FRENZ, HOLTMANN, BRANDT

Drei V-Leute im NPD-Verbotsverfahren

von AP-Korrespondent Michael Fischer (04.02.2002)
(mit einer Nachbemerkung von Nikolas Dikigoros)

[Karikatur]
"KEINE SORGE, DAS SIND ALLES UNSERE LEUTE!"

Zwei Wochen lang blühten die Spekulationen um die Anzahl der V-Leute in den NPD-Verbotsanträgen. Oppositionspolitiker gingen von vier Spitzeln aus, in Zeitungsberichten war von sieben die Rede. Am Montag legte sich das Bundesinnenministerium nun erstmals auf eine Zahl fest. Nach den Erkenntnissen der 17 Verfassungsschutzämter seien drei Spitzel als Beweis für die Verfassungsfeindlichkeit der NPD in den Verbotsanträgen von Regierung, Bundestag und Bundesrat zitiert: Wolfgang Frenz, Udo Holtmann und Tino Brandt. Über weitere Fälle gebe es keine Erkenntnisse.

NPD-Mitbegründer Wolfgang Frenz

Die Enttarnung des früheren NPD-Funktionärs Frenz hatte die V-Mann-Affäre ausgelöst. Weil das Bundesverfassungsgericht sich unzureichend über dessen langjährige Tätigkeit für den nordrhein-westfälischen Verfassungsschutz informiert fühlte, stoppte es am 22. Januar das Verfahren. Der 66-jährige Solinger Heilpraktiker Frenz war 1964 ein Mitbegründer der NPD und hatte bis Ende der 90er Jahre hochrangige Parteiämter auf Landes- und Bundesebene inne.

Nach eigenen Angaben hatte er in den 70er und 80er Jahren besonders intensive Kontakte zu den Verfassungsschützern. Er sei als V-Mann ausgewählt worden, weil "ich als Gründungsmitglied die intimsten und längsten Kenntnisse in der NPD hatte", sagte Frenz in einem ARD-Interview. Für seine Spitzeltätigkeit habe er monatlich umgerechnet zwischen 300 und 400 Euro kassiert, die er versteuert und der NPD gespendet habe. 1995 wurde Frenz als V-Mann "abgeschaltet". Er ist der einzige der drei V-Leute, der auf der Zeugenliste für das NPD-Verbotsverfahren steht.

Früherer NPD-Landeschef Wolfgang Holtmann

Bereits vor eineinhalb Woche verlautete nach einer Sitzung des Geheimdienst-Kontrollgremiums des Bundestags, dass Holtmann Verbindungsmann des Bundesamtes für Verfassungsschutz war. Übereinstimmenden Zeitungsberichten zufolge soll er 1978 mit Wissen der NPD-Führung angeworben worden sein. Der damalige Parteivorsitzende Martin Mußgnug habe ihm über einen Anwalt die Genehmigung dafür erteilt.

Nach Informationen des "Spiegels" soll die Bundesregierung schon seit 1995 über die Spitzeltätigkeit informiert gewesen sein. Bereits zwei Jahre zuvor habe das nordrhein-westfälische Landesamt den Bundesverfassungsschutz vergeblich aufgefordert, Holtmann wegen seiner hochrangigen Funktion "abzuschalten", berichtete das Magazin. Holtmann war zuletzt im NPD-Bundesvorstand und Vorsitzender des nordrhein-westfälischen Landesverbands. Die NPD soll nach Zeitungsberichten inzwischen ein Parteiausschlussverfahren gegen ihn eingeleitet haben.

Ex-Vizechef der NPD-Thüringen Tino Brandt

Der damalige Thüringer NPD-Vizechef Tino Brandt hatte sich bereits im Mai vergangenen Jahres nach Zeitungsberichten über seine V-Mann-Tätigkeit selbst enttarnt. Laut "Spiegel" soll er von 1994 bis weit in das Jahr 2001 hinein unter dem Decknamen "Otto" für das Erfurter Landesamt für Verfassungsschutz tätig gewesen sein. In einem ZDF-Interview sagte Brandt, er habe für seine Spitzeltätigkeit "mehr als einen fünfstelligen Betrag" erhalten, den er vollständig für Neonazi-Propaganda verwendet habe. Die Gelder seien "mit Sicherheit in den Aufbau unserer Internet-Seite mit geflossen, die sind mit Sicherheit für Rudolf-Heß-Aktionen geflossen".

Neben seiner Funktion bei der NPD soll Brandt führender Kader des "Thüringer Heimatschutzes", einer militanten "freien Kameradschaft", gewesen sein. In einem der Verbotsanträge soll er daher Zeitungsberichten zufolge als Beleg für die personelle Verknüpfung der Partei mit Neonazi-Gruppen genannt sein.

In der öffentlichen Diskussion über das NPD-Verbotsverfahren spielte Brandt trotz seiner frühzeitigen Enttarnung bisher kaum eine Rolle. Nach Angaben aus dem Bundestags-Innenausschuss wird er vom Innenministerium nicht als Problemfall gesehen, da seine V-Mann-Tätigkeit bereits vor der Eröffnung des Verbotsverfahrens im Oktober 2001 bekannt war.


Nachbemerkung. Worum geht es hier? Der Verfassungsschutz schleust ein paar Leute in eine für verfassungswidrig gehaltene Partei ein bzw. wirbt ein paar von denen an? Ach was, wenn es nur das wäre... das ist doch ganz legitim! Und wenn sie dabei auch an Straftaten teilnehmen, weil sonst auffallen würde, daß sie "von draußen" kämen, ist das zwar nicht schön, aber halt nicht zu verhindern. Aber kriminell wird es, wenn die V-Leute als so genannte "agents provocateurs" die von ihnen Unterwanderten erst zu Straftaten anstiften, die diese sonst gar nicht begangen hätten, um eine lästige politische Konkurrenz (jeder Prozentpunkt zählt!) verbieten zu können - und eben das war bei der NPD wohl der Fall. Ärgerlich - aber es gibt ja noch andere Möglichkeiten. In den staatlich zensierten manipulierten kontrollierten Medien tauchen mit unschöner Regelmäßigkeit groß aufgemachte Geschichten auf, daß böse Rechtsradikale arme Opfer überfallen, mißhandelt oder sonstwie geärgert haben. Dann wird groß ermittelt und gefahndet und immer wieder lautstark nach einem Verbot der NPD gerufen. Weniger groß aufgemacht - wenn nicht gar ganz tot geschwiegen - wird dann für gewöhnlich die Wahrheit, die irgendwann doch heraus kommt, z.B. daß sich ein junges Mädchen die Hakenkreuze selber in die Backe geschnitten hat, um sich wichtig zu machen, oder daß ein "ausländisches Opfer" nur ein solches des deutschen Biers und des deutschen Weins war, den es in Übermaß genossen hat und dann vor eine Bahn getorkelt ist (zu dumm, daß so etwas heutzutage von Überwachungs-Kameras aufgezeichnet wird :-) und nicht etwa von bösen Skinheads in "Mordabsicht" vor den Zug gewtoßen wurde. Aber auch das kann man noch als "halb so wild" abtun: Solange nur ein paar Privatleute Lügenmärchen erzählen, weil sie wissen, daß die von der Presse begierig aufgegriffen werden, ist das auch nicht schlimmer, als wenn ein paar V-Leute bei der Partei eingeschleust - und hinterher meist fallen gelassen, wenn nicht sogar verurteilt - werden. (Manchmal sogar die Möchtegern-Opfer, wegen Vortäuschen einer Straftat - aber die Kosten der regelmäßig eingeleiteten Großfahndungen kommen dadurch natürlich nicht wieder rein, geschweige denn, daß der damit angerichtete politische Schaden wieder gut gemacht würde.) Peanuts gewissermaßen.

Doch im Dezember 2008 erhielt dieses schmutzige Spielchen eine neue Dimension. (Dikigoros weigert sich, hier von einer neuen "Qualität" zu sprechen.) Da ging erneut ein Aufschrei der Empörung durch die bundesdeutsche Medienwelt: Der brave Polizeipräsident von Passau war Opfer einer Messerattacke von Neonazis geworden, die sein Herz nur knapp verfehlt hatte! (Beweise: 1. seine eigene Aussage, 2. die Tatwaffe war ein Lebkuchenmesser - und da Lebkuchen bekanntlich braun ist...) Nun mußte die NPD aber endlich verboten werden! Alle greifbaren NPD-Mitglieder aus Passau und Umgebung wurden erstmal wegen "Verdacht des versuchten Mordes" ins Gefängnis geworfen, obwohl sie einwandfreie Alibis hatten und ihnen auch sonst partout nichts nachzuweisen war, und erst Tage später wieder frei gelassen. Und das arme Opfer kam ins Krankenhaus - wurde allerdings auch bald wieder entlassen. So weit, so gut. Nun muß man sich ja eigentlich erstmal fragen (aber niemand tut das), weshalb eine Partei verboten werden soll, bloß weil eines ihrer Mitglieder (oder sogar nur "Sympathisanten" - wie immer man das genau definieren will) eine Straftat begangen hat - hat schon mal jemand an ein Verbot der CDU, SPD, FDP oder GAL gedacht angesichts der zahlreichen Straftaten - darunter auch Kapialverbrechen -, die von deren Mitgliedern begangen worden sind? Eben. Aber selbst wenn - in diesem Fall stank die Sache von Anfang an zum Himmel. (Habt Ihr schon mal jemanden gesehen, daß sich jemand ein riesiges Kreuz auf die eine Backe tätowiert hat und eine grüne Schlange auf die andere? So einer müßte doch auffallen wie der sprichwörtliche "bunte Hund" und sofort gefaßt werden!) Eine Münchner Zeitung äußerte gar die Vermutung, bei der Tat handele es sich um einen Racheakt aus Mannichls eigener Familie, denn das Messer war sein eigenes, und es wurden auch nur seine eigenen Fingerabdrücke und die seiner Familienangehörigen darauf gefunden (bloß keine Lebkuchenspuren, und auch keine Wischspuren von etwaigen Drittbenutzern)! Oder wars vielleicht gar die "Organisierte Kriminalität"? (Ach, liebe Leser, wofür die Mafia nicht alles her halten muß :-) Dann verplapperte sich aber eine Krankenschwester, daß es gar keinen Messerstoß aufs Herz gegeben hatte, sondern nur einen leichten Kratzer weit entfernt vom Herzen, der ohne Druck ausgeführt wurde und überhaupt keinen Krankenhausaufenthalt notwendig gemacht hätte. Und nun begann das Rätselraten von neuem.

Da Dikigoros Bekannte in Passau hat, die mit der Sache näher befaßt sind, will er seinen Lesern dieses Rätselraten ersparen und hier mal etwas aus dem Nähkästchen plaudern: Viele, die den bravev Alois Mannichl kennen, glauben zwar gerne, daß er einen Stich hat - aber nur im übertragenen Sinne, d.h. sie halten ihn für geisteskrank. Er sammelt offenbar Nazi-Devotionalien, und um dieser seiner Lust zu fröhnen, schreckt er auch vor Grabschändungen und Leichenfledderei nicht zurück; d.h. immer wenn jemand stirbt und beerdigt wird, den er für einen "Rechtsradikalen" hält, buddelt er auf dem Friedhof herum, in dem Glauben, in seinem Grab Hakenkreuze o.ä. zu finden, die er seiner Sammlung einverleiben könnte. Außerdem ist er von dem zwanghaften Wahn besessen, die NPD verbieten zu müssen. Jedem - auch dem Leitenden Oberstaatsanwalt, der die Ermittlungen führte - war bereits nach wenigen Tagen klar, daß Mannichl die Tat nur vorgetäuscht und sich die leichte Wunde selber beigebracht hatte. Und bald drangen diese bösen Gerüchte auch an die Öffentlichkeit - obwohl sie in den staatlichen Medien vollständig unterdrückt wurden. Im Januar 2009 legte Mannichl nach, mit einem "anonymen Drohbrief" - und beging damit einen schweren Fehler, denn daß er diesen Brief selber verfaßt hat, unterliegt gleich gar keinem Zweifel mehr und kann mit kriminologischen Methoden einwandfrei bewiesen werden. Nun fragt man sich ja, wie eine solche Kreatur Polizeipräsident von Passau werden konnte, statt in die nächste Klapsmühle eingewiesen zu werden. Fragt man sich das wirklich? Nein, und natürlich hat auch noch niemand ein Strafverfahren gegen Mannichl wegen Vortäuschen einer Straftat, Anstiftung zur Verfolgung Unschuldiger und zur Freiheitsberaubung im Amt eingeleitet - nicht mal ein Disziplinarverfahren, um ihn dauerhaft aus dem Dienst zu entfernen (und man wird es wohl auch nie tun). Vielmehr wurde die Sonderkommission, die man anfangs zur Ermittlung in dieser Sache gebildet hatte, und deren Angehörige drohten, die Wahrheit auszuplaudern, kurzerhand aufgelöst; und der bayrische Innenminister, Herr Herrmann (CSU), verpaßte der Staatsanwaltschaft einen Maulkorb und warnte auch andere (Krankenschwestern pp.), "besser den Mund zu halten", wenn sie sich nicht großen Unannehmlichkeiten aussetzen wollten. Ferner verlangte er ein Ende der "öffentlichen Diskussion", d.h. ein Verbot der Erörterung dieses Falles in der Presse und im Internet.

Glaubt Ihr wirklich, liebe Leser, daß von der lächerlichen kleinen NPD mehr Gefahr für den Rechtsstaat ausgeht als von der großen CSU, die vor einem halben Jahrhundert die Macht in Bayern ergriffen hat und sie seither mit allen Mitteln - auch diesen - verteidigt? Welche Partei müßte wohl von Rechts wegen eher als verfassungswidrig verboten werden? An der Antwort, die das Bundesverfassungsgericht wahrscheinlich demnächst auf diese Frage geben muß, werdet Ihr ablesen können, ob es auf deutschem Boden noch so etwas wie einen Rechtsstaat gibt oder bloß einen von parteipolitischen Interessen beherrschten Justizstaat, wie es einige BRDisten so gerne anderen Ländern unterstellen.

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