V.
DER
UNBEKANNTE HERMANN OBERTH
THE
UNKNOWN HERMANN OBERTH
Zu der in Verbindung mit der Errichtung einer Hermann Oberth-Gedenkbüste in Hermannstadt ausgebrochenen Polemik, die in der Stellungnahme des Oberth-Biographen Dr. Hans Barth gipfelte (vgl. "Ich habe niemals an Angriffswaffen gearbeitet, auch nicht an der V2". Zu Hermann Oberth: Unhaltbare Anschuldigungen und Fehlinterpretationen aus Unkenntnis und unterlassener Informationspflicht, in: Siebenbürgische Zeitung, 31. Januar 2002, S.6) eröffnete Dr. Oliver Klöck im SbZ-Online-Forum die Diskussion HERMANN OBERTH. Jeder Leser, der den Verlauf dieser Diskussion und ihre jüngste Zuspitzung verfolgt, bekommt einen anschaulichen Einblick in die "Diskussions"-Praktiken der Verweigerer und Vertuscher, die sich uneingeschränkt hinter Dr. Barth und selbstverständlich hinter das Idol Hermann Oberth stellen und einfach nicht zugeben wollen, dass Dr. Barth mit seiner Wortmeldung in der Siebenbg. Zeitung weder dem Anspruch gerecht wird, damit "Nachhilfe" zu leisten, noch der "Informationspflicht", welche Kolporteure mit ihren "unhaltbaren Anschuldigungen und Fehlinterpretationen" angeblich aus "Unkenntnis" verletzt haben sollen.
Im folgenden liefern wir die ersten handgreiflichen
Belege für die Unhaltbarkeit und die kecke Arroganz der Oberth-Anbeter,
die einfach nicht zur Kenntnis nehmen wollen, dass der Lebenslauf ihres
heißgeliebten Idols auch schwarze Flecken aufweist, von denen sie
einfach keine Notiz nehmen wollen. Damit erweist sich diese Kontroverse
als Parallelerscheinung zu der voriges Jahr um den Beitrag Pädagoge
Hans Mieskes mit Bundesverdienstkreuz geehrt von
Siegbert Bruss in eben derselben Siebenbg. Zeitung.
Erstes Stück
In der Neuen Deutschen Bibliographie, XIX. Bd., Berlin 1999, S.401, s.v. Hermann Oberth:
Als die in den militärischen Bereich übernommene Raketenentwicklung von Walter R. Dornberger auf eine große Flüssigkeitsrakete ausgerichtet und 1936 die Heeresversuchsanstalt Peenemünde gegründet wurde, wurde O(berth) auch an der Entwicklung der "Aggregat 4" (A4) genannten Rakete beteiligt. Ende Juni 1938 erhielt er von der Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt (DVL) in Berlin-Adlershof ein Forschungsstipendium und arbeitete an der TH Wien u.a. über die Verbrennung von Alkohol in flüssigem Sauerstoff in Brennkammern. 1940 wurde er an die TH Dresden berufen, um an der Entwicklung einer Treibstoffpumpe mitzuwirken, und im Juli 1941 zog er unter dem Tarnnamen Felix Hann nach Peenemünde. Er prüfte dort Patente auf ihre Brauchbarkeit für die Raketentechnik, entwarf bis 1941 eine dreistufige Interkontinental-Rakete und war am ersten erfolgreichen A4-Start beteiligt. In dieser Zeit wurde eine mit Ammoniumnitrat betriebene Flakrakete zu seinem wichtigsten Vorhaben. Seit Dezember 1943 arbeitete er deshalb bei der Westfälisch-Anhaltischen Sprengstoff AG.[...]Von den zahlreichen DRP (Deutsches Reichs-Patent) Oberths zwischen 1925 und 1942 ist das unter DRP 850 von 1942 am aufschlußreichsten:
Rakete oder sonstige durch Rückstoß angetriebenes Gerät. Es handelte sich um eine in Peenemünde intern vergebene Patentnummer, die offizielle DRP-Nummer war nicht zu ermitteln [NDB, XIX, S.402].
Angesichts dieser Belege soll also die selbstrechtfertigende und -enlastende Behauptung Oberths "Ich habe nie an Angriffswaffen gearbeitet, auch nicht an der V2", auf der Barth und alle anderen Oberth-Fans das makellose Bild ihres Idols aufbauen, weiterhin gelten? Das Peenemünder Raketenpatent Oberths steht nämlich zeitlich viel zu nahe am ersten erfolgreichen Abschuß der Fernrakete A-4 (V2) am 3.10.1942. Und diese Rakete wurde ab September 1944 massiv gegen Großbritannien eingesetzt [siehe Enzyklopädie des Natioanlsozialismus, hg. von Wofgang Benz, Hermann Graml u. Hermann Weiß, München 1998, S.638 u. 791].
Der Lexikonbeitrag beleuchtet eindeutig:
a) Oberths Verhältnis zur Entwicklung und Herstellung von Angriffs- und Vernichtungswaffen:
b) Oberths Verhältnis zu seinen NS-Brotgebern;
c) Oberths Einstellung zum NS und zum NS-Vernichtungskrieg.
Der von Barth so nachdrücklich angesprochene
Patriotismus Oberths entspringt keinesfalls seiner Liebe zu seinem Heimatland
Rumänien - Liebe zum Heimatland und zum Geburtsort des einzelnen macht
bekanntlich das aus, was gemeinhin Patriotismus genannt wird -, nein, Barth,
und auch Oberth selbst, verstehen darunter den "volks-" und "großdeutschen"
Patriotismus, der das deutsche Volk, die deutsche Kultur, die deutsche
"Leistung", das Deutschsein und Deutschtum insgesamt beinhaltet. Und im
Zweiten Weltkrieg erfüllte der Wunsch nach dem sogenannten "Endsieg"
alle deutschen "Patrioten". Auch den "Patrioten" Oberth, der sein gesamtes
Leistungsvermögen, seine Arbeitskraft und Genialität ab 1938
bedingungslos in den Dienst der "deutschen Sache" = des NS stellte.
Zweites Stück
Die Einsatzbereitschaft des Familienchefs wirkte
sich auf seine Kinder beispielgebend aus. Der "deutschen Sache" und deren
"Endsieg" frönte nämlich nicht nur der Vater, sondern auch dessen
Tochter Ilse Oberth, die am 28. August 1944 zusammen mit 23 Mitarbeitern
bei einer A4-Triebwerksexplosion im Prüfstand im sogenannten Vorwerk
"Schlier" [KZ-Nebenlager Redl-Zipfl des Lagerkomplexes Ebensee am Traunsee
(Österreich)] tödlich verunglückte [Darüber mehr
auf der Web Seite Raketenspuren
in Ebensee. Exkursion in die Geschichte. Grundlage einer differenzierten
Forschung].