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Simon in Australien 10 - 12

Nachdem Simon von einer Edelstein-Suche zurückkommt, erwartet ihn eine große Überraschung, von der er nicht so genau weiß, ob sie gut oder schlecht ist. Sicher ist jedenfalls, dass er die nächsten dreißig Stunden niemals vergessen wird.


Daniel Roy, Brühl, Deutschland
Martin Roy, Uetze, Deutschland
Malcolm McGookin, Asterisk *Animations, Brisbane (Queensland), Australien
Ki.Ka, Erfurt, Deutschland


Ich geb's ja zu: Die Gier hatte mich gepackt. Ich wollte unbedingt so einen Opal finden und dadurch zum Millionär werden.
Hier könnt ihr euch Opale anschauen.

Teil 10 - Simon sucht nach Edelsteinen - und er gräbt und gräbt und gräbt

Hi, Mitkids!

Seit zwei Wochen war ich nun mit unserer Theatergruppe aus Hannover am anderen Ende der Welt. Wir waren eingeladen worden, an Schulen in der australischen Großstadt Sydney das Musical ANNIE aufzuführen. Ja, ja, es stimmt, ich musste in dem Stück ein Mädchen spielen! Na und? Manchmal muss ein Mann eben Opfer bringen. Inzwischen waren unsere Vorstellungen auch gut besucht, und es machte uns mir viel mehr Spaß.

Diesmal traten wir abends an einer Schule im Stadtteil Marrickville auf. Vor der Vorstellung hatte ich in der Garderobe noch etwas Zeit, und daher blätterte ich in einem Prospekt für Urlauber, die nach Sydney kommen. Darin stand etwas über Opale. "Opale?" fragte Jasmin Jubeltrupp. "Sind das nicht Autos aus Deutschland. Werden die auch hier in Australien verkauft?" Alle lachten - ha ha ha ha! Meine Klassenkameradin Sophie Liebevoll, die in unserem Stück die Hauptrolle spielte und bis vor einiger Zeit lange hier in Sydney gewohnt hatte, erklärte es ihr: "Opale sind funkelnde Edelsteine, na ja, oder Halbedelsteine, wie manche Leute auch sagen. Je nachdem, von woher man auf ihn schaut, funkelt ein Opal immer anders. Die meisten Opale der Welt werden hier in Australien gefunden. Das Besondere an ihnen ist, dass praktisch kein Opal aussieht wie ein anderer. Alle sind einzigartig." Ich begann zu träumen. So einen Opal müsste ich auch mal finden. Der ist dann möglicherweise mehrere Millionen australische Dollar wert, und ich hätte bis an mein Lebensende immer genug Geld. Irgendwie hatte ich in meinem Tagtraum wohl versehentlich laut gesprochen, denn die Mädchen kicherten. Sophie sagte: "Simon, wenn du Lust hast, können wir morgen einen Bekannten besuchen. Er ist deutscher Abstammung und war früher mal Opalsucher." Oh cool! Am nächsten Tag hatten wir ja auch den ganzen Tag frei. Dann war erst einmal Schluss mit meinem Traum vom Opal. Die Vorstellung begann, und wir mussten auftreten. Die Halle war bis auf den letzten Platz ausverkauft, und wir waren ziemlich gut. Nach der Vorstellung unterhielten sich einige Schauspieler und Produzenten von einer professionellen australischen Theatergruppe mit unserer Managerin. Komisch, mir war, als hätte ich eine der Schauspielerinnen schon mal in Deutschland gesehen. Aber wo bloß? Im Ki.Ka? Ich konnte mich nicht genau erinnern. Später sollte ich erfahren, dass es bei dem Gespräch um mich ging. Aber das ist eine andere Geschichte, und die erzähle ich euch erst beim nächsten Mal.

Am nächsten Morgen machten uns Sophie und ich in aller Früh auf den Weg zum Bahnhof. Von dort nahmen wir den Zug nach Newcastle. "Newcastle ist eine der nördlichen Nachbarstädte von Sydney. Sie ist ungefähr zweihundert Kilometer entfernt." Mannomann! Zweihundert Kilometer! Und das nennen die hier Nachbarstadt. Wir fuhren mehr als zwei Stunden gemütlich durch eine hügelige Landschaft mit sehr viel Wald. Mittendrin gab es auch ein Gebiet mit großen Seen, auf denen viele Freizeitboote herumschipperten. In Newcastle lag unser Endbahnhof ganz nah am Hafen. Dort kauften wir uns Fish and Chips (herrlich!) und frühstückten erst einmal.

Diese süße kleine Australierin wollte auch erstmal etwas zu sich nehmen. Australisches Eis ist auch wirklich sehr lecker.

Schade, dass sie nur die Hälfte davon gegessen und den Rest als Hautcreme benutzt hat.

Dann gingen wir ein paar hundert Meter zu Fuß und kamen zu einem Reihenhaus. Sophie hatte uns am Abend zuvor noch telefonisch angemeldet.

Es öffnete uns ein siebzigjähriger Mann. Er schüttelte uns die Hand und begrüßte uns auf Deutsch: "Guten Morgen, Sophie, mein deutsches Mädel, Guten Morgen, mein deutscher Pimpf. Mein Name ist Karl-Friedrich Hasenschütze. Gäste aus der deutschen Heimat sind immer willkommen. Rührt euch, und tretet ein in mein deutsches Reich!" Hmmm. Ja. Die Wohnung war in der Tat eingerichtet wie bei alten Leuten daheim in Deutschland. Biedermeier-Stil oder so. Herr Hasenschütze schlug vor: "Wollen wir gemeinsam eine gute deutsche Mahlzeit einnehmen? Sauerkraut, Kartoffelpuffer oder Leberkäse? Lasse ich mir regelmäßig alles in Dosen aus Deutschland einfliegen. Sophie kann ja bestimmt inzwischen kochen." Ach, du meine Güte! "Nicht nötig, wir haben gerade gegessen! Deutsche Mettwurst", flunkerte ich. Das wunderte ihn: "Mettwurst in Newcastle? Nanu? Ich lege uns mal eben eine gute deutsche Schallplatte auf? Was möchtet ihr hören? Heino, Marianne & Michael, die Kastelruther Tontauben, die Wildecker Herzfehler oder Klaus, Klaus, Klaus & Klaus?" Diesmal erfand Sophie für uns die Notlüge: "Oh, wir lieben deutsche Musik. Aber der Ohrenarzt hat uns empfohlen, vorübergehend keine mehr zu hören, um keinen Hörschaden zu bekommen." - "So ein undeutscher Quacksalber!" schimpfte Herr Hasenschütze. Dann zeigte er uns sein Bücherregal: "Laute Meisterwerke der deutschen Literatur - Rilke, Hölderlin, Scheeksbier, Köthe, Schriller, Sacher-Masoch ..."

Ich wollte mit ihm ins Gespräch kommen und fragte: "Wo in Deutschland sind Sie denn geboren?" Diese Frage schien ihm peinlich zu sein. Er antwortete: "Ich bin im Barossa-Tal geboren." Aha. Jetzt war ich etwas verlegen. Ich gab zu: "Oh, ich fürchte, das kenne ich gar nicht. In welchem deutschen Bundesland liegt das?" Er klärte mich auf: "In keinem. Es liegt in Südaustralien. Meine Vorfahren sind bereits vor hundertzwanzig Jahren aus Deutschland nach Australien ausgewandert. Wir haben aber zu Hause immer Deutsch gesprochen. So gut, dass ich Englisch mit einem schönen deutschen Akzent spreche. Vorbildlich, nicht wahr, Pimpf?" Na, ich weiß ja nicht. Ich war stolz darauf, dass ich Englisch inzwischen mit australischem Akzent sprechen konnte.

Sophie schien zu bereuen, dass wir hergekommen waren. Sie sagte: "Leider haben wir keine Zeit mehr. Wir wollten jetzt noch meine Freundin Melanie hier in Newcastle besuchen." Ich begriff nicht gleich, dass das eine Notlüge war, und sagte: "So? Davon weiß ich ja gar nichts." Sophie trat mir leicht auf den Fuß und meinte: "Ja, klar, erinnere dich, die, die so gut auf dem Kamm blasen kann." Okay, Sophie wollte gehen - aber ich noch nicht! Ich war wegen der Opale hergekommen, und das sagte ich auch. Herr Hasenschütze freute sich: "Ja, genau. Da kann ich dir viel erzählen. Das kann Stunden dauern." Sophie machte einen Vorschlag: "Na gut. Dann hole ich dich in drei Stunden hier ab und gehe inzwischen zu meiner Freundin Margret." Nanu? Margret? Ich fragte erstaunt: "Eben hieß deine Freundin doch noch Melanie?" Diesmal trat Sophie sehr viel fester zu. Oh Mann - widersprecht nie einem Mädchen!

Als sie weg war, fragte ich: "Wo haben Sie denn damals Opale gefunden, Herr Hasenschütze?" Seine Antwort warf mich um: "Hinterm Haus, in meinem Garten." - "Waaaas, das ist ja unglaublich!" Der Herr Hasenschütze dachte einen Moment nach und sagte: "Ich mache dir einen Vorschlag. Ich gebe dir einen Spaten, und du darfst damit in meinem Garten selbst nach Opalen graben. Wenn du einen findest, darfst du ihn sogar behalten." Ich war total begeistert von seiner Großzügigkeit. "Ja, ja, die gute deutsche Großzügigkeit", lächelte er. Er zeigte mir in seinem Garten eine Stelle, wo ich graben durfte. Dann ging er zurück ins Haus, und ich grub. Ich grub also. Ich grub und grub. Ich grub und grub und grub. Ich grub und grub und grub und ... ihr wisst schon. Aber ich fand nichts. Jedenfalls nichts Wertvolles. Herr Hasenschütze kam wieder heraus und riet mir: "Versuch's doch mal da hinten. Vielleicht hast du da mehr Glück." So ging es fast drei Stunden. Danach hatte ich ihm den ganzen Garten umgegraben, aber keinen einzigen Opal gefunden. Jetzt war er total begeistert: "Hervorragend, Pimpf! Jetzt kann ich gleich meine guten deutschen Kartoffelsamen aussäen." Ich hingegen war völlig erschöpft.

Zum Glück war Sophie zurück und holte mich ab. Auf dem Rückweg zum Zug meinte sie: "Entschuldige bitte. Ich hatte ihn nicht mehr gesehen, seitdem ich drei war. Er hatte damals was mit meiner Oma. Ich wusste gar nicht, dass er so ein hinterlistiger Kerl ist." Sophie war zwischendurch gar nicht bei ihrer Freundin gewesen: "Hier in Newcastle habe ich gar keine Freundin. Ich war in einigen Modeläden und habe in einem Café ein Vegemite-Sandwich gegessen. Und schau, im CD Shop habe ich diese MINTY CD bekommen. Gab es in Deutschland in keinem einzigen Geschäft." War mir, ehrlich gesagt, völlig egal. Im Zug zurück nach Sydney hatte sie aber noch eine Idee, wie sie meinte. Mehr verraten wollte sie allerdings noch nicht.

In Sydney fuhren wir dann direkt mit der U-Bahn weiter zum Circular Quay und gingen von dort in die Rocks, die Altstadt von Sydney. Sophie führte mich in ein Gebäude, in dem es auf mehrere Etagen verteilt Andenkenläden gab. Ja, und da sah ich sie dann, meine Opale. Es gab hier gleich mehrere Geschäfte, die Opale verkauften. Einer der Läden sah sogar so aus, als wäre er in einem Bergwerk. Die Opale funkelten wirklich hübsch. Aber als ich auf die Preisschilder sah, war ich verwundert. "Die kosten ja gar nicht mehrere Millionen Dollar!" Nein, einige kosteten sogar nur etwas mehr als dreißig Dollar. Sophie meinte: "Es gibt auch richtig teure Opale, aber auch ziemlich preiswerte wie diese hier. Sind aber doch auch schön, oder?" Ja, das stimmte wirklich. Obwohl dreißig Dollar immer noch viel Geld für mich war. Ich hätte nämlich gerne zwei gekauft - einen für meine Mutter und einen für meine kleine Schwester Claudia, die ja nicht mitgekommen waren nach Australien.

Als wir ins Hotel zurückkamen, erwartete mich eine Überraschung, die mich erst einmal schockierte. Schon am nächsten Tag würde ich im Opernhaus von Sydney vor einem wirklich großen Publikum auftreten. Die anderen nicht. Aber das erzähle ich euch alles nächstes Mal.

Mit euch neugierig machenden Grüßen

Euer SIMON FLUNKERT


Eigentlich hatte ich gedacht, meine Ballonfahrt sei mein spannendstes Australien-Abenteuer gewesen. Aber was mir im Opernhaus von Sydney passierte, war fast genauso aufregend.

Teil 11 - Simon in der Oper - Simon live on stage

Hi, Mitkids!

Wie ihr wisst, war ich seit einigen Wochen mit einer englischsprachigen Theatergruppe aus Hannover zu Gast in der australischen Großstadt Sydney. Wir führten dort an Schulen das Musical ANNIE auf. Eigentlich erzähle ich ja gar nicht so gerne davon. In diesem Musical kommen nämlich sieben Waisenmädchen vor, und - ja - eines davon spielte ich - der Simon. Lasst das Gegackere, Kids!

Als ich eines Tages mit Sophie aus der Altstadt, wo wir uns Opale angesehen hatten (vielleicht erinnert euch noch an die Geschichte), ins Hotel zurückkam, wartete eine Riesenüberraschung auf mich. Auf dem Hotelgang standen zwei Männer, die ich vom Sehen kannte und von denen ich wusste, dass sie australische Musicalproduzenten waren. Bei ihnen war unser Regisseur Steven Playmountain und unsere Managerin, Frau Meier-Meyer. Frau Meier-Meyer hatte ganz viele Geldscheine in der Hand, die sie mit leuchtenden Augen und Spucke vorm Mund zählte. Ehe ich fragen konnte, was los war, nahm mich einer der Produzenten an der Hand und zog mich eilig bis vors Hotel, wo ich mit den Männern ein dort parkendes Auto bestieg.

"Auweia! Ist das eine Entführung?" fragte ich völlig verwirrt, aber immerhin auf Englisch. Die beiden lachten, und einer von ihnen sagte: "Entschuldige, Kumpel. Mein Name ist Ian Icebine, und das ist mein Kollege Gary Coo-Shwuntz. Wir arbeiten für die Musicalproduktionsfirma Loud, Shrill & Atonal. Wir führen auch zurzeit das Musical ANNIE auf, und zwar in Sydneys Opernhaus. He he he, deswegen hattet ihr auch immer so wenig Zuschauer. Die waren alle schon bei uns gewesen - ha ha ha ha ha!" Lachkopf! Aber ich wollte höflich bleiben und fragte: "Und wie kann ich Ihnen helfen, wenn Sie sowieso schon soviel Erfolg haben?" Jetzt sagte der Herr Coo-Shwuntz auch mal was. "Du spielst doch bei euch das Mädchen July. Und zwar sehr gut, wir haben dich ja beobachtet. Unser Problem ist, dass unsere eigene July eine schwere Lebensmittelvergiftung bekommen hat. Sie hat im Schnellimbiss Wyrger-King etwas gegessen, das nicht mehr ganz frisch war. Und das, obwohl morgen Abend eine ganz wichtige Vorstellung ist. Deswegen möchten wir dich als Ersatz für diese eine Vorstellung haben." Ich war etwas verwundert: "Aha. Aber haben Sie denn keine Zweitbesetzung - also einen eigenen Schauspieler, der einspringt, wenn ein anderer mal krank wird?" Herr Icebine meinte: "Doch, eigentlich haben wir mehr Kinder als genug im Ensemble, die einspringen könnten. Aber die waren alle mit im Schnellimbiss. Wir sind schon froh, dass die restliche Stammbesetzung gesund geblieben ist. Und da wir wissen, dass du die Rolle der July spielen kannst, haben wir dich für morgen gemiete ... also, du spielst morgen bei uns." So so.

Wir fuhren nicht direkt zur Oper, sondern zu einem Hotel. Dort stellte mir Herr Icebine die anderen Kinder seines Ensembles vor: "Das sind Sally Crocodile, Wanda Wombat, Pepsi Coala, Deborah Dingo, Sarah Shark und Budgie Parrot." Offenbar freuten sie sich, dass ich da war: "Cool, dass du bei uns aushilfst, Simon. Das rettet uns morgen", meinte Wanda. Ich war noch immer ganz verdattert und sagte: "Das tue ich ja gern. Obwohl ich ganz schön aufgeregt sein werde." Wanda erzählte stolz: "Übrigens ist morgen das Fernsehen da und überträgt unsere Vorstellung live in ganz Australien." Oh - jetzt wurde mir direkt ein bisschen schlecht vor Angst. Und mir wurde noch schlechter. Herr Icebine erklärte: "Um dich gleich noch mehr zu erschrecken, Simon, muss ich dir Folgendes sagen: Unsere Vorstellung ist etwas anders als eure. Es gibt bei uns zusätzliche Lieder. Im zweiten Akt musst du ein Solo singen. Dein neues Lied heißt: Das Leben ist eine Schüssel voller fauler Eier." Ich wollte protestieren, aber vor Schreck konnte ich nichts mehr sagen. Ich wurde in mein Hotelzimmer gebracht, wo man mir alles bereit gestellt hatte, was ich für die Nacht brauchte. Sogar einen Fernseher. Schlafen konnte ich nämlich nur gaaaanz schlecht.

Am nächsten Morgen fuhr der Herr Icebine mit mir im Auto zum Sydney Opera House. Gesehen hatte ich das in den Wochen zuvor schon oft. Aber immer nur von außen.


Nun durfte ich erst einmal das Innere der Oper besichtigen. Er zeigte mir auch den Saal, wo wir abends auftreten würden. Ui ui ui, da wurden sogar schon die Fernsehkameras aufgebaut. Dann sagte Herr Icebine: "So, ein Problem haben wir ja noch. Du musst noch das neue Lied lernen." Er führte mich in eine Garderobe uns sagte: "Hinter der Tür da wartet eine unserer Schauspielerinnen auf dich. Sie spielt in dem Stück die Sekretärin des Millionärs. Sie hat sich bereit erklärt, jetzt mit dir das Lied einzustudieren. Ich hole dich am Mittag wieder ab."

Bevor ich "bye" sagen konnte, schubste er mich in den Nachbarraum. Dort erwartete mich ein großes blondes Mädchen oder aber eine junge blonde Frau - keine Ahnung, wie alt die so genau war. Sie begrüßte mich: "Hi, du musst Simon Flunkert sein. Wie geht's? Nanu - was starrst du mich denn so an?" Oh, das war mir jetzt peinlich. Ich hatte sie wirklich angestarrt. Ich war nämlich total erstaunt, weil sie mir so bekannt vorkam. Hatte ich die vielleicht schon mal im Fernsehen gesehen? Zum Glück lachte sie dabei und ärgerte sich nicht darüber. Dann sang sie mir das Lied vor, das ich abends auf der Bühne singen sollte (die Musik kam vom Tonband). Es war leichter, als ich dachte, und nach zwei Stunden konnte ich das Lied. Meine Lehrerin war zufrieden: "Gut, dass du noch nicht im Stimmbruch bist und so eine helle Stimme hast. Stell dir vor, du würdest dieses Mädchen July spielen und mit einer ganz tiefen Stimme brummen wie ein Bär." Das fanden wir beide witzig.

Nachmittags probte ich mit den anderen die Aufführung. Es klappte erstaunlich gut. Zwar war es komisch für mich, jetzt mit australischen Schauspielern zu spielen, aber es lief nicht schlecht. Und auch mein Lied kam ganz gut rüber. Angela (meine Lehrerin) nickte mir freundlich zu. Ja, ich war richtig stolz auf meine helle Jungenstimme.

Dann war es Abend, und die Vorstellung begann. Ich hatte gedacht, ich würde vor Aufregung sterben, aber das war nicht so. Ich vergaß die Zuschauer im Saal und auch die Fernsehkameras und spielte meine Rolle wie immer. Dann kam der Moment, wo ich allein auf der Bühne stand und mein Lied singen musste. Jetzt war ich aber doch tierisch nervös. Die Musik setzte ein, ich machte den Mund auf, und ... BRUMMMM! Was war denn das?! Soll das meine Stimme gewesen sein? Die war ja ganz tief! Die Musik brach ab ... ich konnte ein paar Sekunden verschnaufen ... und dann setzte die Musik wieder ein. Ich versuchte zu singen, aber: BRUMMMM BRUMMM BRUMMMM! Oh nein!! Ich hatte den Stimmbruch! Dreizehn Jahre hatte ich darauf gewartet, und jetzt, als ich ihn am wenigsten gebrauchen konnte, war er plötzlich da! Die Musik brach wieder ab und das Publikum wurde unruhig. Ich drehte mich hilflos um und sah links von mir hinterm Vorhang Angela, die ein Mikrophon in der Hand hielt und mir ganz wild Zeichen gab. Ich begriff, was sie wollte. Ich sollte einfach nur so tun, als ob ich singen würde. Wenn das mal gut gehen würde! Die Musik setzte wieder ein, ich machte stumm den Mund auf ... und irgendwie sang jetzt jemand anders das Lied für mich. Ich schaute vorsichtig zur Seite und sah, was los war. Angela sang das Lied hinter dem Vorhang - und das Publikum dachte, ich sei es. Dabei machte ich nur den Mund auf und zu. Hinterher klatschten die Zuschauer begeistert, weil sie glaubten, ich hätte so toll gesungen. Zum Glück hatte ich im ganzen restlichen Stück kein Lied und auch keinen Text mehr.

Nach der Vorstellung kam Angela zu mir und grinste: "Das ist ja gerade nochmal gut gegangen. Dein Stimmbruch hätte ruhig noch zwei Stunden warten können."

Es grüßt euch mit ganz tiefer Stimme

Euer SIMON FLUNKERT

Teil 12: Simons letzter Australien-Tag - er shoppt sich durch Sydney

Hi, Mitkids!

Wenn ihr in letzter Zeit meine Geschichten gelesen habt, wisst ihr, dass ich mit einer Theatergruppe aus Hannover zu Gast in Sydney war, also in Australien. Wir führten dort das Musical ANNIE auf, in dem ich ein WaisenMÄDCHEN zu spielen gezwungen war. Und beim letzten Mal erzählte ich euch, dass ich ganz plötzlich engagiert wurde, um in der Oper aufzutreten. Eine großes australische Musicalensemble brauchte dringend eine Vertretung für ein krankes Mitglied, und dabei kam man auf mich. Während der Vorstellung bekam ich dann gerade an der Stelle, wo ich ein Solo singen sollte, den Stimmbruch.

Der vorletzte Tag unserer Tournee durch Sydney war angebrochen. Die anderen aus unserer Gruppe mussten heute ein letztes Mal auftreten. Ich selbst nicht mehr - ich war ja jetzt im Stimmbruch. Statt dessen sprang nun das australische Mädchen für mich ein, für das ich zuvor eingesprungen war, als es eine Lebensmittelvergiftung hatte. "Wie du mir, so ich dir", sagte es.

Ihr meint jetzt vielleicht, dass ich deswegen traurig war. Ha ha ha! Völlig falsch! Es ging mir wunderbar! Während die anderen wieder malochen mussten, konnte ich mir ganz alleine einen letzten schönen Tag in Sydney machen. Und was noch besser war: Für meinen Extra-Auftritt in der Oper hatte ich ein hübsches Sümmchen Geld bekommen. Ich verrate euch jetzt nicht, wie viel, aber jedenfalls konnte ich nun für meine Familie ein paar Andenken kaufen, die mir ansonsten zu teuer gewesen wären.

Nach dem Frühstück zog ich deswegen zu Fuß von unserem Hotel in der Pitt Street hinüber in die nahegelegene Chinatown. Genauso wie viele Großstädte in Nordamerika hat auch Sydney eine Chinatown. Das ist ein Viertel, in dem vor allem Einwanderer aus China und anderen asiatischen Staaten leben, oder aber die Nachfahren der Einwanderer. Man fühlt sich dort gar nicht mehr so richtig in Australien, sondern wirklich ein bisschen wie in China. Es gibt chinesische Restaurants, chinesische Vereine, viele chinesische Geschäfte und so weiter. Ich ging in die Chinatown, weil ich zu Paddy's Market wollte. Paddy's Market ist ein riesengroßer Flohmarkt in einer Halle. Dort kam man allen möglichen Trödel kaufen - genau das richtige für meine Familie. Zunächst einmal wollte ich ein typisch australisches Spielzeug für Papa besorgen: Einen Bumerang. Ihr kennt doch Bumerangs, oder? Das sind diese australischen Wurfknüppel. Wenn man sie richtig wirft, kehren sie zu einem zurück. Natürlich nur, wenn man sie richtig wirft, ansonsten landen sie irgendwo in der Botanik. An einem Stand entdeckte ich einen hellbraunen Bumerang, der mir gefiel, und ich begann, mit dem Händler zu feilschen: "Wie viel möchten Sie dafür haben?" - "120 Dollar." - "Puh, das ist zu viel. Ich gebe Ihnen 60 Dollar." - "Oh nein. Sagen wir: 110." - "Nein. 70." - "100 Dollar?" - "Mein letztes Angebot: 80 Dollar", sagte ich streng. "Mein letztes Angebot: 130 Dollar", meinte der Händler. Ich gab nach, kaufte den Bumerang für 130 Dollar und hatte irgendwie das Gefühl, gerade über den Tisch gezogen worden zu sein.

Egal. Jetzt brauchte ich noch etwas für meine Mutter und meine kleine Schwester Claudia. Erst wollte ich Claudia ein T-Shirt kaufen, aber dann dachte ich mir, dass sie schimpfen würde: "Na toll! Mein großer Bruder war in Australien, und alles, was ich bekomme, ist ein lausiges T-Shirt." Dann wollte ich ihr einen riesigen Hut mit einem ganz breiten Rand kaufen. Dabei musste ich mir aber vorstellen, wie die kleine Claudia mit diesem riesengroßen Hut auf dem Kopf umfallen würde. Ich lachte laut - und kaufte den Hut für mich selbst. Mit dem großen Hut auf dem Kopf verließ ich Paddy's Market und wanderte zu Fuß in die Rocks, die Altstadt von Sydney.

Vor dem Schnellimbiss spielte wieder eine Band.

Diesmal war es coole Cajun-Musik, die eigentlich in Louisiana, USA, und gar nicht in New South Wales, Australien, ihre Heimat hat. Schade, dass ich den Namen der Band nicht weiß.

Jedenfalls war mir inzwischen das passende Geschenk für Claudia und auch für Mama eingefallen: Opale. Das sind diese australischen Halbedelsteine, die so schön funkeln und die mir bis dahin zu teuer gewesen waren. Aber nun ich hatte ja inzwischen richtig Geld. Ich ging in eine Einkaufspassage, wo ich mehrere Opal-Läden gesehen hatte. In einem davon sah ich mir einige der preiswerten Opale an. Das Verrückte war, dass sie zu ganz witzigen Formen geschliffen waren. Zum Beispiel hatte ich einen in der Hand, der aussah wie eine Schildkröte. Andere wiederum hatten die Form von Kängurus, von Koalas oder anderen australischen Tieren. Und hier war einer, der hatte die Form eines Tieres, das ich nicht kannte. Er sah irgendwie aus wie ... nein, das konnte nicht sein. Ich fragte die Verkäuferin: "Was für ein Tier soll das sein?" Sie sah sich den Opal an und erklärte mir: "Das ist ein Schweinehund." Also doch! Ich kaufte eine Opal-Schildkröte für Mama und den Schweinehund für Claudia. Anschließend kaufte ich in mehreren Läden Mützen und T-Shirts und Stofftiere und so. Das würde ich dann zu Hause in Deutschland irgendwie auf meine Familie und meine Freunde verteilen.


In den Rocks.



Schwer bepackt mit all den Tüten ging ich hinunter zum Hafen - mein Lieblingsort in Sydney.

Dort am Circular Quay kann man echt abgedrehte Schausteller sehen. Zum Beispiel eine junge Frau, die den ganzen Tag dort als Freiheitsstatue herumsteht. Oder einen jungen Mann, der sich als Außerirdischer verkleidet hat. Diesmal aber interessierte mich ein Didgeridoo-Spieler. Ein Didgeridoo ist ein langes Holzblasinstrument, das die australischen Ureinwohner erfunden haben. Aus ihm kommen sehr schöne ganz tiefe Töne. Einem Didgeridoo könnte ich stundenlang zuhören. Als der dunkelhäutige Didgeridoo-Spieler am Hafen mal Pausen machte, um ein Vegemite-Brot zu essen, schleimte ich mich bei ihm ein: "Dieses Instrument ist unglaublich! Es ist Wahnsinn! Es ist ein unglaublicher Wahnsinn! Darf ich auch mal in Ihr Didgeridoo blasen?" Er zögerte etwas, antwortete dann aber: "Na gut, ausnahmsweise, Kumpel. Weil du so 'nen schönen großen Hut aufhast." Ich blies in das Didgeridoo - aber allzu schöne Geräusche bekam ich da nicht heraus. Im Gegenteil: Es klang, als ob jemand pupsen würde. Schade! Plötzlich quatschten mich einige australische Kinder an: "He, du da, Kumpel. Cooler Hut! Bist du nicht Simon, der Junge aus Deutschland, der in diesem Musical aufgetreten ist?" Ich war erstaunt, dass mich jemand erkannte, und erwiderte stolz: "Ja, genau! Wollt ihr etwa Autogramme?" Sie antworteten: "Nö, Kumpel. Aber du kannst uns ja etwas von Europa erzählen?" Aha. Na gut. Aber was? Ah ja, weiter hinten sah ich einen Stand, an dem ein alter Seemann Holzschiffchen verkaufte. Er hatte auch eine große Weltkarte aufgestellt. Ich führte die Kinder zur Landkarte und erzählte: "Hier unten auf der südlichen Erdhalbkugel ist Australien, und hier oben auf der nördlichen Erdhalbkugel ist Europa. Hier in Australien geht die Sonne im Osten auf. Dann wandert sie linksherum und steht mittags im Norden. Abends geht sie im Westen unter. Bei uns in Europa geht die Sonne auch im Osten auf. Dann wandert sie aber rechtsherum und steht mittags im Süden ..." Weiter kam ich nicht. Die australischen Kinder lachten sich schlapp: "Ha ha ha ha, Kumpel! Du glaubst wohl, du kannst uns was vorflunkern! Jedes Kind weiß, dass die Sonne niemals im Süden steht. Ha ha ha ha ha!" Frechheit! Da erzählt man schon mal die Wahrheit, und dann glauben einem die Leute nicht.


Der Vogel unten ist offenbar von der Müllabfuhr.

Später war ich noch essen in einem International Food Court. Dort gibt es Stände mit Speisen aus allen möglichen Ländern. Ihr wisst vielleicht, dass ich gerne scharf esse, und diesmal wollte ich's besonders scharf haben. Ich sprach eine chinesische Bedienung an: "Ich hätte gerne etwas richtig schön Scharfes." Sie bemerkte: "Nun ja, alles was wir haben, ist ziemlich gut gewürzt." Ich sagte mutig: "Okay. Geben Sie mir das schärfste Essen, das Sie haben." - "Gut, auf deine Verantwortung", meinte sie. Sie kochte mir fix eine Nudelsuppe und riet mir: "Vorsicht. Die ist sehr viel schärfer, als sie aussieht." Oh ja - das stimmte. Diese Suppe war das Schärfste, was man sich vorstellen kann. Mir traten echt die Tränen in die Augen, so scharf war die Suppe. "Warum weinst du denn, mein Junge?", fragte mich eine alte Frau, die mich sah. "Weil ich Suppe esse", antwortete ich. "Ach so, na dann", meinte sie. Hinterher hatte ich Bauchschmerzen, und als ich abends aufs Klo musste, tat auch das weh.

Eigentlich war das jetzt alles, was ich euch von Australien erzählen wollte - wenn da nicht noch diese komische Sache auf unserem Rückflug gewesen wäre. Eine Stewardess kam zu mir sagte: "Simon, der Kapitän bittet dich, mir ins Cockpit zu folgen." Das war ja'n Ding! Natürlich kam ich mit. He, so'n Cockpit ist beeindruckend! All die vielen Schalter und Lampen! Jedoch kam ich nicht dazu, sie mir anzusehen. Der Funker meinte nämlich: "Simon, wir haben gerade einen Funkspruch empfangen, den wahrscheinlich nur du beantworten kannst." Ich staunte immer mehr. Er ließ mich an sein Mikrophon, setzte mir Kopfhörer auf, und schon hörte ich eine Stimme aus dem Funkgerät: "Hier ist der Flughafen Singapur. Spreche ich mit Herrn Simon Flunkert?" Unglaublich! Ich antwortete aufgeregt: "Ja, das bin ich persönlich und auch selbst. Was kann ich für Sie tun?" Einige Sekunden hörte ich nichts, und dann fragte mich die Stimme: "Erzählst du immer noch die lustigen Geschichten im KIKA?" Ho ho! Wahnsinn! Ich erklärte: "Ja, das tue ich. Obwohl ..." - "Wie, obwohl?" - "Nun ja, meine kleine Schwester Claudia bettelt schon lange, dass sie den Kindern auch mal etwas erzählen möchte. Und deshalb werden wir in den nächsten Monaten die Geschichten im KIKA abwechselnd erzählen." Das stimmt übrigens, Kinder. Die nächste Geschichte zum Beispiel wird euch Claudia erzählen, und ich sage euch: Die ist manchmal ganz schön frech. Aber ich war trotzdem völlig durcheinander. Ich stotterte ins Mikrophon: "Aber ich habe auch Fragen. Wie ist es möglich, dass jemand in Singapur meine Geschichten kennt? Und woher wussten Sie, dass ich in diesem Flugzeug bin?" Die Stimme im Funkgerät lachte: "Na, von Singa natürlich. Die Welt ist klein, mein Junge. Übrigens - mit dem großen Hut, den du da auf hast, siehst du etwas albern aus." Waaaas - wie konnte der auch noch wissen, dass ich immer noch den Hut trug, den ich mir auf Paddy's Market gekauft hatte?

Meine Eltern haben sich unheimlich gefreut, als ich in Sehnde ankam. Nur Claudia, die hat gemotzt: "Na toll! Mein großer Bruder war in Australien, und alles, was ich bekomme, ist dieser lausige Opal! Und eine lausige Mütze! Und ein lausiger Seidenschal!" Tja, ihr werdet's ja erleben, welch eine Kröte meine kleine Schwester ist.

Es grüßt euch mit dem großen Hut

Euer SIMON FLUNKERT

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