FÂEGHEH ATASHIN

("Gougoush/Googoosh")*

(1951 - 20??)

[Gougoush/Googoosh]
[Unterschrift]

Tabellarischer Lebenslauf
zusammengestellt von
Nikolas Dikigoros

1951
Fâegheh Atashin wird in Tährân ("Teheran") geboren**. Ihre Eltern sind Azarbaycaner, die im Vorjahr aus Stalins Sowjet-Union in den Îrân geflohen sind, nachdem die alliierten Besatzungstruppen von dort abgezogen sind.

1953
Gougoushs Vater - ein Zirkusclown und Akrobat - verstößt seine Frau; seine Tochter tritt mit ihm zusammen von Kindesbeinen an im Zirkus auf.


1955
Gougoush tritt erstmals am Kaiserhof - vor Shah Reza Pahläwi und Soraya - auf.


1958
Gougoush spielt ihre erste kleinere Filmrolle.


1960
Mit der Rolle der "Mina" in Ferešteye Farâri wird Gougoush zum [Kinder-]Filmstar.

1963
Gougoush spielt in Partgâhe Maxuf erstmals eine Sängerin.

1967
Februar: Gougoush heiratet ihren Manager Mahmoud Ghorbani. Aus der Ehe (die 1973 geschieden wird) geht ein Sohn - Kambiz - hervor, der ebenfalls Schlagersänger wird.


1971
Gougoush nimmt die französisch-sprachigen Titel "Retour de la ville"*** und "J'entends crier je t'aime" auf. Sie gewinnt das Schlagerfestival von Cannes.


1972
Gougoush gewinnt das Schlagerfestival von Karthago.
Gougoush wird für ihre Rolle in Bitâ als beste iranische Schauspielerin ausgezeichnet.


1973
Gougoush - die inzwischen fast akzentfrei auf Französisch, Italienisch und Spanisch singt - nimmt am Schlagerfestival von San Remo teil; sie belegt mit "Dolce frutto" den 4. und mit "Mi son' chiesta tante volte" den 10. Platz****. Außerdem nimmt sie von den Titeln, die Platz 3 (Milva, "Da troppo tempo") und 5 (Gilda Giuliani, "Serena") belegt haben, spanisch-sprachige Fassungen auf ("Desde hace tiempo", "Serena"), die vor allem in Lateinamerika zu Hits werden.


1973-77
Gougoush erlangt mit ihren Rollen in Hamsafar, Mâh Asal, Mamal Ämrikâyi, Panjareh, Dar Emtedâd-e Shab, Ehsâs-e Dâq, Chahar Khahar und Nâzanin Kultstatus. Junge Iranerinnen imitieren ihre Kleidung, ihre Frisur, ihr Make-up und ihre Sprechweise.



1975
Gougoush heiratet in 2. Ehe Behrouz Vossoughi, den männlichen Hauptdarsteller ihrer erfolgreichsten Filme. (Die Ehe hält nur 14 Monate und bleibt kinderlos.)

1979
Januar: Gougoush dreht ihren letzten Film (in dem sie nur noch singt), Emšab aški mirizad.
Februar: Der radikale Shī'itenführer Khomeini kehrt aus dem Exil, das ihm der korrupte französische Präsident Giscard d'Estaing großzügig gewährt hatte, in den Îrân zurück. Wiewohl sich Gougoush zu diesem Zeitpunkt im Ausland aufhält (ihr Sohn besucht ein Internat in der Schweiz), kehrt sie nach Tährân zurück und bietet Khomeini ihre Unterstützung an (was sie später vehement bestreitet). Khomeini weigert sich jedoch, sie zu empfangen; das Regime der islâmischen Ayatullahs verbietet öffentliche Gesangsdarbietungen sowie die Aufführung von Filmen mit leichter Musik (und leicht bekleideten Frauen).


Gougoush wird wegen angeblicher Steuerschulden und Unzucht ins Gefängnis gesteckt. Um frei gelassen zu werden, heiratet sie in 3. Ehe ihren Lebensgefährten Homayoun Mestaghi. (Die Ehe hält sechs Jahre und bleibt kinderlos.)
Nach ihrer Freilassung erhält Gougoush Auftritts-, d.h. Gesangs- und Redeverbot; dies erstreckt sich auch auf Zeitungs-Interviews. Während der nächsten 20 Jahre steht sie de facto unter Hausarrest.


* * * * *

1999
Gougoush bemüht sich um eine Ausreisegenehmigung - offiziell lediglich, um im Ausland Konzerte zu geben.


2000
Gougoush erhält einen Reisepaß, mit dem sie den Îrân legal verlassen darf. Wesentlichen Anteil daran hat ein in den USA gedrehter biografischer Film von Farhad Zamani mit dem Titel "Googoosh - Irans Tochter", mit dem programmatischen Untertitel: "Ihr Schweigen machte sie zur Stimme der Nation." Der Îrân ist in den letzten Jahren mit illegal eingeschmuggelten Kopien ihrer alten Schallplatten und Filme überschwemmt worden; sie ist zur Ikone der heimlichen Opposition gegen das Mullah-Regime geworden, das ihr bloße Anwesenheit im Lande zunehmend als Belastung empfindet.*****


29. Juli: Googoosh feiert ihr Bühnencomeback mit einem Konzert in Toronto.


In den folgenden neun Monaten absolviert Googoosh eine Welttournee mit Auftritten u.a. in Vancouver, Los Angeles, New York City, Houston, Washington D.C., Chicago, Las Vegas, Frankfurt/M., London, Stockholm, Paris, Wien und Dubai. Ihre Konzerte werden vor allem von Exiliranern besucht, darunter auch Angehörigen der Familie Pahläwi.

[Gougoush mit Farah Diba und ihren Töchtern]

Googoosh's erstes Album nach der Zwangspause, das den programmatischen Titel "Zardosht" trägt - nach dem Stifter der vor-muslimischen Religion Persiens ("Zarathustra") - wird ein Bestseller.


2001
März: Nachdem zum Googoosh-Konzert in Dubai mehr als 10.000 Fans aus dem Îrân angereist sind, beschließen die Ayatullahs in Tährân, ihr weitere Konzerte zu verbieten. Sie kehrt daher nicht in den Îrân zurück, sondern nimmt zusammen mit ihrem neuen Manager (und pro-forma-Ehemann seit 1991) Masoud Kimiai****** ihren Wohnsitz in Kalifornien (und einen Zweitwohnsitz in Ontario).
Juli: Googoosh absolviert in Tunis ihr bis auf weiteres letztes Konzert in der islâmischen Welt.


seit 2001
Nach den Ereignissen vom 11. September 2001 tritt Googoosh 6 Jahre lang nur noch in Nordamerika auf. Die zunehmende Radikalisierung der Muslime nicht nur im Îrân und in den arabischen Ländern, sondern auch in Europa - dessen Regierungen aus wirtschafts-politischen Gründen und falsch verstandener "Toleranz" nicht wagen, der Bedrohung mit der gebotenen Härte entgegen zu treten - läßt sie dort um ihre Sicherheit fürchten.


2005
September: Googoosh's Album "Manifest" wird wieder ein Bestseller. Ihre zahlreichen Auftritte, Fernseh- und Zeitungsinterviews werden zu Manifesten gegen die islamische Terrorherrschaft im Îrân.

2007
Dezember: Googoosh traut sich erstmals wieder nach Europa, mit Auftritten in Oberhausen, Stockholm und London.


2008
März: Googoosh tritt erstmal wieder in einem islâmischen Staat - Dubai - auf.

2009
August/September: Gougoush tritt in Australien (Melbourne, Sydney) und Malaysia (Kuala Lumpur) auf.

2010
Googoosh gibt Konzerte in Bahrain (Juli), der Türkei (August-September), Schweden und Deutschland (Dezember).

seit 2011
Googoosh wiederholt ihre Auslands-Tourneen durch Malaysia, die Türkei, die Golfstaaten, England, Deutschland und Frankreich mehr oder weniger regelmäßig, zuletzt im Dezember 2019.


*Das spricht sich "Gūgūsch" - und so schreibt es sich auch auf Fârsî und Urdū. (Angeblich stammt der Name aus dem Armenischen; aber das hält Dikigoros für eine bloß zufällige Übereinstimmung, da es dort ein Jungenname ist.) Bis 1979 schrieb sie sich im Westen "Gougoush"; seit ihrer Emigration nach Nordamerika schreibt sie sich "Googoosh".

**Der genaue Geburtstag ist nicht bekannt - auch auf ihrer eigenen Webseite wurde Jahrzehnte lang keiner angegeben. Anderswo fand man widersprüchliche Daten im Februar oder Mai 1951. Heute wird meist der 5. Mai 1950 genannt, ohne daß es dafür belastbare Beweise gäbe. Für Februar 1951 spricht, daß sie im Februar 1967 heiratete. Damals war das gesetzliche Mindesheiratsalter für Frauen im Îrân - wie in fast allen zivilisierten Staaten der Welt - 16 Jahre.

***Ein Titel aus der Feder des deutschen Schlagerproduzenten Joachim Heider (Adaptation von "Sie kommt noch heut").

****Jeder Titel wurde von zwei Interpreten - in der Regel einem italienischen und einem ausländischen - gesungen; jeder Interpret konnte zwei Titel singen. In den offiziellen Statistiken werden meist nur die italienischen Interpreten - in diesem Fall Ricchi e Poveri und Anna Identici - genannt. Die zweifache Plazierung unter den ersten zehn im selben Jahr ist keinem anderen ausländischen Interpreten in der Geschichte des Festivals - als deren Höhpunkt der Wettbewerb von 1973 gilt - gelungen.

*****Im selben Jahr läßt das Regime daher auch andere Musikanten ausreisen wie Arash Sobhani, der ebenfalls nach Nordamerika geht. Gleichzeitig versuchen die Mullahs, eigene "Bands" aufzubauen, wie Arian und Pesaran-e Aftab, deren weibliche Mitglieder züchtig verhüllt - ganz in schwarz - auf der Bühne stehen und zu Marschmusik systemtreue Texte vortragen dürfen. Im Untergrund entwickelt sich nach der Emigration der echten Musikanten eine Art Sprechgesang, der mit Musik ebenso wenig mehr zu tun hat wie sein heimliches amerikanisches Vorbild, der Nigger-rap.

******Sie trennen sich 2003 und lassen sich 2005 offiziell scheiden.


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