Die Tränen der Laurentius

Dies ist das bisher letzte Gedicht, was ich bis jetzt geschrieben habe, bevor ich nach Bremen gezogen bin. Es ist leider ein nicht sehr fröhliches Gedicht, sondern eher ein trauriges. Als ich nach Bremen gezogen, war ich ebenfalls sehr traurig darüber gewesen, dass ich meine "zweite Heimatstadt", wie ich sie manchmal in Gedanken nenne, und somit auch meine Freunde und den gesamten "Astro-Club" verlassten musste. Leider gab es keine Möglichkeiten eine Unterkunft in meiner alten Stadt zu finden. Manchmal frage ich mich auch, weshalb ich nach Bremen ziehen musste; und suchte einen möglichen Sinne dieser Schicksalsgebung. Leider konnte bis jetzt noch keinen Sinne finden. Hoffentlich lässt ich durch eine bestimmte Wende in meinen Leben in Bremen ein Sinn nun ergeben, denn sonst, so scheint es mir, hat das Leben eine gewisse Sinnlosigkeit.
Manche Menschen können auch nun behaupten, dieses traurige Gedicht habe ich extra zu meine traurigen Umzug nach Bremen geschrieben und drücke mit diesem Gedicht auch meine traurigen Gefühle aus. Doch diese Behauptung ist leider falsch! Denn es ist eher ein Zufall, das ich dieses Gedicht kurz vor meinen Umzug schrieb. Die Idee, ein Gedicht über den Märtyrer Laurentius zu schreiben, hatte ich als Hintergedanke schon zwei Jahre vor meinen Umzug geplant. Doch leider fehlte mir zu diesem Zeitpunkt absolut jede Kenntnis über den Grund, der hinter den Begriff "Tränen des Laurentius" steckte. Und so musste ich den Gedanken einer sofortigen Dichtung verwerfen und das Thema "Tränen des Laurentius" für einen späteren Versuch warten lassen.
Befassen wir uns zunächst einmal mit dem geschichtlichen Hintergrund, der hinter dem Gedichte steckt und der mich veranlasst hat, dieses Gedicht zuschreiben. Der Titel dieses Gedicht heisst ja nun "Die Tränen des Laurentius". Was sind mit diesen "Tränen des Laurentius" gemeint? Hinter diesem Begriff steckt im Grunde nur eine anderen Bezeichnung für den Meteoritenstrom "Perseiden", der jährlich im Monat August zwischen dem 10. und 14. erscheint. Man sagt, dieser Meteoritenstrom sei der schönste und hellste, den es bisher am Nachthimmel zu sehen gab (obwohl die "Leoniden" eine erste Konkurrenz darstellen). Er hat seinen Ursprung übrigens vom Kometen C109/Swift-Tuttle. Dieser Meteoritenstrom existiert nun sehr lange. Nicht nur in der heutigen Zeit erscheinen sie, sondern auch in geraumer Vorzeit. Zum Beispiel erschien er auch im Jahre 258 vor Christus Geburt - dem Jahr, als man den Märtyrer Laurentius hingerichtete. Was sind "Märtyrer" nun? "Märtyrer" (keine Mehrtürer :-) sind eine Art Mischung aus Ketzern und amerikanischen Patrioten. Ähnlich wie Kopernikus oder Galilei (die Kirche bezeichnete sie als Ketzer) vertraten sie nun eine bestimmte Ansicht eines Umstands oder hatten eine andere Glaubensvorstellung, für die sie sogar - ähnlich wie bei dem amerikanischen Patrioten, die ihr Leben für ihr Land hingeben würden - sterben würden. Leider weiss ich bis jetzt noch nicht, welche Glaubenssache oder ähnliches der Märtyrer Laurentius nun vertrat. Jedenfalls wurde er in einer Nacht im Jahre 258 von seinen Gegnern hingerichtet. Vielleicht sprach er sogar ein paar bedeutende Worte, wie es Giordano Bruno einmal tat. Und in dieser Nacht nun tauchten die "Perseiden" am Nachthimmel auf. Das Volk und die Gegner von Laurentius waren nun sicher überrascht gewesen. Früher wusste man jedoch noch nicht, was sich hinter diesem Ereignis steckte. Historiker hatten diesen Meteoritenstrom als leidende und qualvolle "Tränen des Laurentius" interpretiert, der damals in diesem Augenblick starb...
Ich habe hier in diesem Gedicht etwas neues ausprobiert. Von den bisherigen Gedichten waren dessen durchschnittlichen Vers- und Zeilenlängen relativ lang gewesen. Es gibt aber auch die Möglichkeit, die Verslängen möglichst kurz zu halten. Das habe ich nun in diesem Gedicht versucht umzusetzen. Denn in diversen Gedichten, die ich las, haben mir die kurzen Verslängen - gegenüber den längeren - sehr angetan. Ich empfand dabei - um es so auszudrücken - eine gewisse andere Eigendynamik.
Typische Verse mit kurzer Länge sind zum Beispiel die folgenden, die ich hier nun aufzähle:

Vers 01 - "Der Himmel weint -"
Vers 02 - "über Italien hernieder."
Vers 05 - "Die Seele schreit -"
Vers 06 - "durch die Tempels Hallen."
Vers 36 - "Und die Träne fiel"
Vers 37 - "über den Himmel quer."

Meistens habe ich es so gemacht, falls man es schon erkannt hatte, dass zuerst ein Verspaar folgt, dessen Verslängen sehr kurz sind. Das nächste Verspaar, das darauf folgt, habe ich mit Verslängen versehen, die nur etwas länger sind, als die der Vorgänger (aber trotzdem noch kurz gehalten werden).
Beispiele sind etwa die Verse 14-17:

Das Jahr 250und8,
und einer leidet.
Die Tränen der Nacht
über den Himmel breitet.

oder die Verse 05-08:

Die Seele schreit -
durch die Tempels Hallen.
Es ist das des Sterbenden Leid,
die durch die Räume schallen.

Optisch erkennt man am Gedicht sofort, dass es in vier Abschnitte geteilt ist. Um mich nun kurz zu fassen, beinhaltet der erste Abschnitt eine gewisse Einführung (oder Verschleierung, falls man es mit anderen Augen betrachtet) in den geschichtlichen Inhalt des Gedicht. Der zweite Abschnitt erzählt schon etwas darüber, was im geschichtlichen Inhalt des Gedichts passieren wird. Der dritte Abschnitt nun legt sprichwörtlich die Karten offen auf dem Tisch und gibt den geschichtlichen Hintergrund des Gedichts wieder. Der vierte und letzte Abschnitt hingegen stellt die "Neider und Falschdenker" vor Gericht.
Im ersten Abschnitt wird ein Grundriss der Umgebung eingeführt. Durch die verschiedenen Verse erkennt man, dass das Ereignis in einer Nacht in Italien, und somit größten Teils, im Freien passiert. Es werden auch einige Bauwerke genannt wie Tempel, Hallen, Räume oder Gassen. Ich habe dies absichtlich gewählt, denn der Leser soll zum Schluss kommen, dass die Geschichte des Gedichts mindestens in der Nähe einer Stadt oder einer Tempelanlage spielt.
Gleich im ersten Vers heisst es, dass "Der Himmel weint". Zum Weinen braucht man natürlich Tränen, davon wird Laurentius genug haben werden. Kurz gesagt: "Der Himmel weint" ist eine Metapher (und in gewissen Sinne auch eine Umschreibung) für den Begriff "Tränen des Laurentius", hinter dem wiederum eine andere Bezeichnung für den Meteoritenstrom "Perseiden" steckt, wie wir schon wissen. Im dritten Vers "starb der des Glaubens Feind". Unter "Glauben" bezichtige ich aber noch den "Glauben", was die Kirche ihren Anhänger und Gläubigern lehrt, und nicht das, was der Märtyrer Laurentius glaubte. "Die Luft stinkt" heisst es im neunten Vers. Damit soll nicht unbedingt der Verwesungsgeruch des toten Laurentius sein, der ja hingerichtet worden war und somit tot ist, sondern es "stinkt" eher die Luft aus Verrat, Korruption und Hetzjagen gegen Laurentius. Mit "Verrat" ist gemeint, dass vielleicht ein Freund von Laurentius ihn an die Kirche für den "falschen" Glauben verraten hat; so wie es ähnlich bei Christus in der Bibel geschah. Bei "Korruption" kann es sein, dass einige Kirchenanhänger, die Laurentius gefangen nehmen und töten sollten, gegen die Hinrichtung des Laurentius waren und möglicherweise bedroht und erpresst worden waren. Bei den "Hetzjagden" kann es passiert sein, dass die Kirche vielleicht falsche Gerüchte gegenüber Laurentius verbreitet hat und ihn als einen schlechten Menschen bezeichneten oder sogar als Ausgeburt der Hölle darstellten. Zudem kann es vermeintliche Mordanschläge von unbekannten Attentäter gegeben haben, die ihn vielleicht aus seiner Heimatstadt oder sogar aus Italien vertreiben (= verjagen, weghetzen) wollten.
Im zweiten Abschnitt geht es zur eigentlichen Hinrichtung von Lautentius zu. Laurentius ist nun am Pranger gestellt, sieht dem Tod ins Auge und fängt an zu halluzinieren, dass er Gott und seine vier Erzengel sieht. In den Versen 16 und 17, die "Die Tränen der Nacht" und "über den Himmel breitet" heissen, sollen verlauten, dass der Meteoritenstrom am Himmel nun zu sehen ist und dass der Tod von Laurentius unmittelbar bevor steht. In den Versen 18 bis 20 wird gesagt, dass der Tötungsakt nun stattfindet und er seinen Kopf ein letztes Mal nach Osten wendet. Dort denkt er in seiner letzten Hoffnung auf Erlösung einen Engel als Boten zu erkennen. Die Himmelsrichtung "Osten" wurde absichtlich von mir gewählt. Es hätte ja theoretisch Norden oder Süden sein können. Doch im Osten steigt nun einmal die Sonne auf, und Laurentius hatte gedacht, dass er somit in den Himmel aufsteigt. In den Versen 22 - 25 findet der Tod nun endgültig statt. Ich habe mit diese "Szene des Todes" ein bisschen nach einem Film mit biblischen Akten wie "Betende Engel" oder deren "Himmlischen Gesänge" vorgestellt. In dieser Weise beten und auch die Engel zu ihm, singen "ein letztes Abschiedlied", während Gott - der Herr im Himmel - zuschaut und alles sieht und seine Entscheidung über den Verbleib von Laurentius' Seele getroffen hat. In Vers 25 wird nun verraten, dass er in den Himmel nun. Doch ist habe für den "Himmel" die Umschreibung "Tor zu Eden" gewählt, denn sonst hätte es sich schlecht auf die zweithöhere Zeile "Gott sah zu und Engel beten." gereimt ("Eden" / "beten").
Im dritten Abschnitt gebe ich Hinweise auf den geschichtlichen Hintergrund meines Gedichts nun wieder. Während man sich in den ersten beiden Abschnitten mit Heimlichtuereien und Verschleierung und möglichen "Warum"-Fragen herumplagen musste, gibt es hier nun die konkreten Anworten. Demnach ist Laurentius, ein Erzdiakon des Papst Sixtus dem Zweiten, ein Märtyrer. Er vertritt einen anderen Glauben als er die Kirche vorschreibt. Damit kommt er im Konflikt mit der Kirche. Die Kirche bezeichnet ihn als Ketzer und etwas ähnlichem und will ihn hinrichten, falls er sich nicht dem Glauben der Kirche zuwendet. Doch das Volk steht nicht hinter ihm und wendet sich somit von Laurentius ab - aus Angst, die Kirche würde auch dann das Volk bestrafen. Doch Laurentius bleibt bei seiner Glaubensvorstellung treu und wird somit zum Tode durch Hinrichtung verurteilt. Und ihn diesem Moment erscheinen die "Perseiden". In den Versen 37 und 38 behaupte ich, dass diese damaligen Menschen engstirnig sind und mit dem Tode Unschuldiger eine schwere Last tragen müssen. "Engstirnig" waren diese Menschen dieser damaligen Zeit wirklich, denn damals haben sie noch geglaubt, die Erde sei eine Scheibe und die Planeten Götter; was heute jedoch anders aussieht. Ob es nun schuldhafter Fehlverhalten seitens der Kirche und des Volks war, darüber lässt sich noch lange streiten. Es hätte aber einige Menschen leben müssen, die nicht so "engstirnig" dachten und ihren "Horizont" im Gehirn durch neue Gedankenaspekte erweiterten. So könnte es Menschen gegeben haben, die gegen eine Hinrichtung von Laurentius waren. Doch leider haben sich aus Furcht und Angst vor der Kirche nicht gegen sie (also gegen die Kirche) protestiert und nun vielleicht selbst die Schuld an sich gaben - und somit mit einer schweren Schuld bzw. Last leben müssen.
Wie ich am Anfang geschrieben habe, stelle ich die Gegner von Laurentius' Glauben vor Gericht. Das heisst, ich gebe ihnen die Schuld für seinen Tod. "Das wundervolle Leid!" - dies ist sarkastisch (etwas ähnliches wie "ironisch") zu verstehen wie etwas "Oh, das hast du toll gemacht. Das ist reif für Eigenlob." - obwohl es bekanntlich im Volksmund heisst: "Eigenlob tut selten gut!" Viele werden - wenn auch nun zu spät - eingesehen haben, dass sie falsch gedacht und gehandelt haben. Diesen Menschen stelle ich dann zum "wundervollen Leid" die rhetorische Frage: "Wollt Ihr es ersehnen?" und worauf es in den meisten Fällen nur eine Antwort gibt... Na, was denkt Ihr? Welche Antwort ist es?

"Nichts ist kostenlos! Selbst der Tod nicht, denn er kostet das Leben!"



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