BORIS JOHNSON: „Ich werde König der Welt!“

Aufstieg und Fall des ehemaligen britischen Premierministers

von Stefan Krieger & Max Schäfer (Frankfurter Rundschau, 13.09.2022)

leicht gekürzt, mit Bildern, Links u. Anmerkungen versehen von Nikolas Dikigoros


Als Kind wollte Boris Johnson „König der Welt“ werden.
Immerhin wurde er Premierminister von Großbritannien.

2019 wird Boris Johnson Premierminister Großbritanniens. Seine Amtszeit ist vom radikalen Brexit-Kurs geprägt. Er ist außerdem durch Skandale bekannt, die ihm am Ende das Amt kosten.

London – Boris Johnson lenkte bis zu seinem erzwungenen Rücktritt am 7. Juli 2022 die politischen Geschicke von Großbritannien. Johnson trat erst nach anhaltenden Misstrauensbekundungen aus der eigenen Partei vom Amt des Parteiführers der Conservative Party zurück und stellte seinen Rücktritt als Premierminister in Aussicht, wenn ein neuer Parteiführer gewählt ist. Nach der Wahl zur Vorsitzenden der Konservativen Partei wurde Liz Truss am 6. September 2022 zur Premierministerin ernannt. In beiden Ämtern ist sie somit Nachfolgerin von Boris Johnson.

Zuvor hatte sich Boris Johnson vor allem beim Brexit-Abkommen einen Namen gemacht. Er wollte den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU unbedingt durchsetzen, zur Not auch ohne Abkommen mit der Europäischen Union. Bei seinem Plan wurde er auch vom Supreme Court, dem obersten Gericht des Landes, ausgebremst. Das Brexit-Chaos reiht sich ein in eine Liste von Pannen und Skandalen im Lebenslauf von Boris Johnson.

Boris Johnson wurde in New York geboren und heißt eigentlich Alexander Piffel

Boris Johnson wurde am 19. Juni 1964 in New York City als eines von vier Kindern des britischen Politikers Stanley Johnson und der Künstlerin Charlotte Johnson Wahl geboren. Damit hatte der ehemalige Regierungschef Großbritanniens sowohl die britische als auch die amerikanische Staatsbürgerschaft, auf die er aber 2016 verzichtete. Boris ist außerdem sein zweiter Vorname. Mit vollem Namen heißt er Alexander Boris de Pfeffel Johnson. (Anm. Dikigoros: Blödsinn. Im englischen gibt es kein "pf". Er hieß richtig "[...] de Piffel". Kinofans ist dieser Name bereits aus der Komödie One, two three von Billy Wilder geläufig, in der Horst Buchholz den "Otto Ludwig Piffel" spielt. Auch "Johnson" ist ein Falschname. Boris' Großvater hatte ihn angenommen, nachdem er das Osmanische Reich Richtung Großbritannien verlassen hatte, da er nicht länger "Levy" heißen mochte.)

1973 zog Boris Johnson mit seiner Familie nach Brüssel, weil sein Vater eine Stelle bei der Europäischen Kommission erhalten hatte. Dort besuchte er bis 1977 die europäische Schule. Schon zu dieser Zeit strebte er eine politische Führungsposition an: Er wollte „König der Welt“ werden. (Anm. Dikigoros: Wahrscheinlich hatte er den Film "The Man who would be King" mit "Sean Connery" nicht gesehen, sonst hätte er gewußt, wie das enden kann :-)

Besuch von Eliteinternat und Präsidentschaft eines Debattierclubs

1977 erhielt Johnson ein Stipendium für das private Eliteinternat Eton College, eine der bekanntesten Schulen Englands. Zahlreiche ehemalige Premierminister gingen dort zur Schule. Auch einige britische Royals besuchten das Internat, darunter Prinz William und Prinz Harry.

Am Eton College begann Johnson damit, bei öffentlichen Auftritten seinen zweiten Vornamen Boris zu benutzen.

Anschließend studierte er Klassische Altertumswissenschaft am Balliol College in Oxford. Schon dort fiel er durch seinen Humor und seine alberne Art auf. Boris Johnson wurde schließlich Präsident der Oxford Union. Der 1823 gegründete Debattierclub gilt als eine der ältesten britischen Studierendenvereinigungen und Übungsraum für künftige Führungskräfte.

Karriere von Boris Johnson im Journalismus

Nach dem Studium strebte Boris Johnson eine Karriere im Journalismus an. Seine erste Stelle verlief allerdings schlecht. Bei einem Praktikum bei der Times wurde er gefeuert, weil er ein Zitat gefälscht hatte. Sein Weg führte ihn anschließend zum Daily Telegraph. Dort war Johnson 1989-1994 Korrespondent in Brüssel und berichtete über die Europäische Gemeinschaft. Seine Texte seien voller aufgebauschter Geschichten gewesen, die häufig auch über die Wahrheit hinaus gingen, schildert Johnsons ehemalige Kollegin und Biografin Sonia Purnell. Trotzdem wurde Boris Johnson 1994 Mitherausgeber des Daily Telegraph. 1999-2005 war er außerdem Herausgeber des konservativen und EU-kritischen Magazins The Spectator.

Anfänge der politischen Karriere bei der Konservativen Partei

1997 kandidierte Boris Johnson erstmals für ein Mandat des britischen Unterhauses. Er verlor im Wahlkreis Clwyd South allerdings deutlich gegen Martyn Jones, den Kandidaten der Labour-Partei. 2001 gelang Johnson dann der Einzug ins Parlament.

Seine publizistische und journalistische Tätigkeit stellte er allerdings nicht ein. 2004 kam es zu einem Skandal wegen eines Editorials nach dem Tod Kenneth Bigleys, der von irakischen Terroristen entführt und getötet wurde. Der Text behauptete, die Einwohner:innen (Anm.: Dikigoros läßt diesen Schwachsinn - typisch FR - so stehen; er will ja nicht als Genderphob gelten :-) Liverpools, Bigleys Heimatstadt, begäben sich nach seinem Tod in eine Opferrolle. Zudem hätten Liverpooler Fans eine Mitschuld an der Katastrophe im Hillsborough-Stadion 1989. Johnson übernahm als Herausgeber des Magazins die Verantwortung und reiste nach Liverpool, um sich zu entschuldigen.

Zwei Jahre später musste er sich für eine eigene Aussage bei Papua-Neuguinea entschuldigen. Er hatte in einer Kolumne geschrieben, das Land sei für Kannibalismus und Häuptlingshäutung bekannt. (Anm. Dikigoros: Falsch daran ist eigentlich nur, daß das bereits zuvor allgemein bekannt war :-)

Johnson wird Bürgermeister von London

Die ersten Jahre der politischen Karriere von Boris Johnson waren daher eher krisenhaft. 2008 kam dann der Wechsel: Boris Johnson wurde zum Bürgermeister Londons gewählt. Besonders während der Olympischen Spiele 2012 konnte er sich auszeichnen und war in der Öffentlichkeit präsent. Kurz vor dem Sportereignis wurde er wiedergewählt.

Während seiner Amtszeit galt er allerdings häufiger als Tollpatsch, beispielsweise als er im Jahr 2015 einen 10-Jährigen beim Rugby tackelte. Auch seine chaotisch anmutende Frisur zeichnet ihn aus und verschaffte ihm einen gewissen Wiedererkennungswert. Trotzdem entwickelte er sich durch seine Wahlsiege im eher liberalen London zum Hoffnungsträger der Tories auf landesweite Wahlerfolge.

Brexit-Hardliner - Johnson wird Außenminister

Noch während seiner Amtszeit als Londonder Bürgermeister kehrte Boris Johnson 2015 ins britische Parlament zurück. Währenddessen entwickelte er sich zu einem der größten Befürworter des Brexit. Johnson verglich den Versuch der EU, ein vereintes Europa zu schaffen, mit den Bestrebungen von Adolf Hitler und Napoleon und erntete dafür scharfe Kritik.

Trotzdem galt er als möglicher Nachfolger des zurückgetretenen Premierministers David Cameron. Johnsons damaliger Kampagnenchef, Justizminister Michael Gove, versagte ihm allerdings die Unterstützung und kandidierte selbst. Daraufhin verzichtete Johnson doch auf die Kandidatur. Theresa May übernahm die Position und berief Johnson als ihren Außenminister. In dieser Position fiel ihm ein Beitrag, den er in The Sun geschrieben hatte, auf die Füße. Darin spekulierte Johnson, Barack Obama könne aufgrund seiner „teilweise kenianischen“ Abstammung das Vereinigte Königreich ablehnen. Im Juli 2018 trat Boris Johnson als Außenminister zurück, nachdem er Mays Brexit-Politik kritisiert hatte.

Johnson wird Premierminister

Als Theresa May im Frühjahr 2019 als Premierministerin zurücktrat, kandidierte Boris Johnson für den Parteivorsitz der Tories. Er gewann und wurde am 24. Juli 2019 von Queen Elizabeth zum Premierminister ernannt.

Auch in der Position des Premierministers drängte Boris Johnson auf den schnellen Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union. Er vertrat die Leitlinie, auch einen Brexit ohne Abkommen mit der EU anzustreben. Johnson hatte aber Probleme, Mehrheiten für die Vorlagen für Brexit-Gesetze zu finden. Durch Neuwahlen im Dezember 2019 umging er das Problem: Die Tories gewannen die Wahl deutlich. Am 9. Januar 2020 stimmte das Parlament schließlich dem Brexit-Abkommen zu, so dass Großbritannien die EU am 31. Januar 2020 verließ. Am 24. Dezember 2020 einigten sich die EU und Großbritannien schließlich auf das Brexit-Abkommen, das die künftigen Beziehungen des Landes und der Staatengemeinschaft regelt. (Anm. Dikigoros: Daß der "Brexit" so, wie er den Untertanen vor dem Referendum dargestellt worden war - u.a. weniger Bürokratie, niedrigere Steuern und Abgaben, weniger Zuwanderung aus der "Dritten Welt", insbesondere aus muslimischen Ländern - an sich eine gute Sache war, wird wohl niemand ernsthaft bestreiten. Daß nach dem Brexit kein einziges dieser Versprechen gehalten, sondern vielfach das genaue Gegenteil getan wurde, steht auf einem anderen Blatt.)

„Freedom Day“: Johnsons Corona-Politik

[Britannia vax the world - natürlich mit Impfstoffen von Johnson & Johnson!]

Im März 2020 folgte die nächste Krise: "Corona" breitete sich in Europa aus. Ende März 2020 infizierte sich Boris Johnson selbst mit dem Virus und musste auf der Intensivstation behandelt werden. Seine Corona-Politik ist von mehreren Kurswechseln geprägt.

Im Juni und Juli 2021 geriet die Regierung von Boris Johnson aufgrund der geplanten Lockerungsstrategie in die Kritik. Zwar wurde der erste „Freedom Day“ am 21. Juni 2021, der die Aufhebung aller Maßnahmen in England vorsah, aufgrund der Verbreitung der Delta-Variante abgesagt und auf den 19. Juli 2021 verschoben. Trotz hoher Inzidenz und Kritik von Forschenden und Beschäftigten des Gesundheitswesens hielt Johnson an diesem Tag am Kurswechsel auf die „Verantwortung des Einzelnen“ fest.

„Partygate“-Affäre und innerparteiliches Misstrauensvotum


Barabas Piffel-Levy und seine politischen Freunde: der kanadische Diktator Wasserloch ["Trudeau"], der französische Diktator Nußbaum ["Macron"] und die US-Marionette Let's go Sleepy Jo Brandon Biden

Ab dem Jahresende 2021 kamen immer mehr Einzelheiten über wiederholte Versammlungen und Gartenpartys von konservativen Parteiangehörigen und politischen Weggefährten Boris Johnsons während der Zeit der Corona-Beschränkungen in Großbritannien an die Öffentlichkeit. Die unter der Bezeichnung „Partygate“ bekannt werdende Affäre ließ den Eindruck entstehen, dass der Premierminister einerseits die Öffentlichkeit auf die strikteste Zurückhaltung beispielsweise bei privaten Zusammenkünften eingeschworen, sich aber andererseits zusammen mit seinen politischen Freunden selbst nicht daran gehalten hatte.

Infolge der sich häufenden Skandale, insbesondere der Partygate-Affäre, musste sich Johnson am 6. Juni 2022 einem Misstrauensvotum seiner Partei stellen, nachdem das nötige Quorum von 15% der konservativen Abgeordneten dies gefordert hatte. Johnson gewann die Vertrauensabstimmung mit 211:148 Stimmen und bezeichnete dies anschließend als „überzeugendes und entscheidendes Ergebnis“.

Rücktritt als Parteichef

Die anhaltenden Misstrauensbekundungen aus der eigenen Partei (Anm. Dikigoros: und der Boulevardpresse, vor allem im "Daily Mirror [Tagesspiegel]") zwangen Johnson nach weiteren Skandalen schließlich am 7. Juli 2022 zum Rücktritt aus der Partei (Anm. Dikigoros: Blödsinn. Er blieb selbstverständlich Parteimitglied!) und vom Amt des Parteiführers. Damit einher ging der Verlust des Postens als Premierminister, der in Großbritannien traditionell vom Parteichef der regierenden Partei gestellt wird. Vorerst scheint die politische Karriere von Johnson also beendet. Der ehemalige Premier kündigte allerdings in seiner Abschiedsrede in der Downing Street an, dass mit ihm weiter zu rechnen sei: „I‘ll be back“.

[Bring back Boris!]

Nachbemerkung Dikigoros: Kein Wort über Johnsons Haltung zu Wladimir Putin und/oder zum Krieg in der Ukraine - warum?!?


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