Hi, Mitkids!
Wie ihr wisst, war ich seit mehreren Tagen in der australischen Großstadt Sydney. Nicht um dort einfach Ferien zu machen, sondern weil ich Mitglied einer englischsprachigen Theatergruppe aus Hannover war, die an australischen Schulen das Musical ANNIE aufführte. Und ihr denkt bestimmt, dass man ganz toll drauf sein muss, wenn man eine solche Reise unternimmt.
An einem Morgen waren wir aber allesamt schlecht gelaunt. Wir acht Kinder, die in diesem Musical mitspielten (und von denen ich leider der einzige Junge war), saßen im Hotel und stocherten in unserem Frühstück herum. Wisst ihr, bisher waren wir viermal in Sydney aufgetreten, und eigentlich waren unsere Vorstellungen gut. Wir machten kaum Fehler, und die ganze Technik klappte auch. Aber wir hatten fast keine Zuschauer. Am vorigen Abend an der Gesamtschule von Parramatta hatten uns nur vier Kinder und eine blonde erwachsene Frau zugeschaut. Die Frau sei eine bekannte australische Schauspielerin gewesen, die auch schon mal in ANNIE mitgespielt habe und uns mal in Augenschein nehmen wollte, hieß es. Ach, was waren wir frustriert. "Kack!", schimpfte Sophie Liebevoll, die in dem Musical die Hauptrolle spielte. "Mega-Kack!", stimmte ihr Maria Makkaroni zu. "Ultra-Mega-Kack!", bekräftigte Fiona Fistelwitz. "Kopf hoch!" wollte uns Jasmin Jubeltrupp aufheitern. "Ja, und dann?" wollte Sirpa von ihr wissen. Ich wollte die Mädchen auf andere Gedanken bringen: "Ach, ich weiß ja auch nicht, warum uns nur so wenige Australier zuschauen wollen. Aber in Australien gibt's doch so abgedrehte Tiere. Davon habe ich bisher noch nicht viele gesehen. Wollen wir nicht einfach mal in den Zoo gehen? Die haben da welche." Die Mädchen guckten mich teilnahmslos an. Ich schwärmte ihnen etwas vor: "Hier gibt's wirklich Unglaubliches: Einen Teddybär, der sein Leben lang auf Bäumen herumklettert und nach Hustenbonbons riecht. Tiere, die mit vier Beinen nicht laufen, sondern wie Gummibälle durch die Gegend hopsen. Lebewesen mit einer perfekten Baby-Tragetasche und eingebauter Druckknopf-Sicherung für ihre Kinder. Ein Säugetier, das Eier legt wie ein Vogel und seine Jungen säugt, obwohl es keine Brustwarzen hat." Die Mädchen guckten mich missmutig an, und Rebekka Rübenkoller sagte zu mir: "Na gut. Dann latsch' doch hin zu deinem Zoo, wenn's dich glücklich macht!"
Pah - Wei ... äh .... Mädchen! Ging ich eben allein. Geld hatte ich genug dabei, und es war bestimmt gut für meine Nerven, mal ohne die Mädchen in Sydney auf Entdeckungsreise zu gehen. In Sydney gibt es mehrere Zoos, aber ich beschloss, in den berühmtesten von ihnen zu gehen: In den Taronga Zoo. Schon der Weg dorthin war cool. Zuerst fuhr ich mit der S-Bahn zum Fährhafen am Circular Quay, wo es auch die berühmte Hafenbrücke und das verrückte Operngebäude gibt.
Am Hafen
Von dort nahm ich die kleine gelb-grüne Fähre. Die brachte mich und die anderen Passagiere zum Ort Taronga auf der anderen Seite des Port Jackson. (Port Jackson heißt der Meeresarm, der Sydney in eine nördliche und eine südliche Hälfte teilt.)
Unterwegs fuhr mir übrigens dieser wunderschöne alte Schaufelraddampfer über den Weg. Baujahr 1902, soviel ich weiß.
Miau - äh - wau, war das schön! Der Zoo lag auf einem bewaldeten Berghang! Und das Wetter war wieder mal herrlich sonnig! Warum hatte ich eigentlich schlechte Laune gehabt?
Nachdem unsere Fähre angelegt hatte, ging ich über eine lange Treppe zum Eingang und erlebte noch eine tolle Überraschung. Dies war noch gar nicht der Eingang zum Zoo, sondern der Eingang zu einer Seilbahn. Ich setzte mich in eine der Gondeln und fuhr damit zum eigentlichen Eingang des Zoos - über den ganzen Zoo hinweg den Berg hoch. Die Aussicht war phantastisch!
Oben angekommen, holte ich mir eine Übersichtskarte des Taronga Zoos, und meine Entdeckungsreise begann. Zuerst einmal kam ich ab einem See vorbei, in dem Enten schwammen. Also, Enten kannte ich natürlich schon, deswegen blieb ich auch nicht stehen. Dann wurde es interessanter: Ich betrat ein Gebäude, in dem es ganz finster war. Dort lebte in einem Aquarium das Schnabeltier. Ach, das kannte ich ja bereits. Das ist ein ganz verrücktes Tier: Es sieht aus wie ein Otter mit Entenschnabel, das Eier legt, obwohl es ein Säugetier ist. Das Männchen hat außerdem einen Giftstachel - wie 'n Insekt. Irre! Außerdem gab es im selben Gebäude ein Echidna. Auf deutsch sagt man auch Schnabeligel dazu, weil das - mehr oder weniger - ein Igel mit einem Schnabel ist. Lebt aber auch am liebsten im Wasser.
Als Nächstes kam ich zu einem Känguru-Gehege, das man als Zuschauer richtig betreten darf - man muss nur aufpassen, dass man hinter sich die Tür zumacht, damit die Kängurus nicht auf und davon hopsen. Kängurus kennt ihr doch bestimmt alle. Das sind diese grauen oder braunen Tiere mit 'nem Rehkopf, die tierisch gut springen können. Die großen Kängurus können aus dem Stand zwei Meter hoch und mit einem Satz zehn Meter weit springen. Deswegen sieht man sie auch immer nur durch die Gegend springen und nie wirklich laufen. Sie könnten aber nicht so gut springen, wenn sie nicht diesen phänomela ... phälomena ... diesen fetten Schwanz hätten, mit dem sie sich vom Boden abstoßen. Und wie bei vielen anderen australischen Tierarten haben die weiblichen Kängurus einen Beutel. Nein, nicht etwa zum Einkaufen oder so, sondern wegen der Jungen. Wenn ein Känguru geboren wird, ist es nicht viel größer als eine Erdnuss, es ist noch total blind und hat kein Fell. Es wohnt dann bei Mama Känguru solange im Beutel, bis es groß und kräftig genug ist, um selbst draußen herumzuhüpfen. Im Gehege traf ich eine Wärterin, die mir einiges erzählte: "Wusstest du, dass Kängurus gut boxen können? Weißt du, wenn ein Känguru von einem Hund verfolgt wird, springt es in das nächstbeste Wasserloch und wartet darauf, dass der Köter hinterherschwimmt. Wenn er dann ankommt, haut ihm das Känguru solange auf die Schnauze und drückt ihn sogar unter Wasser, bis er keine Lust mehr hat." Fand ich hervorragend. Ich erfuhr weiter: "Zu Kängurujungen sagen wir Joeys. Männliche erwachsene Kängurus nennt man Stinker - weil sie nämlich nicht gerade nach Parfüm riechen."
Hi, Stinker!
Anschließend lernte ich noch einige andere echt australische Tiere kennen. Zum Beispiel den Wombat. Eigentlich ein Tier, das nur nachts richtig munter ist und in Erdhöhlen wohnt. Der Wombat wiegt ungefähr dreißig Kilo und sieht ein bisschen tolpatschig aus. Er ist aber ganz friedlich und frisst wie die meisten Beuteltiere nur Pflanzen. Den Tasmanischen Beutelteufel allerdings fand ich nicht so nett. Dieses pechschwarze Tier war ungefähr so groß wie eine Katze, hatte scharfe Zähne, fraß Fleisch und schmatzte dabei schlimmer als ein Schwein. Die Beutelmaus wiederum (also eine Maus mit einem Beutel) fand ich richtig süß.
Toll fand ich auch den Riesenkäfig mit den Vögeln. In Australien leben wirklich lauter Vögel, die man in Europa überhaupt nicht kennt. Am meisten gelacht habe ich über den Galah. Nein, nicht weil er so komisch aussah - im Gegenteil, er war herrlich bunt und sehr schön. Aber wenn es Winter wird, fliegt er in den Süden. Okay, das machen unsere Zugvögel auch, könntet ihr jetzt sagen. Aber überlegt mal: Australien liegt doch auf der südlichen Erdhalbkugel, und das bedeutet, je weiter man in Australien in den Süden kommt, desto kühler (und nicht wärmer!) wird es. Also fliegt der Galah, wenn es Winter wird und kühl, dorthin, wo es dann noch kühler ist. Hi hi - ich frage mich, wer ihn auf diese blöde Idee gebracht hat. Jedenfalls, wenn ein Australier einen Menschen für doof hält, nennt er ihn: "Galah".
Später war ich noch bei weniger netten Tieren: Bei den Schlangen und Spinnen. Wusstet ihr, dass die elf giftigsten Schlangenarten der Welt alle in Australien zu Hause sind? Der Taipan zum Beispiel, der lebt im Nordosten von Australien, in Queensland, und ist zwei Meter lang, und mit einer ganz kleinen Menge seines Giftes könnte er auf einen Schlag 125 000 Mäuse umlegen! So ein Schlingel! Wie viele Menschen daran sterben würden, wollte ich gar nicht mehr wissen. Außerdem gibt es in Australien zwei Spinnenarten, deren Gift für den Menschen tödlich ist: Die Rotrückenspinne, die im Landesinneren lebt, und die Trichternetzspinne, die in Sydney ihr Unwesen treibt. Auweia - ausgerechnet in Sydney!
Dann wollte ich mir aber noch die niedlichsten Tiere Australiens anschauen: Koalas. Koalas sind diese den ganzen Tag in Eukalyptusbäumen herumlungernden lebendigen Teddies, die so viele Eukalyptusblätter wegmümmeln, dass sie ganz stark nach Hustenbonbons riechen. Ich stand vor einem Baum, in dem zwei Koalas abhingen und mich mit ihren Knopfaugen ansahen. Ich wartete darauf, dass sich mal einer von ihnen bewegen würde - aber Fehlanzeige. Sie rührten sich gar nicht. "He, ihr Faulpelze! Wer sich als erster bewegt, hat verloren, oder was?" fragte ich die beiden. Das hörte ein Wärter. Er lachte und erklärte mir: "Ja, die Koalas versuchen's mit Gemütlichkeit. Bis zu 18 Stunden Tag sitzen sie in den Bäumen, dösen herum und verdauen so vor sich hin. Weißt du, sie fressen halt nur Eukalyptusblätter, und die haben so wenig Nährwert, dass die Koalas Energie sparen, wo immer es geht." Aha, so war das. "Aber warte, wir machen mal etwas." Der Wärter nahm vorsichtig einen der Koalas vom Baum ("Nun komm, Kumpel!") und gab ihn mir. Der Koala klammerte sich vorsichtig an mir fest. Während ich ihn streichelte, blitzte es kurz: Der Wärter hatte mich mit einer Sofortbildkamera geknipst, und ich durfte das Foto von mir mit dem Koala behalten. "Cool", sagte ich. "Macht zwei Dollar", sagte der Wärter. "Ach so", meinte ich.
Danach fuhr ich zurück ins Hotel, wo die Mädchen warteten. "Habt ihr immer noch schlechte Laune?" fragte ich. "Jaaaaa", meinten sie. "Schaut mal, auf diesem Foto habe ich einen Koala auf dem Arm." - "Schööööön", meinten sie nur missmutig. Na, dann konnte ich ihnen auch nicht helfen. Nun mussten wir auch schon zur nächsten Vorstellung.
Es grüßt euch ganz tierisch
Euer SIMON FLUNKERT
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