Der Einfluss von Faschismus und Nationalsozialismus auf Minderheiten in Ostmittel- und Südosteuropa

hg. von Mariana Hausleitner und Harald Roth
(Veröffentlichungen des Instituts für deutsche Kultur und Geschichte (IGKS) an der Ludwig-Maximilians-Universität München, Wissenschaftliche Reihe (Geschichte und Zeitgeschichte), hg. Von Edgar Hösch, Thomas Krefeld und Anton Schwob, Bd. 107)
München 2006

Ein Kommentar


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Rezension von Armin Heinen auf dem Historikernetz der Humboldt-Universität in Berlin



Entgegnung von Klaus Popa auf die Besprechung von A.Heinen auf HSoz&Kult Berlin

mailto:[email protected]


            Jeder Kommentar sollte in erster Linie der Frage nachgehen, ob das besprochene Buch dem/den erklärten oder vorausgeschickten Ziel(en) des Verfassers/Herausgebers gerecht wird. Im Falle dieses Sammelbandes fällt das Fazit so aus, dass von den insgesamt 13 Beiträgen höchstens 3 der im Buchtitel festgehaltenen Thematik vollauf gerecht werden. Die Hauptursache für diesen Befund liegt in der Tatsache, dass zum einen Aufsätze aufgenommen wurden,

- deren Stoff eindeutig außerhalb der Bandthematik liegt (Arens/ Bein, Die Moldauer Ungarn (Tschangos) im Rahmen der rumänisch-ungarisch-deutschen Beziehungen zwischen 1940-1944; Ivo Goldstein, Judengenozid in dem unabhängigen Staat Kroatien);

- Aufsätze, deren zeitlicher Rahmen vor der Faschisisierungs-/Nazifizierungsphase liegt (Böttcher, Kontinuität des Ersten Weltkrieges im Frieden ? Kriegerdenkmäler und Heldenkult bei den Siebenbürger Sachsen nach 1918; Schroeder-Negru, Der Einsatz der Deutschen aus Bessarabien beim Aufstand von Tatarbunar 1924);

- Texte, die  nur vorgeben, den Einfluß von Nationalsozialismus und Faschismus auf die Minderheiten zu thematisieren, unter eindeutiger Verneinung dieses Einflusses  (Sindilariu, Sportpolitische Impulse aus dem "Dritten Reich" und der Strandbadbau in Siebenbürgen 1936-1939);

-  und Aufsätze, die die Thematik ansatzweise streifen, aber wegen ihrer eindeutig geschichtsrevisionistisch- verharmlosend-verneinenden Tendenz der Bejahung von NS-Einflüssen entweder ganz aus dem Weg gehen oder das Geltendwerden derartiger Einflüsse an maximalistische Bedingungen knüpfen (Bethke, "Erweckung" und Distanz: Aspekte der Nazifzierung der "Volksdeutschen" in Slawonien 1935-1940; Janjetovic, Die Donauschwaben in der Vojvodina und der Nationalsozialismus; Spannenberger/Vonyo, Rezeption der nationalsozialistischen Ideologie in Ungarn und in der deutschen Volksgruppe).

Der einleitende Aufsatz von Daniel Ursprung, Faschismus in Ostmittel- und Südosteuropa: Theorien, Ansätze, Fragestellungen möchte eine quasi programmatische Funktion erfüllen, kann dieser aber wegen zahlreicher Schwachstellen kaum gerecht werden.

                Im Folgenden werden die Beiträge einer eingehenden Analyse und kritischen Kommentierung unterworfen.

Bemerkung: Nur summarische Angaben über jeweilige Beiträge dürfen als Anzeichen dafür gewertet werden, dass Kommentator/Analyst diese Aufsätze zu der Gruppe zählt, die die Zielsetzung des Sammelbandes erfüllen. Absolute Abnormitäten/unhaltbare Behauptungen, Axiome, Postulate und dergleichen sowie das, was Kommentator als eigentliche Prioritäten der Forschung betrachtet, werden mit rot gehaltenem Schriftbild gekennzeichnet [das gilt nicht für die einzelnen Titel der Beiträge]. Besonders haarsträubende und deshalb verwerfliche Vorgehensweisen sind zudem durch Unterstreichung gekennzeichnet.



Daniel Ursprung,Faschismus in Ostmittel- und Südosteuropa: Theorien, Ansätze, Fragestellungen

Bernhard Böttcher, Kontinuität des Ersten Weltkrieges im Frieden? Kriegerdenkmäler und Heldenkult bei den Siebenbürger Sachsen nach 1918

Olga Schroeder-Negru, Der Einsatz der deutschen aus Bessarabien beim Aufstand von Tatarbunar 1924

Franz St. Horvath, Die Einstellung der ungarischen Minderheit Rumäniens zu Faschismus und Nationalsozialismus 1922-1940

Cornelia Schlarb, Konfessionsspezifische Wahrnehmung des Nationalsozialismus in kirchlichen Publikationen der deutschen Minderheit in Rumänien in den 1930er Jahren

Thomas Sindilariu, Sportpolitische Impulse aus dem „Dritten Reich“ und der Strandbadbau in Siebenbürgen 1936-1940

Carl Bethke, „Erweckung“ und Distanz: Aspekte der Nazifizierung der „Volksdeutschen“ in Slawonien 1935-1940

Zoran Janjetovic, Die Donauschwaben in der Vojvodina und der Nationalsozialismus

Norbert Spannenberger u. Joszef Vonyo, Rezeption der nationalsozialistischen Ideologie in Ungarn und in der deutschen Volksgruppe

Christof Morrissey, Heimatkunde, Wissenschaft und die NS-Volkstumspolitik
Die Entwicklung des Instituts für Heimatforschung in der Slowakei 1941-1944

Meinolf Arens und Daniel Bein, Die Moldauer Ungarn (Tschangos) im Rahmen der rumänisch-ungarisch-deutschen Beziehungen zwischen 1940 und 1944. Eine vornational strukturierte ethnische Gruppe im Spannungsfeld totalitärer Volkstumspolitik

Ivo Goldstein, Judengenozid in dem unabhängigen Staat Kroatien

Pierre de Tregomain, Versperrte Wahrnehmung. Die Auseinadersetzung der evangelischen Kirche A.B. in Rumänien mit dem Nationalsozialismus 1944-1948


Faschismus in Ostmittel- und Südosteuropa: Theorien, Ansätze, Fragestellungen
Daniel Ursprung

            Es sei vorausgeschickt, dass eine Theoretisierung des Faschismus/Nationalsozialismus, zudem in komparatistischer Pesrpektive, wie das Ursprung vorschwebt, solange im Stadium eines mit dem Bade ausgeschütteten Kindes bleibt, solange Verfasser durch seine erklärt antipositivistische Einstellung, die in programmatischer Weise die  Asserachtlassung der dokumentarischen Quellen, also auch deren Aussagen und Belege voraussetzt und uanbdingbare Grundlagenforschung überhaupt nicht in Betracht zieht, ausschließlich theoretische Konstrukte feilbietet, die  jeder faktischen Untermauerung entbehren und Zeugnis ablegen von des Verfassers hauptsächlichem Manko, nämlich dass ihm die Kennntis von und die Praxis der konkreten Arbeit mit Dokumenten fehlt.

(9) „Vergleichende Faschismusforschung“ ?

„nehmen sich die Ergebnisse für den osteuropäischen Raum immer noch recht bescheiden aus.“ [Warum ?]

(10) Alibi-Gründe:
„der teils bis heute erschwerte Zugang zu den Quellen“
„die sprachlichen Hürden“
„der Begriff Faschismus“ sei „... durch seinen politisch verordneten Gebrauch für jegliche Art konservativer, nicht-kommunistischer Formation für wissenschaftliche Zwecke unbrauchbar.“
„Bisher weitgehend ignoriert hat die vergleichende Faschismusforschung insbesondere die faschistischen Bewegungen kleinerer Minderheitengruppen in diesem Raum“.
„Die in recht kleiner Anzahl vorliegenden Studien zur Verbreitung des Faschismus bei Minderheiten im Raum des östlichen Europas sind vorwiegend auf die Binnenperspektive der jeweiligen Gruppe ausgerichtet und erheben selten einen komparatistischen Anspruch. Viele dieser Arbeiten sind eher deskriptiv konzipiert und messen theoretischen Fragen wenig Bedeutung zu.“

(10-11) Es fehlen „Untersuchungen zu Fragen des geschlechtsspezifischen Verhältnisses zum Faschismus fast komplett ...“

(11) „... wäre eine verstärkte Integration der faschistischen Bewegungen aus diesem Raum in den allgemeinen Faschismusdiskurs wünschenswert.“

(11-12) „Ursprünglich war der Faschismus in seiner generischen Bedeutung ein Produkt seiner Gegner, besonders der sich als „anti-faschistisch“ bezeichnenden politischen Linken.“
„inflationäre Verwendung des Begriffs Faschismus“.

(14) „... wird daher im Folgenden der Begriff „Faschismus“ ausschließlich in generischem Sinne, der auf eine ganze Reihe von Phänomenen anwendbar ist, verwendet“.
Die „Theoriebildung“ sei „in zunehmendem Maße gefordert“, „die oft widersprüchlichen Erkenntnisse der Einzelstudien zu interpretieren  und übergreifende Erklärungen zu formulieren.“

(14f.) In Deutschland sei „nach wie vor die Binnenperspektive mit der isolierten Betrachtung des Nationalsozialismus vorherrschend“.

(15) „das Festhalten an der Einzigartigkeit spezifischer faschistischer Bewegungen [wie der NS] durchaus vereinbar ist mit Vergleichen.“

(16) „Die Schwierigkeit der Theoriebildung besteht in den großen Unterschieden zwischen den verschiedenen faschistischen Bewegungen“.

(17-23) „Totalitarismus“
(17) Gebrauch des Begriffs „Totalitarismus“ in „inflationärem und pejorativem Sinne“ – Anm. 32: Al-Quaida bei Bassam Tibi, Der neue Totalitarismus: „Heiliger Krieg“ und westliche Sicherheit“, Darmstadt 2004, etwa S. 21. Das sei eine „Aufblähung des Konzepts“.

(21) Begriff der „Politischen Religion“
„Für die vergleichende Faschismusforschung in Ostmittel- und Südosteuropa erscheint mir das Totalitarismuskonzept im vorliegenden Rahmen jedoch neben all den angeführten Gründen auch deshalb von geringem praktischem Nutzen zu sein, da es sich ausschließlich auf Regime anwenden läßt.“ (Anm. 52: Dies äußert sich etwa darin, dass Totalitarismus im adjektivischen Sinne als Attribut im Sinne von „totalitäres Regime“ definiert wird“ – WORTKLAUBEREI !!!)

(21-22) „Als rein deksriptive Kategorie von politischen Systemen, nicht aber als kausale Erklärung, scheint mir sein Nutzen im vorliegenden Kontext sehr beschränkt“

(22) „Doch mit der Beschreibung äußerer Merkmale ist wenig über den inneren Zustand und zentrale Charakteristika der betreffenden Phänomene ausgesagt. Die kulturelle, sozialen, psychologischen und historischen Hintergründe, ohne die das Phänomen schwer zu verstehen ist, bleiben im Dunkeln“.

„Der Faschismus in Ostmittel- und Südosteuropa manifestierte sich nämlich kaum in Form von politischen Systemen, sondern hauptsächlich in Gestalt von Gruppen und Bewegungen, die zwar die Herrschaft anstrebten, diese aber nur in den seltensten Fällen und auch dann nur für kurze Zeit errangen. Die Geschichte des Faschismus in diesem Raum ist daher vor allem die Geschichte von oppositionellen Bewegungen und nicht von Regimen“.

Die Gleichschaltung der deutschen Volksgruppen mit dem „Dritten Reich“ etwa kann mit dem Totalitarismusbegriff kaum adäquat beschrieben werden. Zieht man in Betracht, dass in den meisten Ländern rivalisierende faschistische Gruppen bestanden (ausgeprägt etwa in Ungarn), müsste man von mehreren totalitären Systemen in ein und demselben Land ausgehen, womit man den Begriff ad absurdum geführt hätte“ [Keine Ahnung über die Weitläufigkeit des Begriffsinhalts von Totalitarismus und totalitär !!!]

(23) „In Bezug auf den Totalitarismus lässt sich also festhalten, dass der Begriff sich zwar zur Beschreibung gewisser formaler Ähnlichkeiten und des äußeren Erscheinungsbildes von Regimen im Rahmen einer Typologie eignet, die qualitativen Aspekte der damit beschriebenen Phänomene im Sinne eines Konzeptes jedoch nicht erfasst werden und er daher wenig taugt, auf theoretischer Ebene Erklärungen und Erkenntnisse über deren Ursachen, Wesen und Beschaffenheit zu gewinnen. [Tut Ursprung nur so, als ob er keine Ahnung vom Totalitarismus-Begriff hat, oder ist er wirklich ahnungslos ? Indem er diesen Kernbegriff als irrelevant einstuft für den ostmittel- und südosteuropäischen Raum, verschafft er der Verharmlosungstendenz einen bequemen Rahmen] Mit dem Totalitarismus verhält es sich daher so wie mit historischen Ordnungsbegriffen im Allgemeinen: für die Anwendbarkeit des Begriffs entscheidend ist letztendlich das Erkenntnisinteresse und die Fragestellung bzw. der Nutzen, der im konkreten Kontext neue Einsichten ermöglicht“. [Wie sollen „neue Einsichten“ auf diese Art ermöglicht werden, wenn gerade ein Kernbegriff zur Bedeutungslosigkeit entwertet wird, unter dem Hinweis, ausschließlich subjektiv bedingte Beweggründe könnten entscheiden über die erkenntnismäßige Tauglichkeit von Begriffen – dies ist eine absolut unwissenschaftliche und erkenntnisfeindliche Ansicht und Vorgehensweise]

(23-37) Faschismus: Neuer Konsens
(23-24) In der angelsächsischen Literatur: „Dieser „new consensus" arbeitet mit dem Konzept eines generischen Faschismus, geht also von der Existenz einer ganzen Reihe von strukturell verwandten Phänomenen aus, die sich unter dem Gattungsbegriff „Faschismus“ zusammenfassend beschreiben lassen. [...] steht hier die Ideologie im Zentrum".

(25) „Das Wesen des Faschismus kann daher am ehesten mithilfe einer idealtypischen Definition erfasst werden, die genug Raum lässt für jeweils unterschiedlich ausgeprägte Spielarten des Faschismus“.

(26) „ ... dass ein sehr statisches  Bild des Faschismus entsteht“.
„Das Konzept droht damit sehr ungenau zu werden und alle möglichen Arten von autoritären Regimen zu umfassen“ [So wie er den Kernbegriff des Totalitarismus zur Bedeutungslosigkeit verdammt, schickt Ursprung auch die autoritäre Komponente, ein weiteres Kernelement totalitärer Weltanschauung und Politik in die Wüste]

(27) Roger Griffins Faschismus-Definition biete laut Ursprung den Vorteil: „So müssen nicht alle Bewegungen mit einer nationalistischen Rhetorik und einem an faschistische Vorbilder gemahnenden Dekor als genuin faschistisch identifiziert werden, wenn sie keine Vorstellungen von einer Regeneration, einer revolutionären Verwandlung bzw. einer Widergeburt entwickeln“. [Ursprung fährt auf der ganzen Linie die Taktik des minimal Zulässigen (Minimalismus = Verharmlosung, geschichtl. Revisionismus), das von seiner Theorie vorgegeben wird]
Es sollen auch „generisch faschistische Überzeugungen auch auf der Ebene des Individuums identifiziert werden“. [wo in einem von den Geschichtsfakten absolut abgekoppelten, in theoretischen Nebelschwaden schwebenden System, das nicht auf Vertiefung der Perspektive, sondern auf Verflachung und Oberflächlichkeit ausgerichtet ist, Platz für Individualisierung sein soll, bleibt Ursprungs Geheimnis]
„ ... so können letztlich auch faschistische Organisationen nicht verstanden werden ohne eine Beschäftigung mit dem Faschismus auf der Ebene des Individuums. Ein Faschismus ohne Faschisten ist undenkbar“ [Welche Neuigkeit !!!]

(29) Michael Manns Faschismusbegriff: „... lässt recht wenig Raum für eine anthropologische Interpretation des Phänomens Faschismus „.

(32) „Der Faschismus ist gleichsam als Anti-Ideologie entstanden und zog daraus einen wesentlichen Teil seiner Identität“. [Faschismus ist doch abgründigste Ideologie !!! Sobald Faschismus und Natinalsozialismus mit dem Stereotyp der "Anti-Ideologie" belegt werden, wird die verharmlosende Ansicht offenbar, diesen Erscheinungen und den Gruppen, die sie trugen, die Aura zu verpassen, immer nur reagiert, aber niemals agiert zu haben. Damit wird auf eine simplistische und deshalb zweifelhafte Legitimation von Faschismus und NS angespielt, die sich doch immer in Defensive befunden haben sollen zu ihren politischen Widersachern, den Linken. Es wird dabei unterdrückt, dass beide, Faschismus und NS, sich selbst nicht nur als "revolutionär" definierten, sondern in der von ihnen praktizierten und konsequent durchgezogenen Umwälzung und Abschaffung "bürgerlichger" Werte, Wertvorstellungen und Lebensweisen das Moment des "Anti-", d.h. des Dagegenseins und Dagegenhandelns weit überschritten haben, indem sie eine NEGATIONSORGIE bisher unbekannten Ausmasses feierten und praktizierten, was seinen Niederschlag in gewissen Kernkulten fand: Kult der "Wiedererweckung" bzw. "Wiedergeburt", Kult des imperialen Gehabes, Führerkult, Rassenkult, Kult des Volkes und des Volkstümlichen, Antisemitismus als Kult, Kult der physischen Ausschaltung und Vernichtung, Kult der eigenen Unfehlbarkeit, Kult von "Tat" = Gewalt und Gefolgschaftsgeist (unbedingtes Gehorsam, "Treue"].

(32-33) Der Faschismus als „dynamische“ Erscheinung.

(33) Das 5stufige Modell von Robert O. Paxton:
Im ersten Stadium war die Entstehung faschistischer Gruppierungen (erster Faschismus) ein recht häufiger Fall.
„Die Ideologie spielt in dieser Phase eine zentrale Rolle. Die Etablierung dieser faschistischen Gruppierungen als Parteien, und damit der Eintritt in das zweite Stadium (zweiter Faschismus) ist demnach recht / (34) selten. Eine Voraussetzung dafür ist eine Krise des liberalen Systems, die das Vertrauen in die Regenerationsfähigkeit des liberalen Staates erschüttert“. In dieser Phase soll die ideologische Komponente stark in den Hintergrund treten.
3. Stadium: Machtergreifung
4. Stadium: an der Macht angekommen.

Francos Spanien und Salazars Portugal seien nur „autoritäre“ Regime gewesen. [Bagatellisierung eines weiteren Zentralbegriffs totalitärer rechtsgerichteter Orientierungen]
Analog sind auch die meisten Regime der 1930er und frühen 1940er in Ostmittel- und Südosteuropa nicht als faschistisch, sondern als autoritär einzustufen, da hier die konservativen und radikalen Rechten dominierten, nicht jedoch die Faschisten. [Ergebnis der Bagatellisierung: Faschismus und „faschistisch“ wird willkürlich auf den extrem-rechten Rand des politischen Spektrums verbannt, während dem, das rechts bzw. mitte-rechts liegt die Faschismus-Qualität einfach abgesprochen wird] Ausnahmen davon bilden lediglich Kroatien unter der Herrschaft der Ustasa, das kurzlebige Regime der / (35) Pfeilkreuzler in Ungarn von 1944-1945 sowie allenfalls der ebenfalls ephemere „national-legionäre“ Staat in Rumänien 1940-1941 (Anm. 90: Ursprung beruft sich auf Emilio Gentile „wie auch für viele andere Autoren“, für die hinter Francos Spanien, Salazars Portugal, Horthys Ungarn angeblich „keine faschistischen Bewegungen (ge)standen“ haben sollen. Auch Michael Mann, Fascists, Cambridge New York 2004 charakterisiert das Vichy-Regime, das radikal rechte Regime Ungarns im Zweiten Weltkrieg und das Antonescus „nicht als faschistisch, sondern ordnet sie der Kategorie der „korporatistischen“ Regime zu, die jedoch viele faschistische Elemente haben“).

(35) 5. Stadium: Radikalisierung
Dieses Stadium soll nur der NS erreicht haben – hier liege „in Paxtons Modell die Einzigartigkeit des Nationalsozialismus begründet“.
„Der dynamische Ansatz führt Paxton zur Einsicht, der Faschismus dürfe nicht bloß mithilfe eines statischen, zeitunabhängigen gemeinsamen (ideologischen) Kerns definiert werden“.

(36) Paxton sehe den Faschismus „als Mischung aus verschiedenen Elementen, deren Zusammensetzung sich mit der Zeit dynamisch ändert“ (Paxton, The Anatomy of Fascism, London 2004, S.207).
Die Ansätze Griffins (der sogenannte „palingenetic ultranationalism“) und Paxtons hätten laut Ursprung gemeinsam „eine zutiefst negativ wahrgenommene Gegenwart, zu deren Überwindung ein utopisches Gegenmodell entworfen wird“.

(38) „Inwiefern kann also der generische Faschismusbegriff fruchtbringend sein bei der Erforschung des Faschismus in Ostmittel- und Südosteuropa ?“
In Bessarabien soll es nur eine „spätere Verbreitung faschistischer Ideen“ gegeben haben.

(39) Andererseits weist Horvath darauf hin, dass "die positive Wahrnehmung des „Dritten Reichs“ an sich nicht automatisch mit einer grundsätzlichen Übereinstimmung mit den nationalsozialistischen Idealen verwechselt werden darf“. Ende der 30er Jahre „begann die politische Sicht auf das Deutsche Reich zu dominieren, ohne dass dies automatisch mit einer genuin faschistischen Grundhaltung einherging“.

(40) Zu Tregomains Beitrag: „Mithilfe des Hinweises auf die prinzipielle Unvereinbarkeit von Christentum und Nationalsozialismus konnte sich die Kirche selber als Opfer darstellen und Vorwürfen der Kollaboration mit dem Hinweis entgegnen, dabei handle es sich um Einzelfälle, die dem Geist der Kirche widersprächen, ihr sogar Schaden zugetragen hätten“.

(40-41) „In den Kategorien von Paxton ausgedrückt versuchte die Kirchenleitung also zu argumentieren, dass der Faschismus in der Kirche bloß ins vierte Stadium, die Machtausübung, gelangt sei [was doch schlimm genug ist !], die unter anderem durch das Kompetenzgerangel zwischen den faschistischen Kräften auf der einen, den kollaborierenden Kräften der radikalen und konservativen Rechten auf der anderen Seite gekennzeichnet ist. Die alleinige Kontrolle der ideologisch radikalisierten Faschisten, die eine Neuordnung der Gesellschaft anstrebten, und damit die Erreichung des 5. Stadiums, der Radikalisierung, seien unter diesen Voraussetzungen ausgeblieben. [Wie Trugschlüsse gezogen werden können, indem ein absolut inadäquates Interpretationsmuster willkürlich für siebenbürgisch-deutsche Gegebenheitren eingesetzt wird: Ursprung suggeriert nämlich, dass die einheimischen Nazis, auch die der Kirchenführung, überhaupt nichts mit Radikalität am Hut gehabt haben sollen. Unglaublich diese verfälschende Irreleitung] Gerade der Hinweis auf die grundsätzlich mit der Religion unvereinbare faschistische Ideologie zeigt, dass man mit der Ablehnung der Ideologie auch gleich die für das 5. Stadium charakteristischen Exzesse nicht als eine Angelegenheit der Kirche betrachtete.“ [U. argumentiert so, als ob die damalige Kirche Kenntnis vom 5Stufenmodell Paxtons gehabt hätte: einfach naiv!]

„Das Wechselspiel zwischen radikal faschistischen Erneuerern und den traditionellen Eliten steht auch im Zentrum der Analyse von Thomas Sindilariu“.

(42) „Die Ästhetisierung der Politik, wie sie anhand des Schwimmbadbaus in Hermannstadt exemplarisch dargestellt wird, ...“ [welche "Ästhetisierung" nur ein  verharmlosendes Konstrukt Sindilarius ist !]

(43) „... dass sich Faschismus in Ostmittel- und Südosteuropa nur in Abhängigkeit ausländischer, vor allem deutscher, Beeinflussung manifestiert hätte. Im Gegenteil weisen Jozsef Vanyo und Norbert Spannenberger darauf hin, dass die Entstehung faschistischer Gruppen in Ungarn nicht als bloße Kopie ausländischer Vorbilder angesehen werden kann, sondern als eigenständige Reaktion auf innerungarische Verhältnisse“.
„... wobei die profaschistische Haltung allenfalls eine Folge, nicht aber die Ursache war“. [typisch geschichtsrevisionistische Argumentationsweise, dass die dt. Minderheit nur reagiert, aber nicht und niemals agiert habe, also der Einzug und die Verbreitung des NS bei den Ungarndeutschen nicht auf deren eigene Initiative zurückzuführen sei]

(44-45) Ursprungs gesamtes Gefasel über den Ustascha-Staat und seine mögliche Einordnung in das 5Stufenmodell Paxtons belegt abermals, wie weit entfernt sich seine Phantastereien von der historisch-faktischen Realität bewegen und zudem, welche Ressourcenverschwendung sie hervorruft: statt ¾ DIN A4-Seiten zu verbrauchen, um sein theoretisches Gesäuse auszubreiten, hätte die Feststellung genügt, dass, weil Kroatien ursprünglich deutsches Besatzungsgebiet war, hier auch ohne Schwierigkeiten ein dem NS nachempfundener kroatischer Führehrstaat Platz nehmen konnte. Da haben Paxtons 5 Stadien überhaupt nichts auszusagen.

(45-52) Fragestellungen
Das Verhältnis zum nationalsozialistischen Deutschland an sich kann also kein Indikator für Faschismus sein“ - [solche apodiktische Aussagen sind nur möglich, weil U. keine Quellenaussagen und –belege berücksichtigt]
„Der Faschismus war ein eigenständiges Phänomen, das sich aus dem spezifisch lokalen Kontext entwickelt hat und nicht allein auf / (46) die Frage der Kollaboration mit dem Deutschen Reich reduziert werden kann. [Nun, für wen gilt diese Feststellung, für alle Minderheiten oder nur für die deutschen? Auch ist es fraglich, dass sich die ganze Geschichte auf die Ebene der Kollaboration reduzieren lässt. Wo bleibt die aktive, bewusste, fanatisch betonte Teilhabe am gesamtfaschistischen bzw. gesamtnazistischen Treiben ?] Am ehesten kann man in der faschistischen Haltung eine Folge der Orientierung an Deutschland sehen, sie war aber in der Regel nicht die Ursache dafür.“ [Um die dokumentarisch eindeutig belegte Initiativhaltung der jeweiligen deutschen Minderheiten ganz aus der Welt zu schaffen, ist es durchaus hilfreich, theoretische Gebäude dieser Art zu entwickeln, die die Ursachen bzw. die Urheber immer anderswo, u.zw. weit weg von den Minderheiten erblicken möchten]

(46) „Für das Verständnis der Prozesse, die zum zunehmenden Einfluss faschistischer Kräfte gegen Ende der Zwischenkriegszeit führten, ist es also von Nutzen, analytisch im Sinne Paynes zu unterscheiden zwischen den drei idealtypischen Fällen der genuin faschistischen Kräfte, der radikalen sowie der konservativen Rechten. Dadurch lassen sich die Spannungen innerhalb der Minderheiten mithilfe der grundsätzlichen Unterschiede zwischen diesen drei Typen erklären. Es erweist sich als hilfreich, klar zu unterscheiden zwischen verschiedenen Arten rechtsgerichteter Kräfte, wobei mit „palingenetic ultranationalism“ eine Definition zur Verfügung steht, die auf verschiedenen Ebenen gleichermaßen angewandt werden kann. Dabei ist jedoch zu beachten, dass es sich bei diesen Konzepten um Idealtypen handelt, die in dieser Abstraktion in der Realität nicht anzutreffen sind. Vielmehr ist hier von zahlreichen Zwischenstufen und Übergängen

(47) auszugehen. Gerade in Bezug auf die Frage der Kollaboration oder der Beteiligung am Holocaust erweist sich eine statische Auseinanderhaltung als unzulänglich. [Die rechten Kräfte unterscheiden sich zwar nach außen voneinander, doch im Wesen vertraten sie dieselbe rechts- bis rechtsradikale Orientierung, die im Faschismus/Nationalsozialismus ihre extreme Prägung erfuhr. Ursprungs  Differenzierungswut ist eindeutig faktenwidrig und deshalb irreführend] Wie etwa die Pläne zur Umsiedlung der Tschangos zeigen, konnten auch radikale und konservative Rechte durchaus in einer Art handeln, die sich in keiner Weise von derjenigen der faschistischen Kräfte unterschied. [...] Das Konzept des palingenetic ultranationalism vermag bezüglich des Ausmaßes und des Umfanges der Beteiligung an der nationalsozialistischen Vernichtungs- und Ausrottungspolitik wenig beizutragen, wohl aber ermöglicht es eine genauere Charakterisierung der Beteiligung etwa nach den Kriterien der Überzeugung oder des Opportunismus. Erst das Zusammenspiel unterschiedlich motivierter Beteiligter machte den Holocaust und den Vernichtungsfeldzug überhaupt möglich.“

[Paxtons 5stufiges Modell]
„Wie sich zeigt, war auch im ostmittel- und südosteuropäischen Raum das Verhältnis der faschistischen Kräfte zu den etablierten Eliten von großer Bedeutung dabei, inwiefern sich der Faschismus auf der politischen Bühne durchsetzen konnte. Ein Aspekt jedoch, der bei Paxton kaum eine Rolle spielt, gerade in der spezifischen Minderheitensituation in diesem Raum aber von entscheidender Wichtigkeit war, besteht in der Orientierung an ausländischen Vorbildern. Weniger das Vorbild ausländischer Bewegungen auf lokale faschistische Gruppen ist hier gemeint, sondern vielmehr die Tatsache, dass die traditionellen oder natürlichen außenpolitischen Bündnispartner der jeweiligen traditionellen Eliten, speziell das Deutsche Reich [absolute Unkenntnis der geschichtl. Realität], selber eine faschistische Orientierung begünstigten. Die Bedeutung der Gefahr durch die Linke als Erklärung für den Schulterschluss zwischen traditionellen Eliten und Faschisten ist hier wohl geringer zu veranschlagen als etwa in Deutschland. Vielmehr tritt hier die doppelte Herausforderung der Eliten durch faschistische Kräfte im Inneren und der Druck von

(48) Außen hinzu. [...] Das Verhältnis der traditionellen Eliten zum Faschismus stellte sich hier weniger als ein Bündnis dar, sondern vielmehr als eine Absorption der Eliten durch faschistische Bewegungen.“ [Unkenntnis !]

„Wenn auch ausländische Beeinflussung als wesentliches Moment in der Entwicklung faschistischer Bewegungen in Ostmittel- und Südosteuropa identifiziert werden kann, so ist doch nachdrücklich zu betonen, dass signifikante faschistische Gruppierungen immer aufgrund spezifischer lokaler Bedingungen entstanden sind und nicht einfach unter dem Aspekt der Nachahmung betrachtet werden können. Zumindest im Stadium der Entstehung und der Etablierung auf der politischen Bühne war der Faschismus also ein genuines Phänomen dieses Raumes [Absolut falsch !]. Die Machtergreifung jedoch gelang dem Faschismus nirgendwo ohne die direkte Hilfe des Deutschen Reiches, das jedoch nur in äußerster Not, wenn keine anderen Bündnispartner zur Verfügung standen, zu diesem Mittel griff“. [Absolute Unkenntnis].

[49] Wiederum der Irrtum, allein der Ustascha-Staat, das Regiment der ungarischen Pfeilkreuzler und das national-legionäre Regime in Rumänien seien solche Beispiele.

Ursprung meint, der Erfolg des Faschismus in einzelnen Gruppen sei auf die „Vermittlung eines positiven Bildes, das mobilisierend wirkte“, zurückzuführen. „Ästhetische Inszenierungen waren dafür von umso größerer Bedeutung, als die faschistische Propaganda oftmals Hand in Hand ging mit einem erst jetzt einsetzenden Nationsbildungsprozess“ [??? Vielleicht: Prozess der nationalen Bewußtwerdung].

(49-50) Welche Neuigkeit uns Ursprung da mitteilt: „Nationale Identität und Faschismus vermischten sich aufs Engste miteinander, da bei diesen zuvor national nicht erfassten Gruppen keine alternativen Nationskonzepte vorhanden waren, die sich der faschistischen Vereinnahmung hätten entgegenstellen können.“

(50) „Insgesamt richtete sich die Ablehnung oder Annäherung an den Faschismus bei den untersuchten Gruppen in der Regel nach äußeren Umständen und dem pragmatischen Nutzen, schien aber eher selten eine Frage der inneren Überzeugung zu sein.“ [Herunterspielen des ideologischen Fanatismus, also gerade der Überzeugung un ddamit des Überzeugertätertums]

„Die starke Verbreitung des Faschismus bei verschiedenen Minderheitengruppen in Ostmittel- und Südosteuropa ist ein in der bisherigen vergleichenden Faschismusforschung noch wenig beachtetes Forschungsfeld“. [Warum wohl, Herr Ursprung ?]

Das soll der Sinn von Faschismusforschung bei den Minderheiten sein ?: „Gerade am Beispiel von Minderheiten böte sich ein ideales Feld, anhand westeuropäischer Fälle aufgestellte Thesen der Faschismusforschung zu verifizieren.“

[Wieder mal das Vorschieben von Theorie vor die Praxis von Quellenpublikation und -auswertung]: „Für die Erforschung des Faschismus im östlichen Europa stellt sich diesbezüglich die grundsätzliche Frage, ob Minderheiten in diesem Raum
(51) anfälliger für Faschismus waren als andere Gruppen. Erst eingehende komparative Studien können zeigen, ob es sinnvoll ist, von einem spezifischen „Minderheitenfaschismus“ in Ostmittel- und Südosteuropa zu sprechen, ob hier also der Faschismus eine eigene Qualität aufwies. [schon längst geschehen, zumindest im Fall der Rumäniendeutschen, doch weil Ursprung. und Gesinnungsgenossen Forschungsergebnisse, die nicht aus ihrem Dunstkreis stammen, grundsätzlich durch Totschweigen nicht anerkennen, entstehen solche, absolut überflüssige Fragen] Um das Phänomen mit der notwendigen Differenziertheit zu analysieren ist als methodische Voraussetzung eine klare Unterscheidung zwischen genuinem Faschismus, radikaler und konservativer Rechten vonnöten [wirklich ?]. Sollte es tatsächlich eine eigenständige Erscheinungsform von Faschismus bei Minderheiten dieses Raumes geben, müssen Unterschiede bezüglich Ursachen und Erscheinungsformen mit anderen faschistischen Bewegungen festgestellt werden können. [Überflüssiger Ruf nach Differenzierung, wie alle von U. formulierten komparatistischen Ziele insgesamt, solange der eigentliche Gegenstand, das faktische Material, das in Archiv- und anderen Unterlagen vorliegt, unberücksichtigt bleibt !!!] ... muss sich die Untersuchung daher auch der ganzen Bandbreite möglicher Einflussfaktoren zuwenden.“

Anhand der drei „Themenkomplexe“ Paynes zur Faschismusforschung, Ideologie u. Zielsetzungen, Negationen sowie Stil und Organisation, will Ursprung folgende „Fragestellungen“ herleiten:
„Inwiefern begünstigten Umstände wie etwa die Unterstützung durch das nationalsozialistische Deutschland, das vergleichsweise gering ausgeprägte politische Spektrum oder die Existenz politisch oder national indifferenter Gruppen ein Verharren faschistischer Bewegungen in ideologischer Radikalität? Welche Rolle spielten Negationen für die Attraktivität des Faschismus ? Läst sich ein Zusammenhang von relativ geringer politischer Konkurrenz innerhalb von gewissen Minderheitengruppen und der faschistischen Mobilisierung aufgrund von positiven Aussagen belegen ? [wohl die aller blödsinnigste Frage !!!] Wie wirkten sich die Ästhetisierung und Inszenierung von Politik auf verschiedene Gruppen aus ? In welcher Wechselwirkung standen hier äußere Einflüsse und innere Vorgänge ?“

[An den bisherigen Kritikpunkten ändert auch folgende Feststellung Ursprungs nichts]: „Es ist klar, dass die hier skizzierten Themenbereiche nur Teilaspekte einer umfassenden Geschichte des Faschismus in Ostmittel- und Südosteuropa sein können.“ [Arbeitet erst die NS-Geschichte der jeweils eigenen Minderheit ab, dann kommt mit solch hochfliegenden Plänen !!!]
 
 

Kontinuität des Ersten Weltkrieges im Frieden? Kriegerdenkmäler und Heldenkult bei den Siebenbürger Sachsen nach 1918
Bernhard Böttcher

(54) Totalitarismusrezeption (58)
(55) Kriegerdenkmäler als „Ausdruck und Mittel der Sinnsuche und Sinngebung nach dem Krieg“.
Eine gemeinsame Identität von Lebenden und Toten beschworen.
(59f.) „was für unsere Untersuchung des Totalitarismus wichtig ist, wurde solch ein Denkmal Ort oder Kulisse einer anderen, vom ursprünglich gedachten Totengedenkkult unterschiedenen politischen Artikulation, die sich als Hüter oder Deuter der Erinnerung präsentierte ?“
(61) Gefühl der militärischen Niederlage.
(63-64) Rosenau: „Kein Abzeichen der k.u.k. Armee sondern das Symbol des preußisch-deutschen Heeres dient als Verzierung, während es auf der Vorderseite ein religiöses Motiv war.“
(64) Heltau: keinerlei Bezugnahme auf die angeblich „vorliegenden schriftlichen Quellen über das Kriegerdenkmal“.
(66-68) Rede Dr. Hollitzers am Himmelfahrtsstag 1926, die eines später ausgewiesenen Nationalsozialisten, wird als die eines mit patriotischen Gefühlen und Heldenverehrung ausgeglichen umgehenden Mannes dargestellt.

(69) „Das Totengedenken war nicht nationalisiert wie in Nationalstaaten. Statt Nation und Staat wurden, sobald über religiöse Aspekte hinausgegangen wurde, Volk und Heimat thematisiert.“ [wo bleibt das Völkische ?]
 
 

Der Einsatz der deutschen aus Bessarabien beim Aufstand von Tatarbunar 1924
Olga Schroeder-Negru

(75) „Während des Aufstandes in Tatarbunar stellten sich Deutsche in den Dienst des rumänischen Staates, womit sie ihre loyale Haltung bewiesen“ – simplistisch
(75f.) Verfasserin bringt die Einstellung der Deutschen mit der brutalen Unterdrückung der Aufstände deutscher Dörfer am linken Ufer des Dnjestr im Jahr 1919 durch die Russen in Verbindung, übersieht dabei den breiteren Kontext des sowjetischen Staates jener Jahre, der sich um seine territoriale Integrität sorgen und kämpfen musste, weil das Sowjetregime Lenins in den Grenzregionen noch nicht stabilisiert war.

(79-80) Verfasserin versäumt es, Hinweise zu bringen, dass das radikale Vorgehen der rumänischen Behörden gegen Aufständische in Bessarabien im Zeitabschnitt 1918-1925 auf einen politischen Ausnahmezustand zurückzuführen ist, der Kriegsrecht mit all seinen Folgen bedeutete.
 
 

Die Einstellung der ungarischen Minderheit Rumäniens zu Faschismus und Nationalsozialismus 1922-1940
Franz St. Horvath

Vorausschickende Bemerkung: Horvaths Beitrag zählt zusammen mit dem vom Morrissey zu der kleinen Gruppe von Beiträgen, die sich die Mühe nahmen, Archivunterlagen u.a. Belege heranzuziehen, was aber kein eigentliches Gegengewicht gegen zuweilen gravierende Verharmlosungs- und Relativierungsversuche der NS-Phänomenologie und einzelner Nationalismen bieten kann.

(86) „dass die Verwicklung der ungarischen Minderheit selbst in die dominierenden Ideologien der 20er und 30er Jahre des 20. Jahrhunderts bislang keinerlei distanzierter kritischer Forschung unterzogen wurde.“

(88) Ungarische Adelsgeschlechter Siebenbürgens sollen eine „(wert-)konservative Einstellung“ gehabt haben.

(90) Der 1935 gegründete Bund Ungarischer Arbeiter (MADOSZ) war keine ernsthafte Konkurrenz für die 1922 gegründete „Ungarische Landespartei“. „Das zeigt, dass die ungarische Minderheit mit den vorrangig auf Interessen und Wertebewahrung ausgerichteten Politikern dieser Partei im Wesentlichen einverstanden war“.

(95) „Wenn innerhalb der ungarischen Minderheit der Zwischenkriegszeit gewisse Aspekte des organisierten Aufbaues totalitärer Strömungen (sei es des Faschismus, sei es des Nationalsozialismus) und Staaten als nachahmenswert dargestellt wurden, so meinte die Mehrheit der Autoren immer die kulturellen und wirtschaftlichen Leistungen bzw. Maßnahmen und nicht etwa die Aufstellung bzw. Bildung gleichgeschalteter (Jugend-)Gruppen oder von Verbänden  halbmilitärischer Art“ [Diese Behauptung darf grundsätzlich bezweifelt werden, weil das (para)militärische Element zentral war - man betrachte nur die "Wandervogel"-Bewegung und ähnliche "Bewegungen", aus der beispielsweise alle radikalen Nazis der Rumäniendeutschen herkommen. Das Axiom von Ursprung, der ungarische Staat jener Jahre sei nicht faschistisch gewesen, liefert Horvath die "theoretische" Handhabe, den ungarischen Faschismus als nachahmenswert überhaupt nicht zur Diskussion bringen zu müssen, u.zw. dessen ausgeprägter Antisemitismus und Grenzrevisionismus – Siebenbürgen als Objekt der Begierde und die Bereitschaft breiter Kreise der in Rumänien, vor allem in Siebenbürgen lebenden Ungarn, sich wieder an ein vergrößertes Ungarn anzuschließen]

„Krise der Demokratie“ nimmt. H. als solche hin, ohne auf die schablonhaft-stereotype, ideologisch und propagandistisch ausgerichtete Natur dieser Formel hinzuweisen; auch hinterfragt er die Tatsächlichkeit der „Sehnsucht nach einer starken Führungsfigur, nach raschen Entscheidungen“ nicht.

Auch die „populäre Paneuropabewegung“ stellt Horvath nicht in Frage – es war doch das eindeutige nationalistisch ausgerichtete Idealbild eines „Minderheiteneuropa“, wobei, zumindest in deutscher Sicht, und das wird wohl auch das Ziel manch anderer Minderheitenpolitiker gewesen sein, das deutsche Element die Führungs-, also dominierende Rolle spielen sollte. (vgl. Sabine Bamberger-Stemmann: Der Europäische Nationalitätenkongreß 1925 bis 1938. Nationale Minderheiten zwischen Lobbyistentum und Großmachtinteressen. Materialien und Studien zur Ostmitteleuropa-Forschung, Bd. 7, Verlag Herder-Institut, Marburg 2000; die Propagandazeitschrift „Nation und Staat“, herausgegeben vom Verlag Braumüller in Wien). Ein von Horvath. angeführter Artikel aus der Zeitung „Magyar Kisebbség, 1925, Folge 6, „Meddig maradunk még kisebbségiek“ – Wie lange sollen wir noch Minderheiten bleiben ? belegt, zumindest vom Titel her beurteilt, dass es auch den ungarischen Minderheitenpolitikern eigentlich um einen Vorwand ging, um von der nationalen Minderheit in Rumänien auf restaurative Weise den Durchbruch zurück zum staatstragenden Mehrheitsvolk in einem neuen ungarischen Königreich zu schaffen = Grenzrevisionismus und Irredentismus.

(102) Warum scheut sich Horvath, die Begriffe Revisionismus/Irredentismus einzusetzen ? „Der um diese Zeitung [Erdélyi Lapok] versammelte Kreis war innerhalb der ungarischen Minderheit also derjenige, dessen Äußerungen bereits um diese Zeit eine direkte Verbindung zwischen der Begrüßung des neuen deutschen Regimes und die Ablehnung des Status quo erkennen lassen“.[Der Begriff „Status quo“ dient Horvath als Euphemismus für angestrebte Grenzrevision].

Ebenso die herunterspielende Bemerkung in Anmerkung 64: „Bei diesen Ausführungen [der Erdélyi Lapok vom 28.4.1934, S.1-2] muss vergegenwärtigt werden, dass solche Aussagen („seelische und rechtliche Sklaverei, in die die unheilbaren Unvollkommenheiten der neuen europäischen Ordnung die zu Minderheiten degradierten Völker gestoßen haben“) in einem Umfeld erschienen, in dem die ersten politischen Äußerungen der Nationalsozialisten mit Überschriften wie „Der deutsche Reichskanzler erklärt den Friedensverträgen den Krieg“ (14.2.1933, S.3) verkündet wurden“.

(108) Vereinfachende Erklärungsversuche: „[...], so entdeckten seit 1934 führende rumänische Politiker diese Frage [Minderheitenfrage] als Mittel der eigenen Popularitätsvermehrung und als Ablenkungsmanöver von der Strukturkrise des Landes“.
Rumänisierung der siebenbg. Städte = ethnische Homogenisierung.

(109) „zunehmende Ablehnung des Status quo“ – seitens der ung. Minderheit.
(110) Gömbös – Horvath hätte die deutschlandfreundliche Einstellung zumindest erwähnen können.
Das Zitat „Das Nürnberger Gesetz hat einige Punkte, die bei anständiger hiesiger Anwendung uns für den Moment aus unserem Elend erheben könnten. Das Wesentliche ist aber doch die repressive Unterscheidung zwischen Untertan und Bürger“ – Keleti Ujság 18.9.1935, S.1 -, wird falsch interpretiert – der Schreiber bezieht sich hier nicht auf die Entrechtung der Juden im „Dritten Reich“, die vergleichbar mit der Minderheitensituation in Rumänien ist – so Horvát -, sondern Schreiber würde es begrüßen, wenn ähnliche Bestimmungen gegen die ungarischen Juden in Rumänien zur Anwendung kämen.

(111-112) Der „christlich-nationale“ – ein weiterer Euphemismus, der auf den Atisemitismus und damit Faschismus hinweist – Kreis um die Zeitschrift des „neuen Zeitgeistes“ – ein weiterer Euphemismus in besagtem Sinn – Hitel, hätte Verfasser  beruhigt an die Seite der ebenfalls sich „christlich-national“ titulierenden Faschistenbewegung der Rumänen unter Zelea-Codreanu stellen können.

(113) Horvath ewrkennt nicht, dass István Sulyok mit der „Einheit und Zusammengehörigkeit eines Volkes“, die „von politischen Grenzen unabhängig“ sei, sich auf der Linie der„Volks- und Kulturboden“-Doktrin des 3. Reiches und der NS-Maxime "Ein Volk - ein Reich" bewegt, welchen der Journalist auch für das ungarische Volk Geltung verschaffen will. Dass damit bestehende Staatsgrenzen nicht nur angezweifelt, sondern damit auch der Wunsch mitschwingt, diese zugunsten eines "Großungarn" zu revidieren, ist Horvath keiner Erläuterung wert.

Auch fällt H. nicht auf, dass die Forderung Sulyoks vom 28.10.1936, „alle müßten einander durch gegenseitige Bestellungen und Einkäufe unterstützen, damit auch die ungarischen Händler und Gewerbetreibenden ihren jeweiligen Zahlungsverpflichtungen nachkommen können“ genau dem antijüdischen NS-Boykottprinzip „Deutsche kaufen nur bei Deutschen“ entspricht. Deshalb ist Horvaths Feststellung inakzeptabel, dieses sei eine „ideologisch an sich [...] unangreifbare Forderung“ Sulyoks.

(115) Was heißt in Verbindung mit der in Kronstadt erscheinenden „Brassoi Lapok“ die Behauptung:
„[...] und die Nürnberger Rassengesetze voller Unverständnis zurückzuweisen.“ (18.9.1935). Soll daraus entnommen werden, dass Horvath die Nürnberger Rassengesetze billigt ?

(121) Fraglich:
„[...] die (zwischen den Zeilen mitunter positive) Berichterstattung darüber [über die vom 3. Reich ausgelösten Ereignisse des Jahres 1938] jedoch nicht mit einer bejahenden Sympathie dem Nationalsozialismus gegenüber verwechselt werden darf, sondern diese Einstellung vielmehr taktischer Natur war“. Nun führt Horvath die „durchgeführten Grenzveränderungen“ an und knüpft diese damit zusammen, dass „der Minderheit also vor Augen“ geführt wurde, „dass eine politische Möglichkeit der Änderung ihres Status quo tatsächlich und nicht theoretisch gegeben war“. = Grenzrevisionismus.

Horvath schlussfolgert: „dass von einem (größere Teile der Minderheit betreffenden) Revisionswunsch erst nach 1938 gesprochen werden kann“. Hier darf von der maximalistischen Sicht Horvaths in Verbindung mit dem Revisionswunsch gesprochen werden, weil dieser Wunsch bereits lange vor den Ereignissen des Jahres 1938 ("Anschluss" Österreichs, Auflösung der Tschechoslowakei) bei der ungarischen Minderheit in Rumänien bestand.

(121-122) Horvath führt das Verbot aller Parteien, also auch der „Ungarischen Landespartei“ durch die Königsdiktatur (1938-1940) auf eine angebliche „politische Kulturlosigkeit“ zurück. Wieso setzt Horvath für den „Anschluss“ Österreichs, den die  ungarischen Zeitungen als „normal“ und als „historische Wende“ bezeichneten, sowie für eben diese Meinung die Vokabel der  „Kulturlosigkeit“ nicht !!!!

(123) Dieselbe schwankend-verunsichernde Interpretation liegt auch dem Unterkapitel 4.2 „Die sudetendeutsche Frage“ zugrunde. So heißt es verharmlosend: „[...] denn eine Empathie mit der Lage der Sudetendeutschen muss nicht zwangsläufig nationalsozialistische Sympathien vermuten lassen“.

(127) Aus der Fabelwelt gegriffene Voraussetzungen bzw. Konsequenzen legt Horvath der Wiederspiegelung des 1. Wiener Schiedsspruchs – Anschluss der Südslowakei an Ungarn – in den ungarischen Zeitungen zugrunde:
„Diesen internationalen Kontext und die damit verbundenen Wünsche gilt es als Erklärung zu berücksichtigen, wenn die Zeitung „Ellenzék“ in Artikeln die großen rhetorischen Fähigkeiten Hitlers lobte oder das „Dritte Reich“ als Höhepunkt und Erfüllung der bisherigen Entwicklung der deutschen Geschichte darstellte [...]“. Sieht Horvath nicht, dass die sogenannten „Erfolge“ des Hitlerreiches hier eigentlich nur als Vorwand und Bestätigung nationalistisch-grenzrevisionistischer Bestrebungen der ungarischen Minderheit funktionieren ?

(128) „stille Hoffnung“ steht als Euphemismus für den Wunsch der Minderheit auf Grenzrevision.
Auch zitiert Horvath einen Text aus „Hitel“ (1940, 1), in dem von der „Neuen Ordnung“ gefaselt wird, gibt sich aber damit zufrieden, den „Gemeinschaftsgedanken“ dem „Individualismus der Neuzeit“ entgegenzusetzen und einer „neuen Staatlichkeit“ gleichzusetzen, ohne das Vernichtungspotential solch einer Option zu würdigen.

(129-130) Fraglich ist, warum H. nicht auch das Echo thematisiert, das der 2. Wiener „Schiedsspruch“ in den ungarischen Zeitungen hatte. Stattdessen erwähnt er kurz die vom Vorsitzenden der Ungarischen Landespartei dem ungarischen Diktator Horthy und vom Vorsitzenden der Klausenburger Abteilung der Partei dem Befehlshaber der einmarschierenden ungarischen Truppen geäußerte „Dankbarkeit“, was er wiederum herunterspielt mit der Bemerkung: „Es ist hierbei zu betonen, dass diese Empfindungen der Dankbarkeit, wie schon in den vorangegangenen Jahren, jene des Interesses der Politik des „Dritten Reiches“ und (bis auf wenige Ausnahmen) nicht der dahinterstehenden Ideologie galten“. Und wenn dem tatsächlich so gewesen sein soll, warum benennt Horvath nicht die eigentliche Triebkraft dessen, was er euphemistisch „Empfindungen der Dankbarkeit“ nennt, nämlich den extremen Nationalismus bis hin zu Chauvinismus und Rassismus.

(131) Auch in der „Zusammenfassung“ verharmlosende Akzente. „Diese Vielfalt der Meinungen hinsichtlich des Nationalsozialismus [...] und sie müssen als (einander oft widersprechende) politische Strategien einer Minderheit gedeutet werden, die auf der Suche nach der richtigen Lösung für ihre eigenen wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Probleme war.“

Besonders störend ist der Begriff des „postulierten Nationalstaats Rumänien“, woraus das eindeutig gestörte, einseitige Verhältnis des Verfassers zum Nations- und Nationalismusbegriff durchscheint. Weil Verfasser dem vorurteilsbeladenen Verständnis des rumänischen Nationalstaates anhängt, hingegen in Verbindung mit dem auch wegen seines virulenten Nationalismus, Chauvinismus und Antisemitismus als faschistisch anzusprechenden ungarischen Nationalstaat keinerlei Bedenken äußert, wonach ausschließlich der rumänische Staat a priori danach strebte, die nationalen Minderheiten einzuebnen und den Zustand einer homogenen Einzelnation zu erreichen. Diesem verzerrenden Vorurteil waren nicht nur die jeweiligen Minderheiten ergeben. In dieser Sichtweise werden alle den Minderheiten geltenden Maßnahmen der rumänischen Nationalregierung ausnahmslos als minderheitenfeindlich und als auf die letztliche Auflösung der Minderheiten ausgerichtet missdeutet. Dass auch ein Nationalstaat wie der rumänische Hoheitsrechte haben könnte, deren er auch Gebrauch macht um die Staatlichkeit des Mehrheitsvolkes entgegen irredentistischen und grenzrevisionistischen Bestrebungen zu erhalten, sobald eine Minderheit wie ein Staat im Staat auftritt, so etwas ist der Sichtweise Horvaths unbekannt. Sein einseitiges National- und  Nationalstaatsverständnis kann dahingehend zusammengefasst werden, dass es der Minderheit uneingeschränkten Nationalismus einräumt, hingegen dem Nationalstaat, der auf dem Prinzip nationaler Mehrheitsverhältnisse aufgebaut ist, nicht nur das Recht zum Nationalismus, sondern auch die damit verbundenen bzw. daraus entspringenden Hoheitsrechte = die Souveränität nicht nur infrage stellt, sondern auch abspricht.


            Am 17. September richtete Franz Horvath eine Email an den Rezensenten und Kommentator, mit der er unter Berufung auf das Recht auf Entgegnung und auf die Notwendigkeit von Diskussion, um wissenschaftliche Standards bewahren zu können, folgende Stellungnahme mit der Bitte um Veröffentlichung einsandte:

Sehr geehrter Herr Popa,

Wenn ich im Folgenden auf Einiges eingehen möchte, was Sie über meinen Aufsatz in dem von M. Hausleitner und H. Roth herausgegebenen Band geschrieben haben, so tue ich das keineswegs, um mich mit Ihnen zu streiten. Ich möchte Sie jenseits aller ideologischen Aspekte nur auf einige objektive Tatsachen hinweisen, die Sie im Aufsatz nicht wahrgenommen haben. Dabei zähle ich im Sinne einer ernsthaften Auseinandersetzung auf ihre Fairness, dass Sie meine Entgegnung ohne Veränderungen auf Ihrem HP im Umfeld ihrer Kritik an meinem Beitrag publizieren. Erst das bewiese, dass Ihnen an wissenschaftlichem Austausch gelegen ist.

1. Sie kritisieren meine Aussage, wonach es innerhalb der ungarischer Minderheit keine Bestrebungen gab, paramilitärische Verbände aufzustellen. Es gab sie selbst dann nicht, so meine Aussage, wenn mancher der Autoren den einen oder anderen Aspekt des Faschismus als nachahmenswert darstellte. Sie bezweifeln meine Aussage unter Hinweis auf die deutsche Wandervogel-Bewegung und bringen auf eine konfuse Art den Faschismus in Ungarn ins Spiel und sprechen schließlich von der Bereitschaft breiter Kreise der Rumänienungarn, „sich wieder an ein vergrößertes Ungarn anzuschließen“.
      Doch: was haben die Wandervogel-Bewegung und der Rest Ihres Einwandes damit zu tun, dass ich in all den Periodika und Archivmaterialien keinen Hinweis darauf fand, dass die Ungarn Rumäniens faschistisch-paramilitärische Verbände bilden wollten? Nichts, denn meine Ergebnisse sind Folgerungen aufgrund von Quellenstudien, wohingegen Sie unterschiedliche Einstellungen, Tatbestände und Sachverhalte recht willkürlich miteinander verknüpfen.

2. Sie bemängeln, dass ich manch ungarischen Autor, der der damaligen Paneuropa-Bewegung gegenüber positiv eingestellt war, nicht kritisiere, wo doch Bamberger-Stemman bereits im Jahre 2000 herausgearbeitet hatte, dass diese Bewegung ein von den Deutschen dominiertes, nationalistisch ausgerichtetes Europa der Minderheiten erreichen wollte. Nun, Fakt ist: 1. den damaligen ungarischen Akteuren waren die Arbeitsergebnisse von Bamberger-Stemmann noch nicht bekannt. (Sie hätten sie aber sicher begrüßt und ideologiekritisch aufgenommen). 2. Sie unterstellen (aber Sie können nicht anders, denn die Quellen kennen Sie nicht) dass dieses Europa unter deutscher Führung auch „das Ziel manch anderer Minderheitenpolitiker gewesen sein“ könnte. Es ist aber eine Tatsache, dass die allermeisten ungarischen Minderheitenpolitiker in den 1930er Jahren Angst vor einem deutsch dominierten Europa hatten. Aber sie dachten in den 1920er Jahren in diesem Zusammenhang gar nicht daran, denn es ging ja um ein Paneuropa, das (nach rumänienungarischem Verständnis) dem friedlichen Nebeneinander der Länder und Völker dienen sollte. 3. Sie verweisen schließlich auf den Titel eines von mir zitierten Aufsatzes: „Wie lange bleiben wir noch Minderheiten?“ Hier ist zunächst ein Exkurs zu Ihren Ungarischkenntnissen notwendig. (Denn bereits in Ihrer Ausgabe des Nachlasses von H. O. Roth schreiben Sie von der Ungarischen Reichspartei, obwohl das Gebilde Országos Magyar Párt hieß, also: Landespartei. Ihre Übersetzung suggeriert dagegen ein Denken in einem großungarischen Reich). Auch hier, bei diesem Titel verändern Sie das ungarische Original: Denn dort heißt es nicht: „Wie lange sollen wir noch Minderheiten bleiben“, sondern analytisch ganz nüchtern: „Wie lange bleiben wir Minderheiten“. (Ihre Übersetzung hätte im Ungarischen lauten sollen: „Meddig maradjunk még kisebbségiek“ oder auch: „Meddig kell még kisebbségieknek maradnunk?“) Doch von diesem Fehler abgesehen: im Artikel untersucht der Autor nüchtern den Stand der Paneuropabewegung und erblickt in den irgendwann zu schaffenden „Vereinigten Europäischen Staaten“ jenes Staatengebilde, das die Grenzen überflüssig machen werde und in dem die Völker aufgehen, weshalb die Unterscheidung zwischen Mehrheit und Minderheit obsolet werde. Solange werden die Ungarn in Rumänien also eine Minderheit bleiben – ist, schlicht und einfach die Überzeugung des Autors. Das heißt, Ihre Suggestion geht fehl, denn es ging dem Autor gar nicht um Revisionismus, sondern einfach darum, das Bild eines vereinten Europa zu entwerfen. (Haben Sie vielleicht etwas gegen die Europäische Vereinigung?)

4. Sie schreiben: [Der Begriff ?Status quo? dient Horvath als Euphemismus für angestrebte Grenzrevision]. Als Germanist und Anglist müssten Sie eigentlich wissen, dass „Status quo“ lediglich soviel bedeutet wie „gegenwärtiger Zustand“ (vgl. „Duden“). In dieser Bedeutung benutze auch ich den Ausdruck, allenfalls schreibe ich „Ablehnung des Status quo“. Das ist tatsächlich „Grenzrevision“, ein Begriff, den ich wegen seiner missbräuchlichen Verwendung durch eine Reihe von Pseudohistorikern zumeist vermieden habe. Er ist aber z.B. in der „Zusammenfassung“ des Aufsatzes zu finden. Doch ist es neu, dass Sie vorschreiben wollen, welche Begriffe man zu benutzen habe.
5. Sie behaupten, ich hätte auf S. 110 den Artikel der Keleti Újság über die Nürnberger Gesetze falsch interpretiert, denn der Autor „würde es begrüßen, wenn ähnliche Bestimmungen gegen die ungarischen Juden in Rumänien zur Anwendung kämen“. Doch leider sind Sie derjenige, der den Artikel völlig missdeutet, denn die Zeitung „Keleti Újság“ trat tatsächlich bis Februar 1938 stets gegen Antisemitismus auf und lehnte ihn immer ab (egal, ob er von Ungarn, Deutschen oder Rumänen kam!). Die zitierte Stelle („Das Nürnberger Gesetz hat einige Punkte, die bei anständiger hiesiger Anwendung uns für den Moment aus unserem Elend erheben könnten...“) verweist lediglich darauf, dass laut Autor die Lage der Ungarn in Rumänien derart schlecht ist, dass selbst eine solche Entrechtung, wie sie die Juden Deutschlands 1935 erfuhren, für die Ungarn in Rumänien noch ein Aufstieg, ein Rechtzugewinn wäre: „bei anständiger hiesiger Anwendung uns für den Moment aus unserem Elend erheben könnten“. Sie haben demnach den Text falsch interpretiert, weil mit „uns“ sind eben die Ungarn Rumäniens gemeint. Wenn Sie wünschen, schicke ich Ihnen gerne die deutsche Übersetzung des ganzen Artikels zu, die ich vor einigen Jahren gemacht habe. Dann können Sie feststellen, dass der Autor jene Gesetze tatsächlich verabscheute.
6. Der Ausdruck „christlich-national“ ist kein Euphemismus meinerseits, sondern die damalige, halboffizielle Charakterisierung des in Ungarn herrschenden politisch-ideologischen Kurses. Das ist ein in jedem Buch über Ungarn zu findender Gemeinplatz.
 7. Sie behaupten, ich hätte auf S. 113 nicht erkannt, dass sich die Forderungen Sulyoks in die „Volks-und Kulturboden-Doktrin“ einfügt, womit Grenzen angezweifelt werden, ja mehr noch: revidiert werden sollen (zugunsten Ungarns in diesem Falle). Warum unterschlagen Sie, dass ich im selben Absatz Sulyoks Bekanntschaft mit der „Volkstumsidee“ erwähne, und festhalte: „Auf politischer Ebene bedeutete das, dass der stete Bezugspunkt aller ungarischen Minderheiten Budapest sein sollte...“ ? Dass Sulyok und seine Kollegen bei der Zeitung „Erdélyi Lapok“ am vehementesten für eine Grenzveränderung eintraten, habe ich bei unzähligen Gelegenheiten vorher schon dem Leser mitgeteilt (z. B. S. 102-104). Diese Tatsache lassen Sie außer Acht, vielleicht weil es nicht in ihr vorgefertigtes Konzept passte.

8. Schließlich verschweige ich angeblich, dass eine wirtschaftspolitische Forderung Sulyoks (die Ungarn sollten nur von Ungarn kaufen) „genau dem antijüdischen NS-Boykottprinzip“ entspricht, ja, ich verteidige sie sogar (Ihrer Darstellung nach) als eine „ideologisch an sich [...] unangreifbare Forderung“. Hierbei unterschlagen Sie mehreres: 1. in Bezug auf jene Forderung Sulyoks erwähnen Sie nicht, dass ich exakte 10 (zehn) Zeilen vorher die Vorstellungen Sulyoks über die Volksgemeinschaft, die durch „wirtschaftlichen Patriotismus“ entstehen sollte, so charakterisiert habe: „nach nationalsozialistischem Vorbild“. Also ist Ihre erste Behauptung, wonach ich das „NS-Boykottprinzip“ als Vergleich nicht heranziehe, entkräftet. 2. Nach der ominösen Forderung Sulyoks zähle ich in meinem Text noch viele weitere Forderungen von ihm auf, z.B. dass man zugunsten der Kirche und der Schulen finanzielle Opfern zu erbringen und dem Gemeinnutz größeres Gewicht einzuräumen hätte und bei der Warenvermittlung die „Genossenschaftsidee“ umsetzen sollte. Das verschweigen Sie. Dabei kommt erst hiernach meine Bewertung all dieser Forderungen, welche Bewertung Sie folgendermaßen zitieren: „ideologisch an sich [...] unangreifbare Forderung“. D.h. eigentlich behaupte ich (vor dem Hintergrund, dass der rumänische Staat den ungarischen Kirchen und Schulen damals kaum Unterstützung zukommen ließ), dass die Unterstützung von Kirchen und Schulen, dass die Organisierung der Warenvermittlung eine nicht angreifbare Forderung sei. Warum ist das „inakzeptabel“ für Sie? Wie gesagt, ich habe nicht behauptet, dass die Ausgrenzung der Juden nicht angreifbar sei, sondern nur die Unterstützung der Kirchen usw. Aber Sie nehmen das deshalb nicht zur Kenntnis, weil Sie meinen Text abändern, denn: 3. Tatsache ist: Als Sie mich wie folgt zitiert haben: „ideologisch an sich [...] unangreifbare Forderung“ (Hervorhebung von mir) haben Sie etwas unterschlagen und das signalisieren Sie auch durch die eckigen Klammern. Im Original steht nämlich: „ideologisch an sich zumeist unangreifbaren Forderungen“ (Hervorhebungen jetzt von mir). Das heißt eindeutig, dass ich mich von einigen Forderungen Sulyoks distanziere, und nur einige positive bewerte. Aber Sie reißen leider Zitate aus dem Zusammenhang, um das erwünschte Ergebnis zu bekommen.

9. Sie schreiben: Was heißt in Verbindung mit der in Kronstadt erscheinenden ?Brassoi Lapok? die Behauptung:
?[...] und die Nürnberger Rassengesetze voller Unverständnis zurückzuweisen.? (18.9.1935). Soll daraus entnommen werden, dass Horvath die Nürnberger Rassengesetze billigt ? Statt solcher Suggestionen hätten Sie auch hier lieber den Satz ganz zitieren sollen: „Nachdem sie die Aufmerksamkeit ihrer Leser auf den rumänischen Faschismus lenkten, war es für die Mitarbeiter der Zeitung nach den kämpferischen Artikeln des Jahres 1933 etwas Selbstverständliches, auch weiterhin die Minderheitenfeindlichkeit des Nationalsozialismus anzuprangern und die Nürnberger Rassengesetze voller Unverständnis zurückzuweisen.“ Jeder objektive Leser erkennt sofort, dass es sich hierbei lediglich um eine Charakterisierung und Aufzählung der Einstellung von „Brassói Lapok“ handelt: zuerst gegenüber dem rumänischen Faschismus, dann gegenüber der Minderheitenfeindlichkeit des Nationalsozialismus und schließlich gegenüber den Nürnberger Gesetzen. Es geht also im Satz nicht darum, dass ich meinerseits „volles Unverständnis“ für die Haltung der Zeitung hätte. Erst und nur durch das von Ihnen entstellte Zitat kann dieser Eindruck entstehen.

10. Sie behaupten, ich hätte auf S. 121 irgendetwas von „politischer Kulturlosigkeit“ geschrieben und das Verbot der Ungarischen Landespartei durch die Königsdiktatur darauf zurückgeführt. Fakt ist, dass auf besagter Seite steht: „Die Zensurmaßnahmen und die innenpolitische Stimmung während der Diktatur führten dazu, dass die ungarische Presselandschaft insgesamt farbloser und ihre politischen Konturen unschärfer wurden [...] Die politische Konturlosigkeit brachte dabei die Zeitung bei der Bewertung der langfristigen Konsequenzen des Anschlusses ausnahmsweise auf eine gemeinsame Wellenlänge mit der „Brassói Lapok...“ (Hervorhebung von mir, F. H.). Hier zeigt sich also wieder, dass Sie einen Tunnelblick haben, der Ihnen die Sicht nimmt und nur die eigenen Stereotypen bestätigen lässt. Im ganzen Aufsatz kommt nämlich das Wort „Kulturlosigkeit“ nicht vor.

Soweit meine Bemerkungen, die sich absichtlich nur auf Tatsachen beziehen und nicht auf Bewertungen und Interpretationen. Denn ich möchte nicht darüber mit Ihnen streiten, ob Rumänien ein „postulierter“ Nationalstaat war oder nicht, ob Antisemitismus mit Faschismus gleichzusetzen ist oder nicht (sind dann linke Antisemiten Faschisten?) oder ob Ungarn (dessen Minderheitenpolitik zu bewerten nicht die Aufgabe meines Aufsatzes war) ein faschistischer Staat war in der Zwischenkriegszeit oder nicht. Stattdessen wollte ich Sie nur auf Ihre Fehler aufmerksam machen. Berichtigt zu werden, ist wiederum keine Schande, sondern die Chance, die wir bekommen, um uns zu verbessern, denn: nobody ist perfect.

Dr. Franz Sz. Horváth
P.s.: es gehört aber bereits zu den unfairen Stilmitteln, den Namen eines Kontrahenten reihenweise falsch zu schreiben – mal als „Franz St. Horváth“, mal als „Horvát“, mal als „Horvath“. Auch aus Popa ließe sich einiges machen – wenn man nur wollte.



 
 

Konfessionsspezifische Wahrnehmung des Nationalsozialismus in kirchlichen Publikationen der deutschen Minderheit in Rumänien in den 1930er Jahren
Cornelia Schlarb

(141-143) Johann Reitmayer als einzige „prophetisch“-Kritische Stimme der katholischen Kirche in der Bukowina in der „Katholischen Volkswacht“ 1932.

(145) Kennzeichnend: „Von der breiten Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus, wie sie in der Katholischen Volkswacht geführt wurde, fanden sich im Bukarester Gemeindeblatt keine Spuren.“ [Warum: weil dieses bereits im Fahrwasser des NS stand]
 
 

Sportpolitische Impulse aus dem „Dritten Reich“ und der Strandbadbau in Siebenbürgen 1936-1940
Thomas Sindilariu

(165) Problematische Formulierung: „Instrumente des Sports im Sinne von Sozialisation der Massen im NS-Staat“ – übernommen von Hubert Dwertmann, Legendenbildung und Perspektivwechsel. Die Thematik Nationalsozialismus im Blickwinkel von historischer Forschung und Sportgeschichtsschreibung (2002).

(166) „das Volk mit Hilfe des Sportes im NS-Staat zu sozialisieren“ – ein Euphemismus für Nazifizierung !

(167) Sindilariu übernimmt mechanisch NS-Vokabular: „volkspolitische" Bedeutung = propagandistische Bedeutung.

(175) Widersprüchliche Formulierung: „In der vom Mediascher Presbyterium bewirkten Übertragung der bauleitenden Verantwortung auf die ihm unterstellte Schuldirektion ist ein Schritt der Entpolitisierung durch Vereinnahmung zu sehen.“

(179) Verfasser betont den entpolitisierten Charakter der Bartholomäer Strandbadgründung, die er auf „schwere innere Auseinandersetzungen“ der Bartholomäer Gemeinde: Prozess gegen Wilhlem Staedel, Moritz Tartler (1936-37) zurückführen möchte.

(179-180) Verfasser argumentiert um die „ideologische Zurückhaltung“ zu begründen: sie stand nicht im Interesse der Durchsetzung. Andererseits mutmaßt er auf Seite 181, der mangelnde Zuspruch des Publikums für das Kronstädter Freibad könnte auf „die nationale Aufladung der Strandbadanlage“ zurückzuführen sein.

Sollte Verfasser die in seiner Schlussfolgerung festgehaltene Feststellung als typisch für die siebenbürgisch-sächsische Gesellschaft der Enddreißiger Jahre des vorigen Jahrhunderts verstanden haben wollen, so ist dem entschieden zu widersprechen. Denn von „ideologischer Zurückhaltung“, einer eindeutig verharmlosenden Formel, kann bei den Siebenbürgendeutschen bereits seit der Mitte der 20er Jahre des vorigen Jahrhunderts keine Rede sein, weil ideologische Artikulation des extremen Deutschnationalismus bereits damals an der Tagessordnung stand.
 
 

„Erweckung“ und Distanz: Aspekte der Nazifizierung der „Volksdeutschen“ in Slawonien 1935-1940
Carl Bethke

(183) Warum Nazifizierung in Anführungszeichen ? Brubaker folgend sei die nationalsozialistische „Volksgruppe„ „nur eines von mehreren Identitätskonzepten „am Markt“ „ gewesen.

(188) Die „Erneuerer“ seit 1933 unter dem Arzt Jakob Awender aus Pancevo/Banat.
(189) Altgeyer war während des 1. Weltkriegs Anhänger Schönerers geworden. Doch wer der war, wird weiter nicht ausgeführt, z.B. dass Hitler von diesem beeinflußt wurde.

(192) Zu expositiv und verharmlosendes Vokabular: Die Mitarbeiter der eigentlich radikal-nazistischen „Kultur- und Wohlfahrstvereinigung“ (KWVD) lässt Bethke „wie Missionare“ auftreten.

(193) Über die Indoktrinationsarbeit des KWVD heißt es beschönigend: „Die kulturellen Angebote des KWVD waren im vernachlässigten ländlichen Raum attraktiv, gerade für Jugendliche (Fahrten, „Lager“, Sport, Büchereien etc.)“. Dieselbe Tendenz Bethkes zur Idyllisierung des radikalnazistischen Betriebs: „Die Anhänger der KWVD trugen eine ruralisierende, aber klassentranszendierende Einheitstrracht, [...].“ „Klassentranszendierend“ erinnert an den propagandistischen Anspruch der Nazis, durch ihre Politik eine klassenfreie Gesellschaft geschaffen zu haben. Und an zitierter Stelle sollte es eher heißen: die Tracht als vereinheitlichend-uniformierendes Mittel.

Die „Erweckungsarbeit“ der reichsdeutschen Studenten sei „eine ideologische Phantasie“ gewesen, die sich aber recht effizient erwies, um die Jugend der Minderheit für die expansiven Zwecke des Hitlerreiches zu instrumentalisieren. Verfasser sieht von der wohlkalkulierten, zielgerichteten Ausrichtung dieser Aktivitäten einfach ab.

(195-196) Bethke verkennt gründlich, dass der Auswanderungswunsch slawonischer Deutscher nach Deutschland, der angeblich durch „Beschäftigungseffekte“ im „Reich“ hervorgerufen worden sei, was zu zwei zwischenstaatlichen Abkommen im Januar und März 1938 „über die Entsendung von je 5000 Arbeitern“ führte, so wie die für Rumänien typischen „1000-Mann Aktionen“ verkappte Rekrutierung von Kräften war, die zu NS- bzw. SS-Führern herangebildet und dann zum Teil wieder in ihr Herkunftsgebiet zur weiteren Umfunktionierung der Minderheit zur 5. Kolonne des Hitlerreiches zurückkehrten. Dass dieses geheime Vorhaben des „Dritten Reichs“ dann nur zum Teil eingelöst worden sein soll, ist eine andere Sache.

(196-198) Verfasser weist nach, dass es unter den Donauschwaben Antisemitismus gab, trotz der gegenteiligen Behauptung, z.B. Josef Beers, eines engen Mitarbeiters Altgeyers, in seinen „Erinnerungen“.

(203-204) Recht befremdlich klingt Bethkes Bemerkung: „Die Frage, warum die Linken diese [stellenweise dominante Position] nicht verteidigen konnten – in Westslawonien hielt sich ein gewisses Potenzial bis in den Krieg – müsste gesondert behandelt werden“. – die Erklärung ist eigentlich recht einfach: es geschah eben wegen der Stärke der Nazis und des kroatischen Nationalfaschismus !

(206) „In den Jahren 1935-1939 wurde die Grundlage gelegt für eine nationalsozialistische Massenmobilisierung, die erst 1939-1941 die Mehrheit der deutschen Minderheit erfaßte“ – wie durchgreifend intensiv die Radikalisierung hier gewesen sein muss, im Vergleich zu den Rumäniendeutschen, wo NS-Ansätze bereits in den späten 20er Jahren zu erkennen sind.

Die „Erneuerer“ fanden am 1. November 1938 zum Kulturbund, der Kulturbund fand am 20. November 1938 zum KWVD Altgayers. „Auf Veranlassung aus Berlin wurde die bisherige Kulturbundleitung wenige Monate später abgelöst, allerdings nicht durch Awender, sondern durch den „gemäßigten Erneuerer“ Sepp Janko (6. August 1939). [Was an Janko und seinem Kernteam "gemäßigt" gewesen sein soll, bleibt Bethkes wohlgehütetes Geheimnis, weil Janko und Konsorten die Handlanger der obersten SS-Führung in Berlin waren und die Indienstnahme der Minderheit für den schwarzen Orden ohne Abstriche durchzogen]

(207) Janko ernannte Altgeyer zu seinem Stellvertreter für Kroatien.

(211) Eindeutig ausweichlerisch die paradox-widersprüchliche Feststellung Bethkes: „Die oft stark emotionalisierte Frage, in welchem Umfang die „Donauschwaben“ in Jugoslawien tatsächlich die Rolle einer „Fünften Kolonne“ in militärisch relevanter Form gespielt haben, kann in diesem vor allem an politischer Mobilisierung interessierten Beitrag nicht näher bearbeitet werden“ – eine kuriose, deshalb auch ausschließlich subjektive Einengung des „5. Kolonne“-Begriffs auf das Militärische, wo dieser doch auch und vor allem die politische Mobilisierung als Bedingung voraussetzt !
 
 

Die Donauschwaben in der Vojvodina und der Nationalsozialismus
Zoran Janjetovic

(219) Ist um „Differenzierung“ bemüht, „weil die kommunistische Geschichtsschreibung in Jugoslawien nach dem Zweiten Weltkrieg die ganze deutsche Minderheit als „Faschisten“ abgestempelt hat“.

(222) Entscheidend der Hinweis von Wüscht, dass die jungen Intellektuellen der Minderheit den NS an deutschen und österreichischen Universitäten kennenlernten.
Der „Schwäbisch-Deutsche Kulturbund“.
(223) Sachgerechte Feststellung: „Wie in anderen deutschen Volksgruppen in Europa siegten die jungen „Erneuerer“ nicht weil sie mehrheitlich die deutsche Bevölkerung hinter sich hatten, sondern wegen der Hilfe der Dienststellen aus dem „Reich“, vor allem der Volksdeutschen Mittelstelle (VoMi)."
Aggressive Propaganda des Reiches. Bis zum Angriff auf Jugoslawien war die Minderheit in überwiegender Mehrheit im Kulturbund organisiert, stellt Verfasser fest.

(224) Der Einfluss der NS-Ideologie auf die Donauschwaben kann laut Verfasser anhand verschiedener Faktoren ermittelt werden: - „jener, welche die Aufnahme des NS-Gedankenguts förderten und jener, die sie verhinderten bzw. erschwerten“.
Erstes Kriterium: Antisemitismus – stark verbreitet unter den Donauschwaben.
-  Unzufriedenheit in der donauschwäbischen Bevölkerung;
- Assimilationsbestrebungen des Staates
-  Stellen in der Verwaltung
-  Mängel im Schulwesen
-  Empfindung, die Minderheit befinde sich im Niedergang
-  Schlechte Lage der Bauern, national benachteiligt
Zweites Kriterium: Magyarisierung/Kroatisierung
Katholischer Glaube (zu 80%)

(225) Die Aufnahmebereitschaft der Evangelischen für den NS.

(226f.) Über die tatsächliche Verbreitung und Verankerung des NS bei den Donauschwaben könne nichts Feststehendes behauptet werden. Verfasser gelangt zum Ergebnis: „[...] dass die ideologische Nazifizierung im Unterschied zur organisatorischen Gleichschaltung nie vollständig war“. – eine Binsenwahrheit. Allerdings bleibt es rätselhaft, warum der Verfasser den Verbreitungsgrad des NS ausschließlich quantitativ erfassen will, wo doch allein die ideologische „Unqualität“ des NS ausreichen müsste, um die Verseuchung mit dem NS-Virus zu verdeutlichen.

(227) Verfasser verwirft das von den kommunistischen Historikern kultivierte Bild der Instrumentalisierung der deutschen Minderheit im Interesse der aggressiven Außenpolitik des Reiches, weil dies „nicht völlig den Tatsachen“ entspricht. Er verengt die Begrifflichkeit abermals, indem er alles auf den (para)militärischen Aspekt reduziert: „Dies entspricht nicht völlig den Tatsachen. Gewisse paramilitärische Gruppen wurden zwar mit der Hilfe dieser Dienststellen organisiert, ihre Organisation blieb aber bis April 1941 eher locker, rudimentär und fast ohne Bewaffnung.“

(227-228) Es spreche ebenso dagegen, dass Hitler Jugoslawien (und ganz Südosteuropa) als Rohstoff- und Nahrungsquelle an das „Reich“ binden wollte und dass der deutsche Angriffsplan 1941 keinen Bezug auf die Mitarbeit der deutschen „5. Kolonne“ enthalte. Entweder hat Verfasser keine Kenntnis davon, dass gerade die „Stärke der Donauschwaben“, ihre „vorbildlichen Wirtschaftsvereine“ (S.221), wenn politisch-ideologisch arrondiert (=gleichgeschaltet), als Rohstoff- und Nahrungslieferanten beispielgebende Dienste leisten sollten und auch leisteten, oder verschweigt er diese Tatsache bewusst ?

(228) Verfasser möchte, und dabei beruft er sich auf Werke, die entweder dem neuesten Forschungsstand nicht entsprechen oder aus den interessierten Kreisen ehemaliger „Volksgruppen“-Spitzen stammen (Jacobsen, Nationalsozialistische Außenpolitik 1933-1938, 1968; Johann Wüscht, Jugoslawien und das Deutsche Reich. Eine dokumentarische Geschichte der deutsch-jugoslawischen Beziehungen von 1933-1945, Stuttgart 1969), die Polykratie des NS-Staates als Ursache dafür betrachten, dass die Minderheit politisch zersplittert war. Es stimmt zwar, dass das Auswärtige Amt beschwichtigend eingriff, aber auch nur bis zum Ausbruch des 2. Weltkriegs. Und die Rolle der VoMi war nicht so minimal-unbedeutend, wie das aus den Ausführungen des Verfassers hindurchscheint, weil diese Sparte der SS ab 1938 in der „Volksgruppen“-Politik des Deutschen Reiches die Oberhand gewonnen hatte.

(228-229) Wenn mit der „neuen Bundesleitung des Kulturbundes“ „das Auftreten der Volksdeutschen viel einheitlicher“ wurde, wobei „Hitzköpfe“ angeblich nur noch ab und zu in Erscheinung traten, bedeutet das keinesfalls eine Verbesserung in Richtung Abflauen des Radikalismus, im Gegenteil, - und das verkennt der Verfasser -, es handelt sich um die Ablösung des bis dahin spontan und chaotisch agierenden und nach außen ein entsprechendes Bild der Desorganisation bietenden, genuin-autochthonen NS-Radikalismus durch den in die institutionalisierten Bahnen der SS gelenkten und nun auf die ganze „Volksgruppe“ übertragenen Radikalismus (ähnlich verlief die Entwicklung bei den Deutschen Rumäniens). Damit setzt aber auch die aus den Augen des Hitlerreiches erfolgreich betriebene Instrumentalisierung nicht erst ein, sondern erfährt einen qualitativen Sprung der Intensivierung und optimierten Steuerbarkeit aus dem „Reich“.

(229) Verfasser behauptet zwar, im Zerschlagungsplan Jugoslawiens habe es keinen Platz für die Volksdeutschen gegeben, was aber so nicht stimmt, weil ähnlich wie im Fall Österreichs oder des Sudetenlandes der S(icherheits)-D(ienst) der SS sowie die Abwehr der Wehrmacht gerade unter den Volksdeutschen ihre Verbindungsmänner besaß, die bei der Besetzung und Verhaftung unliebsamer Bevölkerungsteile, auch von Juden, mitspielten. Zudem wurde gleich nach der Besetzung ein sogenannter „Selbstschutz“ der „Volksgruppe“ geschaffen, der polizeiliche Aufgaben in erwähntem Sinn durchführte. Verfasser vergisst, oder will vergessen, dass die den Volksdeutschen nach dem Krieg zuteil gewordene Behandlung nicht nur auf die „Dienste“ zurückgeführt werden kann, welche sie bei der Besetzung Jugoslawiens „leisteten“, sondern auch und vor allem auf die von der SS-Division „Prinz Eugen“ begangenen Gräueltaten. Diese SS-Division bestand doch bekanntermaßen zum hauptsächlichen Teil aus Jugoslawiendeutschen.

(230-231) Höchst kennzeichnend für den NS-Aktivismus der Siebenbürger-Sachsen:
„Die Deutschen aus der Batschka wurden mit jenen des vergrößerten Ungarn vereinigt, und da sie in Jugoslawien bessere Entfaltungsmöglichkeiten als die in Trianonungarn hatten, bildeten sie mit den Sachsen Norsiebenbürgens den radikalsten Teil der neuen Volksgruppe.“

(233) Verfasser vernachlässigt die Komponente der Überzeugungstäterschaft, die er wiederholt ausblendet, indem er ausschließlich die Politik des Hitlerreiches den Volksdeutschen gegenüber für deren Vergehen haftbar macht, welche Politik nur eigene, auf die Volksdeutschen kaum bzw. keine Rücksicht nehmende Politik betrieben habe: S.228: diese Politik sei immer „zweispurig“ gewesen; S.229: im Angriffsplan „gab es keinen Platz für die Volksdeutschen“; „Das Reich hatte immer seine eigene Interessen an die erste Stelle gesetzt“. (S.233) Das klingt alles sehr nach der „Opferrolle“ der Jugoslawiendeutschen !

(233) Recht seltsam hört sich an, wenn Verfasser die Evakuierung der Syrmiendeutschen als „Glück“ bezeichnet.
Verfasser setzt die Opferrolle viel zu hoch an: „Sie [die Donauschwaben] waren für die NS-Führung nur ein Instrument für ihre Machtausübung – wie auch das gesamte deutsche Volk“.

(234) Ebenso seltsam die Feststellung:
„Die Donauschwaben der Vojvodina hatten das Unglück, dass sie sich zu einer Zeit zur Volksgruppe erklärten, als der Einfluss des Nationalsozialismus auf die deutschen Minderheiten in ganz Europa entscheidend war“ – eigentlich sollte es heißen: die wenigsten von ihnen sahen es als „Unglück“, sich dem Deutschen Reich dienstbar zu machen, sondern vertrauten dem menschenverachtenden Grundsätzen der dem Nationalsozialismus eigenen deutschnationalen Hysterie.
 
 

Rezeption der nationalsozialistischen Ideologie in Ungarn und in der deutschen Volksgruppe
Norbert Spannenberger u. Joszef Vonyo

            (S. 237) Recht kurios ist der apodiktisch gehaltene Vorspann, in dem polemische Ansätze vorausgeschickt werden:

             „Diese politisch motivierte These [das „Stereotyp“, Ungarn sei der „letzte Bündnisgenosse Hitlers“ gewesen] kann aber nicht aufrechterhalten werden, die einschlägige Forschung warnt auch vor solchen groben Simplifizierungen“; „Auch diese These [die deutsche Volksgruppe als „eine gleichgeschaltete, homogene Einheit“ zu betrachten, „die immerhin die überwiegende Mehrheit der deutschen Minderheit – gleich den anderen südosteuropäischen Volksgruppen erfasst habe“] ist grundlegend falsch [...]“. Damit erklären Verfasser eigentlich, dass es ihnen schwerpunktmäßig nicht um wissenschaftliche Erhellung, sondern um Polemik geht. Was sich nach Durchnahme des Aufsatzes durchaus bestätigt, mit dem allgemeinen Fazit, dass zu der im Titel angekündigten „Rezeption der NS-Ideologie“ herzlich wenig bzw. überhaupt nichts vorliegt.

            Die abschließende Behauptung des Vorspanns, bei der „Widerlegung“ obiger Thesen/Stereotypen käme „der Rezeption der nationalsozialistischen oder faschistischen Ideologie unter der ungarndeutschen Bevölkerung eine Schlüsselbedeutung zu“, verrät, dass Verfasser diesen Ansatz, dem sie, wie bereits festgehalten, in keiner Weise gerecht werden, als willkommenes Mittel und als Vorwand betrachten, ihre eindeutig fragwürdigen Absichten umzusetzen. Es überrascht deshalb nicht, dass als Verfechter der angegriffenen These Loránt Tilkovszky, Ungarn und die deutsche Volksgruppenpolitik 1938-1945 und István Fehér, Politikai küzdelmek a Dél-Dunátúlón 1944-1946 sowie Michael Fahlbusch, Wissenschaft im Dienst der nationalsozialistischen Politik ? ..., Baden.-Baden 1999 herhalten müssen.

            (238) Verfasser behaupten, das „Horthy-Regime“ sei nicht faschistisch gewesen. Autoren, die das behaupten, hätten „kaum die Unterschiede zum deutschen Nationalsozialismus und dem italienischen Faschismus“ analysiert. Was diese beiden Autoren übrigens auch nicht tun ! Auch der ungarische Antisemitismus deute nicht in die faschistische Richtung. Weil die „Elite der Horthy-Ära nach der linken Revolution (1918/19) und dem Vertrag von Trianon (1920) genau die radikalen Veränderungen der tradierten Sozialstruktur vehement“ abgelehnt habe, also gerade das, wofür „rechtsradikale Gruppierungen wie der Faschismus und der Nationalsozialismus“ eingetreten sein sollen.

            (238-239) Die verschiedenen rechtsradikalen nationalsozialistischen Gruppen seien bedeutungslos geblieben.

            (239) Dass die „Pfeilkreuzler" erst mit Hilfe des Hitlerreiches an die Macht kamen, belege ihre Bedeutungslosigkeit.
Für die Autoren ist Rechtsradikalismus also nur dann relevant, wenn er die Regierungsgeschäfte inne hat, eine zweifelsohne maximalistisch-verharmlosende Sichtweise. Deshalb machen Verfasser im Folgenden (S.239-245) den Rechtsradikalismus ausschließlich an der Person des Ministerpräsidenten Gyula Gömbös (1932-1936) fest.

            (240) Verfasser räumen ein, dass das Horthy-Regime autoritär war (S.241). Der bis zum Regierungsantritt von Gömbös von den Vorgängerregierungen praktizierte Antisemitismus veranlasst Verfasser unverständlicherweise nicht, diesen Regierungen faschistische Züge zuzuschreiben. Dies bleibt indessen nicht die einzige Oberflächlichkeit der Verfasser. Das Gesetz XXV/1920 vom 21. September 1920, das den prozentualen Anteil der jüdischen Studenten festlegte, soll „nicht umsetzbar“ gewesen sein, „denn Ungarn kannte die juristische Kategorie der ethnischen Nationalität oder „Volksrasse“ nicht, sondern lediglich die Kategorie der Muttersprache oder Religion als Merkmal einer Minderheit“ (Anmerkung 17, S. 241). Verfasser wollen oder können nicht oder sind außerstande wahrzunehmen, dass mit der Kategorie der Religion doch alle, die sich zum mosaischen Glauben bekannten, vom Studium nun gesetzlich ausgeschlossen waren. Auch kümmern sich Verfasser nicht darum, dass mit diesem Gesetz die Handhabe gegeben war, die mosaischen Kandidaten zur Konvertierung zu bewegen, was im Sinne der ultrakonservativen Herrscherelite doch war. Trotzdem spricht dieses Gesetz nicht für, sondern gegen die geschichtsrevisionistische Meinung der Verfasser, dass Horthy-Regime und seine Regierungen seien nicht faschistisch gewesen. Weil der gesetzmäßig abgesegnete Antisemitismus als Form des konfessionellen oder biologischen (abstammungsmäßigen) Rassismus eine Hauptmerkmal eines solchen Regimes ist. So nimmt es nicht Wunder, dass der Antisemit Gömbös 1932 zum Ministerpräsidenten ernannt wurde. Ebenfalls für den Faschismus des Gömbös-Ungarn spricht, dass Gömbös der „Führer“ seiner „Rassenschützer“-Partei war (S.242). Verfasser selbst formulieren, dass Gömbös Herrschaftssystem „ein diktatorischer Führerstaat“ war (S.242), was ein weiteres typisch faschistisches Merkmal darstellt.

            Verfasser erblicken „Gemeinsamkeiten mit dem italienischen Faschismus“ nur in Begleiterscheinungen, wie der„neue Typus des Angehörigen der Nation“, „die große Konzentration der Seelen“ (S.242), oder der „neue Mensch“ (S.243). Und wenn der ungarische Antisemitismus älter als der Hitlers oder Mussolinis ist (ebd.), ist doch damit  ein weiteres springendes Argument für den Faschismus der Regierungen unter Horthy gegeben. Die weiteren Ausführungen, so die Erklärung von Gömbös im April 1919, die Mitglieder seiner Partei der „Rassenschützer“ seien „ungarische Nationalsozialisten“ und ähnliches (S.244) deuten Verfasser als Beleg dafür um, dass weder Mussolini noch Hitler „ein Modell [für Ungarn] liefern konnten“, weil das chronologisch unmöglich sei. Was hier ausschlaggebend ist, sind nun einmal die Merkmale der Gömbös-Partei und ihrer Politik, weil antisemitisch auf die Reinheit einer fiktiven ungarischen Rasse ausgerichtet als eindeutig faschistisch ausgewiesen. Daran werden chronologisch begründete oder sonst wie aufgestellte irreführende Kunstgriffe der Verfasser nichts ändern können.

          Das Bild einer faschistischen „Rasseschützer“-Partei und ihres Chefs Gömbös wird durch die folgende Argumentation eigentlich nicht entkräftet, wie die Verfasser zu vermitteln versuchen, sondern eindeutig bekräftigt. Denn wenn die ungarischen Gegebenheiten keiner „Nachahmung“ oder Rezeption ausländischer Faschismen bedurften (S.244), dann ist die Konsequenz zwingend, dass es sich um eine einzigartige, eigenungarische Entwicklung handelt, was diese aber vom faschistischen Charakter nicht befreit. In der Folge des von Verfassern hier eingesetzten Denkmusters seien nur die sogenannten „Rechtsradikalen“ die eigentlichen Faschisten/Nationalsozialisten in Ungarn, was an Äußerlichkeiten erkennbar sei (S.244-245). Und dass die Regierungen, welche die insgesamt vier „Judengesetze“ (1938, 1939, 1941, 1942) erließen, eben deshalb als faschistisch zu gelten haben, liegt der konstruktivistischen Verfahrensweise der Verfasser verständlicherweise fern.

            In der Behandlung der „Rezeptionsalternativen in der deutschen Minderheit“ (S. 246-251) wird von dem auch von anderen Autoren dieses Bandes vertretenen faktenwidrigen und damit geschichtsrevisionistischen Konstruktionen förderlichen, maximalistisch orientierten Axiom ausgegangen, „eine homogene oder zumindest überwiegend einheitlich erfasste Volksgruppe“ müsse die Vorbedingung für NS-Umtriebigkeit bzw. Gleichschaltung sein (S.246). D.h., dass wiederum ein quantitativ definiertes Argument dort als ausschlaggebend betrachtet, also maximalistisch eingesetzt wird, wo eigentlich schon das Vorhandensein eines einzigen Kernelements des NS wie der Rassismus (der „deutsche Gedanke“ = die Deutschzentriertheit – der deutsche „Volkskörper“; hier in Form des „ungarischen Gedankens“ der „Rasseschützer“, in der daraus resultierenden Ungarnzentriertheit und des ungarischen „Volkskörpers“), Antisemitismus oder das Führerprinzip ausreichen sollte, um auf Nationalsozialismus/ungarischen Faschismus hinzuweisen. Deshalb ist auch die„Artikulierung kollektiver Interessen seitens der deutschen Minderheit“in Ungarn erst ab 1941 (S.246) kein eigentlicher Maßstab für den Prozess der NS-Rezeption bzw. für den Nazifizierungsprozess der Minderheit.

          Ganz tatsachenwidrig behandeln Verfasser die von Jakob Bleyer geleiteten deutschnationalen Tätigkeiten, die angeblich als „Gegenbewegung“ durch die ungarischen Eliten gegen die eigentliche deutsche Bewegung, sprich die radikalen Nazis, aufgestellt worden sei (S.246). Mit solchen Behauptungen wird offenbar der Versuch unternommen, die Legitimationsstrategie der ungarndeutschen Nazis, hier auch unter Erwähnung der erwiesenen Nazifunktionäre und –aktivisten Spiegel-Schmidt und Weidlein (vgl. in diesem Sinn die zahlreichen Beiträge der beiden Altnazis in den „Südostdeutschen Vierteljahresblättern“ bis in die 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts), unter „wissenschaftlichem“ Anstrich wiederzuerwärmen. Ebenso disqualifizierend lautet die Behauptung, die ungarische Elite habe mit Bleyer eine „Ersatzideologie“ installieren wollen, die als die „Deutschungar-Variante“ von Bleyer in die Geschichte eingegangen sein soll (S.246). Wie verräterisch der Begriff „Ersatzideologie“ ist, scheint Verfasern keiner Überlegung wert gewesen zu sein, weil damit eine „eigentliche“, „echte“ Ideologie vorausgesetzt wird, in deren Namen gegen eine als gegenerisch-feindselig aufgefasste „Ersatzideologie“ polemisiert und vorgegangen werden muss. Und welche diese „echte“ Ideologie sein soll, für die, oder zumindest für deren Legitimationsstrategie  sich Verfasser hier stark machen, dürfte inzwischen einleuchten – es ist die radikalnazistische Ideologie der Bleyer-Feinde und Gegenspieler.

            Auch soll die „Bleyersche Ideologie für die deutsche Minderheit eine Zumutung“ gewesen sein (S.247). Die weiteren Ausführungen zu diesem Aspekt verdienen keine Beachtung, weil sie eine einfache Wiederaufnahme der deutschnational/nationalso- zialistischen, damit geschichtsrevisionistischen Äußerungen erwähnter Volksgruppenaktivisten und –funktionäre darstellen. Hier kommt eine weitere Hauptkomponente dieser unbelehrbaren Geschichtsrevisionisten zum Tragen: die deutsche Minderheit ausschließlich in der Opferrolle der vom ungarischen Staat verfolgten, geknechteten und entrechteten und zudem ohne das geringste eigene Zutun vom Deutschen Reich instrumentalisierten „Gemeinschaft“ darzustellen. Es soll der Öffentlichkeit also weis gemacht werden, dass es auf der Seite der Ungarndeutschen nur Reaktion auf Unterdrückung und Verfolgung gab, dass diese niemals eigeninitiativ – in NS-Richtung – gewesen seien. Allerdings spricht die Behauptung der Verfasser, die Anführer der Minderheit haben zur Zeit von Gömbös die Initiative ergriffen (S.248) nicht unbedingt für die auf der anderen Seite kultivierte Opferrolle der Minderheit.

            Das „Reich“ „als erfolgreiches und dynamisches Modernisierungsland“ gibt auch zu denken. Verfasser dachten sicherlich nicht an die industriell betriebene Menschenvernichtung der Nazis, oder ?

            Auch ist Verfassern in ihrer recherchierten „Gründlichkeit“ verborgen geblieben, dass Prof. Richard Huß „diese Ideologie“, d.h. die nationalsozialistische, nicht als Uneingeweihter in einem Vortrag „eingehend analysierte“ (S.249), sondern als ausgewiesener Nationalsozialist.

          Kurios sind die Behauptungen, dass Georg Goldschmidt, der Schriftleiter des „Deutschen Volksboten“, Organ der eindeutig nationalsozialistischen „Volksdeutschen Kameradschaft“, der auch Richard Huß angehörte, zwei Seiten des NS unterschieden haben soll (S.249). Goldschmidt war bekanntlich Stellvertreter des Volksgruppenführers Franz Basch.

          Und was besagt es schon, wenn Fritz Valjavec in der ungarischen Minderheit nicht Fuß fassen konnte ? (S.249) Hingegen gelang es ihm bedeutende ungarischsprachige, deutschfreundlich eingestellte Geisteswissenschaftler für seine nachrichtendienstlich ausgerichtete Tätigkeit zu gewinnen.

          Ebenso tatsachenfremd ist die Behauptung, die deutsche Minderheit in Ungarn sei wie ein Unschuldslamm in die Fänge des NS getappt: „Wo die Grenzen zwischen alldeutscher Solidarität und politischer Instrumentalisierung waren, wurde den Betroffenen erst ab 1941 deutlich, als sämtliche Reserven der Volksgruppe zugunsten der Kriegswirtschaft ausgeschöpft werden sollten“ (S.249-250). Bei wem sollen derartig gehaltene Formulierungen die Tränendrüsen aktivieren? Wohl bei den „Betroffenen“ !!!

            Getreu ihren geschichtsrevisionistischen Vorsätzen und dem maximalistischen Prinzip, dass Nazifitzierung höchstens dann angesprochen werden kann, wenn die ganze, einheitlich organisierte Minderheit vom NS vereinnahmt wird, können Verfasser in der Gründung des Volksbundes der Deutschen in Ungarn (VDU) im November 1938 keinen „Durchbruch der nationalsozialistischen Ideologie unter den Deutschen“ erblicken (S.250). Hierbei wird dem ungarischen Historiker Tilkovszky, der angeblich ideologisch argumentiert, Gerhard Seewann entgegengestellt (Anm.46, S.250). Die angeführte Argumentation geht über Wunschdenken, Verharmlosung bis hin zur Verneinung des eindeutigen NS Gepräges des „Volksbundes“ nicht hinaus. Die Hinlenkung auf eine der zahlreichen Ursachen des Nazifizierungsprozesses der ungarischen Minderheit, nämlich die „traditionell paternalistische Minderheitenpolitik“ (S.250) ist typisch für die pars pro toto Argumentationsweise von Geschichtsrevisionisten, die auf diese Weise vorsätzlich Verwirrung stiften, weil ihnen doch die Entwirrung der eigentlichen Tatbestände und Sachverhalte kein Anliegen ist. Auch bewegt sich diese Argumentationsweise auf der beliebten Schiene des minderheitlichen Opferstatus, bei dem es zu nationalsozialistischen Umtrieben höchstens als Reaktion auf den Druck seitens der ungarischen Regierung gekommen sein soll. Die Minderheit habe eigentlich niemals agiert, nur reagiert, d.h. sich verteidigt, sie soll sich immer in der Defensive, nie in der Offensive befunden haben.

          Die eigentliche Nazifizierung erst mit dem Volksgruppenabkommen einsetzen zu lassen (S.250-251) ist ebenfalls tatsachenwidrig. Auch hier, wie bei anderen Autoren, wird die Nazifizierung mit der Durchsetzung äußerlicher Eigenheiten gleichgesetzt, wo es sich mit der Errichtung der „Volksgruppe“ eigentlich nur um einen QUALITATIVEN SPRUNG hin zur völligen Gleichschaltung und Instrumentalisierung der Minderheit handelt. Diese sich an Teilaspekte und Äußerlichkeiten (Uniformen, Gruß, Fahnen, Ab(Zeichen) usw.) klammernde Sichtweise ermöglicht es einerseits, die unzweifelhaft ideologische Kontinuität von „Volksbund“ zur „Volksgruppe“ zunächst überhaupt nicht in die diskussion einbringen zu müssen, andererseits sie einfach zu bestreiten, also sich die objektive Feststellung ersparen zu können, dass die  „Volksgruppe“ nur einer  ideologischen Intensivierung des Nazifizierungsprozesses entspricht.

          Nach so zahlreichen Unzumutbarkeiten dieses Aufsatzes verwundert die Feststellung der Verfasser überhaupt nicht mehr: „Eine exakte Festlegung der Infiltration der nationalsozialistischen Ideologie halten wir für schwierig, weil die Kriterien für deren Erfassung nicht bestimmt sind"“(S.250). Nun, es wäre die Aufgabe der beiden Verfasser und Ihresgleichen, diese Erfassungskriterien endlich zu bestimmen. Warum tun sie das nicht bzw. warum haben sie es bisher versäumt zu tun? Hier die eindeutige Antwort: weil sie es im Hinblick auf ihr verneinendes, verharmlosendes und geschichtsrevisionistisches Anliegen nicht wollen bzw. weil sie dazu überhaupt nicht fähig sind. Dementsprechend entspricht auch die Abschlussbehauptung nicht den Tatsachen: „Eine totalitäre Erfassung der Volksgruppe nach den Richtlinien des Nationalsozialismus als Ausweg aus der Krise der Volksgruppe, die  ihre Absonderung gegenüber der fremden Umgebung zu wahren hat, stellte sich in dieser Form in Ungarn nicht“ (S.251). Man beachte die aus dem deutschnational-nationalsozialistischen Vokabular stammende Floskel „fremde Umgebung“.

          Die wenigen auf Archivdokumente bezugnehmenden Anmerkungen im ersten Teil des Aufsatzes können den Eindruck nicht abschwächen, dass hier mit einer bedauerlichen Oberflächlichkeit, Leichtigkeit und stofflich-thematischen Unkenntnis, also mit gravierender Unprofessionalität operiert wurde. All das sind eben Kennzeichen eines grundsätzlich von geschichtsrevisonistischen Absichten gespeisten Diskurses.
 
 

Heimatkunde, Wissenschaft und die NS-Volkstumspolitik
Die Entwicklung des Instituts für Heimatforschung in der Slowakei 1941-1944
Christof Morrissey

(254) Legitimationswissenschaft.
(256) „Institut für Heimatforschung“ in Käsmark.
„Einblicke in die Presse, mittels derer der Forschungsapparat der nationalsozialistischen Legitimationswissenschaft die regionale (Heimat-)Forschung in sein Programm der „völkischen“ Neuordnung Ostmitteleuropas mit einbezog.“

Kein Wort, dass die „Deutsche Partei“ nationalsozialistisch organisiert war, also auch Liptaks Vorstoß in diese Richtung ging. Auch hier wird die „völkische“ Initiative ausschließlich auf die „reichsdeutsche“ Seite verlagert.
 

Die Moldauer Ungarn (Tschangos) im Rahmen der rumänisch-ungarisch-deutschen Beziehungen zwischen 1940 und 1944. Eine vornational strukturierte ethnische Gruppe im Spannungsfeld totalitärer Volkstumspolitik

Meinolf Arens und Daniel Bein

Der Beitrag hat thematisch keinerlei Berührungspunkte mit dem Band.

Bereits der Titel enthält Widersprüchlichkeiten: wie kann eine „vornational strukturierte“ Gruppe gleichzeitig „ethnisch“ sein und als solche aufgefasst werden ?

Im Verlauf des Textes wird es offenbar, dass die Verfasser, selbst wenn sie es nirgends explizit bekennen, dem ungarischen Ethnikum den Vorzug geben und diese Bevölkerungsgruppe dazu zählen wollen. Es mag ja sein, dass sie sich zurecht gegen die Bestrebungen der Rumänen wenden, die Tschangos als Rumänen auszuweisen, aber der Umstand, dass sie das „vornationale“ Element nur dann betonen, wenn es darum geht, antirumänisch zu argumentieren, aber nicht, wenn es um die Behauptung der ungarischen Zugehörigkeit dieser Menschen geht, zeugt kaum von Wissenschaftlichkeit. Auch bleiben die Verfasser die Erklärung des „Vornationalen“ schuldig. Wirklich „vornational“ ist der katholische Glauben dieser Menschen und das ist das Kernelement, nach dem sie ihre Identität definieren, nicht die ungarische oder rumänische Sprache bzw. die jeweiligen Nationen. Das wollen die Verfasser nicht wahrhaben. Dazu fehlt ihnen die Sachkenntnis. Denn die Frühgeschichte des Katholizismus in den von „Tschangos“ bewohnten Gebieten hätte offengelegt, dass es hier auch frühzeitig Rumänen und Ukrainer bzw. Polen gab, die unter dem Einfluss des jeweiligen Bistums zum katholischen Glauben konvertiert waren. Die im Laufe des Mittelalters zu diesem Kern von Katholiken dazugestoßenen Sekler/Ungarn schlossen sich verständlicherweise den jeweiligen katholischen Distrikten an. Dass diese nun eine Zeit lang die Mehrheit der „Tschangos“, also der katholischen Bevölkerung der Nordmoldau und der Bukowina ausmachten, wird von den Verfassern zwar postuliert, ist aber quellenmäßig nicht gesichert.

Hätten die Verfasser dem Katholizismus als definierendes Element der „Tschangos“ in einem hauptsächlich griechisch-orthodox bestimmten Umfeld seine eigentliche Geltung zuerkannt, dann wären sie eines großen Teils ihrer ungarisch-nationalistischen Argumentation verlustig geworden. Es hätte sich nämlich herausgestellt, dass das, was sie am Klerus der „Tschangos“ wiederholt anprangern, seine geschlossene Stimmabgabe für den rumänischen Nationalstaat, zumindest in vorkommunistischer Zeit nicht aus Überlegungen des rumänischen Nationalismus erfolgte, sondern hauptsächlich aus der Zugehörigkeit zum Katholizismus. Wenn das Bekenntnis zum rumänischen Staat des Diktators Ceausescu im wesentlichen aus nationalrumänischen Erwägungen erfolgt sein mag, so sprachen auf jeden Fall auch die damaligen Mehrheitsverhältnisse zugunsten des rumänischen Elements dafür.

(265) Ausgangspunkt: „aggressive Homogenisierungspolitik“ seitens des rumänischen Staates.

(271, 275) Polemik gegen Martinas, Zur Abstammung der moldauer Katholiken
(272, 275, 279) Polemik gegen M.P. Pal.
(272) Polemische Bemerkungen über das „nationalkommunistische“ Ceausescu-Regime.

Ab. S.275: Die Frage der Umsiedlung der „Tschangos“ als „geschicktes Ausspielen der Siebenbürgenfrage“ zwischen Ungarn und Rumänien seitens des „Dritten Reiches“.

(276) Die neue ungarische Regierung von Döme Sztojay ab März 1944 sei „ideologisch völkisch“ ausgerichtet gewesen.
Antonescus Militärdiktatur wird erwatungsgemäß „faschistisch“ tituliert.

(277) Die Regierung Bardossy (18941-1942) war „völkisch“, die Sztojays „nationalsozialistisch“. Entscheidet euch endlich !
Allerdings werden die im ungarischen Namen begangenen Verbrechen in drei Punkten angeführt.

(278f.) Umsiedlungsaktionen von Bukowiner Tschangos in die Batschka. „In diesen Kontext sind auch die Bemühungen der ungarischen Seite zu stellen, die Umsiedlung der Moldauer Ungarn/Tschangos nach Ungarn anzugehen.“
Wiederholt die Notwendigkeit weiterer Forschungen angesprochen, um den von Ende Juni bis Anfang September 1944 belegbaren Prozess der Willensbildung zur Umsiedlung der moldauer Tschangos auf deutscher Seite auch auf ungarischer Seite zu klären.

(281-315) Verfasser beleuchten „die Aktivitäten der deutschen Seite bezüglich der Umsiedlungen“

(292-315) Dokumentarische Belege.
Inkonsequenz: die Veröffentlichungen, welche den rumänischen Anspruch auf die Nationalität der moldauer Tschangos reklamieren, werden zurückgewiesen, u.a. mit dem Argument ihrer national-legionären, also rumänisch-faschistischen Ausrichtung, die Schriften von deutscher Seite ab 1939 über die Tschangos bzw. mit nationalitätenpolitischem Charakter werden ohne jede Beanstandung rezipiert, selbst deren recht problematisches Vokabular, wie S. 281 u.ö. „schwebendes Volkstum“.
 
 

Judengenozid in dem unabhängigen Staat Kroatien
Ivo Goldstein

(317) Erstarken der Ustascha-Bewegung unter nationalsozialistischem Einfluss.
(318) Planung der Serbenverfolgung und Judenvernichtung wie bei den Nazis.
(321) Das erste KZ entstand im April 1941.
(322) Massentötungen in den Lagern
Geiselnahmen und Erschießungen.
Ende September war Varazdin die erste „judenfreie“ Stadt.
(324) Der Gestapo zufolge (Mai 1942) habe die Ustascha die „Endlösung“ auf dem Territorium des Ustascha-Staates nicht gründlich genug durchgeführt.
Im August 1942 und Mai 1943 beteiligten sich Deutsche zum ersten Mal an der Deportation.
(326-327) Die Transporte gingen direkt nach Auschwitz.
(329) Vor dem Krieg auf dem Territorium des Ustascha-Staates 38-39.000 Juden, 9.000 blieben am Leben.
In den Partisanenreinheiten 2.339 Juden aus Kroatien und Bosnien-Herzegowina, die das Kriegsende erlebten, der prozentuell höchste Anteil von Juden in Europa, der am antifaschistischen Kampf teilgenommen hat und auch die höchste Zahl von geretteten Juden.
 
 

Versperrte Wahrnehmung. Die Auseinadersetzung der evangelischen Kirche A.B. in Rumänien mit dem Nationalsozialismus 1944-1948
Pierre de Tregomain

(331) „für die Deutschen in Rumänien, die mit dem plötzlichen Ende der mit Hitler-Deutschland verbündeten Antonescu-Diktatur über Nacht zum Feinde ihres rumänischen Vaterlandes gemacht wurden“
Die evang. Kirche als Stabilisierungsfaktor.
Es stimmt nicht, dass „Allein die evangelische Kirche [...] imstande“ gewesen ist, „gegen die Verschleppung junger Rumäniendeutscher zur Zwangsarbeit in die UdSSR [...] einen artikulierten, wenngleich beschränkten Protest zu gestalten“.

(332) T. übernimmt die tatsachenwidrigen Äußerungen Wiens über die angebliche Aufgabe der politischen Neutralität seitens der Kirche seit dem Jahr 1935, abermals S.344 u. in den Schlussbetrachtungen S.350.

(334) Warum plädiert Müller für „den lutherischen Standpunkt der Vergebung“ in Verbindung mit den Disziplinarmaßnahmen, welche die Kirche gegen die von staatlichen Maßnahmen betroffenen Geistlichen ergriffen hat?

(335) die wenigen Disziplinarverfahren wurden aufgehoben.

(336) Die Entlastung der NS-Belasteten erfolgte recht einfach durch „Besuch eines „apologetischen Kurses“, der die theologischen Lücken der Betroffenen ausfüllen soll, und meistens ausreicht, um rehabilitiert, d.h. widerangestellt zu werden“.

(337) Der von der Kirchenleitung eingeschlagene Weg nach „seelischen“, will sagen biblisch-theologischen Richtpunkten die NS-Belastung hinter sich zu lassen, deutet Verfasser zwar zutreffend als Verlagerung des „Nationalsozialismus auf ein rein kirchliches Deutungsfeld“, indem er dem „Neuheidentum“ gleichgesetzt bzw. darauf reduziert wird, vergisst aber zu bemerken, dass einem hochpolitischen und ideologischen Komplex wie der NS nur politisch und/oder ideologisch zu begegnen ist, weshalb die Kirche einer eigentlichen Entnazifizierung aus dem Weg ging.
Auch erkennt Verfasser nicht, dass mit der Aussage der Hauptleitung des Pfarrvereins vom 30. Oktober 1944, „die Hauptsünde der Lehrerschaft“ bestehe darin, „dass sie die Volksgruppenzeit „in ihrer überwiegenden Mehrheit nicht nur antikirchlich, sondern antichristlich“ war, zumindest zwei Tatsachen zum Ausdruck kommen:
a) die Kircheleitung lenkt die Aufmerksamkeit auf die Lehrerschaft, um das Anfälligkeitsausmaß des eigenen Klerus für den NS ausblenden zu können, also in diese Richtung keine weiteren Maßnamen ergreifen zu müssen;
b) dass die Lehrerschaft, was sonst hartnäckig verneint wird, in hohem Grad nazifiziert war.

(337-338) Verfasser erkennt zurecht, dass Müller in theologischer Anwandlung das rassistische „Herrenbewusstsein“ der Volksgruppe 1945 zu „gotteslästerlicher Überheblichkeit“ abschwächt.
Allerdings stimmt es nicht, dass nur „ein kleiner Kreis fanatisierter Jugend“ die „neuheidnische Schwärmgeisterei“ betrieben hätte, wie das Müller in seinem Rundschreiben zum Buß- und Bettag 1945 formuliert.

(338ff.) Die eindeutige Verharmlosung der Rolle der sogenannten „Fraktionen“ in Presbyterien und Gemeindevertretungen, unter Ausblendung jeder Initiativform, d.h. politisch bewusster Stoßrichtung hält Verfasser als „Bild naiver Kirchendiener, die die politische Entwicklung weder gewollt noch gemerkt haben und daher nachträglich endlich „aufgeklärt“ werden sollen“ fest.
Nun missdeutet Verfasser die interessierte Verharmlosung mit „Verständnis“, welches die Kirche angeblich dem „Idealismus“ der „jungen NS-Anhänger“ entgegenbringt. Will Verfasser nicht wahrhaben, dass auch hier, wie im Falle der Lehrerschaft, das pars-pro-toto-Verfahren des Rechtfertigungsdiskurses am Werk ist? Und soll ihm unbekannt sein, dass der Begriff „Idealismus“ nicht nur auf Jugend hinweist, weil das ein konstitutiver Begriff des Selbstverständnisses von autoritär-totalitär-faschistisch-nationalsozialistisch ausgerichteten Menschen, ungeachtet der Altersstufe, war?

(340) Es trifft zu, dass der NS insgesamt „stark entpolitisiert bzw. entideologisiert“ wird.
Die Karte des Opfers, der Passivität, wo es sich eigentlich um Täterschaft, also Initiativverhalten, handelt, wird ausgespielt: NS von außen und von innen soll aufgezwungen worden sein, innen durch den rumänischen Nationalismus.

(341) Auch 1949, in Müllers Rede zur Eröffnung der 42. Landeskirchenversammlung am 9. Oktober , heißt es noch, die Volksgruppenführung sei eine „kleine Schar von Entwurzelten gewesen“.

(341-342) „wie die Kirche gegen den Nationalsozialismus Widerstand geleistet haben soll“.
Richtig: „Bischof Müllers eigene, stark mythisierte Geschichte als ehemaliger Verfolgter und Oppositionsführer“.

(342) „Es entsteht somit der Eindruck einer Symbiose zwischen Kirche und Kirchenvolk gegen die Nationalsozialisten, die sich allerdings in ihrer Mehrzahl als harmlos entpuppten“ [laut Müller]

(343) Müllers Faseleien seines Widerstandsrings, dem angeblich 110 Pfarrer (80%) mit Unterschriften beitraten, übernimmt Verfasser bedenkenlos vom apologietreibenden Wien – richtig ist insgesamt 80 Pfarrer, wobei Müller nur einer der Unterzeichner ist (BA Bayreuth, Ost-Dok. 16 Rum./107, fol. 1).

Richtig: „Die sprachliche Besetzung des öffentlichen Raumes durch Müllers Widerstandsperspektive verdrängt daraus weite Bestandteile der Ns-Ideologie und –Praxis“. „ [...] werden die politischen Wurzeln der Bewegung, ihre Einflussnahme
(344) auf die ganze politische Landschaft der Sachsen in den 60er Jahren außer Acht gelassen.“
Die Periode 1940-1944 als eine Klammer in der Geschichte der Landeskirche.
Die Verwendung des Begriffs „Deportierung“ sowohl für die „jungen Männer“, die nach Deutschland „zwangsverschickt“ und in die Waffen-SS eingereiht wurden, wie für die Verschleppung in die Sowjetunion belegt ein Höchstmaß an Geschichtsfälschung. Allerdings stammt die Unterlage aus den dunklen Beständen des sogenannten „Siebenbürgen-Instituts“ in Gundelsheim am Neckar und lässt als Verfasser ehemalige Führungsfunktionäre der „Volksgruppe“ vermuten (es handelt sich um eine angebliche „Denkschrift der Siebenbürger Sachsen und Banater Schwaben zwecks Wahrung ihrer rechte im Rahmen des rumänischen Staates“, November 1945).

(345) Verfasser „zerschlägt“ sozusagen den geschmacklosen Mythos einer Denkschrift von 1945 „Gibt es eine Schuld der Sachsen?“, sie seien durch den eigentlich ausschließlich gegen Juden gerichteten „Numerus valachicus“ betroffen gewesen, wie auch den Mythos, sie seien wie die Juden einem Holocaust ausgesetzt gewesen durch die Agrarreform und Zwangsarbeit in der Sowjetunion.

(345-346) Verfasser weiß offensichtlich nicht, dass der im Oktober 1946 neueingeführte Hermannstädter Stadtpfarrer Herrmann Nazi gewesen ist.

(346-350) III. Funktionen des Diskurses
(347) es wird der „Bruch mit der Vergangenheit inszeniert“.
(348) Müllers „kollektive Buße“ wird „zu einer allgemeinen, nicht weiter verpflichtenden Pose, die zum jährlichen Bußtag wieder aktiviert wird.“
(349) Die Schlussstrichmentalität der Denkschrift „Gibt es eine Schuld der Sachsen?“
Insgesamt „erscheint der kirchliche Diskurs also als eine institutionalisierte Strategie der Integration [auch der zuschwerst belasteten Pfarrer] und der Verdrängung“
(350) „Auf Grund der schweren Kompromittierung der Kirche durch die NS-Bewegung, aber auch in Anbetracht der breiten NS-Begeisterung, die die meisten Sachsen ergriffen hatte, wurde ein Geschichtsbild entworfen, das eine Rehabilitation der von den staatlichen Säuberungsmaßnahmen Betroffenen möglich machte, konsensfähig [in den Reihen der Pfarrer und der Minderheit] und nicht im Widerspruch zu den neuen Behörden geraten sollte.“
 


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Die fehlende Bereitschaft die Offenlegung des Nazifizierungsgrades des "Volksdeutschen" Suedosteuropas zur Kenntnis zu nehmen veranschaulichen die Seiten:

Dieselbe Kerbe der Unbelehrbarkeit


Kritische Blaetter zur Geschichtsforschung und Ideologie

Rezensionen



 Datei: HauRoth.html       Erstellt: 26.08.2006      Geaendert: 19.11.2006          Autor und ©Right Klaus Popa