Geschichte des Dorfes Schmottseiffen   Seite 9               

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Einige Fakten aus der NS-Zeit        
in Schmottseiffen 1933 -1945

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Menschen, die von der Richtigkeit ihres totalitären Systems überzeugt sind, werden stets auch ihre Ideologie bis zum äußersten verteidigen und den anderen Menschen aufzuzwingen versuchen. Das war auch in der NS-Zeit so. Am aggressivsten und rücksichtslosesten waren dabei meist die ganz eifrigen "kleinen Hitler".

Das weit überwiegend katholische Dorf Schmottseiffen mit seinen etwa 1900 Einwohnern, galt damals als besonders "schwarz", weil es im Kreis Löwenberg in Schlesien zu den Dörfern gehörte, die bei der Wahl im März 1933 am wenigsten Stimmen der NSDAP gegeben hatten.

Hier sollen einige Geschehnisse genannt werden, die zeigen, wie und wodurch die NS-Ideologie auch in Schmottseiffen bis nach unten durchschlug, aber wie auch Widerstand geleistet wurde.

1934 wurde unser Kaplan Franz-Josef Wohl an einem Sommer-Sonntag-Nachmittag von bewaffneten SA-Leuten aus dem Pfarrhaus geholt und nach Löwenberg in Schutzhaft gebracht. Offenbar hatte er in der Vormittagspredigt Äußerungen getan, die von manchen als Angriff auf das Regime gedeutet werden konnten. Predigten in den Kirchen wurden damals regelmäßig von Spitzeln überwacht. Kaplan Wohl war der NS-Partei offenbar ein Dorn im Auge, zu-mal er in den zwei vorhergehenden Jahren seines Dienstes in der Pfarrei die Jungschar und die Sturmschar für die 9-14 bzw. 15-18-jährigen Jungen gegründet hatte. Der 1941 in Rußland gefallene Bruno Bönisch (Nr.209) war einer der Jungscharführer. Dazu kam noch die Gründung der Jungmädchenschar. Wer Kpl. Wohl bespitzelt und angezeigt hat, aus dem Dorf oder woanders her, ist nie herausgekommen. Zwar kam Wohl bald wieder frei, aber alle sollten wissen, wo es lang zu gehen hatte.

1936 wurden alle kirchlich gebundenen Jugendverbände zwangsaufgelöst, nach dem Motto: "Wer die Jugend hat, hat die Zukunft", und die durfte die Kirche nicht haben.

Allein der Gesellenverein (Kolpingfamilie), der nur im Kretscham und nicht in kirchlichen Räumen tagte, konnte als eine Art Berufsverband eingestuft werden und weiterbestehen. Ähnliches galt auch für die Marianische Jungfrauenkongregation, deren letzte Leiterin Gretel Knobloch aus den Straßenhäusern war.

Ab 1937 wurde den Geistlichen die Erteilung von Religionsunterricht in den Volksschulen verboten, um jede Einflußnahme auf Jugendliche zu unterbinden. Das war auch die Zeit in der unser Klassenlehrer uns neue Schulgebete lehren mußte, wie zum Beispiel dieses:

Herr, unsres Reiches Not war groß.
Da brach ein neuer Morgen an, da riefest du den rechten Mann
Aus Hunger Not und Ketten das deutsche Reich zu retten.

Nach Protesten der Eltern kamen diese Gebete aber bald wieder in Vergessenheit.

Später erhielt Kaplan, und Pfarrvikar, Paul Gärtner 1940/41 mit stiller Duldung durch den Schulrat die Erlaubnis, Religionsunterricht zu geben. Auch das gab es. Danach übernahmen die Lehrer mit beschnittener Stundenzahl den Religionsunterricht soweit wie möglich, da zwei von ihnen, ab 1939 (Lehrer und Kantor G.Lange) und ab 1940 (Hpt.-Lehrer F.Fritsch), zum Militär eingezogen wurden.

1941 ging das seit Jahrhunderten der Kirchengemeinde gehörige Kirchschulgebäude zwangsweise, ohne jegliche Abgeltung, in die Hände der politischen Gemeinde über. Zugleich gab es die Bestimmung, die Kreuze aus den Schulräumen zu entfernen. Eine Elterninitiative mit Alwin Scholz (Nr.97) an der Spitze konnte dies verhindern. Das Kreuz durfte nicht mehr an der Wand vor den Kindern hängen, sondern hinter ihnen. Vorn hing nun ein Hitlerbild. Zum Glück war die Schmottseiffener Lehrerschaft überzeugt und aktiv katholisch, vorab Kantor G. Lange, Leiter des Kirchenchores mit Orchester. Lehrer A. Christoph wurde wegen Verweigerung des Eintritts in die Partei, noch 1944, in den Kreis Liegnitz, strafversetzt.

1943 richtete die politische Gemeinde für die 3 - 5-jährigen im Gemeindehaus einen kostenfreien Kindergarten ein, um sie dem, von katholischen Ordensfrauen geleiteten Kindergarten zu entziehen. Dort mussten die Kinder beim allmorgendlichen Hissen der Hakenkreuzfahne vor dem Haus den folgenden Fahnenspruch gemeinsam aufsagen:

Wir haben einen Führer und keiner ist ihm gleich,   
kein bessrer ist zu finden im ganzen deutschen Reich.
Drum wollen wir Gott bitten, erhalte, schütze ihn;
erhalt' uns unsern Führer, mach tapfer uns wie ihn.

Die Ordensschwestern waren entsetzt. Proteste seitens des Prälaten M. Hemmer waren vergebens.  1943 wurde der ortsfremde Heinz Birkefeld als Bürgermeister eingesetzt. War etwa ein Schmottseiffener nicht mehr fähig für dieses Amt? (P.Brendel)

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