DEN NATIONALSOZIALISMUS VERSTEHEN UND BEGREIFEN

Guenter Rohrmoser: Philosoph, Propagandist oder Ideologe ?


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       Zehnte Folge

Der itrrationale Narzissmus

oder

Der Kampf gegen selbsterrichtete Windmuehlen


                Rohrmoser feiert geradezu die kindische, die pubertaere Hilflosigkeit Nietzsches, seine Trotzkoepfigkeit, die an das„Jetzt erst recht!“ erinnert, das in der letzten Phase des NS haltungsmuessig eingenommen wurde, und welche Trotzkoepfigkeit Nietzsches Pessimismus, Negativismus und Zerstoerungswut naehrt. In seiner kompromisslosen Ablehnung der Vernunft, des Vernunft-, des Fortschrittsglaubens und der Aufklaerung aeussert sich eigentlich ein krankhafter Narzissmus, der vermeint mit dem Mythos der Tragoedie, mit dem, was Rohrmoser „tragisches Bewusstsein“ nennt (S.232), die Kraft vermitteln zu koennen, „die Sicht auf die Wirklichkeit zu ertragen und auszuhalten“ (Ebenda). Auch hier funktioniert der Mechanismus der Vereinfachung einwandfrei, auch hier ist der „Vereinfacher“  Nietzsche mit den einfachsten Mitteln am Werk, um die Wirklichkeit in die Zwangsjacke seiner pessimistisch-negativen Wahnbilder zu kriegen. Weil Nietzsche die Wirklichkeit schwarz sieht – seit Sokrates nur Verfall ! – muss die Wirklichkeit auch schwarz sein. Und wenn sie sich nicht schwarz kriegen laesst, dann muss sie eben schwarz gekriegt werden, ob es ihr behagt oder nicht. Und diese ausgesprochen primitive, ignorante, narzisstische Art belobigt Rohrmoser mit dem Begriff der „Genialitaet“: „Man sollte doch die „geniale“ Entdeckung Nietzsches anerkennen“, dass „da, wo die meisten bis zum heutigen Tag Fortschritt und Bluete sehen, Verfall“ ist (S.231). In der Tat „genial“! Ebenso Nietzsches Wortschoepfungen, deren Inhalte das Spiegelbild des verworrenen, von Verneinung, Ablehnung und Ekel bestimmten Gemuetszustandes Nietzsches sind, den er vermittels dieser negativen Inhalte auf die Wirklichkeit uebertraegt und dann mit diesen negativen Inhalten auch erfuellt und ausfuellt. Narzissmus pur!

                Wenn die dekadente Wirklichkeit trotz ihrer „offiziellen, laut verkuendeten optimistischen Ideologie“ eigentlich von Taumel, Fatalismus, Resignation, von der „Eroberung Europas durch den Buddhismus“ (S.231), also durch allumfassende Passivitaet gepraegt ist, dann entspraeche das dem sogenannten „Pessimismus der Schwaeche“ (Ebenda). Damit benennt Nietzsche eigentlich seine eigentliche Verfassung, die Schwaeche und seinen eigentlichen Gemuetszustand, den Pessimismus. Genauso spiegelbildartig ist der Gegenbegriff „Pessimismus der Staerke“ zu betrachten. Allerdings handelt es sich hier um eine Haltung, die Nietzsche selbst nicht eigen ist, die er aber fuer sich und den neuen Menschen, fuer die gesamtkunstwerkenden Vereinfacher à la Wagner anstrebt.

                 Nietzsche soll laut Rohrmoser das tragische Bewusstsein als Vehikel des „Pessimismus der Staerke“ eingefordert haben. Mit seiner Hilfe soll die Menschheit aus der stuermischen See des vermeintlich durch Aufklaerung und Wissenschaft verstellten Blickes auf die Wirklichkeit in den sicheren Hafen gerettet werden, wo man die „Kraft“ erlangen soll, „die Sicht der Wirklichkeit zu ertragen“ (S.232). Anders ausgedrueckt: der „Pessimismus der Staerke“ sollte vermittels des tragischen Bewusstseins die geeignete Wappnung gegen die Wirklichkeit des Verfalls liefern. Doch damit ist noch kein Ausweg aus der vermeintlichen „Dekadenz“ gewiesen. Es ist ein Ansatz vorhanden in der Vokabel „Staerke“, die weit ueber das kontemplative Moment hinaus fuehrt, indem sie in der entfesselten Gewalt des politischen NS gipfelte.

                 Wenn nun Nietzsche, die „Konservative Revolution“ und auch Rohrmoser ueberzeugt sind, die Sicht der Wirklichkeit mit den Mitteln des „tragischen Bewusstseins“ und des „Pessimismus der Staerke“ von der ‚Verdunkelung‘ durch Aufklaerung und Wissenschaft befreit zu haben bzw. befreien zu koennen, ist das ein gewaltiger Trugschluss. Denn mit diesen beiden ‚Instrumenten‘ erzielen sie gerade das Gegenteil von Befreiung oder Eroeffnung der „dekadenten“ Wirklichkeit, weil sie ihre Mythen zwischen sich und die Wirklichkeit stellen und damit gerade das erzeugen, wogegen sie doch angetreten sind, naemlich eine Verdunkelung der Fakten. Weil Nietzsche und die modernen Mystiker den Mythos niemals auf seine Tauglichkeit fuer die moderne gesellschaftliche Produktion und Reproduktion ueberprueften – intellektuelle, wissenschaftliche Erkenntnis ist fuer sie ohnehin das Negative schlechthín –, vermeinen sie mit ihrer Mythenproduktion der Wirklichkeit gerecht zu werden. Dass sie ihre Mythen eigentlich an die Stelle der Realitaet setzen und sich schliesslich und endlich nicht mit der eigentlichen Wirklichkeit, sondern mit der von ihnen selbst geschaffenen, mythischen Ersatzwirklichkeit abhaermen, das ist keinem dieser „Genies“ jemals bewusst geworden. Also nochmals: Narzissmus pur! Die modernen Mystiker kaempfen letztendlich gegen die von ihnen selbst errichteten Windmuehlen an!

                 Anders ausgedrueckt: Statt die Vernunft und die Wissenschaft als unverzichtbare Bestandteile der Wirklichkeit anzuerkennen, statt einzuraeumen, dass die aufklaererische, wissenschaftliche Wirklichkeit dieselbe Existenzberechtigung hat wie ihre eigenen, der Vernunft und der Wissenschaft entgegengesetzten Mythenschoepfungen, ziehen sich die modernen Mystiker in ihre extremistische Exklusivitaets- und Exklusions- (Ausschliesslichkeits-)-Nische zurueck, woher sie die Welt erloesen wollen. Der Extremismus dieser Sicht- und Verhaltensweise aeussert sich nicht nur im Ansatz, sondern auch in der Konsequenz, von sich zu behaupten, die Hueter der Wahrheit und der Inbegriff der Weisheit zu sein. Die Entzauberung dieser Moechtegern-Mentalitaet, dieser zuweilen kindisch anmutenden Uuberheblichkeit und dieser Rechthaberei kann nur mit Mitteln erfolgen, welche die modernen Mystiker als extrem schaedlich verwerfen: mit Mitteln der Aufklaerung, der Vernunft und der Wissenschaft. Das ewige Geschwafel ueber die Dekadenz der buergerlichen Welt, in der der Konsumgeist, der Hedonismus, die Intellektuellen mit ihrer Vernunft, Aufklaerung und Wissenschaft die „Wirklichkeit“ angeblich verstellen, das ist das eigentliche Problem, die extremistische Mythenkultur ist doch das Problem! Weil diese Weise der Diskursfuehrung bewiesen hat, dass sie zwar ihren „Feinden“ mit Mitteln des „Pessimismus der Staerke“ und aehnlichem gnadenlos zusetzen, aber eigentlich mit sich selbst nicht fertig werden kann, ist es erst recht geboten, ihr wahres Gesicht aufzuzeigen.
 


Der Mythenzerstoerer Nietzsche
Der antike und der moderne Mythos

                 Rohrmoser versucht in den Kapiteln „Dekadenz oder die Flucht vor der Wahrheit“ (S.233-241) und „Starkes Leben und der Wille zur Macht“ (S.241-255) herauszustellen, dass es auch einen anderen Nietzsche gab, als den von der „Konservativen Revolution“ und vom NS rezipierten. Nietzsche soll naemlich mit „Dekadenz“ „noch einmal etwas anderes“ gemeint haben, als die „revolutionaeren Konservativen“ und der „Faschismus“ meinte (S.233). Tut das nun wirklich einen Unterschied? Rohrmoser sieht naemlich nicht, dass er damit eigentlich weiter nichts benennt, als das, was fuer den mythenkulturellen Diskurs spezifisch ist: die Ungenauigkeit, die Beilaeufigkeit, die Dehnbarkeit, die Irrationalitaet der mythischen Topoi, Stereotypen und Bilder. Auf dieser Grundlage eroeffnet die extremistische Mythenkultur, der moderne Mythos ein weites Feld, in das hineininterpretiert werden kann, also Inhalte quasi nach Belieben herausgelesen werden koennen. Das ist doch kein wissenschaftlicher, rationaler Diskurs, der auf logischer Argumentationsbasis und auf Argumentationsketten von Ursache und Wirkung aufbaut, sondern auf der Apodiktik von Postulaten und Axiomen mythischen Inhalts. Der extremistische, mythisierende und mystifizierende Diskurs lebt aus Ablehnung, aus Verwerfen, aus Verneinung auf der einen, und auf umso betonterer, fanatisch-glaeubiger Bejahung des Gegenteiligen oder dessen, was dafuer gehalten wird, auf der anderen Seite.

                 So ist auch Nietzsches Behauptung aus Der Fall Wagner, er besaesse „jene Neutralitaet, jene Freiheit von Partei im Verhaeltnis zum Gesamtproblem des Lebens“ trotz des relativierenden Beisatzes „die mich vielleicht auszeichnet“ (S.234) als das zu verstehen, was sie ist, ein Ausdruck mythenkultureller Beliebigkeit und Beilaeufigkeit. Hinzu gesellt sich eine gute Portion Selbstgefaelligkeit und Selbstueberheblichkeit:

Ich habe fuer die Zeichen von Anfang und Niedergang eine feinere Witterung als je ein Mensch gehabt hat, ich bin der Lehrer par excellence hierfuer, - ich kenne Beides, ich bin Beides“ (Ecce homo) (S. 234).
Ein solcher Besserwisser soll nun wirklich in der Lage sein, Bescheid zu geben ueber was „aufsteigendes“ und was „niedergehendes“ Leben ist ?

 Nietzsche will sich in Der Fall Wagner

Fuer die Abzeichen des Niedrgangs ein Auge gemacht“
haben, wodurch er vorgibt, das zu verstehen,
was sich unter ihrem [der Moral] heiligstem Namen und Werthformen versteckt: das verarmte Leben, der Wille zum Ende, die grosse Muedigkeit (S.234).


Hier wird abermals deutlich, wie sehr Nietzsche eigene Gemuetszustaende einfach der buergerlichen Welt, dem „Leben“ zuspricht, letzteres also mythisch-mystisch verfremdet, um sich dann ueber diesen, eigentlich von ihm selbst erdichteten Zustand ergiebig auszulassen, was der Mythisierung und Mystifizierung der von ihm selbst in die Welt gesetzten und auf die Welt transponierten Mythen entspricht. Es findet eine Potenzierung des Mythisierungsprozesses hin zur Mythisierung des Mythos statt. Das kann als das Stadium des „Mythos des Mythos“ oder des „Mythos vom Mythos“ bezeichnet werden.

                 „Moral verneint das Leben“ (Der Fall Wagner) (S.235) ist in weiteres kryptisches Postulat Nietzsches, mit dem er das mit der „falschen“ Moral verbandelte buergerliche Leben ablehnt, aber eindeutig zu verstehen gibt, dass es sich eigentlich um ein persoenliches Problem, um einen persoenlichen Erkenntnisprozess handelt: Nietzsche nimmt die „Selbstdisciplin“ auf sich,

Partei zu nehmen gegen alles Kranke an mir, eingerechnet Wagner, eingerechnet Schopenhauer, eingerechnet die ganze moderne Menschlichkeit (S.235).
                Also der sich aufopfernde, das ´“Kreuz“ auf seine Schultern nehmende, leidende Nietzsche! Dieses Bild des mythischen „Erloesers“ wird allerdings von dem Schluss verdunkelt, die Unmenschlichkeit sei der Menschlichkeit vorzuziehen. Derselben krankhaft-affektierten Ueberheblichkeit entspringt auch der Ausspruch Nietzsches, als „Philosoph“ das „schlechte Gewissen seiner Zeit zu sein“ (S.235). Es haette wohl eher der Wirklichkeit entsprochen, wenn sich Nietzsche das schwarzmalende Gewissen seiner Zeit genannt haette. Dieses Gewissen brilliert durch eine beklemmende Einfaeltigkeit, es vereinfacht durch systematisches Verneinen die Komplexitaet des Lebens in primitivster Weise, was begruendete Zweifel aufkommen laesst, ob es sich wirklich um ein „Gewissen“ handelt, das hier am Werk ist.

                 Nietzsches Abkehr von Schopenhauer und Wagner, die Rohrmoser im Kapitel „Dekadenz oder die Flucht vor der Wirklichkeit“ thematisiert, erweist sich bei naeherer Betrachtung als die Phase in Nietzsches Schaffen, wo er sein gegen die „dekadente“ buergerliche Gesellschaft gerichtetes Schrot verfeuert hat und nun ein neues Objekt seinem Negationstrieb ausliefern muss. Wagner und Schopenhauer boten sich da als dankbare Objekte an. Hier wiederholt sich, was wir ueber Nietzsches Narzissmus feststellten: es ist nicht Schopenhauers Auffassung, auch nicht Wagners Musik, die Nietzsche nun negierend belegt, sondern sein eigenes, bisheriges Bild, das er sich von diesen beiden zurechtgezimmert hat. Nietzsche kaempft also gegen die von ihm selbst errichteten Windmuehlen! Nietzsche versucht nun, die Mythenwelt, die er um Schopenhauer und Wagner gesponnen hat, zu entmythisieren, also zu zerstoeren. Doch ein solcher Versuch war von Anbeginn zum Scheitern verdammt, weil Mythen und Mystifizierungen mit den Mitteln und Verfahren, denen sie ihre Entstehung verdanken, nicht zerstoert werden koennen. Es bedarf einer rationalistischen Vorgehensweise, die Nietzsche sowieso wesensfremd war. Das einzige, was erreicht werden kann, ist, bestehende Mythen abzuschwaechen oder durch andere Mythen zu ersetzen bzw. zu potenzieren. Es erfolgt die bereits erwaehnte ‚Mythisierung des Mythos‘, allerdings hier mit negativem Vorzeichen. D.h., dass bisher positiv ausgelegte Mythen nun zu negativen Mythen umfunktioniert werden. Konkret heisst das, dass Nietzsche seinen von Zweifeln und Aengsten gepeinigten Gemuetszustand auf Wagners Kunst transponiert. Wagner sei ein „Erschoepfter“, dessen „Stimulanzia“ drei an der Zahl seien: „das Brutale, das Kuenstliche und das Unschuldige (Idiotische)“ (Der Fall Wagner) (S.273). Dass diese Kennzeichen problemlos auf Nietzsche selbst zutreffen, das ist fuer Rohrmoser belanglos. Denn Nietzsche erweist sich in dieser Schaffensperiode als an seinen eigenen Mythen Erschoepfter, der nun gegen seine eigenen Geschoepfe brutal vorgeht, dabei auf die kuenstlichsten Mittel des Mythisierens und Mystifizierens nicht verzichten kann und weiterhin die Einfaeltigkeit (= die primitive Vereinfachung) kultiviert. Wie gruendlich Rohrmoser diese Entwicklung Nietzsches missversteht und missinterpretiert, belegt die Tatsache, dass er das Ziel von Nietzsches Aeusserungen wahllos an der buergerlichen „Dekadenz“ festmacht. Dass Nietzschen damit seine eigene Dekadenz umschreibt, das passt nicht in Rohrmosers „philosophischen“ Horizont.

                 Dass es Nietzsche in dieser Phase um die diskursive Dekadenzerscheinung geht, belegt die Aussage:

Womit kennzeichnet sich jede litterarische decadence? Damit, dass das Leben nicht mehr im Ganzen wohnt.
Weiter:
Das Wort wird souveraen und springt aus dem Satz hinaus, der Satz greift ueber und verdunkelt den Sinn der Seite, die Seite gewinnt Leben auf Unkosten des Ganzen – das Ganze ist kein Ganzes mehr.

Aber das ist das Gleichnis fuer jeden Stil der decadence: jedes Mal Anarchie der Atome. Desgregation des Willens (Der Fall Wagner) (S.238f.).

                Ob Nietzsche hier zum Ausdruck bringen will, dass selbst sein mythisierend-mystifizierender Diskurs am Ende seines Lateins angelangt ist? Dass sich Teile des „Ganzen“ auf Kosten anderer Teile des Ganzen verselbstaendigen, „atomisieren“ („Anarchie der Atome“), das fuehrt Nietzsche letztendlich, wohl in Ermangelung einer anderen Bezugsgroesse, auf das Zerfallen des Willens zurueck. Sollte das nicht als Selbsteingestaendnis ausgelegt werden, dass Nietzsche zwar vermittels des Mythisierens und Mystifizierens die Welt der Begriffe und des Diskurses und darueber hinaus die Welt des buergerlichen Lebens seinem Willen unterzuordnen versuchte und das in seiner Sicht auch schafft, dass er aber an dem Punkt angelangt ist, wo seine eigenen Mythenschoepfungen allmaehlich seinem Willen entgleiten und ein von ihrem Schoepfer unabhaengiges Dasein fuehren? Vieles spricht dafuer. Nietzsches Bedauern ist gleichzeitig paradox, weil er selbst doch mit dem groessten Eifer daran ging, in negativ-nihilistischer Vorgehensweise ein Zerstoerungswerk zu vollbringen, das seinesgleichen sucht. Er war es, der dem „Ganzen“ gnadenlos an den Leib rueckte, es zerstueckelte und seiner Inhalte entleerte und mit selbst geschmiedeten Mythen erfuellen wollte! Und nun beklagt derselbe Nietzsche, dass das „Ganze“ kein „Ganzes“ mehr ist! Hier trifft die Weisheit zu, dass Zerstoeren, Entleeren, Zerstueckeln viel eher geschafft ist als Aufbauen, (Er)fuellen, Zusammenfuehren. Der antike Mythos besass diese Faehigkeit der Integration, im Gegensatz zum modernen Mythos, der hoechstens zur Desintegration, eben zu Nietzsches „Desgregation“ fuehrt. Dabei ist entscheidend, dass der antike Mythos sich zwar der Negation in Form von Zerstoerung, Entleerung, Zerstueckelung des Ganzen auch bediente, diese Negation aber im Hinblick auf die anstehende Lebensbejahung mit Mass einsetzte, im Gegensatz zum modernen Mythos, der durch gnadenlose, radikale Negation einen Zustand der tabula rasa schafft und dann mit seiner Ersatzrealitaet aufwartet. Und ein weiterer, grundlegender Unterschied zwischen antikem und modernem Mythos ist, dass der antike Mythos sich als Teil des Ganzen verstand, dass er niemals als Substitut fuer das Ganze herhalten musste, waehrend der moderne Mythos, weil auf dem Schema des Gegeneinander und der Ausschliesslichkeit aufgebaut, sich anstelle des „Ganzen“ etablieren, selbst das „Ganze“ sein will. Der moderne Mythos hat es aufs Ganze abgesehen und er geht aufs Ganze. Sein Extremismus und Totalitarismus ist unverkennbar. Und das entspricht durchaus dem extremistisch-totalitaeren Gehabe der faschistischen/NS/kommunistischen Ideologien.


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Kritische Blaetter zur Geschichtsforschung und Ideologie



Datei: Rohrmoser10.html              Erstellt: 12.08.2003       Geaendert:                            Autor und © Klaus Popa


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