DER KRIEG DER KÖNIGE
Robert Rossen: ALL THE KING'S MEN*
*deutscher Kinotitel: "Der Mann der herrschen wollte"
Broderick Crawford als 'Willie Stark'
alias 'Kingfish' Huey Pierce Long
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[Filmplakat]

EIN KAPITEL AUS DIKIGOROS' WEBSEITE
DIE [UN]SCHÖNE WELT DER ILLUSIONEN

(von Filmen, Schauspielern und ihren [Vor-]Bildern)


"Wißt Ihr, woher das Gute kommt? - Vom Bösen,
denn von nichts kommt nichts!" (W. Stark)

Ist es nicht merkwürdig, daß die Auseinandersetzung zwischen zwei "demokratischen" Politikern, die noch dazu versuchen, einander möglichst weit links zu überholen, als "Krieg der Könige" in die [Kino-]Geschichte eingegangen ist? Aber zumindest einer von den beiden hatte diesen Spitznamen ganz bewußt herbei geführt: Von Huey Long, dem weißen Gouverneur des rückständigen Neger-Staates Louisiana, der 1930 als Senator nach Washington ging, ist der Satz überliefert: "In Washington mag ich nur ein kleines Licht sein, aber unten in Louisiana bin ich der Hecht im Karpfenteich." Nun heißt "ein kleines Licht" auf Amerikanisch "a small fish [ein kleines Fisch]", und der "Hecht im Karpfenteich" ist nicht der Hecht, sondern die Makrele, und die heißt auf Amerikanisch "king fish [Königsfisch]" - sonst wäre das Wortspiel ja auch keines! Dieser gute Mann hielt sich aber nicht nur selber für einen "König" (wobei sich der Durchschnitts-Amerikaner unter König wohl eher eine Figur vorstellte wie sie Mark Twain in "A Connecticut cowboy at King Arthur's Court" beschrieben hatte - z.B. der spätere Präsident John F. Kennedy, der dieses Buch als Kind auch gelesen hatte (so wie Hitler jedem deutschen Brautpaar eine Ausgabe von "Mein Kampf" schenken ließ - auf Kosten des Steuerzahlers, versteht sich, denn auf seine Tantiemen verzichtete er natürlich nicht -, so ließ Roosevelt bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit Bücher von Mark Twain verschenken - vorzugsweise "Tom Sayer" oder "Huckleberry Finn", aber wenn die Auflage gerade vergriffen war, auch schon mal andere :-), hielt sich für eine Reïnkarnation von König Arthus und nannte das Weiße Haus inoffiziell "Schloß Camelot"). Vielmehr wollte Long allen seinen Landsleuten ein "königliches" Leben bescheren. "Every Man A King [Jedermann ein König]" lautete sein Wahl-Slogan (manche meinen, den hätte er irgend einem Konkurrenzen geklaut; aber Dikigoros hat das noch nicht verifizieren können), und das stellte er sich - mitten in der Rezession - so vor: Jeder Amerikaner bekam vom Staat ein Haus, ein Auto, ein Radio und eine Arbeitsplatz-Garantie, diese wiederum verbunden mit einem garantierten Mindesteinkommen von 5.000,00 US-$ im Jahr bei verlängertem Erholungsurlaub. (Das muß man für heutige Leser in die richtigen Relationen setzen: Ein Holzhäuschen konnte man in Louisiana schon ab 5.000,00 US-$ bekommen; allerdings hatte der US-$ damals eine Kaufkraft von ca. 20.- Teuros, die Mindestlohn-Garantie war also ein Witz, die Arbeitsplatz-Garantie sowieso. Und das Radio sollten die Leute in erster Linie bekommen, damit der Staat sie besser mit seiner politischen Propaganda berieseln, pardon erziehen konnte.) Wie er das alles finanzieren wollte? Ganz einfach: Alle Großunternehmen verstaatlichen, alle Millionenvermögen konfiszieren, alle Einkommen über einer Million p.a. wegbesteuern, voilà. Nun ist das natürlich purer Blödsinn, der in der Praxis nie funktionieren würde - wenn die offiziellen Einkommen begrenzt und/oder wegbesteuert werden, dann gibt es eben schwarze Schmiergeldzahlungen und andere Zuwendungen in "Naturalien"; und vor der Vermögenssteuer ist noch jedes Vermögen rechtzeitig ins Ausland geflüchtet, so daß für die Möchtegern-Umverteiler am Ende weniger blieb als vorher. Aber das wollen selbst studierte Wirtschafts-"Wissenschaftler" oft nicht wahr haben; und bei den tumpen Wählern - vor allem den an Verstand, Bildung und materiellen Gütern ärmeren, und die sind nun mal in der Mehrheit - kommt so etwas erst recht gut an. So zweifelte Senator Long denn auch keinen Augenblick daran, daß er die nächsten Präsidentschaftswahlen gegen Franklin Delano Roosevelt gewinnen würde und schrieb sogar schon seine fiktiven Memoiren als US-Präsident, in denen er seinen Sieg über den Faschismus und den Kommunismus feierte (aus deren politischen Rezepten sich sein eigenes Programm doch zusammen setzte :-)!

[US-König Frank I hält Hof]

À propos: Was war denn an Roosevelt so "königlich"? Nun, in erster Linie seine Pose und seine Allüren. Politisch gab auch er sich links und sozial, und überhaupt dürft Ihr, liebe jüngere Leser, Euch nicht auf das Glatteis der Gleichung begeben: König (Kaiser, Tsar, Diktator, Alleinherrscher) = unsozial. Das Gegenteil ist richtig: Wenn ein einzelner herrscht, dann kann er das auf die Dauer nur tun, wenn er das einfache Volk hinter sich weiß, sonst kommt irgendwann eine Adelsclique, eine Militärjunta oder eine "politische Partei", die ihn stürzt - und die erst handelt wirklich unsozial, wie wir in allen Staaten mit Parteienherrschaft sehen, denn die müssen viel mehr eigene Leute gut versorgen, als daß noch allzu viel für die "Umverteilung" nach unten übrig bliebe. Das war damals nicht anders als heute; aber da wir heute fast überall Parteienherrschaften haben, werden "die Diktaturen" verteufelt, als seien sie ein Übel an sich, und als ob in einer Parteien-"Demokratie" nie schlechte Politik gemacht würde, und Ihr habt wahrscheinlich nie darüber nachgedacht, wie unsinnig diese Behauptung, die man Euch von klein auf eingetrichtert hat, eigentlich ist.

(...)

War nun die politische Auseinandersetzung zwischen Huey Pierce Long und Franklin Delano Roosevelt so bedeutend oder gar die einzige bedeutende der 1930er Jahre, daß ausgerechnet sie bis heute im Gedächtnis der Amerikaner haften geblieben ist (außerhalb der USA dürfe kaum noch jemand den ersteren auch nur dem Namen nach "kennen")? Kaum. Politisch - und, wenn Ihr so wollt, "historisch" - gesehen waren andere Konkurrenten Roosevelts mindestens ebenso bedeutsam, z.T. sogar erheblich bedeutsamer als Long, und zwar sowohl von der Persönlichkeit als auch von ihren sozial- und wirtschafts-politischen Programmen her, vor allem Upton Sinclair in Kalifornien (was war schon das jämmerliche Louisiana im Vergleich zu jener "Großmacht" am Pazifik?), aber auch William Borah, Charles Coughlin, William Lemke (jawohl, der hieß wirklich so - er kam aus Bismarck in North Dakota), Gerald Smith oder Francis Townsend. Doch sie alle sind heute so gut wie vergessen - nicht dagegen "Kingfish" Long. Warum? Zum einen, weil die Gerüchte nie verstummen wollten, daß hinter seiner Ermordung im Jahre 1935 niemand anders steckte als Roosevelt selber; zum anderen, weil Robert Pen Warren 1946 einen Roman schrieb, den Robert Rossen drei Jahre später verfilmte. Fast nichts daran stimmt - aus einem verrückten Kommunisten wird ein verrückter "Fascist" gemacht, also das genaue Gegenteil; aber das zeigt nur einmal mehr, daß sich auch (und gerade :-) ein "negativer" Held dem Gedächtnis der Menschen einprägen kann.

Warum hätte Long, auch wenn er nicht ermordet worden wäre, bei den Präsidentschafts-Wahlen gegen Roosevelt keine Chance gehabt? In den offiziellen Geschichtsbüchern findet Ihr dazu altbackene Erklärungen wie: "weil ihm Roosevelt mit dem Social Security Act [Sozialversicherungsgesetz] von 1935 allen Wind aus den Segeln genommen hatte" - aber das ist schlicht falsch: Der SSA mag objektiv vernünftiger gewesen sein als die sozial[istisch]en Utopien der Long & Co., aber von den Betroffenen wurde er allenfalls als Tropfen auf dem heißen Stein angesehen: Arbeitslosen-, Kranken- und Rentenversicherung (für die man auch noch Beiträge zahlen mußte!) auf niedrigstem Niveau, zu wenig um zu leben, zu viel um zu sterben - was war das schon im Vergleich zu den Versprechungen eines Hauses, eines Autos und einer Arbeitsplatzgarantie mit Top-Einkommen? Diese Theorie übersieht, daß Wahlkämpfe in ethnisch so heterogenen Staaten wie es die USA nun einmal waren (und sind) nie mit innenpolitischen Themen gewonnen werden können, sondern immer nur mit außenpolitischen, und zwar dadurch, daß man einen äußeren Feind ins Visier nimmt - oder, wenn keiner zur Hand ist, einen an die Wand malt -, um ein Gefühl der Zusammengehörigkeit zu schaffen, und sich dann als der große Retter aus der Gefahr aufspielt. In den USA ist es nie anders gewesen; ihre Politiker haben diese "Bedrohung von außen" immer wieder beschworen, und immer wieder in wechselnden Farben: Erst waren es die Engländer ("remember the Boston massacre!"), dann die Mexikaner ("remember the Alamo!"), dann die "Rebellen" der Südstaaten ("remember Fort Sumter!"), dann die Indianer ("remember Little Big Horn!"), dann die Spanier ("remember the Maine"), dann die (deutschen) "Hunnen" ("remember the Lusitania"), und nun waren es die (deutschen) "Nazis": Nicht umsonst hatte Roosevelt die Amerikaner 1937 in Chicago mit seiner berühmt-berüchtigten "Quarantäne-Rede" auf Hitlers "Welteroberungspläne" hingewiesen - und seine Verbündeten, die italienischen Faschisten und die japanischen Imperialisten, waren natürlich auch nicht besser: sie gefährdeten den Anspruch der USA auf die wirtschaftliche Vorherrschaft in der Welt - und so sollte denn auch der Ruf "remember Pearl Harbor!" nicht lange auf sich warten lassen, der Roosevelts dritten Wahlsieg sicherte.

[Exkurs. Es ist ein Treppenwitz der Geschichte, wie sehr sich die Verhältnisse heute zum Nachteil der USA gewandelt haben. In keinem einzigen der zuvor genannten Fälle bestand wirklich die Gefahr einer Aggression von außen; vielmehr dienten jene Ereignisse - ausnahmslos von den USA bewußt provoziert oder sogar selber inszeniert - nur der Bemäntelung eigener Aggressionsabsichten gegen die angeblichen "Bösewichte". (Dikigoros würde sogar noch den Zwischenfall im Golf von Tongking anno 1964 - "remember the Maddox?" - dazu zählen, den der verrückte Ochse, pardon, so hieß ja nur der Zerstörer, den der US-Präsident Johnson zum Anlaß nahm, den Vietnam-Krieg auszuweiten.) Heute ist den USA zum ersten Mal in ihrer Geschichte eine echte Bedrohung von außen erwachsen: Das "Haus des Islam", die Umma (Glaubensgemeinschaft) der Muslime in aller Welt, hat ihnen ganz offiziell den Krieg erklärt und ihn auch schon - wiederum zum ersten Mal in ihrer Geschichte - auf ihr eigenes Territorium getragen. Doch die herrschenden Politiker verschließen die Augen vor dieser Tatsache, stecken die Köpfe in den Sand wie der sprichwörtliche Vogel Strauß und versuchen, dem tumpen Wahlvolk einzureden, daß es sich bloß um ein paar "fundamentalistische Terroristen" handele, eine kleine verbrecherische Minderheit eben, die man mit "rechtsstaatlichen" Mitteln bekämpfen könne. Nein, nicht der Islam sei das Problem, sondern der "Islamismus" (was immer das sein soll - die Muslime kennen diese spitzfindige Unterscheidung nicht :-). Nirgendwo erhebt sich der Ruf "remember the World Trade Center"; es muß also noch mehr passieren (und es wird passieren, das ist so sicher wie das "Allahu akhbar" in der Moschee), bis die Amerikaner aus ihrer Lethargie erwachen - hoffentlich ist es dann nicht schon zu spät für einen umfassenden Gegenschlag, denn um 1,2 Milliarden Feinde auszuschalten, von denen die meisten bereit sind, für ihren Glauben in den Tod (und damit ins Paradies ein-) zu gehen, wird es etwas mehr erfordern als Polizeiknüppel und schöne Worte - eine durch den Einsatz von ABC-Waffen ernsthaft geschwächte "Nation" wird dazu psychologisch und vor allem militärisch nicht mehr in der Lage sein; und es wird auch nichts helfen, sich in sein Schicksal zu ergeben und zu resignieren, denn das Ziel der Muslime lautet ganz offiziell, den "Unglauben" auszurotten, und das bedeutet, daß sie, sobald sie die Möglichkeit dazu haben, jeden töten werden, der nicht bereit ist, zum Islam zu konvertieren - dies ist, wie die Bezeichnung "Islam" schon sagt, die einzige akzeptierte Form des Sich-Ergebens. Wollt Ihr das, liebe Beschwichtiger, Dialogisierer und Gutmenschen? Und selbst wenn Ihr nicht, wie Dikigoros, dazu neigt, mit dem Islam weltweit aufzuräumen, solange das noch machbar ist - wie ist es denn bei Euch zu Hause? Wie lange wollt Ihr noch in ständiger Angst vor dem nächsten Terror-Anschlag leben, bevor Ihr Euch mit dem Gedanken anfreundet, alle Muslime aus unseren noch-nicht-islamischen Ländern - notfalls mit Gewalt - abzuschieben? Ihr habt "humanitäre" Bedenken, weil dabei dem einen oder anderen "unschuldigen", da noch nicht gewaltbereiten Muslim "Unrecht" geschehen könnte? Seid versichert: unsere Todfeinde, die Muslime, hegen umgekehrt derartige Skrupel nicht! Exkurs Ende.]

Woran erinnert Euch das Filmplakat, liebe Leser, die Ihr diesen Film nicht kennt? Na klar, an den "Big Brother [Großen Bruder]" aus Orwells 1984 - und wie dessen berühmte Bücher (und wie so manche Theaterstücke, über die Dikigoros an anderer Stelle schreibt) ist auch dieser Film als moralisierendes Lehrstück gedacht. Freilich kann der heutige Betrachter aus dem Film ganz andere Dinge lernen als sein Urheber (Robert Rossen war zugleich Produzent, Drehbuchautor und Regisseur) ursprünglich lehren wollte - und das hat er mit anderen berühmten Filmen jener Tage gemeinsam: Orson Welles wollte in "Citizen Kane" zeigen, wie skrupellos, korrupt und verlogen William Hearst war, und vielleicht noch, wie skrupellos, korrupt und verlogen deutsch-freundliche Verleger sind. Wir aber sehen daraus heute, wie skrupellos, korrupt und verlogen das Zeitungs- und Verlags[un]wesen generell ist. Mark Robson wollte in der Verfilmung des Romans "... The Harder They Fall" von Budd Schulberg (in Deutschland unter dem Titel "Schmutziger Lorbeer" bekannt geworden, genauer gesagt unbekannt geblieben :-) zeigen, wie unfähig der italienische Boxweltmeister Primo Carnera (der ganz offensichtlich als Vorbild für den Argentinier "El Toro Molina" gedient hatte) war und vielleicht noch, was für Verbrecher nicht-jüdische Box-Promoter sind. Wir aber sehen daraus, daß das Profi-Boxen generell ein schmutziges Geschäft ist, in dem Manipulationen Tür und Tor geöffnet sind. (Tatsächlich sah man das damals schon so: Als Carnera die Macher auf Unterlassung und Schadensersatz wegen Rufschädigung verklagte, unterlag er, weil die Beklagten erfolgreich geltend machen konnten, daß sie keineswegs einen bestimmten Einzelfall gemeint hatten. Und sie hatten wohl Recht, wie sich bis heute immer wieder gezeigt hat: Die Ring-Karriere der Gebrüder Klitschko ist soviel anders auch nicht verlaufen! :-) Und Robert Rossen wollte also zeigen, welch ein Bösewicht Huey Long war und vielleicht, welche Bösewichter "fascistische" Politiker (denn als solchen ordnete er ihn ja ein) waren. Aber heute lernen wir daraus, daß Politiker, selbst wenn sie ursprünglich guten Willens und einigermaßen integer sein mögen, durch die Macht korrumpiert werden, daß sie so korrupt und verlogen und die Profi-Politik ein so schmutziges und verbrecherisches Geschäft ist, wie Verleger und Manager, das Zeitungs- und das Box-Geschäft zusammen genommen - und daß man anders weder an die Macht kommen noch sich an der Macht halten kann. Wohlgemerkt: Was damals in den 1930er Jahren in der Politik los war (übrigens nicht nur in den USA), ist "Peanuts" im Vergleich zu dem, was sich da heute abspielt. Dikigoros meint damit nicht, daß überall mit "harten Bandagen" gekämpft wird - das gehört zu den Regeln und ist für sich genommen durchaus legitim -; aber er fürchtet, daß heutzutage niemand mehr in einer "demokratischen" Partei Karriere machen kann, der nicht ein Schwerverbrecher ist, der etliche "Leichen im Keller" hat. Warum nicht? Nun, weil er sonst nicht von seinen "Parteifreunden" erpreßbar und - unabhängig vom so genannten "Wählerwillen" - jederzeit wieder absetzbar wäre, pardon zum "freiwilligen" Rücktritt gezwungen werden könnte, wenn er denn wie "Willie Stark" im Film auf die Idee käme, entgegen dem Willen derjenigen, die ihn aufgestellt haben, seine eigene Politik machen zu wollen, statt brav die Marionette der Mächtigen zu spielen, die im Hintergrund die Fäden ziehen. (Er kann und will natürlich nicht ausschließen, daß die eine oder andere Ausnahme diese Regel bestätigt; aber ihm persönlich ist keine bekannt.)

Und damit kommen wir für all diejenigen, die den Film nicht gesehen haben - was wohl auf die meisten deutschen Leser zutrifft, aber nicht ausschließt, daß auch sie etwas daraus lernen können -, zu einer kurzen Inhaltsangabe, unter Auslassung der nicht besonders originellen Rahmenhandlung (es ist die gleiche wie bei den anderen "moralisierenden" Lehrstücken: Ein - am Geschehen nicht ganz unbeteiligter - Reporter spult das ganze aus der Rückschau ab) und der obligatorischen Liebesgeschichte: Willie Stark, ein Hinterwäldler aus dem fiktiven "Kanoma", kandidiert für die Wahl zum Kreiskämmerer. (Ja, stellt Euch vor, liebe Leser, in den USA wurde so etwas vom Volk gewählt, genau wie Richter, Staatsanwälte, Sheriffs - und Politiker sowieso, da war nichts mit anonymen Listen, die von irgendeiner Scheiß-, pardon demokratischen Partei hinter dem Normalbürger verschlossenen Türen ausgekungelt wurden!) Der Wahlkampf dreht sich vor allem um die Vergabe des Auftrags für den Bau einer neuen Schule, und Willie kritisiert seinen korrupten Gegenkandidaten, der diesen einem Spezi zuschustern will, der schlechtere Qualität zu höheren Preisen liefert, aber dafür mit ihm Halbe-halbe macht. (Kommt Euch das bekannt vor, liebe Leser von heute? Soll es auch!) Nun steckt sein Konkurrent aber nicht nur mit dem Baulöwen, sondern auch mit dem korrupten Bürgermeister von Kanoa unter einer Decke, der Willie's Wahlveranstaltung kurzerhand von der Polizei auflösen, ihn ins Gefängnis werfen und seine Wahlplakate demolieren läßt. (Auch das letztere ist eine bis heute gängige Methode, um unliebsame kleine Parteien und Bürgerinitiativen fertig zu machen. Dikigoros erlebt es in jedem Kommunal-Wahlkampf neu, nicht als Betroffener - er gehört keiner Partei an und kandidiert auch für keine -, aber als Zuschauer.) Reporter Jack Burden (Hans Mühsal) schreibt zwar einen sympathisierenden Artikel über den braven Willie und seinen Kampf gegen korrupte Politiker und macht auch in seinem Bekanntenkreis Mund-zu-Mund-Propaganda für ihn: bei seiner Verlobten Anne, deren Bruder Adam - einem Arzt - und deren Onkel Monty - einem Richter. Aber das hilft alles nichts: Stark verliert die Wahl mit Pauken und Trompeten; er beschließt, Rechtsanwalt zu werden, macht nach fleißigem Privatstudium sein Jura-Examen an irgendeiner Klitsche, läßt sich in der Provinz nieder und macht sich bald einen Namen als Armenanwalt. So weit, so gut.

Nun begibt es sich, daß eines Tages die Feuertreppe des neuen Schulgebäudes, um das der Wahlkampf zum Kreiskämmerer geführt worden war, bei einer Brandschutzübung einstürzt und einige Kinder unter sich begräbt. Stark vertritt die Opfer mit ihren Schadensersatz-Klagen, weist nach, daß der Baulöwe Pfusch geliefert hat und gelangt so auch in die über-regionalen Schlagzeilen: "Hätten wir bloß damals auf ihn gehört", sagen die reuigen Wähler nun; und bald bekommt er Besuch von Politikern aus der Landeshauptstadt, die ihn drängen, bei der nächsten Gouverneurswahl anzutreten - die Protestwähler gegen das korrupte Establishment seien ihm sicher. Ach klingt das gut und edel, nicht wahr, liebe Leser? Die Sache hat nur einen Pferdefuß: Die Leute, die ihn da zur Wahl drängen, sind alles andere als Interessenvertreter der kleinen Protestwähler, sondern ganz im Gegenteil: Sie haben noch einen anderen "Protest"-Kandidaten beschwatzt, in der nüchternen Kalkulation, daß die beiden einander die Stimmen wegnehmen werden, so daß der Kandidat des korrupten Establishments als lachender Dritter umso leichter die relative Mehrheit gewinnen kann. (Das war eine in den USA noch lange nicht vergessene Methode, um Wahlkämpfe zu gewinnen. 1912 spaltete Theodore Roosevelt aus persönlicher Rache die Republikanische Partei, indem er seine eigene "Progressive Partei" gründete, und so wurde der Kandidat der Demokratischen Partei, Woodrow Wilson, zum US-Präsidenten gewählt, obwohl er nur gut 6 Millionen von insgesamt rund 14,5 Millionen Wählerstimmen erhalten hatte. So etwas wie Stichwahlen gab es nicht, Wilson hatte die absolute Mehrheit der nach dem Mehrheitswahlrecht ermittelten Wahlmänner für sich. Wäre es anders gewesen, hätte die Weltgeschichte einen anderen Verlauf genommen; denn ob sich der ganz auf die westliche Hemisfäre konzentrierte Willie Stark, pardon Willie Taft, so ohne weiteres in den Weltkrieg der europäischen Mächte hätte hinein ziehen lassen, ist mehr als fraglich.) Zeitungsmann Jack Burden kann das nicht mit ansehen; er warnt Willie, daß er sich von Gaunern hat mißbrauchen lassen - aber was ändert das, außer daß der sich daraufhin sinnlos besäuft und seinen Zuhörern bei seiner nächsten Wahlkampfrede reinen Bourbon, pardon reinen Wein (den Bourbon trinkt er selber :-) einschenkt? Eben, nichts - er verliert auch diese Wahl, schon etwas knapper, aber knapp daneben ist auch vorbei.

Aber noch ist es nicht ganz vorbei mit Willie Stark: Vier Jahre später sind wieder Gouverneurswahlen, und er ist wieder Kandidat. Und er hat dazu gelernt: "Er hat gelernt, wie man Wahlen gewinnt," erzählt Reporter Jack. Wie gewinnt man Wahlen in einer Demokratie, liebe Leser? Das ist schon fast eine boshafte Frage, und Robert Rossen gibt uns die Antwort: Nur indem man selber noch korrupter ist als diejenigen, die man ob ihrer Korruption zu bekämpfen und von der Macht zu verdrängen sucht. "If you can't beat them, join them" sagt ein amerikanisches Sprichwort - wenn du sie nicht besiegen kannst, mache gemeinsame Sache mit ihnen. Und so tauchen denn im neuen Wahlkampfteam von Willie Stark nicht nur Jack Burden und Richter Monty Stanton auf, sondern auch der korrupte Bürgermeister von Kanoma und noch einige andere zwielichtige Gestalten, u.a. ein gewisser Doph Pillsbury - auf den wir gleich zurück kommen werden. Eine Hand wäscht die andere, als muß man denjenigen, von denen man Unterstützung erhofft (nicht zuletzt finanzielle, denn Wahlkämpfe kosten eine Menge Geld), entsprechende Gegenleistungen versprechen. Es gibt Leute, die nennen das "Korruption", andere sehen das nicht so eng. Da diese Geschichte Anfang der 1930er Jahre spielt - wie war denn das diesseits des Atlantiks, liebe deutsche Leser? Als Hitler das Maximum an Wählerstimmen auf sich vereinigen konnte, gab ihm gleichwohl keiner von den sauberen "Demokraten auch nur ein Stück Brot, geschweige denn die Hand - und das hatte mit seinem Wahlprogramm gleich gar nichts zu tun, sondern damit, daß sein erklärtes Ziel die Beseitigung der Korruption war.

Ja, war denn der Kerl noch zu retten? Aber selbst Hitler lernte dazu: Als er sich mit der Hochfinanz, den Industriellen, der Kirche und der Generalität arrangiert hatte (durch die Versprechen, den Kapitalismus unangetastet zu lassen, die Schwerindustrie durch Staatsaufträge und die Landwirtschaft durch Subventionen zu unterstützen, ein Konkordat mit dem Papst zu schließen und die para-militärische SA der Reichswehr zu opfern - also fast alles zu verraten, wofür der National-Sozialismus ursprünglich mal gestanden hatte, mit Ausnahme des Anti-Semitismus - aber an dem störte sich ja niemand im Ernst), da machte es plötzlich gar nichts mehr, daß seine Wählerstimmen inzwischen erheblich zurück gegangen waren, daß er ein Hinterwäldler aus Kanoma, pardon ein Gefreiter aus Braunau am Inn war - da machte ihn Reichspräsident v. Hindenburg auf Empfehlung des Barons v. Papen zum Reichskanzler. Und Stark wird nach einem geschickt geführten Wahlkampf (mit jeder Menge Plakate "Willie wählen" - wenn der Film nicht deutlich vor 1972 gedreht worden wäre... :-) endlich Gouverneur. natürlich hat er auch den Wählern etwas versprochen - diesmal geht es nicht nur um eine neue Schule, sondern um ein großes neues Krankenhaus, in dem jeder Bürger kostenlose medizinische Versorgung erhalten soll. "Und, ist das schlecht?" fragt Stark, als ihm jemand sein Ver-halten vor-hält. "Ich tue doch etwas Gutes für die Leute, da heiligt der Zweck die Mittel, denn... (folgt das Zitat, das Dikigoros Euch an den Anfang gesetzt hat)." Im Jahre 2005 kam ein Buch auf den Markt, dessen junger Autor "den" Deutschen der 1930er Jahre vorwarf, sie hätten sich von Hitler "bestechen" lassen. Das ist ein böses Wort und leicht daher geschrieben von jemandem, der wie Götz Aly nichts über die damalige Zeit weiß als "die" Deutschen - oder zumindest Millionen von ihnen - arm, arbeitslos und dem Hungertode nahe waren. Und es gibt auch nur wenige Amerikaner, die noch wissen, wie viele Menschen damals in Louisiana arm, arbeitslos und dem Hungertode nahe waren, als Huey Long ihnen große Wahlversprechen machten...

Weiter im Drehbuch: Schon bald kommt heraus, daß wenn schon nicht Stark persönlich, so doch einige seiner Mitstreiter mehr als nur etwas Dreck am Stecken haben. Und wie das so ist, wird dadurch einer nach dem anderen mit hinein gerissen - natürlich auch Stark selber, der ja eine schützende Hand über seine Schäfchen halten muß, wenn er an der Macht bleiben will. Der bereits erwähnte Pillsbury greift in die Kasse; Stark bewahrt ihn - und sich selber - durch Bestechung eines Parlaments-Abgeordneten vor dem Impeachment-Verfahren. (Pfui - aber gehören dazu nicht immer zwei: der Bestecher und der Bestochene? Und auch ein Abgeordneter rettet halt im Zweifel lieber sein Häuschen vor der Zwangsversteigerung als daß er an irgendwelchen papiereren Buchstaben des Gesetzes klebt!) Aber nun machen ihm ausgerechnet zwei Leute Ärger, die allen Grund hätten, loyal zu sein: Monty Stanton, den er zum Justizminister gemacht hat (das bedeutet in den USA zugleich, daß er auch oberster Ankläger ist, also das, was man bei uns etwas irreführend "Generalbundesanwalt" nennt) und dessen Neffe Adam, der Direktor des neuen Krankenhauses werden sollte und das nun aus "moralischen" Gründen ablehnt. Und Monty besteht darauf, Pillsbury anzuklagen, auch aus "moralischen" Gründen. Ach, liebe Leser, wie edel... Stark tobt, zwingt Morty zum Rücktritt - da geht der an die Presse und packt aus. Stark setzt Jack Burden (was übrigens auch "Beweislast" bedeuten kann) auf ihn an - er soll in seiner Vergangenheit suchen und möglichst eine Leiche im Keller finden. Jack sucht und - wird fündig! Nun kommt heraus, daß auch der ach so moralische und skrupelhafte Richter a.D. sich einst einen Aufsichtsratsposten durch Erpressung beschafft hat. Was tut also der brave, gewissenhafte Reporter a.D.? Falsch geraten: Er unterschlägt Stark das Beweismaterial und spricht statt mit ihm mit Stantons Neffen Dr. Adam: "Sie sehen, alle sind korrupt, auch Ihr Onkel. Das ist halt so - wo gehobelt wird fallen Späne." (Im Englischen - und im Französischen - lautet dieser Satz: "Man kann kein Omlett machen ohne Eier zu zerbrechen.") - "Auch Köpfe?" fragt Adam zurück. Aber am Ende läßt er sich überreden und nimmt den Direktorenposten im neuen Krankenhaus nun doch an. So weit so gut.

Aber wie das so ist in der Politik, kaum ist der eine Skandal gedeckelt und die eine Krise abgewendet, da kommen schon zwei neue - das ist wie mit der Hydra aus der alt-griechischen Sage von Herakles. Wie ist das mit den Alkohol-Problemen der Tochter des derzeit amtierenden US-Präsidenten? Werden die nicht gedeckelt? Und wie war das seinerzeit mit dem vorletzten Kennedy, der seine Sekretärin angeblich im Suff in den See fuhr, wo sie ertrank? Auch das sind eben keine Einzelfälle: Starks Sohn Tom baut mit reichlich Alkohol im Blut einen Autounfall, bei dem seine Freundin umkommt und er selber verletzt wird. Der Vater des Mädchens will das an die große Glocke hängen und einen Skandal daraus machen. (Ist das eigentlich fair gegenüber Willie Stark? Kann der etwas dafür? Gewiß, er hätte seinen Sohn besser erziehen sollen - aber wenn wir solche Maßstäbe anlegen, dann könnte sich wohl kein Politiker mehr lange an der Macht halten. Eines geht nur: Wahlkampf führen oder sich um die Erziehung seiner Kinder kümmern - Zeit ist schließlich keine unbegrenzt vorhandene Ressource.) Stark bietet ihm Schweigegeld, der Vater lehnt ab und geht an die Presse. Stark schickt ihm seinen Leibwächter nach. Am nächsten Tag steht in der Zeitung, daß er - der Vater - tot und die Leiche verschwunden sei. So ein Pech aber auch... Na und? Meint Ihr, liebe Leser, die heutigen Politiker gingen nicht über Leichen? Der Unterschied ist bloß, daß es nicht mehr am nächsten Tag in der Zeitung steht, und wenn, dann als "Selbstmord" oder "Unfall" getarnt. Wie war das mit Marilyn Monroe? Oder mit Gouverneur, pardon, Ministerpräsident Uwe Barschel? Oder mit Princess Diana? Eben...

Aber das waren noch nicht alle Folgen jener verhängnisvollen Alkohol-Fahrt: Auch Tom selber hat sich ja einige Kopfverletzungen zugezogen; und nun trifft es sich, daß er Footballspieler ist und seine Mannschaft vor einem wichtigen Match steht. Selbstredend ist Stark als guter Landesvater persönlich im Stadion anwesend. Doch als das Publikum sieht, daß sein Sohn nicht mit aufläuft, hagelt es Buhrufe: Will etwa der Gouverneur sein Amt mißbrauchen, um seinen Sohn zu schonen, dieses verzärtelte Muttersöhnchen, bloß wegen der paar noch nicht ganz verheilten Schrammen? Tja, liebe Leser, da seht Ihr mal, worüber sich der Normalverbraucher (und -wähler :-) am meisten aufregt: Die großten Korruptionsfälle, Mord und Totschlag lassen ihn kalt - aber beim Football, da gehts ans Eingemachte; und ein Bundesligaskandal erregt die Gemüter noch heute zehnmal mehr als die permanenten Manipulationen in der Arbeitslosen-Statistik, beim Staatshaushalt usw. Was bleibt Willie also übrig als seinen Sohn zu drängen, doch aufzulaufen. Und nun kommt, was kommen muß: Beim Zusammenprall mit einem Gegenspieler bleibt Tom Stark liegen und fällt ins Koma. Adam Stanton eröffnet Willie, daß sein Sohn wahrscheinlich nie wieder gesund werden wird: "Es gibt Dinge, Gouverneur, die nichtmal Sie kaufen können." Wäre das ein Grund, Stark die Zusammenarbeit zu kündigen? (Dikigoros ist kein Arzt, aber er könnte sich das - vielleicht - vorstellen.) Tut er aber nicht, vielmehr läßt er sich wieder rumkriegen und bleibt weiter im selben Boot. Was kann Stark da noch passieren?

Nun, eine ganze Menge. Gerade als der nächste Wahlkampf ansteht, taucht die Leiche des Vaters der Freundin seines Sohnes auf - er ist offenbar zu Tode geprügelt worden. Wieder soll ein Impeachment-Verfahren gegen ihn angestrengt werden. Aber er hat seine Anhänger im Griff: Sie marschieren zum Kapitol und ergehen sich in lautstarken Sympathie-Kundgebungen. Stark entgeht dem Impeachment und hählt gleich eine schöne Wahlkampfrede, da erscheint wie Deus ex machina Dr. Adam Stanton und - erschießt Willie Stark! Gleich darauf wird er von dessen Leibwächtern seinerseits erschossen. Das hatten wir doch auch schon mal, oder? Richtig, bei John F. Kennedy und Lee Harvey Oswald - aber das konnte Robert Rossen noch nicht wissen. Da hält er sich vielmehr an die Lebensgeschichte des Huey Long: Auch der wurde im September 1935 von einem Dr. Carl Weiss nieder geschossen. Warum? Tja, liebe Leser, das Motiv ist ein Knackpunkt. Rossen macht sich das ganz einfach: Willie Stark hatte, wiewohl verheiratet, eine Affäre mit Adams Schwester Anne angefangen. Pfui, das war nicht nett - aber war das auch ein Grund für ein politisches Attentat? Unter strenggläubigen Muslimen vielleicht; doch im Westen war das zuletzt anno 1208 geschehen, als Philipp von Schwaben, der gerade vor seiner Wahl zum König stand, durch Otto v. Wittelsbach wegen einer Weibergeschichte erschlagen wurde. Allerdings war das nicht irgendeine x-beliebige Weibergeschichte, sondern es ging um ein dynastisch nicht ganz unbedeutendes Eheversprechen, das Philipp zunichte gemacht hatte - damals heiratete man ja nicht wegen Luft und Liebe. Aber im 20. Jahrhundert? Niemand wäre auf die Idee gekommen zu behaupten, daß man die Gebrüder Kennedy umbrachte, weil sie eine Affäre mit Marilyn Monroe hatten (und dabei hatten die sie sogar ermorden lassen, und Millionen Fans hatten Grund, ihnen darob böse zu sein); niemand kam auf die Idee, Clinton zu erschießen, weil er das Weiße Haus zum "Oral Office" machte; und obwohl er anschließend einen Meineid schwor, nie ein Verhältnis mit seiner Praktikantin Anna, pardon Monica Lewinsky gehabt zu haben, entging er - wie Willie Stark - einem Impeachment. Sollte das in den 1930er Jahren noch anders gewesen sein? Sagen wir mal so: Auch wenn Ehebruch noch nicht derart auf die leichte Schulter genommen wurde wie heute (übrigens nicht nur nicht in den USA, sondern auch in anderen "christlichen" Staaten) - das Motiv glaubt Dikigoros den Historikern nie und nimmer.

Und ganz allein steht Dikigoros mit diesen seinen Zweifeln nicht, denn wie sich aus den inzwischen veröffentlichten Obduktionsakten ergibt, stammte keine der beiden Kugeln, die Stark, pardon Long, töteten (übrigens nicht auf den Stufen des Capitols, sondern mitten im Parlament!) aus der Waffe des Dr. Weiss. 60 Jahre nach dem Attentat vertrat ein gewisser David Zinman die These, daß Roosevelt seinen Konkurrenten Long ermorden ließ - und das ist auch das einzige stichhaltige Motiv: Die Wahlumfragen sahen ihn auf der Verlierer- und Long auf der Siegerstraße, und dafür gab es gute Gründe: Roosevelt hatte die USA mit seinem verfehlten "New Deal" völlig herunter Gewirtschaftet; es gab insgesamt 11 Millionen Arbeitslose und "geringfügig Beschäftigte", die von ihrem Lohn nicht leben konnten; und wer noch Arbeit hatte, streikte wegen der schlechten Bezahlung, von A wie Automobilindustrie bis Z wie Zivilmarine. Roosevelt versuchte, dem mit rigiden staatlichen Maßnahmen zu begegnen (gewaltsame Niederschlagung der Streiks, staatliche Lohnfestsetzung, Devisenkontrolle, Verbot privaten Edelmetallbesitzes) - er war der wahre Diktator, und zwar der einzige in der westlichen Welt, von dem man das schon in Friedenszeiten behaupten konnte. (Churchill wurde erst 1940 britischer Premier, und Hitler ließ Deutschland erst ab 1943 von Albert Speer in eine totale Diktatur umwandeln, als es viel zu spät war, um den Krieg noch zu gewinnen. [Nein, liebe Leser, "Diktatur" hat nichts damit zu tun, wie man seine Minderheiten behandelt und ob man seine Nachbarn mit Krieg überzieht - die USA waren keine "Diktatur", als sie die Neger versklavten, die Indianer beinahe ausrotteten und nach mehreren Angriffskriegen halb Mexiko annektierten -, sondern mit einer Zentralisierung der Entscheidungsgewalt über alle gesellschaftlich relevanten Vorgänge, besonders solche wirtschaftlicher Art.] Stalin? Nun ja, Rußland ist Rußland, das kann man nicht mitzählen - sonst müßte man auch Putin als Diktator bezeichnen :-)

Huey Long dagegen? Was hatte er getan, das diesen Vorwurf rechtfertigen konnte? Wenn man es betrachtet, nichts. (Eine Parallele zum Fall Barschel, dem man auch alle mögliche Lügen anhängte, um Gründe für einen ["Selbst"]Mord zu konstruieren - in Wahrheit hatten nur Engholm & Co. ein Motiv dafür, aber das ist eine andere Geschichte.) Und selbst wenn man glauben wollte, daß alles, was Robert Rossen im Film "Willie Stark" unterstellt, tatsächlich so geschehen wäre, gäbe es darunter nichts, was nicht inzwischen jeder "demokratische" Politiker auch getan hätte, ohne daß man ihn darob als "Diktator" bezeichnen würde, denn Diktatur ist auch kein Kennzeichen der Korruption - im Gegenteil: Ein echter Diktator hätte es gar nicht nötig, korrupt zu sein, er könnte seinen Willen ja mit Gewalt durchsetzen - sei es mit Gewalt gegen Eierschalen oder gegen Köpfe -; nur in der "Demokratie" muß geschmiert und bestochen werden, von A wie Abgeordnete der politischen Konkurrenz, über B wie Betriebsräte und Gewerkschafts-Bonzen, über Richter und Staatsanwälte - in der Diktatur könnte man sie einfach absetzen, wenn sie nicht "spuren", aber im "Rechtsstaat" sind sie ja völlig unabhängig (wie Dikigoros' Kollege Bossi in seinen bemerkenswert mutigen Memoiren behauptet, auch von Recht und Gesetz :-) -, bis W wie Wahlvieh und Z wie Fernseh-Zuschauer. Das mag eine bittere Erkenntnis sein; aber wie sagt Willie Stark an einer Stelle: "Das ist der Preis..." Wohl wahr, und Ihr, liebes Wahlvieh, pardon, liebe Wählerinnen und Wähler, müßt entscheiden, bis zu welchem Punkt Ihr ihn bezahlen wollt, und ab wann er Euch zu hoch wird. Eine Diktatur kommt allemal billiger; aber wie Ihr vielleicht schon aus dem Wirtschaftsleben wißt, ist billige Ware nicht immer auch preis-wert im eigentlichen Sinne des Wortes...

(...)

Für Broderick Crawford war der "Willie Stark" ein Glücksgriff: Er hatte noch nie zuvor eine historische Persönlichkeit gespielt, konnte Huey Long daher gleich bestens verkörpern und tat das so gut, daß er prompt einen Oscar dafür bekam.

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(Fortsetzungen folgen)

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