DAS  WAGNIS  MIT  DER  WAHRHEIT

GROßE HISTORIKER DES 20. JAHRHUNDERTS

WIDER DIE VERGEßLICHKEIT

"Celui qui veut lire l'avenir doit feuilleter le passé" (André Malraux)
[Wer in der Zukunft lesen will muß in der Vergangenheit blättern]

"L'histoire est une suite de mensonges sur lesquels on est d'accord"
[Die Geschichte ist eine Ansammlung von Lügen, auf die man sich
geeinigt hat] (Napoléon I nach der Schlacht von Waterloo 1815)

"Die Kunst des Historikers besteht nicht in der Entdeckung und
Ausbeutung unbekannter Quellen, sondern in etwas weit Ein-
facherem, nämlich in der Interpretation und Ausbeutung des-
jenigen Materials, das offen und hell zutage liegt." (Diwald)

"Es giebt nur eine Sünde, die gegen die ganze Menschheit
mit all ihren Geschlechtern begangen werden kann, und
dies ist die Verfälschung der Geschichte." (Fr. Hebbel)

EIN KAPITEL AUS DIKIGOROS' WEBSEITE
REISEN DURCH DIE VERGANGENHEIT -
GESCHICHTEN AUS DER GESCHICHTE

Über die Richtigkeit der beiden ersten Zitate brauchen wir sicher nicht zu streiten - womit keineswegs gesagt sein soll, daß nun jeder gleich zum Möchtegern-Hellseher werden muß, der sich für Geschichte interessiert; es gibt dafür bestimmt noch viele andere gute Gründe - Dikigoros genügt es schon, wenn sie ihm ein wenig hilft, die Gegenwart zu verstehen. Und das dritte Zitat? Dikigoros hat es ausgewählt, um zu provozieren (wie sein Verfasser); aber letztlich hält er es in zweierlei Hinsicht für falsch: Erstens ist die Trennung der beiden Halbsätze in "nicht... sondern" zu scharf - wieso soll denn das eine das andere ausschließen? Kann man nicht als Historiker zugleich Neues entdecken und Altbekanntes neu interpretieren? Gehört nicht das eine sogar notwendigerweise zum anderen, insofern uns manche neue Funde zwingen, vermeintlich Alt-"Bekanntes" in einem neuen Licht zu sehen? Ist das nicht ebenso eine "Entdeckung" wie das Auffinden bisher unbekannter Quellen? Zweitens schätzt Diwald (der nun mal kein Archäologe war) offenbar die Schwierigkeiten und "Einfachheiten" der beiden Aufgaben falsch ein - dabei hätte gerade er es besser wissen müssen: Jeder Trottel kann zufällig über die Scheibe von Nebra oder andere alte Klamotten stolpern und damit eine "unbekannte Quelle" offen legen; und gerade diejenigen, die sie zum ersten Mal interpretieren, haben es leicht, denn sie genießen darin praktisch Narrenfreiheit: jeder kann erstmal jede Meinung vertreten, die ihm gerade in den Sinn kommt, und sei sie noch so abwegig. Wenn sich aber erst einmal eine "herrschende Meinung" fest etabliert hat - womöglich mit Unterstützung der "hohen Politik" -, dann ist es alles andere als "einfach", sondern oft so gut wie unmöglich, eine neue Interpretation durchzusetzen, und mögen die Fakten noch so "offen und hell zutage liegen". Das tun sie aber meist gar nicht mehr; denn gerade um Neu-Interpretationen zu vermeiden, werden Fakten unterdrückt, gefälscht oder ihre Verbreitung verboten und unter Strafe gestellt. (Was von denen, die das tun, zu halten ist, ist Gegenstand des vierten Zitats, das Dikigoros hier nicht weiter kommentieren will.) Gerade Diwald hat dies schmerzhaft erfahren müssen - es fehlte nicht viel, und es wäre ihm ergangen wie seinem Landsmann und Zeitgenossen Reinhard Pozorny, der kurz vor seinem Tode in der Einleitung zu einem Nachruf auf Heinrich Lersch einige Sätze geschrieben hat, die den Nagel so genau auf den Kopf treffen (und die zugleich zeigen, daß es gerade in der Zeitgeschichte eben doch ein "Quellen-Problem" gibt), daß Dikigoros sie hier gegen seine Gewohnheit ungekürzt und unkommentiert zitieren will: "Die schnellebige Zeit vergißt Vieles, der Mensch ist an sich vergeßlich, und wenn dann aus rein politischen Gründen Vergeßlichkeit in einer bestimmten Richtung angeordnet wird, dann erleben wir den ersten Schritt zur Geschichtslosigkeit, in die heute viel verfallen sind. Vieles von dem, was einmal war, darf nicht sein und ist infolge dessen nicht gewesen, obwohl es noch ungezählte Zeitzeugen gibt, deren Gedächtnis noch nicht erloschen ist. Die Kommenden werden es einmal sehr schwer haben, aus dem, was ihnen hinterlassen wurde, die Wahrheit festzustellen. Sie werden auch auf umfangreiche weiße Flecken stoßen und diese Lücken zunächst unbegreiflich finden, sie werden die kühnsten Entstellungen und Unwahrheiten zunächst glauben, bis sie Wahrheit und Fälschung zu unterscheiden in der Lage sein werden. Das aber wird seine Zeit dauern." Das ist starker Tobak, und so etwas durfte halt nur bei "rechten" Verlagen erscheinen, deren Publikationen heute nicht (ob das nur ein "nicht mehr" oder auch ein "noch nicht [wieder]" ist, darüber wird die Geschichte entscheiden) zitierfähig sind.

Exkurs. Ist Euch das zu abstrakt, liebe Leser? Dann will Dikigoros mal ein konkretes Beispiel heraus greifen (das er an keiner anderen Stelle seiner Reisen durch die Vergangenheit unterzubringen wußte :-), ein scheinbar ganz unverfängliches Thema betreffend, das nicht im 20. Jahrhundert spielt - wohl aber seine Erforschung, und die beginnt sogar schon im 19. und reicht bis ins 21. Jahrhundert hinein. Wenn Ihr Euch, wie Dikigoros, für die Geschichte Mexikos interessiert (das einmal sein bevorzugtes Reiseland war, aber das ist eine andere Geschichte), speziell für die Geschichte der Maya, und nebenbei vielleicht noch ein Faible für alte Sprachen und Schriften habt, dann habt Ihr sicher auch den langwierigen Streit um die Entzifferung der Maya-"Hieroglyfen" verfolgt. Für die Mainstream-Historiker stand von vorn herein fest: Die spanischen Kolonisatoren - böse christliche Fundamentalisten - wollten den armen Indios ihre eigene kulturelle Identität und Religion rauben; deshalb vernichteten sie im 16. Jahrhundert alle Aufzeichnungen vor Ort und verboten fortan den Gebrauch jener "Hieroglyfen". Lediglich vier "Codices", die in europäische Museen gelangt waren, überlebten und bildeten den Gegenstand vielfältiger Forschungen und erbitterter "Gelehrten"-Streitigkeiten. Gewiß handelte es sich um wertvolle Werke über Gott (bzw. die Maya-Götter :-) und die Welt, einschließlich des Weltalls, mit komplizierten mathematischen und astronomischen Berechnungen, die den Europäern ihrer Zeit weit voraus waren... Leider wurden diese "Forschungen" überwiegend nicht von echten Sprachwissenschaftlern geführt, sondern von Archäologen, Hobby-Linguisten und - Politikern: Im "kapitalistischen" Westen neigte man dazu, die "Hieroglyfen" als Lautzeichen mit Silbencharakter zu interpretieren, im "sozialistischen" Ostblock dazu, in ihnen sinntragende Piktogramme zu sehen, und vor allem die Regierungen der USA und der SU förderten ihre jeweiligen Protagonisten nach Kräften. Aber so richtig zu Potte kam keine der beiden Seiten, es blieben zu viele Widersprüche. Hätte man gleich einen Sinologen oder Japanologen an die Sache gelassen (aber Fachidioten bleiben halt gerne unter sich :-), wäre man wohl schon viel früher darauf gekommen, daß die Maya-Schrift eine Mischung aus beidem war, und in beide Richtungen redundant, d.h. ein Zeichen konnte mit mehreren unterschiedlichen Lauten gelesen werden, und ein Laut konnte durch mehrere unterschiedliche Zeichen geschrieben werden. So etwas ist ein wundervolles Spielzeug für Schriftsteller und Dichter, ermöglicht herrliche Doppeldeutigkeiten, die der Kenner zu schätzen weiß - aber den Nicht-Kenner, der das alles erst entziffern will, zur Verzweiflung treiben kann. Über ein paar Namen und Zahlen kam man denn auch lange Zeit nicht hinaus. Daneben gab es - und nun kommt der Treppenwitz - Aufzeichnungen der Maya-Nachkommen in lateinischer Schrift, keine Originale, sondern von Generation zu Generation weiter gegebene Kopien, inhaltlich banales Zeug, eine Art Geschichts-Chronologie, die hauptsächlich aus Mord und Totschlag bestand - man hätte meinen können, die Maya seien nichts weiter als primitive, blutrünstige Wilde gewesen, die unter einem furchtbaren Terror-Regime dahin vegetierten (oder mehreren - sie lebten ja, wie die alten Griechen, in Stadtstaaten, die einander ständig bekriegten, bis zur wechselseiteigen Ausrottung :-) - aber das wollte niemand zur Kenntnis nehmen, denn es wäre politisch unkorrekt gewesen. Bis dann im 21. Jahrhundert ein Deutscher - pfui, auch das noch! - auf die Idee kam, einfach mal diese ärgerlichen Inhalte mit denen der Codices - die inzwischen wenigstens zum Teil entziffert waren, denn man wußte jetzt wie gesagt, daß es sich um eine gemischte Schrift handelte - zu vergleichen. Und siehe da, sie waren identisch! Nun gelang es sehr schnell, die noch fehlenden Glyfen zu entziffern, und jetzt wissen wir, daß alles ganz anders war - und auch, warum dieses Ergebnis von den politisch-korrekten Medien nicht an die große Glocke gehängt wird: Die Spanier hatten den Indios nicht etwa den Gebrauch der "Hieroglyfen"-Schrift verboten, sondern die hatten ihn selber aufgegeben, weil sie die lateinische Schrift - mit Recht - viel praktischer fanden. Die Aufzeichnungen hatten sie lange Zeit geheim gehalten, weil sie - wohl ebenfalls mit Recht - fürchteten, daß es den Spaniern gar nicht um ihre kulturelle Identität ging, sondern um ihr historisches Bewußtsein. (Nota bene: Ein Volk, dem man seine Vergangenheit raubt, hat keine Zukunft, das müßtet Ihr doch auch wissen, liebe deutsche Leser, oder? Die Alliierten wußten es, als sie 1945 als Besatzer Befreier kamen!) Nebenbei bemerkt: Wenn man eine kurze Geschichts-Chronologie der meisten "zivilisierten" Völker in Ost und West schriebe, dann käme da auch hauptsächlich Mord und Totschlag vor - kein Grund also für die Maya, sich zu genieren. Exkurs Ende.

Zurück zu Diwald. Auch seine Bücher sind in der BRD boykottiert und zensiert worden, und er ist trotz unzweifelhafter Kompetenz nie ordentlicher Professor geworden - nicht einmal im konservativen Freistaat Bayern. Folgt daraus vielleicht im Umkehrschluß, daß ein beamteter, staats- und linientreuer Geschichts-Professor kein großer Historiker sein kann? Nicht notwendigerweise - aber heutzutage scheint es in der Praxis darauf hinaus zu laufen. Wohlgemerkt: Ein "großer" Historiker zeichnet sich nicht dadurch aus, daß er immer Recht hat, sondern dadurch, daß er den Mut zu unbequemen Fragestellungen hat; die Antworten müssen nicht immer richtig sein. (Jeder kann mal irren; was Diwald über die Verdienste Maos, Pirenne über die angeblich nicht existierenden Unterschiede zwischen Flamen und Wallonen und Nolte über die Gleichartigkeit von Fascismus und National-Sozialismus geschrieben hat, hält keiner seriösen Nachprüfung stand. Speziell über letzteres schreibt Dikigoros an anderer Stelle mehr.) Diwald hatte diesen Mut; nicht umsonst nannte er eines seiner Bücher "Mut zur Geschichte". Aber das genaue Gegenteil erleben wir an unseren - und damit meint Dikigoros nicht nur die deutschen - Schulen und Universitäten: Bloß brav Fakten und Jahreszahlen wiederzukäuen - und seien sie noch so "richtig" (oft sind sie ja nicht mal das, sondern nur "politisch korrekt") -, Chronologien für irgendein "Handbuch der Geschichte" herunter zu schreiben, das kann letztlich jeder, der ein bißchen im Geschichtsstudium aufgepaßt hat und das nötige Sitzfleisch mit bringt - so sehen unsere "Geschichtsbücher" denn auch aus, und entsprechend groß ist denn auch die Begeisterung vieler Schüler für den Geschichtsunterricht...

Ein paar Worte zur Auswahl: Dikigoros hat lange geschwankt, ob er dieses Kapitel seiner "Reisen durch die Vergangenheit" thematisch aufziehen soll oder nach Autoren - aber ersteres hätte dazu beführt, daß er in manchen Fällen wegen der Bedeutsamkeit des Themas zweitrangige Geschichtsschreiber hätte berücksichtigen müssen: Gibt es über die USA ein besseres historisches Werk im Sinne von Dikigoros' Definition als Fernaus Halleluja? Wahrscheinlich nicht. War Fernau ein großer Historiker? Nein, er war mutig, humorvoll und zweifellos ein großartiger Schriftsteller - aber ein großer Historiker war er nicht. Das gleiche gilt im Ergebnis (nicht in der Begründung) für A. L. Basham und The Wonder that was India, Marcel Granet und La civilisation chinoise sowie J.P.A. Taylor und Die Geschichte des Zweiten Weltkriegs. Letzteres hat dazu geführt, daß diese zweifellos sehr wichtigen historischen Themen hier nicht zum Zuge kommen - vielleicht eignen sie sich nicht zu der Art Geschichtsschreibung, die Dikigoros meint, vielleicht hat er auch einfach bessere Werke über die Geschichte der USA, Indiens, Chinas oder den Zweiten Weltkrieg übersehen; er ist für jeden Hinweis seiner Leser dankbar, der ihn mit der Nase auf eines stößt. In einigen Fällen mußte Dikigoros wegen Themengleichheit Entweder-oder-Entscheidungen treffen, z.B. "Oswald Spengler statt Arnold Toynbee" und "Robert Conquest statt Isaac Deutscher" - letzterer hatte einfach noch nicht das Quellenmaterial zur Verfügung, das die Archive erst nach dem Untergang der Sowjet-Union ausspuckten. Einige Historiker[innen] hat Dikigoros ganz bewußt links (bzw. rechts :-) liegen lassen, wie (in alfabetischer Reihenfolge) David Irving, Régine Pernoud, Romila Tapar oder Barbara Tuchman. (Die letzteren hält er - entgegen der veröffentlichten Meinung - sogar für ausgemachte Nieten, die nur aus Quoten-Gründen hoch gejubelt wurden und sonst nicht mal als Märchentanten taugen würden; und über die Pseudo-Chinesin und Pseudo-Historikerin Han Su-yin schreibt er an anderer Stelle, ebenso über den Brasilianer Gilberto Freyre.) Jung Chang und Jon Halliday? Nun, die würden hier von der Leistung her durchaus auftauchen - schließlich hat Dikigoros ganz gezielt vor allem solche Historiker ausgesucht, die den Mut hatten, entgegen der herrschenden Meinung [einstige] Ikonen wie Augustus, Stalin und Eisenhower vom Sockel zu stoßen (Tito war, global gesehen, nie wirklich eine Ikone, was die Bedeutung der Werke seines einstigen Intimfreundes und späteren Intimfeindes Milovan Djilas schmälert, der darum fehlt), und sie haben das für Mao Tse-tung in vorbildlicher Arbeit ebenso geleistet, allen Anfeindungen zum Trotz. Aber Dikigoros beschränkt sich hier ganz bewußt auf Autoren des 20. Jahrhunderts, und dabei spielt es keine Rolle, in welchem Jahrhundert sie geboren sind oder überwiegend gelebt haben, und auch nicht, über welches Jahrhundert sie geschrieben haben, sondern in welchem Jahrhundert sie geschrieben haben; und sowohl "Wild Swans" als auch "Mao - The Unknown Story" sind erst im 21. Jahrhundert erschienen. Aber Dikigoros hofft ja, daß sich jüngere Leser finden werden, die seine Arbeit für das 21. Jahrhundert fortsetzen; und die werden sich dann sicher auch jenes Pärchens annehmen, das bestimmt noch viele weitere interessante historische Werke speziell über China schreiben wird, die er selber nicht mehr wird lesen können. Und "Unmasking Ho Chi Minh" von Huy Phong und Yen Anh ist zwar schon im 20. Jahrhundert erschienen, aber es gibt bis heute keine Übersetzung ins Deutsche, deshalb hat dieses vorzügliche Werk in unseren Breitengraden so gut wie keine Wirkung entfaltet; dies ist aber die Voraussetzung für eine Aufnahme (wobei die Wirkung nicht bis heute anhalten muß - das tut sie in den wenigsten Fällen). Auch da bleibt Dikigoros nur die Hoffnung auf Jünger[e], die sich damit später einmal auseinander setzen.

Einmal mehr hegt Dikigoros den Verdacht, nein, er ist sogar ganz sicher, daß er in der so genannten "Fachwelt" mit seiner Auswahl "großer Historiker" ziemlich alleine da steht. Den meisten Geschichts-Studenten (ja wahrscheinlich sogar vielen Geschichts-Professoren) sind sie allenfalls dem Namen nach bekannt, und wenn sie noch jemand liest, betrachtet er sie im Zweifel als "nicht zitierfähig", denn die meisten von ihnen waren ja keine ordentlichen Universitäts-Professoren für das Fach Geschichte. Was zählt schon so ein blöder Journalist oder Lehrer? Die wahre Geschichte erforscht man doch nicht draußen in der Welt, sondern zuhause am Schreibtisch, und nur was schon mal in der Zeitung gestanden und die staatliche Zensur passiert hat, darf Eingang in die offiziellen Geschichtsbücher finden! Und nicht nur in die Geschichtsbücher. Raymond Cartier - den Dikigoros für den größten Chronisten der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts hält - war kein Historiker, sondern Journalist. Aber seine Reportagen - als Berichte eines Augenzeugen oder aus dem Munde von Augenzeugen gehört sind sie Quellen von unschätzbarem Wert - dürften heutzutage in keiner Zeitung der Welt mehr erscheinen, vor allem nicht in denen der "Dritten Welt", die bei ihm ganz schlecht weg kommt (und das fast immer zu Recht, wie Dikigoros auf seinen eigenen Reisen feststellen mußte), aber auch nicht in Europa oder Nordamerika. Denn dort gilt mittlerweile der Zeitzeuge als "der größte Feind des Historikers", den man "am liebsten erschießen" sollte - so formulierte es einmal Hans Mommsen, jene Null von Geschichts-Professor a.D., die nur vom Ruhm ihres Urgroßvaters Theodor Mommsen zehrte, der als großer Alt-Historiker galt, obwohl er einem Ronald Syme nicht das Wasser hätte reichen können. (Ein boshafter taz-Reporter stellte daraufhin die Frage: "Wer ist der größte Feind des Historikers? Der Zeitzeuge oder doch Guido Knopp?" Es entzieht sich Dikigoros' Kenntnis, ob das nur ironisch gemeint war oder ob er damit anregen wollte, [auch] den letzteren zu erschießen :-)

Was manch andere hoch gelobte Historiker so abliefern, erinnert Dikigoros an den berühmt-berüchtigten Turm zu Babel: Die ihn sich ausgedacht haben, machen brav ihren Kotau vor den Herrschenden; und wenn der Schund, der dabei heraus kommt, sich hinterher als nicht tragfähig erweist, gilt das Motto: "Nach mir die Sintflut!" Wenn Dikigoros liest, was sich einige "Historiker" so zusammen schmieren, dann hat er manchmal den Eindruck, daß sie schon da ist - die Sintflut aus Papier!

Und wenn Gott - oder wer auch immer - denn auf die Idee käme, da einmal ordentlich aufzuräumen, und wenn die Tiere nicht aufpassen, sondern Dikigoros vorher eine Arche bauen lassen würden und er vor der Frage stünde, welche Werke des 20. Jahrhunderts er als Reiselektüre mitnehmen und "retten" sollte, dann wären das aus dem Bereich Geschichtsschreibung (in chronologischer Reihenfolge ihrer Erstveröffentlichung):

WELTGESCHICHTE I
Oswald Spengler: Der Untergang des Abendlandes (1918-1922)

EUROPÄISCHE GESCHICHTE
Henri Pirenne: Mohammed und Karl der Große (1922-1937)

IDEOLOGIE-GESCHICHTE I: DEMOKRATISMUS
Ronald Syme: Die römische Revolution (1939)

IDEOLOGIE-GESCHICHTE II: ISLAMISMUS
Bernard Lewis: Der Aufstieg der modernen Türkei (1961)

IDEOLOGIE-GESCHICHTE III: FASCHISMUS
Ernst Nolte: Der Faschismus in seiner Zeit (1963)

WELTGESCHICHTE II
Raymond Cartier: Nach dem Zweiten Weltkrieg (1967)

FINANZ- UND WIRTSCHAFTS-GESCHICHTE
Antony C. Sutton: Die Wallstreet-Trilogie (1974-1976)

GESCHICHTE DER VERTREIBUNGEN
Alfred de Zayas: die Vertreibung der Deutschen (1977)

IDEOLOGIE-GESCHICHTE IV: KOMMUNISMUS
Robert Conquest: Die Ernte des Todes (1986)

WELTGESCHICHTE III
Hellmut Diwald: Die großen Ereignisse (1990)

Ein Mensch, vertraut auf sein klares
Gedächtnis, sagt getrost: "So war es."
Er ist ja selbst dabei gewesen.
Doch bald muß er es anders lesen.
Es wandeln doch ihm unter Händen
Wahrheiten langsam zu Legenden.
Des eignen Glaubens nicht mehr froh,
fragt er sich zweifelnd: "War es so?"
Bis schließlich überzeugt er spricht:
"Ich war dabei, so war es nicht!"
                                          (Eugen Roth)


weiter zu Große Reiseschriftsteller des 20. Jahrhunderts

zurück zu Große Schriftsteller des 20. Jahrhunderts

heim zu Reisen durch die Vergangenheit