibt keine Abmahnungen wegen irgendwelchem Blödsinn und ich kann schreiben, was ich will, solange es nicht Volksverhetzung, Verleumdung oder etwas in der Art ist. Solange Texte nicht gegen diese auch im normalen Leben geltenden Gesetze verstoßen, kann man in Russland im Internet alles schreiben, was man will.

Und sollte doch mal jemand auf die Idee kommen, mich zu verklagen, dann betragen die Gerichtskosten in Russland etwa zehn Euro, während man in Deutschland gleich mit mehreren tausend Euro in Vorleistung gehen müsste. Man kann mich in Russland also nicht mit an den Haaren herbeigezogenen Prozessen und deren Kosten ruinieren.

Wie Blogger in Deutschland ruiniert werden sollen

Erinnern Sie sich noch an das Twitter-Mädchen aus Aleppo? Das war im syrischen Bürgerkrieg, als der Kampf um die Stadt Aleppo tobte. Damals haben die "Qualitätsmedien" über ein siebenjähriges Mädchen aus der Stadt Aleppo berichtet, das auf Twitter über die Grausamkeit der Russen getweetet hat. Und das alles in perfektem Englisch.

Später wurde das Mädchen im türkischen Fernsehen interviewt, und es stellte sich heraus, dass weder das Mädchen noch seine Mutter Englisch konnten. Die ganze Geschichte war eine Propaganda-Lüge der westlichen Medien. Darüber hat der Blaue Bote ausführlich berichtet; den sehr lesenswerten Artikel finden Sie hier.

Das hat aber dem Stern nicht gefallen, und er hat dagegen geklagt, denn er war der Meinung, seine Berichte hätten der Wahrheit entsprochen und man dürfe ihm nicht vorwerfen, Fake News zu verbreiten. Der Prozess zog sich hin und kostete viel Geld. Für den Stern war das kein Problem, für den Blogger hingegen schon. Er hat extra für die Prozesse ein eigenes Spendenkonto einrichten müssen.

So funktioniert Pressefreiheit in Deutschland: Wer die Regierung kritisiert, wird vom Inlandsgeheimdienst überwacht, dem wird die Sperrung angedroht, was per Definition Zensur ist, oder er wird wirtschaftlich ruiniert. Oder alles zusammen.

Willkommen in der besten Demokratie, die Deutschland je hatte!


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